Mathematik am Samstag: Spannendes Angebot für Grundschulkinder in Halle

Martin-Luther-Universität lädt Kinder zum Rätseln, Tüfteln und Staunen ein – parallel zur beliebten Physikvorlesung an der MLU

Wie viel Mathe steckt eigentlich in der Medizin? Und warum macht Rechnen plötzlich richtig Spaß, wenn es um spannende Rätsel und echte Alltagsfragen geht? Bei „Mathematik am Samstag“ können Grundschulkinder genau das herausfinden – in einem kindgerechten und spielerischen Angebot der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU). Während im Hörsaal nebenan ältere Kinder und Erwachsene lernen, wie Physik Leben retten kann, lösen die Jüngsten knifflige Aufgaben, tüfteln gemeinsam und entdecken, wie faszinierend Mathematik sein kann.

Mitmachen, knobeln, verstehen – Mathe für Grundschüler

Das Format richtet sich speziell an Grundschülerinnen und Grundschüler und findet am Samstag, 21. Juni 2025, von 10.15 bis 11.45 Uhr im Seminarraum neben dem Gustav-Mie-Hörsaal auf dem Weinberg Campus in Halle (Saale) statt. Unter dem Motto „Math meets Medicine!“ erleben die Kinder, wie Mathematik in der Medizin steckt – mit Rätseln, kleinen Experimenten und viel Spaß.

Parallel für ältere Kinder: Physik trifft Medizin

Für alle ab Klasse 5 und die interessierte Öffentlichkeit läuft zeitgleich die Vorlesung „Physik trifft Medizin: Von Röntgenstrahlen bis zur Protonentherapie“ im Rahmen der beliebten Reihe „Alles Physik – Physik für alle“. Hier erklärt Prof. Dr. Detlef Reichert, wie moderne physikalische Verfahren in der Medizin zum Einsatz kommen.

Ort und Anmeldung

📍 Theodor-Lieser-Straße 9, Gustav-Mie-Hörsaal & Seminarraum (1. OG), 06120 Halle (Saale)
📅 Samstag, 21. Juni 2025, 10.15 – 11.45 Uhr
🔗 Kostenfreie Teilnahme nach Anmeldung: https://www.physik.uni-halle.de/pas/anmeldung




Hitzeschutz für Kinder: So bleiben Kinder bei Sommerhitze gesund

Wie Familien, Kitas und Schulen Kinder vor hohen Temperaturen und UV-Strahlung schützen können

Wenn draußen die Temperaturen steigen, brauchen Kinder besonderen Schutz. Denn ihr Körper kann Hitze weniger gut ausgleichen als der von Erwachsenen. Das Bundesinstitut für Öffentliche Gesundheit gibt Tipps, wie Kinder trotz Hitzewelle gesund durch den Sommer kommen – mit vielen praktischen Empfehlungen und kostenlosen Materialien für Familien, Kitas und Schulen.

Kinder besonders gefährdet bei Hitze und UV-Strahlung

Die Sommer werden immer heißer – und das spüren auch die Kleinsten. Gerade Kinder reagieren empfindlich auf hohe Temperaturen und intensive UV-Strahlung. Mögliche Symptome bei Hitzebelastung sind Kopfschmerzen, Erschöpfung, Schwindel oder Kreislaufprobleme. Schon wenige Minuten in der prallen Sonne können einen Sonnenstich oder Sonnenbrand verursachen – beides kann ernsthafte gesundheitliche Folgen haben.

Auch die empfindliche Kinderhaut ist durch stärkere UV-Strahlung besonders gefährdet. Ohne ausreichenden Schutz steigt das Risiko für Sonnenbrand und langfristige Hautschäden. Wichtig ist deshalb: rechtzeitig vorsorgen – nicht erst, wenn die Sonne brennt!

Hitze? Diese Schutzmaßnahmen helfen Kindern besonders gut

Damit Kinder auch an heißen Tagen gesund bleiben, empfiehlt das Bundesinstitut für Öffentliche Gesundheit folgende Maßnahmen:

  • 💧 Viel trinken: Kinder sollten regelmäßig Wasser oder ungesüßte Tees trinken – auch ohne Durstgefühl
  • 🧢 Kopf schützen: Ein Sonnenhut oder eine Kappe sind ein Muss in der Sonne
  • 🧴 Sonnenschutz auftragen: Sonnencreme mit hohem Lichtschutzfaktor (mind. LSF 30), regelmäßig nachcremen!
  • 😎 Augen schützen: Sonnenbrillen mit UV-Schutz bewahren Kinderaugen vor langfristigen Schäden
  • 👕 Leichte Kleidung: Helle, lockere Kleidung schützt vor Überhitzung und Sonnenstrahlen
  • 🏠 Schatten und kühle Räume nutzen: Zwischen 11 und 17 Uhr möglichst im Schatten oder drinnen bleiben
  • 🍉 Frische Snacks: Obst, Gemüse und leichte Mahlzeiten stärken den Kreislauf
  • 🪟 Wohnräume kühl halten: Frühmorgens und abends lüften, tagsüber abdunkeln

Gut vorbereitet: Tipps & Materialien für Familien und Einrichtungen

Ob zu Hause, in der Kita oder in der Schule – Hitzeschutz braucht Vorbereitung. Auf der Website des Bundesinstituts finden sich viele hilfreiche Informationen:

Quelle: Pressemitteilung Bundesinstitut für Öffentliche Gesundheit




Weltspieltag 2025: Mehr Zeit für Spiel, Kultur und Bewegung für Kinder

forsa

Forsa-Umfrage verdeutlicht die herausragende Bedeutung kreativer, spielerischer und sportlicher Aktivitäten für Kinder

Sehr große Teile der erwachsenen Bevölkerung in Deutschland schätzen laut einer repräsentativen Forsa-Umfrage im Auftrag des Deutschen Kinderhilfswerks zum Weltspieltag 2025 die Bedeutung kreativer, spielerischer und sportlicher Aktivitäten für Kinder im Kita- und Grundschulalter als wichtig ein. Zugleich glaubt nur etwa die Hälfte der Befragten, dass Kinder außerhalb von Kita und Schule ausreichend Zeit und Möglichkeiten haben, solchen Aktivitäten nachzugehen.

Digitale Medien als größtes Hindernis

Als Hauptgrund für diese Einschränkungen nennen die Befragten die ständige Verfügbarkeit digitaler Medien. Diese erschwere es Kindern, sich für analoge kreative Tätigkeiten zu begeistern. Ein Großteil sieht zudem Defizite in der Unterstützung durch Eltern: Viele würden ihre Kinder zu wenig fördern oder ihnen keine Freude an kreativem Tun vermitteln. Auch finanzielle Einschränkungen der Familien werden häufig als Hürde genannt.

Die große Mehrheit aller Befragten wünscht sich deshalb, dass insbesondere im Ganztagsbereich der Grundschulen mehr Raum und Zeit für freie und kreative Aktivitäten geschaffen wird.

Lasst uns spielen – mit allen Sinnen!

Der diesjährige Weltspieltag am 11. Juni 2025 steht unter dem Motto: „Lasst uns spielen – mit allen Sinnen!“ Damit möchten das Deutsche Kinderhilfswerk und seine Partner im „Bündnis Recht auf Spiel“ die Verbindung von Spiel und kultureller Teilhabe in den Fokus rücken.

Botschafter des Weltspieltags 2025 ist der Fernsehmoderator und Autor Ralph Caspers. Die Schirmherrschaft hat der Ausschuss für Bildung, Familie, Senioren, Frauen und Jugend des Deutschen Bundestages übernommen. Zum 18. Mal wird der Weltspieltag deutschlandweit gefeiert – in diesem Jahr erstmals am 11. Juni, nachdem die Vereinten Nationen den Tag offiziell in die Liste der internationalen Gedenktage aufgenommen haben.

Recht auf Spiel – Anspruch und Auftrag zugleich

„Kinder kommen von Beginn an über ihre Sinne in Kontakt mit der Welt und wollen diese auf spielerische Weise mitgestalten“, betont Holger Hofmann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerks. „Das sollte nicht nur im Sinne ihrer Selbstwirksamkeit und Entwicklung gefördert werden – sie haben auch ein Recht darauf.“ Artikel 31 der UN-Kinderrechtskonvention garantiert das Recht auf freies Spiel und kulturelle Teilhabe.

„Wir Erwachsenen müssen dafür sorgen, dass Kinder Zeit und Raum für Spiel, kreative Prozesse und künstlerischen Ausdruck erhalten – frei von Zwängen und Vorgaben.“

Kulturelle Teilhabe stärkt Resilienz

Für eine ganzheitliche Entwicklung sei es wichtig, dass Kinder früh mit unterschiedlichen Formen von Kunst, Kultur, Spiel und auch Medien in Berührung kommen, so Hofmann weiter: „Wenn Kinder selbst Choreografien erfinden, Handpuppen basteln oder gemeinsam musizieren, haben sie nicht nur Spaß – sie stärken ihre kognitiven Fähigkeiten, erleben Gemeinschaft und entwickeln Selbstwirksamkeit.“ Besonders für Kinder aus einkommensschwachen Familien sei kulturelle Teilhabe ein wichtiger Baustein für Resilienz.

Ergebnisse der Umfrage im Überblick

Wichtigkeit von Aktivitäten in der Freizeit:

  • Sportliche Aktivitäten: 97 % bewerten sie als „sehr wichtig“ oder „eher wichtig“
  • Kreative Tätigkeiten (z. B. Malen, Basteln, Theaterspielen, Musik): 96 % bewerten sie als wichtig
  • Freies Spiel: 95 % sehen dessen Bedeutung als hoch an

Verfügbare Zeit und Möglichkeiten:

  • Nur 51 % glauben, dass Kinder außerhalb von Kita und Schule genügend Zeit und Möglichkeiten für kreative Aktivitäten haben
  • 41 % sehen das nicht so

Gründe für fehlende kreative Freiräume:

  • 81 % nennen digitale Medien als Hauptursache
  • 75 % bemängeln mangelnde Unterstützung durch Eltern
  • 61 % verweisen auf finanzielle Einschränkungen
  • 45 % sehen die Belastung durch lange Kita- und Schultage als Ursache
  • 38 % nennen fehlende attraktive und erreichbare Angebote

Wunsch nach mehr kreativen Freiräumen in der Grundschule:

  • 89 % der Befragten fänden es sehr gut oder eher gut, wenn der Ganztag mehr Raum für freie kreative Aktivitäten bieten würde. Nur 8 % lehnen das ab

Zur Erhebung

Die repräsentative Befragung wurde im Auftrag des Deutschen Kinderhilfswerks von der Forsa Gesellschaft für Sozialforschung und statistische Analysen mbH durchgeführt. Vom 14. bis 16. April 2025 wurden 1.001 zufällig ausgewählte deutschsprachige Personen ab 18 Jahren telefonisch befragt. Die Ergebnisse sind mit einer statistischen Fehlertoleranz von ±3 Prozentpunkten auf die Gesamtbevölkerung übertragbar.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk

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Kurzvideos im Unterricht: Schnell geschaut – schlecht behalten

Zwei Studien der TU Braunschweig zeigen: TikTok & Co. erschweren tiefes Lernen und fördern oberflächliches Denken. Textbasierte Lernformen schneiden besser ab

Kurz, bunt und unterhaltsam – Kurzvideos auf TikTok, Instagram oder YouTube Shorts gehören für viele junge Menschen zum Alltag. Doch wenn es ums Lernen geht, zeigen sich klare Schwächen: Lerninhalte, die per Kurzvideo vermittelt werden, werden schlechter behalten. Wer häufig solche Clips konsumiert, denkt zudem weniger rational. Das zeigen zwei aktuelle Studien der Technischen Universität Braunschweig, veröffentlicht in der Fachzeitschrift Computers & Education.

Das zentrale Ergebnis: Kurzvideos eignen sich weniger für nachhaltige Wissensvermittlung als klassische Textformate. Bereits wenige Minuten TikTok & Co. reichen aus, um Lernende in einen Modus oberflächlichen Lernens zu versetzen – mit spürbaren Auswirkungen auf die Leistung in anschließenden Wissenstests.

Schnelle Clips – seichtes Lernen

In der ersten Studie befragte Thorsten Otto, Doktorand am Institut für Pädagogische Psychologie, rund 170 Erwachsene im Alter von 18 bis 52 Jahren zu ihrem Nutzungsverhalten und überprüfte ihre Fähigkeit zum rationalen Denken. Das Ergebnis: Wer viele Kurzvideos konsumiert, schnitt beim Test für analytisches Denken signifikant schlechter ab.

In einem zweiten Experiment mit rund 120 Teilnehmenden wurde der Lerneffekt unmittelbar gemessen. Eine Gruppe konsumierte vorab unterhaltende Kurzvideos, danach wurden Inhalte entweder per Text oder Kurzvideo vermittelt – mit identischem Inhalt. Das Resultat war eindeutig: Die Gruppe mit Kurzvideo-Lernmaterial schnitt im anschließenden Quiz deutlich schlechter ab als jene, die mit Texten gearbeitet hatte. Außerdem zeigte sich: Wer vor dem Lernen Unterhaltungsclips geschaut hatte, neigte zu einem oberflächlicheren Lernstil – mit Fokus auf reines Auswendiglernen statt Verstehen.

Multimedialer Reiz – kognitive Überlastung

Kurzvideos entfalten ihre Sogwirkung durch eine Vielzahl gleichzeitiger Reize: schneller Schnitt, Musik, Untertitel, Emojis. Doch genau das birgt eine Gefahr: kognitive Überlastung. Laut der „Cognitive Theory of Multimedia Learning“ behindern zu viele gleichzeitige Reize die effektive Verarbeitung von Informationen – das Lernen wird ineffizient. „Kurzvideos sind kein Ersatz für tiefgehende Lernprozesse“, sagt Thorsten Otto. Ihr Vorteil liegt in der Aufmerksamkeitsbindung, nicht in der Tiefe der Wissensvermittlung. Wenn sie im Unterricht eingesetzt werden, dann gezielt – mit Bedacht auf Tempo, Gestaltung und Ablenkungselemente.

Mehr Medienkompetenz statt Medienverzicht

Trotz kritischer Ergebnisse sieht Otto Kurzvideos nicht grundsätzlich als bildungsfern. Vielmehr betont er: „Wenn es gelingt, soziale Medien verantwortungsvoll und punktuell in den Unterricht zu integrieren, können sie das Engagement junger Menschen fördern.“ Entscheidend sei, Lernende zugleich für die Grenzen dieser Formate zu sensibilisieren.

Sein Rat für alle, die lernen oder lehren:

  • Beim Lernen auf unterhaltende Kurzvideos verzichten.
  • Im Unterricht problematisieren, wie Social-Media-Formate wirken.
  • Kurzvideos didaktisch sinnvoll einsetzen – etwa als Einstieg, nicht als Ersatz für vertiefende Auseinandersetzung.
  • Push-Benachrichtigungen abschalten, Graustufenmodus aktivieren – um den Reiz des endlosen Scrollens zu brechen.

Kein TikTok-Bashing, aber klare Grenzen

Die Ergebnisse der TU Braunschweig zeigen: Wer effizient und nachhaltig lernen will, sollte Textformaten Vorrang geben – zumindest bei komplexen Inhalten. Kurzvideos können ergänzen, aber nicht ersetzen. Der verantwortungsvolle Umgang mit Social Media muss deshalb Teil moderner Bildung sein – und das gilt für Lernende genauso wie für Lehrkräfte.

Originalstudien

Otto, T. (2025). Should educators be concerned? The impact of short videos on rational thinking and learning: A comparative analysis. In: Computers & Education, Volume 234.

Von Gernot Körner, nach einer Studie von Thorsten Otto, Technische Universität Braunschweig




Bio & regional: Nachhaltige Ernährung in Kitas und Schulmensen fördern

Wie Kitas und Schulen mit bioregionaler Verpflegung zu mehr Nachhaltigkeit und Bildungsqualität beitragen können

Immer mehr Kinder essen täglich in Kitas oder Schulmensen. Gerade dort, wo junge Menschen viele Jahre verbringen, liegt ein großer Hebel für gesunde, nachhaltige und bewusste Ernährung. Eine aktuelle Studie der Universität Hohenheim und des Beratungsunternehmens ÖKONSULT zeigt: Bioregionale Lebensmittel könnten deutlich häufiger auf den Tisch kommen – wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind.

Ziel der Studie war es, konkrete Wege aufzuzeigen, wie mehr regionale und ökologische Produkte in die Gemeinschaftsverpflegung gelangen können. Denn obwohl es viele gute Beispiele gibt, ist die Umsetzung im Kita- und Schulalltag noch ausbaufähig. Zehn praxisnahe Handlungsempfehlungen helfen nun dabei, nachhaltige Ernährung besser zu verankern – auch und gerade in Einrichtungen für Kinder und Jugendliche.

Warum bioregional in Kita und Schule?

Etwa 15 bis 18 Millionen Menschen essen in Deutschland täglich in Einrichtungen mit Gemeinschaftsverpflegung – darunter Millionen Kinder. Die tägliche Verpflegung bietet damit eine riesige Chance für die nachhaltige Transformation unseres Ernährungssystems. Ziel des Landes Baden-Württemberg ist es zum Beispiel, den Anteil an bioregionalen Lebensmitteln in der Gemeinschaftsverpflegung bis 2030 auf 30 bis 40 Prozent zu steigern.

Für Kitas und Schulen bedeutet das nicht nur ökologisch sinnvoll zu handeln, sondern auch Bildungsarbeit zu leisten. Kinder lernen durch tägliches Erleben, was gesunde Ernährung bedeutet, woher Lebensmittel kommen und warum regionale Kreisläufe wichtig sind.

Zehn Impulse für die Praxis

Das Projekt „BioRegioKantine“ hat auf Grundlage von wissenschaftlicher Literatur und Expert:inneninterviews folgende Empfehlungen formuliert, die auch für Kitas und Schulen relevant sind:

  1. Klare Ziele setzen
    Kommunen oder Träger können verbindliche Vorgaben beschließen, etwa einen bestimmten Bio-Anteil im Speiseplan – das schafft Orientierung für Küchen, Caterer und Einrichtungsleitungen.
  2. Nachhaltigkeit in Ausschreibungen verankern
    Bei der Vergabe von Verpflegungsleistungen sollten ökologische Kriterien wie Bio-Qualität ausdrücklich berücksichtigt werden. Für die Regionalität gibt es kreative Spielräume, etwa über Anforderungen an Frische oder saisonale Produkte.
  3. Frischeküchen stärken
    Einrichtungen mit eigenen Küchen oder in kommunaler Trägerschaft haben mehr Einfluss auf die Herkunft der Produkte und die Gestaltung der Speisepläne.
  4. Koordination und Vernetzung ermöglichen
    Regelmäßiger Austausch zwischen Küchenpersonal, Trägern und regionalen Erzeuger:innen hilft, Herausforderungen zu lösen und Synergien zu nutzen. Dafür braucht es Koordinierungsstellen vor Ort.
  5. Lieferstrukturen verbessern
    Für kleinere Einrichtungen ist es oft schwierig, regelmäßig regionale Produkte zu beziehen. Bündelungslösungen, z. B. über zentrale Lieferdienste, können hier Abhilfe schaffen.
  6. Digitale Plattformen nutzen
    Online-Angebote, die Produzent:innen mit Küchen vernetzen, vereinfachen die Bestellung und machen das regionale Angebot sichtbarer.
  7. Verarbeitung regionaler Produkte fördern
    Viele Kitas und Schulen sind auf vorverarbeitete Lebensmittel angewiesen. Dafür braucht es lokale Betriebe, die z. B. Gemüse waschen, schneiden und portionieren – auch hier kann kommunale Förderung ansetzen.
  8. Fortbildungen für Küchen und Pädagogik
    Schulungen für Küchenpersonal und pädagogisches Fachpersonal schaffen Wissen und Motivation – von der nachhaltigen Speiseplanung bis zur Ernährungsbildung mit Kindern.
  9. Küchenberufe aufwerten
    Gute Arbeitsbedingungen, faire Bezahlung und Wertschätzung sind nötig, um qualifiziertes Personal für Kita- und Schulverpflegung zu gewinnen und zu halten.
  10. Kinder aktiv einbinden
    Neue Gerichte und Konzepte stoßen eher auf Akzeptanz, wenn Kinder mitgestalten dürfen – etwa über Umfragen, Geschmackstests oder gemeinsame Projekte zur Herkunft von Lebensmitteln.

Ernährung als Bildungschance nutzen

Nachhaltige Ernährung in Kitas und Schulen ist mehr als eine Frage des Speiseplans – sie ist Teil der Bildungsarbeit. Eine durchdachte Gestaltung der „Ernährungsumgebung“, also etwa der Speiseräume, der Kommunikation über Gerichte und die Einbindung der Kinder, fördert das Verständnis für eine bewusste, zukunftsfähige Ernährung.

Einrichtungen, die diesen Weg gehen möchten, können sich an den Handlungsempfehlungen orientieren. Die vollständige Studie und weitere Materialien stehen unter folgendem Link zur Verfügung:
👉 https://sta.uni-hohenheim.de/BioregioKantine

Gernot Körner




Der Wohlstand hinterlässt seine Spuren im Erbgut

Kinder aus einkommensstarken Familien altern auf zellulärer Ebene langsamer: Was die Telomerlänge über soziale Ungleichheit verrät

Kinder aus finanziell benachteiligten Familien zeigen bereits im Grundschulalter biologische Unterschiede, die mit einer beschleunigten Zellalterung in Verbindung stehen. Das belegt eine europaweite Studie unter Leitung der Imperial School of Public Health, veröffentlicht im Fachjournal „The Lancet Regional Health – Europe“. Demnach hatten Kinder aus wohlhabenderen Haushalten im Schnitt etwa fünf Prozent längere Telomere – jene Schutzkappen an den Enden der Chromosomen, die als Biomarker für den Alterungsprozess gelten.

Biologische Ungleichheit beginnt im Kindesalter

Die Telomerlänge gilt in der medizinischen Forschung als Indikator für das biologische Alter einer Zelle. Kürzere Telomere sind mit einem erhöhten Risiko für chronische Erkrankungen und einer verkürzten Lebenserwartung verbunden. Die neuen Studienergebnisse legen nahe, dass sich die sozioökonomische Ausgangslage von Kindern bereits auf zellulärer Ebene widerspiegeln kann – lange bevor sich gesundheitliche Ungleichheiten im klinischen Bild zeigen.

„Unsere Daten zeigen, dass sich soziale Unterschiede auf biologischer Ebene manifestieren – und das bereits in jungen Jahren“, sagt Studienleiter Dr. Oliver Robinson. Er weist darauf hin, dass Kinder aus weniger wohlhabenden Verhältnissen durch ihre Umweltbedingungen biologisch schneller altern könnten. Diese Entwicklung entspreche auf zellulärer Ebene einem Unterschied von bis zu zehn Jahren.

Telomeres are protective caps on the end of chromosomes. Cell, chromosome and DNA vector illustration

Stresshormon Cortisol: Indikator, aber kein Vermittler

Parallel zur Telomermessung wurde auch das Stresshormon Cortisol im Urin der Kinder erfasst. Kinder aus Haushalten mit mittlerem und hohem Wohlstand wiesen im Schnitt 15 bis 23 Prozent niedrigere Cortisolwerte auf als Kinder mit geringem familiären Wohlstand. Dies deutet auf eine geringere Belastung durch psychosozialen Stress hin.

Ein direkter Zusammenhang zwischen dem Cortisolspiegel und der Telomerlänge ließ sich in den Analysen jedoch nicht nachweisen. Die Cortisolproduktion erwies sich nicht als statistisch signifikanter Vermittler des Zusammenhangs zwischen Wohlstand und Zellalterung. Kendal Marston, Erstautorin der Studie, betont: „Unsere Daten sprechen dennoch für eine stärkere psychosoziale Belastung in sozioökonomisch benachteiligten Haushalten – etwa durch geteilte Schlafräume oder begrenzten Zugang zu digitalen Lernressourcen.“

Länderübergreifende Datenerhebung aus sechs EU-Staaten

Die Datengrundlage stammt aus dem „Human Early-Life Exposome Project“ (HELIX), einer paneuropäischen Kohortenstudie. Untersucht wurden 1.160 Kinder im Alter von fünf bis zwölf Jahren aus Großbritannien, Frankreich, Spanien, Norwegen, Litauen und Griechenland. Die sozioökonomische Einteilung erfolgte anhand der „Family Affluence Scale“ (FAS), die kultursensibel materielle Lebensumstände erfasst, etwa Urlaubsreisen, eigener Computerzugang oder Fahrzeugbesitz.

Die Telomerlänge wurde mittels qPCR aus weißen Blutkörperchen bestimmt. Die Cortisolproduktion wurde durch Flüssigchromatographie-Tandem-Massenspektrometrie (LC-MS/MS) aus Urinproben berechnet. Die Analyse erfolgte unter Berücksichtigung zahlreicher Einflussfaktoren – etwa Ernährung, körperlicher Aktivität, Umweltbelastung oder dem Bildungsstand der Eltern.

Keine vorschnellen Schlüsse – aber klare Hinweise

Die Forschenden betonen, dass ihre Studie keine Aussagen über genetische Qualität oder deterministische Zusammenhänge treffen kann. Vielmehr sei der biologische Zustand ein sensibler Spiegel früher Lebensbedingungen. Die beobachteten Unterschiede lassen sich weder allein durch das elterliche Bildungsniveau noch durch Sozialkapital erklären. Vielmehr legt die Studie nahe, dass der materielle Wohlstand der Familie eigenständig mit biologischen Stressmarkern in Verbindung steht.

Quellen:

Marston, K. et al. (2024): Associations between family affluence, cortisol production, and telomere length in European children. The Lancet Regional Health – Europe.
Pressemitteilung der Imperial College London School of Public Health
HELIX Project, EU Grant 308333
UK Research and Innovation (Förderkennzeichen: MR/S03532X/1)

Gernot Körner




KIM-Studie 2024: Internet-Nutzung im Grundschulalter nimmt deutlich zu

Mehr als die Hälfte der Kinder zwischen sechs und 13 Jahren ist täglich online. Auch die schulische Lebenswelt ist zunehmend von mobilen Endgeräten geprägt

Die aktuelle KIM-Studie 2024 des Medienpädagogischen Forschungsverbunds Südwest dokumentiert einen signifikanten Anstieg der täglichen Internetnutzung bei Kindern. 54 Prozent der internetnutzenden Sechs- bis 13-Jährigen sind inzwischen täglich online. Bei den Acht- bis Neunjährigen hat sich dieser Anteil in nur zwei Jahren nahezu verdoppelt – von 23 auf 40 Prozent.

Smartphones bereits im Grundschulalter verbreitet

46 Prozent der befragten Kinder verfügen über ein eigenes Smartphone. Die Geräte sind nicht nur Teil des privaten Alltags, sondern auch im Schulkontext präsent: 77 Prozent der Kinder mit eigenem Smartphone dürfen dieses grundsätzlich mit in die Schule bringen. In 63 Prozent der Fälle ist die Nutzung auf Pausenzeiten begrenzt, 22 Prozent dürfen das Gerät gar nicht verwenden. Drei Prozent berichten von einer uneingeschränkten Nutzung.

Verschiebungen im Bewegtbildkonsum

Erstmals steht mit Netflix ein Streamingdienst an der Spitze der beliebtesten Plattformen für Filme, Serien und Videos bei Kindern. 21 Prozent der Befragten nannten Netflix, gefolgt von KiKA mit 14 Prozent und YouTube mit 11 Prozent. KiKA bleibt dennoch das wöchentlich am häufigsten genutzte Angebot. Der SWR-Intendant Prof. Dr. Kai Gniffke hebt in diesem Zusammenhang die Rolle öffentlich-rechtlicher Medienangebote im digitalen Umfeld hervor.

Offene Plattformen statt redaktioneller Auswahl

Die Studie dokumentiert eine zunehmende Nutzung offener Plattformen wie YouTube. Inhalte werden individuell aus einem breiten, wenig kuratierten Angebot ausgewählt. Dabei stehen altersgerechte und nicht altersgerechte Inhalte oft nebeneinander. Der Präsident der Landesanstalt für Kommunikation Baden-Württemberg, Dr. Wolfgang Kreißig, verweist auf die Bedeutung dieser Entwicklungen für die Medienrealität von Kindern.

Mediennutzung häufig ohne technische Begleitung

Die Erhebung gibt auch Einblick in das medienerzieherische Verhalten im Elternhaus: 43 Prozent der Eltern mit smartphonebesitzenden Kindern setzen Bildschirmzeitbeschränkungen ein. 39 Prozent kontrollieren die Nutzungsdauer, ein Viertel führt Gespräche über die Bildschirmzeit. 55 Prozent der Eltern verzichten auf technische oder begleitende Maßnahmen.

Nutzung von Social Media trotz Altersbeschränkung

Plattformen wie TikTok und Instagram werden von vielen Kindern unter 13 Jahren genutzt, obwohl dies laut Nutzungsbedingungen nicht zulässig ist. Die Angebote sind dennoch fester Bestandteil des kindlichen Alltags. Der Direktor der Medienanstalt Rheinland-Pfalz, Dr. Marc Jan Eumann, verweist auf fehlende Alterskontrollen bei den Anbietern und auf die Bedeutung von Aufklärungsinitiativen wie „klicksafe“.

Gernot Körner




Auch Sehen will gelernt sein

Eine Gießener Citizen-Science-Studie zeigt: Erst junge Erwachsene sehen die Welt mit „erfahrenem“ Blick – zuvor bleibt der Blick noch lange in Bewegung

Wenn Erwachsene eine Alltagsszene betrachten, schweifen ihre Augen zielgerichtet über das Bild: Gesichter, Schrift, wichtige Details – der Blick folgt einer Art innerem Plan. Dass dieser Plan nicht angeboren ist, zeigt nun eine Studie der Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU): Erst im jungen Erwachsenenalter ist unser Blickverhalten so weit „ausgereift“, dass es dem typischen Erwachsenenblick entspricht. Kinder und Jugendliche sehen die Welt anders – und ihre Augen bewegen sich dabei anders.

„Wir waren überrascht, wie lange diese Entwicklung dauert“, sagt Dr. Marcel Linka, Erstautor der Studie. Rund zwei Jahrzehnte braucht es demnach, bis sich der Blick stabilisiert. Und: Je älter die Teilnehmenden, desto ähnlicher wurden sich ihre Blickmuster – während Kinder ein und dasselbe Bild auf teils völlig unterschiedliche Weise betrachteten.

Sehen ist Erfahrungssache

Was genau verändert sich im Lauf der Jahre? Jüngere Kinder richten ihre Augen häufiger auf Hände oder berührte Objekte, übersehen dafür aber oft Texte oder Gesichter. Auch die Blickrichtung verändert sich: Während Erwachsene oft horizontal über eine Szene wandern, schweifen Kinderblicke weniger regelmäßig.

„Unsere Wahrnehmung wird durch Erfahrung geformt“, erklärt Linka. Wer mit Büchern, Bildschirmen und Verkehrsschildern aufwächst, entwickelt mit der Zeit ein Gespür für typische Szenen – und lernt, wo die wichtigen Informationen wahrscheinlich stehen. Prof. Dr. Ben de Haas ergänzt: „Wir vermuten, dass Erwachsene im Kopf mentale Landkarten typischer Situationen entwickeln. Diese helfen, schnell und gezielt zu schauen.“

Millionen Augenblicke aus dem Mathematikum

Möglich wurde diese Erkenntnis durch eine außergewöhnliche Citizen-Science-Kooperation: Im Mitmach-Museum Mathematikum in Gießen war über ein Jahr hinweg eine Eye-Tracking-Station installiert. Über 6.700 Besucherinnen und Besucher – im Alter von fünf bis 72 Jahren – spendeten ihre Blickdaten für die Forschung. Die Station „Millionen Augenblicke“ zeichnete Millionen von Blickbewegungen beim Betrachten von 40 Alltagsszenen auf.

Die Studie wurde im Fachjournal „Nature Human Behaviour“ veröffentlicht und ist Teil des Exzellenzclusters „TAM – The Adaptive Mind“, in dem die JLU universelle Prinzipien der Anpassung und Wahrnehmung erforscht.

Und was heißt das für die Praxis?

Das Gießener Forschungsteam will nun untersuchen, wie kulturelle Prägungen das Sehen beeinflussen – und ob sich aus den Blickmustern Rückschlüsse auf Lernprozesse oder besondere Wahrnehmungsvoraussetzungen ziehen lassen. Für die Bildung könnte das bedeuten: Kinder sehen anders, weil sie noch lernen, wie man sieht. Und dieses Lernen braucht Zeit – und die passende Unterstützung.

Weitere Informationen:

Exzellenzcluster TAM: theadaptivemind.de
Master-Studiengang „Mind, Brain and Behavior“: Studienangebot JLU
Originalpublikation: Nature Human Behaviour (2025)

Gernot Körner