Babys denken zuerst an andere und dann an sich

Vom „Other-Referenz-Effekt“ zum „Selbstreferenz-Effekt“ – oder: Der Selbstreferenz-Effekt entsteht erst mit dem Selbstkonzept
Babys merken sich nicht in erster Linie, was für sie selbst wichtig ist – sondern, was für andere von Bedeutung ist. Das zeigt eine aktuelle Studie des Max-Planck-Instituts für Kognitions- und Neurowissenschaften gemeinsam mit der Technischen Universität Nürnberg und der Universität Kopenhagen.
„Überraschenderweise konnten wir feststellen, dass jüngere Babys sich besser merken, was der andere bekommen hat und nicht sie selbst“, erklärt Studienleiterin Charlotte Grosse Wiesmann.
Erst wenn Babys im zweiten Lebensjahr beginnen, sich selbst im Spiegel zu erkennen, zeigt sich der bekannte Selbstreferenz-Effekt: Informationen, die sie selbst betreffen, bleiben dann besser im Gedächtnis als solche, die andere betreffen.
Schlussfolgerungen: Lernen durch Beobachtung und Abhängigkeit von anderen
Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass im zweiten Lebensjahr ein Umbau im Gedächtnis stattfindet. Während jüngere Babys noch stärker auf andere fokussiert sind, da sie selbst wenig handeln können, verschiebt sich die Priorität mit wachsender Selbstwahrnehmung hin zum Eigenen.
„Das macht insofern Sinn, als dass junge Babys selbst noch gar nicht so viel handeln können, sondern vielmehr andere beobachten und von ihnen lernen. Sie sind in starkem Maße von anderen abhängig. Daher priorisieren sie den anderen und merken sich alles, was für die andere Person wichtig ist“, so Grosse Wiesmann.
Mit der Entwicklung des Selbstkonzepts entsteht dann eine neue Strategie: Das Gedächtnis dient stärker der eigenen Handlungsplanung und Selbstwirksamkeit.
Methode: Gedächtnistest mit 18 Monate alten Babys
Für die Studie führten die Forschenden einen Gedächtnistest mit 18 Monate alten Kindern durch. Dabei wurden neue Objekte entweder den Babys selbst oder einer Puppe zugeordnet. Die Kinder lernten zuvor, dass sie später mit den „eigenen“ Objekten spielen könnten, während die Puppe ihre eigenen Objekte erhalten würde.

die ihr zugeordnet wurden. © MPI CBS
Geprüft wurde, wie gut sich die Babys an die verschiedenen Objekte erinnerten. Entscheidend war dabei, ob sie bereits ein Selbstkonzept entwickelt hatten – gemessen an der Fähigkeit zur Selbsterkenntnis im Spiegel.
Das Ergebnis: Babys mit Selbstkonzept erinnerten sich besser an ihre eigenen Objekte, Babys ohne Selbstkonzept dagegen an die der Puppe.