Die Muttersprache prägt das Gehirn von Ungeborenen
Neugeborene reagieren laut neuer EEG-Untersuchung eindeutig auf die bereits vertraute Sprache
Die neuronale Entwicklung von Föten im Mutterleib wird von der gesprochenen Sprache der werdenden Mutter beeinflusst. Zu dem Schluss kommen Forscher der Università di Padova, CNRS und der Université Paris Cité. Sie haben 33 Neugeborene mit EEG-Hauben ausgestattet und entsprechend untersucht. Frühere Studien haben bereits gezeigt, dass Kinder im Muttterleib ab dem siebenten Monat der Schwangerschaft bereits hören können, wenn ihre Mutter spricht. Sie können auch andere Geräusche wie sonstige Stimmen, Musik und allgemeinen Lärm hören.
Nach der Geburt erkennen die Kinder die Stimme ihrer Mutter und die spezifischen Melodien, die mit ihrem Sprechen in Verbindung stehen.
Tests mit Französisch
Bei allen Teilnehmerinnen war Französisch die Muttersprache. Mittels der EEG-Hauben wurden die Kinder in den ersten Tagen ihres Lebens beobachtet. Schliefen die Kinder, wurden ihnen Aufzeichnungen einer Person vorgespielt, die auch in anderen Sprachen aus dem Buch „Goldlöckchen und die drei Bären“ vorlas. Die EEG-Aufzeichnungen begannen in der Stille, bevor das Hörbuch abgespielt wurde und wurden danach erst nach einem Moment der Stille wieder gestoppt.
Die EEG-Anzeigen belegen, dass die Kinder, wenn sie die Geschichte auf Französisch hören, einen Anstieg der Long-Range Temporal Correlations verfügen. Sie alle gehören zu einer Art, die bereits mit der Sprachwahrnehmung und der -verarbeitung in Zusammenhang gebracht worden ist. Die Forscher vermuten, dass das Gehirn der Babys durch die bereits im Mutterleib gehörte Sprache, wie in diesem Fall Französisch, auf einzigartige Art und Weise beeinflusst wird.
EEG-Check liefert Beweis
Die Experten haben zusätzlich eine trendbereinigte Fluktuationsanalyse der EEG-Ergebnisse durchgeführt. Dadurch ließ sich die Stärke der Temporal Correlations messen. Sie erwiesen sich beim Theta-Band am stärksten. Laut früheren Studien steht dieses Band mit Sprecheinheiten auf Silbenebene in Verbindung. Das zeigt, so die Forscher, dass sich die Gehirne der Kinder auf die linguistischen Elemente der gehörten Sprache einstimmen.
Es zeigte sich auch, dass die neuronale Reaktion der Kinder auf dem EEG am stärksten war, wenn ihnen das Buch auf Französisch vorgelesen wurde. Damit liegt laut den in „Science Advances“ veröffentlichten Forschungsergebnissen nahe, dass der Kontakt mit einer bestimmten Sprache eine Rolle bei der neuronalen Entwicklung des Gehirns spielt.
Moritz Bergmann/pressetext.com