Gericht stoppt „Immun-Smoothie“ für Kinder: Foodwatch setzt sich durch

Das Landgericht Karlsruhe erklärt die Bezeichnung eines Kinder-Quetschies als „Immun-Smoothie“ für irreführend. Foodwatch begrüßt das Urteil als wichtigen Sieg gegen Gesundheitswerbung, die Eltern täuscht.
Foodwatch gewinnt Klage gegen dm
Die Verbraucherorganisation Foodwatch hat vor dem Landgericht Karlsruhe einen wichtigen Erfolg erzielt: Die Drogeriekette dm darf ihr Kinderprodukt nicht länger als „Immun-Smoothie“ bewerben. Das Gericht entschied, dass die Bezeichnung gegen die europäische Health-Claims-Verordnung verstößt.
Der Begriff erwecke den falschen Eindruck, das Produkt könne das Immunsystem stärken. Laut Richter handelt es sich um eine gesundheitsbezogene Angabe, die nicht auf der EU-Liste zugelassener Health Claims steht – und damit unzulässig ist.
Irreführung von Eltern und Kindern
„Wer Fruchtpüree mit Vitaminzusatz und zehn Prozent Zucker als ‚Immun-Smoothie‘ verkauft, führt Eltern in die Irre – und zieht ihnen obendrein das Geld aus der Tasche. Das ist nicht nur dreist, sondern schlicht illegal“, erklärte Rauna Bindewald von Foodwatch.
Das Produkt, ein Quetschie aus Fruchtpüree mit zugesetzten Vitaminen, enthält trotz der Aufschrift „ohne Zuckerzusatz“ rund zehn Prozent Fruchtzucker. Damit ist es für Kinder ebenso kritisch wie herkömmlicher Haushaltszucker und erreicht im Nutri-Score nur die Bewertung D.
Zudem kritisiert Foodwatch, dass dm das Produkt in der Nähe von Nahrungsergänzungsmitteln platzierte und so gezielt einen gesunden Eindruck erweckte.
Hintergrund: Was die Health-Claims-Verordnung schützt
Die europäische Health-Claims-Verordnung regelt, welche gesundheitsbezogenen Aussagen erlaubt sind. Zulässig sind nur Angaben, die zuvor ein wissenschaftliches Prüfverfahren bei der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) durchlaufen haben.
So darf beispielsweise der Hinweis, dass Vitamin D „zu einer normalen Funktion des Immunsystems beiträgt“, verwendet werden. Doch selbst ein solcher Satz darf nicht dazu dienen, ein komplettes Produkt unter dem Etikett „Immun-Smoothie“ zu vermarkten – insbesondere nicht, wenn der Hinweis im Kleingedruckten versteckt wird.
Mehr Fälle von irreführender „Immun-Werbung“
Der „Immun-Smoothie“ ist kein Einzelfall:
- Das Barnhouse-Kinder-Müsli „Krunchy Immune Plus“ wurde nach einer Abmahnung von Foodwatch vom Markt genommen.
- Gegen den Saft „BioC Immunkraft“ von Voelkel läuft aktuell noch eine Klage.
Foodwatch hatte in den vergangenen Monaten drei Produkte wegen irreführender Gesundheitsversprechen abgemahnt.
Bedeutung für Eltern und Pädagog:innen
Das Urteil ist ein starkes Signal für alle, die Kinder begleiten: Gesundheitsversprechen auf Lebensmitteln sind oft trügerisch. Gerade Eltern, die bewusst einkaufen wollen, können durch wohlklingende Produktnamen getäuscht werden.
Für Pädagog:innen ist der Fall ein Beispiel, wie wichtig Ernährungsbildung und ein kritischer Blick auf Werbung sind. Denn hinter bunten Verpackungen und Gesundheitsclaims steckt nicht immer ein gesundes Produkt.
Rechtslage und Ausblick
Das Urteil des Landgerichts Karlsruhe ist noch nicht rechtskräftig. dm kann bis Mitte September 2025 Berufung einlegen. Foodwatch kündigte an, auch in Zukunft genau hinzusehen und unzulässige Gesundheitsversprechen aufzudecken.
Weiterführende Informationen:
- Urteil des LG Karlsruhe
- Pressemitteilung (6.12.24): Nach Abmahnung von foodwatch: Bio-Müsli-Hersteller stoppt irreführende „Immun-Werbung“
- Pressemitteilung (13.02.25): Irreführende Immun-Werbung: foodwatch verklagt Bio-Safthersteller Voelkel
- Pressemitteilung (22.11.24): foodwatch mahnt dm, Barnhouse und Voelkel wegen irreführender „Immun-Werbung“ ab
Quelle: Foodwatch (Pressemitteilung, 20. August 2025)