Pflanzendrinks in der Kleinkindernährung

Das Netzwerk Gesund ins Leben empfiehlt Pflanzendrinks, denen die Nährstoffe Calcium, Jod, Vitamin B2 und Vitamin B12 zugesetzt sind

Pflanzendrinks aus Hafer, Soja oder Mandeln nutzen immer mehr Kleinkind-Eltern in der Alltagsküche. Die Milchalternativen liefern jedoch nicht die gleichen, für Kinder essenziellen Nährstoffe wie Kuhmilch. Was bezogen auf Nachhaltigkeit und Klima sinnvoll ist, kann, was die Nährstoffversorgung angeht, zum Problem werden. Nehmen 1- bis 3-Jährige keine oder nur wenig Kuhmilch und Milchprodukte zu sich, verringert das die Versorgung mit wichtigen Nährstoffen wie Calcium, Jod und den Vitaminen B2 und B12. Pflanzendrinks beinhalten diese natürlicherweise nur in geringen, oft kaum relevanten Mengen bzw. überhaupt nicht. Nicht angereicherte Sojadrinks enthalten zum Beispiel nur 13 mg Calcium pro 100 ml, während es bei Kuhmilch 120 mg pro 100 ml sind*. In Haferdrinks kommt Calcium ohne Anreicherung gar nicht vor.

Worauf Sie achten sollten

Eltern, die ihren Kindern Pflanzendrinks statt Kuhmilch anbieten möchten, sollten sich dessen bewusst sein und folgende Tipps befolgen (siehe auch Abbildung):

• Pflanzendrinks wählen, denen die Nährstoffe Calcium, Jod, Vitamin B2 und/oder Vitamin B12 zugesetzt sind – eine aktuelle Markübersicht bietet die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen hier. https://www.verbraucherzentrale.nrw/pflanzendrinks
• Fehlen den Milchalternativen diese Nährstoffe ganz oder teilweise, gezielt Lebensmittel in die Ernährung einbauen, die diese enthalten. Eine professionelle Ernährungsberatung kann hier unterstützen.
• Nahrungsergänzungsmittel können bei unzureichender Nährstoffzufuhr ggf. eine Option sein. Sie sollen jedoch nur nach Rücksprache mit der Kinder- und Jugendärztin oder dem Kinder- und Jugendarzt eingenommen werden. Nur bei einer rein pflanzlichen Ernährung soll Vitamin B12 generell supplementiert werden.

Pflanzendrinks statt Kuhmilch

Ausführlichere Informationen zum Thema bietet der neue Nachgefragt-Beitrag „Pflanzendrinks statt Kuhmilch: Wie ist der Ersatz in der Ernährung von Kleinkindern zu bewerten?“ https://www.gesund-ins-leben.de/fuer-fachkreise/ernaehrung-und-bewegung-fuer-kle… des Netzwerks Gesund ins Leben. Neben praxisnahen Empfehlungen beinhaltet er wissenschaftliche Berechnungen zur Bedeutung von Kuhmilch in der Ernährung von Kindern zwischen einem und drei Jahren.

*Es handelt sich hier um Durchschnittswerte, einzelne Produkte können davon abweichen. Die Werte sind dem Bundeslebensmittelschlüssel entnommen und beziehen sich auf „Sojadrink/Sojadrinkprodukte“ und „Kuhmilch Trinkmilch 3,5 % Fett“.

Weitere Informationen:

https://www.verbraucherzentrale.nrw/pflanzendrinks Pflanzendrinks
https://www.ble-medienservice.de/3418-2-ernaehrung-und-bewegung-im-kleinkindalte… Handlungsempfehlungen
https://www.bzfe.de/ernaehrung/ernaehrungswissen/newsletter-fuer-ernaehrungsfach… Fachkräfte-Newsletter

Gudrun Kinzel, Geschäftsstelle Netzwerk Gesund ins Leben




Selbstbildung als Herausforderung und Notwendigkeit

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Warum wir wissen müssen, wer wir sind, was wir können und was wir bewirken

Benjamin Franklin, einer der Gründerväter der Vereinigten Staaten, hat einmal den Satz ausgesprochen: Drei Dinge sind extrem hart: Stahl, ein Diamant und sich selbst zu kennen. Gerade in der Pädagogik ist es von eminent hoher Bedeutung, sein eigenes „Ich“ möglichst realistisch zu erfassen, um Wirkungen des eigenen Verhaltens und die daraus mitbedingte, spezifische Reaktion des Gegenübers zu verstehen, weil jedwede Interaktion eine gegenseitige Beeinflussung bedeutet. Gleichzeitig sitzen elementarpädagogische Fachkräfte – und hier in besonderem Maße auch die Leitungskräfte – immer zwischen allen Stühlen und sind stets aufs Neue aufgefordert, berechtigte Ansprüche von innen und außen fachkompetent zu erfüllen und unberechtigte Ansprüche professionell und klar abzuwehren.

Wenn du begeisterungsfähig bist, kannst du alles schaffen.
Begeisterung ist die Hefe, die deine Hoffnungen himmelwärts treibt.
Begeisterung ist das Blitzen in deinen Augen,
der Schwung deines Schrittes, der Griff deiner Hand,
die unwiderstehliche Willenskraft und Energie
zur Ausführung deiner Ideen.
Begeisterte sind Kämpfer. Sie haben Seelenkräfte.
Sie besitzen Standfestigkeit.
Begeisterung ist die Grundlage allen Fortschritts.
Mit ihr gelingen Leistungen, ohne sie höchstens Ausreden.

(Henry Ford)

Selbstbildung ist nicht nur ein Recht der Kinder

Die Elementarpädagogik in Deutschland hat sich in den ­vergangenen Jahrzehnten immer stärker – wenn auch in einer Wellenform – zu einer funktionalen und stark gesteuerten Disziplin entwickelt, in der hohe Erwartungsansprüche an Kinder gestellt wurden bzw. werden. Besonders zeigt sich dies ganz aktuell in den hohen Erwartungen vieler Eltern, die sich wünschen, dass ihr Kind schon möglichst früh ein kleiner ‚Albert Einstein’ werden sollte. Ebenso in den meisten Bildungsprogrammen, in denen festgelegt wird, was Kinder in den unterschiedlichen Bildungsbereichen alles „lernen sollen“.

Dabei wird in den wenigsten Bildungsprogrammen – und hier sei vor allem das Bildungsselbstverständnis im Bildungsprogramm für Kindertageseinrichtungen in Sachsen-Anhalt sowie in der Bildungskonzeption von Mecklenburg-Vorpommern als überaus rühmliche Ausnahme im Vergleich mit den 14 anderen Bildungsprogrammen besonders hervorgehoben – die Person der elementarpädagogischen Fachkraft in den Mittelpunkt gestellt, ist sie es doch, die den Ausgangspunkt für Qualität bildet, um dem Mittelpunkt der Pädagogik – dem Kind – entwicklungsförderlich zur Seite zu stehen. Bei einer Schwerpunktlegung auf das Bildungsverständnis einer Selbstbildung geht es nicht um eine „Veränderung von Kindern“ sondern um eine veränderte Einstellung der elementarpädagogischen Fachkräfte zum eigenen Selbstverständnis und dem von Kindern.

Alle Erziehung ist nur Handreichung zur Selbsterziehung

(Eduard Spranger, 1882-1963)

Ganzheitliche Bildungsprogramme beinhalten in erster Linie (leider in zumeist indirekter Form) Anforderungen an die Selbstbildungsmotivation der Fachkräfte.

Ebenso wie Kinder nicht gebildet werden können, sondern sich durch Beziehungsangebote, Bindungserlebnisse und eine impulsgebende, an den tatsächlich vorhandenen Interessen der Kinder orientierte Arbeit selbst bilden, brauchen elementarpädagogische Fachkräfte die innere Motivation, ihre eigenen Kompetenzen kritisch zu beleuchten, inwieweit sie durch ihre Persönlichkeitsstruktur und ihre personalen Ressourcen in der Lage sind, die für eine Unterstützung der Selbstbildungskräfte der Kinder notwendigen Kompetenzen zum Ausdruck zu bringen. Dies entspricht dem Grundsatz Pestalozzis, wenn er die Grundmaxime vertritt, Erziehung sei Liebe und Vorbild, sonst nichts. Und der große, irische Dichter und weitsichtige Humanist, Oscar Wilde, war stets der festen Überzeugung, dass Persönlichkeiten und nicht Grundsätze das Zeitalter bewegen und zugleich der einzelne Mensch keine Beziehung eingehen kann, solange er nicht seine unverwechselbare Individualität für sich entdeckt.

Das Ganze fordert zur selbstständigen Reflexion auf – vor allem Menschen, die mit anderen Menschen arbeiten und den Anspruch haben, durch ihr Wirken (als PERSON und mittels ihrer Arbeit) förderliche Entwicklungsprozesse beim Gegenüber auszulösen.

  • Fremdbeobachtung wird dann zur Selbstbeobachtung,
  • Bildungsangebote für Kinder werden dann zu Bildungsanforderungen, die die Fachkraft an sich selbst stellt,
  • Erziehungsziele werden dann zu persönlichen Zielen umformuliert und
  • Erwartungen/Ansprüche an Kinder oder Eltern werden zu Qualitätsansprüchen an die eigene Person umgedeutet.

Es ist durch die Bildungsforschung und Neurobiologie weithin belegt, dass alle Bildungsprozesse durch das Kind selbst angetrieben werden: den Treibstoff dafür liefert das Kind mit seiner Neugierde bzw. seinem Wunsch, die Welt zu entdecken und sich selbst zu erkunden und den Funken zur Zündung reicht ihm die Fachkraft mit ihren humanistisch orientierten, kommunikationsförderlichen Persönlichkeits- und hilfreichen Interaktionsmerkmalen.

Zwischen Lachen und Spielen werden die Seelen gesund

(Arabisches Sprichwort)

Ausgangspunkte für die Berechtigung der Selbstbildung

Alle Erwachsenen – so auch die elementarpädagogischen Fachkräfte – leiten ihre Vorstellungen über Kinder und ihre Entwürfe zur Pädagogik aus unbewussten Bildern sowie Erfahrungen/Erinnerungen aus ihrer eigenen Kindheit ab und übertragen diese auch auf die ihnen anvertrauten Kinder. Bowlby, der Pionier der Bindungsforschung, vertrat die Ansicht, dass jeder Mensch dazu neigt, anderen das anzutun, was ihm selbst angetan wurde, so dass der tyrannisierende Erwachsene das tyrannisierte Kind von gestern ist. Selbstverständlich geschieht dies unterbewusst, unbeabsichtigt und gleichzeitig in der festen Überzeugung, die an den Tag gelegten Handlungen seien „gut für das Kind“.

Insofern sind Maßstäbe, normative Sichtweisen und verinnerlichte Grundsätze, die alle im Alltagsgeschehen zum Ausdruck kommen, weder per se professionell noch mit Kompetenz ausgestattet oder durch Qualität gekennzeichnet.

Um von einer Defizit- zu einer Ressourcenorientierung bei Kindern zu kommen, sind die folgenden fünf Kehrtwendungen notwendig:

  • 1.) Ein radikaler Paradigmenwechsel von einer Defizit- zu einer Ressourcenorientierung (verbunden mit der Forderung, dass die Selbstbildung von Kindern nicht durch permanente, funktionalisierte und teilisolierte erzieherische Förderprogramme eingeschränkt/ abgebaut/zerstört wird),
  • 2.) Ein Verständnis, dass Kindheit eine eigenständige Lebensphase darstellt (und nicht als ein „unfertiges Erwachsenensein“ verstanden wird),
  • 3.) Ein Selbstverständnis der elementarpädagogischen Fachkräfte, dass sie selbst mit ihren Ausdrucksweisen und Umgangsformen die wichtigste Bildungsmethodik darstellen und diese nicht an künstlich inszenierte Angebote delegieren.
  • 4.) Der Begriff „Bildung“ ist als ein Prozess der ›Persönlichkeitsbildung‹ zu verstehen (in deutlicher Abgrenzung von einer kognitiv orientierten Belehrungsabsicht).
  • 5.) Selbstbildungsarbeit muss sich in erster Linie auf die Fachkräfte beziehen – sie beginnt mit einer anspruchsvollen, selbsterfahrungsorientierten Ausbildung, setzt sich über die gesamte Berufstätigkeit in Form von Fort- und Weiterbildungen – als Pflicht – fort und wird von Trägerseite aktiv gefördert und unterstützt.

Um diese Perspektivwechsel umsetzen zu können, bedarf es einer hohen Selbstmotivation, Mut, Anstrengungsbereitschaft, Belastbarkeit und Neugierde, um Innovationen zu initiieren, zuzulassen und voranzutreiben. Diese Arbeit im Sinne einer Selbstbildung ist schwer. Neale Donald Walsch hat daher folgerichtig die Konsequenz formuliert, dass der Mensch seine größten Chancen und Gelegenheiten zum Wachstum stets nur jenseits persönlicher Bequemlichkeitsbremsen findet.

Selbstbildung führt in einen laufenden Prozess der Identitätsentwicklung

Es geht im Selbstverständnis der Selbstbildung stets darum, Ziele, die beispielsweise für Kinder formuliert werden, zunächst zu eigenen Zielen zu erklären und dabei zu überprüfen, inwieweit die eigenen Verhaltensweisen den externen Zielen entsprechen.

Jeder Mensch besitzt ein ganz bestimmtes Selbstbild von sich und ist der festen Überzeugung, sich selbst gut zu kennen. Doch demgegenüber haben viele Wissenschaftler*innen immer wieder deutlich gemacht, dass die Fähigkeit des Menschen, sich selbst zu (er)kennen, eher mangelhaft bis ungenügend ausgeprägt ist. Die eigene Selbsteinschätzung entspricht häufig einer Selbstüberschätzung und Fehleinschätzung. Es erscheint notwendig, sich selbst mit Fragen auseinanderzusetzen, die dazu geeignet sind, dem „inneren Kind“ immer stärker auf die Spur zu kommen und den Prozess der Selbstbildung in Gang zu setzen bzw. zu vertiefen.

Nur wer sich öffnet…

Nur wer sich öffnet, sich entfaltet wie die Knospe,
der wird des Lebens Schönheit in den kleinen Dingen spüren,
nicht aber, wer verschlossen bleibt, voller Mitleid mit sich selbst.
Nur wer sich öffnet, ungeschützt wie eine Blüte,
der wird für and’re blüh’n, wenn ihre Herzen traurig sind und ausgebrannt
und Sehnsucht haben nach ein wenig Farbe.
Nur wer sich öffnet, sei’s auch unter Schmerzen und Tränen,
schafft Boden für den neuen Samen, der Früchte trägt
und Hoffnung sät, damit zunächst für sich und auch für and’re
Rosen blüh’n im kalten Winter.

(Georg Schraml)

Fragestellungen, die eine Selbstbildung initiieren:

  • Welche Interessen und Motive liegen meiner Berufstätigkeit zugrunde und welchen persönlichen „Profit“ ziehe ich aus meiner Arbeit?
  • Wann/wo/wie habe ich mich mit meiner Sozialisation/ Biographie aktiv beschäftigt und dazu beispielsweise Selbsterfahrungsseminare besucht oder ein Individualcoaching in Anspruch genommen?
  • Wie motiviert bin ich, mich in Kollegiumsgesprächen/ Supervisionssitzungen persönlich aktiv einzubringen, um mein pädagogisches Handeln zu überprüfen/ zur Diskussion zu stellen?
  • Fällt es mir schwer oder leicht, eigene Gedanken und Gefühle öffentlich zu äußern und welche Hintergründe gab/gibt es dafür in meiner Biographie?
  • Vereinbare ich regelmäßig Ziele mit mir selbst, die ich im Hinblick auf meine weitere Persönlichkeitsentwicklung erreichen will?
  • Welche Handlungsschritte habe ich bisher unternommen, um meine Fähigkeiten/ Fertigkeiten realistisch einschätzen zu können (Selbstwahrnehmung vs. Fremdwahrnehmung) und zu welchen Handlungsschritten hat mich diese Erkenntnis geführt?
  • Welche Zielsetzungen verfolge ich grundsätzlich in meiner Arbeit und was haben meine Zielsetzungen mit meiner Biographie zu tun?
  • Welche Werte bestimmen meine Handlungen, leiten mich in meinen Handlungsausführungen und welche Werte habe ich in meiner Sozialisation erlebt?
  • Welche Normen bestimmen mein Denken/Handeln und wie (entwicklungsförderlich – entwicklungshinderlich) wirken sie sich auf kindliche Selbstbildungsprozesse aus?
  • Besitze ich einen grundsätzlich persönlichen/ pädagogischen Optimismus oder Pessimismus und worauf führe ich diese Haltung im Hinblick auf meine Biographie zurück?
  • Welche Handlungsstrategien zeige ich in der Regel bei persönlich erlebten Verletzungen, Angriffen, Ungerechtigkeiten – woher kenne ich solche Reaktionen aus meiner Kindheit und welche Bedeutung hat diese Erkenntnis für mich heute?
  • Besitze ich eine eher positive Einstellung zu einem lebenslangen Lernen oder fällt es mir schwer, mich von „alten Denk- /Handlungsstrukturen“ zu lösen?
  • Schaffe ich es, mich selbst in belastenden Situationen zu motivieren, problemlösungsorientiert zu denken/zu handeln oder halten mich Belastungen eher in einer starren Problemfixierung fest? Wann bzw. wo/wie habe ich gelernt, problemlösungsorientiert vorzugehen?
  • Durch was bzw. wie sorge ich in der Einrichtung für eine eher positive oder negative Atmosphäre?
  • ………………………….

(Diese Fragen können mit vielen weiteren, eigenen Fragen ergänzt werden.)

Lernen ist Vorfreude auf sich selbst

(Peter Sloterdijk)

Selbstbildung führt zu einer stabilen Selbst-, Sach- und Sozialkompetenz

Selbstgerechtigkeit, Selbstbefangenheit, Selbstsucht, Selbstisolierung, Selbstbeschuldigung, Selbstvernichtung, Selbsthass, Selbstvorwürfe, Selbsttäuschung oder Selbsterniedrigung führen zu einer fortschreitenden Selbstentfremdung.

Hingegen trägt eine Selbstbildung dazu bei, Selbstüberwindung, Selbstfindung, Selbstbefreiung, Selbstständigkeit, Selbststeuerung, Selbstachtung, Selbstvertrauen, Selbstbejahung, Selbstheilung und Selbstbestimmung in der Person voranzubringen. Die erweiterte Transaktionsanalyse würde hier im ersten Fall (Selbstgerechtigkeit – Selbstentfremdung) von einem Kindheits- bzw. Eltern-Ich, im zweiten Fall (Selbstüberwindung – Selbstbestimmung) von einem stabilen ­Erwachsenen-Ich sprechen.

Selbstbildungsorientierte Fachkräfte besitzen eine intrinsisch orientierte Reflexionsbereitschaft zur Selbstbetrachtung, gehen mit einer großen Wahrnehmungsoffenheit auf bekannte und unbekannte Situationen zu, um aus selbst formulierten Fragen unterschiedliche Antworten abzuleiten, wollen den Auswirkungen ihrer Biographie auf ihr jetziges Verhalten auf die Spur kommen, betrachten ihre Kommunikationsstruktur und Interaktionskultur sorgsam und kritisch, überprüfen immer wieder ihre Handlungsauswirkungen, zeigen eine hohe Bereitschaft, aus eigenen Fehlern zu lernen, setzen sich mit eigenen Vorurteilen auseinander, arbeiten an ihrer Selbstmotivation, gehen mit Leistungsfreude auf schwierige Herausforderungen zu und schätzen die Möglichkeit eines lebenslangen Lernens als höchstes Gut ein.

Ich fürchte, unsere allzu sorgfältige Erziehung liefert uns Zwergenobst

(Georg Christoph Lichtenberg, 1742-1799)

Fazit:

Selbstbildung ist die Grundlage für eine humanistisch geprägte und zugleich professionell gestaltete Pädagogik im pädagogischen Selbstverständnis von Pestalozzi, Rousseau, Rogers, Freinet sowie Korczak und gehört zum festen Bestandteil einer qualitätsgeprägten Entwicklungsarbeit an sich und einer verantwortungsvollen Entwicklungsbegleitung von Kindern. Mit einer kontinuierlichen Zunahme und Ausweitung einer funktionalisierten und von wirtschaftlichen ­Interessen geprägten Elementarpädagogik geriet ­dieser fundamentale Aspekt immer mehr ins Abseits, obgleich der ­Begriff selbst – vor allem durch die Ergebnisse der Bildungsforschung und Neurobiologie – im Rahmen der „Bildungsarbeit mit Kindern“ eine herausgehobene Wertigkeit zugesprochen bekam. Doch anstatt diese für sich selbst in Anspruch zu nehmen wurde sie theoretisierend und häufig dogmatisch geprägt den Kindern zugesprochen.

Es ist an der Zeit, einen notwendigen Perspektivwechsel vorzunehmen, um im Sinne der Erkenntnisse aus den Feldern der Bindungsforschung sowie der Lernpsychologie einen beziehungsintensiven und kommunikationsaktiven ›Lernalltag‹ zur entscheidenden Grundlage einer lebendigen sowie natürlichen Elementarpädagogik werden zu lassen. Damit würde sich der Kreis schließen, um Kindern durch das eigene, positive Selbstkonzept (Ich bin …), die eigenen Selbstwirksamkeitsüberzeugungen (Ich kann…) und ein eigenes, stabiles Selbstwertgefühl (Ich habe…) in effizienter Form zu helfen, diese drei basalen Ausgangsdaten für eine förderliche Entwicklung gleichsam auf- und auszubauen bzw. zu stabilisieren.

krenz bb

Es gibt einen Weg

Es gibt einen Weg, den keiner kennt, wenn Du ihn nicht gehst.
Wege entstehen, indem wir sie gehen.
Die vielen, zugewachsenen wartenden Wege,
von ungelebtem Leben überwuchert.
Es gibt einen Weg, den keiner kennt, wenn Du ihn nicht gehst.
Es gibt einen Weg, der entsteht, wenn Du ihn gehst.

(Werner Sprenger)

Diesen Beitrag haben wir folgendem Buch entnommen:

berufsbild-erzieherin-krenz

Krenz, Armin

Berufsbild Erzieher*in

Grundsatzgedanken zum Selbstverständnis eines sehr anspruchsvollen Berufs

ISBN: 9783963046155

22,00 € (inkl. MwSt.)




Einladung zum Vortrag „Spielen ist der Beruf des Kindes“

Armin Krenz über die Bedeutung des Spiels für die Selbstbildung des Menschen

Im Laufe der Jahrzehnte hat Prof. Armin Krenz neben seiner Lehr- und Autorentätigkeit sicher eine nahezu unüberschaubare Zahl an Vorträgen, Beratungsgesprächen, Supervisionen, Fort- und Weiterbildungen, Onlineseminaren und Workshops gehalten. Dabei verschlug es ihn jedoch niemals nach Stuttgart. Insofern laden wir Sie hier zu einer Premiere ein. Denn aus Anlass der didacta Bildungsmesse in der baden-württembergischen Landeshauptstadt veranstalten wir einen Vortrag zum Thema „Spielen ist der Beruf des Kindes… und darf nicht immer mehr durch Förderprogramme verdrängt werden“. Dieser findet jedoch nicht auf der Messe statt, sondern mitten in Stuttgart im „Haus der Wirtschaft“ am 12. Februar 2025 um 19 Uhr. Der Eintritt zum Vortrag ist frei (Spenden sind erbeten). Da wir aber nur begrenzt Platz haben, bitten wir um Anmeldung unter der E-Mail: info@spielen-und-lernen.online.

Die Bedeutung des Spiels in der Kindertageseinrichtung

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Viele von Ihnen kennen Prof. Krenz auch als Begründer des situationsorientieren Ansatzes in der Kita und Vertreter einer humanistischen Bildung. Mit spielen und lernen verbindet ihn unter anderem das Verständnis über die Bedeutung des Spiels für die Entwicklung des Kindes. In unserem Schwesterverlag Burckhardthaus haben wir deshalb unlängst gemeinsam das Buch „SPIEL und SELBSTBILDUNG – Kitas brauchen eine pädagogische Revolution“ verlegt. Hintergrund ist die Beobachtung, dass das Spiel in den Kindertageseinrichtungen in den vergangenen Jahren deutlich an Wert verloren hat und diese Entwicklung zahlreiche negativen Folgen für die Kinder und damit für unsere Gesellschaft hat.

Um die Ursachen, die Folgen für die Persönlichkeits- und Lernentwicklung und die Rückkehr zu einer Elementarpädagogik, bei der nicht die wirtschaftlichen Interessen, sondern die Kinder mit ihren Entwicklungsbedürfnissen im Zentrum stehen, wird es auch an diesem Abend im „Haus der Wirtschaft“ in Stuttgart gehen.

Herzlich willkommen

Als Leser*innen von spielen und lernen sind Sie uns mit Ihren Kolleg*innen bei dieser Veranstaltung natürlich besonders willkommen. Melden Sie sich also bitte mit einer E-Mail an info@spielen-und-lernen.online an und freuen Sie sich mit uns auf einen spannenden und äußerst erkenntnisreichen Abend.

Sollten Sie an diesem Abend keine Zeit haben, haben Sie auch die Möglichkeit, Prof. Krenz auf der didacta in der Zeit vom 11. bis 13. Februar zu treffen. Viele Bücher, Informationen und Materialien der Verlage Burckhardthaus, Oberstebrink und spielen und lernen finden Sie während der gesamten Messe in Halle 9, Reihe A, Stand 44.

Referent: Prof. Armin Krenz
Thema: Spielen ist der Beruf des Kindes… und darf nicht immer mehr durch Förderprogramme verdrängt werden
Veranstaltungsort: Haus der Wirtschaft, Willi-Bleicher-Str. 19, 70174 Stuttgart, Konferenzraum Karlsruhe
Datum: 12. Februar 2024
Zeit: 19 bis 21 Uhr
Eintritt frei (freiwillige Spenden erbeten)
Anmeldung unter: info@spielen-und-lernen.online

Gernot Körner




Webinar zum Thema „Philosophieren mit Kindern“

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Kinder stellen Fragen mit philosophischem Charakter. Welche Fragen sind das und wie unterscheiden sie sich von anderen?

Dieses Webinar am 10.03.2025 bietet einen Einstieg in das Philosophieren mit Kindern. Erfahren Sie, wie Sie Kinder dabei begleiten und welche Entwicklungschancen sich dadurch eröffnen.

Inhaltliche Schwerpunkte:

  •     Anlässe zum Philosophieren und Kinderfragen mit philosophischem Charakter
  •     Moderation philosophischer Gespräche und Haltung der Lernbegleitung
  •     Entwicklungsmöglichkeiten und Chancen des gemeinsamen Philosophierens

In diesem 75-minütigen Webinar erwartet Sie ein interaktiv gestalteter Vortrag mit spannenden Inhalten und der Möglichkeit, dich aktiv mit den anderen Teilnehmenden auszutauschen und Fragen zu stellen. Im Anschluss an die Veranstaltung werden die Dokumentation und eine Teilnahmebescheinigung zur Verfügung gestellt.

Lernziele:

  • Sie näher sich dem Thema an und erkennen Anlässe zum Philosophieren mit Kindern
  • Sie erkennen den philosophischen Charakter, den Kinderfragen haben können
  • Sie erfahren, wie Sie Kinder beim Philosophieren begleiten können, damit sie zu eigenen Erkenntnissen und Schlüssen kommen
  • Sie tauschen sich  mit den anderen Teilnehmenden aus und lernen Praxisbeispiele kennen

Die Teilnahme an diesem Angebot wird im Rahmen der Zertifizierung von Kitas, Horten und Grundschulen anerkannt.

Die kostenfreien Webinare und Online-Workshops der Stiftung Kinder Forschen zu unterschiedlichen Themen finden zu festen Zeiten statt. Sie können sich einfach selbst anmelden.

Termine: Webinar am 10.03.2025 16:30-17:45 Uhr und am15.07.2025, 10:00-11:15 Uhr

Zur Anmeldung auf campus.stiftung-kinder-forschen.de

Quelle: Stiftung Kinder Forschen




Immer mehr Kinder wachsen in bildungsfernen Milieus auf

Eine entsprechende Förderung würde sich laut IW für die Gesellschaft auszahlen

In den vergangenen Jahren wachsen immer mehr Kinder in Deutschland in bildungsfernen Milieus auf. So ist laut der Vierteljahrsschrift „IW-Trends“ der Anteil der Minderjährigen mit Eltern ohne berufsqualifizierenden Abschluss zwischen den Jahren 2011 und 2021 von 11,4 Prozent auf 17,6 Prozent gestiegen. Mehr als jedes zwanzigste Kind gehört gemäß der Publikation des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) inzwischen der besonders vulnerablen Gruppe der Kinder mit Eltern ohne Schulabschluss an.

Regional unterschiedliche Situationen

Allerdings sei die Lage regional sehr unterschiedlich. Besonders hoch sind wohl die Anteile in den Großstädten in Nordrhein-Westfalen und eher niedrig in den kleineren Kommunen mit weniger als 20.000 Einwohnern in den neuen Bundesländern und in Bayern.

Risiko für Bildungslaufbahn und Gesundheit

Bei vielen dieser bildungsfernen Kinder bestünden noch weitere Risikofaktoren für eine erfolgreiche Bildungslaufbahn, wie Fremdsprachigkeit und Arbeitsmarktferne der Eltern. Im Ergebnis besuchten sie nicht nur wesentlich seltener in der Sekundarstufe I ein Gymnasium. Zudem sind laut der Auswertung des IW die Jugendlichen im Alter von 15 bis 17 Jahren auch weit häufiger übergewichtig als die nicht bildungsfernen Kinder.

Krippen- und Kindergartenbesuch unterdurchschnittlich

So benötigten sie nicht nur im Bildungsbereich eine gezielte kompensatorische Förderung, die möglichst direkt in ihrem Lebensumfeld angesiedelt sein sollte. Allerdings besuchten im Jahr 2021 den Angaben im Mikrozensus zufolge nur 17,1 Prozent der bildungsfernen unter Dreijährigen und 73,4 Prozent der bildungsfernen Drei- bis Fünfjährigen eine Kita, im Vergleich zu 29,6 Prozent und 87,5 Prozent der nicht bildungsfernen Kinder in diesem Alter.

Negative Folgen für Karriere und Arbeitsmarkt

Und das hat laut IW zahlreiche negative Folgen nicht nur auf den Bildungserfolg der betroffenen Kinder, sondern auch auf die gesamte Gesellschaft. So sei der Anteil der Niedrigqualifizierten in der Altersgruppe der 25- bis 34-Jährigen von 12,9 auf 16,7 Prozent gestiegen. Das sei nicht allein eine Folge der starken Zuwanderung. Auch bei den im Inland geborenen Menschen sei der Anteil von 9,3 auf 11,3 Prozent gestiegen.

Förderung lohnt sich

„Seit Erscheinen der ersten PISA-Studie im Jahr 2001 besteht kein Zweifel mehr daran, dass der Bildungserfolg maßgeblich vom elterlichen Hintergrund abhängt und diese Zusammenhänge in Deutschland stärker sind als in anderen hochentwickelten Ländern.“, heißt es in dem Bericht. Deshalb fordert der IW verstärkte Aktivitäten um die betroffenen Kinder besser voranzubringen. „Hilfreich wäre dabei vor allem eine Stärkung der kompensatorischen Bildungsarbeit an Kitas und Schulen, für die Einrichtungen mit besonders hohen Anteilen förderbedürftiger Kinder zusätzliche personelle Ressourcen benötigen. Dass sich die entsprechenden Ausgaben auch gesamtfiskalisch lohnen, zeigen Modellrechnungen von Geis-Thöne und Plünnecke (2024) zum Startchancen-Programm.“




Lehrgang Herzensbildung vom 15. bis 17. Mai 2025

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Ganzheitlich Lernen mit Kopf, Herz und Hand

Zu den Schlüsselqualifikationen von Erziehen und Lernen im 21. Jahrhundert gehören emotionale Intelligenz und soziale Kompetenz. Wissensvermittlung und Werteerziehung bilden dabei eine Einheit.

Kinder brauchen verlässliche Werte und emotionalen Halt, denn Gefühle bilden die Gleise für den Zug des Lebens. Werden sie in der Kindheit breit und stabil angelegt, dann ist ein Entgleisen sehr unwahrscheinlich. Emotionale Intelligenz ist nicht angeboren! Wir (Erzieher, Lehrer, Eltern) bilden das Kind zum kompetenten Dirigenten seines vielseitigen Gefühlsorchesters aus.

Der Zertifikats-Lehrgang vermittelt Ihnen:​

  • Kultur- und Medizingeschichte der Gefühle
  • Neue Erkenntnisse der Emotions- und Hirnforschung
  • Pädagogische Schlussfolgerungen für das Lernen und Behalten
  • Die Bausteine der emotionalen Intelligenz

  • Zielgruppe: Lehrer, Erzieher, Therapeuten, Eltern und alle an Lernentwicklung Interessierte
  • Qualifikation: Zertifikat
  • Leitung: Dr. päd. Charmaine Liebertz
  • Dauer: 3 Tage
  • Preis: 350 € p. Person, 300 € für Mitglieder, inkl. Lehrgangsmappe, zzgl. Übernachtskosten

Termin: 15. – 17. Mai 2025 in Wels (Österreich), Bildungshaus Schloss Puchberg

Weitere Informationen und Anmeldung: https://www.ganzheitlichlernen.de/herzensbildung

Bücher und Spielekarteien zum Ganzheitlichen Lernen von Charmaine Liebertz bei Oberstebrink:




Simulationspuppen klären Eltern über Schütteltrauma auf

Jedes Jahr werden in Deutschland bis zu 200 Kinder aufgrund eines Schütteltraumas in einer Klinik behandelt

In Deutschland werden jedes Jahr bis zu 200 Kinder aufgrund eines Schütteltraumas in einer Klinik behandelt. Betroffen sind schätzungsweise doppelt so viele Babys und Kleinkinder. Zwischen zehn und 30 Prozent davon überleben die dabei entstandenen Hirnverletzungen nicht. Das Perinatalzentrum des Universitäts-Kinder-Frauenzentrums am Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden demonstriert in Elternkursen mit einer Simulationspuppe die lebensbedrohlichen Folgen des heftigen Schüttelns von Neugeborenen anschaulich. Dank der Unterstützung durch die Dresdner Altmarkt-Galerie kommt nun eine zweite Puppe dazu. Davon profitieren nicht nur Eltern von krank oder zu früh geborenen Babys, die am Uniklinikum durch das FamilieNetz begleitet und so unter anderem auf die Zeit nach dem Krankenhausaufenthalt vorbereitet werden. Damit Eltern lernen, mit Stresssituationen umzugehen, werden sie am Uniklinikum vom FamilieNetz mithilfe der Schüttelpuppen geschult.

Den Fokus stärker auf den Alltag der Eltern mit Neugeborenen richten

„Ein Schütteltrauma kann zu schweren Hirnverletzungen, bleibenden Schäden oder sogar zum Tod führen“, erklärt Prof. Uwe Platzbecker, Medizinischer Vorstand des Dresdner Uniklinikums. Während die medizinische Versorgung von extrem früh oder krank geborenen Babys in hochspezialisierten Zentren heute sichergestellt ist, müsse der Fokus noch stärker auf den Alltag der Eltern mit ihrem Neugeborenen gerichtet werden. „Dabei nimmt das Projekt FamilieNetz, das zum Ziel hat, eine sichere Eltern-Kind-Bindung auch bei intensivmedizinisch versorgten Säuglingen aufzubauen, eine Vorreiterrolle ein. Die Simulationspuppen sind in diesem Rahmen ein praxisnahes Mittel, das den Eltern zeigt, wie sie auch in Stresssituationen richtig agieren.“

Wenn Eltern die Nerven verlieren…

Diplom-Psychologin Josephin Jahnke betont, dass weder Mütter noch Väter dem eigenen Baby schaden wollen. „Und doch passiert es immer wieder“, sagt die Leiterin des FamilieNetzes, einem Versorgungsbereich, der in der Universitäts-Kinderklinik insbesondere für die psychosoziale und spezielle pflegerische Begleitung von Familien zu früh oder krank Neugeborener zuständig ist. Dabei bereitet sie die Familien auch auf die Grenzsituation vor, wenn sich ein Kind über eine lange Zeit nicht beruhigen lässt und 20 Minuten oder in extremen Fällen sogar mehr als eine Stunde durchgehend schreit. In solchen Fällen die Nerven zu verlieren, ist nichts Außergewöhnliches: „Das kann jedem so ergehen“, sagt Josephin Jahnke.

„Wir schätzen, dass in Deutschland jedes Jahr bis zu 200 Kinder aufgrund eines Schütteltraumas in eine Klinik gebracht werden. Zwischen zehn und 30 Prozent davon überleben die dabei entstandenen Hirnverletzungen nicht“, sagt Dr. Monica Pleul von der Klinik für Kinderchirurgie, die zugleich zur Leitung der Kinderschutzgruppe am Universitätsklinikum gehört. Das macht das Schütteltrauma zur häufigsten syndromalen Sonderform des nicht akzidentellen Schädel-Hirn-Traumas im Säuglings- und Kleinkindesalter.


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Ein Kursus in Eltern-Kind-Verständigung

In diesem Buch finden Eltern alles über das Schreien im Baby-Alter – und wie sie am besten damit umgehen. Mit wertvollen Tipps, wie sie herausfinden, warum ihr Baby schreit. Denn kein Baby schreit, um seine Eltern zu ärgern. Schreien kann viele Gründe haben. Hier finden Eltern Antworten auf die entscheidende Frage: Was sagt mir mein Baby, wenn es schreit?

Dr. Joachim Bensel
Wie Sie Ihr Schreibaby verstehen und beruhigen
Hardcover, 208 Seiten
ISBN: 9783934333406
14,95 €


„Allein im Uniklinikum Dresden wurden in den vergangenen fünf Jahren 17 Kinder mit dem Shaken-Baby-Syndrom, wie es in der Fachsprache genannt wird, diagnostiziert“, sagt Jacqueline Zinn, Sozialpädagogin in der Kinderschutzgruppe. 50 bis 70 Prozent der Babys, die mit Schütteltrauma in Kliniken gebracht werden, erleiden schwerste bleibende körperliche und geistige Beeinträchtigungen. Das sind Krampfanfälle, Erblindungen, Sprachstörungen, Lernschwierigkeiten oder Entwicklungsverzögerungen. Lediglich zehn bis 20 Prozent der Säuglinge überleben ein Schütteltrauma ohne bleibende Schäden.

Denn der Säugling kann den Kopf noch nicht alleine halten

Beim Schütteln schleudert der Kopf unkontrolliert hin und her. Denn der Säugling kann – wegen seiner schwachen Nackenmuskulatur – den Kopf noch nicht allein halten. Die gewaltsamen Bewegungen führen dazu, dass das Gehirn im Schädel hin- und hergeworfen wird. Dabei können Nervenbahnen und Blutgefäße reißen. Rein äußerlich sind diese Verletzungen oft nicht sichtbar. Die akut auftretenden Symptome könnten auch andere Ursachen haben. Typische Anzeichen sind Blässe, Reizbarkeit, Apathie, Erbrechen, Krampfanfälle oder Atemstillstand.

Simulationspuppe zeigt Schäden am Gehirn

Um den Eltern die schweren Folgen dieser Überforderungshandlung im wahrsten Sinne „begreifbar“ zu machen, setzt das FamilieNetz die Schüttelpuppe in ihren Elternkursen ein. Eltern wird durch den durchsichtig gestalteten Kopf der Puppe veranschaulicht, welche Schäden das Gehirn selbst durch kurzzeitiges Schütteln erleiden kann. Auf diese Weise schulte das FamilieNetz im vergangenen Jahr präventiv rund 65 Mütter und Väter. Zusätzlich kommt die Puppe auch in der Personalschulung zum Einsatz, um für das Thema zu sensibilisieren und zu verdeutlichen, dass Folgen dieser Form der Kindesmisshandlung etwa nicht nur durch einen Sturz von der Wickelauflage allein erklärbar sind. Wird die Simulationspuppe durch Schütteln aktiviert, schreit sie wie ein echtes Kind. Zudem leuchten im transparenten Kopf der Puppe rote Warn-Lampen auf, die zeigen, dass die noch zarten Gefäße im Kopf des Kindes dadurch gerissen und in der Folge Hirnblutungen entstanden wären. Umfragen zeigen, dass rund zwei Drittel der deutschen Bevölkerung nicht bewusst ist, dass schon kurzes Schütteln tödliche Folgen haben kann.

Babys schreien in den ersten Lebenswochen besonders häufig

Im Mittel schreien Babys ab der 2. bis zur 6. Lebenswoche zwei Stunden am Tag. Dies reduziert sich danach schrittweise und sinkt nach der 12. Lebenswoche auf durchschnittlich weniger als eine Stunde täglich. Gerade in den ersten Monaten scheinen viele Schreianfälle unvorhersehbar und lassen sich nicht nachvollziehen. In bis zu zehn Prozent dieser Anfälle ist das Baby untröstlich. Alle Versuche der Eltern, das Kind zu beruhigen, bleiben erfolglos. Dies kann bei den Eltern Gefühle der Hilflosigkeit, Frustration und Wut auslösen und schließlich zum Schütteln des Kindes im Affekt führen.

Die noch immer verbreitete Ansicht, dass das Schreien in den ersten Lebensmonaten auf Probleme des Darmtrakts – sogenannte „Dreimonatskoliken“ – zurückzuführen sei, ist nach heutigen Erkenntnissen nicht mehr zutreffend. Vielmehr gehen die Expertinnen und Experten davon aus, dass das Schreien mit verschiedenen Reifungsprozessen zusammenhängt. In den ersten Lebensmonaten lernt der Säugling in einem Anpassungs- und Reifungsprozess Schlaf- und Wachzustände, Hunger und Sättigung zu regulieren. Insbesondere bei zu früh geborenen Babys können hier Verzögerungen auftreten, sodass die Eltern dieser Kinder häufiger und intensiver mit dem Problem konfrontiert werden.

Wann sich Eltern Hilfe suchen sollten

Liegt die tägliche Schreidauer über drei Wochen an mindestens drei Tagen der Woche bei mindestens drei Stunden, spricht man von exzessivem Schreien. Das betrifft zwischen fünf und 19 Prozent der Säuglinge. Babys schreien, weil sie ihre Bedürfnisse noch nicht anders ausdrücken können. Sie können erkrankt sein und schreien in der Folge der mit der Erkrankung verbundenen Schmerzen – hier ist unbedingt die kinderärztliche Untersuchung angezeigt. Schreien ist für sie aber auch der einzige Weg zu zeigen, dass ihnen etwas fehlt.

„Trösten Sie Ihr Kind, wenn es schreit. So erlebt ihr Kind, dass sie für es da sind, und es kann Vertrauen aufbauen“, sagt Josephin Jahnke. Ursachen, weshalb Babys schreien, sind Müdigkeit oder Hunger, das Gefühl, dass es ihnen zu warm oder zu kalt ist, dass sie eine nasse oder volle Windel haben, sie eine zu laute Umgebung stört oder ihnen gerade körperliche Nähe vor allem zu Mutter oder Vater fehlt oder aber auch zu viel wird.

Babys schreien nicht, um andere zu ärgern

„Wichtig zu wissen ist, dass Babys niemals schreien, um ihre Eltern oder andere Menschen zu ärgern. Zu so einem absichtsvollen Handeln sind Babys noch gar nicht in der Lage“, betont die Diplom-Psychologin. „Im Zweifel sollten Eltern ihr Kind lieber sicher ablegen und kurz die Situation verlassen, um ihre Emotionen abkühlen zu lassen, bevor die Situation eskaliert und es zu einer Handlung kommt, deren Folgen lebensverändernd ausfallenkönnen“, erklärt Josephin Jahnke.

Sollten solche Situationen jedoch häufiger vorkommen, sei es wichtig zu wissen, an wen man sich hilfesuchend wenden kann. Hierfür stehen die kinderärztlichen Praxen, die sogenannten Schreiambulanzen oder die Familien- und Erziehungsberatungsstellen zur Verfügung. Das Amt für Gesundheit und Prävention, Sachgebiet Frühe Gesundheitshilfen, unterhält die (Schrei-)Babysprechstunde, die an diesem Donnerstag (9. Januar 2025) ebenfalls eine Schüttelpuppe von der Altmarkt-Galerie bekommen hat und diese künftig in der Präventionsarbeit einsetzen wird.

Die Kosten von knapp 4.000 Euro pro Puppe übernimmt die Altmarkt-Galerie Dresden komplett. Am Universitätsklinikum sind für betroffene Familien beispielsweise das FamilieNetz in der Nachsorge und das Sozialpädiatrische Zentrum der Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendmedizin oder die Mutter-Kind-Ambulanz der Klinik und Poliklinik für Psychotherapie und Psychosomatik zuständig.

Weiterführende Informationen

Das Nationale Zentrum Frühe Hilfen (NZFH) in der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung informiert auf seinen Internetseiten weiterführend über die Ursachen des Baby-Schreiens, gibt Tipps für einfache Hilfen und bietet Unterstützung bei der Suche nach wohnortnahen Schreiambulanzen an:

Kontakt für Eltern

Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden
FamilieNetz in der Nachsorge
Tel.: 0351 458 10421
E-Mail: NeNa@ukdd.de
www.ukdd.de/kik/familienetz

Nora Domschke, Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden




Ein fundierter Ratgeber zum Gebrauch digitaler Medien durch Kinder

Eichenberg, Christiane & Auersperg, Felicitas: Chancen und Risiken digitaler Medien für Kinder und Jugendliche. Ein Ratgeber für Eltern, Lehrkräfte und andere Bezugspersonen

Wie alle Medien (und deren rasante Weiterentwicklung) bieten auch die digitalen Medien in ihren vielfältigen Nutzungsmöglichkeiten Chancen und Risiken, die miteinander in Verbindung gesetzt sowie gesehen werden müssen und fachlich sorgsam betrachtet werden sollten. Auf der einen Seite benötigen Kinder und Jugendliche eine Medienkompetenz, die sie in ihre Freizeitgestaltung, Lebens- und späteren Schul-/Berufszeit als eine sinnvolle Bereicherung integrieren können. Auf der anderen Seite gilt es aber auch, einen entwicklungshinderlichen und devianten (=sozial/ gesellschaftlich inakzeptable) Gebrauch digitaler Medien zur Kenntnis zu nehmen und Möglichkeiten zu nutzen, eine selbstschädigende, asoziale bzw. exzessive Nutzung zu verhindern bzw. entwicklungsförderlich zu korrigieren.

So ist es sehr zu begrüßen, dass sich die beiden Autorinnen – Prof. Dr. Christiane Eichenberg, Leiterin des Instituts für Psychosomatik an der Medizinischen Fakultät der Sigmund Freud PrivatUniversität in Wien und Dr. Felicitas Auersperg, Universitätsassistentin an der zuvor genannten PrivatUniversität – dem Themenfeld der digitalen Medien zugewandt haben und ihre Erstveröffentlichung im Jahre 2018 nun in einer 2. überarbeiteten Auflage vorlegen.

Zum Aufbau des Buches

Die Veröffentlichung umfasst 4 Kapitel. Im ersten Kapitel (>Bedeutung digitaler Medien in der Lebenswelt von Kindern und Jugendlichen<) wenden sich die beiden Autorinnen dem Nutzungsverhalten von Kindern und Jugendlichen, den zur Verfügung stehenden Medien, den Nutzungsgewohnheiten und der Medienkompetenz von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen zu.

Das zweite Kapitel (>Chancen digitaler Medien für Kinder und Jugendliche<) geht konkret auf die Identitätsentwicklung (z.B. Selfies), Soziale Kompetenzen und Beziehungen, Lernen (z.B. wissensbezogene Inhalte, Kindergarten bis zu weiterführenden Schulen), Spielen (z.B. Gewalt am Bildschirm, serious Gaming, Kreativität), Informationsaustausch und Meinungsbildung (z.B. Internet und der Abbau von Vorurteilen), Psychosoziale Hilfestellung bei typischen Problemen im Jugendalter (z.B. Selbsthilfeforen, Sexualität und Aufklärung im Internet) ein.

Im dritten Kapitel (>Risiken digitaler Medien für Kinder und Jugendliche<) finden sich Ausführungen zu den fünf Risikobereichen: a) Exzessive Nutzungsweisen – Internetsüchte-; b) Dysfunktionale Nutzungsweisen: Informationsüberflutung sowie Cyberchondrie & Co; c) Selbstschädigende Nutzungsweisen: Suizid-Foren, Ritzer-Seiten und Pro-Ana-Bewegung; d) Deviante Nutzungsweisen: Cybermobbing, Cybertalking und sexuelle Gewalt sowie e) Jugendgefährdende Inhalte: Politischer Extremismus. Anschließend folgen die Schwerpunkte Interventionsmöglichkeiten bei Online-Sucht und Cybermobbing, therapeutische Aspekte im Umgang mit Online-Sucht und präventive Maßnahmen.

Kapitel 4 stellt sich der Herausforderung, >Medienkompetenz sinnvoll zu vermitteln<. Dabei dreht sich zunächst alles um die Medienkompetenz in der Familie, um Strategien zur Vermittlung von Medienkompetenz bei Kindern, bei Jugendlichen und um die Mediennutzung sowie intergenerationale Konflikte in der Familie, um dann auf die Medienkompetenz in der Schule und Konzepte zur Vermittlung von Medienkompetenz bei Kindern und Jugendlichen einzugehen. Ein kurzes Fazit, eine sehr umfangreiche Literaturliste sowie 4 Checklisten (Merkmale der Online-Spielsucht; Liste angenehmer Tätigkeiten; Medienvertrag – Regeln zu Internet, Fernseher & Co; Mein Medientagebuch) schließen diese Veröffentlichung ab.

Zum Inhalt des Buches

Als Ausgangspunkt kann folgende Aussage gelten: während Kinder als sogenannte >digital natives< aufwachsen, haben viele Erwachsene erst die Aufgabe gehabt, sich in die digitale Welt nach und nach einzuarbeiten. Dieser Unterschied ist eine dringend zu lösende Herausforderung, um zunächst selbst eine Medienkompetenz zu erlangen. Immer mehr Kinder und Jugendliche nutzen mit zunehmendem lt. JIM-Studie und KIM-Studie Smartphones, Laptops, Spielekonsolen, Tablets und nutzen bevorzugte Streamingdienste. Jugendliche greifen dabei zu Hause häufig auf Netflix, Amazon Prime Video oder Disney+, auf Musikstreamingdienste wie Spotify, Apple Music oder You-Tube Musik zu und auch die Zahl an eigenen Wearables wie z.B. Smartwatches steigt stetig an und Social-Media-Plattformen wie Instagram, TikTok & Co erfreuen sich einer breiten Beliebtheit. Hier ist eine Medienkompetenz gefragt, bei der die Kinder und Jugendlichen – entsprechend ihrem Alter – lt. dem deutschen Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSF) selbstbestimmt, kritisch, kreativ und verantwortungsbewusst handeln sollen, wobei sie selbst die Fähigkeit besitzen sollen, ihren Konsum zu reflektieren und zu bewerten, um auch die Konsequenzen ihres Konsums einzuschätzen. Hieraus geben sich deutliche Aufgaben, die Eltern, Erzieher*innen, Lehrkräfte und andere Bezugspersonen sehen, aufgreifen und umsetzen müssen!

Die beiden Autorinnen schaffen es in ausgezeichneter Weise bei ihren inhaltlichen Ausführungen, die stets mit reichhaltigen, sogenannten >Fallbeispielen< angereichert sind, Chancen, Auswirkungen und Risiken (z.B. bei Computerspielen, der Handy-/ Computer-/ TV-/ Selfie-/ KI-nutzung, dem Online-Gaming) gegenüberzustellen und entsprechende Altersempfehlungen vorzunehmen. Leser*innen erfahren immer wieder aktuelle Untersuchungsdaten und mit Zahlen belegte Aussagen, worin einerseits die Chancen für Kinder und Jugendliche liegen, digitale Medien in ihre Lebens- und auch Lernwelt zu integrieren, andererseits werden aber auch die Risiken wie eine Zunahme an Internetsüchten wie beispielsweise Online-Spielsucht oder die exzessive Nutzung von Chatforen und sozialen Netzwerken, Online-Kaufsucht ebenso thematisiert wie Cybermobbing, Cyberstalking und direkte sexuelle Übergriffe in Chatrooms oder Sexting (Austausch sexueller Nachrichten/ Weiterleiten von Fotos) bzw. Online-Challenges, in denen es um grenzüberschreitende ‚Mutproben‘ geht.

Dabei wird auch die Erstellung und Verbreitung von Pornografie über das Netz thematisiert. Doch hier bleiben die beiden Autor*innen inhaltlich nicht stehen! So umreißen sie kurz und bündig vor allem bei der Problemstellung der Online-Sucht und des Cybermobbings einige therapeutische Behandlungsoptionen und Interventionsmöglichkeiten bei gleichzeitiger Notwendigkeit, die Bezugspersonen miteinzubeziehen, um keine isolierte Veränderung bei Kindern und Jugendlichen zu versuchen, sondern im Sinne eines systemischen Ansatzes ganzheitlich vorzugehen. Gleichzeitig werden auch präventive Maßnahmen erwähnt wie >Surf-Fair< (Pieschl & Porch) sowie >KiVa< (Salmivalli) und es werden Vorschläge unterbreitet, wie Medienkompetenz sinnvoll vermittelt werden kann: in der Familie, bei Kindern und bei Jugendlichen, in der Schule.

Ein Wermutstropfen ist allerdings bei aller positiven Beurteilung des Buches vorhanden: die beiden Wissenschaftlerinnen haben dem Einsatz/ der Nutzung von digitalen Medien im frühesten Kindesalter (z.B. im Krippenalter/ in der Krippenpädagogik) keinen Raum in ihrem Buch zur Verfügung gestellt, obgleich es viele Lern-, Spiel- und Unterhaltungsapps für Kinder vom 1. bis zum 3. Lebensjahr gibt, deren Bedeutungssinn aus entwicklungspsychologischer und neurobiologischer Sicht besonders hinterfragt werden muss. Als Ergänzung zum Buch sei an dieser Stelle auf folgende 3 Internetseiten hingewiesen: >Empfehlungen zu Bildschirmmedien bei der U3, Download als PDF, Zeitschrift Kinder- und Jugendarzt: https://die-pädagogische-wende.de/empfehlungen-zu-bildschirmmedien-bei-der-u3/,  kindergesundheit-info.de ( Tipps zum Umgang mit Medien für Babys und Kleinkinder): https://www.kindergesundheit-info.de/themen/medien/alltagstipps/medienwahrnehmung/medienumgang-0-3-jahre/,   Schau hin – Medien und Kleinkinder: https://www.schau-hin.info/medien-kleinkinder; Kindergesundheit-info.de – Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (Wie Medien Kindern schaden können): https://www.kindergesundheit-info.de/themen/medien/mediennutzung/medien-gefahren/

Fazit:

Diese Veröffentlichung erfasst in fundierter Weise die Chancen und Risiken der Nutzung digitaler Medien. Die vielen Beispiele erhellen in anschaulicher Weise die theoretischen Ausführungen und machen es Leser*innen leicht, sich mit den Fakten auseinanderzusetzen, die immer wieder durch wissenschaftliche Belege dokumentiert werden. Alleine die 20 Seiten, auf denen die Literaturbelege, die in den Texten genannt sind, aufgeführt werden, lassen einen fachlichen Rückschluss auf die Textaussagen erkennen. Somit kann diese Veröffentlichung als eine sehr hilfreiche Handreichung für Erzieher*innen, Lehrer*innen, Eltern und Betreuungs-/Bezugspersonen in bestem Sinne dienlich sein.

Schlussbemerkung:

(1) Im Umgang der Kinder mit digitalen Medien kommt zuvorderst der Vorbildwirkung der Erwachsenen eine besondere Bedeutung zu! Solange z.B. Erzieher*innen während ihrer Arbeitszeit ihr Smartphone oder Tablet für private Anliegen nutzen, was bei Kitabesuchen nicht die Ausnahme darstellt, wird Kindern etwas vorgelebt, das Kinder gerne imitieren wollen. Zudem wird Kindern eine Zuwendungszeit vorenthalten, die aus arbeitsrechtlicher und berufspädagogischer Sicht nicht akzeptabel ist. Auch wenn Eltern beim Holen und Bringen der Kinder mit ihrem Smartphone kommunizieren, bei gemeinsamen Unternehmungen statt mit ihren Kindern sprechen und stattdessen ihren Smartphoneunterhaltungen Aufmerksamkeit schenken, wird das Kind einen zweitrangigen Wert erfahren. (2) Wer bei und mit Kindern eine >Medienkompetenz< aufbauen und nachhaltig erzielen möchte, muss selbst eine >Medienkompetenz< besitzen und die Chancen und Gefahren einer digitalen Mediennutzung gegeneinander abwägen können. (3) Kritiker*innen an einem zu frühen digitalen Medieneinsatz in der Pädagogik oder an einer zu intensiven digitalen Mediennutzung dürfen nicht als medienfeindlich bezeichnet werden – dieses häufig zu erlebende und ausgesprochene Vorurteil entspricht einer destruktiven Haltung in einer sachlich zu führenden Diskussion. (4) Digitale Medien in der Elementarpädagogik haben ihren Sinn, wenn sie in handlungsaktiven und alltagsorientierten Projekten/ Themenschwerpunkten integriert werden. Hier heißt es: vom kindorientierten und alltagsbezogenen Thema zum digitalen Medium und nicht vom digitalen Medium zum Kind! Genau das geschieht aber in vielen elementarpädagogischen Einrichtungen. (5) Bei der Bedeutungsbetrachtung digitaler Medien in der Frühpädagogik müssen entwicklungspsychologische Untersuchungsergebnisse und neurobiologische Erkenntnisse als ein fachlich fundierter Ausgangspunkt für den Einsatz digitaler Medien und keine wirtschaftlichen Interessen zur Grundlage dienen. (6) Eine vorhandene Medieninkompetenz, eine Internetdistanzierung oder eine pauschale Ablehnung digitaler Medien ist weder akzeptabel noch zielführend, wenn es um eine sachliche Auseinandersetzung über digitale Medien(nutzung) gehen soll.

Armin Krenz – Hon.-Professor für Elementarpädagogik & Entwicklungspsychologie (a.D.)

Eichenberg, Christiane & Auersperg, Felicitas
Chancen und Risiken digitaler Medien für Kinder und Jugendliche
Ein Ratgeber für Eltern, Lehrkräfte und andere Bezugspersonen
Hogrefe Verlag GmbH & Co KG
2. überarbeitete Auflage 2024
190 Seiten
ISBN: 978-3-8017-3209-7
19,95 €