Verlosung: 10 x Nikolai Popov, „WARUM?“

warum

„Warum“ von Nikolai Popov ist ein wichtiges Buch, denn es zeigt die Entwicklung eines Konflikts von Anfang an. Es bietet für Kinder die Möglichkeit, Ideen zu entwickeln, wie und wann man Gewalt und Eskalation verhindern kann.

Eine Maus und ein Frosch streiten sich auf einer herrlichen Blumenwiese um eine ganz bestimmte Blume. Der Streit endet in einer gewaltsamen Auseinandersetzung zwischen Mäusen und Fröschen. Krieg beginnt im Kleinen, beginnt im Streit um Dinge, beginnt mit Wut oder auch Angst. Etwas, was auch schon kleine Kinder erleben und verstehen.

Kostenloser Download: Lern- und Unterrichtsimpulse_Titel_Warum

Eine Version mit Text gibt es als classic-Ausgabe bei minedition.

Wir verlosen gemeinsam mit minedition 10 x das große Bilderbuch, das auch ohne Text zu verstehen ist.

Nikolai Popov, „WARUM?“
Format: 22 x 29,3 cm, 32 Seiten
durchgehend farbig illustriert, cellophanierter Pappband
EUR 15,00 / 15,50 (A)
ISBN : 978-3-03934-016-3

Die Verlosung ist am 27. März abgelaufen




Das Thema „Krieg“ im Unterricht und in der Schule

Zahlreiche Webangebote bieten konkrete Hilfen für Lehrkräfte und damit für Schülerinnen und Schüler

Konkrete Antworten sind jetzt gefragt. Wir haben hier ein paar Webangebote, die helfen können, das Thema im Unterricht anzugehen.

Zentrum für Schulqualität und Lehrerbildung (ZSL) Baden-Württemberg

Das Zentrum für Schulqualität und Lehrerbildung hat verschiedene Informationen, Materialien und Angebote zusammengestellt, die es Lehrkräften erleichtern sollen, den Ukraine-Krieg zu thematisieren beziehungsweise mit den Reaktionen und Ängsten junger Menschen umzugehen. Das Angebot wird stetig aktualisiert.

Das Deutsche Schulportal

Welche aktuellen Reaktionen auf die aktuelle Lage sind „normal“? Wie können Lehrkräfte mit der Situation umgehen, wenn sie sich selbst überfordert, wütend oder ängstlich fühlen? Sollen Lehrkräfte das Thema Ukraine-Krieg aktiv ansprechen? Wir können Lehrkräfte Schülerinnen und Schülern mit russischem oder ukrainischem Hintergrund gerecht werden? Wie können sie mit Konflikten zwischen diesen Gruppen umgehen? Auf diese und viele weitere Fragen bietet das Deutsche Schulportal Antworten. Mit dabei ist auch ein Video zum Thema:

Landesmedienzentrum Baden-Württemberg

Den Krieg in der Ukraine kann man, je nach Fach und Intention, unter ganz unterschiedlichen Aspekten beleuchten. Deshalb hat das Landesmedienzentrum in der Medienliste „Aktuelles“ Unterrichtsmaterialien zu verschiedenen Unterthemen zusammengestellt. Hier finden Sie unter anderem folgende Themenbereiche: Krieg in der Ukraine – Schwerpunkt Geschichte; UNO, NATO und EU; Flucht und Asyl; Demokratie und Wahlen; Fake News.

Björns Woche im #twlz: Der Krieg in der Ukraine im Unterricht

Auch diese Website beschäftigt sich mit dem Thema Krieg in der Ukraine und bietet Informationen und Tipps zum Thema. Hier können Lehrkräfte auch ihre eigenen Fragen und Anregungen einbringen.

Die Frau mit dem Dromedar

Der Blog bietet ebenfalls eine umfangreiche Handreichung zum Ukraine Krieg. Die Materialien sind modular aufgebaut. Sie lassen sich als PDF oder Powerpoint-Datei kostenlos herunterladen.

Natürlich gibt es noch viele weitere Angebote. Aber mit unserer kleinen Zusammenstellung lässt sich doch schon einiges anfangen.




Kostenloses Pixibuch: Ein neuer Erzieher, Pingi und das Schaumbad

pixibuch

Früherziehung mit männlichen Rollenvorbildern? Ja unbedingt!

Im neuen Pixibuch: „Ein neuer Erzieher, Pingi und das Schaumbad“, sind männliche Erzieher ein selbstverständlicher Teil des Kitaalltags. Das kleine und quadratische Heftformat spricht vor allem Kinder von drei bis sechs Jahren an.

Die Geschichte spielt in einer inklusiven Kita. Hier müssen sich Theo und Tilda an den neuen Erzieher Louis gewöhnen, der seinen Kollegen Malte in der Pinguin-Gruppe ablöst.

Die Botschaft lautet: Männliche Erzieher können ein selbstverständlicher Teil des Kitaalltags sein, denn Sorgearbeit können Frauen und Männer gleichermaßen übernehmen. Schon in der Früherziehung werden Rollenbilder geprägt und der Grundstock dafür gelegt.

Das Pixibuch wurde im Rahmen desProjekts Boys’Day – Jungen-Zukunftstags, Herausgeber kompetenzz, erstellt und vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gefördert.

Weitere Informationen zum Boys’Day

Um insbesondere junge Männer für den Erzieherberuf zu interessieren, bietet der Boys’Day auf der Website: zukunftsberuf-erzieher.de alle Informationen rund um die Ausbildung.

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Pixibuch: Ein neuer Erzieher, Pingi und das Schaumbad

Hier können pädagogische Fachkräfte das Buch kostenlos bestellen




Leitbilder geben der Einrichtung qualitative Ziele vor

Ein werteorientiertes Leitbild bildet die Grundlage für eine qualitätsgeprägte Einrichtungskultur

Wie in unserer Gesellschaft existiert auch in Kindertageseinrichtungen ein weit gefasster Wertepluralismus, durch den teilweise übereinstimmende aber auch sehr unterschiedliche Ein- und Vorstellungen ihren Ausdruck finden. Auf der einen Seite werden gesellschaftliche sowie gesellschaftspolitische Erwartungen an frühkindliche Erziehungs- und Bildungseinrichtungen gestellt, auf der anderen Seite gibt es reichhaltige Träger-, Eltern-, Kinder- und weitere Außenerwartungen, mit denen sich die Mitarbeiter/innen täglich konfrontiert sehen. Schließlich sind es die Mitarbeiter/innen und Leitungskräfte selbst, die ihrerseits ihre Erwartungen mit in ihr Arbeitsfeld einbringen und nur in den seltensten Fällen wird es zu einer Übereinstimmung der Erwartungsvielfalt kommen.

Leitbilder sind mehr als Konzepte

Ein Leitbild erfasst mit seinen klar benannten Zielen, Tätigkeitsmerkmalen und Handlungsvorgaben Vorstellungen, welche Grundlagen in der Arbeit bestehen, welche Aufgaben zu erfüllen sind, wie die unterschiedlichen Aufgaben gestaltet werden, welche Besonderheiten die Einrichtung auszeichnet und vor allem welches Menschenbild der Arbeit und dem Selbstverständnis aller Mitarbeiter/innen zu Grunde liegt. Das heißt, dass im Leitbild die charakteristischen und unverwechselbaren Merkmale zusammengefasst und auf den Punkt gebracht werden. Im Gegensatz zu Konzepten, die lediglich Absichtserklärungen beinhalten, sind Leitbilder klar gefasste Formulierungen, die sich in der Realität widerspiegeln. Konzeptionen konkretisieren dann wiederum anhand differenzierter Erläuterungen und mit Hilfe von Beispielen die im Leitbild enthaltenen Grundlagen.

Leitbilder führen zu einer fassbaren Identität

Dadurch, dass in einem Leitbild alle wesentlichen Grundlagen sowohl zum unverwechselbaren Einrichtungsprofil als auch zum Selbstverständnis der Mitarbeiter/innen vorgestellt und benannt sind, trägt es zur Darstellung der eigenen Einrichtungsidentität bei und verdeutlicht damit, was Kinder, Eltern und die Öffentlichkeit in der vorgestellten Institution erwartet. Insofern erfüllt das Leitbild eine bedeutsame Außenpräsentation. Gleichzeitig – und das ist stets der erste und bedeutsamste Schritt – hilft es den Mitarbeiter/innen, ihre Einstellungen zur Arbeit, zu Kindern und Eltern, zu den mannigfachen Aufgabenstellungen, eigene Überzeugungen und Wertehaltung mit den formulierten Zielen, Aufgaben und Herausforderungen in Beziehung zu setzen, um einerseits Entsprechungen zu identifizieren und andererseits Widersprüche zu bemerken, die notwendigerweise und folgerichtig zu klären sind. Nur dadurch wird es möglich sein, eine nach außen präsentierte und nach innen gelebte Identitätshaltung umzusetzen.


krenz

Mehr von Prof. Dr. Armin Krenz:

Der situationsorientierte Ansatz – Auf einen Blick
Konkrete Praxishinweise zur Umsetzung
Burckhardthaus-Laetare
ISBN: 9783944548043
15,00 €

Mehr dazu auf www.oberstebrink.de


Das Kollegium ist (nicht immer) ein Abbild der Leitkultur

Papier ist geduldig: diese Aussage kennt jeder und so zeigt sich immer wieder bei einem Vergleich von Leitbildaussagen und den zum Ausdruck gebrachten Verhaltensweisen von Mitarbeiter/innen, dass es große Diskrepanzen zwischen wohlfeil formulierten, wunderbar niedergeschriebenen Aussagen und der erlebbaren Einrichtungsrealität gibt. So ist beispielsweise von einer Partizipationspädagogik die Rede und gleichzeitig zeigt sich bei genauerem Hinschauen, dass Erwachsene den Alltagsablauf bestimmen, an traditionsorientierten, ja normierten (!) Strukturen festhalten und nur am Rande eine erwachsenengesteuerte, so genannte Kinderkonferenz mit pseudodemokratischem Charakter abhalten. An anderer Stelle wird davon gesprochen, dass „Kinder im Mittelpunkt der Arbeit stehen“ und bei einer sorgsamen Betrachtung eher Träger- oder Elternwünsche die Arbeitsschwerpunkte im Alltag vorgeben. Oder im Leitbild ist zu lesen, dass Kindertageseinrichtungen – lt. Landesgesetz und Bildungsrichtlinien – einen eigenständigen „Erziehungs-, Betreuungs- und Bildungsauftrag“ in Abgrenzung zur Schulpädagogik haben, dennoch werden immer wieder funktionalisierte Vorschultrainings angeboten bzw. Vorschulgruppen gebildet. Darüber hinaus bleibt die Frage unbeantwortet, warum einerseits im Leitbild immer wieder von einem „ganzheitlichen Ansatz“ gesprochen wird, andererseits schematische „Sprach- und Lerneinheiten“ den Kindern vorgesetzt werden. Hier treffen deutliche, widersprüchliche Aussagen aufeinander, die es in einer Leitbilddiskussion sorgsam und nachhaltig zu erfassen und zu klären gilt.

Werte bilden die Grundlage für Qualität, Professionalität und Identität

Mitarbeiter/innen sind die wichtigsten Vertreter/ Repräsentant/innen der im Leitbild formulierten Werte. Insofern beginnt jede zum Leben erweckte Leitbildkultur mit folgenden Fragen: wer bin ich/ wer sind wir und welche Einstellungen kennzeichnen mein/ unser Selbstverständnis als Fachkraft? Welche ethischen, moralischen, ästhetischen, religiösen, wissenschaftlichen Werte liegen meiner Haltung zu Grunde und welche Einstellungen/ Haltungsgrundsätze bestimmen mein Verhalten im Umgang mit mir selbst, mit Kolleg/innen, der Leitungskraft, dem Träger, den Kindern, den Eltern, den mit der Einrichtung verbundenen Menschen? Wie stehe ich zur Trägerphilosophie – welchen Aussagen kann ich zustimmen, welche Inhalte fordern meinen Widerspruch heraus und wie kann ich den Widerspruch klären? Was verstehe ich unter dem Begriff „Qualität“ und welche Anstrengungen unternehme ich ganz konkret, um klar definierte Qualitätskriterien zu erfüllen? Welches Menschenbild besitze ich und wie/ wodurch kommt es tag-/täglich im Umgang mit mir, mit Kindern, Eltern, Kolleg/innen, der Leitungskraft, dem Träger, der Öffentlichkeit zum Ausdruck? Welche konkreten Vorhaben und selbst gestellte Herausforderungen tragen dazu bei, meine Persönlichkeit weiterzuentwickeln, meine Teamfähigkeit auszubauen, meine Konfliktlösekompetenz zu vergrößern sowie meine Visionen zu konkretisieren? Diese und viele weitere Fragen sind in einem Prozess zum Aufbau und zur Stabilisierung einer unverwechselbaren und in sich stimmigen Einrichtungskultur unverzichtbar und notwendig.

Gelebte Werte prägen die Einrichtungskultur

Werte und Wertehaltungen sind primär das Ergebnis frühkindlicher Sozialisationsbedingungen und –einflüsse, die den Menschen zu ganz bestimmten Sichtweisen und Einstellungen führen. Manche sind ihm bewusst, andere unterliegen dem >blinden Fleck< und wiederum andere sind Wunschvorstellungen, die zwar der eigenen Überzeugung entspringen, allerdings nicht der Realität entsprechen. So gehört es zu einer Leitbildentwicklung und –überprüfung dazu, zunächst einen >Wertekatalog< für sich zu erstellen, um diesen im Kollegium vorzutragen und bei jedem (!) geäußerten Wert konkrete Beispiele zu benennen, um Wunsch-, Phantasie-, Real- und Vermutungswerte zu sondieren. Diese Aufgabe bildet stets die Ausgangssituation für eine stimmig gelebte Umgangskultur, die wiederum für eine entwicklungsförderliche Einrichtungskultur sorgt und einer entwicklungshinderlichen Einrichtungskultur keine Entfaltungschance bietet.

Eine solche, werteorientierte Einrichtungskultur kann nur dort entstehen, wenn alle (!) Mitarbeiter/innen * für ein freundliches, aufgeschlossenes, solidarisches Miteinander sorgen, *arbeitsbedingte/ personorientierte Vermutungen oder eigene Ängste offen und direkt ansprechen, * Konflikte rechtzeitig und inhaltsorientiert, mit konkreten Beispielsbeschreibungen belegt konstruktiv klären (wollen), * die Gleichwertigkeit aller Kolleg/innen – unabhängig von ihrem Status/ ihrer Ausbildung, ihrer Ethnie  – akzeptieren, * sich selbst, ihr Arbeitsverständnis, ihre Arbeitsleistung, ihre Teamfähigkeit regelmäßig selbstkritisch hinterfragen, * auf egozentrische, unsoziale Einstellungen/ Erwartungen verzichten, * ein ausgeprägtes Gerechtigkeitsempfinden besitzen, *Selbstdisziplin, Selbstmotivation und Anstrengungsbereitschaft an den Tag legen, * Besonnenheit in hektischen Situationen ausdrücken, * strukturiertes, qualitätsorientiertes Sachhandeln – gerade bei vielfältigen Erwartungen – zum Ausdruck bringen, * Wahrnehmungsoffenheit zur Differenzierung von Wesentlichem und Unwesentlichem besitzen, * sinnverbundenes Denken, ein kausales und logisches Denken praktizieren, * Zuverlässigkeit im Alltag ausdrücken, * Gewaltfreiheit zum unverrückbaren Gut ihrer Haltung erklären, * Kommunikationsfreude sowie Achtsamkeit und Wertschätzung sich selbst sowie anderen gegenüber zeigen, um für eine nachhaltige Wertekultur zu sorgen.          

Zusammenfassung

Werte, die im Leitbild einer Einrichtung formuliert sind, besitzen erst dann eine Bedeutung, wenn sie zur gelebten Realität geworden sind bzw. werden. Damit kommt es zu einer Wertekultur, die immer wieder – regelmäßig – hinterfragt, überprüft und verbessert/weiterentwickelt wird/werden muss. Dabei ist jede Fachkraft ein bedeutsamer Ausgangspunkt für eine allseitige, erfahrbare Einrichtungskultur, die eine nachhaltige Bedeutung für alle beteiligten Personen mit sich bringt.                            

Literaturhinweise:

Binder, E. (2020):Was für mich zählt. Lebensorientierung durch Werte. Paderborn: Junfermann
Frey, D. (2015): Psychologie der Werte. Von Achtsamkeit bis Zivilcourage – Basiswissen aus Psychologie und Philosophie. Wiesbaden: Springer
Herbst, D. (2009): Corporate Identity. Aufbau einer einzigartigen Unternehmensidentität, Leitbild und Unternehmenskultur, Image messen, gestalten, überprüfen. Berlin: Cornelsen
Krenz, A. (2008): Konzeptionsentwicklung in Kindertagesstätten – professionell, konkret, qualitätsorientiert. Köln: Bildungsverlag EINS
Krenz, A. (2007): Werteentwicklung in der frühkindlichen Bildung und Erziehung. Berlin: Cornelsen Scriptor 
Rütten, B. (2010): Auf dem Weg zum Leitbild. Prozessschritte, Gelingensbedingungen und Hemmnisse in der Leitbildentwicklung. München: Grin
Strunk, A. (Hrsg.) (2013): Leitbildentwicklung und systemisches Controlling. Baden-Baden: Nomos
Werther, D. (2015): Vision – Mission – Werte. Die Basis der Leitbild- und Strategieentwicklung. Weinheim: Beltz

Autor: Armin Krenz, Prof. h.c. Dr. h.c., Honorarprofessor a.D., Wissenschaftsdozent für Elementarpädagogik + Entwicklungspsychologie.




Die Lesekompetenz der Viertklässler ist „alarmierend“ gesunken

Repräsentative Untersuchung zeigt: Geringere Lesekompetenz in den vierten Klassen nach Corona-bedingten Einschränkungen

Erstmalig hat ein Studienteam an der TU Dortmund unter der Leitung von Prof. Dr. Nele McElvany wissenschaftlich repräsentative Daten zum Stand der Lesekompetenz von Viertklässlern vor und während der COVID-19-Pandemie vorgelegt. Die Forschenden stellten fest, dass sich die mittlere Lesekompetenz von Schülerinnen und Schülern in der vierten Klassenstufe im Jahr 2021 von der Lesekompetenz Gleichaltriger vor der Pandemie erheblich schlechter ist. Anhand von repräsentativen Daten einer IFS-Schulpanelstudie mit insgesamt über 4.000 Kindern in den Jahren 2016 und 2021 an 111 ausgewählten Grundschulen in Deutschland hat das Team mit Hilfe der IGLU-Tests untersucht, wie sich die Lesekompetenz von Schülerinnen und Schülern in der vierten Klassenstufe in Deutschland im Jahr 2021 von der Lesekompetenz Gleichaltriger vor der Pandemie unterscheidet.

Schülerinnen und Schülern fehlt rund ein halbes Lernjahr nach coronabedingten Einschränkungen der Beschulung

Die Daten weisen darauf hin, dass die Lesekompetenz der Kinder im Jahr 2021 mit 980 Punkten im Mittel deutlich geringer ist als noch 2016 mit 1.000 Punkten. Zum Zeitpunkt der Erhebungen lagen hinter den Schülerinnen und Schülern über ein Jahr pandemiebedingte Einschränkungen.

„Drückt man es in Lernjahren aus, fehlt den Kindern im Durchschnitt etwa ein halbes Lernjahr. Wird die Veränderung in der Zusammensetzung der Schülerschaft berücksichtigt, wird die Lücke zwar etwas kleiner, der signifikante Rückgang der mittleren Lesekompetenz bleibt jedoch“, erläutert Dr. Ulrich Ludewig, Co-Leiter der Studie.

Weniger gute, mehr schwache Schülerinnen und Schüler

Die Ergebnisse zeigen, dass der Anteil an Grundschülerinnen und -schülern, die gut bis sehr gut lesen können, im Vergleich zum Jahr 2016 um rund sieben Prozent auf 37 Prozent gesunken ist.

Der Anteil derjenigen, die Probleme mit dem Lesen und dem Textverständnis haben, nahm dagegen um sechs Prozent auf insgesamt 28 Prozent zu. „Da Lesen eine zentrale Kompetenz darstellt, hat dieses Ergebnis auch Auswirkungen auf alle anderen Schulfächer“, betont Nele McElvany.

Das Kompetenzniveau ist bei unterschiedlichen Schülergruppen gesunken

Der Rückgang des mittleren Kompetenzniveaus betrifft alle untersuchten Schülergruppen. So sind zwar Mädchen im Lesen im Mittel weiterhin stärker als Jungen, allerdings sank das durchschnittliche Leseniveau beider Gruppen. Ähnlich sieht es aus, wenn der soziokulturelle Hintergrund fokussiert wird: Kinder aus Familien mit mehr als 100 Büchern zuhause können im Schnitt besser lesen als solche mit weniger Büchern, aber die mittlere Lesekompetenz beider Gruppen ist in ähnlichem Maße geringer als noch 2016. Kinder mit schlechten häuslichen Rahmenbedingungen zum Lernen – kein eigener Schreibtisch und kein Internetzugang – verlieren allerdings im Schnitt mit 27 Punkten mehr als Kinder mit guten Rahmenbedingungen (16 Punkte).

Vergleicht man schließlich die Gruppen der Grundschulkinder mit und ohne Migrationshintergrund, so hat die Lesekompetenz von Kindern mit Migrationshintergrund im Mittel tendenziell stärker unter der Pandemie gelitten. Das Ergebnis kann nicht statistisch gegen den Zufall abgesichert werden, aber die Zahlen zeigen deskriptiv eine deutliche Vergrößerung des Unterschieds der mittleren Leseleistungen: Lagen Kinder, die im Ausland geboren sind, 2016 im Mittel noch 46 Punkte hinter Kindern mit Deutschland als Geburtsland, so beträgt dieser Unterschied 2021 durchschnittlich 63 Punkte und damit rund 1,5 Lernjahre.

Ergebnisse sind alarmierend

Die aktuelle Schülergeneration in Deutschland zeigt generell eine wesentlich geringere Lesekompetenz als noch vor fünf Jahren – das ist alarmierend. Um diese Lücke wieder zu schließen, kommt es auf umfassende und wirksame Unterstützungs- und Förderangebote an, schreibt das Forschungsteam in seinem Bericht (verfügbar ab 15. März 2022 unter www.tu-dortmund.de/ifs-schulpanel). „Die hier untersuchten Kinder besuchen aktuell die fünfte Klassenstufe – neben den Grundschulen müssen für die Leseförderung also auch die weiterführenden Schulen systematisch mitgedacht werden“, sagt Nele McElvany. Mit Blick auf mögliche zukünftige Krisen gilt es bei bildungspolitischen und pädagogischen Entscheidungen Aspekte wie das selbstregulierte Lernen in eher distanzorientierten Lehr-Lern-Kontexten sowie die Arbeit mit digitalen Medien als Schlüsselstellen mitzudenken.

Zur Studie:

Die IFS-Schulpanel-Analysen basieren auf den Antworten von 2.208 von Viertklässlerinnen und Viertklässler im Jahr 2016 und 2.082 im Jahr 2021 aus 111 Grundschulen in Deutschland. Alle Schulen nahmen an IGLU 2016 teil und wurden fünf Jahre später für die IFS-Schulpanelstudie erneut mit einem standardisierten Lesetest der Internationalen Grundschul-Lese-Untersuchung (IGLU) untersucht. Damit bestand erstmals die Möglichkeit, die mittlere Lesekompetenz von Kindern am Ende der Grundschulzeit an den gleichen Schulen zu den Zeitpunkten vor der Pandemie und nach mehr als einem Jahr der Beschulung unter Pandemiebedingungen im Vergleich zu analysieren. Das dieser Veöffentlichung (“COVID-19 Pandemic and Student Reading Achievement – Findings from a School Panel Study” – ab dem 15. März verfügbar unter: https://psyarxiv.com/) zugrunde liegende Vorhaben wird mit Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung sowie der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland zu gleichen Anteilen gefördert. Die Verantwortung für den Inhalt dieser Veröffentlichung liegt bei den Autorinnen und Autoren.

Institutsportrait

Das interdisziplinäre Institut für Schulentwicklungsforschung (IFS) an der TU Dortmund ist als Forschungseinrichtung an der Schnittstelle von Wissenschaft, schulischer Praxis und Politik angesiedelt. Die durch vier Professuren und rund 40 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gestalteten Forschungsbereiche des Instituts arbeiten zu aktuellen Themen im Bereich der Empirischen Bildungsforschung mit dem Ziel, schulische Lern- und Entwicklungsprozesse, Schulentwicklung und Bildungsergebnisse im Kontext ihrer individuellen, sozialen und institutionellen Bedingungen zu erfassen, zu erklären und zu optimieren. Das IFS trägt mit seiner Arbeit wesentlich den Profilbereich Bildung, Schule und Inklusion der TU Dortmund mit.




Eine moderne, preisgekrönte Fabel für Frieden und Toleranz

Helen Piers/Michael Foreman: Schlangenhals und Trampelbein

Bei den Dinosauriern ist es manchmal wie bei uns. Als Trampelbein in das Gebiet von Schlangenhals kommt, vermuten beide vom anderen nur das Schlimmste. Sie haben schreckliche Angst voreinander. Deshalb bauen sie Fallen und landen am Ende doch beide in derselben. Dabei entdecken sie, dass keiner den anderen fressen will. Schließlich sind beide Vegetarier. Und am Ende müssen sie sich gegenseitig aus der Grube helfen.

Frieden, Toleranz und Miteinander

Die beiden Bestsellerautoren Michael Foreman und Helen Piers haben eine moderne, mittlerweile preisgekrönte Fabel geschrieben. Warmherzig und humorvoll erzählen sie die Geschichte der beiden Dinosaurier, die mit fröhlichen Farben gestaltet ist.

Es ist eine klare Aufforderung, dem Fremden eine Chance zu geben und die eigenen Vorurteile beiseite zu lassen.

Die bekannt Kinder- und Jugenbuchexpertin und Rezensentin Gabriele Hoffmann stellt das Buch hier vor.

Helen Piers/Michael Foreman
Schlangenhals und Trampelbein
Hardcover, 32 Seiten
ISBN: 978-3-934333-74-1
12,95 Euro




Bildungsaktivitäten mit Kindern aus Flüchtlingsunterkünften

Besondere Umstände verlangen besondere Herangehensweisen

Mit Sicherheit haben die Kinder in Flüchtlingsunterkünften ähnliche Bedürfnisse wie alle anderen Kinder auch. Aber sie leben unter anderen Bedingungen. Sie kommen aus einer anderen Kultur und beherrschen zunächst die deutsche Sprache nicht. Hier leben sie oft unter extremen Bedingungen, auf engem Raum; sie haben kaum Spielzeug, keine Malsachen, Die Umgebung ist fremd und sie haben manchmal schlimme Erlebnisse zu verarbeiten. Oftmals werden sie auch mit den traurigen Gefühlen ihrer nächsten Angehörigen konfrontiert und mit Streit und Aggressivität von manchen Menschen in ihrer Umgebung. Sie sind mittendrin und müssen alles irgendwie verarbeiten.

Es hilft den Kindern, wenn sie Angebote wahrnehmen können, die ihren Bedürfnissen nach Bewegung, Spiel, Spaß und Lernen entgegenkommen und sie für kurze Zeit den grauen Alltag im Containerdorf, der Baumarkthalle oder Turnhalle vergessen lässt. Immer wieder erlebe ich die Kinder aus den Flüchtlingsunterkünften als Bereicherung, weil sie so neugierig, lernfreudig und besonders sind. Sie greifen begierig Angebote auf, möchten die deutsche Sprache lernen, möchten sich ausprobieren, möchten kreativ etwas gestalten. Sie sind oft mit einfachen Dingen zufrieden. Für diese Kinder sind oftmals Alltagsmaterialien sehr interessant. Sie bauen aus Toilettenrollen stundenlang Kugelbahnen, sie basteln aus alten Kartons Autos oder Puppenhäuser, sie freuen sich über Strumpfpuppen und bekleben Schachteln, um darin etwas aufzubewahren. Sie verkleiden sich gerne, tanzen dann vergnügt zur Musik und lassen ihrer Mimik und Gestik freien Lauf. Fotos dieser Aktionen sind sehr beliebt – sie freuen sich, wenn sie Fotos von sich mit zu ihrem Schlafplatz nehmen dürfen. Mitunter verschwinden jedoch auch andere Dinge, die ihnen gefallen, in Socken oder Hosentaschen, da sie nichts zum Spielen haben. Deshalb ist es wichtig, Regeln zu erklären und auch zu kontrollieren, ob sie eingehalten werden. Das ist eine große Herausforderung für alle Betreuer/innen.

Umgang mit der besonderen Situation

Umgang mit Sprachproblemen

Viele Menschen, mit denen ich mich über die Aktivitäten mit den Flüchtlingskindern unterhalten habe, fragen mich, wie wir mit den Sprachproblemen zurechtkommen. Natürlich gibt es Probleme bei der Verständigung. Allerdings führt dies mitunter auch zu kuriosen und lustigen Situationen. Wir machen uns durch Mimik und Gestik verständlich. Dadurch kommt es oft zu lustigen Situationen, in denen wir viel miteinander lachen. Außerdem lernen die Kinder sehr schnell die deutsche Sprache. Auch die Erwachsenen wollen so schnell wie möglich Deutsch lernen. So entwickeln sich die Möglichkeiten der Verständigung. Auf Ausflügen wollten die Kinder wichtige Worte, die wir ihnen unterwegs vermittelt haben, gleich auf mein Mobiltelefon sprechen. Ein Junge aus Syrien, der sich erst seit zwei Wochen in Deutschland aufhielt, sprach die Worte „Nicht rumlaufen … hinsetzen! Sonst gefährlich!“ in mein Handy. Ich habe sie bis heute nicht gelöscht. Die Sprachprobleme sind nicht wirklich das größte Hindernis. Wir können sie durch viel Fantasie, pantomimische Kreativität, Humor, situative Flexibilität und Beziehungsaufbau überwinden. Außerdem ist die Entwicklung der Sprachkompetenz der Kinder und Erwachsenen in Bezug auf das Erlernen der deutschen Sprache ein Prozess, der Zeit braucht. Wenn wir bei den vorgeschlagenen Sprachförder-spielen auch die Eltern einbeziehen, kann das viel Freude bringen und wir haben alle etwas davon.

Umgang mit Traumatisierung

Die Kinder, mit denen wir in den Flüchtlingsunterkünften spielen und arbeiten, haben oft Schlimmes erfahren. Sie haben Krieg erlebt, Tote gesehen, sie haben gesehen, wie Menschen starben und mit Waffen angegriffen wurden. Sie haben Gewalt erlebt, Angst vor der Gefahr und Angst davor, die Flucht nicht zu bewältigen. Hunger, Durst und viel körperlicher Stress waren ihr Alltag. Oft erlebten sie auch die Tränen und die Überforderung ihrer Familie und ihrer Freunde. Mit all diesen Erlebnissen müssen die Kinder leben und umgehen lernen. Vieles verdrängen sie zunächst. Manchmal habe ich erlebt, dass Kinder die Erlebnisse beim Malen von Bildern oder beim Spielen verarbeiten. Mitunter erzählen auch Eltern von den Erfahrungen, welche die Kinder gemacht haben und sie können uns wichtige Hinweise geben, die uns helfen, das Verhalten der Kinder zu verstehen.  Bei der Traumatisierung handelt es sich um eine seelische Verletzung (Trauma, griechisch: Wunde). Der Psychotherapeut Dr. Peter Riedesser beschreibt das Trauma als „ein vitales Diskrepanzerlebnis zwischen bedrohlichen Situationsfaktoren und den individuellen Bewältigungsmöglichkeiten – das mit Gefühlen von Hilflosigkeit und schutzloser Preisgabe einhergeht und dauerhafte Erschütterung von Selbst- und Weltverständnis bedeutet.“ In der Arbeit mit Flüchtlingskindern beobachten wir Kinder, die sich zurückziehen, kaum sprechen und traurig wirken. Wir erleben aber auch Kinder, die hyperaktiv und aggressiv sind. Kinder, die Angststörungen zeigen. Wir sind mit Verhaltensweisen konfrontiert, mit denen wir situativ umgehen lernen.

Ich musste ein Musikspiel, bei dem es darum ging, dass Kinder ausscheiden müssen, unterbrechen. Ein Junge bekam keinen Platz und reagierte mit so heftigem Weinen, dass er kaum zu beruhigen war. Wir gaben ihm zu verstehen, dass er weiter mitmachen dürfe und sorgten dafür, dass er sich beruhigte. Er bewegte sich zur Musik nicht mehr um die Stühle, sondern blieb auf seinem Stuhl sitzen, der ihm somit sicher war. Sicherheit bedeutet Kindern, die traumatisiert sind, viel. Die Mutter des Jungen erklärte mir in englischer Sprache, dass sie bei der Flucht auf dem Schlepperboot alle Angst hatten, beim Gerangel um die Plätze, leer auszugehen.  Bei einem Ausflug mit Flüchtlingskindern schob ein syrischer Vater seinen neunjährigen Sohn zu unserer Gruppe. Er meinte, der Junge habe Lust, den warmen Indoor-Spielplatz zu besuchen, um mal aus der Unterkunft herauszukommen und könne allein mitfahren. Wir fuhren mit einem Linienbus durch Hamburg zu unserem Ziel. Plötzlich klopfte der Junge neben mir verzweifelt an die Fensterscheibe des Busses. Er weinte leise vor sich hin, während er fest meine Hand hielt. Eine meiner Schülerinnen, die Arabisch spricht, erklärte ihm, dass wir unterwegs zu einem Spielplatz seien und dass wir ihn am Nachmittag wieder zurück zu seinen Eltern in die Unterkunft bringen würden. Er beruhigte sich dann, ließ aber meine Hand nicht los und suchte Schutz.

  • Traumatisierte Kinder brauchen Schutz und Sicherheit.
  • Sie brauchen verstärkt das Gefühl, dass sie einem Erwachsenen vertrauen können.
  • Wichtig für solche Kinder sind klare Strukturen, positive Erlebnisse, positiv formulierte Regeln, Lob und Wertschätzung.

Zum Wohlfühlen gehört auch eine gute Atmosphäre. Auch wenn wir die Raumatmosphäre in einem Container oder einer Baumarkthalle nicht beeinflussen können, so können wir durch unsere Ausstrahlung, unsere Haltung und die Stimmung bei unserer Aktivität die Atmosphäre beeinflussen. Wenn wir im Umgang mit den Kindern verstärkt Stimmungsschwankungen, Unruhe und Probleme im Sozialverhalten erleben, so sollten wir uns unbedingt im Helferkreis darüber austauschen und uns gegenseitig unterstützen. Mitunter kann es zu Überforderung während der Durchführung von Aktivitäten kommen.

Wir erlebten, dass ein Mädchen plötzlich Stühle an die Wand warf, da es nicht das Spielzeug bekam, welches es wollte. In diesem Fall ist es wichtig, die Situation abzubremsen, bevor sie eskaliert, etwa indem wir uns neben das Kind setzen und ihm ruhig zu verstehen geben, dass das so nicht geht. Ich habe erlebt, dass es diesen Kindern bei ihren „Ausrastern“ hilft, wenn sie Zuwendung erfahren. Als ich den Arm um das Mädchen legte, weinte es. In einer ähnlichen Situation musste ich am nächsten Tag nur auf das Mädchen zugehen und bestimmt aber liebevoll „NEIN“ sagen – begleitet mit Mimik und Gestik. Daraufhin setzte sich das Mädchen sofort auf einen Stuhl. Gut für die Kinder sind Angebote, die ihnen helfen, mit ihren Gefühlen umzugehen (siehe „Bildungsbereich Spiel und Bewegung“, S. 79). Wir sollten ihnen die Möglichkeit bieten, neue, positive Erfahrungen in einem sicheren Rahmen zu machen. Manche Kinder nehmen die Angebote nicht an, die ihnen helfen würden, Gefühle auszudrücken und reagieren mit Abwehrstrukturen. Dies sollten wir gelassen hinnehmen. Ihr Verhalten ändert sich mit zunehmender Sicherheit. Je mehr Zeit wir haben, durch die Arbeit mit diesen Kindern eine Beziehung zu ihnen aufzubauen, desto mehr Chancen haben wir auf positive Entwicklungen. Wir sollten vermeiden, solche Kinder zu überfordern – und wir sollten das Gespräch mit den Eltern suchen, um Informationen über den Hintergrund der Traumatisierung zu erhalten. Ich habe eine Helferin erlebt, die sehr viel Mitleid mit diesen Kindern hatte und sie mit Süßigkeiten verwöhnte. Das ist kein Weg! Wir sollten liebevoll, aber auch konsequent sein und eher positive Bildungserlebnisse schaffen! In der Kita sollten Handlungskonzepte im Umgang mit diesen Kindern individuell abgestimmt werden. Wenn die Chance besteht, eine Traumatherapie für diese Kinder zu vermitteln, ist das großartig. Wenn Sie als Pädagogin oder Pädagoge eine Fortbildung zu diesem Thema besuchen, ist dies aber bereits sehr hilfreich. Solche Angebote gibt es in vielen Städten!

Umgang mit schwierigen Rahmenbedingungen

Schon im Sommer 2014 kamen viele tausend Flüchtlinge nach Deutschland. Sie alle brauchten einen Schlafplatz! Schlafplätze sind erst einmal wichtiger als Spielfläche. Für uns ist die Arbeitssituation dadurch aber schwieriger. Wir müssen uns darauf einstellen, unsere Hilfe in der Ecke einer Halle, eines Zeltes oder in einem kleinen Containerraum anzubieten. Oftmals mussten wir vor dem Zaun, der die Unterkunft der Kinder umgab, spielen. Oft auch mit VIELEN Kindern! Alle wollten mal Abwechslung. Wir haben in verschiedenen „Schichten“ Kindergruppen herausgeholt – jede Gruppe durfte 30 Minuten spielen. Vorher haben wir aus großen, grünen, blauen, gelben und roten Pappen Karten geschnitten. Sogenannte „Mitmachkarten“ für unsere Spiele. Wir haben diese Karten an die Kinder verteilt. Dann haben wir eine große Pappe hochgehalten, etwa eine blaue, und alle Kinder, die eine blaue Mitmachkarte hatten, kamen vor den Eingang oder in die Ecke der Halle. Sie nahmen an unserem Angebot teil, das zum Beispiel aus Bewegungsspielen und gemeinsamen Klatschrhythmusspielen bestand. Außerdem bekamen sie Bälle, Springseile, bunte Tücher aus unserem Materialkoffer und konnten damit spielen. Einen tragbaren Musikrekorder mit Akkus hatten wir auch dabei.  Nach einer halben Stunde wechselte die Gruppe. Nun waren die Kinder mit einer anderen Kartenfarbe dran. Hinter dem Zaun der Unterkunft beobachteten uns die Eltern der Kinder oder sie standen direkt um uns herum. Manchmal klatschten sie, bei Tanzspielen bewegten sie sich ebenfalls zur Musik. Alle Kinder waren diszipliniert und geduldig! Sie warteten, bis sie an der Reihe waren und waren froh, dass sie Abwechslung hatten und spielen durften. Wir haben gelegentlich auch mit einer großen Gruppe aus Eltern und Kindern gespielt. Dazu brauchten wir ein Megaphon und einen Dolmetscher, der die Spielregeln übersetzte. Diese Aufgabe übernahmen meist freundliche Personen vom Sicherheitsdienst oder Bewohner, die Deutsch oder Englisch sprachen.

Einfacher ist es für Erzieher/innen, die in der Kita arbeiten oder im Hort Flüchtlingskinder aufnehmen. Sie haben zumindest ihre Räume und ihr Material. Die Probleme gestalten sich dann anders. Sie haben nicht immer einfache Integrationsaufgaben zu bewältigen. Darauf

gehe ich am Ende des Kapitels noch ein.  Zunächst zum Problem der Betreuung direkt in den Unterkünften: Es gibt oft kein Material! Deshalb ist es ratsam, sich Materialkoffer mit Sammlungen von Alltagsmaterialien zuzulegen, mit selbst angefertigten Karten und Brettspielen oder billig erstandenen Spielen vom Flohmarkt. Sportgeschäfte haben uns Bälle und Sportmaterial gespendet. Wir hatten sie davon überzeugt, wie dringend die Kinder diese Materialien brauchen. Außerdem gibt es in jeder Stadt Hilfsfonds der „Flüchtlingshilfe“, die Spendengelder sammeln. Dort kann man für Aktionen und Materialbedarf Anträge stellen.

Umgang mit den verschiedenen Kulturen und Religionen

Wenn wir mit Flüchtlingskindern arbeiten, ist es wichtig zu wissen, aus welchen Kulturen sie kommen und welcher Religion sie angehören. Wir sollten uns dann auch mit den jeweiligen Kulturen der Herkunftsländer beschäftigen. Es ist auch für uns spannend, diese kennenzulernen. Informationen über die verschiedenen Kulturen finden wir im Internet und in zahlreichen Büchern und Filmen. Interessant ist es auch, sich mit Bewohnern auf Englisch über ihre Kultur zu unterhalten. Es tut ihnen oftmals gut, wenn sie etwas von ihrer Kultur erzählen können und sie haben das Gefühl, dass wir uns für ihr Land interessieren. Schön ist es für die Kinder und die Eltern, wenn wir in unseren Angeboten die Kultur ihres Landes aufgreifen, die Musik, das Essen, die Rituale, die Tänze. Feste sind dafür besonders geeignete Anlässe.

In den Unterkünften leben Menschen aus vielen verschiedenen Ländern zusammen. Auch für sie ist es daher wichtig, tolerant gegenüber anderen Religionen und Kulturen zu sein. Bei der Integration von Flüchtlingskindern in den Kitas und Schulen ergeben sich mitunter Probleme, wenn deutsche Eltern eine negativ-bewertende Haltung gegenüber dem „Fremden“, dem „Anderssein“ einnehmen.

Eltern und Kinder sollten andere Kulturen als Bereicherung erleben und nicht nur die deutsche Kultur als die einzig Wahre und Richtige ansehen. Es geht darum, schon im Kindesalter eine tolerante Grundhaltung zu vermitteln und so diskriminierende Verhaltensweisen abzubauen oder gar nicht erst entstehen zu lassen. Wichtig für die Arbeit mit den Kindern und Eltern ist es, Toleranz und gegenseitige Wertschätzung zu leben und zu vermitteln. Dazu ist es notwendig, sich gegenseitig gut kennenzulernen, Kultur und Individualität wichtig zu nehmen und Vorurteile und Wahrnehmung zu thematisieren. All das kann im gemeinsamen Spiel geschehen.

Ebenfalls ist wichtig, Identität und Werte zu stärken, Konfliktlösungen im Umgang und in der Kommunikation miteinander spielerisch zu finden und zu vermitteln.  Auch wir selbst müssen uns mit unseren Vorurteilen auseinandersetzen, wenn wir mit Flüchtlingsfamilien arbeiten.  Die Flüchtlingskinder erleben im dichtgedrängten Zusammenleben mit anderen Kulturen Konflikte, die Erwachsene verschiedener Kulturen miteinander austragen. Sie erleben viel Streit und Gewalttätigkeit und müssen lernen, damit umzugehen. Wir können im Zusammensein, in gemeinsamen Aktivitäten helfen, mit diesen Konflikten umzugehen und eine Haltung der Wertschätzung, Achtung und Toleranz zu entwickeln.

Umgang mit den Bedürfnissen der Kinder in der speziellen Lebenssituation

Die Kinder haben in den Unterkünften in dieser besonderen Lebenssituation vorrangig:

  • das Bedürfnis nach Bewegung
  • das Bedürfnis nach Abwechslung
  • das Bedürfnis nach Geschicklichkeitsherausforderungen; danach zu zeigen, wie sie, mit dem was sie können, Aufgaben bewältigen (etwa ein Puzzle zusammenlegen oder ein Haus aus Legosteinen bauen usw.)
  • das Bedürfnis die deutsche Sprache zu lernen
  • das Bedürfnis Lieder zu kennen und singen zu können, Musik zu machen
  • das Bedürfnis rauszugehen, auch bei Regen
  • das Bedürfnis ihre Gefühle auszudrücken
  • das Bedürfnis zu tanzen
  • das Bedürfnis etwas herzustellen, etwas kreativ zu gestalten
  • das Bedürfnis bei Langeweile auch in ihrer Unterkunft etwas zum Spielen zu haben (zum Beispiel ein selbst hergestelltes Spiel)

Für uns ist es wichtig, diesen Bedürfnissen gerecht zu werden, positiv damit umzugehen. Deshalb sollten wir unterschiedliche Aktivitäten anbieten. Manchmal reicht es auch, Material für Aktivitäten bereit zu stellen. Material zum Gestalten, zum Bewegen, für die Sinneswahrnehmung, für die Sprachförderung. Die Kinder entwickeln selbst etwas damit und es ist spannend, Begleiter und Beobachter dabei zu sein und an ihrer Begeisterung teilzuhaben. Die gute Basis für unsere Angebote an die Kinder ist, ihre Motivation aktiv zu werden. Mitunter sind die Kinder, wenn sie aus der Enge ihrer Schlafplätze herauskommen, wild, laut und lebendig. Das ist völlig verständlich und wir schaffen ihnen, z.B. durch Bewegungsspiele, Möglichkeiten, sich auszutoben und wiederum durch entspannte Aktivitäten, zur Ruhe zu kommen. Wenn wir eine Aktivität durchführen wollen, bei der Ruhe und Konzentration wichtig sind, ist es gut, wenn wir vorher den Kindern die Möglichkeit geben, sich auszupowern. Wenn die Kinder zuerst ihrem Bewegungsdrang nachgehen konnten, waren sie anschließend viel offener für ruhigere Aktivitäten, bei denen sie sich konzentrieren mussten (Aktivitäten zum kreativen Gestalten, kleine physikalische Experimente, mathematische Spiele, …).

hallo hallo

Dieser Artikel stammt aus folgendem Buch:

Hallo, Hallo, Schön, dass ihr da seid
Ideen für Bildungsaktivitäten mit Kindern aus Flüchtlingsunterkünften
Grabbet, Regina
Burckhardthaus-Laetare
ISBN/EAN: 9783944548258
112 Seiten, 12, 95 Euro




Ukraine-Krieg: Grundschulverband fordert rasches Handeln auch im Grundschulbereich

Schulen sollten sich vorbereiten und geeignetes Personal einstellen können

Ein schnelles Handeln für die geflüchteten Kinder aus der Ukraine auch im Grundschulbereich fordert der Grundschulverband e.V. in einer Pressemitteilung. Den Kindern müsse ein besonderes Augenmerk gelten. Sie benötigten schnell und dringend geeignete Angebot der Unterbringung und Versorgung. Den traumatisierten Kindern unter ihnen müssten Angebote zur Traumabewältigung gemacht werden.

Schulverwaltung und alle Schularten müssten sich entsprechend vorbereiten, um den eintreffenden Kindern schnellstmöglich ein geeignetes Bildungsangebot unterbreiten zu können. Dafür sollte man die in 2015 gemachten Erfahrungen nutzen. Um die Anforderungen erfüllen zu können, müssten die Schulen zeitnah mit geeignetem Personal ausgestattet werden.

Aber auch die Kinder hierzulande dürften nicht vergessen werden: Da auch die Kinder bei uns mit Bildern des Krieges und dessen Folgen konfrontiert sind, gilt es darüber hinaus, diese Tatsache in den Familien und in der Schule in geeigneter Weise anzusprechen. Etliche Bundesländer haben dazu bereits Handreichungen und Vorschläge erstellt, die im Internet leicht aufzufinden sind. Wir fordern alle Grundschulen und Lehrkräfte auf, dieses Thema in geeigneter Weise aufzugreifen und mit den Kindern so zu besprechen, dass sie ihre Sorgen und Ängste ansprechen können, dass sie dabei ernst genommen werden und Unterstützung erfahren.“, heißt es in der Pressemitteilung.

Ansprechpartner: Dipl.-Päd. Edgar Bohn, Vorsitzender des Grundschulverbands 0151 67 20 28 35