Hirn an Muskeln: Bitte zittern

Schlauer Körper: das Wichtigste wird bei Kälte schön warmgehalten 

Der Winter könnte so schön sein. Wenn da nicht die kalten Hände und Füße nach einem ausgedehnten Aufenthalt im Freien wären. Die meisten kennen dieses Phänomen, das selbst mit guter Winterausrüstung schwer zu beheben ist. Aber warum friert man eigentlich genau an diesen Stellen? Der Körper will uns damit nicht schaden. Im Gegenteil: Wenn das Thermometer sinkt, versucht er vor allem, die wichtigsten Organe zu versorgen und vor Kälte zu schützen. Absoluten Vorrang haben dabei Gehirn und innere Organe. Damit also mehr Blut in die Körpermitte und zum Kopf fließen kann, reduziert der Körper als erstes die Blutzufuhr und damit auch die Wärmezufuhr zu den Extremitäten.

Fett hält warm

Dass besonders Frauen unter kalten Füßen und Händen leiden, ist kein Vorurteil. Das liegt daran, dass weibliche Haut in der Regel dünner ist als männliche. Auch der Körperbau spielt eine Rolle: Mit durchschnittlich 40 Prozent weniger Muskeln als Männer können Frauen weniger Körperwärme erzeugen. Zum Ausgleich hat Mutter Natur für Frauen einen höheren Fettanteil vorgesehen. Björn Goldhausen, Meteorologe von WetterOnline: „Ab minus fünf Grad sprechen wir von mäßigem Frost. Insbesondere am Alpenrand ist es mit Tiefstwerten von unter minus zehn Grad zuletzt klirrend kalt gewesen. Zweistellige Minusgrade sind in den vergangenen Jahrzehnten aber immer seltener geworden.“

Körpereigenes Heizöfchen

Wenn Muskeln aktiv sind, wird Energie in Form von Wärme freigesetzt. Dies ist auch der Grund, warum wir beim Sport ins Schwitzen kommen. Sobald das Gehirn den Befehl zur Muskelkontraktion sendet, beginnen die Muskeln Energie zu verbrauchen, um diese in Wärme umzuwandeln. Genau dieser Mechanismus setzt ein, wenn wir frieren. Um einen starken Abfall der Körpertemperatur zu verhindern, fangen wir an zu zittern. Die Muskeln spannen sich immer wieder aufs Neue an, Wärme entsteht – und das unweigerlich. Wer schon einmal versucht hat, das Zittern zu unterdrücken, wird wissen: Es geht nicht. Der Körper ist auf Überleben getrimmt und lässt sich davon durch nichts abhalten.

Minimuskeln machen Gänsehaut 

Ein Phänomen bei Kälte ist auch die Gänsehaut. Sie entsteht dadurch, dass winzige Muskeln an den Haarwurzeln kontrahieren und so die Körperhaare aufrichten. Also auch diese kleinen Muskeln lassen Wärme entstehen – allerdings in einem wesentlich geringeren Umfang als bei unseren Vorfahren, deren Körper großflächig mit dichtem Haar bewachsen waren.

Quelle: WetterOnline




Magnete gefährden vor allem Kleinkinder

Londoner Mediziner warnen vor vermeidbaren Operationen nach versehentlichem Verschlucken

Kleinkinder sollten kein Spielzeug bekommen, an dem kleine Magnete kleben, mahnt die Children’s Surgery Foundation http://bit.ly/3EF4vrP , die sich seit 37 Jahren bemüht, Kindern die Angst vor OPs zu nehmen. Sind die Magnete schlecht befestigt und fallen ab, neigen die Kleinen dazu, sie zu verschlucken. In vielen Fällen steht dann eine OP zur Entfernung des Fremdkörpers an. In den vergangenen fünf Jahren hat sich die Zahl der Fälle verfünffacht.

Oft Komplikationen

Hemanshoo Thakkar, beratender Kinderchirurg am Evelina London Children’s Hospital http://evelinalondon.nhs.uk : „Allein in diesem Jahr hat Evelina London 15 Kinder behandelt, die Magnete verschluckt hatten, sieben davon mussten operiert werden.“ Manchen sei es danach gar nicht gut gegangen. Umfragen in vier großen Krankenhäusern im Südosten Englands hätten ergeben, dass zwischen 2016 und 2020 rund 250 Kinder nach dem Verschlucken von Fremdkörpern aufgenommen wurden. In 37 Prozent der Fälle waren es Münzen, in 21 Prozent Magnete und in 17 Prozent Knopfzellen.

Viele Kinder mussten operiert werden, und in der Hälfte der Fälle gab es Komplikationen, etwa eine Perforierung des Darms, was zu Infektionen führte. 42 Prozent der Kinder, die Magnete verschluckt hatten, mussten operiert werden, aber nur zwei Prozent derjenigen, die Knopfzellen verschluckt hatten. In manchen Fällen genügte eine Schlüssellochoperation (Laparoskopie), doch in vielen Fällen kamen die Chirurgen nicht darum herum, die Bauchdecke zu öffnen, um Zugang zum Darm zu bekommen.

Löcher in der Darmwand

„Wenn Kinder nur einen Magneten schlucken, wird er meist auf natürlichem Weg ausgeschieden. Wenn es aber mehrere sind, klumpen sie zusammen und bleiben im Darm stecken“, so Thakkar. Im Schlimmsten Fall rissen sie sogar Löcher in die Darmwand. Dann seien komplizierte OPs nötig, die einen langen Krankenhausaufenthalt und nachfolgend eine Rehabilitation erforderten. „Magnete werden auf Websites und in sozialen Medien beworben. Oft werden auch Teenager eingeliefert, die nach dem Vorbild von Influencern auf TikTok Magnete verwenden, um simulierten Piercings auf Zungen und Wangen Halt zu verschaffen.“

Wolfgang Kempkens/pressetext.com




Wenn vor Weihnachten ein lieber Mensch verstorben ist

Kinder trauern anders als Erwachsene

Kinder gehen anders mit dem Tod um als Erwachsene. Und Kinder trauern anders. Damit sie mit Ihrer Trauer umgehen können, brauchen auch sie Unterstützung. Der Kinderarzt Prof. Dr. Sven Gottschling rät, den Nachwuchs offen und vor allem altersgerecht anzusprechen – mit viel Einfühlungsvermögen und Geduld.

Was bedeutet Tod?

Denn je nach Alter nehmen Kinder den Tod unterschiedlich wahr. So können die Kleinen unter drei Jahren gar nicht begreifen, was Sterben und Tod bedeutet. Sie verstehen zwar, dass sich etwas verändert hat, dass der Verstorbene nicht mehr da ist. Doch sind sie häufig überzeugt, dass dieser weggegangen ist und daher auch wiederkommen könnte. Dass es sich um einen Abschied für immer handelt, können sie noch nicht erfassen.

Unabänderlich, endgültig

Auch Kinder zwischen drei und sechs Jahren, sagen Experten, nehmen den Tod noch als etwas Vorübergehendes wahr. Allerdings kann ihre Verwirrung über einen hautnah erlebten Verlust zum Teil sehr groß sein und sich auch auf ihr Verhalten auswirken.

Erst ältere Kinder beginnen zu verstehen, dass der Tod etwas Endgültiges und Unabänderliches ist. Manchmal reagieren sie darauf mit Verlust- und Trennungsängsten und zeigen sie körperliche Symptome wie zum Beispiel Schmerzen oder Magen-Darm-Probleme. 

Aufrichtig und ehrlich antworten

Was allen gemeinsam ist: Kinder möchten gern begreifen, was passiert ist, wenn sie mit Trauer, Sterben und Tod in Berührung kommen oder gekommen sind. „Und deshalb ist es wichtig, auf ihre Fragen in einfacher Sprache zu antworten – und nicht zu lügen“, rät Pastor Andreas Loeb aus Hamburg.

Auf Formulierungen wie „der Opa ist friedlich eingeschlafen“ sollte man daher besser verzichten. Der Großvater ist nicht eingeschlafen. Denn er wacht ja nicht mehr auf und kommt auch nicht mehr wieder. Solche Sätze können bei Kindern sogar Ängste vor dem eigenen Einschlafen wecken. „Es geht gar nicht darum, zu viel zu erklären, sondern mit kurzen, knappen Informationen auf die Fragen der Kinder einzugehen. Um den Kindern das Gefühl zu geben, dass sie immer wieder nachfragen können,“, sagt Loeb

Wie kommt man überhaupt ins Gespräch?

Ins Gespräch kommt man mit den Kindern am besten, indem man über ihre Gefühle oder über die eigenen spricht. Und das ist eine echte Herausforderung. „Denn wir haben den Kindern meist nicht beigebracht, über Gefühle zu sprechen“, so Loeb. „Und oft können wir es ja noch nicht einmal selber.“

Dabei sollten Erwachsene ihre eigene Trauer nicht vor den Kindern verstecken. Sondern sie offen zeigen. Denn das ist die Botschaft: Es ist in Ordnung, traurig zu sein. Es ist in Ordnung, Gefühle zu zeigen und zu weinen. Erwachsene sind auch Vorbilder.

Trauernde sehnen sich oft danach, sich mit Gleichgesinnten über solche Themen wie Kinder & Trauer auszutauschen.

Der Artikel wurde uns von TrostHelden zur Verfügung gestellt. TrostHelden ist eine Trauerhilfe, die online Trauerfreunde vermittelt. Das sind Menschen, die einen ähnlichen Schicksalsschlag erlebt haben. Möglich wird das durch ein spezielles Computerprogramm, das TrostHelden zusammen mit Experten aus Trauerhilfe, Hospizbewegung, Psychologie und digitalem Matching entwickelt hat. Der Algorithmus macht es möglich, dass sich Trauernde finden, die perfekt zueinander passen und tiefes Verständnis füreinander haben. Die persönlichen Trauerfreunde unterstützen, trösten und helfen sich gegenseitig.

Mehr zu TrostHelden finden Sie unter https://www.trosthelden.de/




Fortbildungen zur Qualitätsverbesserung in Kindertageseinrichtungen

Online-Veranstaltungen Kindergarten plus der Deutschen Liga für das Kind im 1. Halbjahr 2022

Mit den Angeboten des Programms Kindergarten plus setzt sich die Deutsche Liga für das Kind für die Qualitätsverbesserung in Kindertageseinrichtungen ein. Erprobte Methoden und Materialien stehen zur Verfügung und bieten pädagogischen Fachkräften zahlreiche Ideen, um die sozial-emotionale Entwicklung von Kindern zu fördern. Das Online-Fortbildungsangebot von Kindergarten plus für das 1. Halbjahr 2022 kann nun über den Webshop gebucht werden.

Neben dem Einführungstag (Basisfortbildung 1) und dem Reflexionstag (Basisfortbildung 2) sowie Auffrischungstagen als Einzelveranstaltungen kann erstmalig auch die Basis-Fortbildung zur Trainerin bzw. zum Trainer Kindergarten plus komplett gebucht werden. Termine der Fortbildung (ID 1239) sind:

  • 11.05.2022, 09.00-15.00 Einführungstag in das Programm für 4- und 5-jährige Kinder
  • 20.09.2022, 09.00-14.00 Reflexion der Durchführung der Module 1- 9
  • 20.09.2022, 14.00-15.00 Einführung in das Modul für den Schulübergang

Ein brandneues Format für die Familien der am Programm teilnehmenden Kinder ist der Kindergarten plus Online-Elternabend. Der erste Kindergarten plus Online-Elternabend findet am 22.02.2022, 17.00-18.30 statt.

Auch die Fortbildung für START, den alltagsintegrierten Programmbereich für Kinder ab zwei Jahren wird erneut online angeboten. Dieses Format ist ebenfalls ein Gesamtpaket. Dazu gehören der START Einführungstag, das Material-Set inkl. den pädagogischen Materialien und dem Logbuch sowie drei prozessbegleitende Workshops. Termine der START Fortbildung (ID 1233) sind:

  • 15.03.2022, 09.00-15.00 Einführungstag
  • 05.04.2022, 10.05.2022, 14.06.2022, jeweils 15.30-17.00, prozessbegleitende Workshops

Ebenfalls fortgesetzt wird, nach einem erfolgreichen ersten Durchlauf Ende 2021, die neue Workshopserie plus Kinderrechte! Kinderrechteexperte Prof. Dr. Jörg Maywald, Bianka Pergande (Geschäftsführerin der Deutschen Liga für das Kind) sowie mehrere hochkarätige Gastreferent:innen werden die Workshops gestalten.

Online-Angebote Information und Buchung: https://kindergartenplus.de/shop-seminare/.

Kontakt-E-Mail für Anfragen: info@kindergartenplus.de.

Verantwortlich für das Fortbildungsprogramm der Deutschen Liga für das Kind ist Stella Valentien (Leiterin des Aufgabenbereichs Kindergarten plus).




Mütter von Flüchtlingskindern lernen mit

Deutschkenntnisse geflüchteter Mütter verbessern sich, wenn ihre Kinder eine Betreuungseinrichtung besuchen

Der Besuch institutionalisierter Betreuungs- und Bildungseinrichtungen kommt nicht nur den geflüchteten Kindern selbst, sondern auch ihren Müttern zugute. „Schulkinder und betreute kleinere Kinder im Haushalt sind für geflüchtete Mütter offenbar eine Sprachlernressource. Kleinere Kinder ohne institutionalisierte Betreuung haben eher Mütter mit geringeren Deutschkenntnissen“, berichtet Forscherin des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), Sarah Bernhard. Bei Vätern hingegen besteht dieser Zusammenhang nicht, was auf eine geschlechtsspezifische Arbeitsteilung von Müttern und Vätern zurückzuführen ist. „Die primäre Zuständigkeit der Mütter für die Sorgearbeit verhilft ihnen zu Berührungspunkten mit der deutschen Sprache – Berührungspunkte, die sich für Väter nicht in gleicher Weise ergeben“, so Bernhard.

Individuelle Lebensumstände erschweren den Lernprozess

Allerdings erschweren individuelle Lebensumstände den Lernprozess. Geflüchtete berichten von der Not oder dem Pflegebedarf enger Verwandter und der Verpflichtung, schnell Geld zu verdienen, um Verwandte zu unterstützen. Bei psychisch sehr belasteten Geflüchteten behindern Traumatisierungen den Lernprozess oftmals so nachhaltig, dass vier Jahre nach der Flucht kaum Verbesserungen der Deutschkenntnisse erkennbar waren. „Diese Beobachtungen rufen die besondere Lebenssituation in Erinnerung, in denen Geflüchtete den Spracherwerb angehen. Für psychisch stark belastete Personen können Sprachlernangebote Teil von längerfristig ausgerichteten Unterstützungsangeboten sein“, erklärt IAB-Forscher Stefan Bernhard.

Schwieríge Bedingungen durch lange Wartezeiten auf Kurse

Lange Wartezeiten vor Beginn und zwischen den Kursen sowie ein eingeschränktes Lernangebot für Frauen mit kleinen Kindern und Menschen mit besonderen Lernbedarfen erschweren den Zweitspracherwerb zusätzlich. „Sprachlernangebote sollten stärker auf die Lebensrealität der Geflüchteten ausgerichtet werden. Um beispielsweise Mütter mit kleinen, unbetreuten Kindern, Analphabeten und Analphabetinnen, oder Menschen mit Behinderungen zu erreichen, scheint es angebracht, die Diversifizierung des Deutschkursangebots weiter voranzutreiben“, so Bernhard.

Studie online abrufbar

Die IAB-Studie ist online abrufbar unter https://doku.iab.de/kurzber/2021/kb2021-26.pdf. Sie basiert auf Daten der IAB-BAMF-SOEP-Befragung aus dem Jahr 2016 von rund 4.500 Geflüchteten, die davor Asyl in Deutschland beantragten, sowie auf biografischen Interviews mit 59 Geflüchteten, die um das Jahr 2015 nach Deutschland kamen und ein- oder zweimal an den Befragungen der IAB-Studie „Netzwerke der Integration“ zwischen 2017 und 2020 teilnahmen.




Die Schattenseiten der digitalen Weihnachtswerbung

Dr. Ljupka Naumovska fordert in ihrer Analyse einen besseren Schutz für Kinder

Einer der Hauptgründe, warum Weihnachten eine Zeit zum Schenken ist, hängt mit dem Bild von Jesuskind zusammen, das von den Heiligen Drei Königen Weihrauch, Gold und Myrrhe geschenkt bekommen hat. Aber in einer Gesellschaft, in der das Konsumverhalten die Oberhand gewonnen hat, scheint das religiöse Element kaum noch in Erinnerung zu sein. 

Hauptschwerpunkt: Geschenke für Kinder

Geschenke für Kinder sind einer der Hauptschwerpunkte in der Weihnachtszeit, und diese sind seit langem die Hauptzielgruppe der Werbetreibenden. Die zunehmende Digitalisierung im Alltag selbst bei den Jüngsten hat für viele Unternehmen das Blatt gewendet. Die Weihnachtszeit und die soziale Kultur, die sie umgibt, schaffen das ideale Umfeld für Werbetreibende, um Kinder anzusprechen. 

100 % mehr Zeit vor den Bildschirmmedien als vor 10 Jahren

Mit Snapchat, YouTube, TikTok, Instagram und natürlich Videospielen verbringen Kinder heute doppelt so viel Zeit online wie noch vor einem Jahrzehnt. Das sind durchschnittlich etwa zwei Stunden pro Tag an Wochentagen und drei Stunden am Wochenende. Und während der jüngsten Lockdowns sind diese Zahlen noch weiter gestiegen. Mehr als die Hälfte der Kinder hat ein Profil in einem sozialen Netzwerk, und die Online-Werber geben Millionen aus, um jede Gelegenheit zu nutzen, diese Jugendlichen anzusprechen.  

Werbung für Kinder im Web innerhalb von 10 Jahren um 1000 Prozent gestiegen

In den vergangenen zehn Jahren ist die auf Kinder ausgerichtete digitale Werbung um unglaubliche 1.000 Prozent gestiegen, während die Ausgaben für traditionelle Medien wie Fernsehen, Radio und Presse unverändert geblieben sind. Viele Unternehmen halten dies für eine gute Investition, da die Konsumgewohnheiten bereits in der Kindheit geprägt werden. Untersuchungen zeigen auch eine unmittelbare und signifikante Auswirkung auf den Familienkauf, wo der Einfluss der Kinder auf den Kaufentscheidungsprozess ebenfalls deutlich zunimmt.

Das Ausmaß des Problems

Laut dem Bericht EU-Kids Online 2020  der London School of Economics, in dem die Nutzung digitaler Medien durch Kinder in 19 europäischen Ländern untersucht wurde, unterscheiden sich die digitale Nutzung und die Kenntnisse der Kinder von Land zu Land stark. 84 % der italienischen Kinder im Alter von 9 bis 17 Jahren gehen täglich ins Internet, vor allem über ihr Smartphone. Obwohl das Internet ein fester Bestandteil des täglichen Lebens der Kinder ist, bestehen weiterhin Unterschiede bei den Online-Aktivitäten und, was noch wichtiger ist, bei den Online-Kenntnissen. Angesichts der Tatsache, dass Fehlinformationen zu den größten Sorgen auf der öffentlichen Tagesordnung gehören, fällt auf, dass es Berichten zufolge nur 42 % der italienischen Kinder leicht finden, zu überprüfen, ob die Informationen, die sie online finden, der Wahrheit entsprechen. Italienische Eltern bevorzugen den Dialog gegenüber Einschränkungen, wenn es um die digitale Nutzung geht. 

In Deutschland ist Youtube bei Kindern die Nummer 1

In Deutschland ist YouTube die beliebteste Internetseite bei Kindern. Im Jahr 2020 gaben 38 Prozent der im Rahmen der KIM-Studie befragten internetnutzenden Kinder die Videoplattform als ihre Lieblingsseite an. Die Suchmaschine Google folgt mit rund elf Prozent der Nennungen, während gut ein Zehntel der Befragten angibt, die Seite TOGGO am liebsten zu nutzen. Die Nutzungshäufigkeit stieg mit zunehmendem Alter stark an. Während nur 32 Prozent der befragten 6- bis 7-Jährigen in Deutschland angaben, mindestens einmal pro Woche Musikvideos anzuschauen, waren es bei den befragten 12- bis 13-Jährigen mehr als zwei Drittel. Mit zunehmendem Alter der befragten Kinder steigt auch die Nutzungsdauer des Internets: Während die Erziehungsberechtigten der befragten 6- bis 7-Jährigen angaben, dass ihre Kinder nur etwa 14 Minuten pro Tag im Internet verbrachten, lag diese Dauer bei den 12- bis 13-Jährigen bei etwa 84 Minuten – länger als die TV-Nutzung. Rund sieben Prozent der Kinder sind bereits auf Dinge gestoßen, die nicht für ihr Alter geeignet sind.

In Großbritannien besitzt jeder zweite Zehnjährige ein Smartphone

Laut dem Ofcom-Bericht 2019 wissen im Vereinigten Königreich weniger als die Hälfte der Eltern, deren Kinder ein Smartphone oder Tablet benutzen, wie sie die Kindersicherungseinstellungen verwenden können. Eine überwältigende Anzahl britischer Eltern gewährt ihren Kindern bereits in der Grundschule uneingeschränkten Zugang zu digitalen Geräten. Die Hälfte der Zehnährigen besitzt ein eigenes Smartphone, und viele von ihnen nutzen Social-Media-Plattformen. 

YouTube ist bei Kindern im Vereinigten Königreich nach wie vor sehr beliebt. Neben hochkarätigen oder „prominenten“ Influencern erfreuen sich auch leicht zugängliche Vlogger mit einem gemeinsamen Interesse zunehmender Beliebtheit. Die Mehrheit der Kinder versteht jedoch immer noch nicht, wie Suchmaschinen funktionieren, oder ist nicht in der Lage, Werbung auf diesen Websites zu erkennen.   

Anfällige Zielgruppe

Engagement, Gamification und Content sind die wichtigsten Waffen, um Kinder anzusprechen. Unternehmen entwickeln Spiele in sozialen Netzwerken eher, um Kinder in eine Beziehung zu ihren Marken zu bringen, als um sie zu unterhalten, so dass die Grenze zwischen Unterhaltung und Werbung zunehmend verschwimmt. Influencer mit einer großen Fangemeinde von Kindern werden dafür bezahlt, für Produkte zu werben, ohne dass die Kinder das unbedingt merken. Ein besonders besorgniserregender Trend ist die wachsende Nachfrage nach hypersexualisiertem Make-up und Kleidung bei vorpubertären Mädchen, die ihren oft ein paar Jahre älteren Idolen nacheifern wollen.

Kinder können Werbung nicht von sonstigen Programminhalten unterscheiden

Das zentrale Problem im unkontrollierten Medienraum sind die Inhalte, denen Kinder direkt und indirekt ausgesetzt sind, was besonders für Kinder unter neun Jahren besorgniserregend ist. Studien zeigen, dass Kinder bis zum Alter von zehn Jahren nicht über die kognitiven Fähigkeiten verfügen, Programminhalte von kommerziellen Inhalten zu unterscheiden, selbst wenn Trennvorrichtungen eingesetzt werden. Mit anderen Worten: Kreative, interaktive und werbliche Inhalte werden von Kindern unter neun Jahren als ein und dasselbe angesehen, da sie keinen Unterschied zwischen ihnen erkennen können. Ihre naive Glaubwürdigkeit und ihre Reaktion auf diese Botschaften können letztlich negative Folgen haben, darunter obsessiven Materialismus und Probleme mit Selbstvertrauen und Angstzuständen. Es kommt auch zu Konflikten in der Familie, da sich die Eltern zu Käufen gezwungen fühlen, die sie nicht wollen. Der Druck der Werbung hat auch zur aktuellen Epidemie der Fettleibigkeit bei Kindern beigetragen. So ergab eine kanadische Studie, dass 90 % der Lebensmittel, für die auf den 10 wichtigsten kanadischen Websites geworben wurde, ungesund waren. 

Kinder aus unterprivilegierten Familien stärker gefährdet

Unsere Untersuchungen zeigen, dass Kinder aus Arbeiterfamilien, deren Eltern es sich nicht leisten können, Aktivitäten wie Sport, Ausflüge, bezahlte Freizeitaktivitäten usw. anzubieten, einem überdurchschnittlich hohen Werbedruck ausgesetzt sind. Auch Einzelkinder sind stärker von Online-Werbung betroffen als Kinder, die Geschwister haben, mit denen sie spielen können. Die Forschung legt auch nahe, dass Kinder, die von ihren Eltern als Belohnung für gutes Verhalten Zugang zu Bildschirmen erhalten, besonders anfällig sind.

Daraus ergibt sich die Frage: Sollten wir die Manipulation von Kindern durch die Werbung in einer Zeit hinnehmen, in der die Risiken des übermäßigen Konsums zunehmend erkannt werden? Sollten wir ein Phänomen tolerieren, das Spannungen zwischen Eltern und Kindern, insbesondere in hilfsbedürftigen Familien, erzeugt?

Lösungen

Weltweit gibt es zahlreiche Initiativen und Kampagnen, die darauf abzielen, die Werbeindustrie zu kontrollieren. So ist beispielsweise in Großbritannien, Griechenland, Belgien und Dänemark die Werbung für Kinder eingeschränkt, während in Norwegen, Schweden und Quebec die Werbung für Kinder unter 12 Jahren verboten ist. In Kanada gibt es eine Hotline, bei der unerlaubte Werbung für Kinder gemeldet werden kann, während Griechenland Werbung für Spielzeug verboten hat und in Irland Kindersendungen werbefrei sein müssen. Doch trotz staatlicher Eingriffe bleibt die Frage der fairen und verantwortungsvollen Werbung für Kinder der Selbstregulierung der Industrie überlassen. 

Was kann denn getan werden, um Kinder zu schützen? Erstens müssen Eltern ihre digitale Kompetenz verbessern, um ein ausgewogenes Verhältnis zwischen der Kontrolle der Inhalte zu finden, auf die ihre Kinder zugreifen, und der digitalen Unabhängigkeit, die sie in einer sich schnell verändernden Welt benötigen. Zweitens müssen die Kinder schon früh lernen, zwischen Inhalten und Werbung zu unterscheiden und vor allem zu verstehen, wie die Werbeindustrie funktioniert. Drittens muss die Branche sowohl von den Medien als auch von der Regierung besser reguliert werden. Und schließlich sind internationale Standards zur Begrenzung der Auswirkungen von Werbung auf Kinder dringend erforderlich.  

Dr. Ljupka Naumovska, Rennes School of Business




Armutsquote erreicht in der Pandemie neuen Höchststand

Paritätischer stellt Bericht zur Armut in Deutschland vor

Laut aktuellem Paritätischen Armutsbericht hat die Armutsquote in Deutschland mit 16,1 Prozent (rechnerisch 13,4 Millionen Menschen) im Pandemie-Jahr 2020 einen neuen Höchststand erreicht.

Auch wenn das Ausmaß der Armut nicht proportional zum Wirtschaftseinbruch und dem damit verbundenen Beschäftigungsabbau zunahm, gibt es eindeutige Corona-Verlierer: So sind es laut der Studie des Wohlfahrtsverbandes vor allem die Selbstständigen, unter denen die Einkommensarmut zugenommen hat. Der Verband wirft der Politik armutspolitische Versäumnisse vor und appelliert an die neue Bundesregierung, nicht nur die im Koalitionsvertrag angekündigten Maßnahmen wie Kindergrundsicherung oder Verbesserungen bei Wohngeld und BAFöG zügig und entschlossen anzugehen: Zwingend, so die Forderung, sei darüber hinaus insbesondere eine bedarfsgerechte Anhebung der Regelsätze in der Grundsicherung.

Armut regional unterschiedlich verteilt

Der Bericht geht unter anderem auf die Lage in den Bundesländern ein, die von tiefen Gräben zeugt: Während die beiden süddeutschen Länder Bayern und Baden-Württemberg auf eine gemeinsame Armutsquote von ‚nur‘ 12,2 Prozent kommen, weisen die übrigen Bundesländer eine gemeinsame Armutsquote von 17,7 Prozent aus. Der Abstand zwischen Bayern (11,6 Prozent) und dem schlechtplatziertesten Bundesland Bremen (28,4 Prozent) betrage mittlerweile 16,8 Prozentpunkte. „Deutschland ist nicht nur sozial, sondern auch regional ein tief gespaltenes Land und die Gräben werden immer tiefer. Wenn in einem Bundesland jeder zehnte und in dem anderen mehr als jede*r vierte Einwohner*in zu den Armen gezählt werden muss, hat dies mit gleichwertigen Lebensbedingungen in ganz Deutschland nichts mehr zu tun”, so Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands.

Arme von Pandemie ungleich härter betroffen

Neben soziodemografischen Aspekten und der Zusammensetzung der Gruppe armer Menschen liegt ein Schwerpunkt des Armutsberichts auf der Analyse der Pandemie-Auswirkungen.  „Die allgemeinen Folgen der Pandemie trafen Arme ungleich härter”, kritisiert Schneider. Insbesondere das Kurzarbeitergeld, aber auch das Arbeitslosengeld I hätten zwar durchaus als Instrumente der Armutsbekämpfung gewirkt, so ein Befund des Berichts. Doch seien vor allem Erwerbstätige, und darunter vor allem die Selbständigen, die Einkommensverlierer der Corona-Krise und das schlage sich auch in den Armutsquoten nieder: Zählte die Mikrozensuserhebung 2019 unter den Erwerbstätigen insgesamt 8 und unter den Selbständigen 9 Prozent Arme, kommt die 2020er Erhebung auf 8,7 Prozent bei den Erwerbstätigen und sogar 13 Prozent bei den Selbständigen.

Versäumnisse der Großen Koalition angeprangert

Der Paritätische kritisiert in dem Bericht Versäumnisse der Großen Koalition, deren Krisenbewältigungspolitik zwar teilweise neue Armut verhinderte, aber zu wenig für die Menschen getan habe, die bereits vor der Pandemie in Armut lebten. „Eine ‚nur‘ um 0,2 Prozentpunkte höhere Armutsquote als in der Erhebung aus 2019 darf als Hinweis darauf verstanden werden, dass die rasch ergriffenen Unterstützungsmaßnahmen von Bund und Ländern noch höhere Armutswerte durchaus verhindern konnten. Für die Ärmsten und ihre besonderen Nöte hatte die große Koalition 2020 allerdings im wahrsten Sinne des Wortes einfach nichts und in 2021 bestenfalls den berühmten Tropfen auf den heißen Stein übrig”, so Schneider.

Was jetzt zu tun ist

Von der neuen Ampel-Regierung fordert der Verband eine schnellstmögliche Anhebung der Regelsätze in der Grundsicherung. Schneider: „Der Regelsatz ist und bleibt die zentrale Stellgröße im Kampf gegen die Armut und für den Zusammenhalt dieser Gesellschaft. Wer dies ignoriert, wird keine erfolgreiche Armutspolitik machen können. Wir appellieren dringend an die Bundesregierung, hier nicht weitere vier Jahre tatenlos zu bleiben.”

Der Armutsbericht des Paritätischen arbeitet mit amtlichen Statistiken, u.a. einer Auswertung des Mikrozensus des Statistischen Bundesamtes, der erstmals zuverlässige Armutsquoten für das Pandemie-Jahr 2020 liefert. Der Vergleich der Ergebnisse aus den Erhebungen 2020 und 2019 ist aus methodischen Gründen nur eingeschränkt möglich. Doch fügen sich die aktuellen Daten in das Bild der letzten Jahre: Rückblickend auf 2006 lässt sich ein stetiger Aufwärtstrend ausmachen, der auch 2020 nicht gebrochen zu sein scheint. 2006 lag die Quote noch bei 14,0 Prozent.

Dokumente zum Download

Armut in der Pandemie. Der Paritätische Armutsbericht 2021. 837 KB




Trotz Arbeit auf Sozialleistungen angewiesen

Alleinerziehende und große Familien besonders betroffen

Viele Menschen in Deutschland sind trotz Arbeit auf Sozialleistungen angewiesen: Mehr als jeder fünfte Leistungsbeziehende nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) II geht im Jahr 2021 einer Erwerbstätigkeit nach (22 Prozent). Insgesamt belief sich die Zahl dieser sogenannten Aufstocker in Deutschland im Juni dieses Jahres auf rund 860.000 Menschen. Das zeigt eine aktuelle Auswertung, die das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) im Auftrag der Bertelsmann Stiftung vorgenommen hat.

Alleinerziehende besonders betroffen

Wie aus einer Langzeitanalyse für die Jahre 2010 bis 2018 hervorgeht, waren fast ein Drittel aller Leistungsbeziehenden, die in einer Familie mit Kindern leben, in diesem Zeitraum erwerbstätig. Und das, obwohl sie aufgrund der Anrechnungsregeln im SGB II nur einen kleinen Teil ihres Einkommens behalten und kein Vermögen ansparen können.

Besonders betroffen sind alleinerziehende Familien. Unter allen Haushaltsformen weisen sie das höchste Risiko auf, ihr Arbeitseinkommen aufstocken zu müssen: Mehr als jeder sechste erwerbstätige Alleinerziehende bezieht zusätzlich SGB II-Leistungen.

„Alleinerziehende haben eine hohe Motivation, erwerbstätig zu sein. Doch für sie ist es besonders schwer, Beruf und Familie miteinander zu vereinbaren. Es ist erschreckend, dass ein so hoher Anteil der Alleinerziehenden trotz Arbeit auf Transferleistungen angewiesen ist, um das Existenzminimum für sich und ihre Kinder zu sichern“, sagt Anette Stein, Director Bildung bei der Bertelsmann Stiftung.

Über drei Viertel erhalten Niedriglohn

Ob aufgestockt wird oder nicht, hängt maßgeblich von der Erwerbssituation ab: Je geringer die Arbeitszeit und je niedriger der Stundenlohn ausfallen, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, zusätzlich SGB II-Leistungen beziehen zu müssen. Von allen Aufstockern üben fast die Hälfte (46 Prozent) eine geringfügige Beschäftigung aus und über drei Viertel erhalten einen Niedriglohn.

Bei Alleinerziehenden wirkt sich das besonders stark aus. Das Aufstocker-Risiko steigt bei ihnen erheblich, wenn sie einer Beschäftigung mit geringem Verdienst oder nur in Teilzeit nachgehen. Aufgrund der oftmals alleinigen Fürsorgeverantwortung für ihre Kinder bleibt ihnen aber häufig keine andere Wahl.

Kinder erhöhen das Aufstocker-Risiko

Die Analyse belegt: Haushalte mit Kindern, egal ob alleinerziehend oder als Paar, haben gegenüber kinderlosen Paaren und Alleinstehenden eine höhere Wahrscheinlichkeit, trotz Arbeit SGB II-Leistungen beziehen zu müssen. Dazu kommt es insbesondere dann, wenn Kinder unter zwölf Jahren im Haushalt leben. „Jüngere Kinder benötigen zumeist mehr Zeit und Fürsorge. Doch vielfach fehlen Betreuungsstrukturen oder -angebote, die es Eltern und ins- besondere Alleinerziehenden ermöglichen würden, einen Beruf in Vollzeit oder auch, wie in der Schichtarbeit, zu bestimmten Zeiten auszuüben“, erläutert Anette Stein.

Erst im Juli wies die Bertelsmann Stiftung in einer Studie nach, dass Alleinerziehende trotz häufiger Erwerbstätigkeit sehr stark von Einkommensarmut bedroht sind.

Weniger Aufstocker während der Pandemie

Im Zuge der Corona-Pandemie ist der Anteil der Aufstocker zurückgegangen, 2019 lag er noch bei über 26 Prozent. Als zentralen Grund dafür sehen die Expertinnen von IAB und Bertelsmann Stiftung den Wegfall Tausender Jobs in bestimmten Dienstleistungsbereichen, wie etwa dem Gastgewerbe, in denen viele Aufstocker beschäftigt sind. Dies betrifft auch die aufstockenden Alleinerziehenden, deren Zahl sich ebenfalls verringert hat. „Zudem ist die Vereinbarkeit von Arbeit und Kinderbetreuung infolge der Corona-Auswirkungen zu einem noch größeren Problem für Alleinerziehende geworden. Daher ist davon auszugehen, dass viele von ihnen zugunsten der Care-Arbeit den Job aufgeben und komplett in den SGB II-Bezug wechseln mussten“, erklärt Anette Stein.

Teilhabegeld einführen, Minijobs reformieren, Kinderbetreuung aufwerten

Für alle Familien ließe sich die Situation durch eine Kindergrundsicherung verbessern, wie sie von der neuen Bundesregierung im Koalitionsvertrag vereinbart wurde. Für die konkrete Ausgestaltung empfiehlt die Bertelsmann Stiftung die Einführung eines Teilhabegeldes, das finanzielle Leistungen für Kinder bündelt, einfach zu beantragen ist und mit dem Einkommen der Eltern abgeschmolzen wird. Dadurch ließe sich Kinderarmut wirksam vermeiden. Aufgrund des hohen Aufstocker-Risikos für geringfügig Beschäftigte stellt eine Reform der Minijobs einen weiteren Ansatzpunkt dar. Deren Vorteile hatte die Bertelsmann Stiftung in einer Mitte des Jahres veröffentlichten Modellrechnung aufgezeigt. Die nun von der Ampel-Koalition anvisierte Anhebung der Minijob-Grenze auf 520 Euro hingegen wird die Minijob-Falle für Frauen und Mütter und damit das Aufstocker-Risiko eher verschärfen.

„Armutsfalle“ Familie

Dass gerade bei Alleinerziehenden, aber auch bei Paarfamilien mit Kindern, geringere Arbeitszeiten häufig mit einem höheren Aufstocker-Risiko einhergehen, wirft zudem die Frage nach der Wertschätzung von Kinderbetreuung auf. „Es darf nicht sein, dass Eltern noch immer vor dem Dilemma stehen, entweder zu wenig Zeit für ihre Kinder zu haben oder finanziell in Armut abzurutschen. Die Bedeutung und Notwendigkeit von Care-Arbeit sollten gesellschaftlich endlich stärker anerkannt werden. Das muss sich auch in Leistungen für Kinder niederschlagen, wie etwa dem von uns vorgeschlagenen Teilhabegeld“, sagt Anette Stein.

Zusatzinformationen

Die Auswertungen stützen sich hauptsächlich auf das Panel „Arbeitsmarkt und soziale Sicherung“ (PASS), in dessen Rahmen seit 2006/07 jährlich ca. 12.000 Personen ab 15 Jahren in 8.000 Haushalten zu ihrer materiellen und sozialen Lage befragt werden. Neben seinem Längsschnittcharakter zeichnet sich das Haushaltspanel dadurch aus, dass es sowohl eine hohe Fallzahl von ca. 5.000 SGB II-Haushalten umfasst als auch repräsentativ für die Wohnbevölkerung in Deutschland ist. Für die Längsschnittanalyse wurden die Wellen 2010 bis 2019 (aktuell auswertbare Welle) verwendet. Weitere Datenquelle ist die Statistik der Bundesagentur für Arbeit (aktuell verfügbare Daten von 2020 bzw. Juni 2021).

Quelle: Bertelsmann Stiftung