Öko-Test lässt Erdnüsse untersuchen

erdnuss

Gefährlich für Kleinkinder – ansonsten besser als ihr Ruf

Ganz so ungesund wie ihr Ruf sind Erdnüsse nicht: Immerhin liefern sie auch Mineralstoffe wie Magnesium. Darauf weist die Öko-Test-Redaktion hin. Zudem mache der hohe Eiweißgehalt Erdnüsse für die vegane Küche interessant. Insofern sind in Maßen genossene Erdnüsse sogar gesund.

Von den 21 getesteten Erdnusssorten haben 16 sogar sehr gut abgeschnitten. Kritik gab es hie und da wegen Verunreinigungen durch Mineralöl. Ebenfalls moniert die Redaktion, dass auf vier Produkten der Warnhinweis auf Erstickungsgefahr für Kinder unter drei Jahren fehle. Da durch Erdnüsse verursachte Erstickungsanfälle in der Praxis häufiger seien als durch Spielzeuge hervorgerufene, empfehle das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) Herstellern bereits seit 2009, auf den Verpackungen von Nüssen auf die Gefahr hinzuweisen.

Zudem fiel auf, dass gelegentlich die Nährwertangaben nicht stimmten. Den kompletten Test finden sie auf der Website von Öko-Test.




Zu wenige Plätze im Westen, zu wenige Fachkräfte im Osten

kindergarten

Bessere Kita-Bedingungen sind möglich – neues Ländermonitoring der Bertelsmann Stiftung

Von gleichwertigen Lebensverhältnissen in der frühkindlichen Bildung ist Deutschland noch weit entfernt. Während im Osten 53 Prozent der Kinder unter drei Jahren (U3) eine Kita oder Kindertagespflege besuchen, sind es im Westen lediglich 31 Prozent. Die höhere Qualität hingegen bieten, gemessen am Personalschlüssel, die Kitas im Westen. Dort betreut rechnerisch eine vollzeitbeschäftigte Kita-Fachkraft 3,5 ganztagsbetreute Krippenkinder, in Ostdeutschland hingegen 5,5. Das zeigt die neue Ausgabe des Ländermonitorings Frühkindliche Bildungssysteme der Bertelsmann Stiftung. Kindgerecht wäre nach wissenschaftlichen Empfehlungen ein Personalschlüssel von eins zu drei zwischen Fachkraft und U3-Kindern.

Fachkräfte-Radar für KiTa und Grundschule

In ihrem erstmals erstellten „Fachkräfte-Radar für KiTa und Grundschule“ zeigt die Bertelsmann Stiftung: Eine kindgerechte Personalausstattung und zugleich ausreichend Plätze in allen Kitas sind in diesem Jahrzehnt nicht mehr zu realisieren. Dafür gibt es nicht genügend Erzieherinnen. Auf dem bundesweiten Arbeitsmarkt besteht zwischen dem prognostizierten Bedarf und dem voraussichtlichen Angebot an Fachkräften eine Lücke von insgesamt mehr als 230.000 Erzieherinnen. Weder ist diese Lücke durch Aufstockung der Ausbildungskapazitäten zu schließen, weil dafür Berufsschullehrkräfte fehlen; noch sind bis 2030 genügend Quereinsteigerinnen zu gewinnen, die außerdem erst pädagogisch qualifiziert werden müssen. Verschärfen wird den Personalmangel ab 2026 der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder.

Etappenziel gleichwertige Lebensverhältnisse

Trotzdem kann die frühkindliche Bildung in Deutschland bis 2030 einen großen Schritt auf dem Weg zu gleichwertigen Lebensverhältnissen machen. Laut dem „Fachkräfte-Radar für KiTa und Grundschule“ besteht die realistische Chance, noch in diesem Jahrzehnt im Osten die Personalschlüssel an das Westniveau und im Westen die U3-Teilhabe an das Ostniveau anzugleichen. Sofern im Osten keine Fachkräfte entlassen und die prognostizierten Berufseinsteigerinnen und -einsteiger eingestellt werden, lassen sich die Personalschlüssel auf das heutige Westniveau verbessern. Begünstigt wird dieses Etappenziel durch rückläufige Geburtenraten. Auf dem ostdeutschen Arbeitsmarkt verbliebe insgesamt sogar ein Potenzial von etwas mehr als 4.000 Fachkräften, die für den weiteren Ausbau der Personalschlüssel oder Leitungskapazitäten zur Verfügung stünden.

Rund 33.000 Fachkräfte könnten fehlen

Im Westen stehen die Bundesländer vor unterschiedlichen Herausforderungen, um die Teilhabequoten auf das heutige Niveau der ostdeutschen Bundesländer zu heben. In Hamburg, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein ist laut Prognose das Personal vorhanden, um genügend Kita-Plätze anzubieten. Hingegen ließe sich in Baden-Württemberg, Bayern, Bremen, Hessen, Nordrhein-Westfalen und im Saarland der Bedarf an Kita-Plätzen nicht decken, ohne über die bis 2030 prognostizierten Ausbildungskapazitäten hinaus zusätzliche Fachkräfte auszubilden und anzustellen. Sofern die derzeitigen Personalschlüssel beibehalten werden, fehlen hier laut Fachkräfte-Radar auf dem westdeutschen Arbeitsmarkt insgesamt rund 33.000 Erzieherinnen.

Bund und Länder müssen sich besser koordinieren

Für Jörg Dräger, Vorstand der Bertelsmann Stiftung, ist die Angleichung von Teilhabe und Qualität in Ost und West zwar nur ein „Etappenziel“. Das langfristige Ziel für die frühkindliche Bildung in Deutschland müsse weiterhin lauten: kindgerechte Qualität nach wissenschaftlichen Empfehlungen für alle Kinder unabhängig vom Wohnort. Aber auch das Etappenziel sei bereits als bedeutende Verbesserung der Situation in der frühkindlichen Bildung zu werten: „Das Gefälle zwischen Ost und West bei Teilhabe und Qualität aufzulösen, wäre ein echter Durchbruch in der frühkindlichen Bildung. Der Mangel an Fachkräften ist überwindbar. Darauf sollten sich ab sofort alle politischen Anstrengungen konzentrieren“, sagt Dräger.

Zentrale Aufgabe: landesrechtliche Voraussetzungen schaffen

Zentrale Aufgabe der ostdeutschen Bundesländer ist es, die landesrechtlichen Voraussetzungen zu schaffen, damit die verfügbaren Fachkräfte tatsächlich zur Verbesserung der Personalschlüssel eingesetzt werden können. Für die sechs Westländer, in denen zu wenig Fachkräfte zur Verfügung stehen, sollte der zügige Ausbau der Ausbildungskapazitäten Priorität haben. Darum kommen auch alle anderen Bundesländer nicht herum, wenn ab 2030 kindgerechte Personalschlüssel in allen Betreuungsformen umgesetzt werden sollen. Insgesamt ist es unerlässlich, neues Personal zu gewinnen und zu binden. Dabei helfen würden attraktivere Arbeitsbedingungen und Verdienstmöglichkeiten.

Bund muss finanzielles Engagement fortsetzen

Vom Bund wünscht sich Dräger, dass er sein finanzielles Engagement für den Qualitätsausbau über 2022 hinaus fortsetzt und im Kita-Qualitäts- und Teilhabeverbesserungsgesetz („Gute-KiTa-Gesetz“) verlässlich verankert. Die Mittel sollten in erster Linie dafür verwendet werden, neue Fachkräfte zu gewinnen und zu qualifizieren sowie die Personal- und Leitungsausstattung der Kitas zu verbessern. Um den Fachkräftebedarf in allen Bundesländern zu decken, sei, so Dräger, ein gemeinsames, koordiniertes Vorgehen von Bund und Ländern notwendig.

Zusatzinformationen

Grundlage des jährlich aktualisierten Ländermonitorings Frühkindliche Bildungssysteme sind Auswertungen von Daten der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder aus der Kinder- und Jugendhilfestatistik und weiteren amtlichen Statistiken. Stichtag für die Datenerhebung war der 1. März 2020. Die Berechnungen wurden von dem LG Empirische Bildungsforschung der FernUniversität in Hagen durchgeführt. Die aktuellen Daten finden Sie unter www.laendermonitor.de sowie in den Länderprofilen unter www.laendermonitor.de/laenderprofile.

Die Berechnungen des erstmals veröffentlichten Fachkräfte-Radars für KiTa und Grundschule hat Economix Research & Consulting durchgeführt. Die Publikation finden Sie unter www.fachkraefte-radar-kita-grundschule.de. Zur genaueren Abschätzung der benötigten Fachkräfte für die Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder wird die Bertelsmann Stiftung gegen Ende dieses Jahres eine Folgestudie veröffentlichen.

Die Expertinnen

Anette Stein, Telefon: 0 52 41 81 81 274, E-Mail: anette.stein@bertelsmann-stiftung.de

Kathrin Bock-Famulla, Telefon: 0 52 41 81 81 173, E-Mail: kathrin.bock-famulla@bertelsmann-stiftung.de

Anne Münchow, Telefon: 0 52 41 81 81 254 E-Mail: anne.muenchow@bertelsmann-stiftung.de




Fördermittel für interkulturelle Musikprojekte

Kunst

Liz-Mohn-Stiftung fördert musikalische und künstlerische Initiativen für Kinder und Jugendliche

Die bundesweite „Ideeninitiative ‚Kulturelle Vielfalt mit Musik‘“ der Liz Mohn Kultur- und Musikstiftung (LMKMS) fördert zum 14. Mal vorbildliche Kreativprojekte für junge Menschen. Ab sofort können sich Projekt-Initiatoren bewerben, die durch Musik, bildende und darstellende Kunst oder Literatur das Miteinander von Kindern und Jugendlichen verschiedener kultureller Herkunft stärken möchten.

Verantwortliche an Schulen und Kindertageseinrichtungen sind aufgefordert

Die Initiative richtet sich insbesondere an Verantwortliche in Schulen und Kindergärten, in Jugendeinrichtungen sowie in Vereinen und Verbänden. Bewerbungen einzelner Akteure mit gemeinnützigen Projektpartnern sind ebenfalls sehr willkommen. Besonders vor dem Hintergrund der Corona-Auswirkungen ermuntert die LMKMS auch Projekt-Initiatoren zu einer Bewerbung, die musikalische und künstlerische Aktivitäten in digitalen Formaten ermöglichen.

Die Projekte sollen zeigen, wie bereichernd kulturelle Vielfalt wirkt und wie sich sprachliche Hürden durch Musik und die Künste überwinden lassen. Je besser das nach Einschätzung der Liz Mohn Kultur- und Musikstiftung gelingt, desto höher sind die Chancen auf eine Förderung. Außerdem sollten die Kinder und Jugendlichen möglichst an allen Phasen des Projektes aktiv beteiligt sein.

Für mehr gesellschaftliches Miteinander

„Gerade jetzt ist es besonders wichtig, Musik und Kultur wieder zurück zu den Menschen zu bringen, denn sie können einen großen Beitrag zum gesellschaftlichen Miteinander leisten. Gemeinsame musikalische und künstlerische Aktivitäten konnten in den vergangenen Monaten leider nur sehr eingeschränkt stattfinden. Mit unserer ‚Ideeninitiative ‚Kulturelle Vielfalt mit Musik‘“ möchten wir das kreative Zusammenspiel von Kindern und Jugendlichen fördern und dazu motivieren, entsprechende kulturelle Projekte aufzubauen – auch in digitalen Formaten“, sagt Liz Mohn, Vorstandsvorsitzende der LMKMS.

Bewerbungsphase ist gestartet

Insgesamt stehen in diesem Jahr 100.000 Euro Fördermittel bereit, um maximal 20 Projektideen mit bis zu 7.500 Euro zu fördern. Interessierte können sich bis zum 15. Oktober 2021 per Online-formular auf der Internetseite der LMKMS bewerben: www.kultur-und-musikstiftung.de.

Zu beachten ist, dass die Projekte erst ab Januar 2022 starten sollen und ihre Laufzeit zunächst auf sechs Monate begrenzt sein soll. Eine Förderung kann nur neuen Projekten oder ergänzenden Bausteinen bereits bestehender Projekte zugutekommen.

Welche Ideen beim Wettbewerb im vergangenen Jahr überzeugt haben, ist auf der Webseite www.kultur-und-musikstiftung.de nachzulesen.

Die wichtigsten Informationen im Überblick:

Bewerbungsende: 15. Oktober 2021

Bewerbungen über: www.kultur-und-musikstiftung.de

Fördersumme: Bis zu 7.500 Euro je Projekt

Gesamtfördersumme: 100.000 Euro

Gefördert werden: Projektideen von Bildungs- und Jugendeinrichtungen, Vereinen, Verbänden oder individuellen Initiativen mit gemeinnützigen Partnern

Gewinnerbekanntgabe: Ende November 2021

Quelle: Pressemitteilung der Liz Mohn Kultur- und Musikstiftung




Schuleintritt: Je jünger, desto riskanter

Das Risiko einer lebenslang schlechteren Bildungsleistung ist hoch

Jüngere Kinder in einer Schulklasse haben es schwer. Ihr Risiko, ein Leben lang schlechtere Bildungsleistungen zu erbringen als ihre Mitschüler ist hoch. Das haben Wissenschaftler des Institute of Psychiatry, Psychology & Neuroscience (IoPPN) am King’s College London in Zusammenarbeit mit dem Karolinska Institute und der Orebro University ergeben. Die Forscher fordern mehr Flexibilität beim Schuleintrittsalter.

Körperliche und geistige Krankheiten verbreiteter

Für die im Journal of the American Academy of Child and Adolescent Psychiatry (JAACAP) (https://www.sciencedirect.com/…/pii/S0890856721004548…) veröffentlichte Studie haben die Wissenschaftler Daten von 300.000 Personen aus den schwedischen Nationalregistern erhoben. Die Forscher fanden heraus, dass die Jüngsten in einer Klasse im späteren Leben eher geringe Bildungsleistungen erbrachten und unter Depressionen und Substanzmissbrauchsstörungen wie Schlafstörungen, Konzentrationsschwierigkeiten, Gewichtsverlust, Kreislaufregulationsstörungen, Schweißausbrüche oder Herzrasen litten. Jüngere Kinder mit ADHS schienen jedoch weniger anfällig für Depressionen.

Entwicklungsfortschritt zwischen den Kindern ist enorm

In vereinfachter Form versucht die leitende Autorin Professor Jonna Kuntsi von King’s IoPPN die Erkenntnisse wie folgt zu erklären: „Der Unterschied zwischen dem jüngsten und dem ältesten Kind einer Klasse kann bis zu elf Monate betragen. In der frühen Kindheit ist dies ein signifikanter Unterschied in Bezug auf Reife, Verhalten und kognitive Fähigkeiten. Wir konnten mit der Datenerhebung erkennen, dass es sehr reale und langfristige Konsequenzen hat, der Jüngste in einem Klassenjahr zu sein.“Dabei stellten die Forscher auch fest, dass die negativen Auswirkungen in Ländern wie Dänemark deutlich seltener sind. Das könnte etwas mit dem dort flexibleren Ansatz für das Schuleintrittsalter zu tun haben. Kleine Kinder, die möglicherweise noch nicht schulreif sind, haben die Möglichkeit, später einzuschulen, und haben daher ein geringeres Risiko, negative Nebenwirkungen wie in anderen Ländern zu erfahren.

Weltweit flexiblerer Ansatz gefordert

Dies sollte laut Aussage der Wissenschaftler in allen Ländern so praktiziert werden.King’s IoPPN ist in Partnerschaft mit dem South London and Maudsley NHS Foundation Trust und der Maudsley Charity dabei, ein weltweit führendes Zentrum für die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen zu eröffnen. Das Pears Maudsley Center for Children and Young People wird voraussichtlich 2023 eröffnet und wird Forscher und Kliniker zusammenbringen, um Lösungen zu finden, die die Landschaft für die psychische Gesundheit von Kindern verändern.Weitere Informationen erteilt Patrick O’Brien, Senior Media Officer unter Patrick.1.obrien@kcl.ac.uk .Über das King’s College London und das Institute of Psychiatry, Psychology & NeuroscienceDas King’s College London ist eine der zehn besten britischen Universitäten der Welt (QS World University Rankings, 2018/19) und eine der ältesten in England. King’s hat mehr als 31.000 Studenten (darunter mehr als 12.800 Doktoranden) aus rund 150 Ländern weltweit und rund 8.500 Mitarbeiter.Das Institute of Psychiatry, Psychology & Neuroscience (IoPPN) am King’s College London ist das führende Zentrum für psychische Gesundheit und verwandte Neurowissenschaften in Europa.

Mehr dazu unter https://www.kcl.ac.uk/ioppn

@KingsIoPPNQuelle: King‘s College London




Wann Kinder lernen, andere zu verstehen

Wissenschaftler untersuchen Entwicklung in der Grundschulzeit

Die Fähigkeit, sich auf andere einzustellen, wächst von Geburt an. Hartmut Rosa und Joachim Bauer untersuchen seit Jahren das Phänomen der Resonanz, mit deren Hilfe schon das Neugeborene in Interaktion geht. Mit der Ich-Erkenntnis im zweiten Lebensjahr wächst die Fähigkeit andere einzuschätzen. Eben ist eine Studie erschienen, die diese Entwicklung in der Grundschulzeit erforscht hat. Aus dieser sollen sich nun besondere Anforderungen an die Schulen und das Elternhaus ableiten lassen. Denn manches unterstützt diese Entwicklung, anderes hemmt sie.

Über eine lebenswichtige Fähigkeit

Als der Mensch noch nicht an der Spitze der Nahrungskette stand, war seine Fähigkeit, seine Umgebung einzuschätzen, überlebenswichtig. Gelang ihm das nicht, konnte er relativ leicht in große Not geraten. Erschlagen oder gefressen zu werden gehörte damals zum Alltag.

Die Anlagen zur Einschätzung seiner Umwelt und seiner Mitmenschen sind schon in seinen Genen angelegt. Und wenn wir ihn dabei nicht allzu sehr stören würden, könnte er diese auch gut entwickeln. Der Arzt und Psychiater Joachim Bauer beschreibt in seinem „Wie wir werden, wer wir sind“, wie es Kindern in den ersten Lebensjahren gelingt, ein Ich, Du oder Wir zu denken, zu fühlen, zu erleben? Die Resonanz, vornehmlich die Interaktion zwischen Säugling und vor allem der Mutter, bildet den Anfang. Darüber entsteht auch die Spielfähigkeit, wie sie etwa Armin Krenz beschreibt. Und über das freie Spiel und die verschiedenen Interaktionsspiele lernen Kinder sich und den anderen einzuschätzen.

Komplexere Fähigkeiten in der Grundschulzeit

Komplexere Fähigkeiten im Verständnis anderer entwickeln sich laut einer Studie von Christopher Osterhaus, Juniorprofessor für Entwicklungspsychologie im Handlungsfeld Schule in Vechta und Susanne Koerber, Professorin für Frühe Bildung der Pädagogischen Hochschule Freiburg, erst im Laufe der Grundschulzeit. Veröffentlicht wurden die Ergebnisse bereits in der renommierten Forschungszeitschrift „Child Development“.

Die Studie haben Osterhaus und Koerber an 161 Kindergarten- und Grundschulkindern über einen Zeitraum von fünf Jahren durchgeführt. In dieser Zeithaben sie in relativ kurzen Intervallen eine hohe Anzahl an Test-Aufgaben durchgeführt.

„Wir haben die Kinder zum ersten Mal im Kindergarten interviewt und sie dann bis ans Ende der Grundschulzeit begleitet“, erläutert Osterhaus. „Dabei haben wir jährlich ihre Kompetenzentwicklung gemessen. Auf diese Weise lässt sich sehr genau verfolgen, wann Entwicklungsschritte auftreten und wovon diese abhängen.“

Aufgaben als Verständnistest

Die Kinder bekamen von den Wissenschaftlern dabei Test-Aufgaben. Darunter die Geschichte über ein Mädchen, das eine Überraschungsparty versehentlich ausplaudert. „Knapp 90 Prozent der Neunjährigen erkennen, dass solche Situationen nicht auf Absicht beruhen2, sagt Osterhaus. „Diese Fähigkeit scheint auf einen relativ simplen Prozess zurückzugehen, bei dem Kinder das, was in ihrem sozialen Umfeld passiert, mehr oder minder automatisch wahrnehmen und bewerten. Und je mehr Erfahrung sie hierin haben, desto besser scheint diese Bewertung zu funktionieren.“

Missverständnisse verstehen lernen

Osterhaus und Koerber schließen aufgrund ihrer Forschungsergebnisse darauf, dass Kinder rund um das erste Schuljahr verstehen, dass es zwischen Menschen zu Missverständnissen kommen kann. Darüber hinaus folgern sie, dass diese Einsicht eine wesentliche Grundlage für viele weitere Entwicklungen in der Fähigkeit, andere zu verstehen, ist. Zu den komplexen Fähigkeiten, die sich im Verlauf der Grundschule entwickeln, gehört Sarkasmus zu erkennen, die Gefühle anderer an den Augen abzulesen, sich in die Gedankenwelt eines anderen zu versetzen und einen Fauxpas auszumachen. All dies sind wichtige sozial-kognitive Fähigkeiten, die als „intuitive Psychologie“ beschrieben werden.

Intelligenz und Erfahrung entscheiden über Entwicklung

Andere Fähigkeiten scheinen sich aber nicht in erster Linie durch ein Mehr an Erfahrung zu entwickeln. So hängt das Verständnis davon, dass zwei Leute dieselbe Information anders interpretieren, nicht mit dem Alter zusammen, mit dem einzelne Kinder den grundlegenden Meilenstein im Verständnis anderer erlangen. Nur rund 60% der Neunjährigen lösten eine entsprechende Aufgabe korrekt. Stattdessen hing diese Fähigkeit mit der Intelligenz der Kinder zusammen: Zum Ende der Grundschule schnitten intelligentere Schülerinnen und Schüler bei den entsprechenden Tests besser ab. 

Das lässt vermuten, dass sich dieses Verständnis nicht allein mit der Erfahrung entwickelt, wie etwa das Erkennen einer sozialen Regelübertretung. Sondern dass Kinder sich explizit hiermit auseinandersetzen müssen. Sie müssen also lernen, die komplexe Funktionsweise unseres Denkens zu verstehen und zudem eine Theorie darüber entwickeln, nach welchen Mustern komplexe soziale Interaktionen ablaufen.

Psychologische Grundausbildung in Familie und Schule notwendig

Zu Beginn der Grundschulzeit sind laut Studienergebnissen grundlegende Fähigkeiten vorhanden, vieles aber entwickelt sich noch. Lehrkräfte und Eltern müssen also oft Geduld haben, da die Kinder längst nicht alles verstehen. Osterhaus konkretisiert: „Einige Aspekte entwickeln sich aller Wahrscheinlichkeit nach ohne großes Zutun, allein durch Erfahrung. Entscheidend ist also, dass Kinder diese Erfahrung machen können – und das ist ja auch durch Corona aktuell oft nur begrenzt der Fall. Bei anderen Aspekten sollte man hingegen explizit fördern.“ 

Für Lehrkräfte wie Eltern sei es deshalb wichtig, mit Kindern entsprechende Situationen durchzusprechen, ihnen zu erklären, warum die Beteiligten Bestimmtes denken und es an die Erfahrungswelt der Kinder rückkoppeln. „Auch sollten wir Kindern die passenden Wörter beibringen“, sagt Christopher Osterhaus. „Wenn ein Grundschulkind an der Augenpartie einer Person nicht ablesen kann, dass diese Person durchsetzungsfähig ist, liegt dies wahrscheinlich daran, dass es ‚keinen Begriff‘ von diesem Zustand hat.“

„Wir haben festgestellt, dass Kinder bis zum Ende der Grundschulzeit viel Potenzial haben zur Entwicklung von sozial-kognitiven Fähigkeiten. Die Persönlichkeitsentwicklung ist ein Lernziel von Schule. Und gerade bei Konflikten ist es wichtig, dass Kinder über die nötigen Tools verfügen, um sich in andere hineinzuversetzen und Konflikte so effektiv zu lösen. Es gibt gute Trainingsprogramme, die man leicht in der Grundschule implementieren könnte. Gerade jetzt im Verlauf der Corona-Pandemie wäre dies vielleicht ein wertvoller Ansatz.“ 

Ausblick

An der Universität Vechta laufen in Kooperation mit anderen Hochschulen weitere Studien zum tieferen Verständnis unserer „intuitiven Psychologie“. In einer Zusammenarbeit mit der Brock University (Kanada) führen die Wissenschaftlern Sandra Bosacki und Christopher Osterhaus eine systematische Reviewstudie zur optimalen Erfassung komplexer Fähigkeiten im Verständnis anderer durch. 

Auch die Zusammenarbeit mit der Pädagogischen Hochschule Freiburg wird fortgeführt: Die Wissenschaftlern Koerber und Osterhaus erforschen die Frage, ob es sich bei der Fähigkeit, andere zu verstehen, tatsächlich um eine einzelne Kompetenz handelt, so wie sie bisher betrachtet wird. Bisherige Ergebnisse deuten darauf hin, dass es sich dagegen um ein komplexes Zusammenspiel aus Fähigkeiten handelt. Woraus setzt sich also die Fähigkeit andere zu verstehen zusammen und wann entwickeln sich die einzelnen Bestandteile?




Bis zu 10.000 Euro Förderung für Kinderprojekte

Jetzt Anträge beim Förderfonds des Deutschen Kinderhilfswerkes stellen

Für Initiativen, Vereine und Projekte der Kinder- und Jugendarbeit aus dem gesamten Bundesgebiet besteht noch bis zum 30. September 2021 die Möglichkeit, Anträge bei den Förderfonds des Deutschen Kinderhilfswerkes zu stellen und bis zu 5.000 Euro zu erhalten. Überjährige Projekte können sogar mit bis zu 10.000 Euro gefördert werden.

Ziel: Bekanntmachung der Kinderrechte

Ziele des Förderfonds sind die Bekanntmachung der Kinderrechte und die Verbesserung der Lebenswelt von Kindern und Jugendlichen unter dem Aspekt der Mitbestimmung. Anträge können Vereine, freie Träger, Initiativen, Elterngruppen, Kinder- und Jugendgruppen sowie Schülerinitiativen für noch nicht begonnene Projekte stellen.

Demokratisches Engagement fördern

So werden zum Beispiel Projekte gefördert, die das demokratische und politische Engagement von Kindern und Jugendlichen unterstützen, deren Mitbestimmung an Prozessen in Jugendeinrichtungen, Schule und Stadtteil ermöglichen, den Zugang zu Medien verbessern bzw. den kompetenten Umgang mit diesen befördern, oder Kinder und Jugendliche bei der kreativen Auseinandersetzung mit für sie relevanten Themen fördern.

Spielorte im Wohnumfeld oder in der Schule

Ferner sollen Projekte Unterstützung erhalten, die bewegungsfördernde und interessante Spielorte im Wohnumfeld oder auf dem Schulgelände schaffen oder der Vernetzung, Sicherung bzw. Rückgewinnung von Spiel- und Aufenthaltsmöglichkeiten dienen. Voraussetzung für eine Bewilligung ist auch hier, dass die Kinder und Jugendlichen an der Planung und Durchführung des Projektes aktiv beteiligt werden.

Spielplatz Initiative

Auch bei der Spielplatz-Initiative des Deutschen Kinderhilfswerkes sind weiterhin Anträge möglich. Im Rahmen dieser Initiative werden deutschlandweit Projekte gefördert, die einen Spielraum sanieren, ergänzen oder neugestalten. Dazu zählen neben klassischen Spielplätzen auch die öffentlichen Außenanlagen von Jugendfarmen, Freizeittreffs oder Familienzentren, Abenteuerspielplätzen, Sportvereinen, Skateparks oder Jugendtreffs sowie Kitaaußenanlagen oder Schulhöfe, sofern sie frei zugänglich sind.

Antragsberechtigt sind Eltern- und Nachbarschaftsinitiativen, Kinder- und Jugendgruppen oder Vereine, privat engagierte Einzelpersonen ebenso wie Kommunen/kommunale Träger oder Wohnungsunternehmen. Bei den Projekten sollten einfache, aber sinnvolle Spielelemente und Raumkonzepte mit Erlebnischarakter im Vordergrund stehen, die die kindliche Fantasie anregen und die Kreativität fördern. Elementar sind die möglichst aktive Beteiligung der Kinder und Jugendlichen bei der Planung und Gestaltung des Spielraumes, aber auch die Kreativität bei der Mittelakquise und der Gestaltung sowie der Wille, selbst tatkräftig mit anzupacken.

Kinder-Kulturprojekte

Zudem sind weiterhin Bewerbungen für Kinder-Kulturprojekte im Rahmen des Förderprogrammes „It‘s your Party-cipation“ des Deutschen Kinderhilfswerkes möglich. Als Partner im Programm „Kultur macht stark“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung fördert das Deutsche Kinderhilfswerk noch bis 2022 außerschulische Projekte der kulturellen Bildung mit insgesamt über fünf Millionen Euro. Gefördert werden Workshops, Festivals und Kinderstädte, die sich an Kinder und Jugendliche im Alter von drei bis 17 Jahren aus finanziell oder sozial benachteiligten Familien richten. Der Fokus der Aktionen soll auf den Kinderrechten und der aktiven Beteiligung von Kindern und Jugendlichen liegen.

Fast 2000 Projekte mit über acht Millionen Euro gefördert

Das Deutsche Kinderhilfswerk hat in den letzten fünf Jahren durch seine Förderfonds 1.904 Projekte mit insgesamt rund 8.126.000 Euro unterstützt. Durch die Fonds erhalten Projekte, Einrichtungen und Initiativen finanzielle Unterstützung, die die Teilhabe von Kindern und Jugendlichen, unabhängig von deren Herkunft oder Aufenthaltsstatus, zum Grundsatz ihrer Arbeit gemacht haben. Dabei geht es vor allem um Beteiligung in Bereichen demokratischer Partizipation, um Chancengerechtigkeit und faire Bildungschancen für benachteiligte Kinder, gesunde Ernährung oder kinder- und jugendfreundliche Veränderungen in Stadt und Dorf, auf Schulhöfen, Kita-Außengeländen oder Spielplätzen. Die Schaffung sinnvoller Freizeitangebote und Möglichkeiten zur Entwicklung einer kulturellen Identität, zu kultureller Bildung und Medienkompetenz sind ebenso Förderschwerpunkte.

Weitere Informationen zu den Förderfonds des Deutschen Kinderhilfswerkes unter www.dkhw.de/foerderfonds, zur Spielplatz-Initiative unter www.dkhw.de/spielplatzinitiative, zum Förderprogramm „It‘s your Party-cipation“ unter www.kinderrechte.de/kulturmachtstark.




Kindliche Entwicklungs­prozesse beobachten und dokumentieren

Ausgangspunkt und Grundlage für eine kindorientierte Pädagogik

Beobachtung ist die Grundlage für eine Pädagogik, in der das KIND und sein Recht auf eine möglichst förderliche Entwicklung im Mittelpunkt der Betrachtung stehen (…). Mit der Beobachtung fängt jede entwicklungsförderliche Pädagogik an und bildet den Grundstein (das Fundament) für wertschätzende Beziehungserlebnisse sowie begleitende Entwicklungsimpulse.

Im Unterschied zur Wahrnehmung, bei der sowohl äußere als auch innere Reize als Sinneseindrücke auf den Menschen einwirken und dabei subjektiv geprägte Empfindungen und Einschätzungen auslösen, ist Beobachtung anders konzipiert. Hier geht es nicht darum, dass Menschen durch persönliche, soziale oder strukturbedingte Einflussfaktoren zu einer individuell ausgerichteten Einstellung zur wahrgenommenen Person oder zum Wahrnehmungsgegenstand und damit zu einer subjektiven Beurteilung einer Person oder Situation kommen! Beobachtung ist demgegenüber eine „aktive, planmäßige, auf ein bestimmtes Ziel ausgerichtete und methodisch aufgebaute, zweckorientierte Registrierung von Ereignissen oder Verhaltensweisen einzelner Menschen oder Gruppen in Abhängigkeit von unterschiedlichen Situationen und Rahmenbedingungen“.

Insofern ist Beobachtung immer eine aktive Suche nach bedeutsamen Informationen, ausgerichtet auf einen beobachtungsgeleiteten Zielgedanken. Das Beobachtungsergebnis führt zu einer Erkenntnis und dient dabei als Ausgangspunkt für das weitere Verhalten, um gesetzte Ziele, die erreicht werden wollen, in Angriff zu nehmen.

Stellenwert der Beobachtung in der (Sozial)Pädagogik

In der (Sozial)Pädagogik und (Sozial)Psychologie gibt es unterschiedliche Methoden zur Erfassung von Informationen. Hier sind vor allem folgende – in der Praxis gebräuchliche – „Datenerfassungstechniken“ zu nennen: das zielgerichtete Gespräch, das strukturierte Interview, die Fragebogenerhebung, soziometrische Verfahren (z.B. das Soziogramm), die Anamnese, Testverfahren und Inhaltsanalysen anhand eines vorliegenden Materials (z.B. die Auswertung von Dokumenten) sowie eine Fülle sehr unterschiedlicher Beobachtungsverfahren. In der (Sozial)Pädagogik hat dabei die Beobachtung einen besonders hohen Stellenwert! Sie ermöglicht es dem Beobachter, umfassende Kenntnisse über den Beobachtungsschwerpunkt/eine Situation/eine Person/eine Gruppe zu gewinnen. Die Beobachtung wird aber nur dann zu einem nutzbringenden Beobachtungsergebnis führen, wenn die Methodenentscheidungen (welche Beobachtungsform für die Fragestellung am besten geeignet ist; welche Situationsauswahl die umfassendsten Informationen liefern wird; welche Beobachtungsdokumentation angebracht ist) wohl überlegt sind.

Beobachtung als umfassende Grundlage für alle Facetten der (sozial)pädagogischen Arbeit

Es gibt keine Situation im Arbeitsalltag der ErzieherInnen, die es nicht erforderlich machen würde, Entscheidungen auf der Grundlage von Beobachtungsergebnissen zu fällen. Insofern gehören die Merkmale „Beobachtung“ und „Beobachtungsfähigkeit“ zur grundsätzlichen Kompetenz der elementarpädagogischen Fachkräfte.

Beobachtungen tragen dazu bei, Situationen und Geschehnisse im Berufsalltag gezielt zu registrieren, Personen in vernetzten Situationen zu verstehen sowie ihre besonderen Ausdrucksformen dokumentieren zu können und Vorhaben gezielt zu planen, durchführen und auswerten zu können. Dabei werden sich Beobachtungsvorgänge auf die unterschiedlichsten Arbeitsschwerpunkte beziehen:  vor allem auf die eigene Person und deren Wirkweisen, die Einflussnahme auf andere und die individuelle Arbeitsgestaltung, die Arbeits- und Verhaltensweisen der anderen Mitarbeiter/innen und ihre Auswirkung auf andere Personen und die Entwicklung von Geschehnissen, die Zusammenarbeit und Umgangsweisen mit den Eltern und die Kommunikation zwischen Kindern und deren Eltern, die allgemeine und besondere Kommunikation und Interaktion unter den Kindern, die allgemeine Umgangskultur zwischen Erwachsenen und Kindern, die besonderen Merkmale innerhalb der Beziehungs- und Interaktionsebene zwischen ErzieherInnen und einzelnen Kindern, die Entwicklungsgeschichte einzelner Kinder und ihre Entwicklungsverläufe, die Zusammenhänge von Entwicklungsverläufen bei Kindern und dem Einfluss der Gestaltung der von Kindern erlebten Projektarbeit, Entwicklungsbrüche in der Lebensgeschichte einzelner Kinder und die Deutung besonderer Ausdrucksformen. Dabei führen die vorgenommenen Beobachtungen zu einer umfangreichen Datengrundlage, die es den Fachkräften ermöglicht, Erkenntnisse zu gewinnen, die ihnen sonst häufig verschlossen bleiben und damit gleichzeitig eine professionell gestaltete Arbeit zunichte machen würden. Beobachtungen stellen darüber hinaus ein hilfreiches Instrumentarium dar, um einerseits ganz bestimmte Einzelsituationen zu erfassen und andererseits Zusammenhänge zwischen bestimmten Bedingungen und erfassten Beobachtungsergebnissen herzustellen. Beobachtungen sind nie isolierte Ergebnisse einzelner Facetten!

Beobachtungsformen

Entsprechend der besonderen Aufgabenstellung, die für jede Beobachtung als ein Einzelfall zu betrachten ist, ergibt sich für eine qualitätsgeprägte Beobachtung die jeweilige Beobachtungsform. Die erste Unterscheidung in den Beobachtungsformen bezieht sich auf das Feld einer Selbst- oder Fremdbeobachtung. Dabei geht es bei der Introspektion um die Registrierung eigener, persönlicher Vorgänge (im kognitiven, motorischen, emotionalen oder sozialen Bereich) und bei der Fremdbeobachtung um die Verhaltensbeobachtung äußerer Aspekte und anderer Menschen. Im Unterschied zur Gelegenheitsbeobachtung (auch naive Beobachtung genannt), bei der es zu zufälligen Beobachtungen kommt und situationsbedingte Zufälligkeiten im Vordergrund stehen, besitzt die systematische Beobachtung ein exakt beschriebenes Leitsystem. Letztere kann in Form einer nicht-teilnehmenden Beobachtung (protokollierenden/technischen) oder einer teilnehmenden Beobachtung durchgeführt werden – als aktiv teilnehmender Beobachter (als mithandelnde Person im Interaktionsgeschehen) oder passiv teilnehmender Beobachter (als „Zuschauer“ im Beobachtungsfeld). Die Beobachtung selbst kann als strukturierte oder unstrukturierte Beobachtung, als eine Beobachtung in natürlichen oder künstlich hergestellten Situationen, als offene oder verdeckte Beobachtung, als Kurzzeit- oder Langzeit- bzw. Dauerbeobachtung, als kontinuierliche oder diskontinuierliche Beobachtung, als beschreibende oder registrierende Beobachtung (Schätzskalen/Quantitätserfassungen) geplant und umgesetzt werden. (Sozial)Pädagogische Fachkräfte können nach entsprechender Auseinandersetzung mit den Beobachtungsformen und einer gezielten Einübung jede dieser Beobachtungsformen in ihrer Praxis planen, strukturieren und einsetzen. Die jeweilige Beobachtungsform erschließt sich einerseits aus der exakten Aufgaben- und Zielstellung, andererseits aus den Möglichkeiten der Person und den strukturellen Bedingungen vor Ort. Unabhängig davon werden allerdings immer die Qualität und Effizienz einer systematischen Beobachtung davon abhängen, wie folgende Beobachtungsprinzipien beachtet werden: Konzentration auf den Beobachtungsvorgang, Sachlichkeit in der Vorgehensweise, zielbestimmtes Verhalten, Berücksichtigung von Zusammenhängen und Bewusstmachung der Tatsache, dass jede Beobachtung lediglich das aktuelle Geschehen erfasst. Rückschlüsse auf bestimmte Hintergründe und in der Vergangenheit liegende Ereignisse sind ebenso häufig hypothetisiert – und damit fehlerbehaftet – wie der Versuch, aus aktuellen Einzelbeobachtungen Zukunftsentwicklungen abzuleiten.

Einflussfaktoren auf den Beobachter

Beobachtungsergebnisse sind stets in mehr oder weniger starkem Maße von einer ganzen Reihe sehr unterschiedlicher Einflüsse und Zusammenhänge vor, während und nach einem Beobachtungsvorgang abhängig. So können bestimmte Bedingungsfaktoren das Beobachtungsergebnis prägen und damit auch deutlich verfälschen.

Zum einen sind es häufig Merkmale, die mit dem Beobachter selbst zu tun haben (1), zum anderen sind es Faktoren, die sich aus der Einrichtungsstruktur (2) oder der Programmstruktur (3) ergeben. Und schließlich muss sich der Beobachter darüber im Klaren sein, dass das Beobachtungsergebnis ausnahmslos ein aktueller Ausschnitt aus einer Vielzahl zusammenhängender Vernetzungen ist. Selbst die zu beobachtenden personalen Verhaltensweisen bzw. Situationen sind stets einmalige und in ihrer Besonderheit nicht wiederholbare Ereignisse!

zu 1) Einflussfaktoren, die sich aus der Person des Beobachters ableiten können: z.B. aus seiner besonderen Persönlichkeitsstruktur und den damit automatisch verbundenen Persönlichkeitsmerkmalen; seiner beruflichen Erfahrung/Unerfahrenheit; den schon vor der Beobachtung feststehenden (un)bewussten und handlungsleitenden Erwartungen an das Beobachtungsergebnis; der Einstellung zum Beobachtungsvorgang selbst; der Einstellung zur Situation und/oder zur Person, die beobachtet werden soll; den zurückliegenden – und emotional besetzten – Erfahrungen und Erlebnissen im Hinblick auf den Beobachtungsgegenstand; den von außen gesetzten Erwartungen; der individuellen methodisch/didaktischen Arbeitsgestaltung des Beobachters; das Werte- und Normensystem des Beobachters; der grundsätzlichen Einstellung zum Beruf …

zu 2) Einflussfaktoren, die mit der Einrichtungsstruktur zusammenhängen: mit der Raumgestaltung; der konzeptionellen Grundlage für die Arbeitspraxis (dogmatische Prägung); der Gruppengröße; dem in einer bestimmten Form gestalteten Tagesablauf; den verhaltensbeeinflussenden Materialien; der besonderen Ortslage der Einrichtung; der besonderen soziokulturellen Gruppenzusammensetzung;

zu 3) Einflussfaktoren, die mit der Programmstruktur der Einrichtung verbunden sind: mit den Schwerpunkten der Didaktik; der ideologischen Ausrichtung der Einrichtung; der spezifischen Methodik zur Umsetzung von Zielen; der besonderen Auslegung und Gestaltung der konzeptionellen Schwerpunkte; …

Ausgangspunkte für eine qualitätsgeprägte Beobachtung

Jede Beobachtungsaktivität wird nur dann zu einem qualitätsgeprägten Ergebnis führen,

a) wenn sie gut vorbereitet worden ist,

b) eine klare, unmissverständliche Zielsetzung besitzt,

c) der Beobachter während der Beobachtungszeit konsequent das Beobachtungsziel verfolgt,

d) die Beobachtung eine offene Zielfindung zulässt – ohne dass schon im Vorfeld frühzeitige Bewertungen das Beobachtungsergebnis beeinflussen –

e) und dabei auch die Beobachtungsergebnisse praktische Konsequenzen für die weitere Gestaltung hergeben.

Systematische Beobachtungen werden immer schriftlich festgehalten. Dafür bieten sich – je nach Aufgabenstellung – unterschiedliche Beobachtungsbögen, -schemata und -protokolle an (s. Literaturverzeichnis: A. Krenz). 

Fragen des Beobachters vor jeder Beobachtung

Damit jede Beobachtung zielorientiert durchgeführt werden kann und gleichzeitig die formulierte Ausgangsfrage auch tatsächlich zum Ausgangspunkt des weiteren Vorgehens wird, hat sich der Beobachter vor jeder Beobachtungsaktivität folgende Fragen zu stellen:

Warum soll beobachtet werden? (z.B. um typische Kommunikations- und Interaktionsmuster zwischen sich und dem Kind zu entdecken; um die (Un)Wirksamkeit bisheriger pädagogischer Maßnahmen zu überprüfen; um eine aktuelle Bestandsaufnahme spezifischer Fähigkeiten und/oder Fertigkeiten bestimmter Kinder mit Blick auf die Beurteilung ihrer Schulfähigkeit vornehmen zu können; …)

Wer soll beobachtet werden? (z.B. ein bestimmtes Kind in seiner Spielsituation mit einem anderen Kind; die Gesamtkindergruppe, um die aktuelle Verteilung von Rollen in der Gruppe zu erkennen; eine bestimmte Teilgruppe von Kindern, um ihr besonderes Kommunikationsverhalten im Vergleich mit einer anderen Teilgruppe in Beziehung zu setzen; man selbst im Sprach- oder Spielkontakt mit bestimmten Kindern, um Gemeinsamkeiten bzw. Unterschiede im eigenen Verhalten in Abhängigkeit von eigenen Einstellungen/bestimmten Kindern zu erkennen; …)

Was genau soll beobachtet werden? (z.B. welches Kind in welcher Situation welche Spielform bevorzugt bzw. welcher Spielform aus dem Wege geht; welche besonderen Fähigkeiten und/oder Fertigkeiten bestimmte Kinder in bestimmten Situationen zum Ausdruck bringen; welche Kommunikations- und Konfliktkultur zwischen Mitarbeiter/innen und Kindern ausgedrückt wird; …)

Wann soll beobachtet werden? (z.B. in der Zeit der Ankunft der Kinder oder vor/während des Abholens durch die Eltern; während bestimmter Spielphasen; während des Frühstücks; in der Zeit des Freispiels; …)

Wie lange soll beobachtet werden? (z.B. in einer festgelegten Zeitspanne von 15, 30, 45 oder 60 Minuten; einen ganzen Vor- oder Nachmittag; während des Frühstücks; …)

Wo soll beobachtet werden? (z.B. im Gruppenraum; wenn die Kinder sich auf dem Außengelände aufhalten; bei Exkursionen außerhalb des Kindergartengeländes; …)

Wie soll beobachtet werden? (z.B. mit einer Video-Kamera; mit einem bestimmten Beobachtungsbogen; in Form einer teilnehmenden Gelegenheitsbeobachtung; als offene oder verdeckte Beobachtung; …)

Sorgsam geplante und durchgeführte sowie zielgerichtete Beobachtungen tragen dazu bei, Beobachtungsergebnisse zu deuten (nicht zu interpretieren), beobachtete Vorgänge zu beschreiben (nicht zu beurteilen) und beobachtbare Prozesse in Zusammenhängen zu verstehen (nicht zu isolieren bzw. zu funktionalisieren).

Wie oben erwähnt, ist es nicht möglich oder aus fachlicher Sicht zu empfehlen, sich bei einer Beobachtungsaufgabe (mit einer festgesetzten Fragestellung) als erstes auf das Kind auszurichten. Die erste Form einer Beobachtung ist stets die Selbstbeobachtung, ganz im Sinne von Prof. Dr. Wolfgang Liegle, der einmal gesagt hat: >Erkenne dich selbst, bevor du andere zu erkennen trachtest<. Selbstbeobachtung ist nicht einfach, weil dies bedeuten würde, sich selbst mit einem sachlich-kritischen Blick und einer notwendigen Distanz zu sich selbst ins „Kreuzverhör“ zu nehmen und damit sowohl ganz bestimmten entwicklungsförderlichen als auch -hinderlichen Verhaltensmerkmalen auf die Spur kommen zu können. Dabei würden sich Vorlieben und Abneigungen, Vorurteile und vorurteilsarme Einstellungen herauskristallisieren, es würden berufliche Stärken und auch Schwächen offenkundig, liebgewonnene Gewohnheiten kämen gleichzeitig auf einen kritischen Prüfstand und vor allem könnten sich gerade liebgewonnene Denk-/Handlungsmuster als entwicklungshinderliche Facetten herausstellen, die es im Hinblick auf das zu beobachtende Kind zu verändern gilt. Jeder Mensch hat dabei seine „rosarote Brille“ aufgesetzt, indem er unangenehme Beobachtungen/Erkenntnisse beschönigt und intrasubjektiv verstellt. Doch das entbindet ihn nicht von seiner Verpflichtung, sich dieser Herausforderung zuzuwenden. So könnten sich elementarpädagogische Fachkräfte beispielsweise folgende Fragen stellen:

1.) Was kann ich bei meinem Beobachtungswunsch des Kindes schwer aushalten bzw. was fällt mir leicht?

2.) Welche „Bilder“ habe ich zu dem Kind im Kopf und welche Vermutungen schränken meine Wahrnehmungsoffenheit bezüglich eines noch offenen Ergebnisses vielleicht ein?

3.) Wie schätze ich mein Beziehungsverhältnis zu dem Kind ein und welchen Einfluss könnte die Beziehung auf die Beobachtung/das Beobachtungsergebnis haben?

4.) Betrachte ich die Ausdrucksweisen des Kindes aus meiner eigenen Werte-/Normenwelt oder gelingt es mir, mich in die Biographie des Kindes einzudenken/einzufühlen?

5.) Bin ich eher darauf ausgerichtet, die Stärken des Kindes zu erfassen oder richte ich meine Aufmerksamkeit eher auf dessen Schwächen?

6.) Was könnten die Ausdrucksformen des Kindes mit meiner Person/der Qualität meiner Beziehung zum Kind/meiner pädagogischen Arbeit/den Rahmenbedingungen zu tun haben?

Grundsätze zur Durchführung und Auswertung erhobener Daten

Auch wenn die Beobachtung einzelner Kinder oder einer Gruppe im Mittelpunkt der gesamten Pädagogik steht und den Ausgangspunkt für kindorientierte Entwicklungsbegleitungen bildet, müssen sich Beobachter/innen selbst immer wieder bestimmter Grundsätze bewusst sein. Dazu hat Dr. Erika Kazemi-Veisari 10 Thesen aufgestellt, die in diesem Zusammenhang von besonderer Bedeutung sind. (2005, S. 124 f.).

1. „Beim Be(ob)achten werden keine Fakten, sondern Botschaften wahrgenommen (gesehen, gehört, gefühlt, gedacht).“ Beobachtungen werden über unsere Wahrnehmungssinne registriert, und diese provozieren automatisch eigene Erinnerungen, eigene Vorlieben, eigene Abneigungen, eigene Ängste und Befürchtungen, eigene Glücksempfindungen oder eigene Abwehrmechanismen. Insofern sind es stets persönliche Bilder, die sich aus Fremdbeobachtungen und der eigenen Lebensbiographie zusammensetzen und ein Konglomerat aus persönlichen Einschätzungen und beobachteten Einzelfaktoren bilden.

2. „Be(ob)achtungen wählen aus; sie heben hervor, übersehen, deuten.“ Beobachtungen sind immer in ein vielfältiges Bild eingebunden, das durch Beobachtungsaufgaben in Einzelteile zerlegt wird. Gleichzeitig kann bzw. muss davon ausgegangen werden, dass Beobachter/innen schon im Vorwege ein bestimmtes „Ergebnisbild“ im Kopf haben und eine Bestätigung von Annahmen suchen. Solche Teilbilder können nur unvollständig sein und es besteht immer die Gefahr, dass nicht nur Situationsausschnitte ein Ergebnis verzerren, sondern auch vorgefertigte Antworten zu subjektiven Ergebnissen führen müssen.

3. „Be(ob)achtungen erfassen nur sichtbare und hörbare Aspekte; die Persönlichkeit des Kindes ist aber immer mehr als die Summe der beobachtbaren Teile.“ Jedes Verhalten eines Menschen ist zu jeder Zeit von zwei Einflussgrößen abhängig: der individuellen Persönlichkeit selbst und dem Umfeld. Bei allen Beobachtungen kann nur das registriert werden, was das Kind in einer Beobachtungssituation mit wem, wo und wie lange tut. Beobachtungen erfassen nicht (un)mittelbare Vorgeschehnisse, die aktuelle Grundstimmung des Kindes und seine Lebensgeschichte mit den entsprechenden verhaltensprägenden Erlebnissen, die zum Zeitpunkt der Beobachtung mit zum Ausdruck kommen.

4. „Die Art und Weise, wie Kinder sich ausdrücken, ist nicht unmittelbar zu verstehen.“ Die Vielfalt der Ausdrucksmöglichkeiten von Kindern – ihr Malen und Zeichnen, ihr Verhalten, ihre Motorik, ihre Sprache und ihr Sprechen, ihre Träume und ihr Spiel(en) – steckt voller Symbole (Metzinger, A.,2005; Hauch, G., 2004; Romberg-Asboth, I., 1999; Finger, G. & Simon-Wundt, T., 2003; Steinhausen, H.-Chr., 2004; Krenz, A., 2012). Beobachtungen ergeben zwar eine Bestandsaufnahme der kindeigenen Ausdrucksformen – sie lassen sich aber erst aus einem professionellen Verstehen begreifen. Dadurch ergeben sich häufig völlig andere Sichtweisen zum Kind und seinen offenbarten Ausdrucksmöglichkeiten.

5. „Be(ob)achtungen werden oft durchgeführt, weil Erwachsene ihre Probleme mit dem Kind lösen wollen.“ Bei allen Beobachtungen muss immer wieder die Frage im Vordergrund stehen, wer tatsächlich das Problem mit den vom Kind geäußerten Verhaltensweisen hat. In der Regel ist es so, dass die Probleme „im Kind liegend“ gesehen werden – vielleicht ist es aber eher so, dass Erwachsene Schwierigkeiten mit der Lautstärke des Kindes, seiner Lebendigkeit, seiner Offenheit, seiner Direktheit, seiner Neugierde, seinem kreativen Verhalten, seiner angemessenen Aggressivität haben.

6. „Be(ob)achtungen sind entscheidend geprägt von der Haltung, mit der sie durchgeführt werden. Beobachtungen unterliegen einer ethischen Verantwortung.“ Erfahrungen zeigen, dass die meisten Beobachtungen darauf ausgerichtet sind, „Defizite“ in bestimmten Entwicklungsbereichen von Kindern genauer zu erfassen, ohne vor allem Hintergründe sowohl im mittelbare Umfeld des Kindes (z.B. in der vergangenen bzw. gegenwärtigen Familiengeschichte) und insbesondere im unmittelbaren Einflussbereich (z.B. der Gruppenzusammensetzung, dem räumlichen Umfeld in der Einrichtung, der Hausatmosphäre, der Didaktik, dem pädagogischen Ansatz, der Erzieher/in selbst) zu suchen. So entscheidet die Sichtweise, die Einstellung der Fachkräfte über die Zielrichtung der Beobachtung und vor allem über die Frage, ob die gewählte Beobachtung vor allem einen lösungsorientierten oder festschreibenden Ausgangspunkt besitzt.

7. „Kinder reagieren auf Be(ob)achtungen; sie ‚richten sich darauf ein’, was sie als Beobachtete spüren.“ Beobachtungen finden nicht in einem „verdunkelten, versteckten“ Raum statt. Vielmehr registrieren Kinder sehr genau, dass Erwachsene Beobachtungen durchführen. Durch diese erlebte Aufmerksamkeit kann es passieren, dass sie ihr Verhalten ändern, was letztlich zu einem anderen Beobachtungsergebnis führen kann als bei einer Beobachtung, die von dem Kind nicht wahrgenommen werden würde.

8. „Be(ob)achtungen können nur zu Achtungen führen, wenn sie dialogisch sind. Sie werden nicht „am Kind“ durchgeführt, sondern sind eine Form der Kommunikation mit dem Kind.“ Beobachtungen stellen keine „Methode“ dar, um etwas „am Kind vorbei“ zu unternehmen. Vielmehr haben Kinder unter dem Aspekt von Wertschätzung und Achtung ein Recht darauf zu erfahren, warum, was und wozu entsprechende Beobachtungen angestellt werden sollen. Das hat in der Praxis drei Konsequenzen. Zum einen sollten Kinder um ihre Einverständniserklärung für die Datenerhebung gebeten werden, zum anderen ist es möglich, ihnen die Aufzeichnungen oder Ergebnisse mitzuteilen. Schließlich erhalten Kinder die Möglichkeit, ihre persönliche Einschätzung zu den Aufzeichnungen und Ergebnissen abzugeben.

9. „Auch Kinder be(ob)achten ständig und aufmerksam; auch sie deuten, was sie wahrnehmen.“ Kinder bewerten ihre Erlebnisse, ihre Erfahrungen und die Ereignisse um sie herum ebenso wie Erwachsene. Aus dieser Tatsache heraus leitet sich die Forderung ab, auch mit Kindern immer wieder über ihre Deutungen und Situationsinterpretationen ins Gespräch zu kommen.

10. „Aus Be(ob)achtungen lassen sich immer (!!) widersprüchliche und verschiedene Schlussfolgerungen ziehen. Deshalb müssen Schlussfolgerungen kommuniziert werden.“ Beobachtungen laufen nicht in einer eindimensionalen Kausalität ab – sie geben lediglich Hinweise auf mögliche Korrelationen. Um sich selbst vor einseitigen oder vorschnellen „Wenn-dann-Aussagen“ zu schützen und vor allem auch die beobachteten Kinder nicht in persönlich geprägten Alltagstheorien einzubinden, sollten Beobachtungsergebnisse immer in einem Austausch mit anderen besprochen und kritisch reflektiert werden.

Die Gestaltung von Entwicklungsberichten und die aktive Durchführung einer Entwicklungsbegleitung

Damit die elementarpädagogischen Fachkräfte selbst und auch die Adressaten von Entwicklungsberichten (Eltern, Grundschulen, sozialpädagogische/psychologische Dienste, Fachpraxen, Kinderärzte) entsprechende kompetent verfasste Informationen erhalten, müssen alle Entwicklungsberichte fachlich korrekt strukturiert und inhaltlich klar aufgebaut sein.

Darüber hinaus bilden konkrete Beobachtungsergebnisse die Grundlage für aktive Entwicklungsbegleitungen, um den Kindern zu helfen, Stärken zu stärken und Schwächen zu schwächen.

Der Versuch, an dieser Stelle einen zumindest einigermaßen vollständigen Überblick über Aufbau und Struktur von Entwicklungsberichten und Gliederungshilfen für die Erstellung von Beurteilungen auf der Grundlage von gewonnenen Erkenntnissen aus Beobachtungen wiederzugeben, ist aufgrund der unüberschaubaren Vielfalt an Möglichkeiten und unterschiedlichen Herangehensweisen von Anfang an zum Scheitern verurteilt. Auf der einen Seite liegt es daran, dass die Merkmale und Schwerpunktsetzungen von Entwicklungsberichten und Beurteilungsbögen aufgrund der vielfältigen Fragestellungen sehr unterschiedlich gehalten sind, auf der anderen Seite ist festzustellen, dass sich auch im Laufe der Zeit die Schwerpunkte für Entwicklungsberichte und Beurteilungshilfen immer wieder verändert haben und sich auch heute noch in Veränderungen befinden. Dazu kommt, dass jede psychologische Richtung und jeder pädagogische Ansatz eigene, besondere Schwerpunkte setzt.

Eine in der Praxis vielbewährte Form zur Ersterfassung der unterschiedlichen Entwicklungsbereiche könnte in folgender Gliederung liegen:

a) Grobmotorik (Gleichgewichtsreaktionen; Körpergeschick; Situationsangepasstes Bewegungsverhalten),

b) Feinmotorik (Handgeschick; Zusammenspiel von Auge und Hand),

c) Emotionale Entwicklung (Ausdruck von Gefühlen und Bedürfnissen; Einfühlungsvermögen; Frustrationstoleranz; Selbstbewusstsein),

d) Soziale Entwicklung (Kontaktfähigkeit; Hilfsbereitschaft; Konfliktbewältigung; Regelorientierung; Selbstständigkeit),

e) Sprachentwicklung (Freude am Sprechen, Lautbildung und Artikulation; Wortschatz; Satzbau und Grammatik; Inhalts- und Sprachverständnis),

f) Kognitive Entwicklung (Merkfähigkeit; Erfassung von Zahlen, Mengen und Größen; Abstraktes und logisches Denken),

g) Spiel- und Lernverhalten (Verschiedene Interessen; Kreativität; Ausdauer und Konzentration)

Neben vielen Beispielen für typische Verhaltensweisen sind die (elementar)pädagogischen Fachkräfte aufgefordert, kindbezogene Beobachtungen zu verschriftlichen, eine Beurteilung des Förderbedarfs vorzunehmen und bestimmte Maßnahmen zur Förderung aufzuführen.

Die Beobachtungsbögen zur Erfassung kindlichen Verhaltens und kindlicher Entwicklungen von Lueger (2005) gehen auf folgende fünf Schwerpunktbereiche ein:

1. Zunächst steht das äußere Erscheinen und der motorische Gesamteindruck im Vordergrund (Körperlicher Entwicklungsstand, körperliche Auffälligkeiten, Gepflegtheit, Gesundheitszustand & Leistungsfähigkeit, Körperbeherrschung, Grobmotorische Bewegungen, Feinmotorik, Körperkoordination, Psychomotorik).

    Es folgen Beobachtungskriterien zu den grundlegenden Bewegungsprinzipien und Bewegungsabläufen (Muskelspannung, Bewegungssicherheit, Bewegungsgleichgewicht, Bewegungselastizität, Bewegungskoordination, Bewegungsschnelligkeit, Bewegungskräfte, Reaktionsfähigkeit und Bewegungsabläufe), der Feinmotorik (Allgemeine Geschicklichkeiten im Spiel- und Arbeitsverhalten, Hand-Finger-Geschicklichkeit, Umgang mit Pinsel und Farbe, Visumotorische Geschicklichkeit und feinmotorische Koordination), Psychomotorik, Handlungsplanung und Steuerung (Soziale Kompetenz, Eigenaktivität, Körperschema, Motorische Überaktivität bzw. Gehemmtheit),

2. zur visuellen Wahrnehmung (Visumotorische Koordination, Figur-Grund-Wahrnehmung, Wahrnehmungskonstanz, Wahrnehmung der Raumlage und Wahrnehmung räumlicher Beziehungen), zur auditiven Wahrnehmung (Auditive Lokalisation, Aufmerksamkeit, Merkfähigkeit, Diskrimination, Figur-Grund-Wahrnehmung, auditiv-kinästhetische Koordination), zur vestibulären Wahrnehmung, zum taktil-kinästhetischen Bereich, Stellungssinn, Bewegungssinn, Kraftsinn, Spannungssinn und taktiles Differenzierungsvermögen, zur gustatorischen und olfaktorischen Wahrnehmung (= Geschmack und Geruch),

3. zum allgemeinen Sprachverhalten (Sprachliche Umgebung des Kindes, Sprachvorbild/er, Kommunikation mit Erwachsenen, der Erzieherin und mit anderen Kindern, Beteiligung des Kindes an Gesprächssituationen, Interesse an sprachlichen Aktivitäten, Begegnung des Kindes mit Schrift etc.) und den physiologischen Voraussetzungen, zur Gesprächsbereitschaft und zum Anweisungsverständnis, zur Sprachfähigkeit, zum Sprachgedächtnis, zur phonologischen Bewusstheit und zur Begegnung mit Symbolen und Schrift.

4. Schließlich geht es im Entwicklungsbereich „Denken“ um die differenzierte Wahrnehmung, das kausale Denken, die Art und Weise der Wissensaneignung, das Gedächtnis und um die Intelligenz sowie Problemlösung.

5. Der letzte Bereich befasst sich mit der Erfassung emotionaler und sozialer Kompetenzen. Auch hier sind zu allen Bereichen entsprechende Beispiele genannt und die Fachkräfte sind aufgefordert, aus einem Beobachtungszeitraum über vier Quartale entsprechende Ziele zu formulieren, Angebote zu entwickeln und Ergebnisse zu reflektieren.

Eine sehr umfangreiche Grundlage für Entwicklungs- und Beurteilungsberichte liefert Prof. Ledl von der Pädagogischen Akademie des Bundes in Wien (2003). Auch wenn er einen speziellen Bogen zum Schuleingangsbereich vorschlägt, kann die Struktur grundsätzlich auch auf ältere oder jüngere Kinder übertragen werden. Dabei entsprechen die 5 Strukturfelder exakt den Entwicklungsbereichen, die Dagmar Lueger ihren Beobachtungsbögen zur Erfassung kindlichen Verhaltens und kindlicher Entwicklungen zu Grunde legt:

1. Motorischer Bereich (Grobmotorik – allgemeine Geschicklichkeit, Bewegungssicherheit, Bewegungselastizität, Bewegungskoordination, Bewegungsschnelligkeit, Reaktionsfähigkeit, Visumotorische Koordination; Bewegungsgeschicklichkeit. Feinmotorik – allgemeine Geschicklichkeit, Hand-Finger-Geschicklichkeit, feinmotorische Koordination. Handlungsplanung und Handlungssteuerung – Körperschema, Raumlage, bilaterale Koordination, Überkreuzung der Körpermitte, motorische Aktivität, ausgewogene Lateralität, Seitigkeitsprüfung.);

2. Wahrnehmungsbereich: a) visuelle Wahrnehmung, b) auditive Wahrnehmung, c) taktil-kinästhetische Wahrnehmung, d) Gleichgewichtswahrnehmung, e) Mnestische Funktionen (=Aufmerksamkeit und Konzentration);

3. Sprachlicher Bereich: a) Gesprächsbereitschaft, b) Anweisungsverständnis, c) Sprachfähigkeit, d) Sprachgedächtnis, e) Auffälligkeiten in der Sprache;

4. Kognitiver Bereich: a) Kurz- und Langzeitgedächtnis,
b) Produktives und rechnerisches Denken;

5. Sozial-emotionaler Bereich: a) emotionale Stabilität, psychische Verfassung, Selbstsicherheit und Selbstwertgefühl; b) Sozialverhalten (Kontaktverhalten, Kooperations- und Konfliktverhalten, Selbstkontrolle und Regelbewusstsein); c) Lern- und Arbeitsverhalten (Lernbereitschaft, Arbeitshaltung, Selbstständigkeit).

Der „Beobachtungsbogen zur Erfassung von Entwicklungsrückständen und Verhaltensauffälligkeiten bei Kindergartenkindern“ (Mayr, 1998) soll die Früherkennung besonderer Schwierigkeiten erleichtern und Fachkräften dabei behilflich sein, Alltagsbeobachtungen festzuhalten, zu strukturieren und als Hinweis für Hilfsangebote, Gesprächsgrundlage mit Kolleginnen, Eltern oder Fachdiensten dienen. Die Höhe der Ausprägung eines Problems kann dabei in drei Stufen skizziert werden (unauffällig, leicht ausgeprägt und stark ausgeprägt) und eigene Beispiele, Beschreibungen und Anmerkungen sollen eine möglichst genaue Faktenabbildung wiedergeben.

Im Einzelnen geht es um die 5 folgenden Bereiche:

a) Sprache und Sprechen (Lautbildung, Satzbau, Grammatik, Stimme, Atmung, Redefluss, Kommunikation, altersgemäße Sprache, Sprachverständnis, Mundmotorik),

b) Kognitive Entwicklung (ordnen & unterscheiden, Merkfähigkeit & Gedächtnis, Auffassungsgabe & logisches Denken, Ideenreichtum & Kreativität),

c) Wahrnehmung und Orientierung (visueller, auditiver, taktil-kinästhetischer Bereich), Motorik (Grobmotorik, Krafteinsatz, Feinmotorik),

d) Verhalten (Aggression in der Gruppe, Aggression im Kontakt mit der Erzieherin, Schüchternheit & Hemmung, Distanzlosigkeit, Angst vor Nähe, Überempfindlichkeit, motorische Unruhe, Aufmerksamkeit, Konzentration & Ausdauer, Arbeitsverhalten, Selbstständigkeit, Soziale Kontakte & Stellung in der Gruppe),

e) Einzelsymptome, Gesundheit & körperlicher Zustand sowie familiäre und psychosoziale Belastungen.

Im Unterschied zu den bisher vorgestellten Verfahren ist es auch möglich, Entwicklungsberichte oder Beurteilungen frei von bestimmten Entwicklungsbereichen zu formulieren. So schlägt Strätz (2005) in Ausrichtung auf den Vorschlag des Caritasverbandes für die Diözese Münster e.V. (Referat Tageseinrichtungen für Kinder, 2004) folgenden Aufbau einer persönlichen Dokumentation über alle Kinder in der Gruppe vor und dabei sieht er es als hilfreich an, durch Impulsfragen und freie Formulierungen zu aussagekräftigen Beschreibungen zu kommen:

1. Welche Stärken und individuellen Talente oder Vorlieben hat das Kind? (Bezogen z.B. auf Bewegungsfähigkeit, Sprachkompetenz/Ausdrucksfähigkeit/Kommunikationsfähigkeit, Spielverhalten, Gestalten/Kreativität/Fantasie, Umgang mit Medien, Erschließung von Lebenswelten/Natur und kultureller Umwelt, soziale Kompetenzen …);

2. Persönlichkeitsentwicklung des Kindes (z.B. Selbstständigkeit, Selbstvertrauen, Selbstbewusstsein, Selbstwertgefühl, Ausgeglichenheit, Emotionalität, Empathie …);

3. Engagiertheit des Kindes (Womit beschäftigt sich das Kind besonders gern? Wie intensiv, engagiert und konzentriert geht es dieser Beschäftigung nach? Welche Themen/Anliegen sind für das Kind besonders wichtig? Welches Spiel oder welche Aktivitäten bevorzugt das Kind? Wie ist das individuelle Lerntempo des Kindes?)

4. Wie setzt das Kind seine eigenen Selbstbildungspotenziale im Bildungsprozess ein? (z.B. Wahrnehmungsfähigkeit, innere Verarbeitung durch Eigenkonstruktion, Fantasie, durch sprachliches und naturwissenschaftlich-mathematisches Denken, Fähigkeit zum sozialen Austausch, Umgang mit Komplexität und Lernen in Sinnzusammenhängen, Neugierde/forschendes Lernen/individuelle Lernstrategien …);

5. In welchem Bereich/welchen Bereichen seines individuellen Lernweges benötigt das Kind Unterstützung, Anregung, Förderung oder Freiräume? (Hinsichtlich der Bildungsbereiche/der individuellen Selbstbildungspotenziale des Kindes);

6. Welche pädagogischen Handlungsstrategien ergeben sich auf der Grundlage der aktuellen Beobachtung für das Kind? (z.B. individuelle Förderangebote, Gruppensituation, Beratungsgespräche mit Eltern, Reflexion im Team).

Neben diesen Aufzeichnungen folgen Fragen zur Selbstreflexion: Was berührt mich bei dem Kind? Welche Erwartungshaltung habe ich dem Kind gegenüber? Wodurch löst es bei mir Zuwendungs- oder Abwehrverhalten aus? Was hat dieses Erleben mit meiner eigenen Biografie zu tun? Was will mir das Kind mit seinem Verhalten sagen? An welchen Punkten hat sich meine Wahrnehmung und Einschätzung des Kindes unter Berücksichtigung meiner Selbstreflexion verändert? Was hat sich im Vergleich zur letzten Beobachtung verändert? Mit welcher Einstellung und Haltung führe ich das Gespräch mit den Eltern zu den Inhalten und Ergebnissen der Beobachtung? Wurde dies vorab im kollegialen Austausch im Team oder im Gespräch mit der Leitung zur Sicherung möglichst hoher Objektivität beraten?

Denkbar wäre aber auch ein Beobachtungsraster, bei dem die 9 Entwicklungsbereiche eines Kindes als Ausgangspunkt angesetzt und vielfältige, unterschiedliche Beobachtungen mit Beispielen beschrieben (und damit dokumentiert) werden (Sprache/Sprechen; kognitive Intelligenz; Denken, kognitive Kompetenz, Fantasie; Kommunikationsverhalten, Soziabilität; Gefühle, emotionale Intelligenz; Werte, Umgangskultur; Motorik, Selbstständigkeit; Interessen, Spiel, Freizeitverhalten; Neugierde, Lernverhalten). Auch wenn diese 9 Entwicklungsbereiche als einzelne Schwerpunktfelder aufgeführt sind, so ist in der entwicklungspsychologischen Forschung bekannt, dass alle Entwicklungsbereiche miteinander verzahnt (=vernetzt) sind. Das heißt: Selbstverständlich ist es möglich, spezifische Beobachtungen einzelnen Bereichen zuzuordnen. Gleichzeitig gilt es aber auch als eine Selbstverständlichkeit, im Nachhinein Vernetzungen herzustellen, weil zwischen den Entwicklungsbereichen gegenseitige Abhängigkeiten bestehen. So beispielsweise zwischen emotionalen Kompetenzen und kognitiven Leistungen, sprachlichen Ausdrucksmöglichkeiten und der motorischen Entwicklung, der Sprachkompetenz und dem Spielverhalten, dem umgangskulturellen Verhalten und der sozialen Kompetenz, der emotionalen Intelligenz und dem Lernverhalten… Wer daher um diese Interdependenzen weiß, wird nicht überrascht sein feststellen zu können, dass Entwicklungsunterstützungen in einem Entwicklungsfeld (z.B. der Werteentwicklung) direkte Auswirkungen auf einen anderen Entwicklungsbereich haben können (in diesem Fall z.B. auf den sozialen Bereich). In umgekehrter Betrachtung kann es aber auch bedeuten, dass direkte, gezielte Entwicklungsförderungen (z.B. im sprachlichen Bereich) keine nachhaltigen Auswirkungen nach sich ziehen müssen, wenn beispielsweise Neugierde, Lernfreude und Lernmotivation nicht gleichzeitig in einem Entwicklungsvorgang provoziert wurden. Die (Un)Wirksamkeit von „Fördermaßnahmen“ bekommt dadurch ihren Sinn und liefert gleichzeitig eine stimmige Begründung.

Schließlich schlägt Thomas Denning (2007) eine Aufbaustruktur für Beobachtungs- und Entwicklungsdokumentationen vor, aus der an dieser Stelle einige Beispiele in Stichworten genannt seien:

a) Selbstständigkeit/Vertrauen (Lösung von Bezugspersonen; selbstständiges An- und Ausziehen; sicheres Verhalten in der Einrichtung; Ausprobieren von neuen Tätigkeiten; selbstständige Beschäftigung …)

b) Soziales Lernen (Spiel mit anderen Kindern; Akzeptanz von Spielregeln; Pflege von Freundschaften; Äußerung von Bedürfnissen; Ausdruck von Gefühlen; Konfliktlösekompetenz; Kooperationsverhalten …)

c) Spielverhalten (kann sowohl alleine als auch mit anderen Kindern spielen; kann bei einem Spiel bleiben; beherrscht unterschiedliche Spielformen; nutzt die Vielfalt der Spielmaterialien …)

d) Lebenspraxis (versorgt sich selbstständig mit Speisen; beachtet Tisch- und allgemeine Umgangsregeln; kann sich angemessen bei Unter-/Überforderungen zur Wehr setzen …)

e) Motorik (kann balancieren, hüpfen, springen, klettern, laufen; beherrscht einige Ballspiele; kann mit dem Roller, Dreirad, Fahrrad fahren; kann einen Stift entspannt halten und Gedanken in gemalte Bilder umsetzen; kann Perlen etc. auffädeln …)

f) Wahrnehmung (erkennt und unterscheidet akustische Signale, Formen, Farben; kann sich gezielt konzentrieren; kann eigene und fremde Bedürfnisse erkennen …)

g) Kognition (kann Handlungsschritte aufeinander aufbauend umsetzen; besitzt eine Merkfähigkeit; beendet begonnene Tätigkeiten; erkennt Kausalzusammenhänge; entwickelt eigene Ideen; kennt Größen- und Mengenbegriffe; erkennt Regeln; ist lernbegierig und probiert Neues aus…)

h) Sprache (beherrscht die Muttersprache vollständig; zeigt in unterschiedlichen Situationen eine Sprechbereitschaft; ist sprechsicher; erzählt von Erlebnissen und Erfahrungen; drückt Sprechfreude aus; kommuniziert mit anderen Kindern und Erwachsenen; hat eine deutliche Aussprache; bildet vollständige Sätze; formuliert die Sätze grammatikalisch richtig; hat einen altersgemäßen Wortschatz …)

i) Emotion (besitzt sowohl Frustrationstoleranz als auch eine Frustrationsgrenze; bringt seine aktuelle Befindlichkeit zum Ausdruck; besitzt Empathie; kann eigene Wünsche und Vorstellungen auch einmal zurückstellen …)

Es gilt festzuhalten, dass es aufgrund der jeweils besonderen Fragestellungen und der unterschiedlichen Zielsetzungen für Entwicklungsberichte und Beurteilungen keine eindeutige „Empfehlung für das ‚richtige’ oder ‚beste’ Verfahren“ geben kann (vgl. Rohrmann, 1996, S. 59). Vielmehr ergibt sich die Entscheidung durch die genaue Aufgabenstellung selbst und die damit verbundenen, besonderen Merkmale, die für die aufgeworfene Fragestellung besonders hilfreich zu sein scheinen und die für den Entwicklungsbericht bzw. die Beurteilung die größte Aussagekraft besitzen. Dabei kann jeder Aufbau und jede Struktur einer bestehenden Arbeitshilfe auch durch eigene Kriterien erweitert werden.

krenz elementarpaedagogik

Diesen Artikel haben wir folgendem Buch entnommen:
Entwicklungsorientierte Elementarpädagogik
Kinder sehen, verstehen und entwicklungsunterstützend handeln

Krenz, Armin
Burckhardthaus-Laetare
ISBN: 9783944548029
200 Seiten, 24,95 €
Mehr dazu auf www.oberstebrink.de

Literatur

Bertelsmann Stiftung (Hrsg.) (2008): Frühe Bildung beobachten und dokumentieren. Gütersloh: Verlag Bertelsmann Stiftung

Denning, Thomas (2007): Schritt für Schritt zur eigenen Beobachtung und Dokumentation. Praxisbeispiele, Entscheidungshilfen, Anregungen und Musterbögen. Troisdorf: Bildungsverlag EINS

Gartinger, Silvia (2009): Früheste Beobachtung und Dokumentation. Bildungsarbeit mit Kleinstkindern. Troisdorf: Bildungsverlag EINS

Held, Nina (2010): Spielanlässe zur Erstellung von Bildungsdokumentationen. Spielerische Angebote für gezieltes Beobachten und Dokumentieren in der Kita. Münster: Ökotopia Verlag

Kazemi-Veisari, Erika: (2005) Von der Beobachtung zur Achtung. In: KiTa aktuell ND, Heft Nr. 6/2005

Krenz, A (2009): Beobachtung und Entwicklungsdokumentation im Elementarbereich. München: Olzog Verlag

Krenz, A. (2001): Qualitätssicherung in Kindertagesstätten. München, Reinhardt

Mayr, Toni + Ulich, Michaela (1998): BEK – Beobachtungsbogen zur Erfassung von Entwicklungsrückständen und Verhaltensauffälligkeiten bei Kindergartenkindern. München: Staatsinstitut für Frühpädagogik

Rohrmann, Tim (1996): Beobachtungsverfahren und Befragungsmöglichkeiten von Kindern im Kleinkindalter. Eine Expertise im Rahmen des Projekts „Konfliktverhalten von Kindern in Kindertagesstätten“ des Deutschen Jugendinstituts München: München, DJI

Strätz, R. und Demandewitz, H. (2003): Beobachten. Anregungen für Erzieherinnen im Kindergarten. Weinheim: Beltz




Kinder ziehen klassische Medien vor und Eltern lesen mit

Trotz Digitalisierung ziehen Kinder offenbar klassiche Medien wie Print und Fernsehen vor

Medien sind aus dem Alltag von Mädchen und Jungen zwischen vier und 13 Jahren kaum mehr wegzudenken. Abhängig vom jeweiligen Alter nutzen sie regelmäßig verschiedene Medien. Dabei stehen klassische Medien wie Fernsehen und Print an erster Stelle. Die digitale Medienkompetenz der Kinder hat aus Sicht der Eltern durch den Lockdown und das Homeschooling kräftig zugelegt. Das sind Ergebnisse des gerade veröffentlichten Kinder Medien Monitors 2021.

Mit der angeblich repräsentativen Markt-Media-Studie stellen die fünf Unternehmen Egmont Ehapa Media, Gruner + Jahr, Panini Verlag, EDEKA Media und SUPER RTL umfassendes Datenmaterial über die Mediennutzung von Kindern bereit – über alle Kanäle hinweg. Darüber hinaus bietet die Untersuchung vielseitige Einblicke in Lebensbereiche der Kinder wie Freizeitgestaltung, Interessen und Engagement.

Der Kinder Medien Monitor 2021 soll rund 7,47 Millionen Kinder in Deutschland im Alter von vier bis 13 Jahren repräsentieren., befragt wurden allerdings nur gut 2000. Den Ergebnissen zugrunde liegen die Antworten der Kinder sowie die ihrer Eltern. Die Studie liefert zusätzlich für die 27 Printmagazine der angeschlossenen Unternehmen Reichweiten bei Kindern und den mitlesenden Eltern.

Die Schlüsselergebnisse des Kinder Medien Monitors 2021:

  • Wenn es um den Medienkonsum ihrer Kinder geht, haben Eltern eine klare Meinung: Zeitschriften genießen mit Abstand die größte Akzeptanz, gefolgt von Fernsehen. Nach Büchern wurde allerdings offenbar gar nicht gefragt.
  • Fernsehen, Mediatheken, Streamingdienste und Zeitschriften sind bei den Kindern am meisten vertreten.
  • Die Nutzung von digitalen Medien durch Kinder hat im vergangenen Jahr durch Homeschooling einen echten Zuwachs erfahren.
  • Das lineare Fernsehen ist die wichtigste Quelle für Bewegtbild bei Kindern. YouTube und ähnliche Videoplattformen sind ab neun Jahren relevant, wohingegen die kostenpflichtigen Streamingdienste auch schon jüngere Kinder erreichen.
  • Beim Lesen gilt: Sehr gern und sehr viel – aber bitte auf Papier. 72 % aller Kinder lesen Bücher und Zeitschriften klassisch, elektronische Geräte spielen dabei kaum eine Rolle.
  • Print genießt bei den Eltern das größte Vertrauen. Sie sehen hier den höchsten Nutzen für ihre Kinder. Und: Eltern lesen mit! Die Auswahl der Zeitschriften, die für die Studie ausgewählt wurden, erreichen angeblich 5,8 Millionen Elternteile.
  • Kinder suchen das persönliche Gespräch, physisch und am Telefon – das gesprochene Wort am Telefon schlägt die Videotelefonie: 89 Prozent der Sechs- bis 13-Jährigen telefonieren ohne sich zu sehen, 60 Prozent telefonieren „face to face“.
  • Umweltbewusstsein entsteht in den Kinderzimmern. Das Interesse ist groß und auch das Bedürfnis, einen eigenen Beitrag zu einer lebenswerten Welt zu leisten.

Kinder sind echt kompetent

Was trauen die Eltern ihren Kindern zu, welche Freiräume haben die Kinder bei der Mediennutzung und wie nutzen sie überhaupt das vielfältige Angebot? Der Kinder Medien monitor 2021 nimmt das Mediennutzungs- und Kommunikationsverhalten der Kinder genau unter die Lupe sowie ihre Werte, ihr Engagement und Freizeitverhalten.

Fakt ist: Vieles ist in den vergangenen zwei Jahren auf der Strecke geblieben. Die Nutzung digitaler Medien hat jedoch während der Corona-Pandemie einen echten Zuwachs erfahren. Aus Sicht der Eltern hat Homeschooling die Kompetenz von Kindern im Umgang mit digitalen Medien gefördert und die Nutzung von mobilen Devices und Computern legitimiert. Informationen zielgerichtet suchen, finden und bewerten? Inhalte (im Internet) teilen oder nicht? Personen in Sozialen Netzwerken blockieren? Das und noch viel mehr können die Kinder aus Sicht der Eltern – alles eine Frage des Alters, versteht sich. 13 Prozent der Sechs- bis Neunjährigen und 48 Prozent der Zehn- bis 13-Jährigen dürfen selbst bestimmen, welche Apps sie auf dem Smartphone/Tablet nutzen.

Zeitschriften genießen mit Abstand die größte Akzeptanz, gefolgt von Fernsehen. 81 Prozent der Eltern von Vier- bis 13-Jährigen sagen, aus Zeitschriften könne ihr Kind etwas lernen, 72 Prozent halten sie für eine sinnvolle Beschäftigung. Das Fernsehen wird von Eltern geschätzt, weil es das Kind auf wichtige Themen aufmerksam mache. Aus der Akzeptanz erwachsen Freiräume: Mehr als die Hälfte der Sechs- bis Neunjährigen darf beispielsweise selbst bestimmen, welche Bücher oder Zeitschriften sie lesen, bei den Zehn bis 13-Jährigen sind es sogar 86 Prozent. Selbstbestimmt Fernsehen dürfen bei den Vier- und Fünfjährigen 11 Prozent, bei den Sechs- bis Neunjährigen 29 Prozent und bei den Zehn- bis 13-Jährigen 65 Prozent.

Kinder lieben es klassisch

Zuschauen, zuhören, lesen – die Medienwelt der Kinder lässt keinen Kanal aus. Dabei stehen allerdings die klassischen Medien, TV und Zeitschriften weiterhin ganz oben in der Favoritenliste. In allen Altersgruppen nutzt ein Großteil der Kinder das lineare Fernsehprogramm: 80 Prozent der Vier- bis 13-Jährigen sehen mindestens mehrmals pro Woche Serien, Filme und Videos genau dann, wenn sie gerade im Fernsehen laufen. Mit zunehmendem Alter wächst das Interesse an YouTube und Streamingdiensten. Mediatheken oder Apps von Fernsehsendern nutzen 33 Prozent der Kinder. 84 Prozent nutzen Audio-Angebote wie Musik, (Kinder-)Radiosendungen, Hörspiele und -bücher oder Podcasts.

Zeitschriften nehmen eine besondere Rolle im Leben der Kinder ein

75 Prozent greifen mehrmals pro Woche zu Büchern, Zeitschriften, Magazinen oder Comics. 72 Prozent von ihnen schätzen das haptische Vergnügen des Blätterns, elektronische Geräte spielen kaum eine Rolle. Gelesen wird sehr intensiv und aufmerksam: 88 Prozent lesen/blättern die Zeitschriften meist vollständig durch, ebenfalls 88 Prozent lesen/blättern in den Zeitschriften immer mal wieder. Zeitschriften sind wertvoll und verbinden: 75 Prozent bewahren ihre Zeitschriften auf, 78 Prozent lesen zusammen mit anderen.

Zeitschriften genießen eine hohe Aufmerksamkeit: Wenn Kinder Zeitschriften lesen, hören oder schauen 77 Prozent nebenbei keine anderen Sachen.

Kinderzeitschriften haben eine breite Leserschaft: 4,8 Millionen der Vier- bis 13-Jährigen lesen mindestens eine der ausgewiesenen Zeitschriften. Darüber hinaus erreichen diese mindestens auch 5,8 Millionen Elternteile. Dabei lesen Eltern bei Weitem nicht nur bei den Kleinsten mit. Bei den Zehn- bis 13-Jährigen liegt der Anteil mitlesender Eltern bei 67 Prozent. Auch von ihnen bekommen Zeitschriften übrigens Bestnoten: So halten 72 Prozent der befragten Mütter und Väter das Lesen von Magazinen für eine sinnvolle Beschäftigung ihrer Kinder. 81 Prozent meinen, ihre Kinder können dabei etwas lernen. 73 Prozent schätzen an Zeitschriften, dass sie die Fantasie und Kreativität ihrer Kinder anregen.

Nichts geht über das persönliche Gespräch

Die Relevanz von Kommunikation per App steigt mit zunehmendem Alter. Dennoch suchen Kinder das persönliche Gespräch – physisch und am Telefon. Dass Kinder miteinander reden, wenn sie sich sehen, versteht sich von selbst. Interessant ist, dass das gesprochene Wort auch am Telefon die Videotelefonie schlägt: 89 Prozent der Kinder zwischen sechs und 13 Jahren telefonieren, ohne sich zu sehen, 60 Prozent telefonieren „face to face“.

Und in der Freizeit steht Toben an der frischen Luft für 78 Prozent und die gemeinsame Zeit mit Freunden für 75 Prozent der Kinder mehrmals in der Woche auf dem Programm.

Engagement und Umweltbewusstsein im Kinderzimmer

Umweltbewusstsein entsteht in den Kinderzimmern. Die Kids entwickeln schon früh ein Gespür für die großen ökologischen und sozialen Fragen. Das Interesse ist groß und auch das Bedürfnis, einen eigenen Beitrag zu einer lebenswerten Welt zu leisten. So machen sich 59 Prozent der sechs- bis 13-jährigen Kinder Sorgen wegen des Klimawandels (46 Prozent der Sechs- bis Neunjährigen, 71 Prozent der Zehn- bis 13-Jährigen). Besonders Nachhaltigkeit ist ein Thema, das die Kinder bewegt und das sie mitgestalten wollen: 36 % setzen sich für den Klimaschutz ein (25 Prozent der Sechs- bis Neunjährigen, 47 Prozent der Zehn- bis 13-Jährigen), 51 Prozent finden es wichtig, dass Dinge wie Kleidung oder Spielzeug wiederverwendet/recycelt werden können (46 Prozent der Sechs- bis Neunjährigen, 56 Prozent der Zehn- bis 13-Jährigen), 76 Prozent achten auf richtige Mülltrennung (71 Prozent der Sechs- bis Neunjährigen, 81 Prozent der Zehn- bis 13-Jährigen). Kinder werden in dieser Haltung ernst genommen und genießen mit zunehmendem Alter großes Vertrauen ihrer Eltern: Nach Medien und dem eigenen Partner sind Kinder die wichtigste Einflussquelle für die Eltern. Kinder sind Entscheider, die viel mit- und selbstbestimmen dürfen.

Federführend realisiert wurde die Analyse vom Bremer Marktforschungsunternehmen Immediate. Der Kinder Medien Monitor 2021 ist eine Reichweitenstudie gemäß ZAW-Rahmenschema. Befragt wurden 2.046 Kinder im Alter von sechs bis 13 Jahren in Doppelinterviews gemeinsam mit einem Erziehungsberechtigten sowie 526 Erziehungsberechtigte für die Vier- bis Fünfjährigen. Zeitraum der Erhebung: 16.02. bis 31.03.2021.