Report zur Mediensucht und exzessiven Mediennutzung

Der Kinderreport 2021 des Deutschen Kinderhilfswerkes ist da – gratis zum Download:

Ein Großteil der Bevölkerung in Deutschland fordert umfangreiche Maßnahmen, um Mediensucht und zu viel Mediennutzung von Kindern und Jugendlichen in der Freizeit entgegenzuwirken. Weitgehend einig sind sich Kinder, Jugendliche und Erwachsene laut einer repräsentativen Umfrage darin, das Thema Mediensucht an Schulen zu behandeln. Gemeinsam fordern sie auch, dass Medien, die süchtig machen können, entsprechend gekennzeichnet werden. Auch müssten Eltern stärker über das Thema Mediensucht informiert und Therapie- sowie Beratungsangebote ausgebaut werden. All das findest sich im aktuellen Kinderreport des Deutschen Kinderhilfswerks, der eben vorgestellt wurde.

Alle müssen Mediensucht entgegenwirken

Fast alle befragten Kinder und Jugendlichen sowie Erwachsenen sehen Familien und Eltern in der Verantwortung, um Mediensucht entgegenzuwirken. Eine sehr große Mehrheit sieht hier auch die Nutzerinnen und Nutzer selbst verantwortlich. Aber auch entsprechenden Medienanbieter, wie etwa Facebook, Instagram oder Onlinespiele-Anbieter sollen hier mitwirken.

Das sind die zentralen Ergebnisse einer repräsentativen Umfrage des Politikforschungsinstituts Kantar Public im Auftrag des Deutschen Kinderhilfswerkes für den Kinderreport 2021, den der Präsident des Deutschen Kinderhilfswerkes, Thomas Krüger, und die Staatssekretärin im Bundesfamilienministerium Juliane Seifert eben in Berlin vorstellten.

Professionelle Beratung dringend nötig

„So wie die Mediennutzungszeiten von Kindern und Jugendlichen steigen, nehmen auch die Debattenbeiträge und Warnungen vor Mediensucht bei Kindern zu. Statt Panikmache ist Kindern und Jugendlichen aber mehr durch eine kinderrechtlich ausgewogene Debatte darüber geholfen, wann eine Mediennutzung nicht mehr als gesund gelten kann und welche Hilfestellungen für junge Menschen und Familien notwendig sind. Die Ergebnisse des Kinderreports 2021 zeigen sehr deutlich, dass professionelle Beratung und Hilfe zum Thema Mediensucht dringend benötigt werden.“, betont Thomas Krüger, Präsident des Deutschen Kinderhilfswerkes.

Digitale Teilhabe aber auch gesundes Aufwachsen ermöglichen

Staatssekretärin im Bundesfamilienministerium Juliane Seifert: „Es kann nicht allein Aufgabe der Eltern sein, ihre Kinder vor exzessiver Mediennutzung zu schützen. Anbietern kommt hier eine besondere Verantwortung zu. Mit dem neuen Jugendschutzgesetz sind sie erstmals zu wirksamen Vorsorgemaßnahmen verpflichtet. Konkret können das beispielsweise Altersbeschränkungen bei Angeboten mit Suchtrisiken, der Verzicht auf Lootboxen oder technische Voreinstellungen für begrenzte Nutzungszeiten sein. Die neue Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz wird dazu gemeinsam mit der Wissenschaft, Fachstellen und Unternehmen neue verbindliche Standards entwickeln und Orientierung ermöglichen. Mit den neuen Regelungen sorgen wir sowohl für Teilhabe von Kindern und Jugendlichen am digitalen Zeitalter als auch für ihr gesundes Aufwachsen mit modernen Medien.“

Ausgewählte Ergebnisse der repräsentativen Umfrage für den Kinderreport 2021 im Einzelnen

  • Erwachsene und Kinder bzw. Jugendliche haben ein erstaunlich ähnliches Verständnis von Mediensucht. Als hauptsächliche Anzeichen für Mediensucht werden mit 92 bzw. 88 % der Verlust von Kontrolle über das eigene Medienverhalten sowie mit 91 bzw. 86 % die Vernachlässigung anderer Lebensbereiche (Arbeit, Schule) zugunsten der Mediennutzung angesehen.
  • Die Hälfte aller Kinder und Jugendlichen gibt an, dass sie selbst oder Freunde in ihrem Umfeld Erfahrungen mit Mediensucht gemacht haben.
  • Eine deutliche Mehrheit der Kinder und Jugendlichen und Erwachsenen wünscht sich eine stärkere Aufklärung über Mediensucht in der Schule (90 bzw. 95 %).
  • Ein komplettes Verbot von Smartphones für Kinder unter 14 Jahren wird nur von einem geringeren Anteil der befragten Kinder und Erwachsenen befürwortet (17 bzw. 20 %).
  • Ein akutes Defizit wird in der Verfügbarkeit von Beratungs- und Hilfsangeboten für betroffene Kinder und ihre Familien ausgemacht (77 bzw. 82 %).
  • Eine Hauptverantwortung zur Vermeidung bzw. Eindämmung von Mediensucht sehen die Befragten neben der Familie (94 bzw. 93 %) und den Nutzerinnen und Nutzern selbst (jeweils 90 %) vor allem bei den Anbietern von Medienangeboten (80 bzw. 81 %).

Für den Kinderreport 2021 des Deutschen Kinderhilfswerkes führte das Politikforschungsinstitut Kantar Public zwei Umfragen, eine unter Kindern und Jugendlichen (10- bis 17-Jährige) und eine unter Erwachsenen (ab 18-Jährige), in Deutschland durch. Befragt wurden insgesamt 1.692 Personen, davon 669 Kinder und Jugendliche sowie 1.023 Erwachsene. Die Befragungen wurden online unter Nutzung eines Access-Panels (Kinder und Jugendliche) sowie mittels computergestützter Telefoninterviews (Erwachsene) durchgeführt. Die Fragen wurden Kindern und Jugendlichen sowie Erwachsenen gleichermaßen gestellt, allerdings wurde den Kindern und Jugendlichen ein Fragebogen mit Formulierungen vorgelegt, die der Altersgruppe angepasst worden waren. Die Fehlertoleranz der Umfrage bei den Kindern und Jugendlichen liegt mit 95-prozentiger Wahrscheinlichkeit bei unter 1,7 (bei einem Anteilswert von 5 Prozent) bzw. 4,0 Prozentpunkten (bei einem Anteilswert von 50 Prozent), die bei den Erwachsenen bei unter 1,4 (bei einem Anteilswert von 5 Prozent) bzw. 3,1 Prozentpunkten (bei einem Anteilswert von 50 Prozent).

Der Kinderreport 2021 des Deutschen Kinderhilfswerkes, die Ergebnisse der repräsentativen Umfrage für den Kinderreport 2021 und eine Zusammenfassung des Kinderreports 2021 können unter www.dkhw.de/Kinderreport2021 heruntergeladen werden.




„Kindergrundsicherung gehört in jedes Wahlprogramm“

Das Bündnis Kindergrundsicherung legt erweitertes Konzept vor

Das Bündnis Kndergrundsicherung legt sein erweitertes Konzept vor und bekräftigt damit im Bundestagswahljahr die Forderung nach einer bedarfs- und sozial gerechten sowie unbürokratischen Kindergrundsicherung. Die Kinderarmut ist unverändert auf einem zu hohen Niveau, gleichzeitig steht zu befürchten, dass die Pandemie die Lage verschärft. Deshalb macht das Bündnis klar: Ein durchdachtes Konzept einer Kindergrundsicherung ist Maßstab für jedes Wahlprogramm.

Kinderarmut nach wie vor sehr hoch

„Wir haben unser Konzept noch einmal überarbeitet und bringen dieses in die Diskussion ein. Wir gehen von einem realistisch und juristisch einwandfrei berechneten kindlichen Existenzminimum aus, bündeln neben dem Kinderregelsatz, Kindergeld und Kinderzuschlag auch den Kinderfreibetrag, um unbürokratisch jedem Kind Leistungen unmittelbar zur Verfügung zu stellen; verbunden mit einem Sozialfaktor, der mit steigendem Einkommen den Kindergrundsicherungsbetrag linear abschmelzen lässt. Damit ist offengelegt, wie eine Kindergrundsicherung sozial gerecht funktionieren kann“, erklärt dazu Professor Jens M. Schubert, Sprecher des Bündnisses und Vorsitzender der Arbeiterwohlfahrt (AWO).

Bisher haben SPD, Bündnis 90/Die Grünen und die Linke konkrete Konzepte für eine Kindergrundsicherung vorgelegt, die FDP fordert ein Kinderchancengeld. „Für uns ist der Hintergrund und Auftrag glasklar: Die hohe Kinderarmut in Deutschland muss beendet werden. Deshalb gehört eine sozial gerechte Kindergrundsicherung in jedes Wahlprogramm“, so Schubert.

Weitere Verschärfung durch Pandemie

Das Bündnis befürchtet durch die pandemische Situation eine weitere Verschärfung der Kinderarmut. „Kinder und Jugendliche sind die großen Verlierer dieser Pandemie. Alle mussten auf so viel verzichten, was sonst zu einem unbeschwerten Aufwachsen dazugehört: Vom Kindergeburtstag bis zum Trainieren im Sportverein. Wenn in Deutschland bald wieder mehr Normalität einkehrt, werden aber viele arme Kinder weiterhin auf vieles verzichten müssen, was auch für sie normal sein sollte. Nur weil ihnen das Geld zur Teilhabe fehlt“, so Heinz Hilgers, Bündnis-Koordinator und Präsident des Kinderschutzbundes. „Um Teilhabe für alle Kinder zu gewährleisten, brauchen wir eine Kindergrundsicherung, die ihren Namen auch wirklich verdient. Denn nur so können wir wirklich einen Beitrag zur Verminderung der Kinderarmut leisten“, so Hilgers weiter.

Das Bündnis

Das Bündnis Kindergrundsicherung setzt sich seit 2009 mit einer wachsenden Zahl von Mitgliedsverbänden für einen Systemwechsel in der Kinder- und Familienförderung und für eine monatliche Kindergrundsicherung ein, die die bisherigen Leistungen bündelt und das kindliche Existenzminimum einfach und direkt sichert.

Weitere Informationen zum Bündnis Kindergrundsicherung sowie unser aktualisiertes Konzept finden Sie auf www.kinderarmut-hat-folgen.de.




„Das Paket ist in der Gesamtschau eher ein schlechter Witz“

Deutsches Kinderhilfswerk kritisiert „Corona-Aufholpaket“ für Kinder als völlig unzureichend

Das Deutsche Kinderhilfswerk (DKHW) kritisiert das von der Bundesregierung geplante „Corona-Aufholpaket“ für Kinder und Jugendliche als völlig unzureichend. „Natürlich hört sich ein Zwei-Milliarden-Programm erst einmal gut an, aber im Endeffekt werden damit weniger als 150 Euro pro Kind in die Hand genommen. Das wird bei Weitem nicht ausreichen, um auch nur annähernd die Bedarfe der Kinder und Jugendlichen zur Bewältigung der Corona-Pandemie zu decken… Und wenn dann die Hälfte des Geldes unter Einbeziehung kommerzieller Nachhilfeeinrichtungen für die Kompensation der Versäumnisse der Schulen eingesetzt werden soll, ist das Paket in der Gesamtschau eher ein schlechter Witz…“, betont Thomas Krüger, Präsident des DKHW.

Nachhaltige und effiziente Maßnahmen gefordert

„Das ‚Corona-Aufholpaket‘ ist im Endeffekt die Fortsetzung des leeren Versprechens ‚Schulen und Kitas zuerst‘, von dem nicht mehr viel übriggeblieben ist. Die vielerorts dramatischen Berichte aus Kinder- und Jugendarztpraxen, aus der Kinder- und Jugendpsychiatrie oder aus Kinderhäusern zeigen ganz deutlich, dass sowohl Ängste, Vereinsamung, Unsicherheiten und Depressionen bei Kindern und Jugendlichen als auch innerfamiliäre Konflikte deutlich zugenommen haben. Mit warmen Worten und einem halbherzigen Programm ist den Kindern und Jugendlichen in Deutschland nicht geholfen, notwendig sind nachhaltige und effiziente Maßnahmen zur Stärkung des Bildungswesens und der Jugendhilfe“, so Krüger weiter.

Orientierung an den Bedürfnissen der Kinder

„Es muss sichergestellt werden, dass das ‚Corona-Aufholpaket‘ nicht an den Bedarfen der Kinder und Jugendlichen vorbeigeplant wird. Das kann am besten gelingen, wenn die wesentlichen Akteure der Kinder- und Jugendhilfe ebenso wie die Kinder und Jugendlichen selbst auf einem ‚Corona-Kindergipfel‘ über die notwendigen Weichenstellungen zur Bewältigung der Corona-Pandemie diskutieren und mitentscheiden. Bei allen Maßnahmen, die jetzt auf den Weg gebracht werden, muss aus Sicht des Deutschen Kinderhilfswerkes klar sein, dass Kinder und Jugendliche als ‚ganze Menschen‘ und als umfassende Persönlichkeiten betrachtet und nicht auf ihr Dasein als Schülerinnen und Schüler reduziert werden dürfen. Insgesamt müssen wir insbesondere die Kinder und Jugendlichen in den Blick nehmen, die egal aus welchen Gründen, vergleichsweise schlecht durch die Corona-Pandemie kommen. Fördermaßnahmen mit der Gießkanne sind hier der falsche Weg. Niedrigschwellige Beratung-, Hilfs und Unterstützungsangebote für junge Menschen in persönlichen Problemlagen müssen ausgebaut werden“, so Krüger.




Wohin mit der Wut?

Sibylle Rieckhoff: Kommissar Maus löst jeden Fall: Alarmstufe Wut

Chaos im Kinderzimmer! Alle Bausteine liegen verstreut, die Puzzleteile auch, Emma schreit wie am Spieß und Paul hat sich unter dem Bett verkrochen. Klassische Polizeirecherche führt Kommissar Maus zu folgendem zu konstatierendem Sachverhalt: Emma ist wütend. Ist einfach ausgerastet. Aber schon ziemlich lange. Auf der schnell hervorgezauberten Wutmessanzeige steht der Zeiger auf mega-wütend. Also voll rot, roter geht’s gar nicht.

Was steckt dahinter? Hier forscht der Kommissar nicht etwa in der Familiengeschichte oder bei Erlebnissen des Tages, die Emmas Emotion erklären könnten. Nein, die Zwerge sind an der Arbeit. Der Glückszwerg ist sauer geworden, der Wutzwerg hat sich eingeklinkt und das Kommando übernommen. Eine wunderbar einfache Erklärung, die dem Kind hilft. Denn es nimmt die Schuld. Wen die Zwerge am Rumoren sind, ist das Kind an sich nicht böse oder schlecht. Eine sehr wichtige Botschaft!

Aber alles kaputt hauen geht natürlich nicht! Also müssen Regeln her. Die Ampel (gelb gibt es allerdings nicht) zeigt, was erlaubt ist und was nicht. Woraufhin Emma und Paul voll erlaubt ihre Emotionen an Sofakissen rauslassen. Kissenschlacht! Danach sind sie wieder gut drauf, vertragen sich und spielen miteinander.

Hmm. Ganz so einfach ist es meist nicht mit der Wut, dem Rauslassen derselben, dem Vertragen und der Ursachenforschung. Was implizit deutlich wird: Wer sich daneben benimmt, wer uns ärgert, nervt und stört, braucht Zuwendung. Und die gibt Emma Kommissar Maus. Und er zeigt eine sehr erwachsene Seite: Er übernimmt das Kommando, sagt, was geht und was nicht. Das ist es, was der Elternjob ist: Leitwolf sein, so hat es der dänische Erziehungsexperte Jesper Juul genannt. Mit Zuwendung Orientierung geben. Dann hat die Wut einen Rahmen, in dem sie sein darf und alle anderen sind geschützt. Aufgeräumt werden muss hinterher natürlich trotzdem…

Dieses Buch hilft in Kita und Familie, gemeinsam Regeln für den Umgang mit „negativen“ Emotionen zu finden. Wobei die „Wutpolizei“ nicht zum Denunzieren auffordern und die Regeln in den Mittelpunkt stellen sollte. Denn die Zuwendung ist mindestens genauso wichtig.

Ralf Ruhl

Bibliographie

Sibylle Rieckhoff
Kommissar Maus löst jeden Fall: Alarmstufe Wut!
Ab 3 Jahren
Hardcover, 32 Seiten
ISBN 978-3-86914-316-3
Euro 12,95

Mehr zum Buch




Wie Sie Ihr Kind vor Falschnachrichten schützen

EU-Initiative Klicksafe unterstützt Eltern mit Informationen und Tipps

Ob Homeschooling oder virtueller Freizeit-Ersatz: Noch nie waren Kinder und Jugendliche so viel online wie zur Zeit der Corona-Pandemie. Gleichzeitig hat die Verbreitung von Desinformation und extremistischer Propaganda im Internet stark zugenommen. Die EU-Initiative klicksafe will Familien helfen, Inhalte richtig einzuschätzen und kompetent auf sie zu reagieren. Dafür bietet sie neues Informationsmaterial, praktische Tipps und Hintergrundwissen.

Falschmeldungen thematisieren

Falschmeldungen sind den meisten Jugendlichen (86 %) schon einmal online begegnet – das zeigt eine aktuelle, von klicksafe beauftragte forsa-Umfrage unter jungen Menschen im Alter von 14 bis 24 Jahren. Dass Desinformation eine Gefahr für die Gesellschaft sein kann, ist einer ebenso großen Mehrheit (90 %) bewusst. Dennoch glaubt ein Viertel (25 %) der Befragten nicht, gefälschte Nachrichten stets sicher von echten unterscheiden zu können. Rund ein Drittel (31 %) schätzt, dass ihnen die Einordnung leichter fallen würde, wenn Falschmeldungen im persönlichen Umfeld thematisiert würden.

Jede Menge Infomaterial

Insbesondere Eltern kann die EU-Initiative klicksafe dabei künftig noch stärker unterstützen. Aktuell beantworten die Expert:innen von klicksafe auf dem Facebook-Kanal (www.facebook.com/klicksafe) häufige Elternfragen unter anderem zu Falschnachrichten, Social Bots und Deep Fakes. Auf www.klicksafe.de/desinformation finden Eltern außerdem noch mehr Informationen, eine Familien-Checkliste zum Umgang mit Desinformation und Verschwörungsideologien, die klicksafe-Broschüre „Vertraust du noch oder checkst du schon?“ und weiteres ausführliches Hintergrundmaterial. So sehen sie mit wenigen Klicks, welches Wissen und welche Kompetenzen sie ihren Kindern vermitteln sollten und worüber sie vielleicht selbst noch mehr erfahren können.

Desinformation: Persönliche und gesellschaftliche Gefahr

Zum selbstbestimmten und sicheren Umgang mit dem Internet gehört, sich der Schattenseiten des Mediums bewusst und gegen sie gewappnet zu sein. Dass von der Verbreitung falscher Nachrichten tatsächlich eine Gefahr für die Gesellschaft ausgeht – in Form von allgemeiner Verunsicherung bis hin zur Panik, aber auch ganz konkret als Hass, Hetze, Ausgrenzung, Diskriminierung und reale Gewalt –, glauben nahezu alle (90 %) der von forsa befragten Jugendlichen.

Gefahr für die Demokratie

Zwei Drittel (68 %) sind zudem der Meinung, die gezielte Verbreitung gefälschter Nachrichten könne die Demokratie gefährden, zum Beispiel, indem sie anfällig für extremistische Propaganda macht. Die jüngst veröffentlichte JIM-Studie 2020 zum Medienumgang von 12- bis 19-Jährigen belegt, dass auch diese Bedrohung ganz real ist: 45 % bzw. 43 % der Befragten sind in letzter Zeit auf extreme politische Ansichten bzw. Verschwörungserzählungen beim Surfen gestoßen. Insbesondere jüngere Jugendliche berichten deutlich häufiger von solchen Inhalten.

Fast jeder Dritte schon mal selbst betroffen

Dass Falschinformationen auch ganz persönlich zur Gefahr werden können, zeigt dieselbe Studie ebenfalls auf. Denn 29 % der Jugendlichen gaben an, dass schon mal beleidigende oder falsche Äußerungen über sie im Netz verbreitet wurden – rund 10 % mehr als in den Jahren zuvor. Hier zeigt die Verlagerung des „Corona-Alltags“ ins Internet offenbar eine deutliche Wirkung.

Die Expertinnen und Experten von klicksafe raten, mit online verbreiteten Informationen generell achtsam umzugehen, Aussagen, Bilder, Videos und Quellen möglichst sorgsam zu prüfen und nicht durch übereifriges Weiterleiten zur Verbreitung von Falschnachrichten beizutragen. Weitere Hinweise stehen auf www.klicksafe.de/desinformation bereit.




Im Frühjahr haben die SchülerInnen weniger gelernt

Info-Institut: Kinder haben nur 4,3 Stunden am Tag mit schulischen Tätigkeiten verbracht

Die deutschen Schulkinder haben im Corona-Lockdown Anfang 2021 im Schnitt nur 4,3 Stunden am Tag mit schulischen Tätigkeiten verbracht. Das ist zwar eine knappe Dreiviertelstunde mehr als während der ersten Schulschließungen im Frühjahr 2020. Aber immer noch drei Stunden weniger als an einem üblichen Schultag vor Corona. Das geht aus einer Befragung des ifo Instituts unter 2122 Eltern hervor.

Extreme Belastung für die Lernentwicklung

„Besonders bedenklich ist, dass 23 Prozent der Kinder sich nicht mehr als zwei Stunden am Tag mit der Schule beschäftigt haben“, sagt der Leiter des ifo Zentrums für Bildungsökonomik, Ludger Wößmann. „Die Coronakrise ist eine extreme Belastung für die Lernentwicklung und die soziale Situation vieler Kinder.“

Die Schulkinder haben täglich mehr Zeit mit Fernsehen, Computerspielen und Handy (4,6 Stunden) verbracht als mit dem Lernen für die Schule. 26 Prozent der Schüler*innen hatten täglich gemeinsamen Unterricht für die ganze Klasse, zum Beispiel per Video. Aber 39 Prozent hatten dies nur maximal einmal pro Woche. 56 Prozent der Eltern denken, dass ihr Kind pro Stunde zu Hause weniger lernt als im regulären Unterricht in der Schule, 22 Prozent sind vom Gegenteil überzeugt. 21 Prozent der Schüler*innen nahmen seit den ersten Schließungen an Maßnahmen wie Förder- oder Nachhilfeunterricht oder Ferienkursen teil.

Und natürlich fehlen die FreundInnen

Leistungsschwächere Schülerinnen und Schüler sowie Nicht-Akademikerkinder haben zu Hause deutlich weniger effektiv und konzentriert gelernt. Die große Mehrzahl der Schulkinder hat zu Hause Zugang zu Computer und Internet. Für die Hälfte der Kinder aber war die Situation während der Schulschließungen eine große psychische Belastung – deutlich mehr als während der ersten Schließungen (38 Prozent). Ein knappes Drittel (31 Prozent der Eltern berichten, ihr Kind habe während der Corona-Pandemie wegen Bewegungsmangel an Körpergewicht zugenommen. Für 76 Prozent der Kinder war es eine große Belastung, nicht wie gewohnt Freunde treffen zu können. Aber es gibt auch positive Aspekte: Die Mehrheit der Eltern gibt an, dass ihr Kind durch die Schulschließungen gelernt hat, sich eigenständig Unterrichtsstoff zu erarbeiten (56 Prozent) und mit digitalen Techniken besser umzugehen (66 Prozent).

Quelle: Ifo-Institut




Mehrheit der Jugend fürchtet um berufliche Zukunft

Studie der Bertelsmann-Stiftung: Die Corona Krise führt zu zunehmender Verunsicherung

Die Corona-Krise führt zu einer wachsenden Verunsicherung junger Menschen im Hinblick auf die Situation am Ausbildungsmarkt. 71 Prozent aller Befragten – das sind 10 Prozent mehr als im Vorjahr – sind der Ansicht, dass sich die Chancen auf einen Ausbildungsplatz durch Corona verschlechtert haben. Bei Jugendlichen mit niedriger Schulbildung sind es sogar 78 Prozent. Für zukünftige Studierende sieht es deutlich besser aus: Weniger als ein Viertel (24 Prozent) aller Befragten glaubt, die Chancen auf einen Studienplatz seien durch Corona beeinträchtigt. Zu diesen Ergebnissen kommt die zweite Ausgabe einer repräsentativen Befragung von iconkids & youth im Auftrag der Bertelsmann Stiftung im Frühjahr 2021.  

Kaum Vertrauen in die Politik

Die Unterschiede in der Beurteilung der Zukunft sind nachvollziehbar, sagt Jörg Dräger, Vorstandsmitglied der Bertelsmann Stiftung: „Wer das Abitur hat, besitzt quasi eine Studiengarantie. Jugendliche mit niedrigeren Schulabschlüssen lassen wir in Krisenzeiten allein. Das ist nicht gerecht.“ 

53 Prozent der Jugendlichen haben den Eindruck, die Politik tue wenig oder gar nichts für Ausbildungsplatzsuchende. Das sind noch einmal drei Prozent mehr als bei der Befragung im August vergangenen Jahres. Weitere 20 Prozent sagen, dass die Politik zwar eher viel tue, aber noch immer nicht genug. „Wir müssen jedem jungen Menschen eine Ausbildungsperspektive geben, gerade in der Krise“, fordert Dräger. Das sei eine Frage der Chancengerechtigkeit und diene der Fachkräftesicherung. „Jede Krise vernichtet dauerhaft Ausbildungsplätze. Das war 2008 so und wird auch jetzt wieder so sein. Ausbildungsprämien für Betriebe reichen leider nicht, um diese Entwicklung aufzuhalten. Wir brauchen eine Ausbildungsgarantie.“ 

Ausbildung nach wie vor sehr attraktiv für junge Menschen 

Das Interesse junger Menschen an einer Ausbildung ist auch im zweiten Corona-Jahr groß: 41 Prozent der 14- bis 20-Jährigen, die noch Schüler:innen einer allgemeinbildenden Schule sind, möchten auf jeden Fall eine Ausbildung machen. Weitere 36 Prozent sind noch unentschieden. Das bedeutet, dass fast vier Fünftel der Schüler:innen eine Ausbildung zumindest als Möglichkeit in Betracht ziehen. 

Jugendliche, die ihren Ausbildungsplatz schon angetreten oder bereits eine Zusage erhalten haben, sind mit ihrer Wahl höchst zufrieden: Mehr als 80 Prozent geben auf einer fünfstufigen Skala die beiden positivsten Bewertungen ab. Bemerkenswert ist, dass die Zufriedenheitsquote bei Jugendlichen mit niedriger Schulbildung mit 95 Prozent besonders hoch ist. „Das Potenzial der beruflichen Bildung ist nach wie vor sehr groß. Wir müssen alles daransetzen, dieses auch zu realisieren“, so Dräger. 

Berufsorientierung: Im Dschungel der Wegweiser 

Die große Mehrheit (79 Prozent) der Jugendlichen in Deutschland hält zwar das Informationsangebot zur Berufswahl insgesamt für ausreichend, allerdings beklagen 54 Prozent von ihnen, dass sie Schwierigkeiten haben, sich in der Fülle von Informationen zurechtzufinden. Was speziell das schulische Angebot zur Berufsorientierung betrifft, so schneiden Hauptschulen in den Einschätzungen der Schüler:innen besonders gut ab: 43 Prozent der Jugendlichen mit niedriger Schulbildung geben an, gut bis sehr gut über Berufe informiert zu sein. Umgekehrt zeigt sich die größte Unzufriedenheit bei den jungen Menschen mit hoher Schulbildung: Hier fühlen sich lediglich 23 Prozent gut bis sehr gut informiert und fast die Hälfte von ihnen (47 Prozent) hält sich für nicht so gut oder gar nicht gut informiert. 

Link zur vollständigen Studie




Fridays for Future setzt sich mit Klimaklage durch

Umwelt- und Klimaschutz bleibt für die Deutschen ein Top-Thema

Allen Pessimisten zum Trotz: Jugendliche können hierzulande doch einiges bewegen. Das zeigt das jüngste Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das eine Klage gegen das Klimaschutzgesetz der Bundesregierung angenommen hat. Diese haben unter anderem mehrere Fridays for Future Aktivistinnen und Aktivisten eingereicht. Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), die Deutschen Umwelthilfe (DUH) und Greenpeace haben die Klage unterstützt. Das BVerfG entschied, dass das deutsche Klimagesetz teilweise nicht mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Demnach muss die Bundesregierung engere Emissionsreduktionsziele ab 2030 vorlegen.

Recht auf Leben, Recht auf Zukunft

„Das Bundesverfassungsgericht bestätigt mit der Klimaklage, was die Naturwissenschaft seit Jahren zeigt: Aufschieben und unzureichende Klimaziele gefährden nicht nur die Natur, sondern unser Recht auf Leben und das Recht auf Zukunft. Das unter dem Protest von 1,4 Millionen Menschen beschlossene Klimapaket ist nicht ausreichend und muss sich jetzt ändern!” sagt dazu Line, Fridays for Future Aktivistin.

Anlässlich der Entscheidung fanden in Karlsruhe und Bonn spontane Aktionen statt. Klimaaktivistinnen und Aktivisten, die das Klimaschutzgesetz der Bundesregierung seit seinem Beschluss 2019 kritisieren, feiern die Entscheidung als Sieg für mehr Klimaschutz.

Große Mehrheit für einen sozial-ökologischen Wandel

Passend zum Urteil haben Bundesumweltministerin Svenja Schulze und der Präsident dem Umweltbundesamtes (UBA) eine repräsentative Bevölkerungsumfrage zum Umweltbewusstsein in Deutschland vor. Demnach halten 65 Prozent der Deutschen den Umwelt- und Klimaschutz für ein sehr wichtiges Thema – trotz Corona. Besonders der Klimaschutz bleibt während der Pandemie für 70 Prozent weiterhin genauso wichtig, für 16 Prozent ist er sogar wichtiger geworden. Handlungsbedarf sehen die Befragten vor allem bei Energie, Landwirtschaft und Verkehr.

Umbau in nachhaltige Wirtschaft

Die Befragungsergebnisse zeigen, dass es für einen sozial-ökologischen Wandel einen breiten Rückhalt in der Bevölkerung gibt. So ist eine deutliche Mehrheit von gut 80 Prozent dafür, dass Deutschland beim Klimaschutz international eine Vorreiterrolle einnimmt. Umwelt- und Klimaschutz sollten für rund 60 Prozent der Befragten in der Landwirtschaftspolitik eine größere Rolle spielen, etwa jeder und jede zweite sieht dies bei der Verkehrspolitik so. Sehr hoch ist die Zustimmung für den ökologischen Strukturwandel in Deutschland: Rund 90 Prozent der Befragten befürworten einen zügigen und zugleich sozialverträglichen Umbau zu einer nachhaltigen Wirtschaft.

Bundesumweltministerin Svenja Schulze: „Corona bestimmt seit mehr als einem Jahr unseren Alltag. Trotzdem ist und bleibt Umwelt- und Klimaschutz ein Top-Thema für die Menschen in Deutschland. Sie wollen Veränderungen und fordern diese auch konkret ein. Das macht Mut für die nächsten Jahre, in denen der Klimaschutz zu einer Richtschnur für nahezu alle Politikbereiche werden wird mit dem Ziel Deutschland klimaneutral zu machen. Die Mehrheit der Menschen sieht längst, dass Klimaschutz Arbeitsplätze schafft und unsere Wirtschaft wettbewerbsfähiger macht. Besonders interessant wird die Studie da, wo es konkret wird, etwa beim Tempolimit. Hier hat es im Vergleich zur letzten Befragung einen spürbaren Zuwachs gegeben hin zu einer breiten und klaren Mehrheit für ein Tempolimit von 130 km/h auf Autobahnen. Das wäre nicht nur gut fürs Klima⁠, sondern würde auch für mehr Sicherheit auf den Autobahnen sorgen.“

Großer Bedarf bei Landwirtschaft und Ernährung

Großen Handlungsbedarf sehen die Befragten bei Landwirtschaft und Ernährung. Bei den Feldern, wo etwas zu tun ist, liegen mit rund 90 Prozent die Verringerung von Verpackungsmüll und Lebensmittelabfällen an der Spitze. Auch das Tierwohl sollte stärkeres Gewicht bekommen. Zu mehr Umweltschutz bei der Lebensmittelversorgung und -herstellung gehört für die Mehrheit auch ein besseres Angebot an vegetarischen und veganen Produkten und Speisen in Kantinen und Gaststätten. Das wünschen sich knapp zwei Drittel der Befragten.

Hausaufgaben für die Politik sehen die Befragten auch bei der Mobilität. Etwa 90 Prozent der Befragten wünschen sich, dass das Fahren mit Bussen und Bahnen kostengünstiger und das Angebot ausgeweitet wird. Auch mehr Radwege und Fahrradstreifen finden mehrheitlich Zustimmung – ebenso ein Tempolimit auf Autobahnen, was rund 65 Prozent wollen.

Weichen für nachhaltige Zukunft jetzt stellen

Der Präsident des Umweltbundesamtes Dirk Messner: „Den Menschen in Deutschland ist sehr bewusst, dass ambitionierter Umwelt- und Klimaschutz letztlich die eigenen Lebensgrundlagen erhält. Diese Dekade ist entscheidend dafür, ob es uns gelingt, die Weichen für eine nachhaltige Zukunft richtig zu stellen. Wir sollten diese einmalige Gelegenheit, die sich jetzt bietet, nicht verstreichen lassen – zumal ein sozial-ökologischer Wandel nicht nur mehr Lebensqualität schafft, sondern auch die Wirtschaft belebt.“

Für die repräsentative Studie wurden im November und Dezember 2020 2.115 Bürger*innen ab 14 Jahren befragt. Die Befragung und Auswertung nahmen das Institut für angewandte Sozialwissenschaft (infas) und das Institut für sozial-ökologische Forschung (ISOE) vor. Anlässlich des 25-jährigen Jubiläums der Studie und der Umweltbewusstseinsforschung im Umweltressort wird auch ein Hintergrundpapier mit den wichtigsten Langzeit-Entwicklungen veröffentlicht.

Quellen: Fridays for Future und Umweltbundesamt