Runter vom Gas 3 – Abstrakte Zeichen und Symbole entdecken

Die echte, bunte, dreidimensionale Welt muss neben der Papierwelt der abstrakten Zeichen einen festen Platz im Unterrichtsvormittag haben

Im Verstand ist aber nichts, wenn es nicht vorher im Sinn gewesen ist. […] Da es nun gewöhnlich in den Schulen vernachlässigt wird und die Schüler einen Lernstoff vorgesetzt bekommen, der weder verstanden noch den Sinnen richtig präsentiert wird, kommt es dazu, dass die Arbeit des Lehrens und Lernens mühsam vorangeht und geringe Frucht trägt.

(Johann Amos Comenius, Orbis sensualium pictus, aus dem Vorwort der ersten Auflage 1658, aus dem Lateinischen übersetzt und neu herausgegeben von Uvius Fonticola, Frankfurt am Main 2012)

Die dreidimensionale Welt der Vorschulkinder

Im Kindergarten haben die Kinder – zumindest bisher noch – die Möglichkeit, sich mit echten Sachen zu beschäftigen. Es gibt eine Puppenecke, eine Bauecke, einen Sandkasten und viele echte, bunte Dinge, die man anfassen und bewegen kann, mit denen sich etwas machen lässt. Was diese Sachen bedeuten, ist intuitiv und ohne Unterricht zu verstehen: Ob es sich um eine Holzeisenbahn, Bauklötze, waren im Einkaufsladen, Puppen, Töpfe in der Puppenküche oder Stofftiere handelt: niemand muss den Kindern erklären, was sie da gerade vor sich haben. Zwar sind auch hier in den letzten Jahren vermehrt Bemühungen zu beobachten, den Kindern so früh wie möglich eine verschulte „Förderung“ zu verpassen, aber es gibt dort auch immer noch Gelegenheiten zum echten Spielen und damit auch zum echten Lernen durch Spielen.

Der Wechsel in die zweidimensionale Papierwelt der Schule

Dann treten die Kinder durch die Tür des Schulhauses in eine neue Welt, aufgeregt und voller großer Erwartungen. Für uns Lehrer bedeutet das die Herausforderung, diese großen Erwartungen nicht zu enttäuschen und die kleinen „Lern-Anwärter“ behutsam in die Welt der abstrakten Zeichen und Symbole einzuführen. Das gelingt am besten, wenn die echte, bunte, dreidimensionale Welt neben der Papierwelt der abstrakten Zeichen ebenfalls einen festen Platz im Unterrichtsvormittag hat. Das zu bewerkstelligen, gibt es sowohl im Deutsch- als auch im Rechenunterricht viele Möglichkeiten (Siehe hierzu auch: Christina Buchner, So lernen alle Kinder rechnen, 2012, Weinheim und Basel; Christina Buchner, Lesen lernen mit links, 2022, Norderstedt).

Die Schulwirklichkeit sieht allerdings häufig so aus, dass bereits nach kurzer Zeit Ernüchterung einsetzt und die Kinder sich zwischen Langeweile einerseits und Überforderung andererseits bewegen.

Langeweile deshalb, weil etwa im Rechnen der behandelte Zahlenraum zunächst sehr klein ist, bis zehn, manchmal sogar nur bis 5, und in diesem kleinen Zahlenraum die immer gleichen Rechnungen geboten werden. Oder im Lesen deshalb, weil die Fibeltexte auf den ersten 30, 40 oder noch mehr Seiten jegliche Spannung vermissen lassen. Dazu kommen wir noch ausführlicher.

Überforderung aber deshalb, weil von Anfang an vorausgesetzt wird, dass die hochkomplexe Zeichensprache der Mathematik mit Plus, Minus, Ist-gleich, Größer und Kleiner (+ – = > <) auf Anhieb ebenso verstanden wird wie das abstrakte System unserer Buchstabenschrift.

Wir haben es hier mit einer klassischen Doppelbotschaft zu tun, also mit etwas, was nach allen Regeln der pädagogischen Kunst tunlichst vermieden werden sollte: Lernen ist langweilig und trotzdem verstehe ich es nicht richtig.

Lesen lernen – spannend von Anfang an

Fragst du ABC-Schützen, was sie in der Schule denn lernen wollen, dann steht bei den meisten an erster Stelle der Wunsch, lesen zu lernen. Dabei denken die Kinder sicher nicht an derart banale Pseudo-Geschichten wie:

Wenn der Leseunterricht so langweilig beginnt, dann bietet das für die meisten Kinder – davon bin ich überzeugt – nicht genügend Anreiz, um sich dafür besonders anzustrengen. Kinder leben in der Gegenwart. Das Argument, dass sie „später“ einmal ganz, ganz tolle Geschichten lesen können, wenn sie nur jetzt genügend Arbeit investieren, zieht nicht.

Kinder wollen es „jetzt“ schön haben. Und unsere pädagogische Kunst besteht darin, dieses „Jetzt“ attraktiv und kindgemäß zu gestalten und dennoch nicht auf konsequente, langfristige Arbeit zu verzichten.

Das Lagerfeuer-Gen – ein Erbe aus der Steinzeit

Das Erzählen von und die Freude an Geschichten sind uns Menschen eingeschrieben. Die großen Mythen der Menschheit wurden mündlich weitergegeben, lange bevor sie aufgeschrieben werden konnten. Aber das war sicher nicht alles, was am Lagerfeuer erzählt wurde. Die Anthropologin Polly Wiessner hat ein halbes Jahr lang das Leben von Buschmännern in der Kalahari erforscht und berichtet, dass am Abend auch spannende oder lustige Geschichten aus dem gemeinsamen Leben und aus der Vergangenheit erzählt werden. (https://www.tagesspiegel.de/wissen/lagerfeuer-trieb-kulturelle-evolution-voran-4391089.html)

Der Neurowissenschaftler Uri Hasson (https://www.google.com/search?client=firefox-b-d&q=Uri+Hasson+Princeton#fpstate=ive&vld=cid:42c84031,vid:CTsStZqxPwY,st:0) von der Universität Princeton hat Gehirnscans mit Magnetresonanztomografie (fMRT) gemacht, während Geschichten erzählt wurden und hat dabei festgestellt, dass beim Erzählen einer Geschichte, die bei den Zuhörern ankommt, die verschiedenen Gehirne die gleichen Muster zeigen, sozusagen im Gleichklang schwingen.

Wenn wir uns nun vorstellen, dass wir mit dem Geschichtenerzählen in der Schule sowohl die seit der Steinzeit vorhandene Lust an Geschichten als auch die wissenschaftlich belegte Stärkung der Gruppenkohäsion – etwas anderes ist der „Gleichklang der Gehirne“ ja nicht – nutzen können, so spricht doch überwältigend viel dafür, das auch zu tun.

Steinzeit meets Neuroscience

Damit sind wir wieder beim Lesen. Um es nochmal festzuhalten: Texte wie oben zitiert (Lisa! O Leo! … usw.) eignen sich hier ganz und gar nicht. Über die Banalität gängiger Fibeltexte urteilte Bruno Bettelheim schon vor vielen Jahren negativ, wobei er sich dabei auf amerikanische Fibeltexte bezog:

Inzwischen hat man mehrere Generationen amerikanischer Grundschulkinder um die Entdeckung betrogen, daß das Lesen die anregendste, lohnendste und sinnvollste Erfahrung ist, die die Schule zu bieten hat. Aber um den Schulanfängern dieses Erlebnis zu ermöglichen, müssen die Texte, aus denen das Kind lesen lernt, anregend, lohnend und vor allem sinnvoll sein. […] Es ist nicht nur so, daß die Geschichten, aus denen das Kind lesen lernen soll, nichts taugen – durch ihre belanglosen Sätze und ihre entsetzlich langweiligen Wiederholungen der gleichen wenigen Wörter regen sie das Kind nicht nur nicht an, sie verdummen es geradezu.

(Bruno Bettelheim, Kinder brauchen Bücher, München, 1985, S.251)

Neben den Forschungsergebnissen von Uri Hasson ist bereits seit den 60er Jahren des vorigen Jahrhunderts durch die Gehirnforschung noch etwas anderes und für das Lernen überaus Nützliches belegt: Die funktionelle Hemisphärenasymmetrie, für deren Nachweis Roger Sperry 1981 den Nobelpreis für Physiologie und Medizin erhielt. (Richard F. Thompson, Das Gehirn, Heidelberg, Berlin, Oxford, 1994, S. 32) Diese funktionelle Hemisphärenasymmetrie lässt die beiden Großhirnhälften zwar baugleich aussehen, aber ganz unterschiedlich funktionieren. Es lohnt sich für alle Lehrer, sich damit intensiv auseinanderzusetzen, denn diese Forschungsergebnisse können „wissenschaftlich“ erklären, warum manches so gut funktioniert, obwohl es weder besonders neu noch besonders fortschrittlich erscheinen mag.
Die Schlussfolgerung aus den Forschungsergebnissen Sperrys im Hinblick auf gutes und wirkungsvolles Unterrichten besagt nämlich nichts anderes als das, was Comenius bereits wusste und was jeder gute Lehrer in seiner pädagogischen Werkzeugkiste seit jeher als selbstverständliches Tool zur Verfügung haben sollte: Die Dinge landen dann gut und sicher im Gehirn unserer Schüler, wenn sie verknüpft sind mit Bildern, Geschichten, Reimen oder Liedern.

Wie aber kannst du vorgehen, wenn doch die Fibeln diese bunte Geschichtenwelt nicht hergeben? So schwierig ist das gar nicht. Du brauchst konkrete Vorschläge – die bekommst du – und die Bereitschaft, deine pädagogische Freiheit auch wirklich zu nutzen.

Der Leselehrgang, den ich dir jetzt vorstelle, verpflichtet dich didaktisch zu nichts: Du kannst völlig frei zwischen Fibel und den Möglichkeiten mit den Geschichten pendeln, du kannst dir eigene Geschichten ausdenken, wenn du eine Idee hast. Es geht eben gerade gar nicht darum, einen einzigen Weg einzuschlagen und dann unbedingt nur noch diesen Schritt für Schritt zu gehen, sondern du kannst alles, was hier vorgeschlagen wird, dazu benutzen, den Schulalltag bunter und anregender zu gestalten und zwar genauso, wie es dir richtig erscheint.

Eine bunte Geschichtenwelt

  • Kinder sollen für das Lesenlernen gewonnen werden. Ob das nun mit einzelnen Buchstaben oder mit Ganzwörtern geschieht, ist nachrangig, wenn es gelingt, zu erreichen, dass die Kinder wirklich wollen.
  • Das grundsätzliche Sich-Einlassen auf den Leselehrgang wird durch Geschichten gefördert, die den Kindern etwas bedeuten. Davon wirst du gleich einige Kostproben bekommen.
  • Wichtig ist, dass die Kinder sich Buchstaben merken und schnell benennen können. Die Benenngeschwindigkeit ist ein bedeutsamer Prädiktor für spätere Leseleistungen. 
    Damit Kinder vor allem in der ersten Phase des Leselernprozesses sich schnell an Buchstaben erinnern und sie somit auch schnell benennen können, gibt es zu den Geschichten ganz spezielle Bilder, die nicht einfach die Geschichte illustrieren, sondern den Helden der Geschichte so mit dem Bild verbinden, dass damit zwingend die Form des Buchstaben verbunden ist.
  • Die Übungsarbeit, die jeweils im Anschluss an das Kennenlernen eines Buchstaben erfolgt, geschieht mit Hilfe von Wortkarten, Buchstabengedichten, Lautgesten, Knetebuchstaben und einigem mehr. (Christina Buchner, Lesenlernen mit links … und rechts, gehirnfreundlich und ohne Stress, Norderstedt, 2023)
  • Wichtig ist, dass dafür genügend Zeit zur Verfügung steht. Pro Buchstabe eine ganze Woche gibt den Raum für viele Aktivitäten.
  • Zu den erzählten Geschichten gibt es dann die Texte der Buchstabengedichte, aber auch kurze Texte, die einen Bezug zur Geschichte haben. Diese Texte müssen am Anfang auch noch nicht gelesen werden können, aber mit ihnen kann – wenn die Lehrerin sie zunächst vorliest – trotzdem gearbeitet werden: Es können bereits bekannte Buchstaben und Kärtchenwörter gesucht werden.
    Bald können diese einfachen Texte dann auch „echt“ gelesen werden. Dass sie sehr einfach sind, stört nicht, nehmen sie doch Bezug auf eine Geschichte, die die Kinder anspricht.

Doch nun ist Schluss mit der Theorie, es geht konkret zur Sache.

Anton mit dem langen Arm

Zur Antongeschichte wurde ich angeregt durch Erich Kästners Gedicht von Arthur mit dem langen Arm. Dabei geht es um einen Jungen, der seine Schwester zum Zug bringt, ihr zum Abschied die Hand ans Abteilfenster reicht und dann nicht loslässt, als der Zug anrollt. Als die Notbremse gezogen wird, ist Arthurs Arm bereits 30 Meter lang.

Mit der Idee zu Anton wurden auch die Weichen für künftige Geschichten gestellt: Sie haben fast alle etwas Phantastisches, behandeln aber gleichwohl echte Kinderprobleme. Diese Mischung muss es wohl sein, warum die Geschichten seit vielen Jahren und in vielen verschiedenen Klassen – in Bayern, Südtirol, Österreich – bei den Kindern ankommen, wie mir Kolleginnen immer wieder bestätigen.

Das Problem, das Anton in meiner Geschichte hat, ist, dass er gerne schon richtig groß wäre, aber immer wieder von seiner Mama gesagt bekommt, für dies oder jenes sei er noch zu klein. Darüber muss er sich maßlos ärgern. Und an einem solchen Ärgertag wünscht er sich beim Einschlafen einen Arm, der so lang ist, dass er damit alles erreichen kann. Im Traum erscheint ihm ein Zauberer, der ihn fragt, ob denn dieser Wunsch wirklich ernst gemeint sei. Und Anton bejaht das und wacht am nächsten Tag wirklich mit einem riesenlangen Arm auf, der aus dem Bett über den Fußboden bis zu seiner Zimmertür reicht du sie blockiert, sodass die Mama zum Wecken gar nicht herein kann.

Nun verlebt Anton mit seinem monsterlangen Arm einen sehr traurigen Tag: Er kann gar nichts machen, nicht in den Kindergarten gehen und auch nicht richtig spielen.

Am Abend weint er sich ziemlich verzweifelt in den Schlaf. Doch zum Glück erscheint ihm wieder der Zauberer und fragt, ob er den Arm behalten wolle. „Nein, nein, bloß nicht!“, sagt Anton. Und wirklich, am nächsten Tag wacht er mit zwei ganz normalen Armen auf und ist überglücklich. Anton und seine Mama haben aber etwas gelernt aus der Geschichte: Die Mama sagt nicht immer gleich, er sei noch zu klein für dies oder jenes und Anton sieht ein, dass er eben manchmal wirklich noch zu klein für etwas ist.

Mit dieser Geschichte wird der Buchstabe A thematisiert. Es gibt dazu ein Bild von Anton:

Du siehst, dass im Anton das A steckt, das nun von den Kindern auf ihrem Arbeitsblatt kräftig eingezeichnet wird.

Die Buchstabenwoche – vielfältig und abwechslungsreich

Es gibt viele Möglichkeiten, sich mit dem aktuellen Buchstaben zu beschäftigen. Einige zähle ich hier kurz auf.

Das Buchstabengedicht

Es gibt zu jedem Buchstaben ein Lied oder ein Gedicht, hier ein Anton-Lied:

Mit Wortkarten können wir Wörter sammeln: Es wird von Anfang an das Abbauen geübt.

Zu jedem Buchstaben wird etwas gegessen:

Beim „A“ gibt es Ananas mit Sahne. Jeweils nach ca. 6 Wochen werden die verschiedenen Speisen für die Lesemappe in einer Speisekarte aufgelistet, die Kinder malen dazu, jedes hat seinen individuell gestalteten Speiseplan.

Großräumige Lautgesten zu jedem Buchstaben

So werden viele zusätzliche Neuronen aktiviert.

Wenn mehrere Buchstaben durchgenommen und die entsprechenden Lautgesten bekannt sind, können Wörter „geturnt“ werden.

Hier ein Beispiel:

Der aktuelle Buchstabe klebt mit Tesakrepp groß am Boden

Was riecht gut mit A?

Anis, Anisöl

Ein Wattebausch mit dem Duft getränkt kommt in ein kleines Schraubglas.

Übungstext

Der kleine Text steht an der Tafel und auf einem Arbeitsblatt. Die Lehrerin liest ihn vor. Es spielt keine Rolle, wenn die Kinder noch nicht mitlesen können.

Kärtchenwörter und der Buchstabe A a werden gesucht und markiert.

Arbeiten mit Knete

Die Knete hierfür mache ich selbst.

Hier ist das ultimative Kneterezept, geht gut in der Küchenmaschine:

Diese Knete ist weich und deshalb zum Buchstabenformen ideal geeignet. Zum Aufbewahren musst du sie in eine Plastiktüte oder eine Tupperdose geben, sonst wird sie hart.

Tipp: Jedes Kind kann seine eigene Knetedose mit Namen beschriftet haben, das erspart Stress.

Schreibübungen

Auf individuell erstellten Blättern:

Im Schwungheft:

Im unlinierten Heft:

Es gibt noch eine Reihe weiterer Möglichkeiten, aber einen Überblick konnte ich dir sicher verschaffen.
Du siehst, dass du sehr viel machen kannst, ohne auf fertige Übungshefte angewiesen zu sein.
Das verschafft dir Flexibilität und Freiheit und auch die Gelegenheit, den Kindern individuelle Übungsmöglichkeiten zu bieten.

Einige weitere Buchstabenfiguren

Diese möchte ich noch kurz vorstellen, damit du siehst, wie abwechslungsreich der Leselehrgang sein kann.

Roland

Hier siehst du Roland, den rasenden Rennfahrer. Er flitzt mit seinem Gokart so wild herum, dass ihn eines Tages ein Hinterrad überholt und dann aber glücklicherweise wieder an seinen Platz zurückrollt. Doch das mäßigt Roland in Zukunft beim Fahren.
Das R ist leicht zu erkennen.

Roland rennt wie wild umher, 
rennen freut ihn gar so sehr.
Es macht peng! Es macht krach!
Rollt das Rad dem Roland nach.

Dora Dussel

Dora Dussel ist eine total schusselige Ente, die so gar nicht zu den anderen Enten passt und immer abseits steht. Eines Tages findet sie ein Märchenbuch und der schlaue Rabe Korax bringt ihr das Lesen bei. Nun wollen alle Enten von Dora vorgelesen bekommen, sie gründet sogar eine Entenschule und ist nun der Star.

Das D steckt im Flügel der gerade gründelnden Dora.

Dora Dussel ist ein Schussel, schaut gern in die Luft,
Dora Dussel ist ein Schussel, hört nicht, wenn man ruft.
Aber eines schönen Tages wird die Dora schlau,
lernt das Lesen, lernt das Schreiben, alles ganz genau.
Ja, die Dussel-Schussel-Dora ist kein Dussel mehr!
Alle geh'n bei ihr zur Schule und das freut sie sehr!

Leo, das lustige Lama

Leo Lama lebt ganz alleine in einem Tiergehege. Immer, wenn jemand in seine Nähe kommt, spuckt Leo. Das findet sein Besitzer, der reiche Fabrikant Habersack, ziemlich unartig. Doch der kleine Benni findet heraus, warum Leo immer spuckt. Nun bekommt er einen Spielgefährten in sein Gehege und ist von da an ein richtig braves Lama.

Das L wird von Leos Hals und einem Teil des Rückens gebildet.

Seht nur, wie das Lama spuckt,
wenn es um die Ecke guckt.
Lieber Leo, spuck nicht mehr,
trau mich sonst ja gar nicht her!

Vom Entziffern zum echten Lesen

Je mehr Buchstaben die Kinder gelernt haben, desto wichtiger werden Übungen zum echten Lesen und zum Zusammenlesen. Dazu findest du in meinem Buch viele Anregungen (Christina Buchner, Norderstedt, 2023).

Doch dann, wenn die Kinder kurze Geschichten sinnerfassend lesen können, muss der letzte Teil des Leselehrgangs in Angriff genommen werden. Diesem letzten Teil wird an unseren Schulen so gut wie keine Aufmerksamkeit gewidmet. Wenn die Kinder „im Prinzip“ lesen können, gilt der Prozess in den meisten Klassen als abgeschlossen. Diejenigen Schüler, die aus einem bildungsorientierten Elternhaus kommen, werden dann in vielen Fällen die Lesepraxis, die nötig ist, um ein wirklich versierter Leser zu werden, sozusagen auf eigene Faust erwerben. Was aber ist mit den anderen Kindern, die dringend Anleitung und Kontrolle bräuchten?

Es hat ja einen Grund, dass bei uns von so vielen Seiten über die mangelnden Lesefähigkeiten der Schulabgänger – übrigens auch der Abiturienten! – geklagt wird. Die Schule könnte hier sehr segensreich wirken, wenn sie sich auf die nachhaltige und langfristige Arbeit einlassen würde, den Schülern das nötige Lesetraining zu verschaffen.

Ausdauer und Anstrengungsbereitschaft sind gefragt, um ein echter Leser zu werden.

Es ist eine wichtige und wunderbare Sache, den Kindern zu zeigen, dass es sich lohnt, das Lesen zu lernen und sich dafür auch anzustrengen. Die vielen schönen Übungsmöglichkeiten, von denen ich einige vorgestellt habe, bieten reichlich Gelegenheit, mit anderen Kindern zusammen aktiv zu sein. Das erzeugt gute Stimmung in der Klasse.

Doch es ist noch viel Arbeit nötig, bis der schulische Leselernprozess als abgeschlossen bezeichnet werden kann.

Für uns Lehrer ist es eine herausfordernde, aber auch beglückende Aufgabe, unsere Schüler gut durch das „Tal der Mühsal“ zu begleiten, sie zu ermutigen und ihre Erfolge sichtbar zu machen.

Ein nachhaltiger und langfristig angelegter Übungslehrgang ist für die Schule machbar. Ich habe reichlich Praxiserfahrung und kann das deshalb beurteilen. Wie du genau vorgehen kannst, findest du auf meiner Homepage (www.christina-buchner.de) und in meinem Buch (Christina Buchner, Norderstedt, 2023).

Das vorgeschlagene Verfahren kann natürlich genauso wie der vorgestellte Leselehrgang von dir abgewandelt werden. Auch hier geht es um ein Prinzip, nicht um eine genau einzuhaltende Eins-zu-Eins-Vorschrift. Ich wünsche vielen Kolleginnen und Kollegen, dass sie sich auf einen Versuch einlassen. Es würde vielen Schülern eine Chance geben.

Zum Schluss möchte ich Stanislas Dehaene zitieren, der sich intensiv mit dem Lesen beschäftigt hat:

Man erweist dem Kind keinen Gefallen, wenn man ihm die Freuden des Lesens vorgaukelt, ohne ihm den entsprechenden Schlüssel an die Hand zu geben. (Stanislas Dehaene, Lesen, München, 2012, S. 250)

Die Autorin:

Christina Buchner arbeitete viele Jahre als Lehrerin an Grund- und Hauptschulen. Und sie war 16 Jahre Rektorin an Grundschulen im Landkreis München.
Sie ist in Oberbayern auf dem Land aufgewachsen. Ihre Kindheit war geprägt durch große Freiheit, Nähe zur Natur, Freude an Büchern und die Möglichkeit, kreative Einfälle in die Tat umzusetzen.
Vor diesem Hintergrund war es ihr von Anfang an ein zentrales Anliegen, für ihre Schüler eine bunte und anregende Lernwelt zu schaffen.

Sie ist nach wie vor fest davon überzeugt, dass in der Schule ohne Freude, Begeisterung und ohne Erfolgserlebnisse sehr wenig läuft. Die Mischung aus Pflicht und Freude, aus Begeisterung und konsequenter Übung, aus Disziplin und individueller Freiheit beim Lernen ist ihr Markenzeichen. Für diese Mischung wirbt sie in ihren Büchern und in Vorträgen und Lehrerfortbildungen in Deutschland, Österreich, Italien, der Schweiz und Luxemburg.
Christina Buchner entwickelte eigene Methoden für das Lesenlernen, für Rechtschreiben und Schreiberziehung, für den elementaren Mathematikunterricht und für das Theaterspielen mit einer Klasse.
Ihr MatheBlog: www.die-rechentante.de
Ihre Website: www.christina-buchner.de

Weitere Beiträge:

Runter vom Gas 1 – Impulse für entspannten Unterricht in der Grundschule

Runter vom Gas 2 – Disziplin und Classroom Management




Gewinnspiel: Wir verlosen Pakete aus 5 x 5 Leserabe Büchern

Leserabe

Leserabe Erstlesebücher feiern 20-jähriges Jubiläum

Leserabe Erstlesebücher begleiten Kinder seit 20 Jahren beim Lesenlernen. Aktuell sind 165 Bücher zu unterschiedlichsten Themen beim Ravensburger Verlag im Programm. Themenwahl, Text und Illustration orientieren sich an den Herausforderungen und Fortschritten beim Leselernstart.

Viele der Bücher handeln von Geschichten rund um das Schulleben. Neu sind „Lustige Geschichten vom 1. Schultag“, „Rettung für den Klassenwald“ und der Sammelband Erstlesegeschichten Schulhof als Sonderausgabe im Jubiläumsjahr erhältlich.

Wir verlosen 5 x 5 Leserabe Bücher mit Schulgeschichten für Kinder mit unterschiedlicher Lesekompetenz!

In drei Stufen fördert die Reihe Leserabe mit einfachen, unterhaltsamen Geschichten die Lesekompetenz aller Kinder. Die Bücher der Vor-Lesestufe eröffnen schon zum Ende der Kita-Zeit gemeinsam mit den Eltern erste eigene Leseerfahrungen. In den Texten in besonders großer Schrift Fibelschrift sind Hauptwörter noch durch Bilder ersetzt.

Mit dem Schuleintritt greift die 1. Lesestufe. Sie basiert auf leichten Texten in Fibelschrift und orientiert sich am schulischen Grundwortschatz. Fesselnd sind die Geschichten dennoch, wozu auf allen Seiten bunte, aussagekräftige Illustrationen beitragen. Belohnungssticker steigern die Motivation weiterzulesen zusätzlich.

Für leseschwächere Kinder gibt es seit diesem Sommer zum besseren Einstieg Leserabe Geschichten „kurz und leicht“. Diese Bücher der 1. Lesestufe basieren auf wenigen Sätzen pro Seite oder auch nur ein bis zwei Sprechblasenkombiniert mit. Es sind vor allem die ausdrucksstarken Illustrationen, die die Geschichte tragen. Das ermöglicht allen Kindern Erfolgserlebnisse beim eigenen Lesen – auch denen die dabei noch sehr unsicher sind.

Die 2. Lesestufe fesselt fortgeschrittene Erstlesende durch komplexere Geschichten und mehr Text, dessen Verständnis mit Fragen und Rätselanteilen vertieft wird.

Zum Einsatz in der Grundschule hat der Ravensburger Verlag im Leserabe Jubiläumsjahr für Lehrkräfte das Leserabe Geschichten-Spiel neu aufgelegt. In Zusammenarbeit mit der Stiftung Lesen und dem Mildenberger Verlag hält das Geschichten-Spiel zwei neue Leserabe Abenteuer für die 1. und 2. Lesestufe bereit, samt begleitendem Unterrichtsmaterial. Die illustrierten Texte werden von der Stiftung Lesen online im Original sowie neu in einer vereinfachten Version für leseschwächere Kinder in der Klasse bereitgestellt – für den digitalen Unterricht und zum Ausdrucken. So können die reich illustrierten Texte trotz unterschiedlicher Leseniveaus im Klassenverband behandelt werden. Und Anfang des nächsten Jahres wird es mit einem zusätzlichen Geschichtenspiel in verschiedenen Schwierigkeitsstufen weitergehen! www.leserabe.de

Stichwort: Leserabe. Das Gewinnspiel endete am 6. November 2024




Sprachförderung mit dem Startchancen-Programm inklusive

Gezielte Unterstützung von Schulen mit hohem Anteil sozial benachteiligter Schülerinnen und Schüler

Im Deutschland hängt der Bildungserfolg noch immer stark vom Elternhaus ab. Mit dem Startchancen-Programm, das Anfang des Schuljahres gestartet ist, wollen Bund und Länder etwas dagegensetzen. Dabei geht es nicht einfach nur um finanzielle Unterstützung des Bundes, sondern auch um systemische Veränderungen und eine Stärkung der Leistungsfähigkeit des Bildungswesens.

2.125 Schulen mit dabei

Aktuell haben 2.125 Schulen in ganz Deutschland begonnen, das Startchancen-Programm umzusetzen. Das sind mehr als doppelt so viele, wie ursprünglich angedacht. Bis zum Schuljahr 2026/27 soll es in ganz Deutschland etwa 4.000 Startchancen-Schulen geben.

Die Auswahl der geförderten Schulen erfolgte laut Bundesbildungsministerium durch das jeweilige Bundesland anhand geeigneter und transparenter Kriterien. Diese seien wissenschaftsgeleitet und orientierten sich an den Zielsetzungen des Startchancen-Programms.

Sollten Sie an Ihrer Schule ebenfalls einen hohen Anteil sozial benachteiligter Schülerinnen und Schüler haben, die gezielter gefördert werden sollten, und nicht am Startchancen-Programm beteiligt sein, sollten Sie dringend beim Bildungs- bzw. Kultusministerium Ihres Bundeslandes nachhaken. Immerhin stellen Bund und Länder ganz erhebliche Mittel bereit.

Zwei Milliarden Euro jährlich

Das Programm ist auf zehn Jahre angelegt. Der Bund stellt dafür jährlich eine Milliarde Euro zur Verfügung. Die 16 Bundesländer beteiligen sich ebenfalls mit einer Milliarde, so dass den ausgewählten Schulen erhebliche Mittel zur Verfügung stehen. Die Gelder sollen bedarfsgerecht an Schulen mit einem hohen Anteil sozial benachteiligter Schülerinnen und Schüler verteilt werden.

Die Höhe der Fördergelder, die ein Land vom Bund für das Startchancen-Programm erhält, berücksichtigt die sozialen Rahmenbedingungen. Insbesondere der Anteil junger Menschen in Armut und mit Migrationsgeschichte soll hierbei entscheidend sein. Die Länder verteilen die Fördermittel innerhalb des jeweiligen Landes gezielt auf die Startchancen-Schulen.

Stärkung der Basis- und Zukunftskompetenzen

Bund und Länder haben sich darauf verständigt, insbesondere Grundschulen zu unterstützen. Vor allem in den ersten Schuljahren werden die entscheidenden Weichen für den Bildungserfolg gestellt. Konkret sollen 60 Prozent aller Mittel den Grundschulen zur Verfügung gestellt werden. 40 Prozent erhalten die weiterführenden und beruflichen Schulen.

Der Fokus der Unterstützung liegt auf der Stärkung von Grundkompetenzen wie Lesen, Schreiben und Rechnen. Dazu gehört auch die Sprachförderung. Ziel ist, die Zahl der Schülerinnen und Schüler, die die Mindeststandards in Mathematik und Deutsch verfehlen, bis zum Ende der Programmlaufzeit an den Startchancen-Schulen zu halbieren.

Erst in zweiter Linie geht es Bund und Ländern um die Entwicklung sozialer Kompetenzen wie Demokratie lernen oder soziales und kooperatives Lernen. Aber immerhin heißt es: „Gegenstand der Unterstützung ist außerdem die Persönlichkeitsentwicklung der Schülerinnen und Schüler. Das Programm soll die jungen Menschen dabei unterstützen, die nötigen Zukunftskompetenzen zu erwerben, wie die Befähigung zur demokratischen Teilhabe.“

Unterstützung der Schulentwicklung

Um die Ziele des Startchancen-Programms zu erreichen, werden die Strukturen im Unterricht und im Kollegium an den Startchancen-Schulen entsprechend professionalisiert und weiterentwickelt. Das beinhaltet unter anderem eine stärkere Vernetzung der Lehrkräfte, Schülerinnen und Schüler, Eltern, des pädagogischen Personals und der außerschulischen Akteure wie Ausbildungsbetriebe oder Schulnetzwerke. Außerdem wird in eine bessere Infrastruktur und Ausstattung der Schulen investiert.

Die Länder bauen ergänzend dazu entsprechende Strukturen in der Bildungsverwaltung hinsichtlich Zielbestimmung, Prozessbegleitung und Zielerreichung des Startchancen-Programms auf.

Drei Programmsäulen

Säule I: Investitionen in eine zeitgemäße und förderliche Lernumgebung

Ziel des Investitionsprogramms sind Beiträge zu modernen, klimagerechten und barrierefreien Lernorten. Angestrebt werden Investitionen in eine hochwertige Ausstattung und moderne Infrastruktur. Weitere Informationen zu der Frage, was genau aus Säule I gefördert werden kann, finden sich in § 1 der Verwaltungsvereinbarung über die Gewährung von Finanzhilfen des Bundes an die Länder nach Artikel 104c des Grundgesetzes zur Umsetzung der Säule I des Startchancen-Programms (VV).

Säule II: Chancenbudgets für bedarfsgerechte Lösungen in der Schul- und Unterrichtsentwicklung

Das Chancenbudget soll Spielräume für diejenigen eröffnen, die vor Ort Verantwortung tragen und das Miteinander an der Schule jeden Tag aufs Neue gestalten. Es geht um eine deutliche Stärkung der Schulautonomie. Eine Einordnung zur Verwendung des Chancenbudgets nimmt das Orientierungspapier zur Verwendung der Chancenbudgets an den Startchancen-Schulen (BLV-Anlage 3) vor. Weitere Konkretisierungen zur inhaltlichen Verwendung sowie zum administrativen Prozess der Verausgabung werden von den einzelnen Ländern vorgenommen. Es ist davon auszugehen, dass die konkrete Umsetzung von Säule II in den 16 Ländern im Rahmen der bundesweiten Vorgaben unterschiedlich erfolgen wird.

Für die einzelnen Schulen spielen – sowohl zeitlich als auch inhaltlich – die individuellen Entwicklungsziele gem. Kapitel D.I.1 der Vereinbarung zwischen Bund und Ländern zur Umsetzung des Startchancen-Programms (BLV) eine entscheidende Rolle, da hieraus konkrete Fördermaßnahmen abgeleitet werden. Fragen zur konkreten Ausgestaltung sollten daher an die Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner in den Ländern gerichtet werden.

Säule III: Personal zur Stärkung multiprofessioneller Teams

Vor allem geht es hier um die Beratung und Unterstützung der Schülerinnen und Schüler, eine lernförderliche Elternarbeit, die Entwicklung einer positiven Schulkultur sowie darum, Betroffene bei der Inanspruchnahme staatlicher Leistungen zu stärken. Neben Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen, Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeitern sollen vor allem auch pädagogische Fachkräfte anderer Disziplinen ihre Stärken und Expertise einbringen können. Hierdurch soll die Zusammenarbeit in multiprofessionellen Teams an den Startchancen-Schulen ausgebaut und weiterentwickelt werden. Die konkrete Schwerpunktsetzung und Ausgestaltung erfolgt bedarfsorientiert und schulbezogen in den Ländern unter Berücksichtigung der dortigen Spezifika. Fragen zur konkreten Ausgestaltung sollten daher an die Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner in den Ländern gerichtet werden.

Freiräume eröffnen und bedarfsgerechte Lösungen ermöglichen

Die Chancenbudgets sollen den Startchancen-Schulen Freiräume eröffnen und bedarfsgerechte Lösungen ermöglichen, die den Gegebenheiten vor Ort Rechnung tragen. Um eine Verwendung der Chancenbudgets im Sinne der Programmziele zu unterstützen, wurde in Abstimmung mit der Wissenschaft ein sogenanntes Orientierungspapier (BLV-Anlage 3) entwickelt.

Dieses Orientierungspapier richtet sich vorrangig an die Kultusministerien in den Ländern. Es enthält Maßnahmenbereiche, die eine leistungsfördernde sowie ungleichheits- und diversitätssensible Unterrichts- und Schulgestaltung unterstützen. Die Maßnahmenbereiche sollen entsprechende Professionalisierungsprozesse fördern und sind nach wissenschaftlichen Erkenntnissen sowie praktischen Erfahrungen aus den Ländern entstanden.

Zur Veranschaulichung der Maßnahmenbereiche werden in dem Orientierungspapier einzelne Maßnahmen beschrieben und auch konkrete Beispiele genannt. Diese sind keinesfalls abschließend. In der Praxis gibt es eine Vielzahl weiterer, ebenso qualifizierter Beispiele.

Für die in dem Orientierungspapier genannten Maßnahmenbereiche sollen zwei Drittel der Chancenbudgets an den Startchancen-Schulen aufgewendet werden. Für bedarfsgerechte Maßnahmen, die über die im Orientierungspapier genannten Maßnahmenbereiche hinausgehen, steht den Startchancen-Schulen ein Drittel ihres Chancenbudgets zur freien Verfügung.

Wissenschaftliche Begleitung und Evaluation

Das Startchancen-Programm soll größtmögliche Wirkung entfalten, Vorbild für die Zukunft sein und Modellcharakter entwickeln. Deshalb wird das Vorhaben auch nach dem Start als lernendes Programm wissenschaftlich begleitet und evaluiert.

Weitere Informationen finden Sie unter: https://www.bmbf.de/bmbf/de/bildung/startchancen/startchancen-programm.html

Quelle: Die Bundesregierung und Bundesministerium für Bildung und Forschung




Gemeinsam Lesen: Polylino für eure Kita

Polylino

Mit Polylino kommen Geschichten in über 70 Sprachen in eure Kita

Polylino bietet Kitas eine digitale, inklusive Bibliothek, die Kindern aller sprachlichen und kulturellen Hintergründe den Zugang zu Literatur erleichtert. Mit über 1.500 digitalen Bilderbüchern in mehr als 70 Sprachen ist Polylino die perfekte Lösung, um die Mehrsprachigkeit in Kitas zu fördern.

Geflüchtete Kinder, Kinder aus mehrsprachigen Familien oder Kinder mit besonderen Bedürfnissen finden hier Geschichten, die ihnen helfen, sich zu entfalten. Erfahrt, wie Polylino eure Kita dabei unterstützt, eine inklusive Umgebung zu schaffen!

Hier könnt ihr Polylino kostenlos testen:




Jede Fünfte stellt Kinderwunsch wegen schlechter Betreuungsangebote zurück

HDI Berufe-Studie 2024: 49 Prozent der berufstätigen Eltern halten die Angebote zur Kinderbetreuung für unzureichend, 41 Prozent würden bei längeren Betreuungszeiten gern mehr arbeiten

Der Personalmangel in Deutschland verschärft sich deutlich. Grund dafür: jetzt gehen auch die sogenannten Babyboomer millionenfach in Rente. Fast jeder zweite (42 %) Berufstätige sieht dadurch in seinem Unternehmen bereits Gefahren bzw. große Gefahren. Dennoch bleiben Potenziale auf dem Arbeitsmarkt ungenutzt. So würden vier von zehn (41 %) berufstätigen Eltern gerne mehr arbeiten, wenn die Möglichkeit von längeren Kinderbetreuungszeiten vorhanden wäre.

Jeder fünfte Berufstätige stellt Kinderwunsch zurück

Jeder Fünfte (20 %) unter berufstätigen Frauen und Männern gibt an, wegen mangelhafter Kinderbetreuungsangebote den Wunsch nach Kindern oder weiteren Kindern zurückgestellt zu haben. Zugleich steigt der Wunsch nach Teilzeit-Arbeit immer weiter, insbesondere bei jüngeren Arbeitnehmern.

Das sind zentrale Ergebnisse der HDI Berufe-Studie 2024, für die rund 4.000 Erwerbstätige ab 15 Jahren repräsentativ nach Alter und Geschlecht in allen Bundesländern im Juni und Juli 2024 befragt wurden.

Fachkräftemangel erreicht neue Dimension

Jens Warkentin, Vorstandsvorsitzender von HDI Deutschland: „Mit dem Ausscheiden der sogenannten Babyboomer bekommt der Fachkräftemangel in Deutschland eine neue Dimension. Gleichzeitig gelingt es nicht, mit bedarfsgerechten Kinderbetreuungsangeboten diejenigen zu unterstützen, die eigentlich gerne mehr arbeiten wollen. Dieses Spannungsfeld stellt die gesamte deutsche Gesellschaft vor große Herausforderungen, deren Lösung existenziell für Deutschland ist.“

Berufstätige Eltern fehlen dem Arbeitsmarkt

Die Hälfte (49 %) aller Berufstätigen mit Kindern unter 18 Jahren hält das Angebot an Kinderbetreuung für unzureichend und fast ebenso viele Befragte (44 %) finden, dass sich ihr Arbeitgeber nicht genug um das Thema kümmert. So würden vier von zehn berufstätigen Eltern “gern mehr Stunden in der Woche arbeiten, wenn die angebotenen Kinderbetreuungszeiten länger wären bzw. dies zulassen würden”. Ähnlich groß (43 %) ist der Anteil berufstätiger Eltern, die in ihren Unternehmen “grundsätzlich schlechtere Aufstiegschancen für Beschäftigte mit Kindern” beklagen. Ein weiteres Umfrageergebnis: Jeder Fünfte (20 %) unter berufstätigen Frauen und Männern gibt an, wegen mangelhafter Kinderbetreuungsangebote den Wunsch nach Kindern oder weiteren Kindern zurückgestellt zu haben. Unter den aktuell 30- bis 34-jährigen Erwerbstätigen stellt sogar mehr als jeder Dritte (35 %) seinen Kinderwunsch wegen des mangelhaften Betreuungsangebot zurück.

Mütter und Väter möchten gerne aus der Elternzeit an den Arbeitsplatz zurückkehren

Caroline Schlienkamp, Personalvorständin der HDI Group und Vorstandsmitglied der Talanx AG: „Mütter und Väter möchten gerne aus der Elternzeit an den Arbeitsplatz zurückkehren. Und auch Eltern von kleinen Kindern möchten Karriere machen. Arbeitgeber können Plätze in betriebseigenen Kitas und über Kooperationen bedarfsgerechte Kinderbetreuungsmöglichkeiten bieten, auch wir tun das. Aber das Thema müssen Bund, Länder und Kommunen weiter forcieren.“

Erstmals strebt die Hälfte aller Vollzeit-Beschäftigten nach Teilzeit

Die für viele berufstätige Eltern unzureichende Situation bei der Kinderbetreuung spielt offenbar auch eine Rolle beim wachsenden Wunsch nach Teilzeit-Angeboten. So ergibt die diesjährige HDI Berufe-Studie nicht nur, dass es 2024 erstmals mehr als die Hälfte aller Vollzeit-Beschäftigten zu Teilzeitangeboten hinzieht. Zudem ist der Teilzeit-Wunsch auch bei den unter 45-Jährigen mit 56 Prozent (Vorjahr 51 %) viel stärker ausgeprägt als bei älteren Beschäftigten (45 %, Vorjahr 47 %). Und das stärkste Interesse an Teilzeitarbeit zeigen dabei die Vollzeitbeschäftigten zwischen 25 und 34 Jahren (57 %).

Personalmangel wird immer größeres Problem

Über negative Folgen von Personalmangel in ihren Unternehmen berichten inzwischen 63 Prozent (Vorjahr: 59 %) aller Berufstätigen in Deutschland. “Gefahr” oder sogar “große Gefahr” sehen 42 Prozent insbesondere durch das zeitgleiche Ausscheiden der sogenannten „Babyboomer“ (Ende der 1950er bis Mitte der 1960er Jahre Geborene). So gibt etwa jeder dritte Arbeitnehmer (35 %) an, dass der Wissenstransfer im Unternehmen beim Ausscheiden der Babyboomer “gar nicht gut” oder “weniger gut” gelingt. Im Bereich Recht und Verwaltung sind es sogar mehr als die Hälfte.

Künstliche Intelligenz (KI) weckt Hoffnungen

Die künftige Bedeutung von Digitalisierung und vor allem Künstlicher Intelligenz (KI) in den Unternehmen wird unter den Berufstätigen differenziert beurteilt. Mit Ausnahme der Bereiche Touristik sowie Hauswirtschaft und Erziehung sehen die Beschäftigten in allen anderen Branchen deutlich häufiger mehr Chancen als Risiken durch den Einsatz von KI in ihren Unternehmen. Insgesamt ist jeder fünfte Berufstätige (19 %) der Meinung, dass sein Unternehmen durch den Einsatz von KI erfolgreicher wird. Allerdings lehnen immerhin 13 Prozent den Einzug von KI grundsätzlich ab. Und jeder vierte Beschäftigte ab 45 Jahren würde eine beruflich angezeigte Einarbeitung in das Themenfeld KI nicht mitmachen wollen (24 %).

In den Stadtstaaten gelingt die Regeneration nach der Arbeit am ehesten

Die HDI Berufe-Studie kann durch die hohe Zahl der Befragten auch repräsentative Ergebnisse in den einzelnen Bundesländern ermitteln und vergleichbar machen. So geben etwa im Bundesdurchschnitt nur 42 Prozent aller Erwerbstätigen an, sich ausreichend von ihrem Beruf regenerieren können.

Auffallend besser ist die Situation aber bei Beschäftigten in den Stadtstaaten. In Hamburg (55 %), Bremen (54 %) und Berlin (51 %) bekundet jeweils eine Mehrheit ausreichende Erholungschancen. Diese Bundesländer erreichen damit auch die drei absoluten Spitzenplätze. Am anderen Ende des Rankings stehen dagegen Thüringen (33 %) sowie Sachsen und Sachsen-Anhalt (jeweils 36 %).

3.748 erwerbstätige Personen befragt

Die HDI Berufe-Studie wird jährlich bundesweit durchgeführt in Zusammenarbeit mit dem Markt- und Meinungsforschungsinstitut YouGov Deutschland. Die verwendeten Daten beruhen auf einer Online-Umfrage im YouGov Panel, an der 3.748 erwerbstätige Personen zwischen dem 15. Juni und 4. Juli 2024 teilnahmen. Die Daten wurden mit den Quotenmerkmalen Alter und Geschlecht innerhalb der einzelnen Bundesländer erhoben. Die Ergebnisse wurden gewichtet und sind repräsentativ für die erwerbstätige Bevölkerung in jedem einzelnen Bundesland ab 15 Jahren nach Alter und Geschlecht sowie für die erwerbstätige Bevölkerung in Deutschland gesamt ab 15 Jahren nach Alter, Geschlecht und Region.

Alle Informationen zur HDI Berufe-Studie 2024 finden Sie hier: https://www.berufe-studie.de/

Quelle: HDI




Geschlechterstereotypen sind schon bei kleinen Kindern vorhanden

Mädchen zeigen sich mitfühlender, Konkurrenzverhalten bei Jungen ausgeprägter, aber Neid gegenüber Jungen allgemein größer

Das Szenario ist bekannt: Der siebenjährige Lukas beschwert sich lautstark, wenn sein Freund Henry eine Eiskugel mehr bekommt als er selbst. Obwohl – oder gerade weil (?) – er sich unfair behandelt fühlt, gibt er seinem Freund Leo, der gar kein Eis hat, keinen Happen ab. Lisa dagegen teilt ihr Eis mit Leo. Dann aber, am folgenden Tag, hat Lukas Schokolade dabei, von der er bereitwillig Lisa etwas abgibt.

Das erste Beispiel scheint stereotyp: Jungen erkennen zwar sehr genau Ungerechtigkeiten, die gegen sie wirken, behandeln aber im selben Moment andere Kinder genauso unfair. Mädchen sind dagegen eher dazu bereit zu teilen. Doch im Fall der Schokolade funktioniert das Stereotyp nicht.

Verhaltensexperimente mit 332 Kindern im Alter von drei bis acht Jahren

Wie sich der Sinn für Fairness und Unfairness bei Kindern entwickelt, untersuchten Prof. Dr. Tobias Kalenscher, Lehrstuhlinhaber für Vergleichende Psychologie in Düsseldorf, Dr. Lina Oberließen, Wolfsforschungszentrum der Veterinärmedizinischen Universität Wien und Prof. Dr. Marijn van Wingerden vom Department of Cognitive Science and Artificial Intelligence der Universität Tilburg. In Communications Psychology beschreiben sie Verhaltensexperimente, die sie dazu mit 332 Kindern im Alter von drei bis acht Jahren gemacht haben.

Prof. van Wingerden: „Bei uns gab es allerdings weder Eis noch Schokolade, sondern die Kinder sollten sich paarweise Smiley-Sticker zuschieben. Teilweise bauten wir auch für das Kind, dass die Verteilung vornimmt, zusätzliche Kosten ein, wenn es zum Beispiel die Sticker gleich verteilt. Und dann beobachteten wir, wie sich die Kinder in verschiedenen Geschlechterkonstellationen verhielten.“

Neid gegenüber Jungen offenbar allgemein größer

Dr. Oberließen zu den Ergebnissen: „Wir fanden tatsächlich geschlechtsspezifische Effekte. Mädchen zeigten sich mitfühlender als Jungen. Interessanterweise gab es aber bei beiden Geschlechtern den gleichen Unmut, wenn ein Junge der Empfänger einer größeren Portion war. Dies deutet darauf hin, dass Neid gegenüber Jungen allgemein größer ist.“ Ebenfalls scheinen Jungen ihrem eigenen Geschlecht gegenüber gehässiger zu sein: Sie wählten immer die größtmögliche Anzahl Sticker für sich selbst, auch wenn ihr Gegenüber dann leer ausging.

Die Fairnesseinstellung von Kindern ist also tatsächlich geschlechtsabhängig. Sie hängt aber nicht nur vom eigenen Geschlecht ab, sondern auch vom Geschlecht der Kinder, mit dem sie interagieren. Van Wingerden: „Wir haben die typischen Geschlechterstereotypen gefunden – Mädchen sind mitfühlender, das Konkurrenzverhalten von Jungen ist ausgeprägter.“ Oberließen ergänzt: „Die Geschichte ist aber doch komplizierter. So wird Neid etwa bei beiden Geschlechtern eher gegen Jungen ausgedrückt als gegen Mädchen. Und Jungs sind, wenn sie ihre Ressourcen mit Mädchen teilen, wesentlich mitfühlender als mit anderen Jungen.“

Geschlechterstereotypen sind allgegenwärtig

Prof. Kalenscher folgert aus den Ergebnissen: „Geschlechterstereotypen sind in der heutigen Gesellschaft allgegenwärtig. Unsere Studie unterstreicht, dass geschlechtsspezifische Unterschiede im Sozialverhalten tatsächlich empirisch beobachtbar sind, selbst bei kleinen Kindern. Dies trägt möglicherweise zu kulturellen, stereotypen Geschlechterrollen im Erwachsenenalter bei. Wir sehen aber auch, dass sich geschlechtsspezifische Unterschiede, zumindest im Bereich der Fairnesspräferenzen, über einen längeren Zeitraum verfestigen. Diese Beobachtung lässt Raum, um während der kritischen Phase der Kindheit nicht-geschlechtsstereotype Fairness-Einstellungen zu fördern.“

Originalpublikation:

Marijn van Wingerden, Lina Oberließen & Tobias Kalenscher. Egalitarian preferences in young children depend on the genders of the interacting partners. Communications Psychology 2, 89 (2024).

Dr. rer .nat. Arne Claussen, Heinricht-Heine-Universität Düsseldorf




RSV – die unterschätzte Gefahr für Babys und kleine Kinder

Die Stiftung Kindergesundheit informiert über eine wenig bekannte Virusinfektion

Schnupfen, Husten und Atembeschwerden sind häufige Begleiter der ersten Lebensjahre. Doch nicht nur die allgegenwärtigen Erreger von Erkältungen oder einer Virusgrippe verursachen diese Symptome bei Kindern und Erwachsenen. Hinter der Infektion steckt öfter als bisher vermutet das „Respiratorische Synzytial-Virus“, abgekürzt RSV, berichtet die Stiftung Kindergesundheit in ihrer aktuellen Stellungnahme.

Obwohl nur wenige Menschen seinen Namen kennen, füllt der tückische Krankheitserreger in den kälteren Monaten des Jahres die Betten der Kinderkliniken: Das RS-Virus ist weltweit verbreitet und die häufigste Ursache von Atemwegsinfektionen bei Säuglingen und Kleinkindern. Jährlich gibt es etwa 95 RSV-bedingte Atemwegserkrankungen und 16 Krankenhausaufenthalte pro 1000 Kindern im ersten Lebensjahr. Ein schwerer Verlauf des RS-Virus lässt sich kaum vorhersagen und eine Infektion kann schlimmstenfalls sogar tödlich verlaufen.

„Das RS-Virus ist die Ursache einer besonders häufigen und belastenden Virusinfektion, die das Atmungssystem befällt. Schon bis zum zweiten Geburtstag machen nahezu alle Kinder Bekanntschaft mit dem Keim“, sagt Kinder- und Jugendarzt Prof. Dr. Johannes Liese, Leiter des Bereichs Pädiatrische Infektiologie und Immunologie an der Universitäts-Kinderklinik Würzburg und Mitglied des wissenschaftlichen Beirats der Stiftung Kindergesundheit. Er stellt fest: „Dieses Virus ist der häufigste Grund weltweit für atemwegsbedingte Krankenhausaufenthalte von Kindern in den ersten fünf Lebensjahren.“

Altersabhängige Auswirkungen einer Ansteckung

Das RS-Virus löst akute Erkrankungen der oberen und unteren Atemwege in jedem Alter aus. Besonders gefährdet sind Säuglinge. „Neugeborene sind deshalb stärker anfällig, weil ihr Immunsystem noch nicht ausgereift ist“, erläutert Prof. Dr. Johannes Liese. „Aber auch ältere Frauen und Männer ab 60 Jahren gehören zur Risikogruppe.“
Medikamente zur gezielten, antiviralen Behandlung von RSV-Infektionen gibt es nicht, es stehen jedoch verschiedene Vorsorgemaßnahmen zur Verfügung. Professor Liese: „So können sich zum Beispiel werdende Mütter schon während der Schwangerschaft aktiv impfen lassen, um ihr Kind von Anfang an vor dem RS-Virus zu schützen.“
Zur RSV-Immunisierung stehen mittlerweile vier durch die EU-Kommission zugelassene Präparate zur Verfügung: Zwei davon sind Impfstoffe, zwei sind so genannte monoklonale Antikörper.

Symptome wie bei einer Virusgrippe

Die weite Verbreitung der RSV-Viren in der Bevölkerung wurde lange Zeit unterschätzt. Dabei führen sie jedes Jahr in Herbst und Winter zu ausgedehnten Epidemien.

Eine Ansteckung mit dem RS-Virus verursacht bei Säuglingen und Kleinkindern, aber auch bei älteren Erwachsenen eine Reihe von Beschwerden, die von leichten erkältungsähnlichen Symptomen bis zu schweren Atemwegserkrankungen, wie Bronchiolitis, Bronchitis oder Lungenentzündung reichen, berichtet die Stiftung Kindergesundheit.
In ihrem zeitlichen Auftreten ähneln RSV-Infektionen der Influenza. In Deutschland beginnt die RSV-Saison in der Regel im Oktober und dauert etwa drei bis fünf Monate, meist bis März.

Eine Infektion mit zwei Gesichtern

Gesunde, ältere Kinder überstehen eine RSV-Erkrankung meist ohne direkte Komplikationen. Drei bis sechs Tage nach der Ansteckung beginnt die Krankheit zunächst langsam als Schnupfen über zwei bis drei Tage. Fieber kann, muss aber nicht vorhanden sein. Nach einigen Tagen folgen dann Atembeschwerden, Schnaufen und keuchender Husten. Nach etwa vier bis sieben Tagen geht es dem Kind meist wieder besser.

Die Schwere der Erkrankung hängt allerdings stark vom Alter der betroffenen Person ab, betont die Stiftung Kindergesundheit. Bei jungen Säuglingen, Kleinkindern unter 2 Jahren, ehemaligen Frühgeborenen, immungeschwächten Patientinnen und Patienten, Kindern mit chronischen Herz- oder Lungenkrankheiten sowie bei genetischen Erkrankungen wie Trisomie 21 können die Infektionen schwerer verlaufen. Häufig treten auch asthmaähnliche Symptome, Mittelohrkomplikationen und Pseudokrupp als Begleiterscheinungen auf.
Steigt die Infektion bis zu den Lungenbläschen hinab (Bronchiolitis), wird die Atmung deutlich beeinträchtigt. Das Kind stöhnt und gibt pfeifende Geräusche („Wheezing“) von sich, beim Einatmen wird die Haut zwischen den Rippen deutlich eingezogen und die Nasenflügel weit geöffnet („Nasenflügel-Atmung“).

„Eine lebenslange Immunität vor dem RS-Virus gibt es leider nicht“, bedauert Infektions-Experte Professor Liese. „Man kann wie bei der Grippe bis in das Erwachsenenalter immer wieder daran erkranken. Erneute Infektionen sind häufig, auch da es verschiedene RSV-Typen (RSV A und RSV B) gibt.“ Bei Kindern nimmt die Erkrankungsschwere jedoch mit der Zahl der wiederholten RSV-Infektionen und dem zunehmenden Alter ab.

Risiken bei Kindern und Erwachsenen

Durch RSV besonders gefährdet sind Babys, die zu früh – vor der 35. Schwangerschaftswoche – auf die Welt gekommen sind. Ihr Immunsystem ist noch nicht voll funktionstüchtig, manchmal haben sie auch durch die Beatmung in einem Inkubator (Brutkasten) eine vorgeschädigte Lunge, heute allerdings deutlich seltener als früher.
Gefährlich werden kann eine RSV-Infektion aber auch für Säuglinge und Kleinkinder mit angeborenen Herzfehlern oder einem chronischen Lungenleiden, sowie für Kinder mit Immundefekten oder unter einer immunsuppressiven Therapie bei einer Krebskrankheit. Bei diesen Kindern liegt die Sterblichkeit nach ihrer Aufnahme in einem Krankenhaus selbst unter den heutigen intensivmedizinischen Möglichkeiten bei etwa einem Prozent.
Die meisten der erkrankten Säuglinge, die stationär versorgt werden müssen, waren zuvor jedoch gesund und keine Frühgeburten.

Bei älteren Personen ist eine Unterscheidung von RSV von anderen Viruskrankheiten wie Influenza oder SARS-CoV-2 kaum möglich, da sich die Symptome ähneln: Sie leiden unter Beschwerden wie Husten, Halsschmerzen, Kurzatmigkeit und Fieber.
Bei Kindern und Erwachsenen, die unter Asthma oder einer Herz-Kreislauf-Erkrankung leiden, verläuft die RSV-Infektion oft besonders belastend. Patienten mit einem schweren Verlauf müssen häufig stationär aufgenommen und dort im Schnitt 12 Tage lang behandelt werden. Der Anteil von Patienten, die wegen einer RSV-Infektion auf die Intensivstation gebracht werden müssen, ist um 40 bis 60 Prozent höher als bei einer Influenza.

Impfungen für Schwangere, Babys und Senioren

Zum Schutz empfiehlt die Ständige Impfkommission (STIKO) seit Juni 2024 die passive Immunisierung für alle Neugeborenen und Säuglinge in ihrer ersten RSV-Saison unabhängig von Risikofaktoren. Das Mittel wird einmalig in den Oberschenkelmuskel des Babys gespritzt. Studien haben gezeigt, dass das Risiko eines RSV-bedingten Krankenhausaufenthaltes durch diese Passivimmunisierung deutlich reduziert werden konnte. Auch die Dauer des Krankenhausaufenthaltes wird gesenkt.

Eine weitere Schutzmöglichkeit vor RSV bietet die Impfung werdender Mütter. Sie können sich schon in der Schwangerschaft impfen lassen, um ihr ungeborenes Kind durch die Weitergabe ihrer eigenen Antikörper gegen RSV zu schützen. Die mütterliche Impfung wurde Ende August 2023 zugelassen, ist bisher aber in Deutschland von der STIKO noch nicht allgemein empfohlen. Die Impfung soll die Säuglinge bis zu ihrem 6. Lebensmonat vor RSV-Infektionen schützen. Für Personen ab 60 Jahre sind zwei RSV-Impfstoffe zugelassen.
RSV-Erkrankungen sind meldepflichtig

Die Diagnose einer RSV-Infektion wird meist im Krankenhaus gestellt. Es kommen dabei Antigentests aus Nasen-Rachen-Abstrichen und Nasen-Rachen-Spülwasser zur Anwendung. Seit Juli 2023 wird eine Erkrankung an RSV dem Gesundheitsamt gemäß Infektionsschutzgesetz (IfSG) namentlich gemeldet.

Weitere Informationen

Für weitere Informationen hat die Stiftung Kindergesundheit ein Informationsvideo und einen Informationsflyer für Eltern erstellt:
https://www.powerversum.de/media/RSV_Das_Respiratorische_Synzytial_Virus.php
https://www.kindergesundheit.de/Info/_docs/SKG_RSV_Flyer_240926_final.pdf

Giulia Roggenkamp/Stifutng Kindergesundheit




Schimmelpilzgifte in Haferflocken – vor allem aus konventionellem Anbau

Öko-Test hat zarte Haferflocken getestet und kritisiert Schimmelpilzgifte in fast allen konventionellen Testprodukten

Öko-Test hat 35-mal zarte Haferflocken getestet – darunter fast zwei Drittel mit Bio-Siegel. 21 Testprodukte erhalten im Test die Bestnote, nur zwei davon sind aus konventionellem Anbau.

Toxine können das Verdauungssystem angreifen und das Immunsystem schwächen

Öko-Test kritisiert im Test vor allem Belastungen mit den Schimmelpilzgiften T-2 und HT-2. Diese Toxine wirken zellgiftig. Sie können das Verdauungssystem angreifen und das Immunsystem schwächen. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) hat deshalb eine Tagesdosis, die sie noch für gesundheitlich vertretbar hält – einen sogenannten TDI – empfohlen. Bei sechs konventionellen Produkten im Test stuft Öko-Test die Gehalte der Schimmelpilzgifte als „erhöht“ ein. Zwei Haferflocken überschreiten den TDI der EFSA sogar. Und sie sind aus Öko-Test-Sicht mit „stark erhöhten“ Gehalten belastet: Die Reformhaus Haferwunder Feine Haferflocken mit Bio-Siegel und die Globus Haferflocken Zart

Pestizide bei konventionellen Haferflocken

Auch in Sachen Pestizide gibt es bei den konventionellen Haferflocken Luft nach oben: In jedem zweiten Produkt im Test wies das beauftragte Labor Mehrfachrückstände von Spritzmitteln nach – darunter auch Glyphosat. Zwar sind die Gehalte nur im Spurenbereich, dennoch erhalten betroffene Produkte für Mehrfachbelastungen Punktabzug, da mögliche Wechselwirkungen der Pestizide untereinander nach Ansicht der Verbraucherschützer nicht ausreichend erforscht sind.

Am Ende rasseln drei Produkte mit „mangelhaft“ durch den Test: Die Globus Haferflocken Zart, dieSchapfenmühle Haferflocken Zart und das teuerste Produkt im Test, die Reformhaus Haferwunder-Flocken. 

Weitere Informationen zum Test finden Sie in der Oktoberausgabe des ÖKO-TEST-Magazins oder unter: oekotest.de/14890 

Quelle: Pressemitteilung Öko-Test