Warum Mütter ihre eigenen Kinder am Geruch erkennen können

Schwangerschaft verändert das Gehirn: Stammzellen formen den Geruchssinn bei Wöchnerinnen

Im Tierreich gilt: Eltern müssen ihren Nachwuchs am Geruch erkennen. So ist gewährleistet, dass sie ihre eigenen Jungen aufziehen. Die Forschungsgruppe von Prof. Dr. Fiona Doetsch am Biozentrum der Universität Basel hat nun bei Mäusen gezeigt, dass genau zu diesem Zweck im Riechkolben des Gehirns vorübergehend neue Nervenzellen gebildet werden. Sie entwickeln sich während der Schwangerschaft und verschwinden einige Wochen nach der Geburt wieder. Diese neuen Neuronen im Gehirn der Mutter sorgen dafür, dass sie die eigenen Kinder am Geruch erkennt.

Neue Neuronen aus neuronalen Stammzellen

Doch woher stammen diese neuen Neuronen? Sie entstehen aus sogenannten neuronalen Stammzellen. Dies sind unreife Zellen in bestimmten Regionen des erwachsenen Gehirns. Doetschs Team untersucht Stammzellen in der sogenannten ventrikulär-subventrikulären Zone bei ausgewachsenen Mäusen. Diese bilden Nervenzellen, die in den Riechkolben wandern. In früheren Arbeiten konnten die Forschenden bereits zeigen, dass einige dieser Stammzellen durch Reize wie Hunger und Sättigung aktiviert werden. Bislang war jedoch unklar, ob auch andere Stimuli bestimmte Pools von Stammzellen anregen.

Bildung neuer Nervenzellen in der Schwangerschaft

In ihrer neuen Studie in „Science“ zeigen die Forschenden nun, dass bei trächtigen Mäusen verschiedene Pools von Stammzellen synchron aktiviert werden und neue Nervenzellen bilden. Normalerweise befinden sich viele dieser Stammzellen in einem «Schlafzustand». Werden sie in der Schwangerschaft aktiviert, so reifen seltene Arten von Neuronen heran. Zum Zeitpunkt der Geburt wandern diese vorübergehend in den Riechkolben, einer Region im Gehirn, die Informationen über Gerüche verarbeitet.

Veränderter Geruchssinn

Die neuen Neuronen haben eine wichtige Aufgabe. Während der frühen Mutterschaft sensibilisieren diese den Geruchssinn der Mutter, so dass diese ihrer Jungen am Geruch erkennt. Auch im Menschen gibt es im gleichen Hirnareal solche Stammzellen, die jedoch eigentlich ab dem frühen Säuglingsalter keine Neuronen für den Riechkolben mehr ausbilden.

Von der Maus zur Mutter

„Einige Frauen berichten über Veränderungen des Geruchsinns während der Schwangerschaft“, sagt Erstautorin Dr. Zayna Chaker. „Beim Menschen könnte es daher ähnlich sein. Auch hier könnte die Schwangerschaft Stammzellen aus ihrem Schlafzustand wecken.“

Perfektes Timing für Elternschaft

Dabei sind es verschiedene Stammzellpools, die im Verlauf einer Schwangerschaft wellenartig und zu unterschiedlichen Zeit angeregt werden. Die Wanderung der Neuronen zum Riechkolben und ihre Ausreifung fallen zeitlich mit dem Ende der Schwangerschaft zusammen. «Das Timing ist sehr präzise. Die neuen Neuronen sind pünktlich zur Geburt parat», sagt Doetsch. «Sie werden jedoch nur vorübergehend benötigt und wieder beseitigt, wenn der Nachwuchs älter und selbstständig ist.» Die Rekrutierung von Stammzellen bei trächtigen Tieren bereitet das Gehirn also punktuell auf den spezifischen Bedarf in der Mutterschaft vor.

Zukünftig möchte das Team von Fiona Doetsch untersuchen, welche Signale die Stammzellrekrutierung und Neubildung von Nervenzellen während der Schwangerschaft auslösen. Auch ist noch unklar, warum und wie die neu gebildeten Neuronen aus dem Riechkolben eliminiert werden. Außerdem stellt sich die Frage, ob bei werdenden Vätern das Gehirn auf ähnliche Weise umgebaut wird.

Gehirnplastizität durch neue Neuronen

Die beschriebenen Anpassungen im Gehirn beweisen einmal mehr, dass die sogenannte Plastizität unseres Gehirns nicht allein auf die Veränderungen der Nervenverbindungen, den Synapsen, zurückzuführen ist. Auch die Rekrutierung ausgewählter Stammzellen und die damit verbundene Bildung spezifischer Nervenzelltypen trägt dazu bei, dass sich unser Gehirn anpassen und auf veränderte Lebensbedingungen reagieren kann.

Originalpublikation

Zayna Chaker, Corina Segalada, Jonas A. Kretz, Ilhan E. Acar, Ana C. Delgado, Valerie Crotet, Andreas E. Moor and Fiona Doetsch.
Pregnancy-responsive pools of adult neural stem cells for transient neurogenesis in mothers.
Science (2023), doi: 10.1126/science.abo5199

Heike Sacher, Katrin Bühler, Universität Basel




Drei Tipps, um Weihnachten mit Kindern nachhaltiger zu gestalten

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Konsum umdenken? Das geht kinderleicht!

„Im Leben von Kindern spielt Konsum eine große Rolle und das schon von Geburt an. Weihnachten, Geburtstag, Ostern – Geschenke gehören dazu“, sagt Christina Rehr, Referentin für Inhalte und Fortbildung der Stiftung Kinder forschen. „Konsum bietet einen alltagsnahen Anlass, um mit Kindern über Nachhaltigkeit zu sprechen und dabei auch noch kreativ zu werden. Wenn Kinder gemeinsam mit Erwachsenen ihren Lieblingsteddy oder ihr Fahrrad reparieren, wächst die Wertschätzung für den Gegenstand.“

Braucht es ein drittes Spielzeugauto? Wie viele Bauklötze sind genug? Fragen, die sich Eltern vor allem dann stellen, wenn Weihnachten oder Geburtstage vor der Tür stehen. Auf den Wunschzetteln der Kinder landen meist Geschenke zum Kaufen. Das kann ein Anlass sein, um mit Kindern ins Gespräch zu kommen. Woher kommen die Wünsche der Kinder? Was ist das Schöne am Schenken? Und welche Alternativen gibt es zu Kaufgeschenken?

Hier kommen unserer Tipps:

  1. Aus Alt mach Neu

Schenken und beschenkt werden macht Freude. Muss es aber immer neu oder gekauft sein? Die Konsumpyramide zeigt, welche Alternativen es zum Neukauf von Sachen gibt. Welche Spielsachen haben die Kinder bereits, die vielleicht schon in Vergessenheit geraten sind? Wie wäre es mit einem vorweihnachtlichen Tausch-Fest in der Kita, Grundschule oder zu Hause? Würden sich die Kinder genauso über Zeitgeschenke, wie über ein neues Spielzeug freuen? Die Konsumpyramide regt dazu an, über das was wir haben, wollen und brauchen zu sprechen und gibt es als Poster zum Download: stkf.site/konsumpyramide

  1. Mit Kindern über Werbung sprechen

Besonders in der Vorweihnachtszeit lenkt Werbung unsere Aufmerksamkeit und auch die der Kinder auf sich. In unserem kostenfreien Online-Kurs „Werbung reflektieren“ (stkf.site/bne-werbung-reflektieren) geben wir viele spannende Anregungen, wie Werbung mit Kindern identifiziert und besprochen werden kann. Wie wäre es zum Beispiel mit einer Werbe-Jagd? Wo nehmen die Kinder überall Werbung in ihrem Alltag wahr? Welche Werbebotschaften begegnen ihnen auf dem Weg in die Kita oder Grundschule?

  1. „Wo kommt unser Spielzeug her?“

Natürlich lässt sich nicht alles gebraucht kaufen, reparieren oder selbst machen. Beim Neukauf von Geschenken können wir aber darauf achten, wo und mit welchen Materialien sie produziert wurden. So können auch neugekaufte Spielsachen – auch noch nach Weihnachten – ein Anlass sein, um mit Kindern über Nachhaltigkeit zu sprechen. Wie kommt das Spielzeug ins Kinderzimmer? Wo wurde es produziert und was steckt eigentlich drin? Mit den Spielkarten „Weißt du, was in deinem Spielzeug steckt?“ startet eine gemeinsame Entdeckungsreise zu der Herkunft und Materialien der Spielsachen in Kita oder Kinderzimmer. Mehr Infos unter stkf.site/spielzeug-untersuchen.

Seit 2016 entwickelt die Stiftung Kinder forschen Fortbildungen und Materialien zur frühkindlichen Bildung für nachhaltige Entwicklung, kurz BNE. BNE befähigt Kinder und Erwachsene die Auswirkungen des eigenen Handelns auf andere und die Umwelt zu erkennen. Konsum ist ein Schlüsselthema nachhaltiger Entwicklung. Nachhaltiger Konsum ist eines der 17 Nachhaltigkeitsziele, auf die sich die Weltgemeinschaft 2015 geeinigt hat. Mit unseren Konsumentscheidungen können wir zu einer nachhaltigeren Entwicklung der Gesellschaft beitragen – und dabei auch noch kreativ werden.

Quelle: Pressemitteilung Stiftung Kinder forschen




Die Muttersprache prägt das Gehirn von Ungeborenen

Neugeborene reagieren laut neuer EEG-Untersuchung eindeutig auf die bereits vertraute Sprache

Die neuronale Entwicklung von Föten im Mutterleib wird von der gesprochenen Sprache der werdenden Mutter beeinflusst. Zu dem Schluss kommen Forscher der Università di Padova, CNRS und der Université Paris Cité. Sie haben 33 Neugeborene mit EEG-Hauben ausgestattet und entsprechend untersucht. Frühere Studien haben bereits gezeigt, dass Kinder im Muttterleib ab dem siebenten Monat der Schwangerschaft bereits hören können, wenn ihre Mutter spricht. Sie können auch andere Geräusche wie sonstige Stimmen, Musik und allgemeinen Lärm hören.

Nach der Geburt erkennen die Kinder die Stimme ihrer Mutter und die spezifischen Melodien, die mit ihrem Sprechen in Verbindung stehen.

Tests mit Französisch

Bei allen Teilnehmerinnen war Französisch die Muttersprache. Mittels der EEG-Hauben wurden die Kinder in den ersten Tagen ihres Lebens beobachtet. Schliefen die Kinder, wurden ihnen Aufzeichnungen einer Person vorgespielt, die auch in anderen Sprachen aus dem Buch „Goldlöckchen und die drei Bären“ vorlas. Die EEG-Aufzeichnungen begannen in der Stille, bevor das Hörbuch abgespielt wurde und wurden danach erst nach einem Moment der Stille wieder gestoppt.

Die EEG-Anzeigen belegen, dass die Kinder, wenn sie die Geschichte auf Französisch hören, einen Anstieg der Long-Range Temporal Correlations verfügen. Sie alle gehören zu einer Art, die bereits mit der Sprachwahrnehmung und der -verarbeitung in Zusammenhang gebracht worden ist. Die Forscher vermuten, dass das Gehirn der Babys durch die bereits im Mutterleib gehörte Sprache, wie in diesem Fall Französisch, auf einzigartige Art und Weise beeinflusst wird.

EEG-Check liefert Beweis

Die Experten haben zusätzlich eine trendbereinigte Fluktuationsanalyse der EEG-Ergebnisse durchgeführt. Dadurch ließ sich die Stärke der Temporal Correlations messen. Sie erwiesen sich beim Theta-Band am stärksten. Laut früheren Studien steht dieses Band mit Sprecheinheiten auf Silbenebene in Verbindung. Das zeigt, so die Forscher, dass sich die Gehirne der Kinder auf die linguistischen Elemente der gehörten Sprache einstimmen.

Es zeigte sich auch, dass die neuronale Reaktion der Kinder auf dem EEG am stärksten war, wenn ihnen das Buch auf Französisch vorgelesen wurde. Damit liegt laut den in „Science Advances“ veröffentlichten Forschungsergebnissen nahe, dass der Kontakt mit einer bestimmten Sprache eine Rolle bei der neuronalen Entwicklung des Gehirns spielt.

Moritz Bergmann/pressetext.com




Rund 430.000 Kita-Plätze fehlen und jede Menge Qualität dazu

Derzeit kann der Rechtsanspruch auf eine Kindertagesbetreuung für Hunderttausende nicht erfüllt werden

In den westdeutschen Bundesländern fehlen rund 385.900 Kita-Plätze, um den Betreuungsbedarf der Eltern zu erfüllen. In Ostdeutschland gibt es rund 44.700 Plätze zu wenig. Das geht aus neuen Berechnungen der Bertelsmann Stiftung für das aktuelle „Ländermonitoring Frühkindliche Bildungssysteme“ hervor. Zwar gab es in den zurückliegenden Jahren erkennbare Fortschritte beim Ausbau von Kita-Angeboten. Doch zugleich ist der Bedarf kontinuierlich gestiegen, denn immer mehr Eltern wünschen sich – insbesondere für ihre jüngeren Kinder – eine Betreuung. Derzeit kann aber der Rechtsanspruch auf eine Kindertagesbetreuung, der seit 2013 auch für Kinder unter drei Jahren gilt, für hunderttausende Kinder nicht erfüllt werden.

Deutlich ungünstigere Personalschlüssel im Osten

In Ostdeutschland ist der Anteil an Kindern, die eine Kita besuchen, wesentlich höher als im Westen. Allerdings sind die Personalschlüssel hier deutlich ungünstiger. Während eine vollzeitbeschäftigte Fachkraft in Westdeutschland rechnerisch für 3,4 Kinder in Krippengruppen und für 7,7 Kinder in Kindergartengruppen verantwortlich ist, kommen im Osten 5,4 bzw. 10,5 Kinder auf eine Fachkraft. Den wissenschaftlichen Empfehlungen der Bertelsmann Stiftung zufolge, müssten die Personalschlüssel bei 1 zu 3 sowie bei 1 zu 7,5 liegen. Gemessen daran, werden fast 90 Prozent der Kita-Kinder in Ostdeutschland in Gruppen betreut, deren Personalschlüssel nicht kindgerecht sind. Allerdings sind es auch im Westen noch rund 62 Prozent.

„Der Fachkräftemangel erschwert es zunehmend, die Rechtsansprüche zu erfüllen und in den Kitas den Bildungsauftrag umzusetzen. Die Situation ist für Kinder und Eltern wie auch für das vorhandene Personal untragbar geworden“, sagt Anette Stein, Expertin der Bertelsmann Stiftung für frühkindliche Bildung.

Fachkräfte-Radar zeigt mögliche Entwicklungen bis 2030 auf

Im aktuellen „Fachkräfte-Radar für KiTa und Grundschule“ hat die Bertelsmann Stiftung untersucht, wie sich das Angebot und der Bedarf an Fachkräften in den Bundesländern in den kommenden Jahren entwickeln und wie sich das auf die Kita-Situation auswirken könnte. Bis 2030 besteht für die ostdeutschen Bundesländer aufgrund der zurückgehenden Kinderzahlen die Chance, die Personalschlüssel an das Westniveau anzugleichen und die Elternbedarfe zu erfüllen. Brandenburg und Sachsen sowie – mit etwas mehr Anstrengung – Sachsen-Anhalt und Thüringen können bis 2030 sogar kindgerechte Personalschlüssel erreichen. Für alle Ost-Bundesländer gilt, dass das aktuell beschäftigte Kita-Personal nicht entlassen werden darf und sogar zusätzlich neue Fachkräfte gewonnen werden müssen.

Hamburg kann wohl bis 2030 die Elternbedarfe erfüllen

Für die westdeutschen Bundesländer ist insbesondere der hohe Bedarf an Kita-Plätzen eine enorme Herausforderung. Lediglich Hamburg kann laut Prognose bis 2030 sowohl die aktuellen Elternbedarfe als auch kindgerechte Personalschlüssel erfüllen. Auch für Niedersachsen wären beide Ziele realistisch, mit etwas mehr Anstrengungen ebenso für Schleswig-Holstein. Die meisten West-Bundesländer könnten bis 2030 die aktuellen Elternbedarfe decken und bei der Personalausstattung zumindest den West-Durchschnitt erreichen. Allerdings müssten dazu noch mehr Fachkräfte gewonnen werden, als der Prognose zufolge zur Verfügung stehen.

Ein Mix aus langfristig und kurzfristig wirkenden Maßnahmen

 Um die Ziele bis 2030 zu erreichen, müssen die Bundesländer jetzt die jeweils nötigen Schritte einleiten: Die ostdeutschen Länder müssen die rechtlichen Voraussetzungen dafür schaffen, dass die Kitas mehr Personal beschäftigen können. Solange die Personalausstattung ungünstiger ist als im Westen, gibt es keine bundesweite Chancengerechtigkeit in der frühkindlichen Bildung. Für die westdeutschen Länder gilt es, den Platzausbau voranzutreiben. Gleichzeitig braucht es in allen Bundesländern langfristige Strategien für die Gewinnung und Qualifizierung von neuen Fachkräften sowie attraktive Beschäftigungsbedingungen, damit das Personal im Berufsfeld bleibt. Dafür ist eine abgestimmte und verbindliche Kooperation von Bund, Ländern, Kommunen und Trägern nötig. Zudem sollte sich der Bund über die Leistungen des Kita-Qualitätsgesetzes hinaus an der Finanzierung der frühkindlichen Bildung verlässlich beteiligen. 

Kurzfristige Lösungen kaum möglich

An der aktuellen Notsituation – den fehlenden Plätzen sowie den nicht kindgerechten Personalschlüsseln – werden diese langfristig angelegten Maßnahmen allerdings kaum etwas ändern. Das zeigen die Prognosen des Fachkräfte-Radars für das Jahr 2025. Daher sind Sofortmaßnahmen auf unterschiedlichen Ebenen gefragt. So könnte das pädagogische Personal von Verwaltungs- und Hauswirtschaftsaufgaben entlastet werden. Auch Quereinsteiger:innen können die Lage entspannen. Aber: „Auf keiner Ebene darf es Abstriche an der pädagogischen Qualifizierung geben. Sonst leidet die Bildungsqualität darunter“, mahnt Anette Stein. Wie die Berechnungen ebenfalls zeigen, würde in einigen Bundesländern eine Reduzierung der Kita-Öffnungszeiten bis 2025 dazu beitragen, die Ziele schneller zu erreichen. „Das ist zweifellos eine einschneidende Maßnahme, die nur individuell und in enger Abstimmung zwischen Kommune, Träger und Eltern getroffen werden sollte“, betont Stein. „Aber die Kita-Krise ist so weit fortgeschritten, dass neue Antworten gefragt sind.“

Zusatzinformationen:

Für das „Ländermonitoring Frühkindliche Bildungssysteme“ und den „Fachkräfte-Radar für KiTa und Grundschule“ wurden Daten der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder aus der Kinder- und Jugendhilfestatistik (Stichtag 1. März 2022), des BMFSFJ („Kindertagesbetreuung Kompakt“, 2023), des DJI („Kinderbetreuungsreport 2022“, 2023) und weiteren amtlichen Statistiken ausgewertet. Die Berechnungen haben das LG Empirische Bildungsforschung der FernUniversität in Hagen, Economics & Data ED23 GmbH und die Bertelsmann Stiftung durchgeführt.

Alle Informationen zur Veröffentlichung finden Sie hier. Eine kompakte Darstellung der Ergebnisse bietet der Online-Artikel “KiTa-Personal braucht Priorität! Auch 2023”.  

Auf www.laendermonitor.de finden Sie zudem weitere aktuelle Daten und Fakten zur frühkindlichen Bildung, Betreuung und Erziehung in Deutschland. Dazu gibt es unter www.laendermonitor.de/laenderprofile Daten und Analysen zum Status quo des frühkindlichen Bildungssystems für jedes Bundesland. Darüber hinaus erscheint zu Beginn des nächsten Jahres die neunte Ausgabe des Länderreports Frühkindliche Bildungssysteme.  

Die Ergebnisse des Fachkräfte-Radars für KiTa und Grundschule finden Sie unter www.fachkraefte-radar-kita-grundschule-2023.de. Die gesamte Publikation steht hier zum Download bereit.  

Quelle: Bertelsmann Stiftung




Fast 20.000 Teilnehmer beim Streiktag Bildung

Bildungsgewerkschaft zu Warnstreiks im Rahmen der Tarifrunde im öffentlichen Dienst der Länder

Fast 20.000 Landesbeschäftigte, die an Bildungseinrichtungen arbeiten, sind dem bundesweiten Warnstreikaufruf der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) zum „Streiktag Bildung“ gefolgt. Mit Streiks und Aktionen haben in Hamburg 4.000, in Berlin 6.000, in Leipzig 7.000 und in Karlsruhe 1.000 Streikende ihren Unmut über die Blockadehaltung der Arbeitgeber (Tarifgemeinschaft deutscher Länder, TdL) in der laufenden Tarifrunde gezeigt. Lehrkräfte, Erzieherinnen, Sozialarbeiter und -pädagogen, Hochschullehrende sowie studentische Beschäftigte haben sich an den Aktionen beteiligt und damit den Forderungen der Gewerkschaften in der Länderrunde Nachdruck verliehen.

Maike Finnern, GEW-Vorsitzende, sagte in Berlin: „In unseren Schulen und Hochschulen arbeiten die Kolleginnen und Kollegen am Limit. Sie stehen für die Zukunft unseres Landes. Sie bilden und erziehen Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene. Ihre Arbeit ist unverzichtbar. Zugleich leiden sie unter dem enormen Fachkräftemangel. Auch die Inflation ist nicht spurlos an ihnen vorbeigegangen. Die Gehälter müssen jetzt spürbar steigen. Die Profis in der Bildung brauchen 10,5 Prozent, mindestens aber 500 Euro mehr. Ich erwarte, dass die Arbeitgeber jetzt ein ordentliches Angebot vorlegen.“

Anja Bensinger-Stolze, GEW-Vorstandsmitglied für Schule, sagte in Hamburg: „Statt eines Angebots jammern die Länder-Arbeitgeber auch in dieser Tarifrunde über die steigenden Personalkosten, über hohe Schuldenstände und fehlendes Geld. Was sie verschweigen: Das Geld ist da! Laut Statistischem Bundesamt haben die Länder in den ersten beiden Quartalen 2023 sogar Schulden abgebaut. Fast alle Bundesländer haben mehr Steuern eingenommen als sie Geld ausgegeben haben. Ich fordere den Verhandlungsführer der TdL, Andreas Dressel, Finanzsenator hier in Hamburg, auf: Investieren Sie in die pädagogischen Fachkräfte, die die Bildungseinrichtungen am Laufen halten! Die Kolleginnen und Kollegen sind Profis – und Profis brauchen mehr!“

Doreen Siebernik, GEW-Vorstandsmitglied für Jugendhilfe und Sozialarbeit, sagte in Leipzig: „Wenn die Arbeitgeber jetzt nicht wach werden und die Kolleginnen und Kollegen im öffentlichen Dienst anständig und fair bezahlen, dann verschärft sich der Fachkräftemangel weiter. Wir durchleben die größte Bildungskrise der Geschichte Deutschlands. Wenn die Arbeitgeber jetzt Ausgaben kürzen, machen sie sich auch an den Kindern in unserem Land schuldig und nehmen Ihnen ihr Recht auf eine gute Kindheit, auf beste Bildung und Teilhabe. Es braucht jetzt gute Arbeitsbedingungen und eine gute Bezahlung gehört einfach dazu.“

Daniel Merbitz, GEW-Vorstandsmitglied für Tarif- und Beamtenpolitik, sagte in Karlsruhe: „Bei diesen Arbeitgebern müssen wir jeden Cent erstreiken. Sie rücken ohne Streiks nichts heraus. So sieht ihre Wertschätzung aus. Im Bildungsbereich brennt die Hütte: Inflation, Fachkräftemangel, Überlastung. Und was machen die Arbeitgeber? Sie stellen das Löschwasser ab. Selbst den Tarifschutz für studentische Hilfskräften blockieren sie. Wir lassen ihnen nicht durchgehen, dass sie sich wegducken!“

Info:

Die Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes wollen 10,5 Prozent Gehaltserhöhung, mindestens aber 500 Euro monatlich mehr, einen Tarifvertrag für alle studentischen Beschäftigten (TV Stud) sowie ein Nachziehen der Verbesserungen im Sozial- und Erziehungsdienst bei den Kommunen auf Landesebene durchsetzen. Der Tarifvertrag soll ein Jahr laufen. Die Arbeitgeber hatten auch in der zweiten Verhandlungsrunde Anfang November kein Angebot vorgelegt.

Für die Tarifrunde im öffentlichen Dienst der Länder sind insgesamt drei Verhandlungsrunden geplant. Die dritte und voraussichtlich letzte Runde ist vom 7. bis 9. Dezember 2023 in Potsdam geplant.

Pressemitteilung: GEW




#Kindheits-Präger bei Kitarino

kitarino

Die eigene Berufung in der Kinderbetreuung entfalten

Kinder brauchen nicht nur Wurzeln, um festen Stand im Leben zu finden, sondern auch Flügel, um mutig ihre eigenen Wege zu gehen. Genau hier setzt Kitarino an: Wir begleiten Kinder auf ihrem Weg zu einer starken Persönlichkeit. Dafür sind alle Kitas von Kitarino Orte des Wachstums, der Geborgenheit und des individuellen Entfaltens.

Vielfältige Job-Möglichkeiten in der Kita

Pädagog:innen bilden bei Kitarino das Herz der Kitas. Sie begleiten die Kinder in ihrer Entwicklung, fördern ihre Talente und schaffen eine liebevolle Umgebung, in der sich die Kleinen sicher und geborgen fühlen. Darüber hinaus tragen sie maßgeblich zur pädagogischen Entwicklung der Kitas bei und gestalten damit die Bildungslandschaft für die Kinder aktiv mit.

Es gibt bei Kitarino viele Wege, als #Kindheits-Präger einzusteigen, z.B. als:

  • staatlich anerkannte Erzieher, Kinderpfleger, Heilpädagogen, Heilerziehungspfleger, Heilerziehungspflegehelfer (w/m/d)
  • Kolleg:innen mit einem abgeschlossenen Studium im Bereich Kindheitspädagogik, Erziehungswissenschaften, Soziale Arbeit o.Ä.
  • Kindheitspädagogen (w/m/d)

Oder auch in der Praxisphase, z.B.:

  • Erzieher oder Kinderpfleger (w/m/d) im Anerkennungsjahr
  • praxisintegrierte Ausbildung zum Erzieher (w/m/d) (PiA)
  • Freiwilliges Soziales Jahr
  • Erzieherausbildung mit optimierten Praxisphasen (OptiPrax)
  • Sozialpädagogisches Einführungsjahr (SEJ)

Ob mitten in der Ausbildung, auf der Suche nach einem Praxisintegrierten Studium oder dem Quereinstieg für die Arbeit in der Kita oder bereits voll im Berufsleben angekommen – Kitarino bietet vielfältige Möglichkeiten, sich in der Kinderbetreuung zu engagieren und als #Kindheits-Präger einen wichtigen Beitrag zur Zukunft unserer Kinder zu leisten.

Arbeiten bei Kitarino: Perspektiven und Benefits

Bei Kitarino bekommen wirklich alle die Chance, sich selbst zu entfalten und stetig weiterzuentwickeln. Klare pädagogische Standards und die Unterstützung eines engagierten Teams schaffen die Grundlage für eine erfüllende und sinnstiftende Arbeit. Kitarino legt außerdem großen Wert auf zeitgemäße Ausstattung, Digitalisierung, individuelle Weiterbildungsmöglichkeiten und eine attraktive Vergütung. Mit 30 Tagen Urlaub, betrieblicher Altersvorsorge, vergünstigten Fitness- und Shopping-Angeboten und vielen weiteren Benefits schafft Kitarino ein Umfeld, in dem sich die Mitarbeiter:innen geschätzt und unterstützt fühlen.

www.kitarino.net




Neue Studie zur Gewalt in der Sozialen Arbeit

Bessere Arbeitsbedingungen und Qualifikation können zur Prävention beitragen

Seit vergangenem Jahr mehren sich Medienberichte über Gewalt von Beschäftigten der Sozialen Arbeit gegenüber ihren Adressatinnen und Adressaten. Wie groß schätzen die Beschäftigten das Ausmaß an Gewalt in ihren Einrichtungen ein? Und lassen sich Zusammenhänge mit den Arbeitsbedingungen herstellen? Für eine im Fachmagazin „Sozial extra“ erschienene Studie wertete der Professionsforscher Professor Dr. Nikolaus Meyer von der Hochschule Fulda mehr als 8.200 Online-Fragebogen aus. Die Ergebnisse legen nahe: Die Arbeitsbedingungen müssen sich verändern, um Gewalt vorzubeugen. Dafür plädiert auch seine Kollegin Professorin Dr. Regina Remsperger-Kehm, die unter anderem zu verletzendem Verhalten in Kitas forscht.

Über die Art und Weise der Wahrnehmung von Gewalt

Die Studie untersucht, wie Beschäftigte aus unterschiedlichen Handlungsfeldern der Sozialen Arbeit psychische und physische Gewalt durch und gegen Adressatinnen und Adressaten vor und während der Corona-Pandemie wahrgenommen haben. Ein besonderer Fokus liegt auf einem möglichen Zusammenhang zwischen sich verschlechternden Arbeitsbedingungen und Gewalt gegenüber Adressatinnen und Adressaten sowie anderen Dimensionen des Arbeitsalltags. Die Daten stammen aus der dritten Online-Befragung von Beschäftigten in der Sozialen Arbeit, die im November 2022, gut einen Monat nach Rücknahme der meisten Schutzmaßnahmen, durchgeführt wurde.

Bruch professioneller Normen

„Jeder Fall physischer, psychischer und sexualisierter Gewalt oder entsprechender Mischformen stellt einen Bruch professioneller Normen dar und steht im Widerspruch zum professionellen Grundverständnis der Sozialen Arbeit, das eine gewaltfreie, anerkennende und feinfühlige Arbeitsbeziehung vorsieht“, stellt Professor Meyer klar und betont: „Sowohl die Berufsgruppe als auch die Öffentlichkeit sind gefordert, solche Fälle aufzuarbeiten.“

Beschäftigte nehmen mehr Gewalt an Adressatinnen und Adressaten wahr

37,1 Prozent der Befragten (n=5.885) berichten von psychischer Gewalt durch Beschäftigte gegenüber Adressatinnen und Adressaten vor Ausbruch der Pandemie. Damit ist unter anderem gemeint: Bevormunden, Niederbrüllen, Ignorieren, Drohen und Beschimpfen. Während der Pandemie steigt die Quote um elf Prozent auf 41,5 Prozent (n=5.661) an.

Auch physische Gewalt in der Pandemie gewachsen

Auch von physischer Gewalt gegenüber Adressatinnen und Adressaten berichten die Beschäftigten. In der Studie zählen hierzu unter anderem Schupsen, hartes Anpacken und Schütteln sowie schwere Formen wie Fixieren. Auch hier steigen die Werte während der Pandemie an, und zwar deutlich um über zehn Prozent auf 24,7 Prozent.

Starker Zusammenhang zwischen psychischer und physischer Gewalt

Für beide Gewaltformen zeigt die genauere Analyse: Das Ausmaß an Gewalt gegenüber Adressatinnen und Adressaten ist in den Handlungsfeldern der Sozialen Arbeit unterschiedlich groß. Besonders häufig sind psychische wie physische Gewalt in der sogenannten Behinderten- sowie der Suchthilfe, in der Arbeit mit arbeitslosen Menschen, der Elementarbildung, der Kinder- und Jugendhilfe sowie in der migrationsbezogenen Sozialen Arbeit. Damit deutet sich ein starker Zusammenhang zwischen psychischer und physischer Gewalt an. Und: Betroffen sind besonders verletzliche Adressatinnen und Adressaten-Gruppen.

Zusammenhang: Verzicht auf Pausen und Zahl der Konflikte

Eine frühere Auswertung der Befragungsdaten hatte bereits gezeigt, dass die Arbeitsbelastung in der Sozialen Arbeit während der Corona-Pandemie deutlich gestiegen ist. Mehr Adressatinnen und Adressaten, komplexere Problemlagen, höhere Personalfluktuation führen dazu, dass immer mehr Beschäftigte am persönlichen Limit arbeiten. In der höheren Arbeitsmenge aufgrund fehlender Kolleginnen sehen die Beschäftigten eine der Hauptursachen für die Arbeitsverdichtung.

Schlechte Arbeitsbedingungen fördern offenbar die Gewalt

„Wir erkennen zwar keine signifikanten Zusammenhänge zwischen gewalttätigen Situationen auf der einen und der Arbeitsmenge, komplexeren Fallkonstellationen und fehlendem Personal auf der anderen Seite. Aber wir können durchaus Zusammenhänge zwischen dem Verzicht auf gesetzlich festgelegte Pausen und einer hohen Zahl an Konflikten bzw. aggressivem Verhalten der Adressatinnen nachweisen“, erläutert Professor Meyer. „Unsere Daten deuten damit eine Verbindung zwischen den empfundenen Arbeitsbedingungen und der erlebten Gewalt in Einrichtungen an. Die steigende Belastung durch widrige Arbeitsbedingungen steht statistisch in einem mittleren Zusammenhang mit der Zahl der Konflikte und mit aggressivem Verhalten.“

Konflikten Taten folgen lassen

Dieser Befund passt zu früheren Studien, die einen deutlichen Zusammenhang zwischen beruflichen Belastungen und der Zahl der Konflikte nachweisen. „Gewalt in Einrichtungen der Sozialen Arbeit ist aus dieser Perspektive das Ergebnis einer steigenden Zahl an Konflikten und einer sich hochschaukelnden aggressiven Stimmung, der dann von beiden Seiten irgendwann Taten folgen“, betont Professor Meyer und stellt sich damit in eine Reihe mit Wissenschaftler*innen, die bereits auf Zusammenhänge zwischen gewaltförmigen Konstellationen in Einrichtungen der Sozialen Arbeit und hohen Belastungswerten aufgrund widriger Arbeitsbedingungen verwiesen haben. „Worte stehen am Anfang von Akten der Gewalt“, ist er überzeugt. Und Professorin Dr. Regina Remsperger-Kehm, die an der Hochschule Fulda die Professur für Frühkindliche Bildung innehat, ergänzt: „Der Fachkräftemangel stärkt gewaltfördernde Mechanismen. Deshalb ist es wichtig, neben Gewaltschutzkonzepten auch die Arbeitsbedingungen in den Blick zu nehmen.“

Keine Lösung: Fachfremdes Personal

Gemeinsam haben die Fuldaer Forschenden zehn Forderungen zur Prävention von Gewalt in der Sozialen Arbeit aufgestellt. Unter anderem fordern sie eine Bund-Länder-Konferenz, um Maßnahmen zur Behebung des Fachkräftemangels in der Sozialen Arbeit, insbesondere in Kindertageseinrichtungen, der Jugendhilfe und der Arbeit mit Menschen mit Beeinträchtigung, zu entwickeln. „Wir wissen, dass eine kurzfristige Lösung unter Beibehaltung professioneller Qualitätsstandards kaum möglich ist“, sagt Meyer. „Dennoch sehen wir in der Gewinnung fachfremden Personals, wie es für die Kinder- und Jugendhilfe in einigen Bundesländern bereits diskutiert wird, keine Lösung.“

Gewalt oftmals Folge von mangelnder pädagogischer Ausbildung

Dass gewaltförmige Konstellationen oftmals auch das Resultat fehlender oder mangelnder pädagogischer Ausbildung seien, habe die Aufarbeitung von sexualisierter Gewalt in Kinderheimen gezeigt. Fachkräfte müssten vielmehr für Gefahren sensibilisiert und durch berufsethische Regelungen an entsprechende Standards gebunden werden. Staatliche Stellen sehen die beiden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ebenso in der Pflicht wie die Gesellschaft insgesamt: „Wir müssen uns über die Rolle und Bedeutung Sozialer Arbeit verständigen“, fordern sie, denn die täglichen Dilemmata zwischen Personalmangel auf der einen und der Verantwortung der Fachkräfte zum Beispiel für individuell am Kind orientierte Bildungsprozesse und den Kinderschutz auf der anderen Seite seien kaum noch zu bearbeiten.

Originalpublikation: https://link.springer.com/article/10.1007/s12054-023-00644-x

Dr. Antje Mohr, Hochschule Fulda




Warum Kinder aus benachteiligten Familien seltener eine Kita besuchen

Kindergarten

Studie geht der Frage nach der Verteilung und den Gründen für ungedeckte Kita-Bedarfe auf unterschiedliche Gruppen nach

Eine neue Studie des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung (BiB), die von der Friedrich-Ebert-Stiftung in Auftrag gegeben wurde, geht der Frage nach, wie sich die ungedeckten Kita-Bedarfe über unterschiedliche Gruppen von Familien verteilen und was die Gründe dafür sind, dass trotz Bedarf kein Platz genutzt wird. Wie aus der Studie hervorgeht,gibt es bei der Nutzung öffentlich finanzierter Bildungs- und Betreuungsangebote insbesondere für Kinder zwischen einem und unter drei Jahren stark ausgeprägte sozioökonomische Unterschiede.

Kinder aus armutsgefährdeten Familien unterrepräsentiert

Demnach sind Kinder aus Familien deutlich unterrepräsentiert, die armutsgefährdet sind, in denen überwiegend kein Deutsch gesprochen wird oder deren Eltern keinen akademischen Hintergrund besitzen. Insgesamt hat in Deutschland die Hälfte der Kinder in dieser Altersklasse einen Kita-Platz – unter Kindern aus armutsgefährdeten Haushalten ist es nur ein Viertel. Bei Familien, die überwiegend kein Deutsch zuhause sprechen, gehen drei von zehn Kindern in eine Kita, bei Familien ohne akademischen Hintergrund vier von zehn.

Vielfältige Gründe für mangelnde Bedarfsdeckung

Die Gründe für die fehlende Bedarfsdeckung sind vielfältig und liegen sowohl auf der Angebots- als auch auf der Nachfrageseite. Potenziell benachteiligte Familien berichten deutlich häufiger von Schwierigkeiten bei der Kita-Suche und bemängeln öfter fehlende wohnortnahe Bildungs- und Betreuungsmöglichkeiten sowie unpassende Öffnungszeiten. „Dies lässt auf mangelnde Informationen und ein nicht bedarfsgerechtes Angebot in Wohnortnähe dieser Familien schließen“, sagt Mitautorin Dr. Sophia Schmitz. Potenziell benachteiligte Familien vermuten zudem häufiger eine mangelnde Förderung ihrer Kinder.

Verschiedene Ansätze könnten Kita-Gaps reduzieren

Die vielen Barrieren, die Familien je nach sozioökonomischen und -demografischen Merkmalen den Zugang zu Kitas erschweren, erfordern einen breiten Ansatz, um bestehende Bedarfe zu decken. So könnten ein weiterer Ausbau sowie qualitativ hochwertige und wohnortnahe Einrichtungen Kita-Gaps reduzieren. Auf der Kostenseite könnte eine bundesweit festgelegte Staffelung von Gebühren nach Haushaltseinkommen Kindern aus Familien mit geringeren Einkommen den Besuch einer Kita erleichtern. Außerdem könnten bessere Informationen über den bestehenden Rechtsanspruch, das Bewerbungsverfahren und die Vorteile frühkindlicher Bildung und Betreuung dazu beitragen, Kita-Gaps zu verringern. Das umfasst auch Initiativen wie ein erleichtertes Anmeldeverfahren, um die Suche nach einer Einrichtung möglichst einfach zu halten.

Ungedeckte Kita-Bedarfe mit weitreichenden bildungs- und gleichstellungspolitischen Folgen

Nach Ansicht von Prof. Dr. C. Katharina Spieß, Direktorin des BiB und eine der Autorinnen der Studie, ist es falsch, die geringere Kita-Nutzung auf einen geringeren Bedarf der Familien zurückzuführen. Tatsache ist: „Die Kita-Bedarfe können für potenziell benachteiligte Familien seltener gedeckt werden. Dies betrifft vor allem das zweite und dritte Lebensjahr von Kindern, zeigt sich aber teilweise bis zum Schuleintritt.“ Insgesamt haben 21 Prozent aller Familien mit Kindern zwischen einem und unter drei Jahren trotz Betreuungswunsch keinen Kita-Platz. Bei armutsgefährdeten Familien sind es 33 Prozent, bei Familien ohne akademischen Hintergrund 25 Prozent und bei Familien, in denen überwiegend kein Deutsch gesprochen wird, 39 Prozent. „Die Befunde zeigen höhere ungedeckte Bedarfe vor allem bei denjenigen Gruppen, bei denen Kinder und Eltern besonders von einem Kita-Besuch profitieren könnten“, erklärt Dr. Mathias Huebener, Co-Autor der Studie. Demnach könnte ein früherer Besuch in einer qualitativ guten Kita Ungleichheiten in der Entwicklung von Kindern verringern, die sich bereits vor dem Schuleintritt teils deutlich ausprägen. Die Analysen der Studie zeigen weiterhin, dass in Familien, die ihren Kita-Bedarf nicht decken können, vielfach Mütter sind, die gern eine Erwerbstätigkeit aufnehmen würden. Eine Erfüllung der Betreuungswünsche kann die Erwerbsbeteiligung besonders für Mütter aus potenziell benachteiligten Familien deutlich steigern.

Hintergrund:

Die Untersuchung basiert auf Daten der Kinderbetreuungsstudie (KiBS) für die Jahre 2018 bis 2020 und wurde von der Friedrich-Ebert-Stiftung in Auftrag gegeben. Sie kann hier heruntergeladen werden: https://www.fes.de/cgi-bin/gbv.cgi?id=20728&ty=pdf

Originalpublikation:

https://www.fes.de/cgi-bin/gbv.cgi?id=20728&ty=pdf

Dr. Christian Fiedler, Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB)