Bildung beginnt im Kleinkindalter – und Chancengerechtigkeit auch

Ergebnisse des NEPS-Transferberichts zeigen: Ungleiche Startbedingungen entstehen früher als oft angenommen – und sind beeinflussbar

Die Grundlagen für Bildungserfolg werden bereits in den ersten Lebensjahren gelegt – und damit auch die Weichen für (Un-)Gleichheit. Eine neue Auswertung von Daten des Nationalen Bildungspanels (NEPS) belegt, wie stark der soziale und ökonomische Hintergrund von Familien die Entwicklung von Kindern im Kleinkindalter beeinflusst. Der aktuelle Transferbericht zeigt, dass insbesondere die frühe sprachliche und sozial-emotionale Entwicklung in einem engen Zusammenhang mit den Bedingungen der familiären Lernumwelt steht.

Sprachliche Kompetenzen: Unterschiede ab dem zweiten Lebensjahr

Bereits mit zwei Jahren zeigen sich deutliche Unterschiede im aktiven Wortschatz von Kindern. Kinder aus sozioökonomisch benachteiligten Haushalten verfügten durchschnittlich über 97 Wörter aus einer festgelegten Liste von 260. Kinder aus bildungs- und ressourcenstärkeren Familien kamen laut elterlicher Einschätzung auf rund 158 Wörter. Diese Differenz verweist auf frühe Entwicklungsvorteile, die sich im weiteren Bildungsverlauf tendenziell verfestigen.

Qualität der Eltern-Kind-Interaktion als zentraler Einflussfaktor

Neben sozioökonomischen Faktoren wirkt sich auch die Qualität der Eltern-Kind-Interaktion deutlich auf die kindliche Entwicklung aus. Als besonders förderlich erweisen sich feinfühliges, responsives und sprachlich anregendes Verhalten – etwa durch das gemeinsame Betrachten von Bilderbüchern oder durch dialogisches Sprechen im Alltag. Diese Form der Interaktion fördert nicht nur den Wortschatz, sondern auch die sozial-emotionale Kompetenz und die Fähigkeit zur Emotionsregulation.


Blickkontakt und Bindung formen das Gehirn

Dr. Walter Hultzsch erklärt, wie Nähe, Blickkontakt und feine Signale die Entwicklung von Aufmerksamkeit, Selbstregulation und Persönlichkeit fördern. Sein Buch verbindet neurowissenschaftliches Wissen mit alltagstauglicher Orientierung für Eltern, Großeltern, Paten und pädagogische Fachkräfte, die Babys in den ersten Lebensjahren achtsam begleiten wollen.

– Erfahrener Kinderarzt mit langjähriger Erfahrung
– Verbindet Neurobiologie, Bindungsforschung und frühe Kommunikation
– Zeigt, wie feinfühlige Eltern-Kind-Interaktion Entwicklung stärkt

Walter Hultzsch: Hey Mama, schau mir in die Augen – und sprich mit mir, Softcover, 120 Seiten, Oberstebrink 2025, ISBN 978-3-96304-072-6, 20 €


Belastungsfaktoren und kindliches Temperament: Wenn Förderung an Grenzen stößt

Ein zentrales Ergebnis der Studie ist der Zusammenhang zwischen kumulierten familiären Belastungen und einer verminderten Interaktionsqualität. In Familien mit mindestens drei Belastungsfaktoren – etwa niedrigem Bildungsniveau, geringem Einkommen oder psychischen Belastungen – zeigte sich, dass ein herausforderndes kindliches Temperament (insbesondere negative Affektivität) die elterliche Feinfühligkeit deutlich einschränken kann. In Haushalten ohne diese Mehrfachbelastung war ein solcher Zusammenhang nicht nachweisbar. Die Daten basieren auf Videobeobachtungen von 2.190 Eltern-Kind-Dyaden und ergänzenden Interviews im Rahmen der NEPS-Startkohorte 1.

Früh ansetzen: Unterstützung für Familien in Risikosituationen

Die Ergebnisse legen nahe, dass Unterstützungsmaßnahmen möglichst frühzeitig ansetzen sollten – idealerweise bereits im ersten Lebensjahr. Projekte wie die Bremer Initiative zur Stärkung frühkindlicher Entwicklung (BRISE), die an die NEPS-Studien anschließen, untersuchen gezielt die Wirksamkeit solcher Interventionen bei Familien mit erhöhtem Unterstützungsbedarf. Die Autorinnen des Berichts, Prof. Dr. Sabine Weinert (Otto-Friedrich-Universität Bamberg) und Dr. Manja Attig (LIfBi), betonen, dass elterliches Verhalten formbar ist – insbesondere dann, wenn Angebote niedrigschwellig, alltagsnah und präventiv angelegt sind.

Pädagogische Perspektiven

Die Erkenntnisse des Transferberichts verdeutlichen, wie eng Bildungschancen und frühe familiäre Lebenslagen miteinander verflochten sind – und dass frühe, gezielte Unterstützung wirkt. Für pädagogische Fachkräfte eröffnen sich daraus wichtige Ansatzpunkte: Der frühpädagogische Bereich ist nicht nur ein Ort kindlicher Bildung, sondern auch ein zentraler Begegnungsraum für Familien. Die Qualität der Zusammenarbeit mit Eltern, die Beobachtung kindlicher Bedürfnisse sowie der sensible Blick auf Belastungskonstellationen sind entscheidende Faktoren, um Entwicklungsprozesse gezielt zu unterstützen. Wenn es gelingt, Bildungsbenachteiligungen nicht erst zu dokumentieren, sondern ihnen im frühesten Kindesalter präventiv entgegenzuwirken, kann ein wichtiger Beitrag zu mehr Chancengerechtigkeit geleistet werden – und das bereits lange vor dem Schuleintritt.




Keuchhusten: Gefährliche Infektion ist wieder auf dem Vormarsch

Stiftung Kindergesundheit warnt: Die Fallzahlen steigen rasant – Babys und ihre Familien sind besonders bedroht

Die Zahl der Keuchhusten-Erkrankungen in Deutschland hat 2024 einen traurigen Rekord erreicht: Mit über 25.000 gemeldeten Fällen verzeichnet das Robert Koch-Institut (RKI) den höchsten Stand seit Einführung der bundesweiten Meldepflicht. Besonders besorgniserregend: Säuglinge unter einem Jahr sind am stärksten betroffen – sie tragen das höchste Risiko für schwere oder gar tödliche Verläufe, wie die Stiftung Kindergesundheit in ihrer aktuellen Stellungnahme betont.

Warum Keuchhusten alles andere als harmlos ist

Keuchhusten (medizinisch: Pertussis) beginnt oft unauffällig mit leichtem Husten, entwickelt sich aber rasch zu einer schweren, krampfartigen Hustenerkrankung. Vor allem bei kleinen Kindern können die Hustenanfälle mit Atemnot, Erbrechen und Erstickungsgefahr einhergehen. Etwa jedes zweite betroffene Kind muss im Krankenhaus behandelt werden. Besonders dramatisch: Neugeborene haben keinen sogenannten „Nestschutz“, da die mütterlichen Antikörper sie nicht ausreichend vor Keuchhusten schützen.

Erwachsene als unerkannte Überträger

Keuchhusten ist längst keine reine Kinderkrankheit mehr. Laut RKI treten inzwischen rund 60 Prozent der Fälle bei Erwachsenen auf – häufig mit atypischen Symptomen wie hartnäckigem Husten ohne typische Keuchhusten-Anfälle. Viele Betroffene wissen nicht, dass sie erkrankt sind – und stecken damit unbewusst Säuglinge und Kleinkinder an. Nach Hochrechnungen müssen jährlich mindestens 1.100 Erwachsene wegen Keuchhusten stationär behandelt werden.

Übertragung und Symptome: Heimtückisch und hoch ansteckend

Die Pertussis-Bakterien verbreiten sich über Tröpfchen beim Husten, Niesen oder Sprechen – schon ein Meter Abstand kann zu wenig sein. Nach einer ein- bis zweiwöchigen Inkubationszeit beginnt die Krankheit mit harmlos wirkendem Husten, der sich zunehmend verschlimmert. Typisch sind nächtliche Hustenanfälle, die zu Atemnot, Erbrechen und Erschöpfung führen können. Die Erkrankung kann sich über Wochen bis Monate hinziehen. Besonders bei Jugendlichen und Erwachsenen wird Keuchhusten deshalb häufig nicht erkannt.

Impfung schützt – auch das ungeborene Kind

Die Ständige Impfkommission (STIKO) empfiehlt eine Grundimmunisierung gegen Keuchhusten im Säuglingsalter sowie regelmäßige Auffrischimpfungen für Erwachsene. Schwangere sollten unabhängig vom eigenen Impfstatus im dritten Trimester gegen Pertussis geimpft werden. Nur so lässt sich ein frühzeitiger Schutz für Neugeborene aufbauen. Auch enge Kontaktpersonen von Babys – wie Eltern, Großeltern und medizinisches Personal – sollten ihre Impfungen regelmäßig auffrischen.

Wachsamkeit und Impfbereitschaft retten Leben

Keuchhusten ist keine Bagatelle, sondern eine potenziell lebensbedrohliche Krankheit – vor allem für die Kleinsten. Die Stiftung Kindergesundheit ruft Eltern, Großeltern und medizinisches Fachpersonal dazu auf, sich aktiv zu schützen und durch Impfungen Verantwortung für die Schwächsten in unserer Gesellschaft zu übernehmen.

Quellenhinweis:

Dieser Beitrag basiert auf einer Pressemitteilung der Stiftung Kindergesundheit, verfasst von Giulia Roggenkamp, Pressestelle.

Weitere Informationen: www.kindergesundheit.de




Neue Hoffnung zur Behandlung bei Erdnussallergie

Eine neue Untersuchung zeigt, wie sich die orale Immuntherapie bei Erdnussallergie besser an das Immunsystem einzelner Kinder anpassen lässt – und so Risiken verringert werden können

Erdnüsse zählen zu den häufigsten und gefährlichsten Auslösern von Nahrungsmittelallergien bei Kindern. Bereits Spuren reichen aus, um schwere allergische Reaktionen bis hin zur lebensbedrohlichen Anaphylaxie auszulösen. Für Eltern und pädagogische Fachkräfte bedeutet das: strikte Achtsamkeit im Umgang mit Lebensmitteln – auch im Kita- oder Schulalltag. Bislang bestand der einzige Schutz in konsequenter Vermeidung und dem Mitführen von Notfallmedikamenten.

Orale Immuntherapie – eine Chance mit Risiken

Seit einigen Jahren gibt es für betroffene Kinder eine neue Behandlungsoption: die orale Immuntherapie (OIT). Dabei werden unter ärztlicher Aufsicht kleinste Mengen des Erdnussallergens verabreicht, um den Körper schrittweise zu desensibilisieren. Doch nicht alle Kinder profitieren davon gleich gut. Manche zeigen kaum Wirkung – andere reagieren sogar mit schweren Nebenwirkungen.

Studie entdeckt Schlüsselrollen im kindlichen Immunsystem

Ein Forschungsteam um Prof. Dr. Young-Ae Lee vom Max Delbrück Center und Prof. Dr. Kirsten Beyer von der Charité Berlin hat nun wichtige Ursachen dafür identifiziert. In einer im Fachjournal Allergy veröffentlichten Studie untersuchten die Wissenschaftler*innen das Blut von 38 Kindern, die eine OIT erhielten. Mithilfe modernster molekularbiologischer Methoden analysierten sie u. a. Immunzellen, Antikörper, Entzündungsstoffe und Genaktivitäten vor und nach der Therapie.

Das Ergebnis: Kinder, die gut auf die Behandlung ansprachen, wiesen bereits vor Therapiebeginn ein weniger reaktives Immunsystem auf. Ihr Blut zeigte niedrigere Werte bestimmter Antikörper (Immunglobuline) und Entzündungsbotenstoffe (Zytokine).

Immunzellen aus dem Darm als neue Hoffnungsträger

Besonders auffällig: Die Unterschiede zwischen gut und schlecht ansprechenden Kindern betrafen vor allem bestimmte Immunzellen, die selten im Blut, aber häufig im Darm vorkommen. Diese Zellen – darunter sowohl erworbene als auch angeborene Abwehrzellen – zeigten charakteristische Muster in der Genaktivität und DNA-Methylierung, die künftig als Biomarker genutzt werden könnten.

Auf dem Weg zu einer sicheren, personalisierten Therapie

Die Erkenntnisse könnten einen Wendepunkt in der Behandlung kindlicher Erdnussallergien darstellen: Mithilfe eines einfachen Bluttests ließe sich künftig schon vor Therapiebeginn feststellen, ob ein Kind gut auf die orale Immuntherapie ansprechen wird – und wie hoch das Risiko für Nebenwirkungen ist.

Langfristig wäre sogar eine individuell angepasste Dosierung und Therapiedauer denkbar. Für viele betroffene Familien, Einrichtungen und medizinische Fachkräfte wäre das eine enorme Erleichterung im Alltag – und ein bedeutender Schritt zu mehr Sicherheit und Lebensqualität für allergiegefährdete Kinder.

Was bedeutet das für Eltern und Fachkräfte?

  • Aufklärung und Kommunikation bleiben zentral: Eltern, Erzieher*innen und Lehrkräfte sollten im Umgang mit bekannten Allergien gut geschult sein.
  • Individuelle Behandlung statt Standardtherapie: Die neuen Forschungsergebnisse unterstützen den Trend zur personalisierten Medizin.
  • Neue Hoffnung: Die Forschung gibt Anlass zur Hoffnung, dass die bislang angsteinflößende Erdnussallergie bald besser behandelbar und planbarer wird.

Wenn Sie Kinder mit diagnostizierter Erdnussallergie betreuen, sprechen Sie mit den Eltern über mögliche neue Therapieansätze und halten Sie engen Kontakt zu allergologischen Fachärzt*innen. Die Erkenntnisse dieser Studie können helfen, individuelle Risiken besser einzuschätzen – und neue Chancen zu nutzen.

Originalpublikation:

Aleix Arnau-Soler, et al. (2025): „Understanding the Variability of Peanut-Oral Immunotherapy Responses by Multi-Omics Profiling of Immune Cells“. Allergy, https://doi.org/10.1111/all.16627




Fachsymposium Traumapädagogik: Impulse, Austausch und Perspektiven

Symposium am 26. September 2025: Traumapädagogik im interdisziplinären Fokus

Am 26. September 2025 lädt der berufsbegleitende Masterstudiengang Kindheits- und Sozialwissenschaften (MAKS) der Hochschule Koblenz zum Fachsymposium „Traumapädagogik“ ein. Unter dem Motto „Erkennen – Verstehen – Handeln“ richtet sich die Veranstaltung an Fachkräfte aus Pädagogik, Sozialer Arbeit, Medizin und Politik sowie an Lehrende und Interessierte aus der Öffentlichkeit.

Hochkarätige Vorträge zu Trauma und Bildung

Von 09:00 bis 15:00Uhr erwartet die Teilnehmenden im Raum A032 der Hochschule ein inspirierendes Programm mit drei fachlich fundierten Impulsvorträgen:

  • Heiner van Mil (M.A.): „Eine Frage der (traumapädagogischen) Haltung: Traumabetroffene Menschen als Expert*innen verstehen.“
  • Prof. Dr. Regina Steil: „Psychotherapie der Posttraumatischen Belastungsstörung und komplexen Posttraumatischen Belastungsstörung nach Kindesmissbrauch.“
  • Prof. Dr. Johannes Drerup: „Aus Katastrophen lernen? Über Demokratieerziehung, Erinnerungspolitik und Vergangenheiten, die nicht vergehen wollen.“

Fachlicher Dialog auf Augenhöhe

Das Symposium bietet Raum für Diskussion, Reflexion und fachübergreifenden Austausch. Ziel ist es, neue Perspektiven in der Traumapädagogik sichtbar zu machen und den Dialog zwischen Wissenschaft und Praxis zu fördern.

Teilnahme und Anmeldung

  • Teilnahmegebühr: 60 Euro
  • Kostenfrei für Studierende und Mitarbeitende des Fachbereichs Sozialwissenschaften der Hochschule Koblenz

Weitere Informationen und Anmeldung unter: www.hs-koblenz.de/maks.




Pinocchio für heute – poetisch, klug und eindrucksvoll illustriert

Imme Dros nach Carlo Collodi/Carll Cneut: Pinocchio

Pinocchio – ist das nicht diese uralte Geschichte von der Marionette, die lebendig wird und der beim Lügen immer eine lange Nase wächst? Stimmt. Fast 140 Jahre ist es her, seit Carlo Collodi sie aufgeschrieben und in Fortsetzungen in einer Zeitschrift veröffentlicht hat. Die in ihrer Heimat sehr bekannte niederländische Autorin Imme Dros hat sie überarbeitet – ohne pädagogischen Zeigefinger –, hat viele Nebenfiguren und sich ähnelnde Abenteuer weggelassen und so für die heutigen Leser, Vorleser und Zuhörer märchenhaft und spannend neu erzählt.

Von sprechendem Holz bis zur blauen Fee: Die Geschichte bleibt ein Abenteuer

Los geht’s mit einem sprechenden Stück Holz. Aus dem schnitzt der alte Gepetto eine Marionette. Eben weil das Holz zu ihm spricht. Und sofort ist es ein Lausbub, der alles umwirft und durcheinanderbringt. Aber auch einen unbändigen Wissensdurst hat, immer grundsätzlich nachfragt und damit seinen alten Vater ständig in Verlegenheit bringt. Weshalb der Bub unbedingt zur Schule gehen soll. Gepetto gibt alles für seinen hölzernen Sohn, verkauft sogar seinen Mantel, um Schulbücher kaufen zu können.

Aber schon auf dem Weg Richtung Klassenzimmer lenkt ihn ein Marionettentheater ab. Er erkennt: Die sind ja wie ich! Der ziemlich fiese Chef der Truppe setzt ihn gefangen, und erst, als Pinocchio ihm herzzerreißend seine Geschichte erzählt, lässt er ihn wieder frei. Sogar mit Goldstücken als Lohn! Klar, dass der Junge es mit zwielichtigen Gestalten, Betrügern und Räubern zu tun bekommt.

Gut oder böse? Märchenhafte Entscheidungen mit Tiefgang

Und mit der blauen Fee. Denn schließlich muss Pinocchio immer wieder gerettet werden. Was auch deshalb gelingt, weil er eigentlich ein gutes Herz hat. Denn die Goldstücke will er seinem Vater bringen, den er doch sehr liebt. Eben wie einen Vater. Und die blaue Fee wie eine Mutter.

Nun hat sich Gepetto aber auf die Suche nach seinem Marionettenkind gemacht, Pinocchio findet ihn nicht mehr zu Hause. Und sucht weiter. Bis zum Meer. Dort, weit draußen in einem kleinen Boot … Okay, mehr will ich jetzt nicht verraten. Nur, dass da bald ein riesiger Hai auftaucht und noch einige Abenteuer zu bestehen sind.

Immer wieder muss Pinocchio sich entscheiden, was er nun tun, auf wen er hören will. Immer wieder die Entscheidung treffen zwischen Gut und Böse, wie das in märchenhaften Erzählungen üblich ist. Impulskontrolle heißt das heute. Das hat Carll Cneut in ausdrucksstarke Bilder umgesetzt. Mal wirken sie wie schnell hingeworfene Skizzen, mal sind es detailreich ausgearbeitete, großformatige Gemälde. Insbesondere die naturgetreuen und realistischen Darstellungen von Tieren und Fabelwesen beeindrucken. Und machen die Lust, die Freude, den Spaß, die inneren Konflikte, die Ängste und die Liebe des kleinen Jungen auf dem Weg zu einem großen Jungen erlebbar.

Ein Kinderbuch, das berührt – für Herz und Bücherregal

Bohem Press hat hier ein Buch publiziert, das seinesgleichen sucht. Es ist nicht nur eine Überarbeitung und Neuausgabe eines Klassikers. Es ist eine Geschichte, die so geschrieben und illustriert ist, dass sie Kindern und Eltern zu Herzen geht – und immer wieder gern aus dem Regal geholt wird. Zum Lesen, zum Schauen, zum Entdecken, zum Träumen und zum Darüber-Sprechen. Und das ist das Beste, was einem Kinderbuch passieren kann.

Ralf Ruhl

Imme Dros nach Carlo Collodi | Carll Cneut (Ill.)
Pinocchio
Aus dem Niederländischen von Rolf Erdorf
Hardcover mit Leinenrücken und Folienprägung, 64 Seiten
Überformat: 23,5 x 31,8 cm
ab 5 Jahren
ISBN 978-3-85581-597-5
28 €

Erscheinungstermin 1. August 2025

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Wird es Junge oder Mädchen? Doch mehr als Zufall

Große US-Analyse zeigt: Das Geschlecht eines Kindes ist nicht bei allen Familien gleich zufällig – Alter der Mutter und genetische Einflüsse könnten mitentscheiden

Viele Eltern kennen das: In manchen Familien gibt es fast nur Töchter, in anderen fast ausschließlich Söhne. Was bislang meist als Laune der Natur oder Zufall galt, bekommt durch eine neue, groß angelegte US-Studie einen neuen Erklärungsansatz. Forschende analysierten die Geburten von über 58.000 Frauen mit insgesamt mehr als 146.000 Schwangerschaften und fanden Hinweise darauf, dass das Geschlecht eines Kindes innerhalb einzelner Familien nicht völlig zufällig verteilt ist.

Großfamilien unterscheiden sich von Kleinfamilien

Im Gegensatz zur gängigen Lehrbuchmeinung, wonach das Geschlecht bei der Zeugung einem einfachen Münzwurf ähnelt, zeigte sich ein anderes Bild: Während bei kleinen Familien das Verhältnis von Jungen und Mädchen noch ausgeglichen erscheint, häufen sich in größeren Familien gleichgeschlechtliche Kindergruppen. So lag etwa bei Familien mit drei Söhnen die Wahrscheinlichkeit für einen vierten Jungen bei rund 61 Prozent – ein deutlicher Ausschlag in Richtung Geschlechtswiederholung, den man mit reinem Zufall kaum erklären kann.

Was beeinflusst das Geschlecht eines Kindes?

Ein besonders interessanter Faktor ist dabei das Alter der Mutter bei der ersten Geburt. Frauen, die ihr erstes Kind mit 28 Jahren oder später bekommen, haben laut der Studie ein leicht erhöhtes Risiko, ausschließlich Jungen oder ausschließlich Mädchen zu bekommen. Woran das liegt, ist bislang nicht eindeutig geklärt. Vermutet wird, dass physiologische Veränderungen im Lauf der fruchtbaren Lebensphase – wie etwa der Hormonspiegel, die Länge des Menstruationszyklus oder der vaginale pH-Wert – eine Rolle spielen könnten. Diese könnten jeweils die Überlebensfähigkeit der männlichen oder weiblichen Spermien leicht beeinflussen.

Zusätzlich wurden auch genetische Faktoren untersucht. Dabei identifizierten die Forschenden zwei Genvarianten, die mit einer geschlechtsspezifischen Nachkommenschaft in Verbindung stehen: Frauen mit einer bestimmten Variante im NSUN6-Gen hatten häufiger ausschließlich Töchter, während eine andere Variante in der Nähe des Gens TSHZ1 mit der Geburt ausschließlich männlicher Kinder verknüpft war. Diese genetischen Merkmale scheinen unabhängig vom Alter der Mutter zu wirken und könnten tiefere biologische Mechanismen widerspiegeln, die bisher kaum erforscht sind.

Wie wurde geforscht?

Die Ergebnisse stammen aus zwei der größten Langzeitstudien der USA – der Nurses’ Health Study II und III. Untersucht wurden Frauen, die mindestens zwei lebende Kinder zur Welt gebracht hatten. Die Forschenden verglichen die tatsächliche Geschlechterverteilung innerhalb von Familien mit theoretischen Zufallsmodellen. Dabei zeigte sich, dass ein sogenanntes Beta-Binomial-Modell – das von individuell leicht variierenden Wahrscheinlichkeiten für Jungen oder Mädchen ausgeht – deutlich besser zu den Daten passte als das klassische Zufallsmodell.

Besonders aufschlussreich war die Betrachtung, bei der die jeweils letzte Geburt ausgeklammert wurde. Damit sollte der Einfluss bewusster Familienplanung – also der Wunsch nach einem bestimmten Geschlechtermix – reduziert werden. Selbst unter dieser Voraussetzung zeigte sich, dass manche Frauen eine signifikante Tendenz zu gleichgeschlechtlichen Kindern hatten.

Was bedeutet das für Eltern mit Kinderwunsch?

Für werdende Eltern ist vor allem eine Erkenntnis spannend: Das Babygeschlecht ist in vielen Fällen durchaus zufällig – aber eben nicht immer. Wer bereits zwei oder drei Kinder desselben Geschlechts hat, sollte sich bewusst sein, dass die Wahrscheinlichkeit für ein weiteres Kind mit dem gleichen Geschlecht leicht erhöht sein kann. Statistisch gesehen werfen diese Eltern also nicht mehr mit einer „neutralen Münze“, sondern mit einer, die ein wenig „vorgewichtet“ ist.

Das bedeutet nicht, dass gezielte Einflussnahme möglich ist – aber es zeigt, dass individuelle biologische oder genetische Voraussetzungen mitspielen. Für Paare mit starkem Kinderwunsch nach „beiden Geschlechtern“ mag diese Erkenntnis hilfreich sein – ebenso wie für all jene, die sich von der Natur überraschen lassen wollen.

Die Studie ist bei ScienceAdvances erschienen: https://www.science.org/doi/10.1126/sciadv.adu7402

Gernot Körner




Wenn das Smartphone erzieht: Eltern im Mediendilemma

„Safe am Screen“ von freenet liefert Einblicke in den Alltag moderner Familien – und bietet Unterstützung statt Druck

Die digitale Mediennutzung von Kindern ist längst kein Randphänomen mehr – sie ist Teil des Familienalltags. Eine Initiative namens „Safe am Screen“, des Telekommunikationsunternehmens freenet hat eine Umfrage unter Eltern durchgeführt: Demnach empfinden es 36 Prozent als Erleichterung, wenn ihre Kinder digitale Inhalte nutzen – doch ein Viertel leidet dabei unter Schuldgefühlen.

Der Erhebung nach nutzt ein Drittel der Eltern die freie Zeit zumindest, um selbst etwas zu erledigen. 28 Prozent verwenden diese zur Motivation der Kinder und 24 Prozent zur eigenen Entspannung. 17 Prozent wünschen sich schlicht etwas ungestörte Freizeit.

Die von infas quo im Mai 2025 durchgeführte Umfrage mit 1.095 Eltern verdeutlicht die Ambivalenz vieler Erziehender. Digitale Medien werden bewusst eingesetzt – zur Überbrückung von Zeit, zur Motivation oder schlicht zur eigenen Entspannung. Gleichzeitig erleben viele einen Kontrollverlust oder fühlen sich von digitalen Trends überfordert.

Digitale Präsenz beginnt im Kleinkindalter

Schon in Familien mit Kindern unter drei Jahren sind digitale Geräte allzu präsent. In 61 Prozent der Haushalte spielen Smartphones, Tablets & Co. eine große Rolle – sogar ein Viertel der Eltern von Babys bis zwei Jahren berichtet von täglichem Medienkontakt.

Die Medienpädagogin Edina Medra mahnt zur bewussten Vorbildfunktion: „Eltern prägen durch ihr eigenes Medienverhalten entscheidend mit. Schon das Baby beobachtet – und ahmt nach.“

Zwischen Anspruch und Alltagsstress: Medienerziehung sorgt für Spannungen

Trotz guter Vorsätze sind viele Eltern in der Umsetzung inkonsequent: Zwar sind drei Viertel überzeugt, ihre Kinder gut begleiten zu können – doch fast die Hälfte gesteht, kein konsistentes Vorbild zu sein. Jedes fünfte Kind hat das Medienverhalten der Eltern bereits kritisiert, besonders häufig Kinder im Kitaalter.

Auch in der Familie sorgt das Thema für Konflikte: Ein Drittel empfindet die Diskussionen über Medienzeiten als belastend, knapp ein Fünftel sogar als stark stressend – vor allem, wenn unterschiedliche Vorstellungen aufeinanderprallen, etwa zwischen Elternteilen oder mit Großeltern.

Weitere Infos auf der Safe am Screen Website

Medienkompetenz beginnt bei den Erwachsenen

Kinder jeden Alters erleben die vielfältige digitale Mediennutzung überall in ihrem Lebensalltag Da bleibt es nicht aus, dass sie sich ebenfalls der Faszination digitaler Medien nicht entziehen können. Gleichzeitig gehört es zu den >Lebenskompetenzen< eines Menschen, mit den unübersehbaren und besonders verlockenden Angeboten in einer stark konsumorientierten […]weiterlesen

Armin Krenz: Medienkompetenz beginnt mit der Sach- und Medienkompetenz bei den Erwachsenen und nicht zuvorderst „am“ Kind! Heft, 28 Seiten, 5 €.




Mehr Erzieherinnen gebraucht: Bedarf wächst bis 2028 weiter

Neue IW-Studie zeigt: Zahl der Stellen steigt deutlich – Fachkräftelücke bleibt groß

Laut der aktuellen IW-Arbeitsmarktfortschreibung 2028 des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln (IW) ist bei den Erzieherberufen bis 2028 mit dem stärksten Beschäftigungszuwachs aller untersuchten Berufsgruppen zu rechnen: Plus 136.400 Beschäftigte in fünf Jahren. Damit setzt sich der Aufwärtstrend fort, den das IW bereits in den Vorjahren festgestellt hatte.

Für den Arbeitsmarkt bedeutet das: Der Erzieherberuf bleibt eine zentrale Stellschraube, um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu verbessern. Denn wenn mehr qualifizierte Fachkräfte in Kitas tätig sind, können Eltern – insbesondere Mütter – eher ihre Arbeitszeit ausweiten oder überhaupt wieder ins Erwerbsleben zurückkehren.

Fachkräftelücke bleibt bestehen – aber mit vergleichsweise geringer Unsicherheit

Trotz des Wachstums ist die Lage angespannt: Bis 2028 wird die Fachkräftelücke im Erzieherberuf auf rund 30.800 rechnerisch unbesetzte Stellen anwachsen. Das bedeutet, dass viele Stellen voraussichtlich nicht besetzt werden können – selbst wenn der Beschäftigungszuwachs realisiert wird.

Positiv zu bewerten ist dabei, dass die Unsicherheit dieser Prognose vergleichsweise gering ist (17,8 Prozent). Das spricht für eine verlässliche Datenlage und belastbare Trends in der Entwicklung des Berufsfeldes.

Seit 2021 werden Erzieherinnen und Erzieher übrigens nicht mehr als „Fachkräfte“, sondern als „Spezialisten“ klassifiziert. Diese statistische Umstellung ändert nichts an der hohen Relevanz und dem anhaltenden Bedarf im pädagogischen Bereich.

Warum Erzieherinnen so wichtig für den Arbeitsmarkt sind

Die Studie macht deutlich: Ohne ausreichend Personal in der frühkindlichen Bildung bleibt der Ausbau von Betreuungsplätzen begrenzt. Das wirkt sich unmittelbar auf die gesamtgesellschaftliche Erwerbsbeteiligung aus – insbesondere bei Frauen. Der Beruf der Erzieherin ist damit nicht nur aus bildungspolitischer Sicht bedeutsam, sondern spielt auch eine Schlüsselrolle im gesamtwirtschaftlichen Gleichgewicht von Angebot und Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt.

Zur Methode der IW-Arbeitsmarktfortschreibung

Die vorliegende Arbeitsmarktfortschreibung basiert auf der Analyse von Empirie-basierten Trends der letzten sieben Jahre (bis 2023). Dabei handelt es sich nicht um eine Prognose, sondern um eine sogenannte Trendfortschreibung. Das bedeutet: Die Berechnungen zeigen auf, wie sich der Arbeitsmarkt entwickelt, wenn sich bestehende Entwicklungen unverändert fortsetzen.

Die Fortschreibung greift auf die Methodik von Alexander Burstedde zurück und wird jährlich aktualisiert. Für die aktuelle Ausgabe wurden die Daten bis einschließlich 2023 verwendet. Herausgeber ist das Institut der deutschen Wirtschaft Köln e. V.

Hier können Sie die Studie downloaden.

Gernot Körner