Tipp für die nächsten Nächte: Sternschnuppen zählen

Kosmischer Regen verzaubert im August den Himmel

Wer in klaren Augustnächten in den Himmel schaut, kann seinen Wunschzettel abarbeiten: Es regnet Sternschnuppen. Im August findet das alljährliche Spektakel der Perseiden am Nachthimmel statt. In der Nacht vom 12. auf den 13. August erreicht das Himmelsschauspiel seinen Höhepunkt. Dann können mit etwas Glück bis zu 100 Sternschnuppen pro Stunde beobachtet werden. Wie das Wetter an diesem Maximum-Wochenende sein wird, ist noch unklar.

Der Meteorstrom der Perseiden ergießt sich jedes Jahr im August über den Nachthimmel und erreicht sein Maximum mit sehr hohen Fallraten in der Nacht vom 12. auf den 13. August. Aber auch in den Nächten um dieses Datum herum sind zahlreiche Sternschnuppen zu sehen – sofern das Wetter mitspielt. Wer also jetzt schon zufällig eine Schnuppe sieht, schickt am besten schon mal einen „Schönwetterwunsch“ in den Himmel. Denn mit jeder Sternschnuppe, so der Aberglaube, geht ein Wunsch in Erfüllung.

„Die Aussichten sind in diesem Jahr ziemlich vielversprechend, denn der Himmel klart in den kommenden Nächten häufig auf. Zudem ist der abnehmende Mond in diesem Jahr kein großer Störfaktor, da seine Sichel erst in den frühen Morgenstunden erscheint“, weiß Niklas Weise, Meteorologe bei WetterOnline.

Ein lichtarmes Plätzchen suchen

Wenn der Himmel wolkenlos ist, sucht man sich am besten einen idealen Beobachtungsplatz, um die Sternschnuppen in vollen Zügen genießen zu können.

Zur Vermeidung anderer störender Lichtquellen ist es ratsam, von der Stadt aufs Land zu fahren und sich auch dort von Ortschaften fernzuhalten. Die beste Sicht hat man von unbewaldeten Bergkuppen in der dunkelsten Nachtzeit von etwa 23 Uhr bis 4 Uhr morgens.  

Die Augen brauchen etwa 15 bis 30 Minuten, um sich an die Dunkelheit zu gewöhnen. Zur Orientierung: Die Sternschnuppen kommen aus dem Sternbild Perseus, das sich am Nordosthimmel befindet. Zur Orientierung dient auch das Sternbild Kassiopeia, auch „Himmels-W“ genannt, das sich oberhalb des Sternbildes Perseus befindet. Sternschnuppen können sich aber über den ganzen Himmel verteilen.

Staubteilchen verglühen und hinterlassen eine Leuchtspur

Ursache für das nächtliche Spektakel am Himmel ist die Staubfahne des Kometen „Swift-Tuttle“, der jedes Jahr im August die Erde passiert. Wenn die nur millimetergroßen Staubteilchen mit einer Geschwindigkeit von 60 Kilometern pro Sekunde auf die oberen Schichten der Erdatmosphäre treffen, werden sie abrupt abgebremst und bis zur Weißglut erhitzt.

Bis sie vollständig verglüht sind, legen sie aber oft noch Dutzende von Kilometern zurück. So entstehen die mehr oder weniger hellen Leuchtspuren am Nachthimmel. Die kleinsten verglühen so schnell, dass sie kaum wahrnehmbar sind. Die Leuchtspuren der größeren können einige Sekunden nachleuchten.

Quelle: wetteronline




Weil Ordnung und Sauberkeit so wesentlich für das Wohlbefinden aller sind

Reinigen in Sozialen Einrichtungen und Diensten cover

Reinigen in sozialen Einrichtungen und Diensten – Leitlinie für das Reinigungsmanagement

Viele Menschen an einem Ort machen nun mal jede Menge Dreck. Dieser ist der ideale Nährboden für Krankheitserreger und für Keime, die für den Zerfall sorgen. Deshalb kommt gerade in Räumen, die der Betreuung von Kindern dienen, der Hygiene eine besondere Bedeutung zu. Dafür hat der Gesetzgeber genaue Vorschriften erlassen. Doch, wer hat diese denn schon immer im Kopf? Und um das gewünschte Ergebnis zu erreichen, ist ein ordentliches Maß an Planung und Organisation notwendig.

Die Deutsche Gesellschaft für das Hauswirtschaft hat nun eine ausführliche Leitlinie für das Reinigungsmanagement herausgebracht. Dabei beschränkt sich „Reinigen in sozialen Einrichtungen und Diensten“ zwar nicht auf Kindertageseinrichtungen, behandelt diese aber ebenfalls in ausführlicher Form. Im ersten Teil des 260 Seiten starken Werkes im DIN A 4 Format geht es um die Auseinandersetzung mit dem Struktur- und Prozessmanagement der Reinigungsarbeiten sowie den rechtlichen Rahmenbedingungen. Der zweite Teil erläutert Kostenrechnung, Organisation, Personal- und die Ergebnisqualität in allen wichtigen Phasen der Reinigungsdienstleistungen.

Die besondere Bedeutung der Reinigung als existenzrelevante Leistung, die Erwartung an Reinigung und Reinigung im privaten Raum sind die Themen des ersten Kapitels. Hier geht es ins Grundsätzliche. Was ist Schmutz? Die Erklärung: „Schmutz – Materie an der falschen Stelle.“ So sei Sand im Sandkasten unverzichtbar, im Gruppenraum einer Kita oder auf dem Sofa aber Schmutz, der beseitigt werden müsse, lautet die Begründung. Und diese Beseitigung, Reinigung genannt, diene zur Werterhaltung, Verschönerung, Hygiene, Verhütung von Unfällen und Funktionserhaltung. Diese Grundsätzlichkeiten sind die Basis für die späteren, komplizierteren Erläuterungen zu Organisation, Rechtsfragen und sonstigem Management. So entsteht bei der Lektüre Stück für Stück ein ordentliches Maß an Expertenwissen, das für die Organisation der Einrichtung eigentlich unerlässlich ist. Dieses schärft auch den Blick dafür, ob eine Reinigung regelmäßig, fach- und sachgerecht durchgeführt wurde.

Nur wenige werden dieses umfangreiche Werk von der ersten bis zur letzten Seite aufmerksam durchlesen. Schließlich enthält es auch einigen Inhalt, der für Kindertageseinrichtungen nicht relevant ist. Dennoch sollte das Buch in keinem Team fehlen. Schließlich ist es einerseits ein perfekter Leitfaden für die Organisation des Reinigungsmanagements und dient zudem als Nachschlagewerk um Wissenslücken aufzufüllen. Dabei helfen vor allem die Reinigungs- und Hygienepläne, die der Verlag kostenlos unter www.lambertus.de/reinigen zum freien Download zur Verfügung stellt, sowie ein Stichwortverzeichnis mit den zentralen Begriffen.

„Reinigen in sozialen Einrichtungen und Diensten“ ist vor allem deshalb ein wichtiges Buch für Kindertageseinrichtungen, weil ein gereinigter, geordneter Raum eine Voraussetzung für Wohlbefinden ist und die Basis für eine gelungene pädagogische Arbeit.

Gernot Körner

Inge Maier-Ruppert, Margot Dasbach, Cornelia Feist, Martina Feulner, Annegret Reipricht, Martina Schäfer, Angelika Sennlaub

Reinigen in Sozialen Einrichtungen und Diensten
Leitlinie für das Reinigungsmanagement

ISBN: 978-3-7841-3045-3
260 Seiten
Lambertus
34,90 €




Bindung schafft Bildung

Die Persönlichkeit der Kindheitspädagog:innen als Ausgangspunkt für eine kindorientierte, entwicklungsförderliche Elementarpädagogik

Die pädagogisch gestaltete Landschaft in nahezu allen Kindertageseinrichtungen hat sich seit den Ergebnissen der ersten Pisa-Studie der OECD (2000) deutlich gewandelt. Obgleich es sich hierbei um internationale Schulleistungsuntersuchungen, ausgerichtet auf die drei Bereiche Lesekompetenz, Naturwissenschaften und Mathematik, gehandelt hat, blieben die Ergebnisse nicht nur auf den Schulbereich begrenzt, sondern hatten ihre Auswirkungen auch auf den Elementarbereich, obgleich dieser einen gesetzlich verbrieften „eigenen Erziehungs-, Bildungs- und Betreuungsauftrag hat (SGB VIII): als „Zubringerinstitution“ für die Schule!

Wo in der „Vor-Pisa-Zeit“ noch viel und intensiv gespielt, gesungen, getanzt, miteinander zugewandt kommuniziert wurde und vor allem Alltagssituationen in die tägliche Pädagogik integriert wurden, gerieten stattdessen immer stärker so genannte „Bildungsfenster“ im konkreten Entwicklungsalter der Kinder in den Fokus. Und diese wurden zielgerichtet mit Programmen gefüllt. Wo früher mit Kindern die „Leichtigkeit des Seins“ in guten Beziehungsbindungen genossen wurde, kam immer wieder die kritische Frage auf, ob eine solche (mit einer starken, negativ besetzten Etikettierung versehene) „Kuschelpädagogik“ nicht die „Selbstbildungskräfte“ von Kindern unterfordere und Entwicklungschancen ungenutzt verstreichen würden.

Wo früher Bindungsqualitäten der elementarpädagogischen Fachkräfte im Mittelpunkt ihrer Arbeit standen und auch in den meisten Konzeptionen niedergeschrieben waren, rückten „lernzielformulierte Bildungsanforderungen“ an Kinder ins Zentrum einer postulierten ‚zeitaktuellen’ Bildungspädagogik.

Wo früher der Faktor „Zeit & Ruhe“ eine wesentliche Bedeutung für die Pädagogik besaß, rückte in der „Nach-Pisa-Periode“ das Merkmal einer Ressourcen genutzten Quantitätsorientierung in den Vordergrund.

Wo früher mit Kindern die Außenwelt und die Natur erlebnisnah erforscht wurden, standen diese den Kindern immer häufiger in künstlich konstruiert hergestellten Situationen im Innenbereich der Kindertagesstätte zur Verfügung, die in der Gegenwart gerne auf Tablets betrachtet werden.

Der Bildungsbegriff begegnet uns überall

Wenn es ein „Zauberwort“ in der heutigen Elementarpädagogik zu bestimmen gäbe, dann hieße es unzweifelhaft „BILDUNG“. So dreht(e) sich in den meisten Kindertageseinrichtungen alles um die Primäraufgabe, >Bildung von Anfang an< zu realisieren, Bildungsarbeit  im Innenbereich umzusetzen und nach außen für Eltern, den Träger, die Öffentlichkeit möglichst unübersehbar transparent zu machen, Bildungsdokumentationen/Lerntagebücher für jedes Kind zu führen, Bildungsbücher zu erstellen, den Kindern immer wieder und an allen Orten/ zu jeder Gelegenheit neue Bildungserfahrungen zu vermitteln und in ihnen effiziente Lernkompetenzen auf- und auszubauen.

Ferner hieß es, dass Methodenkompetenzen in Kindern zu installieren und Medienkompetenzen aufzubauen sind, aus bildungsfernen Kindern sollen auch möglichst kluge Lernforscher gemacht werden. Kindertageseinrichtungen wurden in Zukunfts– und Lernwerkstätten/ Bildungshäuser verwandelt, möglichst bilinguale Sprachkompetenzen soll(t)en als Förderfundament schon im Krippenalter berücksichtigt werden und elementare Bildungspotenziale bei Kindern galt es so früh und so intensiv wie möglich zu aktivieren, damit vorhandene Bildungsfenster nicht ungenutzt brach liegen bleiben. So verwundert es nicht, wenn sogar auf öffentlichen Vorträgen in Deutschland Kinder als >Rohstoff< bezeichnet wurden und Bildung als eine >Investition in den Rohstoff< verstanden wurde, die eine >wertvolle Rendite< mit sich bringt. Da verschlug es selbst hartgesottenen Kindheitspädagog:innen mit einer humanistischen Grundhaltung fast die Sprache.

Bildungsblüten und ihre vielfältigen Farben

Damit kam bzw. kommt das gesamte Kinderleben immer stärker einem Leben gleich, das fast ausschließlich einer Aneinanderreihung von pädagogischen Arrangements entspricht. Es wird f ü r  Kinder gedacht und  f ü r  sie geplant, f ü r  Kinder arrangiert, vorbereitet, strukturiert und  f ü r  Kinder gehandelt anstatt zu begreifen, dass eine Pädagogik vom Kinde aus eine lebendig erlebte Alltagspädagogik  m i t  dem Ausgangs- und Mittelpunkt Kind ist. Gleichzeitig lautete bei kritischen Nachfragen der vielzitierte Antwortsatz: „Selbstverständlich holen wir das Kind dort ab, wo es steht und unsere pädagogischen Angebote sind stets ganzheitlich geprägt.“ Beide Begrifflichkeiten verkamen dadurch zu einer pädagogischen Farce. Und sie sind zu einer inhaltsleeren Worthülse geworden, weil didaktisierte Forschungsangebote, gefüllte Forschungskoffer, gezielt ausgegebene Forschungsgegenstände, in Tagesabläufe fest eingeplante (zugleich zeitisolierte und funktional angesetzte) Forscherzeiten in dafür vorgegebene Forscherräumen (mit Forschertischen, Forscherregeln, Forscherinseln, Forscherecken …) den Kindergartenalltag beherrschen.


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Armin Krenz
Elementarpädagogische Grundsätze auf den Punkt gebracht
20 PowerPointPräsentationen als Grundlage für Teambesprechungen, Fortbildungsveranstaltungen und Fachberatungen
344 Seiten mit zahlreichen Abbildungen
ISBN 978-96304-613-1
29,95 €

Die PowerPointPräsentationen und Seminarunterlagen von Prof. Armin Krenz haben sich in zahlreichen Vorträgen und Weiterbildungen bewährt. Sie vermitteln kurz und prägnant das Wesentliche für die pädagogische Praxis und stützen sich dabei auf neueste wissenschaftliche Erkenntnisse. Mit seinem Buch unterstützt er pädagogische Fachkräfte dabei aktuelles Wissen in die Praxis umzusetzen.


Verplante und funktionalisierte Kinderzeiten rauben Kindern ihre Kindheit

Bildung geschah bzw. geschieht immer noch in einem Fächerkanon (Montag Naturwissenschaft, Dienstag Sprachbildung …). Wobei jeder Tag selbst in Freizeit-, Arbeits– und Lernfelder unter- und aufgeteilt wurde/wird. Alles passierte durch eine alltagsverbreitete (und gleichzeitig wissenschaftlich nicht nachvollziehbare) Annahme, die da lautete: je mehr Förderangebote und Stimulation das Kind erhält, desto mehr Synapsen bilden sich im Gehirn und desto mehr >brainpower< besitzt das gegenwärtige und zukünftige Kind. Die Frage blieb bzw. bleibt dabei vollkommen unbeantwortet, nämlich die, was bei einer solchen Bildungsarbeit >ganzheitlich< bzw. >nachhaltig< ist und inwiefern die Kinder tatsächlich der Ausgangspunkt für die vielfältigen Angebote sind. Ein nachhaltiges Lernen geschieht im Alltagserleben der Kinder und nicht in vorgestanzten Musterbögen vgl.: Carter, R, 2009/ Damasio, J.R., 1997; Jackel, B. (2008).

Dr. Herbert Renz-Polster, Kinderarzt und Wissenschaftler, schreibt dazu in seinem vielbeachteten Buch >Menschenkinder<: „Lässt man den Zeitraffer laufen, so wurden den Kindern zuerst die Wälder genommen, danach die Wiesen, die Hinterhöfe, die Brachflächen, dann die Straßen, Gassen und Gärten. Und schließlich noch die Zeit selbst./…/ Michael Ende hat in Momo kein Märchen erzählt: Da gibt es jemand, der den Kindern die Zeit stiehlt.“ (2011, S. 55). Kinder werden aufgrund einer gesellschafts- und wirtschaftspolitischen Zuordnung als >gesellschaftsrelevantes Wettbewerbsobjekt< angesehen, so dass sich unbemerkt die Hochleistungsgesellschaft die Kinder einverleibt.

Professor Sigurd Hebenstreit schrieb schon in einem vor 27 Jahren erschienenen Artikel: „Wir stecken die Kinder in immer mehr pädagogische Arrangements, damit sie lernen, ihren Gefühlen nicht zu trauen, theoretisch über alles schwätzen zu können, ohne den Hammer in die Hand zu nehmen. Die Reise vom Säugling zum Erwachsenen wird länger, komplizierter, schwieriger, brüchiger. /…/ Noch nie wurden so viele Kinder und Jugendliche so lange unmündig gehalten. Und noch nie wurde so vielen Kindern so früh ihre Kindlichkeit ausgetrieben.“ (1996, S. 257 f.) Seine Bedenken und die vieler anderer wurden nicht nur überhört, sondern vielmehr konsequent weiterhin auf die Spitze getrieben.

Wenn Lisa Becker in der FAZ 18 Jahre später schon von einer „Karriereplanung im Kindergarten“ spricht, schließt sich der Kreis. Woran scheint es zu liegen, dass die Elementarpädagogik (ebenso wie ein großer Elternteil bzw. viele Träger von Kindertageseinrichtungen) glaubt, Kinder ständig belehrend fördern zu müssen? U. Frischenschläger-Rempe geht von folgendem Grundübel aus: „Es fehlt offenbar an einem Grundvertrauen in die kindlichen Kräfte der Selbststeuerung, ihrer Fähigkeit zur Ko-Konstruktion und in die Macht der kindlichen Neugier“ (2013, S. 40) und schon 2011 sprach Susanne Gaschke von einer >verkauften Kindheit<.

Schon eine alte chinesische Weisheit lautet: „Das Gras wächst nicht schneller, indem man daran zieht.“

Warum eine Bildung aus I. Hand auf der Grundlage non-formaler Bildungsgrundsätze gerechtfertigt und notwendig ist

Kinder sind von Anfang an von sich aus aktiv, wollen die Welt (in sich und um sich herum) entdecken, erkunden, begreifen und entwickeln sich in einer anregungsreichen Umgebung und einer beziehungsorientierten Pädagogik aus sich selbst heraus (vgl.: Haug-Schnabel, G. + Bensel, J., 2017). Sie sind dabei von einer großen Neugierde getrieben, ihr eigenes Leben aufzubauen und zu verstehen sowie ihre individuelle, unverwechselbare Existenz in eine Beziehung zu ihrem erlebten Umfeld zu setzen. Dabei wählen sie selbst aufgrund ihrer biographischen Eindrücke und entwicklungspsychologisch geprägten Merkmale in selektiver Form aus, was ihnen bedeutsam und wichtig erscheint, um sich den intrinsisch vorhandenen Wahrnehmungsschwerpunkten zuzuwenden. Alle Bildungsprozesse ergeben sich aus sinnstiftenden Fragen, die sich das Kind immer wieder stellt: wer bin ich, waskann ich, was habe ich an Gestaltungsmöglichkeiten, zu wem gehöre ich, wer sinddie anderen und was passiert gerade jetzt um mich herum? Insofern geschieht Bildung in aktiv beteiligten und bindungsorientierten Interaktions- und Kommunikationsprozessen!

Ein ‚hirngerechtes Lernen’ vollzieht sich im Kind dann, wenn

  • das Kind ein annehmbares Selbsterleben und gleichzeitig eine annehmbare Akzeptanz des Themas/ der Gegebenheit/ der Herausforderung in sich spürt;
  • in dem Kind – ausgelöst durch das Thema/ die Herausforderung/ die Gegebenheit – Erlebnisse, Ereignisse oder Erfahrungen aus der eigenen Lebenswelt wachgerufen werden;
  • im Kind eine emotional bedeutsame, persönliche Beziehung zu dem aktuellen Thema besteht, damit eine ‚neuronale Vernetzung’ geschehen kann;
  • die Entwicklungsatmosphäre, in dem sich das Kind befindet, motivierend ist. Andernfalls tritt bei einer Divergenz nach ca. 4-8 Minuten Langeweile im Kind auf, verbunden mit der Folge, dass es sich Ablenkungsmöglichkeiten sucht – vielfach in der Form, Stress durch Bewegung abzubauen. (vgl. Carter, R., 2009)

Lernangebote, die diese Voraussetzungen nicht erfüllen, sorgen für ein ‚unnatürliches Lernen’ und schaffen eine ‚Unordnung“ im Gehirn’, entsprechend der neurobiologischen Gesetzmäßigkeit: Use it or loose it! (vgl. Markova, D., 2005; Jackel, B., 2008).

Die intraindividuelle Individualität des Kindes, die es aus wissenschaftlicher Sicht verbietet, von einem >idealtypischen Durchschnittskind< zu sprechen, sorgt dabei stets für einen ganz persönlichen Entwicklungsverlauf, der je nach Sättigung der unterschiedlichen seelisch-sozialen und körperlichen Grundbedürfnisse einen aktiv gestalteten Entwicklungsverlauf nimmt (Krenz, A., 2019). In dem Maße, in dem nun dem Kind seine Selbstaktivität sowie seine subjektiv geprägte Wahrnehmungsorientierung genommen wird, kommt es immer stärker zu einer Einschränkung und zum Abbau seiner Selbstbildungskräfte, was wiederum für eine nachhaltige Bildungsentwicklung kontraproduktiv ist. Janusz Korczak, der große Arztpädagoge, trat stets für die „Rechte des Kindes“ ein und kam in diesem Zusammenhang zu folgendem Schluss: >Ein Kind ist kein Lotterielos, um den ersten Preis zu gewinnen< (In: Schönefeld, A., Berlin 2013).

Bildung ist Persönlichkeitsbildung

1996 hat die Europäische Union im >Amsterdamer Vertrag< den Richtwert einer nachhaltigen Bildung beschlossen und 2001 hat der Europarat in Göteborg ein langfristiges Nachhaltigkeitskonzept verabschiedet. Im so genannten „Delors-Bericht“ (1997) ist Bildung als der Kern der Persönlichkeitsentwicklung und der Gemeinschaft hervorgehoben, deren Aufgabe es ist, jeden Menschen – ohne Ausnahme – in die Lage zu versetzen, dass er all seine Talente zur vollen Entwicklung bringen und sein kreatives Potenzial, einschließlich der Verantwortung für das eigene Leben und der Erreichung persönlicher Ziele, ausschöpfen kann.

Hier geht es nicht primär um eine „kognitiven Förderung“ sondern eine im Vordergrund sozial-emotionale stabile Handlungskompetenz. Nachhaltige Bildung drückt sich beispielsweise in den personalen Kompetenzen aus, im Sinne einer lebenslangen Lernfreude sein Wissen ständig erweitern zu wollen, die eigene Handlungskompetenz auszubauen (statt über Ungerechtigkeiten oder Konflikte zu klagen), Verständnis für andere Menschen/ Kulturen und deren Geschichte, Interkulturalität, den Wert einer inklusiven Gesellschaft aufzubringen, mit einem guten Urteilsvermögen, einer hohen Eigenständigkeit und sozialen Verantwortung das Leben aktiv zu gestalten, Solidarität zu zeigen, Empathie und Partizipationswünsche zu entwickeln, Selbstbildungsarbeit auf sich zu nehmen, eine allsinnige Weltwahrnehmung an den Tag zu legen, Lernangelegenheiten und Lernherausforderungen anzunehmen sowie Vernetzungen aus unterschiedlichen Beobachtungen/ Ereignissen herzustellen, um folgerichtige Entscheidungen zu treffen, aus Fehlern zu lernen und bei Problemlagen nach Lösungen zu suchen.

Dies alles fußt auf der Ausgangssituation entwicklungspsychologischer Gesetzmäßigkeiten, die zugleich ein Beleg für eine nonformale Bildungsarbeit sind:

  • Jedes Kind ist aktiv und entwickelt sich aus einem achtsamen Dialog aus sich selbst heraus.
  • Das Kind ist einerseits von Neugierde geprägt und gleichzeitig subjektiv selektiv, indem es für sich Bedeutsamkeiten erkennt und aufgreift sowie unbedeutsame Signale unberücksichtigt lässt.
  • Jedes Kind selbst bestimmt – wie auch seine Umwelt – den Entwicklungsverlauf stets aktiv mit.
  • Da es kein ‚idealtypisches Durchschnittskind’ gibt, muss die Tatsache in der kindlichen Entwicklungsbegleitung zur Kenntnis genommen werden, dass jedes Kind eine intraindivuelle Individualität besitzt.
  • Ebenso ist bei Kindern gleichen Alters kein Entwicklungsmerkmal gleich ausgeprägt, so dass eine interindividuelle Individualität vorliegt.  

Diese >elementare Bildung< ist daher von grundlegender Bedeutung für die weitere Lebensgestaltung eines jeden Menschen. Dabei haben entwicklungsbegleitende Erwachsene für eine lernunterstützende, möglichst individualisierte „Bildungsatmosphäre“ zu sorgen. Bildung hat im originären Sinne nichts mit einem „schulischen“ Lernen zu tun und noch weniger mit einem „vorschulorientierten“ Arbeiten (= Bildung aus II. Hand).

Bildung orientiert sich nicht auf einen Wissenswettbewerb mit Siegern und Verlierern sondern auf Werteentwicklungen, Zeitlosigkeit, die Schönheit der Kunst, die Kraft der Musik und die Besonderheit einer sorgfältig gepflegten Sprache. Bildung kennt keine Hektik, sondern schätzt gelebte Zeiten, Ruhe und Muße. Sie lässt sich nicht nach „Nutzen“ zweckentfremden, sondern schenkt gerade den Kindern eine große Gedanken-, Handlungs- und Selbstentfaltungsfreiheit, um Widersprüche zu entdecken, fantasievoll zu denken, kreativ zu handeln, Gefühle zu erleben/ ausdrücken zu können und dadurch immer wieder die Möglichkeit zu bekommen, sich selbst immer besser kennenzulernen und sich selbstexplorativ zu stabilisieren (= Bildung aus I. Hand). Kinder brauchen statt einer Beschleunigung ihrer Kindheit eine Entschleunigung ihres Alltagserlebens. 

Die HALTUNG gestaltet eine kindorientierte Pädagogik

Empfehlungen für eine nachhaltige Bildung

In den Jahren 2010/ 2011 wurde der Entwurf „Mehr Chancen für Bildung von Anfang an – Grundsätze zur Bildungsförderung für Kinder von 0 bis 10 Jahren in Kindertageseinrichtungen und Schulen im Primarbereich“ im Bundesland Nordrhein-Westfalen – unter wissenschaftlicher Begleitung der Hochschulen Niederrhein in Mönchengladbach und der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster – in ausgewählten Forschungsnetzwerken begleitet. Daraus entstand eine – unter Einbeziehung weiterer Ausgangssituationen – eine überarbeitete Fassung für den Elementar- und Primarbereich, die im Jahre 2016 in Form der >Bildungsgrundsätze für Kinder von 0 bis 10 Jahren< publiziert wurde und als Orientierungsgrundlage für die Praxis dienlich sein soll. Auch wenn sich die Grundsätze in Deutschland auf das Bundesland NRW beziehen, sollen sie an dieser Stelle als Basisaussagen für eine Gesamtbetrachtung zu Grunde gelegt werden.

Das KIND ist Ausgangspunkt der Entwicklungsarbeit

Wenn im Aufgabenfeld der „Bildung, Erziehung und Betreuung“ lt. den Bildungsgrundsätzen (=BG) zunächst „das Kind in der Entwicklung seiner Persönlichkeit individuell, ganzheitlich und ressourcenorientiert herauszufordern und zu fördern ist“ (S. 9). So wird an dieser Stelle von dem individuellen Subjekt Kind (nicht den Kindern) ausgegangen, das in seiner Persönlichkeit (nicht im Sinne eines Leistungsträgers) – ausgehend von der Reformpädagogik – nicht a priori teilisoliert im kognitiv-intellektuellen Bereich gefördert wird, sondern es gleichzeitig (in derselben Tätigkeit) auch affektiv-emotional, sinnlich und motorisch ( = ganzheitlich) beteiligt ist. Und dies auf der Grundlage seiner individuell vorhandenen Stärken – ganz im Gegensatz zu einer Sichtweise, nach einer Defizit-/ Fehlerfindung die Schwächen zum Arbeitsschwerpunkt zu erklären.

So fordern die BG ein radikales Umdenken, ein Lösen vom traditionell geprägten Bild eines Kindes, an seinen „Schwächen zu arbeiten“. Zwei Fragen an die Praxis: Sind Beobachtungen des Kindes/„Angebote“ im pädagogischen Alltag an Stärken oder Schwächen orientiert? Und: sind die Alltagsaktivitäten, in denen den Kindern gleichzeitig(!) sinnliche, affektiv-emotionale, motorisch aktive und kognitiv-intellektuelle Ausdrucks- und Erfahrungen ermöglicht und diese unterstützt werden, tatsächlich ganzheitlich ausgerichtet? (Krenz, A., 2019)

Das KIND braucht Mitgestaltungs- und Freiräume

In vielen Kindergärten gibt es wie zuvor beschrieben „Programme“ , mit denen die Fachkräfte den Tagesablauf vorstrukturieren, weil es ihren Vorstellungen nahekommt, zu wissen, was Kinder brauchen und was sie in der „Bildungszeit“ >lernen< sollen. Demgegenüber verlangen die BG ein vollkommen anderes Verständnis! So heißt es beispielsweise: „Bildungsprozesse entstehen auf der Grundlage von Selbstbildungspotenzialen /…/, in interaktiven Beziehungen und Situationen“, im „sozialen Austausch“ und in „konkreten Lebenssituationen“. (S. 11) / Nachhaltige „Erfahrungen „brauchen einen realen Lebensbezug.“ (S.28) (Anmerkung: Künstlich hergestellte und initiierte Erwachsenenaktivitäten sind wahrlich keine >konkreten Lebenssituationen<!)   „Hierfür brauchen Kinder Freiräume zum selbstständigen Gestalten, vielfältige Gelegenheiten, ihre Interessen, Sichtweisen und Bedürfnisse auszudrücken …“ (S. 13) „Das Kind wählt aus, was für seine momentane Lebenssituation von Bedeutung ist. Und welcher Zeitpunkt und welche Zeitspanne angemessen sind, um sich die Welt spielerisch und lernend zu erarbeiten. Das >Aneignen von Welt< ist eine Aktivität der Kinder, die niemand für sie übernehmen kann“ (S. 16) Zwei Fragen an die Praxis: Werden tatsächliche, konkrete Lebenssituationen zum Handlungsausgangspunkt der Tagesabläufe erklärt? Und: Hat jedes Kind die Möglichkeit einer Auswahl und einer Mitbestimmung des zeitlichen Umfanges  o d e r  werden die Kinder den zeitlich festgelegten Programmen zugeordnet, ggf. sogar diszipliniert, um konzentriert am Fremdprogramm mitzuarbeiten? Zumal aus der Bildungsforschung u.a. seit langem Folgendes bekannt ist: „Kinder bilden sich nicht, indem sie fertiges Wissen und Können lediglich von anderen übernehmen…“/ Die individuellen Entwicklungsvoraussetzungen des Kindes stehen dabei (Anmerkung: gemeint ist die Selbstbildung) immer im Zentrum dieses Prozesses.“ (S.17)

Kindern steht eine BEGLEITUNG zu – kein vorgegebener Dirigismus

Zum Bildungsverständnis selbst heißt es in den BG u.a.: „Das Wissen über die Stärken, Interessen und Bedürfnisse eines Kindes sowie seine Perspektive sind Ausgangspunkt für Bildungsprozesse. Sie sind ganzheitlich angelegt“…, wobei das Kind „vor allem unterstützend handelnde Bezugspersonen“ benötigt. „Kontinuierliche, wertschätzende Beziehungen im Kindesalter, die Erfahrung von Autonomie und Sicherheit, Trost und Selbstwirksamkeit ermöglichen dem Kind, später selbst verlässliche und emotional offene Beziehungen einzugehen und wirken sich positiv auf den gesamten Bildungs- und Entwicklungsprozess des Kindes aus.“ (S. 18).

Bildung wird in den BG als ein sozialer Prozess – und damit nicht als eine Ansammlung/ Darbietung von Bildungsangeboten verstanden. Wobei es stets einer „einfühlsamen Begleitung“ bedarf (S. 19), zumal „Bildung und Bindung untrennbar miteinander verbunden sind.“ (S. 24). So geht es darum, „ individuelle Wege und Tempi zuzulassen als auch einen gezielten Beitrag zur individuellen Förderung zu ermöglichen.“ (S. 21) Wiederum stellen sich zwei weitere Fragen für die Praxis: Wie ist es möglich, diese Forderungen in fertig vorformulierten und standardisierten Angebotspaketen umzusetzen? Und: Sieht es in der Praxis nicht häufig so aus, dass es zu einer Umkehrung kommt, dass nämlich die KINDER zu Begleitobjekten der Programme und ihrer Angebotspersonen degradiert werden?

Bewegung gehört zum Lernen wie Sprache in Alltagskommunikation

„Bewegung fördert die körperliche, aber auch die kognitive Entwicklung.“ (S.78) Gleichzeitig existiert ein unauflöslicher „Zusammenhang zwischen Motorik und Sprache“ (S.78) Damit ist weder eine ‚Bewegungsbaustelle’ noch ein ‚Bewegungsraum’ gemeint. Vielmehr geht es um eine alltagsintegrierte Bewegungsvielfalt in allen Lern- und Sinnzusammenhängen. Gleiches gilt für die Sprachentwicklung. In den BG wird die Neuausrichtung, nämlich eine alltagsintegrierte Sprachbildung aufgenommen. So heißt es im Bildungsbereich „Sprache und Kommunikation klipp und klar: „Kinder entwickeln Freude an Sprache und Sprechen, wenn ihre sprachlichen Handlungen in sinnvolle Zusammenhänge gestellt sind und die Themen ihre eigenen Interessen berühren.“ (S. 92) So stellt sich erneut die Frage, warum dann viele „Sprachbildungsprogramme“ in der Elementarpädagogik Einzug gehalten haben/ halten und weiterhin von vielen Fachkräften vehement verteidigt werden, obgleich eine alltagsintegrierte, entwicklungsförderlich gestaltete Kommunikation eine große Nachhaltigkeit mit sich bringt und in vielfältigen Untersuchungen bewiesen hat?  

Das SPIEL als zentraler Ausgangspunkt für alle Bildungsprozesse

Ein Blick in die häufig zu beobachtende Alltagspraxis elementarpädagogischer Einrichtungen lässt den Rückschluss zu, dass das ausgiebige und intensive Spiel des Kindes zur Randerscheinung erklärt wird, in den Hintergrund gedrückt und zusätzlich mit Lernzielen funktionalisiert wird. Dabei wird schnell vergessen, dass „nur die Handlung, in der die Spielabsichten und Ziele des Kindes verwirklicht werden, wesentlich ist – und nicht das Ergebnis.“ /…/ Das Spiel „ist ein ganzheitliches Lernen, weil es die Entfaltung der Persönlichkeit des Kindes und seinen gesamten Entwicklungs– und Lernprozess fordert und fördert. Spielen und Lernen sind deshalb keine Gegensätze /…/“ (S. 22).

Vieles wird in der Elementarpädagogik als Spiel „verkauft“ – doch bei genauerer Betrachtung sind es allzu häufig funktionsorientierte Lernspieleinheiten und haben im ursächlichen Sinne nichts mit dem freien Kinderspiel zu tun. „Bildungsprozesse, die dem Spiel zugrunde liegen, gehen immer von der Eigenaktivität des Kindes aus (nicht damit gemeint sind von Erwachsenen angebotene Formen des Spiels zur Vermittlung von Inhalten.“ (S.22).

Immer wieder wird die zentrale Aussage zum hohen Bedeutungswert des Spiels vergessen: „Das Spiel ist die wichtigste Form des selbstbestimmten, lustbetonten Lernens in der elementaren Bildung.“, wobei die Raumgestaltung den Bewegungsdrang von Kindern berücksichtigen muss /…/“ (S. 22). Konsequenterweise braucht das Kind die Möglichkeit, „sein Spiel und seine Spielformen selbst zu gestalten, über seinen Spielort, sein Spielthema und den Spielinhalt sowie Spielmaterialen selbst zu entscheiden, seine Spielpartner selbst zu wählen und dabei ausreichend Zeit für ‚Freies Spiel’ zur Verfügung haben.“ (S. 23) Zwei Fragen sind aufgrund der vorherigen Aussagen angezeigt: wird das kindliche Spiel tatsächlich in den Kindertageseinrichtungen in dieser hohen Wertigkeit eingeschätzt und damit zum größten, umfangreichsten Tagesausgangspunkt erklärt? Und: Sind KINDER tatsächlich die Spielakteure, die Ort, Zeit, Inhalte, Materialien, Form, Mitspieler/innen auswählen können?

Die in den BG genannten zehn Bildungsbereiche lassen sich „lediglich gedanklich voneinander abgrenzen

/…/ Kinder suchen sich Bildungsgegenstände nicht entlang eines Kategoriensystems aus.“ (S. 74) Das heißt: In der Elementarpädagogik darf es keinen „Stundenplan“ geben, weil Kinder so nicht lernen. Ebenso wenig darf es voneinander abgegrenzte Bildungsbereiche/ -angebote geben, weil ein solches Vorgehen neuropsychologischen und selbstbildungsorientierten, wissenschaftlichen Erkenntnissen diametral widerspricht. Gleichzeitig dienen die Bildungsbereichsangaben als Anregungen und „sind als Impulse zu verstehen, (um) die eigene Arbeit zu reflektieren, das eigene Repertoire zu überprüfen und ggf. zu erweitern oder zu modifizieren.“ (S. 75) Das heißt: Die BG verlangen weder ein Abarbeiten der genannten Möglichkeiten noch dienen sie einer vorgegebenen Arbeitsverpflichtung! Es sind >Leitideen<, nicht mehr und nicht weniger. Die vielgehörte Aussage: „Wir müssen doch aber entsprechend den Bildungsbereichen …“ ist an keiner Stelle in den BG und damit in keiner Form begründet/ zutreffend.   

Kindorientierte Schlussfolgerungen:

Die in den BG deutlich genannten und grundlegend erläuterten Kernaussagen verlangen eine inhaltliche Auseinandersetzung mit sich selbst und im Kollegium: wahrnehmungsbereit und zugleich inhaltsoffen für eine neue (im Grunde ist es eine schon seit langem bestehende und notwendige) Betrachtungsweise der Elementarpädagogik. Für manche Einrichtungen ist es eine Kehrtwende zur gegenwärtig realisierten Praxis. Für andere wiederum eine Bestätigung ihrer Sichtweisen. Entscheidend ist die Haltung, Einstellung, Sichtweise – das Selbstverständnis, das Kindheitspädagog:innen von sich selbst, ihrer Arbeit und ihrem Berufsverständnis haben. Die BG beinhalten eine fachwissenschaftlich abgesicherte Basis. Doch solange diese nicht aufgenommen und verstanden wird, bleiben auch die BG eine wertlose Makulatur, was für die Kinder und den Eigenwert der Elementarpädagogik dramatisch wäre.  

Konsequenzen für eine nachhaltige „Bildungsarbeit aus I. Hand“ 

Um aus dem Dilemma einer zunehmend verplanten >Bildungskindheit< und einer dogmatisierten Elementarpädagogik herauszukommen, bedarf es eines radikalen Perspektivwechsels, um Kindern eine „Bildung aus erster Hand“ (Prof. Dr. Gerd Schäfer, 2014) auf der Grundlage eines non-formalen Bildungsverständnisseszu gewährleisten:

  1. Kindheitspädagog:innen brauchen (a) ein ganz spezifisches, aktuelles Wissen über das Bindungs– und Lernverhalten sowie die Entwicklungsvorgänge des Kindes in den ersten Lebensjahren, (b) die Bereitschaft sowie die innere Motivation, ihre Arbeit, ihr elementarpädagogisches Verständnis selbstkritisch zu betrachten, um sich ggf. von unwirksamen Traditionen, starren Normvorstellungen und sinnentleerten Förderprogrammen zu lösen und (c) den Mut, wissenschaftlich fundierte Aussagen zur „Bildungsarbeit“ anzunehmen, im Kollegium, vor den Eltern, dem Träger und auch den Fachberater/innen begründet zu vertreten, um sich von unberechtigten, alltagsgesteuerten Erwartungen abzugrenzen.
  2. Erwachsene (Kindheitspädagog:innen & Eltern) müssen sich von dem derzeit weit verbreiteten Bild verabschieden, Kinder seien schon in den ersten Lebensjahren zu einem „Schulkind“ bzw. möglichst gut entwickelten „Jungerwachsenen“ zu perfektionieren, wodurch zukunftsorientierte Erwartungen an Kinder zur Gegenwart erklärt werden;
  3. Erwachsene müssen die frühen Lebensjahre von Kindern als einen eigenständigen Entwicklungszeitraum einer „Kindheit“ begreifen, der durch entwicklungspsychologische Besonderheiten gekennzeichnet ist und darauf entsprechend die gesamte Arbeit abstimmt werden muss;
  4. Kinder brauchen eine Lernumgebung im Innen- und Außenbereich, in der sie handgreiflich, unmittelbar, aktiv, mit allen Sinnen, innerlich beteiligt und engagiert Erfahrungen machen können, die ihnen helfen, das Leben selbstständig, unabhängig und sozial beteiligt zu spüren und selbstaktiv zu gestalten. Gleichzeitig muss dabei dem Spiel ein entsprechend großer Raum zugestanden werden.
  5. Kinder brauchen keine künstlichen, von Erwachsenen arrangierte Welten, die sie „bespaßen“ bzw. „belehren“ und von ihren ureigenen intrinsischen Handlungsinteressen immer weiter wegführen.
  6. Erwachsene müssen Kindern vielfältige, alltagsbedeutsame Herausforderungen zutrauen, die Kinder mit Mut und Engagement, Lebendigkeit und Stolz, Risikobereitschaften und Leistungserlebnissen ausfüllen können. Dazu ist eine risikobereite Einstellung der Fachkräfte ebenso notwendig wie eine Umgebung (innerhalb und außerhalb der Kindertagesstätte), in der viele unsinnige und überflüssige „Sicherheitsvorschriften“ außer Kraft gesetzt werden müssen.
  7. Träger und Gesetzgeber sind in dem Zusammenhang aufgefordert, entsprechende Sicherheitsvorschriften und Richtlinien zu entkernen, um den Kindern und zugleich den elementarpädagogischen Fachkräften wieder die Freiheit zu schenken, die für ein entdeckendes Erfahrungslernen unumgänglich ist.
  8. Erwachsene müssen mit Kindern leben, mit Kindern fühlen, mit ihnen planen, mit ihnen spielen und mit ihnen die Welt entdecken (und nicht „am Kind“ bzw. „für das Kind“ planen, Vorhaben vorstrukturieren, Vorgedachtes anbieten). Sie müssen Kinder zu allen Zeiten ernst nehmen und die ‚Dinge der Welt’ aus deren Sicht auch verstehen zu wollen.
  9. Erwachsene müssen sich der Perspektive der Kinder zuwenden und damit aufhören, Kinder in die Perspektive der Erwachsenen zu zerren. Dabei geht es auch darum, auf die verbalen und nonverbalen Aussagen/ Signale und damit die Befindlichkeit der Kinder einzugehen, um mit Kindern im Dialog zu stehen.
  10. Kinder brauchen weniger eine didaktische Vielfalt an Programmen als vielmehr feste Bezugspersonen, die sich selbst als entscheidenden didaktischen Mittelpunkt begreifen; sie brauchen zuverlässige Bindungserfahrungen und damit engagierte, lebendige, staunende, mitfühlende, wissende, handlungsaktive, mutige, risikobereite, zuverlässige Menschen um sich herum und keine besserwissenden Rollenträger(innen), die immer noch meinen, Belehrungen der Kinder mache Kinder klug.
  11. Kindheitspädagog:innen müssen sich als Bildungsvorbilder verstehen, weil es die Facetten ihrer eigenen Sprache, ihr Sprechen, ihre vielfältigen Interessensschwerpunkte, ihre unersättliche Neugierde, ihre vielen Lebens- und Umfeldfragen, ihre unterschiedlichsten Aktivitäten, ihre Gefühlskompetenzen, ihr eigener Forscherdrang, ihre ausgeprägte Lernfreude und ihre hohe Motivation zum Beruf sind, die Kinder fasziniert und die Kinder sich zu ihnen regelrecht hingezogen fühlen.
  12. Bildungsarbeit ergibt sich aus den Lebensthemen der Kinder und dabei ist es die Aufgabe der Fachkräfte, das sich bildende Kind zu begleiten.
  13. Weil Kinder ihr Leben und ihr Umfeld ganzheitlich verstehen, müssen alle Lernerfahrungen für Kinder auch sinnlich und entwicklungsvernetzt möglich sein.
  14. Die Bildungspolitik aller Länder muss dafür Sorge tragen, dass in der Elementarpädagogik eine non-formale Bildungsarbeit verbindlich wird und in der entsprechenden Form umgesetzt wird. So wie es das Land Luxembourg durch den „Nationalen Rahmenplan zur non-formalen Bildung im Kindes- und Jugendalter“ modellhaft für Europa umgesetzt hat, in dem die wesentlichen Elemente einer kindorientierten Elementarpädagogik in den Mittelpunkt gerückt werden (Stichworte: Situations-, Handlungs- und Partizipationsorientierung, Orientierung an Ganzheitlichkeit, Selbstorganisation, Kooperation; Kindergartenpädagogik respektiert den geschützten Raum der Kindheit; Schaffung eines Bezugs zur realen Lebenswelt; Einbettung der Sprachförderung in die Lebenswelt des Kindes; Schutz vor einer Überfrachtung mit den von Erwachsenen verantworteten Problemen nicht-nachhaltiger Entwicklungen).

Kinder leben durch Erlebnisse und lernen aus bedeutsamen Erfahrungen, die >unter die Haut gehen<

Sie lernen nicht durch ein vorgesetztes Kopfkino, das mehr und mehr einem Stopfkopf gleichkommt. Erinnert sei in dem Zusammenhang an Maria Montessori, die die Forderung aufstellte: „Die Aufgabe der Umgebung ist es nicht, das Kind zu formen, sondern ihm zu erlauben, sich zu offenbaren.“ Damit ist per se eine Aufteilung der Bildungskompetenzen und Bildungsfelder/-fächer – wie in vielen Bildungs- und Orientierungsrichtlinien dargestellt und ausgeführt sowie in vielen Einrichtungen „stundenplanmäßig“ angeboten und abgearbeitet- unzulässig und für eine bindungsorientierte Selbstbildungspraxis ausgeschlossen.

Grundsatzgedanken zur Bedeutung der Persönlichkeit von Kindheitspädagog:innen für entwicklungsförderliche Selbstbildungsprozesse bei Kindern

Max Frisch hat sich in seinen vielen Schriften immer mit der Frage nach der IDENTITÄT des Menschen und dem Umgang mit seiner Welt auseinandergesetzt. In seinem ersten Tagebuch (1946-1949) schrieb er unter anderem:

„Auch wir sind die Verfasser der anderen; wir sind auf eine heimliche und unentrinnbare Weise verantwortlich für das Gesicht, das sie uns zeigen, verantwortlich nicht für ihre Anlage, aber für die Ausschöpfung dieser Anlage.“

Dieser Satz trifft mit seiner Bedeutung genau in die hohe Verantwortung einer entwicklungsförderlich-begleitenden Tätigkeit. Gleich den Verfassern von Büchern, Fachartikeln und Konzeptionen, die ihre Gedanken ‚schwarz auf weiß’ zu Papier bringen, sind es auch Kindheitspädagog:innen, die mit ihrer Persönlichkeit, ihrem persönlichen sowie beruflichen Selbstverständnis und ihrer besonderen Arbeitsweise eine prägende (Aus)Wirkung auf Kinder haben – neben den Einflüssen der Elternhäuser.

Auch Kindheitspädagog:innen wirken ­heimlich und unentrinnbar – entsprechend dem Watzlawick-Axiom, das sich der Mensch nicht nicht verhalten kann, bringen sie doc ständig ihren Einfluss körpersprachlich, handlungstätig und verbal ins Interaktionsgeschehen mit Kindern ein – wirkend und ständig Einfluss nehmend! Und damit zeigen Kinder ihre Verhaltensweisen auch (und immer) als eine Reaktion auf das subjektive Erleben der (elementar)pädagogischen Kräfte. Insoweit überrascht es nicht, wenn der bekannte Psychoanalytiker Carl Gustav Jung einmal u.a. auch diese zwei Aussagen getroffen hat: „Wenn wir bei einem Kind etwas ändern wollen, sollten wir zuerst prüfen, ob es sich nicht um etwas handelt, das wir an uns selbst ändern müssen.“ (Zitate EU, 28415). Und:

„Alles, was uns an anderen missfällt, kann uns zu besserer Selbsterkenntnis führen.“ (Zitate EU, 734)

Zwei Sätze, die von hoher Aussagekraft sind und dennoch häufig außer Acht gelassen werden. So sind es pädagogische Fachkräfte durch ihre (geschichtlich zurückliegende und darin begründete) Profession gewohnt, Entwicklungsziele für Kinder zu formulieren: Sie versuchen immer wieder dafür zu sorgen, dass sich Kinder auf unterschiedlichste Herausforderungen einlassen, Wesentliches von Unwesentlichem unterscheiden lernen, sich selbst und ihre Handlungstätigkeiten genau anschauen, Fragen stellen und Hypothesen bilden, Theorien entwerfen und diese handlungsorientiert überprüfen, ihre Handlungen durch Versuch und Irrtum immer wieder neu einrichten und gestalten, an neuen Erkenntnissen arbeiten und Erfolge erringen, unbrauchbare Strategien verwerfen und expansiv die Herausforderungen der Zeit und der Welt aufgreifen.

Bindung als Voraussetzung für Bildung

Elementarpädagogische Bildungsarbeit vollzieht sich nur in Form eines sehr engen Bindungsgeschehens zwischen Menschen! Bildungsarbeit ist Bindungserleben, getragen von Nähe, Aufmerksamkeit, Zuneigung, Interesse, Staunen, Neugierde und Zutrauen. Virginia Satir, die große Familientherapeutin, sagte einmal: 

„Ich glaube daran, dass das größte Geschenk, das ich von jemandem empfangen kann, ist, gesehen, gehört, verstanden und berührt zu werden! Das größte Geschenk, das ich geben kann, ist, den anderen zu sehen, zu hören, zu verstehen und zu berühren. Wenn dies geschieht, entsteht Kontakt.“ (https://1000-zitate.de/autor/Virginia+Satir/) Dabei ist es immer wieder der zwischenmenschliche Kontakt, der Kinder, Jugendliche und Erwachsene motiviert, Kontakt zu sich selbst herzustellen. Wenn dies gelingt, ist der erste Schritt zur Selbstbildung getan.

Bildungsziel: Entdeckung der Lebensfreude und Lebenskunst

Wilhelm Schmid, der als Privatdozent an der Universität Erfurt lehrt, schreibt: „/…/ Ein früher Akt der Sorge ist der erste Schrei, eine erste Selbstbehauptung, aber das Kind bleibt noch abhängig von der Fürsorge anderer, ohne die es nicht leben könnte. /…/ Wie immer der Weg der Kindheit und des Heranwachsenden verläuft, es geht darum, den Umgang mit sich selbst zu erlernen und zur Sorge für sich selbst in der Lage zu sein, soll das eigene Lernen nicht von anderen abhängig bleiben. Nur über die Selbstsorge wird das Leben zu einem eigenen, und nur dort, wo es Selbstaneignung gibt, kann es Selbstverantwortung geben. Sich um sich zu kümmern und doch nicht die Unbekümmertheit dabei zu verlieren – das stellt das dynamische Zentrum der kindlichen Lebenskunst dar…“ (2003, S. 40) Wenn der Frage nachgegangen wird, was mit dem Begriff einer >dynamischen Lebenskunst< gemeint sein kann, so ergeben sich u.a. folgende Antworten:

  • gegenwärtige, positive Erlebnisse in all’ ihrer Vielschichtigkeit genießen zu können;
  • immer wieder über eigene Entwicklungen und Stärken staunen zu können;
  • mit Offenheit, Interesse und Neugierde die Herausforderungen des Alltags suchen und sich ihnen mit Engagement zu stellen;
  • alte, Lebens einengende Fühl-, Denk- und Handlungsmuster zu erkennen und sich von diesen lösen zu können;
  • Zusammenhänge von Ereignissen erkennen und herstellen zu können, um aus der Erkenntnis heraus neue Handlungsstrategien zur Lösung von Problemen zu entdecken;
  • neue, unbekannte Spielräume im Rahmen eigener Verhaltensvielfalten zu entwickeln;
  • alte, bis weit in die Vergangenheit zurückliegende Geschichten“ zu klären, um aus belastenden Verstrickungen herauszufinden;
  • in möglichst vielen bedeutsamen Situationen identisch mit sich umgehen zu können und sich selbst zu sagen: „Wie schön, dass ich geboren bin, dem Leben schenk’ ich einen Sinn.“

Die Macht der Gefühle

Über viele Jahrhunderte sahen Wissenschaftler/innen aus unterschiedlichen Fachdisziplinen (auch der Psychologie) ebenso wie Laien die ‚Rationalität und Intelligenz des Menschen’ als die ‚Perle der Schöpfung’ an. Das hat sich inzwischen durch vielfältige Untersuchungen relativiert, ist doch demgegenüber bekannt, dass stets vor allen kognitiven Prozessen und Handlungsimpulsen die Emotionen die entscheidenden Impulse dafür geben, in welche Richtung gedacht und wie gehandelt wird. Es ist die „Macht der Gefühle“ (Ochmann, 2003; vgl. LeDoux, 2001), die unser Leben steuert und inzwischen haben führende Hirnspezialisten den Beweis dafür vorgelegt, wie Emotionen das gesamte Leben bestimmen.

Dabei sei vor allem auf den in Iowa City lehrenden Professor für Neurowissenschaften, Antonio Damasio, den in New York lehrenden Joseph LeDoux, der einer der wichtigsten Erforscher der Amygdala (= des evolutionsgeschichtlich uralten Hirnteils, der einen zentralen Einfluss auf das Gefühlsleben des Menschen hat) ist und einen der führenden deutschen Hirnforscher, Gerhard Roth, hingewiesen Roth et al, 2018, 2020, 2021) .

Bindungen provozieren Bildungs- und Entwicklungswünsche

In Anbetracht dieser für die Pädagogik und Psychologie außergewöhnlich bedeutsamen Erkenntnisse sind die Ergebnisse der Bindungsforschung eng mit diesen vernetzt und besitzen für Kindheitspädagog:innen einen besonders hohen Bedeutungswert. Einfach ausgedrückt heißt das: eine liebevolle, vertrauensvolle und verlässliche Bindung, die Kinder in ihren ersten (und auch weiteren) Lebensjahren mit ihren Eltern sowie anderen Erwachsenen erfahren, ist die Grundlage die Entstehung der o.g. >Lebenskunst des Menschen< und gleichzeitig die Basis für ein tiefes Selbstvertrauen, Unabhängigkeit und Selbstständigkeit. Um mit den Worten der renommierten Erziehungsstilforscherin Diana Baumrind zu sprechen: „Kinder brauchen erst Wurzeln, dann Flügel“ (1995). Nur durch eine tief erlebte Geborgenheit und Annahme sind Kinder in der Lage, ihre ‚Lebenswurzeln’ in Form von Sicherheit und Lebensfreude zu entwickeln und gleichzeitig vor einer Reihe seelischer Irritationen und Lebens einschränkender Ängste geschützt. So vielfältig die Verhaltensirritationen bei Kinder und Jugendlichen ausgeprägt sind – vor allem Ängste, gewaltbereites Handeln, aggressives Verhalten, Anstrengungsvermeidungsverhalten, oppositionelles Widerstandsverhalten gegenüber Anforderungen oder eine generelle Antriebslosigkeit – , so deutlich haben unterschiedliche, epidemiologische Studien unter Beweis gestellt, dass diese und weitere problematischen Verhaltensweisen häufig direkt oder indirekt auf fehlende Bindungserfahrungen zurückgeführt werden können (vgl. Grossmann, K & Grossmann, K.E., 2004). So kommt immer wieder zum Ausdruck, dass eine als sicher erlebte Bindung ein wesentlicher Schutzfaktor gegen seelische Irritationen ist.

Bindungsverluste schwächen Körper, Geist und Seele

In der Bindungstheorie, die sich mit der emotionalen Entwicklung des Menschen und dabei insbesondere mit den emotionalen Folgewirkungen, die sich aus unbefriedigten Bindungserfahrungen ableiten lassen, beschäftigt, wird dabei grundsätzlich von drei Bindungsarten gesprochen. Zum einen geht es um die >sichere Bindung< – hier erleben Kinder und Jugendliche vor allem Verbundenheit, Nähe, Zärtlichkeit, Fürsorge und Schutz (vgl. Holmes, 2006). Bei der >unsicher-ambivalenten (=präokkupierten) Bindung< verspüren Kinder eine permanente Angst davor, dass sie verlassen werden (könnten). Diese Angst entsteht durch Erfahrungen, indem sich Bezugspersonen häufig ambivalent verhalten: zum einen zeigen sie von Zeit zu Zeit einfühlende Verhaltensweisen und zum anderen drücken sie auch stark ablehnende körpersprachliche und verbale Abwehr aus. Eine Auswirkung zeigt sich beispielsweise dadurch, wenn Kinder unbedingt auf den Arm genommen werden wollen und schon nach kürzester Zeit wieder auf den Boden gesetzt werden möchten. Oder das Klammern lässt sich in der Regel auf eine solche Bindungserfahrung zurückführen. Schließlich gibt es die >unsicher-vermeidende (=distanzierende) Bindung. Dabei verhalten sich die Kinder und Jugendlichen häufig verschlossen, zurückhaltend und abwartend und bringen oftmals ihre Verlassenheitsängste den Erwachsenen gegenüber nicht zum Ausdruck aus erneuter Angst, ein weiteres Mal ab- oder zurückgewiesen zu werden.

Grundannahmen und damit Ausgangspunkte für Bildungsprozesse

In der Bindungstheorie, die ein „umfassendes Konzept für die Persönlichkeitsentwicklung des Menschen als Folge seiner sozialen Erfahrungen“ darstellt (Ainsworth & Bowlby, 2003, in Grossmann, K. & Grossmann, K.E. 2004, S. 65), gibt es fünf Postulate (= Grundannahmen):

  1. Für die seelische Gesundheit des sich entwickelnden Kindes ist kontinuierliche und feinfühlige Fürsorge von herausragender Bedeutung.
  2. Es besteht die biologische Notwendigkeit, mindestens eine Bindung aufzubauen, deren Funktion es ist, Sicherheit zu geben und gegen Stress zu schützen. Eine Bindung wird zu einer erwachsenen Person aufgebaut, die als stärker und weiser empfunden wird, so dass sie Schutz und Versorgung gewährleisten kann. Das Verhaltenssystem, das der Bindung dient, existiert gleichrangig und nicht etwa nachgeordnet mit den Verhaltenssystemen, die der Ernährung, der Sexualität und der Aggression dienen.
  3. Eine Bindungsbeziehung unterscheidet sich von anderen Beziehungen darin, dass bei Angst das Bindungsverhaltenssystem aktiviert und die Nähe der Bindungsperson aufgesucht wird, wobei Erkundungsverhalten aufhört (das Explorationsverhaltenssystem wird deaktiviert). Andererseits hört bei Wohlbefinden die Aktivität des Bindungsverhaltenssystems auf und Erkundungen sowie Spiel setzen wieder ein.
  4. Individuelle Unterschiede in Qualitäten von Bindungen kann man an dem Ausmaß unterscheiden, in dem sie Sicherheit vermitteln.
  5. Mit Hilfe der kognitiven Psychologie erklärt die Bindungstheorie, wie früh erlebte Bindungserfahrungen geistig verarbeitet und zu inneren Modellvorstellungen (Arbeitsmodellen) von sich und anderen werden.)“

(Grossmann, K. & Grossmann, K.E., 2004, S. 67 f.)

Bindung kann durchaus als ein imaginäres Band verstanden werden, das zwei Personen verbindet und das dabei selbst in angenehmen Gefühlen verankert ist – als ein Erlebnis über einen längeren Zeitraum hinweg (vgl. Ainsworth, 1979). Da sich Bindung erst im Laufe des ersten Lebensjahres eines Kindes entwickelt (Ainsworth, 2003) werden Kinder im Laufe ihrer Entwicklung mehrere Bindungspartner suchen. Dabei nimmt gleichzeitig jedes Kind eine >innere Hierarchie der Bindungspersonen< vor, und je mehr sich ein Kind verlassen oder geängstigt fühlt, desto intensiver sucht es die a-priorierte Bindungsperson.

Sichere Bindungserfahrungen machen Kinder stabil und lernaktiv

Kennzeichen einer sicheren Bindung kommen vor allem dadurch zum Ausdruck, wenn Kinder

  • die Bindungsperson als einen ‚grundsätzlich sicheren Hafen’ erleben, den sie bei Verunsicherungen, Ängsten und Verlassenheitsgefühlen gerne, freiwillig und selbstmotiviert aufsuchen,
  • durch die Verhaltensweisen der Bindungspersonen Sicherheit und Hilfe erleben dürfen,
  • bei Sorgen, Kummer und Trennung die Nähe zu ihrer Bindungsperson suchen,
  • schon sehr früh durch intensive Bindungserfahrungen immer weniger auf Bindungserlebnisse angewiesen sind und sich mit einem Gefühl der inneren Grundsicherheit auf die „Erkundung der großen, weiten Welt“ einlassen und ihrem innewohnenden Forscherdrang nachgehen,
  • motiviert und freiwillig über ihre Gefühle berichten und dabei emotionale Belastungen ebenso „ungehemmt und unkontrolliert“ zum Ausdruck bringen wie Augenblicke der Freude und des tiefen Glücksempfindens.

„Im Grunde sind es immer die Verbindungen mit Menschen, die dem Leben seinen Wert geben“

(Wilhelm von Humboldt)

Bindungserfahrungen, so formuliert es Prof. Dr. Gerhard Suess so treffend, „bereiten die Bühne für die Erfahrungswelt /…/. Kinder werden durch die frühen Bindungserfahrungen gleichsam auf ein Gleis gestellt, von dessen Verlauf abhängig sie zunehmend unterschiedliche Erfahrungen sammeln. /…/ Neben einer den Bindungsbedürfnissen der Kinder angemessenen Gestaltung des Übergangs in den Kindergarten rückt vor allem die Rolle von Erzieher/innen in den Mittelpunkt unseres Interesses, die /…/ auf jeden Fall /…/zu wichtigen Beziehungspartnern zu Kindern werden. Auf sie werden Kinder ihr bisher entwickeltes Weltbild anwenden und dabei Gefühle und Reaktionstendenzen den Erzieher/innen auslösen, die wiederum dazu angelegt sind, die Weltbilder der Kinder zu bestätigen. Hier besteht die Gefahr, dass sich negative Auswirkungen hochunsicherer Bindungen im Alltag durchsetzen. Erzieher/innen sollten deshalb über diese Prozesse informiert sein, um schließlich ihre Gefühle und Reaktionstendenzen kritisch reflektieren und versuchen zu können, der Sogwirkung unsicherer Bindungen zu widerstehen.“ (2006, S. 2)

Kinder brauchen mehr und mehr Bindungserfahrungen

Wenn Bindungserfahrungen bei Kindern (und Jugendlichen) vor allem ein Gefühl der tiefen Geborgenheit auslösen und gleichzeitig eine Schutzfunktion gegen Über- und Unterforderungen, Kränkungen und Hoffnungslosigkeit, Verlassenheitsängsten und Ohnmachtsgefühlen bilden, dann kann auch die Ausgangsthese des schwedischen Kindergarten- und Schulcurriculums nur mit großer Zustimmung aufgenommen werden: „Bildung geschieht nur durch Bindung.“

Die pädagogische Praxis zeigt allerdings immer wieder und immer stärker, dass zwar den Ergebnissen der Bindungsforschung in Deutschland eine „durchaus hohe theoretische Bedeutung“ beigemessen wird, Bindungserfahrungen aber in der Praxis in der beschriebenen Ganzheit und in ihrer Ausprägungstiefe häufig nicht wirklich von Kindern erlebt werden. Das muss sich ändern, um gerade aus den PISA-Ergebnissen die vollständigen Konsequenzen abzuleiten und auch in der Elementarpädagogik zu berücksichtigen. Im Gegensatz dazu wird die aktuelle Bildungspädagogik völlig anders gestaltet: belehrend statt erfahrungsorientiert, hierarchisch vermittelnd statt gemeinsam erkundend und funktionalisiert statt alltagsorientiert. Kinder brauchen liebenswerte Mitforscher/innen, geduldige und staunende Mitspieler/innen sowie selbsterfahrungsorientierte Akteure, die mit ihnen den Geheimnissen der Welt auf die Spur kommen wollen.

Fazit:

Tanjev Schultz schrieb in der Süddeutschen Zeitung am 5. Februar 2008 – also schon vor 15 Jahren! –  einen vielbeachteten Artikel mit der Überschrift „Kinder als Stopfgänse“ und führte unter anderem Folgendes aus: „Das Stopfen von Gänsen ist in Deutschland verboten, weil es eine Quälerei ist. Es fügt den Tieren Prellungen zu, sie erleiden Knochenbrüche, Entzündungen und Organstörungen. Die Stopfleber ist das Produkt einer Pein. Genauso kann es Kindern ergehen, denen in großer Eile viel Stoff in die Köpfe gestopft wird.“

Eine elementare Bildung fragt zunächst danach, welche Lebensinteressen Kinder ausdrücken und sie sorgt dafür, dass Kinder auf gebildete Kindheitspädagog:innen treffen, die ihnen dabei behilflich sind, ihren eigenen Lebenswert zu erfassen, Lebensfreude (weiter) zu entwickeln und seelische/lernunterstützende Grundbedürfnisse befriedigt zu bekommen.

Das kann nur gelingen, wenn

  • sich Erwachsene von der Vorstellung, Kinder belehren zu müssen und Kindern >Wissen beizubringen<, radikal und konsequent verabschieden, um für eine alltagsorientierte, lebendige,lernunterstützende Bildungsatmosphäre zu sorgen. Bildung hat im originären Sinne nichts mit einem „schulischen“ Lernen zu tun und noch weniger mit einem „vorschulorientierten“ Arbeiten.
  • All das setzt voraus, dass Kindheitspädagog:innen engagiert und selbstinteressiert über den eigentlichen Sinn der Bildung und ihr unterschiedliches Selbstverständnis, die Ziele von Bildungsergebnissen und deren Zweck sowie die Aufgaben einer persönlichkeitsbildenden Elementarpädagogik grundlegend nachdenken. Nur dadurch kann eine nachhaltige Bildung durch Bindung auf allen Seiten gelingen.
  • Um eine non-formale Bildung auf der Grundlage einer hohen Beziehungsqualität als Voraussetzung zur Initiierung von Selbstbildungsprozessen bei sich selbst und Kindern zu realisieren, bedarf es weiterhin

    1. einer gut ausgeprägten Reflexionsbereitschaft zur Selbstbetrachtung;
    2. einer Wahrnehmungsoffenheit zur Betrachtung von Realitäten, wie Kinder heute aufwachsen und was sie für eine entwicklungsförderliche Begleitung brauchen;
    3. der persönlichen Selbsterfahrung im Hinblick auf folgende Merkmale: Arbeitsmotive, Interessen, Abneigungen, Werte, Normen;
    4. einem möglichst dezidierten Bewusstsein über sich und die eigene Biographie;
    5. der Fähigkeit, Gefühle bei sich und anderen identifizieren zu können sowie deren Bedeutungswerte zu verstehen;
    6. der persönlichen Übernahme von Mitverantwortung für den Entwicklungsverlauf der Kinder;
    7. der regelmäßigen Betrachtung der persönlichen Kommunikations- und Interaktionskultur/ -struktur;
    8. einer regelmäßigen Überprüfung der eigenen Handlungsauswirkungen;
    9. einer intrinsischen Bereitschaft, aus eigenen Fehlern zu lernen;
    10. der Identifizierung und Auseinandersetzung mit eigenen Vorurteilen;
    11. der realistischen Einschätzung eigener (In)Kompetenzen;
    12. einer regelmäßigen Bestandsaufnahme, wie hoch die eigene, alltägliche Lebensfreude und Selbstmotivation ist.

Die aktuelle Bildungspraxis war allerdings jahrelang dabei, diesen Fragen immer stärker aus dem Wege zu gehen.

Vielleicht ist es hilfreich, sich auf Artikel 32, Absatz 1 der UN-Charta „Rechte des Kindes“ zu besinnen, in dem den Kindern „ein Recht auf Ruhe und Freizeit, auf Spiel und altersgemäße Erholung“ zugesprochen wird.

Erinnert sei auch an Galileo Galilei, den großen italienischen Philosophen, Mathematiker, Physiker und Astronom, der im 17. Jahrhundert den Satz ausgesprochen hat: „Man kann einen Menschen nichts lehren. Man kann ihm nur helfen, es in sich selbst zu entdecken.“ Und das gilt sowohl für Kinder als auch für alle Kindheitspädagog:innen. 

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Armin Krenz, Prof. h.c. Dr. h.c., Jg. 1952, hat über 40 Jahre als Wissenschaftsdozent mit den Schwerpunkten ‚Entwicklungspsychologie der ersten 7 Lebensjahre & Qualität in der Elementarpädagogik’ in Deutschland, Moskau und Bukarest gelehrt und (über)regionale Seminare durchgeführt. Er ist Begründer des ‚Situationsorientierten Ansatzes’.




Hygiene in der Kita – Informationen und Materialen

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Hygiene-Richtlinien sind Pflicht und wichtig für jede Kita

Hier finden Sie wichtige Informationen und kostenlose Materialien zum Thema Hygiene.

Hygiene-Anforderungen – Ratgeber & Leitfäden

Nahezu jedes Bundesland bzw. jede Landes-Unfallkasse hat Regeln zur Hygiene in Gemeinschaftsunterkünften veröffentlicht. Die BGZA bietet eine beispielhafte Auswahl.

https://www.kindergesundheit-info.de/fachkraefte/kindergesundheit-in-der-kita/alltag-in-der-kita/hygiene-in-der-kita/

hygiene-tipps-fuer-kids.de

Auf der Website hygiene-tipps-fuer-kids.de finden sich zahlreiche Tipps zum Thema Hygiene

Händewaschen

Händewaschen ist eins der wichtigsten Mittel, um Infektionsrisiken zu vermindern und im Krankheitsfall weiteren Ansteckungen vorzubeugen. Die BGZA gibt konkrete Tipps dazu.

https://www.kindergesundheit-info.de/themen/krankes-kind/alltagstipps/krankheitszeichen/hygiene-empfehlungen/

Und hier unter

hygiene-tipps-fuer-kids.de/poster

gibt es Poster zum Thema Händewaschen zum kostenlosen Download




Kinder brauchen einen besonderen Sonnenschutz

sonne kinder

Hautschützende Substanz Melanin kann noch nicht in ausreichender Menge produziert werden

Im Sommer können Kinder länger draußen spielen. KinderärztInnen und UmweltmedizinerInnen erinnern jedoch daran: die Haut von Kindern braucht besonderen Schutz, um Hautschäden, wie Sonnenbrand und Hautkrebs zu verhindern. Dabei reicht es nicht aus, Kinder mit Sonnenschutzmittel einzucremen, bevor sie in die Sonne gehen.

Sonnencreme ist sehr wichtig genügt jedoch nicht

Die drei Säulen des Sonnenschutzes fordern zusätzlich das Tragen von Hut, Kleidung und Sonnenbrille sowie eine begrenzte Aufenthaltszeit in der Sonne. Babys und Kleinkinder unter zwei Jahren sollte möglichst nicht direktem Sonnenlicht ausgesetzt werden. Ihre Haut zeigt einen anderen Aufbau im Vergleich zu älteren Kindern und bildet die hautschützende Substanz Melanin noch nicht in ausreichender Menge.

Jedes Kind zeigt eine individuelle Empfindlichkeit der Haut gegenüber der Sonne („Phototyp“).

Allgemein gilt: umso heller der Hauttyp, desto kürzer die Eigenschutzzeit der Haut und desto mehr Schutzmaßnahmen sind erforderlich. Für begrenzte Aufenthalte im Freien z.B. in Deutschland kann ein Sonnenschutzprodukt mit Lichtschutzfaktor 30 für Kinder durchaus ausreichen. Bei Aufenthalten am Meer oder in den Bergen oder einfach bei Vorliegen eines hellen Hauttyps sind Sonnencremes, die einen höheren Lichtschutzfaktor (LSF 50 oder 50+) ausweisen sicherer. Für eine gute Schutzwirkung sollte die Sonnencreme 20-30 min vor der Sonnenexposition großzügig auf alle Körperpartien aufgetragen werden. Nachcremen nicht vergessen!

Wichtig ist auch die Tageszeit der Sonnenexposition

Zwischen 11.00 und 15.00 Uhr sollten sich Kinder im Sommer nicht länger in der direkten Sonne aufhalten, da die UV-Strahlung aufgrund des Sonnenstandes besonders intensiv ist. Als wichtige Orientierungshilfe zur Umsetzung von Sonnenschutzmaßnahmen gilt der weltweit einheitlich verwendete UV-Index. Dieser beschreibt den zu erwartenden Tagesspitzenwert der sonnenbrandwirksamen UV-Strahlung. Je höher der UV-Index ist, desto schneller kann auf ungeschützter Haut ein Sonnenbrand auftreten.

Sonnenschutzmittel enthalten „chemische“ oder „mineralische“ UV-Filter.

Mineralische (physikalische) UV-Filter hinterlassen einen weißlichen Film auf der Haut und zwar umso stärker, je größer die Partikel des mineralischen Filters sind. In Sonnenschutzpräparaten mit kleinsten Mineralteilchen (Nanopartikel) ist dieser „Weißeleffekt“ weniger vorhanden, jedoch besteht das potenzielle Risiko des Eindringens von Nanopartikeln in tiefere Hautschichten. Chemische UV-Filter wirken schnell nach dem Auftragen sofern ein „Sofortschutz“ angegeben ist. Häufig werden sie mit mineralischen Filtern kombiniert. Als organische Substanzen können Sie als Rückstände in der Umwelt verbleiben. Problematisch sind in diesem Zusammenhang Substanzen wie Oxybenzone. Außerdem sollten keine Produkte mit abgelaufenem Haltbarkeitsdatum verwendet werden.

Kinder mit Neurodermitis oder empfindlicher Haut sollten Sonnenschutzpräparate ohne Zusatzstoffe, wie allergisierende Duft-, Konservierungsmittel- und Farbstoffe verwenden. Bei Kindern mit gereizter oder geschädigter Haut sowie bei Babys sollten nach aktuellem Wissensstand mineralische Filter ohne Nanopartikel verwendet werden. Nanopartikel müssen in Europa bei Angabe der Inhaltsstoffe deklariert werden. Sie finden sich hinter dem mineralischen Filter in Klammern angegeben z.B.“ Zinc Oxide (Nano)“.

Quelle Pressemitteilung: Gesellschaft für Pädiatrische Allergologie und Umweltmedizin e. V.




Zugesetzter Zucker mitverantwortlich für Nierensteine

Mehr als 25 Prozent der Energiezufuhr erhöhen Risiko laut chinesischer Studie um 88 Prozent

Der erhöhte Konsum von zugesetztem Zucker, Fettleibigkeit und das männliche Geschlecht sollten in die Liste der bekannten Risikofaktoren für Nierensteine hinzugefügt werden. Das fordern chinesische Forscher des Affiliated Hospital of North Sichuan Medical College in ihrer aktuellen Studie. Zwischen sieben und 15 Prozent der Menschen in Nordamerika, zwischen fünf und neun Prozent der Menschen in Europa und zwischen einem und fünf Prozent der Bürger in Asien leiden an Nierensteinen. Diese wirken sich jedoch nicht nur negative auf die Lebensqualität aus. Sie können langfristig auch zu Infektionen, einem Anschwellen der Nieren und sogar einer Niereninsuffizienz führen.

Verarbeitete Lebensmittel

Zugesetzte Zucker sind in vielen verarbeiteten Lebensmitteln enthalten. Besonders reichlich finden sie sich jedoch in gesüßten Limonaden, Fruchtgetränken, Süßigkeiten, Eis, Kuchen und Keksen. Die Erhebung unter der Leitung von Shan Yin kommt zu dem Schluss, dass ein Einschränken der Aufnahme von Zucker dabei helfen könnte, die Entstehung von Nierensteinen zu verhindern.

Für die aktuelle Studie haben die Forscher die epidemiologischen Daten von 28.303 erwachsenen Frauen und Männern analysiert. Sie wurden zwischen 2007 und 2018 im Rahmen der US National Health and Nutrition Examination Survey gesammelt. Dabei machten die Teilnehmer auch Angaben dazu, ob sie bereits eine Vorgeschichte mit Nierensteinen hatten. Bei jeder Person wurde die tägliche Aufnahme von zugesetztem Zucker entsprechend ihrer Erinnerung der am kürzesten zurückliegenden Aufnahme geschätzt.

Diese Infos sammelten die Experten zum einen mittels persönlichen Interviews und zwischen drei und zehn Tagen später mittels eines Telefon-Interviews. Gefragt wurde unter anderem danach, ob Sirup, Honig, Dextrose, Fruktose oder reiner Zucker in den vergangenen 24 Stunden konsumiert worden war. Jeder Teilnehmer erhielt auch einen sogenannten „Healthy Eating Index Score“ (HEI-2015). Dieser bewertet ihre Ernährung in Hinblick auf die ausreichende Aufnahme von vorteilhaften Bestandteilen wie Obst, Gemüse und Vollkorn sowie die Mäßigung bei möglicherweise schädlichen Lebensmitteln wie raffiniertem Getreide, Natrium und gesättigten Fetten.

Zuckermenge steuert Risiko

Zu Beginn der Studie traten bei Teilnehmern, die mehr zusätzlichen Zucker zu sich nahmen, häufiger Nierensteine auf. Ihr HEI-Wert war niedriger und auch ihr Bildungsgrad. Insgesamt lag die mittlere Aufnahme von zusätzlichen Zuckern bei 272,1 Kalorien pro Tag. Das entspricht 13,2 Prozent der gesamten täglichen Energiezufuhr. In der Folge konnten die Forscher einen eindeutigen und konsistenten Zusammenhang zwischen dem Konsum von zusätzlichem Zucker und Nierensteinen nachweisen.

Bei Teilnehmern, deren Aufnahme von zusätzlichem Zucker zu den 25 höchsten Prozenten der Bevölkerung gehörte, war während der Laufzeit der Studie die Wahrscheinlichkeit des Auftretens von Nierensteinen um 39 Prozent höher. Teilnehmer, die mehr als 25 Prozent ihrer gesamten Energiezufuhr über zugesetzten Zucker abdeckten, hatten eine um 88 Prozent höhere Wahrscheinlichkeit einer Erkrankung als jene Personen, bei denen dieser Wert nur bei fünf Prozent lag. Details wurden in „Frontiers in Nutrition“ veröffentlicht.

Quelle: Moritz Bergmann/pressetext.redaktion




Keinen Bock auf Arbeit? Dann werden Sie doch Lehrer!

Baden-Württembergs Kampagne zur Gewinnung neuer Lehrkräfte fällt vor allem negativ auf

„GELANDET UND GAR KEINEN BOCK AUF ARBEIT MORGEN? HURRAAA! MACH WAS DIR SPAß MACHT UND WERDE LEHRER*IN.“, steht am Stuttgarter Flughafen in großen Lettern auf einem Plakat der Landesregierung Baden-Württemberg zu lesen. Auf der Website des Kultusministeriums im sogenannten „Ländle“ gibt es dann unter https://www.lehrer-in-bw.de/ einen „Quick-Check“, mit dem sich herausfinden lässt, wie die Angesprochenen möglichst schnell in den Schuldienst eintreten können. Auch für Menschen ohne Berufsausbildung gibt es einige tolle Angebote: „NIIICE! DU KÖNNTEST VERTRETUNGSLEHRKRAFT ODER UNTERSTÜTZUNGSLEHRKRAFT WERDEN ODER GEFLÜCHTETE UND NEU ZUGEWANDERTE KINDER UND JUGENDLICHE UNTERRICHTEN. – JETZT BEWERBEN“, steht hier zu lesen.

Hauptsache auffallen

Laut Spiegel online erklärt ein Sprecher des Kultusministeriums in Baden-Württemberg zur Kampagne, dass man schließlich auffallen müsse. Die Slogans seien bewusst so gewählt worden, um Aufmerksamkeit zu erregen. „Man muss schließlich auffallen, und das tun etwa die Plakate. Das ist gut, und es funktioniert auch.“

Selbstverständlich wirft die Aussage in solch einem Zusammenhang die Frage nach dem Bewusstsein der gesamten Landesregierung im so genannten „Ländle“ auf, deren grüner Ministerpräsident (Foto), der Lehrersohn Winfried Kretschmann, selbst gelernter Gymnasiallehrer ist, aber eben schon lange nicht mehr unterrichtet hat.

Der Grundschulverband, der für die Interessen der Schülerinnen und Schüler eintritt, hat dazu eine Stellungnahme publiziert:

Das sitzt. „Da schlägt sie einem knallhart ins Gesicht, eine mangelnde Wertschätzung gegenüber Lehrerinnen und Lehrern, die gerade in Zeiten des massiven und lang anhaltenden Lehrkräftemangels täglich bis an ihre Grenzen und oft auch darüber hinaus gehen.

Ja, der Grundschulverband teilt uneingeschränkt die Sorge des Kultusministeriums im Hinblick auf die Mangelmisere. Und unterstützt den Ansatz, dass alles getan werden muss, um diesen Missstand zu beheben. Wirklich alles?

Berappelt man sich, nachdem es einem erst einmal die Sprache verschlagen hat ob dieser fragwürdigen Äußerungen der Werbekampagne, dann scheint es dringend geboten, zwei zentrale Fragen aufzuwerfen:

  1. Wer fühlt sich von dieser Kampagne angesprochen?
  2. Sind damit die Lehrkräfte angesprochen, die Grundschulkinder brauchen, die ihrerseits das Recht auf eine allseitige und grundlegende Bildung haben?

Bereits im Verteidigungsmodus angekommen, führt das Kultusministerium an, es hätten sich schon nach wenigen Tagen 8000 Interessierte auf die Kampagne hin gemeldet.

„Keinen Bock auf Arbeit morgen?“ Wollen wir ernsthaft Menschen an unseren Schulen wissen, die „keinen Bock auf Arbeit“ haben? Neben aller notwendigen pädagogischen und fachlichen Qualifizierung von Quer- und Direkteinsteigerinnen und -einsteigern kommt es zuvorderst auf die Haltung und Einstellung an, mit der die Aufgabe, den Bildungs- und Erziehungsauftrag für Kinder zu erfüllen, angegangen wird. Die Haltung, die mit den Plakaten der Kampagne angesprochen wird, kann und darf es ganz sicher nicht sein! Kinder – zumal im Nachgang zu Corona – brauchen Menschen und Lehrkräfte, die sich nach Kräften zugewandt und umfänglich um ihre allseitige Bildung und Erziehung bemühen. Das ist kein „Job“, den man im Schmalspurmodus nebenher erledigt!

Ja, es braucht die Anstrengung aller, die im Bildungssystem Verantwortung tragen, Möglichkeiten zu suchen, den Lehrkräftemangel zumindest abzusoften (behoben werden kann er mit allen bereits angedachten und noch folgenden Maßnahmen sehr wahrscheinlich ohnehin nicht). An dieser Suche beteiligt sich der Grundschulverband auch gerne weiterhin.

Und nein – so geht‘s nicht! Hier schließt sich der Grundschulverband der Kritik der anderen Verbände uneingeschränkt an. Für Rückfragen wenden Sie sich bitte an edgar.bohn@gsv-bw.de.“

Anmerkung der Redaktion

Zum Vorgehen der grün-schwarzen Landesregierung ließe sich sehr viel sagen. Bietet sie doch einen tiefen Einblick in die Gemütslage dieser Politikerinnen und Politiker, vor allem der grünen Kultusministerin Theress Schopper (Foto). Immerhin sind der Landesregierung zwei Dinge gelungen. 1. Sie fällt auf. 2. Sie hat richtig gegendert. Ansonsten hat sie mit Ihrer Missachtung gegenüber Schülerinnen, Schülern und Lehrkräften einen echten Skandal produziert, der vor allem einen enormen Dilettantismus im Bereich Bildung und Bildungspolitik offenbart.

Einerseits leistet sich „The Länd“ noch immer ein aufwendiges Lehrerstudium, in dem anders als in anderen Bundesländern, ein Referendar aufgrund der subjektiven Entscheidung zweier Prüfer an einem einzigen Tag durch eine Lehrprobe der Zugang zum Lehrerberuf verweigert werden kann. Andererseits bedarf es wohl aus Sicht dieser Landesregierung kaum einer Qualifikation, um Kinder zu unterrichten. Gerade bei Kindern, die eben zugewandert sind, scheint der Bedarf an Qualifikation besonders niedrig zu sein. Dabei bräuchten doch gerade die Schwächsten im Bildungssystem, eine besondere Aufmerksamkeit durch unsere Gesellschaft.

Eine wesentliche Kompetenz, die den Machern dieser Kampagne zudem zu fehlen scheint, ist „soziale Kompetenz“. Letztlich ist ihr Handeln aber auch nur das Ergebnis einer über viele Jahrzehnte hinweg kurzsichtigen Bildungspolitik, die es sich bis zum heutigen Tag leistet, an unseren wichtigsten Gütern, den Kindern und ihrer Bildung, zu sparen, um damit unser aller Zukunft zu verspielen. Das muss endlich aufhören.

Gernot Körner




„Die frühe Bildung in Deutschland steht auf wackligen Füßen“

Befragung zur Kinderbetreuung: 57 Prozent der erwerbstätigen Eltern mit Schließungen oder verkürzten Betreuungszeiten konfrontiert

Ein großer Anteil der erwerbstätigen oder arbeitsuchenden Eltern, die offiziell für ihr Kind einen Platz in der Kita oder bei Tageseltern hat, kann nicht auf eine zuverlässige Betreuung vertrauen: Gut 57 Prozent von ihnen waren in diesem Frühjahr mit Kürzungen der Betreuungszeiten und/oder sogar zeitweiligen Schließungen der Einrichtung aufgrund von Personalmangel konfrontiert. Das ist ein Ergebnis der neuen Welle der repräsentativen Erwerbspersonenbefragung der Hans-Böckler-Stiftung. Für diese wurden im Juli insgesamt mehr als 5000 erwerbstätige und arbeitsuchende Personen online befragt.

„Die Zahl ist ein Alarmsignal: Die frühe Bildung in Deutschland steht auf wackligen Füßen. Sie wurde zwar in den vergangenen zwei Jahrzehnten stark ausgebaut. Aber unzureichende finanzielle Ausstattung und der damit zusammenhängende Fachkräftemangel in Erziehungsberufen machen sie unzuverlässig“, sagt Prof. Dr. Bettina Kohlrausch. Die wissenschaftliche Direktorin des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung wertet die Befragung zusammen mit den WSI-Forschern Dr. Andreas Hövermann und Dr. Helge Emmler aus.

Wegen Personalmangels geschlossen

Von den 469 befragten Eltern, die ihre Kinder in einer Kita oder bei einer/einem Tagesmutter/-vater in Betreuung gegeben haben, gaben 38 Prozent an, dass die Einrichtung in den drei Monaten vor der Befragung zeitweise wegen Personalmangels geschlossen hatte. Bei 47 Prozent kam es aus diesem Grund zu Verkürzungen der vereinbarten Betreuungszeiten. Da ein Teil der Eltern sowohl mit Kürzungen als auch mit Schließungen zurechtkommen musste, summiert sich die Quote der Betroffenen insgesamt auf 57,4 Prozent.

Sehr viele Eltern stellt das vor große Probleme im Alltag: 67 Prozent der betroffenen Befragten gaben an, dass sie die Ausfälle bei der Kinderbetreuung bzw. die zeitliche Verkürzung als belastend empfinden. 30 Prozent bewerten die Situation sogar als „sehr belastend“. Knapp die Hälfte der betroffenen Mütter und Väter hat während der Schließung oder Kürzung der Betreuungszeit Urlaub genommen oder Überstunden abgebaut, um die Betreuungslücke auszugleichen. Knapp 30 Prozent mussten zeitweilig ihre Arbeitszeit reduzieren.

Betreuungsschlüssel oftmals zu schlecht

Um den Engpass irgendwie zu überbrücken, wurden häufig auch die Partner:innen oder Verwandte/Freund:innen eingebunden. Innerhalb von Partnerschaften zeigt sich dabei ein charakteristischer geschlechtsspezifischer Unterschied: Während 63 Prozent der befragten Väter in heterosexuellen Beziehungen angaben, dass ihre Partnerin bei der Kinderbetreuung eingesprungen sei, berichteten das nur 33 Prozent der Mütter über ihren Partner.

„Die Befragungsdaten zeigen, wie dringend die Arbeitsbedingungen in Erziehungsberufen verbessert werden müssen“, analysiert WSI-Direktorin Kohlrausch. „Denn es droht eine sich selbst verstärkende Spirale nach unten: Es gibt generell zu wenige Stellen an Kitas, weil die Betreuungsschlüssel zu schlecht sind und zu wenig ausgebildet wird. In dieser Situation steigen dann Erzieherinnen und Erzieher aus. Aus anderen Untersuchungen wissen wir, dass das häufig Menschen sind, die den Beruf lieben, aber die konkreten Zustände, den Stress bei mäßiger Bezahlung, auf die Dauer nicht aushalten. Der Fachkräftemangel in der frühen Bildung verschärft dann wiederum den Arbeitskräftemangel in anderen Branchen. Denn Eltern, vor allem Mütter, die nicht auf eine stabile Kinderbetreuung vertrauen können, müssen ihre Erwerbstätigkeit eher einschränken als dass sie sie ausbauen können.“

Es gebe keine schnelle Patentlösung für das Problem, das sich über Jahre aufgebaut hat, betont die Soziologin. „Trotzdem kann und muss die Politik etwas tun, und zwar rasch. Nur so kann im ersten Schritt verhindert werden, dass sich die Situation noch weiter verschlechtert und im zweiten eine Verbesserung erreicht werden“, sagt Kohlrausch. „Ein Ansatz wäre eine Ausbildungsoffensive für Erziehungsberufe, gekoppelt an deutlich bessere Personalschlüssel. Ein zweiter die Bezahlung. Trotz einiger Verbesserungen ist da noch Luft nach oben. Und mehr Geld könnte abgewanderte Fachkräfte dazu bewegen, wieder in den Bereich der frühen Bildung zurückzukehren.“

Informationen zur Befragung

Für die Erwerbspersonenbefragung der Hans-Böckler-Stiftung werden Erwerbstätige und Arbeitsuchende von Kantar Deutschland online zu ihrer Lebenssituation befragt. Die Befragten bilden die Erwerbspersonen in Deutschland im Hinblick auf die Merkmale Geschlecht, Alter, Bildung und Bundesland repräsentativ ab.

Quelle: Mitteilung der Hans-Böckler-Stiftung