Weichmacher aus der Sonnencreme tauchen im Kinderurin wieder auf

Neue Untersuchungen bestätigen Zusammenhang zwischen Weichmachern in Kinderurin und Verwendung von Sonnenschutzmitteln

Aktuelle Untersuchungsergebnisse des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV) sowie der Chemischen und Veterinäruntersuchungsämter (CVUÄ) in Nordrhein-Westfalen bestätigen den Zusammenhang, dass der Weichmacher DnHexP (Di-n-hexyl-Phthalat) aus Verunreinigungen im UV-Filter DHHB (Diethylamino-hydroxybenzoyl-hexyl-benzoat) in Sonnenschutzmitteln stammt. 

Bisher untersuchte Sonnenschutzmittel wiesen teilweise Verunreinigungen mit dem Weichmacher DnHexP auf. Dies zeigt sich auch in den Kinderurin-Untersuchungen des LANUV. Die Belastungen liegen jedoch für über 99 Prozent der 250 untersuchten Kinder unterhalb der Schwelle für eine gesundheitliche Besorgnis. Somit ist die Verwendung von Sonnenschutzmitteln in der Regel sicher. Aus Gründen der Vorsorge muss aber sichergestellt sein, dass Sonnenschutzmittel nicht mit DnHexP verunreinigt sind.

Sonnenschutzmittel könnten auch frei von Weichmachern sein

Die nordrhein-westfälischen Behörden haben außerdem zusammen mit Kosmetikherstellern, vertreten durch die Fachverbände, herausgefunden, dass es möglich ist, Sonnenschutzmittel so herzustellen, dass der UV-Filter DHHB frei von Verunreinigungen ist. Deshalb wurden Hersteller dazu aufgefordert, vorsorglich ihre Produktion so umzustellen, dass keine schädlichen Weichmacher mehr messbar sind.

Alle Bewertungen sind weiterhin vorläufig, da die bundesweit laufende Ursachenforschung noch nicht abgeschlossen ist. Im laufenden Jahr soll es ein neues bundesweites Monitoring geben, um einen neuen Orientierungswert für die technische Vermeidbarkeit von DnHexP im UV-Filter DHHB abzuleiten.

Ergebnisse der Kinderurin-Untersuchungen des LANUV (KiSA-Studie)

Das LANUV untersucht regelmäßig im Auftrag des Umweltministeriums Nordrhein-Westfalen den Urin von 250 Kindern im Alter von zwei bis sechs Jahren auf verschiedene Schadstoffe wie Weichmacher, Pestizide oder Konservierungsmittel. Im Januar 2024 hatte das Landesamt erstmals Mono-n-hexyl-Phthalat (MnHexP), ein Stoffwechselabbauprodukt des Weichmachers DnHexP, im Kinderurin gefunden. Der Weichmacher DnHexP darf seit 2019 nicht mehr in kosmetischen Mitteln enthalten sein, weil er im Verdacht steht, die Fruchtbarkeit zu schädigen. In einer früheren Auswertung des LANUV vom März 2024 konnte bereits gezeigt werden, dass es einen Zusammenhang zwischen der Nutzung von Sonnencreme und erhöhten MnHexP-Belastungen im Urin der Kinder gibt.

Das LANUV hat daraufhin im Jahr 2024 zwei weitere Nachweisverfahren geführt, die zum einen bei einer erneuten Kontrolle ähnlich auffällige Werte ergaben: In weiteren 250 Kinderurinproben von 2023/2024 wurde bei 55 Prozent der Proben MnHexP nachgewiesen. Bei zwei Proben wurden MnHexP-Konzentrationen gemessen, die oberhalb des von der Kommission Human-Biomonitoring im März 2024 abgeleiteten gesundheitlichen Beurteilungswertes (HBM-I-Wert) von 60 Mikrogramm pro Liter lagen. Dieser HBM-I-Wert stellt einen Vorsorgewert für die Allgemeinbevölkerung dar. Bei einer Überschreitung sollte der Messwert kontrolliert, nach Quellen für die Belastung gesucht und diese minimiert werden.

„Untersuchungsergebnisse bestätigen die Herkunft der Weichmacher aus Sonnenschutzmitteln“

Zum anderen hat das Landesamt in Zusammenarbeit mit den für den gesundheitlichen Verbraucherschutz zuständigen Behörden und Wirtschaftsbeteiligten Sonnenschutzmittel als mögliche Quelle identifiziert. 

„Die neuen Untersuchungsergebnisse bestätigen den Zusammenhang, dass der Weichmacher aus dem verunreinigten UV-A-Filter DHHB in Sonnenschutzmitteln stammt“, erklärt Elke Reichert, Präsidentin des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz. „Wir haben in dieser Studienreihe nicht nur auf eine Belastung mit dem Weichmachermetaboliten geschaut. Wir haben in den Urinproben der Kinder auch nach Stoffwechselprodukten des verunreinigten UV-Filters gesucht. Unsere Ergebnisse bestätigen für einen Großteil der Proben den Zusammenhang zwischen dem Weichmacher und dem kontaminierten UV-Filter.“ 

Hinweise auf mögliche Umweltbelastungen durch LANUV

„Damit tragen die Ergebnisse des Landesumweltamtes NRW wesentlich zur Aufklärung dieser bundesweiten Problematik bei. Die KISA-Studie des LANUV ist wichtig, um frühzeitig Hinweise auf mögliche Umweltbelastungen zu erhalten und gegensteuern zu können. Je mehr Transparenz und Aufklärung wir schaffen, desto mehr Schutz resultiert daraus am Ende für uns alle“, erklärt Umweltminister Oliver Krischer.

Die Ergebnisse des LANUV zeigen auch, dass mindestens ein Drittel der Kinder Abbauprodukte des UV-Filters aufwiesen, ohne dass der Weichmachermetabolit bei ihnen nachgewiesen wurde. Dies bestätigt, dass die Herstellung von UV-Filtern ohne DnHexP-Verunreinigung möglich ist und dass DnHexP-freie Sonnenschutzprodukte am Markt verfügbar sind. 

Ergebnisse der Untersuchungen von Sonnenschutzmitteln durch die Chemischen und Veterinäruntersuchungsämter 

Seit Anfang 2024 werden in Nordrhein-Westfalen und anderen Bundesländern verstärkt Untersuchungen von Sonnenschutzmitteln und von sog. UV-A-Filtern durchgeführt. Die CVUÄ in Nordrhein-Westfalen, die für kosmetische Mittel zuständig sind, untersuchten 42 Sonnenschutzmittel.

Die Ergebnisse zeigen, dass die gemäß EU-Kosmetikverordnung festgelegte maximale Einsatzkonzentration von zehn Prozent des UV-A-Filters DHHB in kosmetischen Mitteln bei keinem der untersuchten Produkte überschritten wurde. In 31 (74 Prozent) untersuchten Produkten wurden DHHB-Gehalte nachgewiesen, in elf Sonnenschutzmitteln war kein DHHB nachweisbar. Bei sechs Sonnenschutzmitteln (14 Prozent) wurden DnHexP-Gehalte zwischen 0,8 und 5,9 mg/kg bestimmt. Bei 86 Prozent war kein DnHexP nachweisbar. Die in Nordrhein-Westfalen ermittelten Analyseergebnisse decken sich mit denen anderer Bundesländer.

Gesundheitliche Beeinträchtigung sehr unwahrscheinlich

Neben Sonnenschutzmitteln selbst wurden auch weitere zwölf Proben des Rohstoffes DHHB (UV-A-Filter) analysiert. In allen Proben war DnHexP nachweisbar. Bei zehn Proben lagen die Gehalte zwischen 9,9 bis 69,7 mg/kg; zwei Proben wiesen Gehalte von über 100 mg/kg auf. Die ermittelten Analysenergebnisse zeigen, dass sich die DnHexP-Gehalte im Rohstoff unterscheiden können. 

Das Bundesamt für Risikobewertung geht davon aus, dass selbst bei höheren Verunreinigungen ein hinreichender Sicherheitsabstand besteht und eine gesundheitliche Beeinträchtigung daher sehr unwahrscheinlich ist.

Für Verbraucherinnen und Verbraucher bedeuten die Ergebnisse, dass die auf dem Markt bereitgestellten Sonnenschutzmittel sicher sind und dass es auch Sonnenschutzmittel mit DHHB ohne nachweisbare Verunreinigung mit DnHexP gibt. 

Das Verbraucherschutzministerium Nordrhein-Westfalen schließt sich weiterhin allgemein der geltenden Empfehlung an, dass Verbraucherinnen und Verbrauchern keinesfalls auf Sonnenschutzmittel verzichten sollen, denn UV-Strahlung ist nach wie vor die Hauptursache für die Entstehung von Hautkrebs. 

Umfangreiches Maßnahmenpaket eingeleitet

Aufgrund der Zusammenhänge haben die zuständigen Lebensmittelüberwachungsbehörden und die Wirtschaftsbeteiligten Maßnahmen zur weiteren Minimierung der Verunreinigungen eingeleitet.

  • Zentral wird dabei die Herstellung von DHHB so umgestellt, dass das Vorkommen von Verunreinigungen auf ein technisch machbares Minimum reduziert wird.
  • Die Umsetzung entsprechender Maßnahmen wird von den Lebensmittelüberwachungsbehörden kontrolliert.
  • Beim bundesweiten Monitoring 2025 soll ein analytisch ermittelter Orientierungswert für die technische Vermeidbarkeit von DnHexP im UV-A-Filter DHHB abgeleitet werden.
  • Auf EU-Ebene hat der wissenschaftliche Ausschuss für Verbrauchersicherheit (SCCS) den Auftrag erhalten, die Reinheit des UV-Filters in Sonnenschutzmittel neu zu bewerten.
  • Um die Bewertungsprozesse zu unterstützen, werden das nordrhein-westfälische Umweltministerium und das Verbraucherschutzministerium die aktuellen Untersuchungsergebnisse einspeisen.
  • Das LANUV setzt die regelmäßigen Untersuchungen von Kinderurin auf MnHexP im Rahmen der LANUV-KiSA-Studie fort. 

Viele Phthalate sind für die Gesundheit des Menschen schädlich

Weichmacher gehören zu den vom LANUV untersuchten Stoffen. Eine wichtige Weichmacher-Gruppe sind die Phthalate. Diese Stoffe werden im Körper des Menschen in sogenannte Metaboliten umgewandelt und mit dem Urin ausgeschieden. Viele Phthalate sind für die Gesundheit des Menschen schädlich, da sie Effekte auf das Fortpflanzungssystem haben. Für eine Reihe von Phthalaten bestehen deshalb umfangreiche Verwendungsbeschränkungen. Vom LANUV werden aktuell insgesamt 35 Phthalat-Metaboliten im Urin von Kindern untersucht.

Allen an der Studie teilnehmenden Erziehungsberechtigten bietet das LANUV eine umfassende umweltmedizinische Beratung zu den ermittelten Ergebnissen an. Kinder mit Überschreitungen können eine Nachuntersuchung erhalten. Außerdem bietet das LANUV den Erziehungsberechtigten an, nach den möglichen Quellen für die erhöhte Belastung zu suchen. 

Die Schadstoffbelastung von Kindern wird regelmäßig untersucht

Das LANUV untersucht regelmäßig im Auftrag des NRW-Umweltministeriums die Schadstoffbelastung von Kindern aus Nordrhein-Westfalen (KiSA-Studie NRW). Alle drei Jahre wird seit 2011 der Urin von jeweils 250 Kindern im Alter von zwei bis sechs Jahren auf verschiedene Schadstoffe wie Weichmacher, Pestizide oder Konservierungsmittel analysiert. Der nächste reguläre Durchgang erfolgt in den Jahren 2026/27. Solche Untersuchungen wie die KiSA-Studie NRW werden als Human-Biomonitoring bezeichnet. Mit den LANUV-Daten aus dem Human-Biomonitoring lassen sich zeitliche Veränderungen in der Schadstoffbelastung der Kinder aufzeigen. Sie dienen als Frühwarnsystem für das Erkennen von Belastungen mit Schadstoffen.

Informationen zur Studie des LANUV:

https://www.lanuv.nrw.de/themen/umwelt-und-gesundheit/umweltmedizin/umweltepidemiologie/schadstoffe-im-urin-von-kindern-bestimmung-von-schadstoffen-im-urin-von-kindern-aus-nrw

Pressemitteilung Landesregierung Nordrhein-Westfalen




Kinderrechte in der Ganztagsschule – Lernangebot von Seitenstark und DKHW

kucobina

Das Thema Kinderrechte gehört ganz nach oben auf die politische Agenda

Dabei ist die Ganztagsgrundschule der ideale Bildungsort, in dem sich Kinder aktiv mit dem Thema auseinandersetzen können. Im KUCOBINA-Projekt arbeitet Seitenstark mit dem Deutschen Kinder-hilfswerk (DKHW) zusammen. Als Ergebnis ist ein digitales Lernangebot für pädagogische Fach- und Lehrkräfte entstanden, das am 11. März 2025 in der KUCOBINA-Abschlussveranstaltung vorgestellt wird.

KUCOBINA steht für: „Kuratierter Content für Bildungsangebote im Ganztag“. Das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderte Verbundprojekt setzen der Seitenstark e. V. und die Technische Hochschule Köln gemeinsam um. Das DKHW stellt für das Vorhaben Inhalte seiner Kinderseite www.kindersache.de zum Thema Kinderrechte und Demokratiebildung zur Verfügung. Daraus ist im Rahmen des Projekts nun ein digitales Lernangebot entstanden.

Das DKHW engagiert sich seit über 20 Jahren im Seitenstark-Netzwerk mit hochwertigen Angeboten für Kinder im Internet und für die Umsetzung von Kinderrechten im digitalen Bereich.

„Kinderrechte gelten auch im digitalen Raum. Dabei geht es aber nicht nur um Schutz und Bildung, sondern vor allem auch um das Recht von Kindern auf altersgerechte, qualitätsvolle Angebote! Genau dafür steht das KUCOBINA-Projekt von Seitenstark e.V., das wir mit unserer Kinderseite www.kindersache.de gerne unterstützen. Denn Kinder brauchen heute jenseits kommerziell ausgerichteter Medienangebote Chancen und Möglichkeiten, um den digitalen Raum mitzugestalten, mitzuerleben und ebendiese digitale Medienwelt sicher zu entdecken. Dafür braucht es eine Vielfalt guter Inhalte und kindgerechte Zugänge auch im Internet “, sagt Kai Hanke, Geschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes.

„Die Gestaltung qualitativ hochwertiger digitaler Bildungsangebote für Kinder ist eines der wichtigsten Anliegen unseres Vereins“, erklärt Seitenstark-Geschäftsführerin Helga Kleinen. „Wir freuen uns sehr über die Zusammenarbeit mit dem Deutschen Kinderhilfswerk. Im KUCOBINA-Projekt haben wir gemeinsam mit den Kinderseiten in unserem Netzwerk ganztagsrelevante Themen für Kinder didaktisch aufbereitet, sodass pädagogische Fach- und Lehrkräfte sie zielgerichtet in der Praxis einsetzen und Kinder mit Spaß lernen können.“

Einladung zur Online-Abschlussveranstaltung

Die Präsentation ausgewählter Lernangebote findet am 11. März 2025 im Rahmen der KUCOBINA-Abschlussveranstaltung statt. Das Grußwort spricht Stefan Angermüller (stellv. Referatsleiter Projektgruppe „Nationaler Digitaler Bildungsraum“, BMBF), Silke Müller (Schulleiterin, Digitalbotschafterin des Landes Niedersachsen, Buchautorin) führt mit einer Keynote ins Thema ein. Die Veranstaltung findet Online als Zoom-Videokonferenz statt.

Projekt-Info: https://seitenstark.de/eltern-und-lehrkraefte/kucobina-projekt

Informationen zur Veranstaltung https://seitenstark.de/eltern-und-lehrkraefte/kucobina-abschlussveranstaltung

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V. / Seitenstark e.V




Ein besonderes Schmuckstück für eine schöne Osterzeit

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Angelica Rissmann/Christian Kämpf: Oskar und das verflixte Osterfest

Die Osterzeit ist eine ganz besondere Zeit. Zu den schönen Ritualen gehören die versteckten Osternester zum Suchen und die Erzählungen rund um den Osterhasen. Zu letzteren gehört das Bilderbuch „Oskar und das verflixte Osterfest“. In dieser Geschichte hilft der kleine Hase Oskar mit seinen Freunden dem Osterhasen, der einfach keine Idee mehr hat, wie er die neuen Ostereier bemalen soll. Kein Wunder nach all den vielen Jahren. Und selbstverständlich gibt es ein gutes Ende.

Zunächst einmal lieben Kinder schöne Geschichten, die Freude machen

Und genau so eine ist jene von Angelica Rissmann. Die erfahrene Kinderbuchautorin weiß, wie sie kleinere Kinder begeistern kann. In einfachen Worten, aber mit viel Schwung, erzählt sie ihre Geschichte spannend und mit viel Witz. So hat der Osterhase die bestellten Eier bei den Hühnern nicht abgeholt, ein Schneehaufen entpuppt sich als Schneehase und Oskar malt kleine Hasen auf die Eier.

Rissmanns Geschichte ist aber nicht nur schön und witzig. Sie erzählt auch von Hilfsbereitschaft, Gemeinsamkeit und die Freude darüber, etwas gemeinsam zu schaffen. Sie zeigt auch, dass Kinder gemeinsam etwas bewirken können. Und in der ganzen Geschichte lebt die Aufbruchsstimmung des Frühlings.

Dieses angenehme Gefühl vermitteln auch die Bilder des Künstlers und Illustrators Christian Kämpf. Klassisch, in fröhlichen Farben und mitten in der Natur tummeln sich seine kleinen Häschen. Daneben gilt es vieles zu entdecken. Frösche, Enten, Schmetterlinge, Schwalben und zahlreiche andere Vögel bereichern die Frühlingsbilder.

Entsprechend gelungen ist das Bilderbuch auch gestaltet. Neben dem leuchtend blauen Titelbild, begrüßt ein farbenfrohes Vorsatzpapier mit kleinen Bildchen, von vielen Dingen, die zu Ostern gehören, seine kleinen Betrachter*innen. Die liebevolle Gestaltung von der ersten bis zur letzten Seite macht das Buch zu einem ganz besonderen Schmuckstück.

Sicher werden die Kinder diese schöne Frühlingsgeschichte nicht nur einmal hören und sehen wollen. Schließlich gibt es hier noch viel zu entdecken und noch viel mehr zu besprechen. Eine wunderschöne Geschichte mit wunderschönen Bildern zur Osterzeit.

Gernot Körner

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Kämpf, Christian, Rissmann, Angelica

Oskar und das verflixte Osterfest

Der Osterhase braucht Hilfe beim Ostereier bemalen! Eine Tiergeschichte über Zusammenhalt und anderen

helfen. Bunter Kinderbuch-Klassiker ab 3 Jahren

Hardcover, 28 Seiten

ISBN: 9783963040481

12,00 €




Intensive Naturerlebnisse lassen Fantasie und Kreativität wachsen

Die natürliche Welt ist für die Entwicklung von Neugier und kognitivem Wachstum unerlässlich

In jüngster Zeit ist eine Bewegung entstanden, Kinder mit der Natur in Kontakt zu bringen, vor allem in der Frühpädagogik. Trotzdem gibt es noch zu viele Kinder, die nicht die bedeutungsvollen Naturerlebnisse haben, nach denen sie sich sehnen und die sie für ihre Entwicklung auch brauchen. Das Bewusstsein dafür, welche positiven Auswirkungen draußen verbrachte Zeit für Wohlbefinden, Entspanntheit, Konzentrationsfähigkeit und körperliche Entwicklung hat, ist deutlich gewachsen. Dennoch spielen heute nur zehn Prozent der Kinder in einer natürlichen Umgebung, verglichen mit 40 Prozent der heutigen Erwachsenen, die in ihrer Kindheit draußen gespielt haben.1 Eine zwischen 2013 und 2015 durchgeführte Studie2 zeigte, dass nur acht Prozent der schulpflichtigen Kinder (sechs bis15 Jahre) in England mit ihrer Schule Ausflüge in die Natur machten.

Warum ist das so? Eine Studie von 2011 belegt, dass die Haupthindernisse dafür, Kinder nach draußen zu bringen, nicht durch rechtliche Einschränkungen entstehen. Die Gründe für den Verbleib der Kinder im Haus waren, dass es den Pädagogen an Selbstvertrauen, Kapazität und Kompetenz mangelte.3 In diesem Kapitel werde ich beschreiben, welche Vorteile es hat, wenn Kinder schon früh mit der natürlichen Welt in Kontakt kommen und wie wichtig Spielen ist – die tiefste Form kindlichen Lernens. Jean Piaget (1896–1980) sagte: „Spielen ist die Arbeit der Kinder.“

Wer die Schönheiten der Erde betrachtet, findet Kraftreserven, die reichen, so lange das Leben währt.
Rachel Carson

Nachdem ich 36 Jahre lang in der Umwelterziehung gearbeitet habe, kann ich bestätigen, dass früher Kontakt mit der Natur viele positive Auswirkungen hat – die ersten Lebensjahre sind für die Entwicklung des Gehirns die spannendsten. Die frühen Jahre sind die natürlichste Zeit für uns kleine Menschen, um unsere Fantasie zu entwickeln, aus der innovatives Denken und ein Bewusstsein unserer selbst hervorgehen. In ihrem bahnbrechenden Buch „The Ecology of Imagination in Childhood“4 zeigt Edith Cobb, dass die natürliche Welt für die Entwicklung von Neugier und kognitivem Wachstum unerlässlich ist.

Wenn ich Kinder im Freien beobachte, fällt mir oft auf, dass Neugier hier schneller entsteht als in sterileren Umgebungen. Es ist, als ob plötzlich wie aus einer Quelle Geschichten, Erfindungen und Experimente hervorsprudeln, wenn ein Kind auf eine ungemähte Wiese kriecht, zwischen Bäumen herumläuft oder über einen Sandstrand rollt. Diese Orte bieten die „kombinierte Flexibilität“5, die es Kindern ermöglicht, die „Distanz“ zwischen sich selbst, den unmittelbar wahrgenommenen Objekten und Eindrücken sowie den Welten der imaginären Formen und Wünsche zu überbrücken. In weniger flexiblen, weniger naturnahen Umgebungen gibt es weniger Gelegenheiten zu Problemlösen und Fantasie.6

Ich hatte einmal das Glück, drei Vierjährige, zwei Mädchen und einen Jungen, mit Metalleimern voller Eicheln, die sie in einem Wäldchen nahe der Einrichtung gesammelt hatten, zu beobachten. Ich hörte, wie sie darüber diskutierten, wie man die Eicheln pflanzt und wie hoch ihre Bäume wachsen würden, was man in den Boden einbringt und wie man die Bäume schützt. Die Bäume sollten bis zum Mond wachsen, damit die Mäuse auf dem Mond zu uns reisen könnten, um die Mäuse hier vor den „mäusefressenden Riesenmäusen“ zu retten!

Mit diesem imaginären Szenario im Kopf (angeregt durch die natürliche Welt und frühere Erfahrungen) begannen sie zu versuchen, den Boden zu verbessern. Weil sie ihn zu hart fanden, begannen sie ein tiefes Gespräch darüber, wie man ihn weicher machen könnte. Die Frage eines der Mädchen, ob Wasser den Boden weicher macht, brachte sie auf eine Idee, und sie fingen gleich an, einen gewundenen Kanal zu bauen. Er führte zu einem Rohr, das an einer Regentonne bei einem Geräteschuppen am Rande des Wäldchens befestigt war – dies war, wie ich erfuhr, ein lebendiger Wasserdrache! Während dieser ganzen Spielepisode hielten andere Gespräche um die Mäuse und den Drachen die Geschichte und die Motivation, die Eicheln zu pflanzen, am Leben.

Sich zu bewegen, zu rennen, durch neue Bewegungen Dinge herauszufinden, das eigene Leben in jedem Glied des Körpers zu spüren, das bedeutet Leben in der frühen Kindheit.
Margaret McMillan

Welche Rolle spielte die Erzieherin? Eine Woche zuvor hatte sie eine Geschichte mit Eicheln erzählt und im Anschluss daran Metalleimer und „echte“ Schaufeln bereitgestellt. Sie blieb dann verfügbar, falls die Kinder Hilfe brauchen sollten – was sie taten, als sie versuchten, das Rohr an den Hahn der Regentonne anzuschließen. Der Rest dieses Spiels voller Erfindungen wurde durch die Natur des Wäldchens angeregt. Sie lieferte die sensorischen Anregungen, nach denen sich kleine Kinder sehnen, und eine abenteuerliche Umgebung, in der Drachen, Mäuse und große, die Entfernung zwischen zwei Himmelskörpern überbrückende Bäume gedeihen können! Aus der Neugier, die von Eimern, Eicheln, Erde und dem Anblick des Mondes am Himmel ausgelöst wurde, entstanden drei gemeinsame Entdeckungsreisen.

Die positiven Auswirkungen dieser kleinen Episode sind offensichtlich: viel Sprachentwicklung, Fantasie, gemeinsames Lernen, konzentrierte Aufmerksamkeit und fein- und grobmotorische Entwicklung – vom anstrengenden Graben im harten Boden über die Konstruktion des sich windenden, drachenschwanzartigen Kanals bis hin zur Befestigung des Rohres am Hahn der Regentonne. Mit das Beste war, wie sich die Beziehungen in diesem Spiel entwickelt haben. Gleichzeitig entwickelten sich die Beziehungen der Kinder zu anderen und zur Natur – zu Menschen, Eicheln, Bäumen, Mäusen und Drachen. Es gab sogar Anfänge eines Bezugs zum Weltall: Der Mond ist kilometerweit entfernt!

Die Materialien und Elemente der natürlichen Welt sind flexibel. Und in ihr gibt es viele Orte und Möglichkeiten, unsere Individualität zu entwickeln. Ein Stock kann zu allem werden, was man will; er ist immer noch das beliebteste Spielzeug der Welt. Sichere, gemütliche Rückzugsräume können in Büschen oder auch in offenem Gelände gebaut werden, wo immer es Sichtschutz gibt. Im Gegensatz dazu wird ein Bildschirmspiel von der Technik und der Programmierung bestimmt, und die Möglichkeiten fantasie-vollen Spiels sind stärker eingeschränkt.

Ich kann nicht genug betonen, dass die ersten Lebensjahre die Zeit sind, um die einzigartige Persönlichkeit eines Kindes hervorzuheben und durch das Erleben der natürlichen Welt zu fördern. Wir dürfen uns nicht in der spezialisierten technokratischen Welt von heute verlieren, mit der das Kind ohnehin bald konfrontiert wird. Peter Gray7 behauptet, dass es für unsere Kinder wichtig ist, spielerischen Kontakt mit der Natur zu haben, wenn sie die Fähigkeit erwerben wollen, sich an unsere sich ständig verändernde Welt anzupassen und ein echtes Bewusstsein ihrer selbst zu finden.

Zum Abschluss möchte ich Rachel Carson zitieren, die berühmte Biologin, Chemikerin und Umweltaktivistin der 1950er und 60er Jahre. Dieses Zitat stammt aus ihrem Buch Magie des Staunens8 – ein unverzichtbarer Begleiter für jeden Frühpädagogen:

Hätte ich Einfluss auf die gute Fee, die angeblich über die Taufe aller Kinder wacht, dann würde ich sie bitten, jedem Kind auf dieser Welt einen Sinn für das Staunen zu schenken, so unverwüstlich, dass er ein ganzes Leben lang hält… Wenn Fakten Samen sind, aus denen später Wissen und Weisheit wachsen, dann sind Gefühle und Sinneseindrücke der Nährboden, in dem die Samen reifen müssen. Die frühen Kindheitsjahre sind die Zeit, den Boden zu bereiten.

  1. Report to Natural England on childhood and nature: a survey on changing relationships with nature across generations, (2009) England Marketing
  2. Monitor of Engagement with the Natural Environment: a pilot to develop an indicator of visits to the natural environment by children (2016) Natural England
  3. Beyond barriers to learning outside the classroom in natural environments (2012) King‘s College London
  4. The Ecology of the imagination in childhood (1977) Cobb, E
  5. A theory of play and fantasy, Psychiatric Research Reports, 2: 39-51 (1955) Bateson, G.
  6. Playwork theory and practice (2003) Brown, F. Maidenhead: Open University Press
  7. Gray, P. (2013) Free to Learn, Basic Books.
  8. Carson, R. (2019) Magie des Staunens, Klett-Cotta.

Der Autor: Jon Cree ist Ausbildungskoordinator am Bishops Wood Centre in Worcestershire, das vom Field Studies Council geleitet wird. Seit fast 30 Jahren bildet er Frühpädagogen und Erzieher aus und arbeitet seit 36 Jahren mit Kindern im Freien. Der Kreis Worcestershire war einer der ersten Landkreise in Groß-britannien, der sich aktiv für Waldkindergärten einsetzte. Jon Cree hat seit 2000 bei dieser Entwicklung mitgewirkt. 2006 begann er mit der Durchführung von Schulungen zum Thema Waldkindergarten im Bishops Wood Centre. Er ist Vor-sitzender der Forest School Association und seine Leidenschaft gilt Geschichten und Geschichtenerzählen und allem, was aus Holz ist!

Wir haben diesen Text dem Themenheft „Draußen lernen – Mit der Natur eine solide Grundlage schaffen“ entnommen. Die Autor*innen des Heftes beschreiben, wie wichtig das Draußenlernen ist und welche Pädagogik dahinter steht. Das Themenheft können Sie kostenlos bestellen unter www.communityplaythings.de oder mit einem Telefonanruf unter 0800 266 7529 anfordern.




Ein sprachlicher und bildnerischer Genuss

nessi

Brigitte Flakenhain/Vanessa Ölsner, Die wahre Geschichte von Frischling Nessi

Was für ein wundervolles, textlich ansprechendes, mit ganz vielen Illustrationen versehendes Geschichtenbilderbuch, das die Textautorin Brigitte Falkenhain und die Illustratorin, Vanessa Ölsner, zusammen herausgegeben haben.

Worum geht es in diesem Buch?

Erzählt wird eine Geschichte von einer Wildschweinmama, die mit ihren sieben Wildschweinkindern in einem großen, ja geradezu märchenhaften Mischwald lebt und dabei geht es allen gut. Es gibt genügend zu fressen und die Wildschweinkinder haben den Wald als einen riesigen, grenzenlosen Abenteuerspielplatz entdeckt.

Doch an einem Tag möchte ein Wildschweinkind (Nessi) mehr Ruhe haben und fällt auf seinem Weg zu einem Ruheplatz in ein tiefes Loch, aus dem es nicht mehr alleine herauskommt. Die Wildschweinmama bemerkt, dass eines ihrer Kinder fehlt und geht auf die Suche, entdeckt Nessi in dem Loch, kann Nessi aber auch nicht aus dem Loch heraushelfen. Voller Hoffnung, dass Nessi doch noch irgendwie alleine aus der Erdgrube herauskommt, zieht sie mit ihren anderen sechs Kindern weiter.

Alleingelassen und frierend weiß Nessi auch keinen Ausweg aus dem Dilemma. Doch die Eule des Waldes macht Nessi Hoffnung und erzählt von der Bäuerin der Waldbach-Mühle, die täglich durch den Wald geht und dabei sicherlich Nessi findet.

Und so geschieht es auch! Die Bäuerin, mit Namen Rita, unternimmt ihren üblichen Spaziergang und findet dabei das Wildschweinkind. Vorsichtig holt sie es aus dem Erdloch und nimmt es mit nach Hause, wo es einen eigenen, ganz gemütlichen Stall (sogar mit einer Wärmelampe) bekommt. Nessi wird immer gut gefüttert. Rita streichelt Nessi viel und mehr und mehr wächst sie heran, lernt die anderen Tiere auf dem Gelände der Waldbachmühle kennen. Und eines Tages, bei einem Waldspaziergang mit Rita, verlässt Nessi ihre Retterin Rita. Ein Jahr später sieht Rita im Mischwald eine Wildschweinmama mit sieben Wildschweinkindern, und erkennt, dass Nessi nun die Mama ist.

Diese Tiergeschichte hat einen wahren Ausgangshintergrund, den die Autorin (Heilpädagogin) ihrer Enkelin Vanessa erzählt hat. Dann hat Vanessa, gerade einmal elf Jahre alt, angefangen, handgezeichnete und colorierte Bilder zum Verlauf der erzählten Geschichte zu malen, die nun das gesamte Buch illustrieren. Und so ist das gemeinsame Werk entstanden. Sprachlich und bildnerisch gestaltet ist das Buch von der ersten bis zur letzten Zeile und von der ersten bis zur letzten Illustration ein wirklicher Genuss, dem sich nicht nur Kinder, sondern auch Erwachsene, Eltern und pädagogische Fachkräfte, nicht entziehen können, eben auch über die detailreiche, nahezu unglaubliche Malbegabung eines elfjährigen Mädchens. So haben eine Großmutter und ihre Enkelin ein gemeinsames Werk erschaffen, das in dieser Form sicherlich nur sehr selten entsteht.

Armin Krenz

Die wahre Geschichte von Frischling Nessi

Brigitte Falkenhain
Illustriert von Vanessa Ölsner
Hardcover, 54 Seiten
Ölsner Verlag, 2024
ISBN 9783982379012
14,90 Euro




Pädagogische Naturerlebnisse für Kinder & Jugendliche

walbaden

Natur-Resilienz-Trainer*in® für Kinder & Jugendliche

Unsere Ausbildung vermittelt praxisnahe Tools zur Stärkung der seelischen Widerstandskraft und gesunden Entwicklung von Kindern und Jugendlichen. Die Natur unterstützt ganzheitlich die Förderung von Selbstwirksamkeit, sozialer Kompetenz und Stressbewältigung. Gemeinsam erarbeiten wir basierend auf evaluierten Studien Ihr individuelles Resilienzkonzept für Kita, Schule & Freizeit:

✅ Vorteile:

  • Kompakte, praxisorientierte Ausbildung mit umfangreichem Skript
  • Möglichkeit zur Nutzung des ZPP-zertifizierten Konzepts der DAWG
  • Qualitätsgeprüft durch den Gütesiegelverbund für Weiterbildungen
  • Zugang zum Waldbaden-Netzwerk mit Webinaren & Events

Diese Ausbildung eignet sich besonders für Erzieherinnen, Pädagoginnen, Sozialarbeiter*innen & alle, die mit Kindern arbeiten. Ergänzend gibt es das Aufbaumodul Natur-Resilienz Advanced & die Ausbildung zum Natur-Resilienz-Coach.

🌿 Ziel: Lernen Sie, den „grünen Seminarraum“ gezielt einzusetzen und Kindern mehr Belastbarkeit, Selbstbewusstsein & Lebensfreude zu vermitteln.

https://waldbaden-akademie.com/angebote/ausbildung/natur-trainer/ausbildungen-zum-trainer/natur-resilienztrainer-fuer-kinder-und-jugendliche/

Kursleiter*in für Waldbaden mit Kindern & Jugendlichen

Kinder erleben Waldbaden spielerisch – ohne Druck, aber mit großer Wirkung: Es stärkt Konzentration, Selbstwahrnehmung und Stressbewältigung. Unsere praxisorientierte Ausbildung vermittelt theoretische Grundlagen und praktische Übungen, um Kindergruppen professionell anzuleiten.

✅ Inhalte:

  • Achtsamkeits- & Wahrnehmungsübungen
  • Waldbaden für Kinder mit Stresssymptomen
  • Meditation, Atem- & Bewegungsübungen
  • Naturschutz beim Waldbaden

✅ Ablauf & Vorteile:

  • 6-tägiges Präsenzseminar mit Prüfung & Lehrprobe
  • Zertifizierung durch DAWG & Gütesiegelverbund
  • Möglichkeit zur ZPP-Nutzung für eigene Angebote
  • Zugang zum Waldbaden-Netzwerk für Austausch & Sichtbarkeit

Ziel: Die Ausbildung qualifiziert zur Leitung von Waldbaden-Angeboten in Kitas, Schulen & Betreuungseinrichtungen. Ideal für Pädagoginnen, Erzieherinnen & Entspannungspädagogen.

https://waldbaden-akademie.com/angebote/ausbildung/waldbaden/ausbildung-kursleiter-waldbaden/waldbaden-fuer-kinder-jugendliche/

Wald-Entdecker-Karten

12,00 €

Die Wald-Entdecker Karten – Das Suchspiel für kleine und große Abenteurer.




Kinder brauchen Orte, an denen sie aufregende Erfahrungen machen

Das Spiel im Freien bietet Kindern wertvolle Möglichkeiten, ihre körperlichen und geistigen Fähigkeiten zu entwickeln

Das Spiel im Freien bietet Kindern wertvolle Möglichkeiten, Sachverhalte einzuschätzen, Gefahren zu vermeiden und zu lernen, wie man positiv mit Risiken umgeht. Dies ist ein entscheidender Teil ihrer Entwicklung. Wir können und wollen Risiken nicht ganz ausschließen, denn Risiken sind Teil des Lebens. Das Leben ist voller Risiken und Herausforderungen, und wir müssen die Kinder darauf vorbereiten, sie zu bewältigen, indem wir ihnen erlauben, in einer sicheren Umgebung Risiken einzugehen.

Wer Kinder beschützen möchte, muss ihnen Orte zugänglich machen, wo sie die aufregenden Erfahrungen machen können, die sie machen müssen. Es muss Bäume geben, auf die sie klettern können und Möglichkeiten, auf eine sichere Weise die Abenteuer und Herausforderungen zu erleben, nach denen sie sich sehnen.

Susan Isaacs, 1938

Es ist wichtig, dass Kinder die Möglichkeit erhalten, sich herauszufordern, um ihre körperlichen und geistigen Fähigkeiten zu entwickeln. Wir müssen darauf vertrauen, dass Kinder die Grenzen ihres körperlichen Vermögens einschätzen können, aber gleichzeitig müssen wir auf ihre Sicherheit achten. Das Außengelände sollte so gestaltet sein, dass es eine körperliche Herausforderung darstellt und den Kindern hilft, zuversichtlich Risiken einzugehen.

Was ein Risiko bedeutet

Risiko ist „jedes Verhalten, bei dem Unsicherheit über die Resultate besteht. Es schließt eine Abwägung des Nutzens gegen die möglichen unerwünschten Folgen des Verhaltens sowie die Wahrscheinlichkeit von Erfolg oder Misserfolg ein.“ (Little, 2006) Während Kinder immer früher in Bildungseinrichtungen kommen und Räume, wo sie draußen spielen könnten, kleiner und seltener werden, werden Erwachsene immer besorgter, dass ihre Kinder zu Schaden kommen könnten. Dann werden Sicherheitsvorschriften vor dem Hintergrund gestiegener Klagefreudigkeit falsch interpretiert, um aus ihnen abzuleiten, dass Kinder vor Deshalb müssen auch Sicherheitsrichtlinien berücksichtigen, dass Kinder oft in Spielumgebungen sein werden, die zwar gut betreut sind, aber ein gewisses Risiko und manchmal potenzielle Gefahren bergen. So sollte sichergestellt werden, dass falsche Sicherheitsbedenken keine sterilen Spielumgebungen produzieren, die keine Herausforderung darstellen und so verhindern, dass Kinder altersgerecht lernen und ihre Fähigkeiten erweitern“ (Children’s play and leisure – promoting a balanced approach).

Es ist wichtig, zu kommunizieren, auf Bedenken zu hören und bereit zu sein, dazuzulernen, wenn es um Fragen der Sicherheit geht, während man gleichzeitig sehr gut darin werden muss, Eltern und Teammitgliedern zu erklären, warum Risikobereitschaft wichtig ist!

Schon eine Geburt ist riskant, und kleine Kinder sind darauf programmiert, Risiken einzugehen. Fehler zu machen, kann helfen, Vertrauen, Ausdauer und die exekutive Funktion zur Problemlösung im gesamten Leben zu verbessern. Es ist spannend und begeistert Kinder, Risiken einzugehen; sie lieben die körperliche und geistige Herausforderung. Es ist eine Prüfung für ihre körperliche Belastbarkeit, fördert ihre perzeptiv-motorische Fähigkeit und hilft ihnen zu lernen, gefährliche Umgebungen und Aktivitäten zu vermeiden oder sich auf sie einzustellen. Daher führt die Eliminierung von Risiken dazu, dass ein Kind in einer Welt, in der Veränderungen, Risiken und Unsicherheiten Schlüsselmerkmale des Lebens sind, Gefahren nicht einschätzen kann.

Risikobereites Spielen beinhaltet:

  • Erleben von Höhe, Bewegung und Geschwindigkeit
  • Umkehrung der normalen Ordnung der Dinge – Kippen, Hängen
  • Der Nervenkitzel von Unsicherheit und Unvorhersehbarkeit
  • Am Rande der eigenen Leistungsfähigkeit zu sein – Fähigkeit und Ausdauer auf die Probe stellen
  • Erkunden von Elementen wie Erde, Feuer und Wasser; Werkzeuggebrauch, Raufspiele und Austoben; Verstecken und Alleinsein

Was bedeutet Herausforderung? Kinder sehnen sich nach Situationen, in denen sie Dinge erkunden können, und führen solche Situationen selbst herbei. Wenn ein Spiel keine angemessene Herausforderung darstellt, sucht ein Kind natürlich weiter, um neue Erfahrungen zu machen.

Herausfordernde Erfahrungen sind solche, die neu, kreativ, fantasievoll und produktiv sind. Sie sind oft kognitiv komplex und umfassen mehrere Elemente, Materialien, Aktionen oder Ideen. Kinder gehen Herausforderungen oft sehr systematisch und zielgerichtet an, sorgfältig und überlegt, und dabei vertiefen sie sich in das Erlebnis. Der Versuch, eine neue Fähigkeit zu erlernen oder eine bestehende zu verbessern, kann ein wichtiger Schritt bei der Lösung eines Problems sein.

Erwachsene können herausfordernde Spiele fördern, wenn sie hilfreiche Rahmenbedingungen schaffen, indem sie Zeit, Raum und offene Materialien zur Verfügung stellen, und wenn sie sensibel mit den Kindern interagieren, um ihnen zu Schlüsselerlebnissen zu verhelfen, indem sie ihnen Ideen vorschlagen und sie an geeigneten Momenten auf bestimmte Materialien hinweisen. Sie können auch als Katalysatoren fungieren, indem sie angemessene Herausforderungen schaffen und die Kinder entscheiden lassen, wie sie damit umgehen möchten.

Kleine Kinder sind hochkomplexe Denker, die ein „Flow“-Erleben brauchen. Dies ist ein Zustand „so in einer Aktivität aufzugehen, dass nichts anderes von Bedeutung scheint; ein Erleben, das so angenehm ist, dass Menschen es auch unter hohen Kosten fortsetzen werden, um der Sache willen“ (Mihaly Csiks-zentmihalyi, 1979).

Das ist nicht kompliziert. Fördern Sie eine ruhige und entspannte, aber dennoch anregende Umgebung und regen Sie zu Spielformen an, die Kinder faszinieren. Begrüßen Sie Fehler als Gelegenheiten zum Lernen und lassen Sie die Kinder auf praktische Weise forschen. Stellen Sie reichhaltige, offene Ressourcen bereit, die die Kinder in ihrem eigenen Tempo und ihren besonderen Interessen folgend entdecken können.

Kinder brauchen:

  • Erwachsene, die mit ihnen interagieren, ihre Ideen wertschätzen, ihnen beim Lernen zur Seite stehen und gerne draußen sind
  • Zeit, Dinge zu erkunden, zu beobachten und zu verstehen
  • Leicht zugängliche Materialien und Kleidung, die schmutzig werden darf
  • Neben Wiederholung und Konsistenz auch Kontext und Bedeutung, damit sie Regeln und Grenzen lernen können
  • Erwachsene, die ihren Worten Taten folgen lassen!

Abschließende Worte

Der Wert der Natur für das Wohlbefinden, die Gesundheit, das Lernen und die Entwicklung von Kindern ist offensichtlich. Jetzt, da Kinder immer mehr Zeit drinnen verbringen, ist es wichtiger denn je, dass wir uns dem Lernen draußen öffnen. Wir alle haben die Freude und Begeisterung von Kindern gesehen, wenn sie draußen aktiv lernen. Wir müssen ihnen ermöglichen, die Natur zu erleben, einen Bezug zu ihr aufzubauen und von ihr zu lernen. Jede Gelegenheit, in der Natur zu sein, hilft Kindern, eine dauerhaft positive Einstellung zu entwickeln, durch die sie gerne im Freien sein werden und wirklich motiviert, ihre natürliche Umwelt zu lieben und zu schützen.

Als Pädagogen können wir Kindern helfen, den Raum ihrer Möglichkeiten zu erweitern, indem wir anregende Outdoor-Umgebungen mit inspirierenden Ressourcen bereitstellen, die über alle Bereiche der Bildungspläne hinweg zum Spielen und Entdecken auffordern. Lernen im Freien ist ganzheitlich. Wenn Kinder miteinander darüber reden, wie sie ein Haus aus großen Bausteinen bauen oder einen Reifen auf eine Rutsche heben, wenn sie experimentieren, wie Wasser am besten in eine Matschküche transportiert werden kann oder Tautropfen im Gras entdeckt werden können, entwickeln sie ihr Verständnis und ihre Beziehung zur Welt und bauen eine solide Grundlage für lebenslanges Lernen auf.

Die Autorin: Kathryn Solly ist ehemalige Leiterin des Chelsea Open Air Kindergartens und Kinderzentrums. Sie hat mehrere Bücher geschrieben, arbeitet als Fachberaterin und hält Weiterbildungen zu frühpädagogischen Themen. Sie ist Trainerin für Early Education, dem britischen Verband für Frühpädagogik, und aktives Mitglied des Froebel Trust.

Wir haben diesen Text dem Themenheft „Draußen lernen – Mit der Natur eine solide Grundlage schaffen“ entnommen. Die Autor*innen des Heftes beschreiben, wie wichtig das Draußenlernen ist und welche Pädagogik dahinter steht. Das Themenheft können Sie kostenlos bestellen unter www.communityplaythings.de oder mit einem Telefonanruf unter 0800 266 7529 anfordern.




Wer verspielt ist und spielt, kann Probleme besser lösen

Resilienz und Wohlbefinden stellen sich laut Forschern der Oregon State University eher ein

Erwachsene mit einem hohen Grad an Verspieltheit verfügten während der COVID-19-Pandemie über eine größere Resilienz, wie Forscher*innen der Oregon State University herausgefunden haben. Forschungsleiterin Wissenschaftlerin Xiangyou (Sharon) Shen zufolge ist Verspieltheit gerade in schwierigen Zeiten eine entscheidende, aber unterschätzte Ressource für den Aufbau von Resilienz und die Aufrechterhaltung des Wohlbefindens. Zudem handle es sich dabei um eine Ressource, die die Menschen selbst kultivieren können.

Mehr Optimismus

Die Wissenschaftler haben 500 Teilnehmer der „Adult Playfulness Trait Scale“ untersucht. Jene, die besser abgeschnitten hatten, schätzten die Lage zwar ähnlich ein, waren in Hinblick auf die Zukunft jedoch optimistischer eingestellt und beim Lösen von Problemen kreativer. Diesen Personen gelang es auch, ihrem Alltag eine Qualität und Spaß zu verleihen.

„Sie veränderten herausfordernde Situationen aktiv, fanden kreative Alternativen und sahen Probleme als Möglichkeit für ein Wachstum an und behielten dabei ein starkes Gefühl der Kontrolle“, unterstreicht Shen. Im Prinzip gehe es darum, aus Zitronen Limonade zu machen. Entscheidend sei, dass verspielte Menschen die Welt nicht durch eine rosarote Brille sähen. Vielmehr würden sie Probleme besser erkennen und dabei realistisch sein.


SPIEL und SELBSTBILDUNG – Kitas brauchen eine pädagogische Revolution

Es muss eine praxisorientierte Revolution stattfinden, indem einer wirtschaftlich und funktional gestalteten Elementarpädagogik die „Rote Karte“ gezeigt und erneut Kinder und ihre Entwicklungsbedürfnisse in das Zentrum der Pädagogik gerückt wird. Das gelingt nur mit einer aktiven, lebendigen, authentisch gestalteten SPIELPÄDAGOGIK und spielfreudigen kindheitspädagogischen Fachkräften.

Softcover, 176 Seiten, 14,8 x 21 cm
ISBN: 978-3-96304-616-2
22 €


Paradigmenwechsel

Bisher war die Wissenschaft davon ausgegangen, dass spielerische Menschen Situationen umdeuten, um sie angenehmer zu machen. Unklar war bisher jedoch, was diese Umdeutung genau ist und wie sie funktioniert. Shen kommt jetzt zu dem Schluss, dass Verspieltheit die Wirklichkeit nicht verzerrt, sondern sie verbessert. Die Forschungsergebnisse sind in „Frontiers in Psychology“ nachzulesen.

Moritz Bergmann/pressetext.redaktion