Inklusion: Ein großes Ziel im unvorbereiteten Umfeld

Inklusion

Studie zeigt die Notwendigkeit zu einer differenzierteren Herangehensweise an ein schwierges aber lohnendes Thema

Das Recht auf inklusive Beschulung ist seit 2009 ein Bundesgesetz. In der Realität jedoch wird das Menschenrecht auf inklusive Bildung in Deutschland noch immer nicht flächendeckend gewährt. Dies ist auch für den Beauftragten der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen nicht akzeptable Situation, wie er in seinem Forderungspapier deutlich gemacht hat. Um die gesetzlich verbriefte inklusive Beschulung zu realisieren, gilt es vor allem zwei Voraussetzungen zu erfüllen: eine differenzierte Betrachtung der Behinderung sowie Lehrkräfte mit entsprechendem Fachwissen und Beratungskompetenz. Das sind auch zwei zentrale Ergebnisse der Studie der Praxis für Kinder- und Jugendhilfe Iris Schneider.

Im Interview mit den Initiatoren der Studie, Iris Schneider und Dr. Jürgen Schneider, zeigt sich, dass wir uns gesellschaftlich zwar viel vorgenommen haben, vielerorts in Sachen Inklusion aber eben noch am Anfang stehen. Das Interview finden Sie hier im Podcast.

Ansatzpunkte für erfolgreiche Inklusion

In ihrer Studie sind Iris und Dr. Jürgen Schneider der Frage nachgegangen, wie zufrieden die Betroffenen eigentlich mit ihrer eigenen Inklusion in Kitas und Schulen sind, die sie täglich erfahren. Dazu wurden stellvertretend für die Kinder und Jugendlichen deren Eltern befragt. Die Ergebnisse sind in der Studie mit dem Titel „Ansatzpunkte für erfolgreiche Inklusion von Kindern und Jugendlichen mit (drohender) Behinderung“ veröffentlicht.

Eine wesentliche Erkenntnis der Studie ist: Für die Zufriedenheit der Betroffenen ist die Behinderung bzw. das Störungsbild des Kindes oder des/der Jugendlichen von entscheidender Bedeutung. „Die Antworten zeigen uns: Es reicht nicht, undifferenziert über die Inklusion der Gruppe der behinderten Kinder und Jugendlichen zu sprechen. Vielmehr bedarf es einer wesentlich differenzierteren Betrachtung“, fasst Iris Schneider, Geschäftsführerin der Praxis für Kinder- und Jugendhilfe, zusammen. So spielt zum Beispiel die Gruppen- bzw. Klassengröße in einer Kita oder Schule für Kinder mit einer Autismus-Spektrum-Störung oder einer sozial-emotionalen Beeinträchtigung bisweilen eine entscheidende Rolle, während dieses Kriterium für Kinder mit einer Sehbehinderung oder einer anderen körperlichen Behinderung mitunter keinen Einfluss auf die Zufriedenheit mit ihrer Inklusion hat.

Etnscheidend ist das Fachwissen

Auch in Bezug auf die personelle Ausstattung der Einrichtungen ergibt sich ein differenziertes Bild. Dabei ist überraschend, dass die Quantität der personellen Ausstattung nicht das entscheidende Kriterium für die Zufriedenheit der Betroffenen ist. Entscheidend ist das Fachwissen und damit die Beratungsqualität der Einrichtungsmitarbeitenden bezüglich der jeweiligen Behinderungen und der damit verbundenen Fördermöglichkeiten. „Dieses Ergebnis ist ein deutlicher Hinweis darauf, dass die Ausbildungsinhalte der ErzieherInnen und LehrerInnen offenbar nicht ausreichend auf die Anforderungen eines inklusiven Bildungsbetriebes ausgerichtet sind“, so die Schlussfolgerung von Schneider.

Die Eckdaten zur Studie

Für die Marktstudie wurden die Fragebögen von Eltern und Inklusionsbegleitern ausgewertet, die als StellvertreterInnen für die Kinder befragt wurden. Mit dieser Form der Untersuchung soll die Sicht der Betroffenen stärker in den Blick genommen werden, um so die Ausrichtung von zukünftigen Inklusionsmaßnahmen noch stärker an den Anforderungen der Betroffenen ausrichten zu können.

Die Studie steht auf der Website der Praxis unter https://www.praxis-iris-schneider.de/ zum Download bereit. Zudem kann sie in gedruckter Form angefordert werden bei

Praxis für Kinder- und Jugendhilfe Iris Schneider GmbH
Iris Schneider
Mühlenstraße 6b
53721 Siegburg




Deutsches Kinderhilfswerk: Schluss mit Werbung für ungesunde Lebensmittel

Eine „Werbebeschränkung light“ würde ihr Ziel nur verfehlen

Das Deutsche Kinderhilfswerk (DKHW) begrüßt das Vorhaben von Bundesernährungsminister Cem Özdemir zur Regulierung des Kindermarketings für ungesunde Lebensmittel. Die Pläne sind aus Sicht der Kinderrechtsorganisation eine gute Grundlage, um die Gesundheit von Kindern durch eine Einschränkung von Werbung für Lebensmittel mit zu viel Zucker, Fett oder Salz zu schützen. Damit ist das Vorhaben ein zentraler Baustein für mehr Kindergesundheit und ein wichtiger Schritt, um Familien dabei zu unterstützen, Kindern eine gesunde Ernährungsweise nahezubringen.

Kinderschutz muss Vorrang vor Interessen der Produzenten haben

„Die UN-Kinderrechtskonvention verpflichtet die Bundesregierung bei den anstehenden Regulierungsfragen sehr eindeutig: Der Schutz von Kindern muss hier Vorrang vor den Interessen der Produzenten ungesunder Lebensmittel haben. Gleichzeitig braucht es neben dem Verbot auch weitere Investitionen in die Medien- und Ernährungskompetenz der Kinder. Wir brauchen für den Bereich des Kindermarketings zum Schutz der Kinder und Jugendlichen eine umfassende Regelung, die nicht nur die klassische Werbung im Fernsehen umfasst. Wichtig sind beispielswiese auch Beschränkungen für Influencerinnen und Influencer in den sozialen Medien oder eine Bannmeile im Umkreis von Kitas, Schulen und Spielplätzen. Als Grundlage bei der Frage, welche Lebensmittel als ungesund gelten, sollten die Nährwertempfehlungen der Weltgesundheitsorganisation WHO dienen“, betont Holger Hofmann, Bundesgeschäftsführer des DKHW.

Eine ausgewogene Ernährung ist elementar für die Gesundheit

Eine ausgewogene Ernährung ist elementar für die Gesundheit, vor allem bei Kindern und Jugendlichen. Doch das aktuelle Ernährungsverhalten ist von starken Missverhältnissen geprägt: So verzehren Kinder und Jugendliche etwa doppelt so viele Süßwaren, aber nur halb so viel Obst und Gemüse wie empfohlen. Auch der Fleisch- und Wurstverzehr ist deutlich zu hoch. Dabei beeinflusst Werbung nachweislich die Präferenzen und das Essverhalten von Kindern und Jugendlichen.

Eine „Werbebeschränkung light“, die lediglich im Umfeld klassischer Kindersendungen greift, würde laut DKHW ihr Ziel verfehlen. Deshalb sollte zukünftig Werbung für ungesunde Lebensmittel von 6 bis 23 Uhr im Fernsehen, Radio und in Streamingdiensten verboten sein. Influencerinnen und Influencer sollten grundsätzlich nur Werbung für gesunde Lebensmittel machen dürfen, wenn diese sich an Kinder richtet. Außerdem ist im Bereich der Außenwerbung eine 100-Meter-Bannmeile für Ungesundes um Schulen, Kitas und Spielplätze wichtig. 




Wir verlosen 3 x das Spiel Fotosafari von SmartGames

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Auf Fotosafari mit den Tieren der Savanne

Bei diesem Lernspiel für den Vorschulbereich bahnen sich die Tiere ihren Weg durch die Savanne.

Die Fotosafari bietet Spielern ab drei Jahren jede Menge bunten Spielspaß. Kinder im Vorschulalter tauchen ein in die Welt von Giraffe, Löwe und Co. Bei diesem Solitärspiel leiten die Kinder die Tiere an einen bestimmten Ort in der Savanne. Mal steht der Löwe vor dem Regenbogen, mal soll der Elefant zum Trinken ans Wasserloch geführt werden. Doch knifflig wird es dann, wenn Hindernisse im Weg stehen. Die Giraffe kommt nicht zwischen den Bäumen oder dem Regenbogen hindurch, und der Löwe hat höllische Angst vor dem Wasser. Anhand von 60 Aufgabenkarten machen Kinder die Position der Tiere ausfindig. Dabei schulen sie nebenbei unter anderem räumliches Vorstellungsvermögen und lernen Präpositionen wie „vor“, „neben“ oder „unter“. Bei diesem Spiel gibt es vier Schwierigkeitsstufen, die farblich auf der jeweiligen Karte gekennzeichnet sind: Grün steht für Starter-, Gelb für Junior-, Rot für Expert- und Lila für Master-Aufgaben. Weitere Informationen auf: www.smartgames.eu

Das Spiel ist ab März 2023 erhältlich.

UVP ca. 27 Euro.

Die Verlosung ist beendet




Zucker in Kinderlebensmitteln

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ÖKO-Test: Dreiste Werbung auf viel zu süßen Kinderlebensmitteln

ÖKO-TEST hat 40 Kinderlebensmittel unter die Lupe genommen und hat Anlass zu scharfer Kritik: Viele Babybreie, Cerealien oder Milchprodukte werben mit bunten Comicfiguren und machen auf gesund. Dabei enthalten die meisten Produkte viel zu viel Zucker. Negativer Spitzenreiter im Test: die Kellogg’s Frosties mit 37 Prozent Zucker.

Immer mehr Kinder leiden an Übergewicht und Krankheiten wie Typ-2-Diabetes.

Das nimmt ÖKO-TEST zum Anlass, den Zuckergehalt in Kinderlebensmitteln sowie die Werbung auf den Verpackungen zu bewerten. Im Test: Babybreie, Quetschies, Baby- und Kinderkekse, Cerealien, Ketchups und Tomatensaucen sowie Milchprodukte. Fast alle Produkte sind für Eltern und Kinder besonders ansprechend gestaltet und vermitteln den Eindruck, speziell auf die Bedürfnisse der Kleinen zugeschnitten zu sein. Das Ergebnis zeigt, dass die Aufmachung täuscht: In 29 von 40 Produkten ist der Zuckergehalt aus ÖKO-TEST-Sicht „zu hoch“. Auf insgesamt 33 Produkten bewertet ÖKO-TEST die Werbung als „problematisch“. 

Häufig tricksen die Hersteller auf Kosten der Kinder.

Aussagen wie „weniger Zucker“, „ohne Zuckerzusatz“, „Süße nur aus Früchten“ oder „mit viel guter Milch“ sind aus Sicht der Verbraucherschützer angesichts der hohen Zuckergehalte völlig unangebracht. „Viele der getesteten Produkte sind alles andere als gesund, auch wenn etwas anderes suggeriert wird. Dass die Industrie Kinder in der Werbung mit kindgerecht gestalteten Zuckerbomben ansprechen darf – damit muss endlich Schluss sein“, sagt ÖKO-TEST Chefredakteurin Kerstin Scheidecker.

Die Frankfurter Verbraucherschützer orientieren sich bei ihrer Bewertung am Nährwertprofil-Modell der WHO-Europa, das unter anderem Zucker-Höchstgehalte für verschiedene Lebensmittelgruppen vorsieht und Kindermarketing im Falle einer Überschreitung missbilligt. Für Frühstückscerealien liegt die WHO-Kinder-Werbegrenze bei 15 Milligramm pro 100 Gramm. 

Die Kellogg’s Frosties mit dem freundlichen Tiger enthalten mehr als das Doppelte und damit mehr Zucker als alle anderen Testprodukte: 37 Gramm Zucker pro 100 Gramm Cerealien. Mit einer 40-Gramm-Portion Frosties haben Kinder zwischen 1 und 3 Jahren bereits 99 Prozent der Zuckermenge zu sich genommen, die die WHO für den ganzen Tag toleriert. Es geht aber auch anders: Das Dm Bio Knuspermüsli für Kinder enthält 8,5 Gramm Zucker pro 100 Gramm, was pro Portion 23 Prozent der täglich tolerierten Zuckermenge entspricht – „in Ordnung“ lautet hier das ÖKO-TEST-Urteil.

Eltern unterschätzen den Zuckergehalt

 Eine Studie des Max-Planck-Instituts von 2018 zeigt, dass Eltern den Zuckergehalt in den Lebensmitteln ihrer Kinder massiv unterschätzen. Laut der DONALD-Studie des Forschungsinstituts für Kinderernährung (FKE) decken sechs- bis zehnjährige Kinder ihre Energiezufuhr zu mehr als 17 Prozent über zugesetzten Zucker – höchstens zehn Prozent sind eigentlich empfohlen. Bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen ist es sogar noch mehr. Die Folge: 15 Prozent der Kinder und Jugendlichen in Deutschland gelten heute als übergewichtig, sechs Prozent sogar als fettleibig. 

Alle getesteten Kinderlebensmittel und weitere Informationen finden Sie in der Märzausgabe des ÖKO-TEST Magazins und auf der Website oekotest.de/13567




Kostenloser Online-Kurs zur Flüchtlings- und Integrationshilfe

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Empfangen, begleiten, integrieren

Noch bis Ende März 2023 bietet die SRH Fernhochschule allen Interessierten den kostenfreien Zertifikatskurs „Flüchtlings- und Integrationshilfe“ an. Der Kurs beginnt immer mittwochs, der letzte Kurs startet am 29.3.2023

So vielfältig wie die Geschichten und Erlebnisse der Geflüchteten so umfangreich sind die Aufgaben und Herausforderungen, vor denen sie am Ende ihrer Flucht stehen. Viele engagierte Menschen unterstützen Flüchtlinge daher bei Themen wie Wohnraum- und Arbeitssuche, Sprachkursen bis hin zum Umgang mit Traumatisierung. Mit dem kostenlosen Zertifikatskurs „Flüchtlings- und Integrationshilfe“ vermittelt die SRH Fernhochschule – The Mobile University allen das notwendige Fachwissen, die Schutzsuchende bei ihrem Start in Deutschland unterstützen möchten. 

Der Kurs Flüchtlings und Integrationshilfe

Interessierte können sich direkt online auf der Seite der SRH Fernhochschule zu dem kostenfreien Kurs anmelden. Der Zertifikatskurs kann flexibel jederzeit gestartet werden und dank dem digitalen Lehrkonzept auch ortsunabhängig.

In drei Monaten lernen die Teilnehmenden die Handlungsfelder und Akteure der Flüchtlingsarbeit sowie die Lebenswelten und Erfahrungen von Menschen mit Migrationshintergrund kennen.

Die Anmeldung zu dem kostenlosen Zertifikatskurs „Flüchtlings- und Integrationshilfe“ ist online möglich unter:

www.mobile-university.de/fluechtlings-und-integrationshilfe




Ein Buch über Gefühle auf Deutsch, Ukrainisch und Russisch

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Der Papilio-Gefühleguide kostenlos als PDF zum Download

Unsere Wut, Traurigkeit oder Angst zu spüren und gut mit diesen Gefühlen umzugehen, ist gerade für Kinder eine Frage des Trainings, denn sie lernen ihre Gefühle erst kennen. Der Papilio – Gefühlsführer möchte Sie dabei unterstützen, mit dem Kind in seine und Ihre Gefühlswelt einzutauchen. Wertvolle Tipps und spannende Übungen in „Empathie“-Heften können Ihnen dabei helfen, Ihre eigene Gefühlswelt noch besser kennenzulernen und dem Kind spielerisch Wissen über Gefühle zu vermitteln. Das Motto ist, dass jedes Gefühl wichtig ist und gefühlt werden sollte!

Gehen Sie mit Kindern auf Gefühlsreise und entdecken Sie tolle Spiel- und Bastelvorlagen zum Umgang mit Angst, Wut, Traurigkeit und Freude. Entstanden ist der mehrsprachige Gefühleguide durch die Zusammenarbeit mit der Stiftung Deutsches Forum für Kriminalprävention, gefördert durch das Bundesministerium der Justiz aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages.

Hier geht’s zum kostenfreien Gefühleguide:
(Ukrainisch, Russisch, Deutsch)




95 % der pflegenden Eltern fühlen sich überfordert

Neue Studie zur Kinderpflege zu Hause weist auf vielfältige Herausforderungen für Pflegende hin

2021 waren 271.838 Kinder in Deutschland pflegebedürftig ( BMG 2021). Für die Pflege schwerkranker und pflegebedürftiger Kinder bringen pflegende Eltern wöchentlich mehr als 40 Stunden auf – mehr als für einen durchschnittlichen Vollzeitjob in Deutschland. Das zeigt die neue pflege.de-Studie zur Kinderpflege zuhause. 95 Prozent pflegender Eltern fühlen sich zumindest teilweise mit der Pflege ihres Kindes überfordert. Wie die Studie zeigt, hat dies komplexe Gründe. Anlässlich der aktuell immer noch angespannten Situation in Kinderkliniken ist es umso wichtiger, die Aufmerksamkeit auf diese oft unsichtbare gesellschaftliche Gruppe zu richten.

pflege.de-Studie zeigt: Kinderpflege findet bei 92 Prozent zuhause statt und wird hauptsächlich von den Müttern übernommen

Die Pflegesituation von Kindern mit Pflegebedarf ist fast immer gleich: 92 Prozent der Kinder werden in den eigenen vier Wänden der Familie gepflegt. Die Kinderpflege übernehmen hauptsächlich die Mütter: 87 Prozent der Hauptpflegepersonen von pflegebedürftigen Kindern sind Mütter.

Ursache für die Pflegebedürftigkeit bei Kindern: Meist eine Behinderung von Geburt an

Die Gründe für eine Pflegebedürftigkeit bei Kindern sind vielfältig – oft kommen mehrere Faktoren zusammen. Bei 60 Prozent der Kinder aus der pflege.de-Studie ist der Pflegebedarf durch eine Behinderung von Geburt an bzw. eine Erbkrankheit oder einen Gendefekt begründet. 48 Prozent sind aufgrund einer psychischen oder neurologischen Störung oder Erkrankung pflegebedürftig. Eine chronische Erkrankung (23 Prozent) oder eine Krebserkrankung (14 Prozent) werden ebenfalls als Ursachen für die Pflegebedürftigkeit angegeben.

Vollzeitjob Kinderpflege: Eltern pflegen meist mehr als 40 Stunden pro Woche

Der zeitliche Aufwand für pflegende Eltern ist groß: 61 Prozent der Befragten bringen mehr als 40 Stunden wöchentlich für die Pflege ihres Kindes auf. Im Vergleich: Die gewöhnliche Wochenarbeitszeit von Erwerbstätigen in Deutschland beträgt 34,8 Stunden. Kein Wunder, dass 95 Prozent der Befragten angeben, zumindest teilweise mit der Kinderpflege überfordert zu sein.

Hauptbelastungsfaktor in der häuslichen Kinderpflege ist die Bürokratie

Anträge über Anträge: Wer sein Kind zuhause pflegt, muss sich mit einer Vielzahl an Anträgen und Papierkram auseinandersetzen. Für 81 Prozent ist genau das die größte Belastung bei der Kinderpflege – weit mehr als die körperliche Herausforderung, die die Pflege stellt (25 Prozent). Die mentale und emotionale Belastung (78 Prozent) wiegt hingegen fast ebenso schwer wie die Last, die durch den Versuch Familie, Beruf und Pflege zu vereinbaren, entsteht (76 Prozent). 59 Prozent der befragten Eltern wünschen sich deshalb mehr Entlastungsangebote.

Mehr dazu gibt’s im vollständigen Ergebnisbericht – inklusive grafisch aufbereiteter Studienergebnisse, fachlichen Ratschlägen aus der Kindermedizin sowie praktischen Tipps von drei pflegenden Müttern: https://www.pflege.de/pflegende…/pflegebeduerftige-kinder/




Die gesunde Entwicklung des Kindes begleiten und stärken

Gesundheit als Zustand, in dem Leib, Seele und Geist selbstregulierend zusammenwirken

Gesundheit ist nicht unbedingt nur eine Frage der naturwissenschaftlichen Definition, sondern unter anderem im anthroposophischen Sinne ein Zustand des einzelnen Menschen, in dem Leib, Seele und Geist in individueller Weise selbstregulierend zusammenwirken. Diesen Zustand kann jeder in sich finden und für sich selber gewinnen. Gesundheit ist höchst individuell wie das Erleben von Zufriedenheit, von innerer Übereinstimmung mit sich selbst und mit der Welt. Ein gesundes Leben ist nicht ein Leben ohne Krankheit, sondern vielmehr ein Leben mit den „Fähigkeiten, die Hindernisse, Störungen und Gefährdungen im Leben bewältigen zu können; die eigenen Werte und Ziele zu kennen und ihnen entsprechend zu leben“ (Treichler 2020, S. 44).

Zur gesunden Entwicklung in den ersten Jahren

Die waldorfpädagogische Methode betrachtet das sich entwickelnde Kind im Zusammenwirken von Körper, Seele und Geist (geistiger Individualität): das Leiblich-Physiologische und das Geistig-Seelische dürfen nicht getrennt gesehen werden, denn sie gehen ineinander über und bilden das Ganze der sich frei entwickelnden Individualität. Dies erfordert ein sensibles, ein feinfühlendes Wahrnehmen der individuell einzigartigen Entwicklung des Kindes, auf das die Waldorferzieherin situationsorientiert antwortet.

Für die ersten Lebensjahre bis zum Schuleintritt stehen ein gesundes körperliches Wachsen, also Leibbildung, im Zentrum, die grundlegend für die spätere Entwicklung der Vorstellungen und des Gedächtnisses ist. Eine Vorverlegung schulischer Lernprozesse in das Kindergartenalter würde diese ganzheitliche Entwicklung der Leibeskräfte beeinträchtigen. Der lebendige Organismus, der als Urphänomen des Lebendigen zu verstehen ist, entwickelt sich als Ganzheit, entfaltet eigenständig seine Potenziale und bringt so aus eigener Kraft seine leiblich-seelische Gestalt in rhythmisch gestalteter Selbstregulation hervor, die durch vorzeitiges Eingreifen und gezieltes einseitiges Fördern bestimmter Fähigkeiten und Fertigkeiten nicht gestört werden darf. Wird dies nicht beachtet, dann kann es zu gesundheitlichen Fehlentwicklungen bis hin zu einer Vielzahl chronischen Erkrankungen führen (Soldner 2020, S. 45 ff.).

Die Waldorferzieherin folgt dem integrierten pädagogisch-medizinischen Konzept, das im gesundheitsfördernden (salutogenetischen) Ansatz zu finden ist und für die „resiliente Erziehung in Familie, Krippe, Kita und Grundschule“ näher erläutert wurde (Neuhäuser/Klein 2019, S. 111 ff.): Es geht um eine bewusste Gesundheits- und Resilienzförderung, um Entfaltungsspielräume für die Entwicklung eines gesunden Gedanken-, Gefühls- und Willenslebens, das am Beispiel des von der Waldorferzieherin Gabriele Scholz gestalteten integrativen Kindergartens in allen Einzelheiten veranschaulicht wird: Sie zeigt, wie das Wahrnehmen und Tätigsein des Kindes in überschaubare Lebenszusammenhänge einzubetten ist, damit es die Welt zunehmend als verstehbar, handhabbar und sinnhaft erlebt und sein Kohärenzgefühl stärkt (Kapitel 4).

Zur Gesundheitserziehung

Das moderne Konzept der Salutogenese (Salus, lat.: Heil, Ganz, Unversehrtheit, Glück; Genese, griech.: Entstehung, Entwicklung) geht nicht der Frage nach, warum Menschen krank werden. Es setzt positiv an, wechselt die Perspektive, fragt nach den Quellen der Gesundheit und zeigt, wie eine Stärkung der autonomen Kraft erfolgen kann. Salutogenese lässt das Krankheitsmodell, das pathogene, d. h. krankmachende Faktoren beschreibt, hinter sich und fragt nach den gesundheitserhaltenden und -fördernden Faktoren, nach den positiven personalen Ressourcen. Es versteht Gesundheit als Fähigkeit, sich mit Problemen sinnvoll auseinanderzusetzen und zur Lebenstüchtigkeit beizutragen (Glöckler 2003, S. 22).
Im salutogenetischen Verständnis ist also Gesundheit mehr als Abwesenheit von Krankheit. Gesundheit ist ein dynamisches Geschehen, das mit folgenden Merkmalen beschrieben werden kann, die eng miteinander zusammenhängen und nur theoretisch unterschieden werden:

  • Körperliches Wohlbefinden,
  • eine positive Grundhaltung zur Welt,
  • ein hohes Selbstwertgefühl, das sich selbst akzeptiert und achtet, sich selbst als wertvoll erlebt,
  • Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten und Selbstwirksamkeit, sich zutrauen gestellte Aufgaben zu lösen, weil man sich der eigenen Kompetenz sicher ist,
  • sich bewusst sein, die gegebene und aufgegebene Situation durch eigenes Handeln beeinflussen zu können und in problematischen Situationen sich selbst helfen können oder bei anderen Menschen Hilfe suchen. Vertrauen in die eigene Belastbarkeit, sich zutrauen auftretende Probleme, Schwierigkeiten oder Belastungen auszuhalten. Dieses Selbstvertrauen geht mit dem Gefühl einher, die Ereignisse selbst kontrollieren zu können und die Bedrohungen als Herausforderungen zu betrachten.

Neben diesen Merkmalen steht das Kohärenzgefühl im Zentrum des salutogenetischen Prinzips, das als innere Einstellung und Haltung gegenüber der Welt und dem eigenen Leben beschrieben werden kann. Es entwickelt sich weitgehend in der frühen Kindheit. Daher kommt dieser Zeit die entscheidende Bedeutung für die Gesundheit im späteren Leben zu. Die Ausbildung des Kohärenzgefühls hängt im hohen Maße von Faktoren der Umgebung ab. Der entscheidende Protektivfaktor für eine gesunde Entwicklung ist das Befriedigen elementarer Bedürfnisse in den sozialen Beziehungen.
Die gesundheitserzieherische Aufgabe in der frühen Kindheit besteht darin, dem Kind sein individuelles Gefühl von Verstehbarkeit, Sinnhaftigkeit/Bedeutsamkeit sowie Handhabbarkeit/Bewältigbarkeit durch sensibles Begleiten entwickeln zu helfen (Neuhäuser/Klein 2019, S. 115).

Zu dieser Unterstützung gehören im Hinblick auf

  • Verstehbarkeit: Ein Gefühl von Verstehbarkeit bringt zum Ausdruck, dass der Mensch fähig ist, Reize als geordnete und strukturierte Informationen verarbeiten zu können und nicht mit Reizen konfrontiert zu sein, die chaotisch, willkürlich und unerklärlich sind.
  • Deshalb darf das Kind nicht mit Angeboten und Reizen überflutet und im „Reizchaos“ nicht allein gelassen werden. Vielmehr ist es einfühlsam und behutsam zu begleiten und die neuen Lernangebote sind situationsorientiert zu strukturieren und durchschaubar zu machen.
  • Sinnhaftigkeit/Bedeutsamkeit: Im Gefühl des Sinnhaften und Bedeutsamen drückt sich das Ausmaß aus, in dem der Mensch das Leben als emotional sinnvoll empfindet und sich den Anforderungen des Lebens als willkommenen Herausforderungen stellt. Das Kind erfahren lassen, dass eine positiv gestimmte Einstellung und Haltung zum Leben seine Kräfte und Energien zur Bewältigung der Aufgaben freisetzt. Es macht in den Übungs- und Lernfeldern die Grunderfahrung, dass sich Anstrengung lohnt und entdeckt den Sinn der anstrengenden und herausfordernden Arbeit. Hier übt und lernt das Kind gesundheitsbewusst.
  • Handhabbarkeit/Bewältigbarkeit: Dieses Gefühl entspricht der Überzeugung des Menschen, dass Schwierigkeiten und Probleme lösbar sind. Das Kind Selbstwirksamkeit erfahren lassen, es fühlen lassen, dass sich Mühen und Anstrengungen lohnen, damit es selbst durch sein Tun zur Lösung (Ergebnis, Ziel) kommt. Hier erlebt es seine eigenen Kompetenzen und Ressourcen. Und es erkennt, wenn es an seine Grenzen stößt und nicht weiterkann, dass es vertrauensvoll die Erzieherin um Hilfe bitten kann – ganz im Sinne von Montessoris Leitsatz „Hilf mir, es selbst zu tun“.

Das Kind ist als „ganzes Sinnesorgan“ mit der Welt verbunden

Die Waldorferzieherin achtet das körperliche, soziale und seelische Wohlbefinden in den ersten sieben Jahren (erstes Jahrsiebt), das für die individuellen Entwicklungs- und Lernprozesse in den folgenden Jahren entscheidend ist. Sie gestaltet die Umgebung so, dass jedes Kind seine Körperkräfte durch Pflege der leiblich-sinnlichen Wahrnehmungen und schöpferische Bewegungen stabilisiert und dadurch sein Ich stärkt.

Die Pflege beachtet vier grundlegende körperbezogene Sinne (Tastsinn, Lebens- und Vitalsinn, Bewegungssinn, Gleichgewichtssinn) durch die es seine bewegungserfüllten Sinnes- und Naturerfahrungen machen kann, die zu bleibenden Verknüpfungen (Synapsen) zwischen Nervenzellen und Gehirn führen. Durch diese ganzheitlichen Welterfahrungen, mit denen sich das Kind eng verbunden fühlt, formt es sein Ich, das nicht zwischen dem Innen- und Außenraum trennt.

Das Kind ist als „ganzes Sinnesorgan“ mit der Welt verbunden und befragt diese in immer wieder neuen Versuchen neugierig. Dadurch übt es auf seine ganz persönliche Art seine logische Denkweise aus und entwickelt sein Denken (kognitive Schemata) sinnbezogen weiter, was aber nichts mit dem Anstreben von Lernzielen zu tun hat. Es lebt in seinem Körper und bildet sein Selbst- und Welterleben.

Von diesen vielfältigen und phantasievollen Welt- und Selbsterfahrungen lässt sich die Waldorferzieherin inspirieren und antwortet dem Kind wie ein Spiegel auf Augenhöhe. Sie ist dem Kind nahe, lässt sich vom ihm führen, überwindet durch intuitives Mitgehen mit dem Kind das Herrschaftsverhältnis und wandelt es zu einem Dienstverhältnis. Dienst war der ursprüngliche Sinn von Erziehung: Erziehung ist dienen und nicht herrschen.

In diesem feinfühlend und vertrauensvoll gestalteten Erziehungsraum wird das Kind Subjekt seiner Bildung: Es kann das tun, was es will, und es kann auch in schier unlösbaren Situationen die Erzieherin fragen und um Hilfe bitten. Als autonom handelnde Persönlichkeit wird es „Baumeister seiner Selbst“ (Montessori) und die Erzieherin kann seinen Impulsen intuitiv nachspüren: Es erlebt sich in Freiheit mit der Umgebung und gestaltet sein phantasiereiches Handeln und Spielen (Freispiel).
Der Schlüsselbegriff der gesunden Entwicklung ist die Selbsttätigkeit des Kindes, das sich durch eigenes Handeln das aneignet, was in der Welt wirkt. Seine Sinneseindrücke werden nicht passiv aufgenommen, sondern innerlich nacherlebt (nachgebildet). Beim aufmerksamen Wahrnehmen (Sehen und Hören) macht sich das Kind sein Bild von der erlebten Welt und gestaltet diese auf seine Weise nach und beim Hören von Märchen, Liedern oder Reimen übt es das Gehörte ganz individuell.

Bei diesem Selbstaneignen der Welt kommt es nicht auf bereits schöne und eindeutige vorgefertigte Gegenstände an. Eine Puppe, die in voller Pracht da ist, gibt dem Kind keinen Spielraum mehr für eigenes schöpferisches Tun und es kann mit seiner Phantasie nicht mehr das gestalten, was es will. Sie ist ja bereits fertig. Hingegen eine Puppe, die mit einfachen Mitteln gefertigt ist, regt die „Bildungstätigkeit des Gehirns lebendig an“ (Steiner, zit. n. Ostkämper 2020, S. 23). Das Kind ergänzt durch „nachahmende Seelentätigkeit“ das Fehlende und belebt es mit seiner Phantasie. Es hat hier viel Spielraum. Je unstrukturierter, funktionsfreier und einfacher das Spielmaterial ist, desto kreativer kann es selbstbestimmend sein freies Spiel gestalten.

Weiterführung durch den „Situationsorientierten Ansatz“

Dieser nachhaltige Bildungsauftrag des Waldorfkindergartens schließt an die Klassiker der Pädagogik (Pestalozzi, Fröbel, Montessori, Korczak) an, wird heute besonders im Situationsorientierten Ansatz von Armin Krenz vertreten und durch die neurobiologische sowie kognitionspsychologische Forschung bestätigt
(Neuhäuser/Klein 2019, S. 149 ff.).
Für den Kindheitsforscher Armin Krenz entsteht die nachhaltige Bildung als Entwicklungsprozess im selbstaktiven Kind – und nicht durch programmierte Inhalte. Das Kind will selbstkonstruierend aus eigener Initiative am Werk sein. Es erwartet bei diesem Selbstbildungsprozess eine wertschätzende und Sicherheit gebende Unterstützung in einem einladenden Bildungsraum. Um diese „Kommunikationskultur und Entwicklungsatmosphäre“ auch wirklich zu pflegen, hat die Erzieherin durch Reflexionsbetrachtung ihre Biografie auf eigene Verhaltensmuster „zu analysieren, um entwicklungshinderliche Ausdrucksformen in entwicklungsförderliche Verhaltensweisen zu wandeln“
(Krenz 2021, S. 3).

Zur gefährdeten gesunden Entwicklung durch digitale Bildung

Doch diese Selbstwirksamkeit ist durch die so genannte „digitale Bildung“ gefährdet (Klein 2018, S. 128). Zwischen Computer und Mensch entstehen vielfältige Wechselbeziehungen. Wer immer die Software programmiert, greift direkt in unser Leben ein. Und wir werden schön eingebettet, wenn uns die Algorithmen die Entscheidungen abnehmen. Dieses perfekte System arbeitet ohne Gefühle, seine Ergebnisse sind alle mathematisch abgesichert. Hier bleibt kein Raum für persönliche Begegnungen, für eigene Erfahrungen, für phantasievolles Beschreiten neuer Wege, für das Gestalten des Lebens durch Versuch und Irrtum. Durch diese „digitale Bildung“, die im Grunde Selbstentmündigung ist, geht das freie Gestalten des Lebens und Lernens, das Selbstwirksamwerden verloren. Wie auch der Neurobiologe Gerald Hüther betont, hören die Kinder auf, selbst etwas zu entdecken, „sie spielen nicht mehr frei, hängen der Mama am Rockzipfel oder heute eher dem Handy am Knopf“. Ihre veranlagte Weltoffenheit, Entdeckerfreude und Gestaltungskunst schwinden und können das Unvorhersehbare ihres Lebens nicht mehr annehmen.

Die Kinder werden ängstlich und „verlieren ihren inneren Wegweiser in die Freiheit“

(Hüther 2020, S. 4).

Die Beziehung zwischen Erzieherin und Kind lässt sich nicht über den Bildschirm, der Informationen präsentiert, herstellen, denn der gestaltete Beziehungsraum hat immer eine leibliche-seelische Dimension (Körperhaltung, Begegnungen, Interaktionen). Geboten ist die Selbstwirksamkeit als Moment wechselseitigen geistigen Berührens und Berührtwerdens zu erfahren, etwa dann, wenn es der Erzieherin gelingt, die Neugier der Kinder zu wecken und ihre Aufmerksamkeit zu fesseln. Geboten ist, die Kinder rechtzeitig zur Medienkompetenz zu führen, die Eltern und Erzieherinnen im offenen Dialog herausfinden
(siehe http://www.medienratgeber-fuer-eltern.de).

Fazit

  • Nach den Erkenntnissen der Neurobiologie und Psychiatrie will sich das „Beziehungsorgan Gehirn“ von Beginn an in der Beziehung mit anderen Menschen und mit der Umwelt in geordneten Bahnen entwickeln und aus eigener Kraft sinnvolle Strukturen der Welt aneignen (Fuchs 2012). Notwendig ist ein Lebens- und Beziehungsraum, der von wechselseitiger Empathie geprägt ist (Klein 2018b, S. 90).
  • Kinder brauchen eine von der Erzieherin feinfühlend gestaltete Spiel- und Lernumgebung, in der sie mit allen Sinnen, vor allem mit den Händen, ihre authentischen Erfahrungen machen können, die ihnen helfen, selbstständig, unabhängig und sozial beteiligt das Leben zu spüren und zu erleben. Das kann aber nur gelingen, wenn die Erwachsenen sich der Perspektive des Kindes situationsorientiert zuwenden und damit aufhören, Kinder in die eigene Perspektive hineinzuziehen (Krenz 2014).
  • Waldorfpädagogik geht vom Menschen und seinem schöpferischen Potenzial aus. Der Einzelne kann aus der Tiefe seines Bewusstseins sein Ich hier und heute wahrnehmen und als Repräsentant des Göttlichen, das in der Welt wirkt, verstehen. Hier lernt er sich wirklich zu erkennen, was auch in Krisenzeiten den öffnenden Weg findet (Maturana 1994, Fuchs 2012).
  • Das grundlegende Element der waldorfpädagogischen Professionalität ist die Haltung der Erzieherin, die dem sich entwickelnden Kind die Entfaltung seiner Potenziale ermöglicht und seine geistige Individualität achtet. Gefragt ist die Qualität des Vorbildes, denn „das Kind gestaltet sein Wesen nach unserer Gesinnung, nach unserer Gedankenhaltung, Gefühlshaltung“ (Steiner, zit. n. Ostkämper 2020, S. 26).
  • Über diese Kernfrage hat die Erzieherin immer wieder bewusst zu reflektieren, denn im Handeln tritt ihre innere Haltung hervor, die ein Nachdenken über den Umgang mit sich selbst, mit dem Kind, mit den Mitmenschen und mit der Mitwelt vorurteilsbewusst einfordert.
  • Durch diese Erziehungskunst, die Theorie und Praxis als Einheit sieht, macht sich die Erzieherin auf ihren individuellen Weg der Selbsterziehung, von der auch der Begründer des Kindergartens Friedrich Fröbel sprach. Fröbel erkannte: „Erziehung ist Beispiel und Liebe, sonst nichts“ (zit. n. Klein 2017, S. 18). Und heute schreibt uns das der vielgefragte Neurobiologie Gerald Hüther ins Stammbuch „Jeder und jede kann mit dem Wandel bei sich selbst ganz einfach damit beginnen, indem er oder sie fortan etwas liebevoller mit sich umgeht“ (Hüther 2020, S. 40). So wird der Mensch wieder zum Subjekt, zum freien Gestalter seines Lebens, gewinnt seine Würde zurück und macht deshalb auch andere nicht mehr zum Objekt.

Diesen Artikel haben wir aus folgendem Buch:

klein

Ferdinand Klein bringt Rudolf Steiners Gedanken über die Erziehungs- und Bildungspraxis ins Gespräch. Dabei geht es auch um Humanisierung und die Entschulung der Schulen und Kindergärten, um grundlegende Orientierung am sich entwickelnden Kinder in der Lebenswirklichkeit hier und heute. Denn alles Forschen, Lehren, Erziehen und Bilden dient einer Aufgabe: Das (auf)gegebene individuelle Kind auf seinem Entwicklungsweg mit Herz und Tatkraft zu begleiten und zu leiten.

Waldorfpädagogik in Krippe und Kita
Einblick in eine ganzheitliche Praxis, die jedem Kind seinen individuellen Lebensweg ermöglicht
Klein, Ferdinand
BurckhardtHaus
ISBN: 9783963046100
208 Seiten, 25 Euro
Empfohlen vom Internationalen Archiv für Heilpädagogik

Mehr dazu auf oberstebrink.de

Literaturhinweise:

Fuchs, T. (2012): Das Gehirn als Beziehungsorgan. 4. Auflage. Stuttgart, Kohlhammer

Glöckler, M. (2003): Kindsein heute. Schicksalslandschaft aktiv gestalten. Umgang mit Widerständen – ein salutogenetischer Ansatz. Stuttgart/Berlin, Johannes M. Mayer

Hüther, G. (2020): Wege aus der Angst. Göttingen, Ruprecht & Vandenhoeck

Klein, F. (2017): Heilpädagogik im Dialog. Berlin, BHP

Klein, F. (2018b): Inklusive Erziehung in Krippe, Kita und Grundschule. Heilpädagogische Grundlagen und praktische Tipps im Geiste Janusz Korczaks. München, BurckhardtHaus

Krenz, A. (2014): Der Situationsorientierte Ansatz – Auf einen Blick. Konkrete Praxishinweise zur Umsetzung. München, BurckhardtHaus

Krenz, A. (2021): Basale Grundlagen für eine nachhaltige Bildungsarbeit. In: Kita-Contest – kreative Ideenbörse. Kulmbach, Fachverlag, S. 1-6

Neuhäuser, G./Klein, F. (2019): Therapeutische Erziehung. Resiliente Erziehung in Familie, Krippe, Kita und Grundschule. München, BurckhardtHaus

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