Eltern unter Druck: Warum Bildungswettbewerb Geburten senkt

Eine neue Studie der Universität Mannheim zeigt: Nicht fehlender Kinderwunsch, sondern sozialer Vergleich und Bildungswettbewerb beeinflussen zunehmend, wie viele Kinder Familien bekommen

Viele Eltern wünschen sich grundsätzlich mehr Kinder. Dennoch entscheiden sie sich häufig dagegen. Der Grund liegt laut der Studie weniger in klassischen Faktoren wie Einkommen oder Betreuungsangeboten, sondern im gefühlten Zwang, jedem einzelnen Kind möglichst viel Zeit, Geld und Förderung bieten zu müssen – um mit anderen Familien „mithalten“ zu können.

Der Wettbewerb beginnt früh

Untersucht wurde, wie stark der Vergleich zwischen Eltern die Familienplanung beeinflusst. Besonders in Gesellschaften mit hohem Leistungsdruck im Bildungssystem – etwa dort, wo Prüfungen maßgeblich über Bildungs- und Lebenschancen entscheiden – steigt der Druck, intensiv in jedes Kind zu investieren. Je höher dieser Druck, desto eher reduzieren Eltern die Zahl ihrer Kinder.

Soziale Medien verstärken den Druck

Ein zusätzlicher Faktor ist die wachsende Bedeutung sozialer Medien. Idealbilder von perfekter Frühförderung, gesunder Ernährung und durchgeplanten Bildungsbiografien – häufig verbreitet durch sogenannte „Momfluencer“ – verstärken den Eindruck, dass nur maximale Investition gute Elternschaft bedeutet. Dieser permanente Vergleich kann Stress erzeugen und langfristige Entscheidungen beeinflussen.

Internationale Unterschiede

Besonders ausgeprägt ist der Effekt in Ländern wie Südkorea oder den USA. Dort investieren Eltern viel eigenes Geld in Bildung und Zusatzangebote – bei gleichzeitig niedrigen Geburtenraten. Innerhalb der USA zeigt sich zudem: In sozial stark vernetzten Regionen mit intensivem Vergleichsverhalten bekommen Familien im Schnitt weniger Kinder als in ländlichen Gegenden mit geringerem Wettbewerbsdruck.

Ein ökonomisches Modell erklärt den TrendI

m Zentrum der Untersuchung steht ein Modell, das simuliert, wie Eltern Entscheidungen über Kinderzahl und Investitionen treffen. Das Ergebnis ist eindeutig: Steigt der soziale Vergleich, steigt der Einsatz pro Kind – und sinkt die Kinderzahl. Ergänzende empirische Analysen stützen diesen Zusammenhang.

Ansatzpunkte für Politik und Gesellschaft

Aus Sicht der Forschenden könnten Reformen im Bildungssystem helfen, den Druck zu mindern – etwa durch weniger stark selektive Prüfungen oder den Ausbau öffentlicher Bildungs- und Förderangebote. Auch eine gesellschaftliche Debatte darüber, wie viel Förderung sinnvoll und notwendig ist, könnte Eltern entlasten und realistischere Erwartungen fördern.

„Der gesellschaftliche Druck verändert, wie Familien über Kinder nachdenken – und wie viel Nachwuchs sie in Erwägung ziehen“, erklärt Michèle Tertilt, Mitautorin der Studie

Die Ergebnisse machen deutlich: Wer über sinkende Geburtenraten spricht, muss auch über Bildungsdruck, soziale Vergleiche und die Erwartungen an Elternschaft sprechen – denn sie beeinflussen Familienentscheidungen stärker, als lange angenommen wurde.

Originalpublikation:

Mahler, L., Tertilt, M., Yum, M. (2025). Policy Concerns in an Era of Low Fertility: The Role of Social Comparisons and Intensive Parenting: https://www.brookings.edu/wp-content/uploads/2025/09/5_Mahler_Tertilt_Yum_unemba…
(Bei der Veröffentlichung handelt es sich um ein CRC Working Paper, das im Vorfeld der Brookings Papers on Economic Activity (BPEA)-Konferenz im Herbst 2025 entstanden ist. Die finale Fassung wird in der BPEA-Ausgabe im Frühjahr 2026 veröffentlicht.)




Pflanzenbasierte Ernährung kann für Kinder gesund sein

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Große internationale Studie zeigt: Vegane und vegetarische Kost braucht gezielte Ergänzung

Eine vegetarische oder vegane Ernährung kann das gesunde Wachstum von Kindern unterstützen – vorausgesetzt, sie ist gut geplant und wird durch geeignete Nahrungsergänzungsmittel ergänzt. Das ist das zentrale Ergebnis der bislang größten Auswertung zur pflanzenbasierten Ernährung bei Kindern, die unter Leitung der University of Florence durchgeführt wurde. Die Ergebnisse wurden in der Fachzeitschrift Critical Reviews in Food Science and Nutrition veröffentlicht.

Umfangreiche Metaanalyse mit Daten aus aller Welt

Für die Studie werteten Forschende aus Italien, den USA und Australien Daten von mehr als 48.000 Kindern und Jugendlichen aus. Insgesamt flossen 59 Einzelstudien aus 18 Ländern in die Metaanalyse ein. Untersucht wurden unter anderem Wachstum, Körperzusammensetzung, Nährstoffversorgung und gesundheitliche Risikofaktoren.

Nährstoffreich – aber nicht automatisch ausgewogen

Die Analyse zeigt: Pflanzlich ernährte Kinder nehmen häufig mehr Ballaststoffe, Folsäure, Vitamin C, Magnesium und Eisen auf als Gleichaltrige mit Mischkost. Gleichzeitig ist ihre Zufuhr an Energie, Protein, Fett sowie bestimmten Mikronährstoffen oft geringer. Besonders kritisch sind Vitamin B12, Zink, Calcium und Jod – vor allem bei veganer Ernährung.

Ohne angereicherte Lebensmittel oder Nahrungsergänzungsmittel erreichen viele Kinder hier nicht die empfohlenen Richtwerte. Co-Autorin Jeannette Beasley von der New York University betont insbesondere die Bedeutung von Vitamin B12, das über pflanzliche Lebensmittel kaum aufgenommen werden kann.

Günstige Effekte auf Herz und Stoffwechsel

Trotz möglicher Nährstoffrisiken zeigen die Ergebnisse auch positive Effekte einer pflanzenbasierten Ernährung. Vegetarisch und vegan ernährte Kinder weisen im Durchschnitt günstigere Herz-Kreislauf-Profile auf. So sind die LDL-Cholesterinwerte niedriger als bei Kindern, die regelmäßig Fleisch und Fisch essen.

Unterschiede bei Wachstum und Körperzusammensetzung

Die Studie zeigt zudem leichte Unterschiede im körperlichen Wachstum. Vegetarisch und vegan ernährte Kinder sind im Durchschnitt etwas kleiner und leichter. Sie haben einen niedrigeren Body-Mass-Index, weniger Fettmasse und einen geringeren Knochenmineralgehalt. Die Forschenden betonen jedoch, dass diese Werte im Rahmen einer insgesamt gesunden Entwicklung liegen können, wenn die Ernährung ausgewogen gestaltet ist.

Gute Planung ist entscheidend

Die Ergebnisse machen deutlich: Eine pflanzenbasierte Ernährung kann für Kinder gesund sein, erfordert jedoch Fachwissen, Planung und gegebenenfalls ärztliche Begleitung. Für Eltern und pädagogische Fachkräfte bedeutet das, genauer hinzusehen und sicherzustellen, dass Kinder alle wichtigen Nährstoffe erhalten – unabhängig davon, ob sie sich vegetarisch, vegan oder gemischt ernähren.

Weitere Informationen unter: https://www.tandfonline.com/doi/full/10.1080/10408398.2025.2572983




Kindeswohl in Gefahr: Warum Kitas jetzt stärker unterstützt werden müssen

Neue Zahlen zeigen einen Höchststand bei Kindeswohlgefährdungen – präventive Teamarbeit in Kitas wird zum Schlüsselfaktor

Die Zahl der Kindeswohlgefährdungen in Deutschland steigt weiter – und erreicht erneut einen Höchststand. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes stellten die Jugendämter im Jahr 2024 bei rund 72.800 Kindern und Jugendlichen eine akute oder latente Gefährdung ihres Wohls fest. Damit hat sich die Zahl innerhalb von fünf Jahren um fast ein Drittel erhöht. Auch im Vergleich zum Vorjahr zeigt sich ein deutlicher Anstieg.

Besonders aussagekräftig ist der Blick auf die Vorstufe: Rund 239.400 Verdachtsmeldungen wurden 2024 geprüft. In vielen dieser Fälle lag zwar keine akute Kindeswohlgefährdung vor, sehr wohl aber ein erheblicher Unterstützungsbedarf. Die Statistik macht deutlich: Belastungen in Familien nehmen zu, und die Schwelle, ab der Kinder in kritische Situationen geraten, wird offenbar schneller erreicht.

Junge Kinder besonders häufig betroffen

Auffällig ist das Alter der betroffenen Kinder. Mehr als jedes zweite war jünger als neun Jahre, jedes dritte sogar unter sechs Jahre alt. Das durchschnittliche Alter lag bei 8,3 Jahren. Damit betrifft ein großer Teil der Gefährdungen Kinder im Kita-Alter oder in der frühen Grundschulzeit.

Die häufigste Form der Gefährdung war Vernachlässigung, gefolgt von psychischer Misshandlung. Körperliche Gewalt spielte ebenfalls eine relevante Rolle, sexuelle Gewalt trat seltener auf, betraf dann jedoch überwiegend Mädchen. In drei von vier Fällen ging die Gefährdung ausschließlich oder hauptsächlich von einem Elternteil aus.

Diese Zahlen verdeutlichen, dass Kindeswohlgefährdung in den meisten Fällen kein Randphänomen ist, sondern im familiären Alltag entsteht – oft schleichend und über längere Zeit.

Kitas als frühe Beobachtungs- und Schutzorte

Kitas sind für viele Kinder der wichtigste außerfamiliäre Lebensraum. Erzieherinnen und Erzieher erleben Kinder täglich über viele Stunden hinweg, beobachten ihr Verhalten, ihre Entwicklung, ihre Sprache, ihre Emotionen. Sie sind häufig die ersten, denen Veränderungen auffallen.

Entsprechend bedeutsam ist die Rolle der Kitas im Kinderschutz. Hinweise auf mögliche Gefährdungen stammen zwar häufig von Polizei und Justiz, aber auch aus dem sozialen Umfeld der Kinder und aus dem System der Kinder- und Jugendhilfe. Kitas sind dabei ein sensibler Schnittpunkt zwischen Familie, Hilfesystem und öffentlicher Verantwortung.

Hohe Belastung für pädagogische Fachkräfte

Diese Verantwortung bleibt für die Fachkräfte nicht folgenlos. Eine bundesweite Befragung von rund 21.000 Kita-Fach- und Leitungskräften zeigt, wie stark sie belastet sind, wenn sie Situationen erleben, in denen Kinder möglicherweise nicht ausreichend geschützt sind. Fast 70 Prozent gaben an, sich dadurch stark oder eher stark belastet zu fühlen.

Während ein Teil der Befragten angibt, solche Situationen selten zu erleben, berichten andere von einer nahezu täglichen Konfrontation mit problematischen Situationen. Das macht deutlich: Kinderschutz ist für viele Erzieherinnen kein Ausnahmefall, sondern Teil ihres Berufsalltags – oft ohne ausreichende strukturelle Unterstützung.

Gute Teamarbeit als wirksamer Schutzfaktor

Genau hier setzt die Analyse der Bertelsmann Stiftung an. Ihre Befunde zeigen: Entscheidend für kindgerechtes Handeln ist nicht allein die Personalausstattung, sondern vor allem die Qualität der Zusammenarbeit im Team. Wo Kommunikation funktioniert, Zuständigkeiten klar sind und eine offene Feedback-Kultur besteht, gelingt es deutlich besser, sensibel und professionell mit schwierigen Situationen umzugehen.

Umgekehrt steigt das Risiko für unangemessenes Verhalten gegenüber Kindern dort, wo Teams unter dauerhaftem Stress stehen, Abläufe unklar sind und Probleme nicht offen angesprochen werden können. Unterbesetzung, Überlastung und fehlende Reflexionsräume verstärken sich gegenseitig – mit Folgen für Kinder und Fachkräfte.

Reflexionskompetenz braucht Zeit und Strukturen

Ein zentrales Ergebnis der Befragung ist die Bedeutung der Reflexionskompetenz. Gemeint ist die Fähigkeit, das eigene pädagogische Handeln kritisch zu hinterfragen und im Austausch mit Kolleginnen, Kollegen und Leitung weiterzuentwickeln. Diese Kompetenz ist Grundlage professionellen Handelns – gerade im sensiblen Feld des Kinderschutzes.

Gleichzeitig zeigen sich strukturelle Defizite: Der Anteil einschlägig ausgebildeter Fachkräfte geht seit Jahren zurück, Fortbildungsangebote sind ungleich verteilt, und vielen Kita-Leitungen fehlt schlicht die Zeit, Teamprozesse aktiv zu gestalten.

Mehr Fachberatung, mehr Leitungszeit, bessere Qualifizierung

Die Bertelsmann Stiftung empfiehlt daher ein Bündel an Maßnahmen, das über reine Personalzahlen hinausgeht. Fachberatung für Kitas sollte personell und zeitlich ausgeweitet werden, um Teams gezielt bei Reflexion, Konfliktklärung und Qualitätsentwicklung zu unterstützen. Leitungen benötigen ausreichend Leitungszeit – mindestens 20 Stunden pro Woche –, um Teamarbeit, Kommunikation und Schutzkonzepte wirksam zu gestalten.

Zugleich ist es notwendig, die Fachkraft-Quote langfristig wieder zu erhöhen und berufsbegleitende Qualifizierungen systematisch zu fördern. Kinderschutz gelingt dort am besten, wo Fachlichkeit, Teamkultur und strukturelle Rahmenbedingungen zusammenwirken.

Prävention beginnt im Alltag der Kitas

Angesichts steigender Zahlen von Kindeswohlgefährdungen wird deutlich: Prävention darf nicht erst einsetzen, wenn Jugendämter tätig werden. Sie beginnt im pädagogischen Alltag – in stabilen Teams, in reflektierter Praxis und in einer Kultur, die Belastungen ernst nimmt und Unterstützung ermöglicht.

Mit ihrer Initiative „Es geht um jedes Kind“ macht die Bertelsmann Stiftung genau darauf aufmerksam. Für Erzieherinnen und Erzieher bedeutet das eine klare Botschaft: Sie tragen eine zentrale Verantwortung für den Schutz von Kindern – und brauchen dafür verlässliche Bedingungen, fachliche Begleitung und politische Unterstützung.

Weitere Informationen

Detaillierte Ergebnisse der Statistik zum Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung,  einschließlich Angaben nach Bundesländern, stehen in der Datenbank GENESIS-Online (Tabellen 22518) und auf der Themenseite „Kinderschutz und Kindeswohl“ im Internetangebot des Statistischen Bundesamtes bereit. Weiterführende Daten bietet der neue Statistische Bericht „Statistik zum Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung“.

Gernot Körner




Beteiligung von Anfang an: Warum frühe Mitbestimmung Kinder stärkt

Wie Kitas und Grundschulen demokratische Teilhabe fördern können – und warum soziale Ungleichheit frühe Beteiligung oft verhindert

Demokratische Kompetenzen entstehen nicht erst im Jugendalter. Schon in der frühen Kindheit lernen Kinder, ihre Meinung zu äußern, zuzuhören, Regeln auszuhandeln und Verantwortung zu übernehmen. Beteiligung in Kindertageseinrichtungen und Grundschulen ist deshalb eine zentrale Voraussetzung für eine lebendige Demokratie. Aktuelle Forschungsdaten des Deutschen Jugendinstituts (DJI) zeigen jedoch, dass gerade hier soziale Ungleichheiten frühe Mitbestimmung erheblich einschränken.

Ungleiche Startbedingungen für Mitbestimmung

Die Beiträge in der neuen Ausgabe des Forschungsmagazins DJI Impulse machen deutlich: Ob Kinder Beteiligung erfahren, hängt stark von den sozialen und bildungsbezogenen Ressourcen ihrer Familien ab. Zwar beziehen sich viele der ausgewerteten Daten auf ältere Kinder und Jugendliche, doch die Befunde verweisen auf strukturelle Benachteiligungen, die bereits im Kita- und Grundschulalter wirksam werden. Kinder aus bildungsbenachteiligten oder armutsgefährdeten Familien erhalten seltener Gelegenheiten, ihre Interessen einzubringen oder demokratische Prozesse aktiv mitzugestalten.

Beteiligung ist ein Kinderrecht – auch in Kita und Schule

Mit der UN-Kinderrechtskonvention und ihrer Verankerung im Kinder- und Jugendhilfegesetz (SGB VIII) ist Beteiligung rechtlich festgeschrieben. Dennoch klafft eine deutliche Lücke zwischen Anspruch und pädagogischer Realität. In vielen Kitas und Grundschulen fehlen Zeit, Ressourcen und verbindliche Konzepte, um Kinder altersgerecht an Entscheidungen zu beteiligen. Studien des DJI verweisen zudem auf erwachsenenzentrierte Strukturen, hierarchische Institutionenkulturen und Unsicherheiten bei Fachkräften im Umgang mit Partizipation.

Wenn Mitbestimmung nur symbolisch bleibt

Besonders problematisch ist eine Beteiligung, die Kinder zwar anhört, ihre Perspektiven aber nicht ernsthaft berücksichtigt. Der DJI-Experte Dr. Frank Greuel warnt davor, dass rein symbolische Mitbestimmung das Vertrauen in demokratische Prozesse untergräbt. Kinder, die früh erleben, dass ihre Stimme keine Wirkung hat, entwickeln weniger Selbstwirksamkeit und Beteiligungsmotivation. Gerade im Kita- und Grundschulbereich ist deshalb entscheidend, dass Rückmeldungen transparent sind und Kinder nachvollziehen können, wie ihre Beiträge in Entscheidungen einfließen.

Gute Praxis braucht Haltung und Ressourcen

Die Beiträge in DJI Impulse zeigen zugleich, dass gelingende Beteiligung möglich ist. Voraussetzung sind Fachkräfte, die bereit sind, Entscheidungsmacht zu teilen, sowie klare Strukturen für Mitbestimmung im pädagogischen Alltag – etwa bei der Gestaltung von Räumen, Regeln oder Projekten. Früh erlebte Partizipation stärkt nicht nur demokratische Kompetenzen, sondern auch Selbstvertrauen, Sprachentwicklung und soziale Fähigkeiten von Kindern.

Forschung liefert wichtige Impulse für die Praxis

Das Forschungsmagazin DJI Impulse gibt regelmäßig Einblicke in aktuelle Studien zu Kindheit, Jugend, Familie und Bildung. Die aktuelle Ausgabe unterstreicht, wie wichtig es ist, Beteiligung nicht erst bei Jugendlichen anzusetzen, sondern bereits im frühen Kindesalter verlässliche, inklusive Strukturen zu schaffen – in Kitas, Grundschulen und allen pädagogischen Angeboten, die Kinder in ihrem Alltag begleiten.

Originalpublikation:

Forschungsmagazin DJI Impulse. „Besser beteiligen. Warum die Mitbestimmung von Kindern und Jugendlichen wichtig ist – und wie sie gelingen kann“. Heft 3+4/2025 (Nr. 140+141), Deutsches Jugendinstitut, München

Weitere Informationen:

https://www.dji.de/impulse Ausgaben des Forschungsmagazins DJI Impulse inkl. digitale Angebote
https://www.dji.de/jugendbeteiligung Online-Schwerpunkt zur DJI-Impulse-Ausgabe 3+4/2025
https://www.dji.de/videocast-perspektiven-folge9 Videointerview zur DJI-Impulse-Ausgabe 3+4/2025




Kinderrechte-Index 2025: Große Lücken bei Umsetzung in Deutschland

Neue Analyse zeigt: Kinderrechte hängen stark vom Wohnort ab

Der „Kinderrechte-Index 2025“ des Deutschen Kinderhilfswerkes legt offen, wie unterschiedlich die Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention in Deutschland ausfällt. Das Ergebnis: Viele Bundesländer haben erheblichen Nachholbedarf – und kein Land setzt die Kinderrechte umfassend um. Besonders deutlich wird, wie stark die Chancen von Kindern weiterhin vom Wohnort abhängen.

Wer liegt vorn – und wer nicht?

Im Gesamtranking schneiden Berlin, Brandenburg, Hamburg, Schleswig-Holstein und Thüringen überdurchschnittlich ab.
Im Mittelfeld liegen Baden-Württemberg, Bayern, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Sachsen.
Hessen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland und Sachsen-Anhalt bilden das Schlusslicht und bleiben unter dem Durchschnitt.

Der Index basiert auf 101 Indikatoren, die zentrale Kinderrechte abbilden: Beteiligung, Schutz, Gesundheit, Lebensstandard, Bildung sowie Freizeit, Spiel und kulturelle Teilhabe.

Kinderbeteiligung: Große Unterschiede zwischen den Ländern

Beim Recht auf Beteiligung – etwa in Schule, Justiz oder Politik – liegen Bremen, Brandenburg, Hamburg, Schleswig-Holstein und Thüringen vorn.
Viele andere Länder haben ihre Beteiligungsrechte seit 2019 zwar verbessert, aber von flächendeckenden Mitbestimmungsstrukturen sind sie weit entfernt.

Schutz und Prävention: Fortschritte – aber nicht überall

Das Recht auf Schutz, das sowohl präventiven Kinderschutz als auch die Behandlung von Verdachtsfällen umfasst, wird besonders gut in Brandenburg, Hamburg, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein umgesetzt.
Trotz positiver Entwicklungen bleibt eine zentrale Erkenntnis: Ein wirksamer Kinderschutz darf nicht vom Bundesland abhängen.

Gesundheit: Zugang und Prävention weiter ungleich verteilt

Beim Recht auf Gesundheit gehören Bayern, Berlin, Bremen, Hamburg, Sachsen und Thüringen zur Spitze.
Der Index zeigt jedoch, dass flächendeckend vergleichbare Gesundheitsangebote – von der Vorsorge über Prävention bis hin zur Versorgung – weiterhin fehlen.

Lebensstandard: Armut bleibt ein Kernproblem

Für die Umsetzung eines angemessenen Lebensstandards, der entscheidend für die Entwicklung von Kindern ist, wurden Baden-Württemberg, Berlin, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen und Thüringen am besten bewertet.
Gleichzeitig fordert das Kinderhilfswerk: Landesstrategien zur Kinderarmutsprävention müssen Standard werden.

Bildung: Infrastruktur und Chancengleichheit

Beim Recht auf Bildung liegen Brandenburg, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Thüringen an der Spitze.
Trotzdem bleibt der Zugang zu guter Bildung regional sehr unterschiedlich – von Kita-Plätzen bis zu schulischer Förderung.

Freizeit, Erholung und Kultur: Ein oft unterschätztes Kinderrecht

Das Recht auf Ruhe, Freizeit und kulturelle Teilhabe wird vor allem in Baden-Württemberg, Berlin, Hamburg, Niedersachsen und Sachsen gut umgesetzt.
Gerade dieser Bereich entscheidet laut Studie maßgeblich über die Lebensqualität und Resilienz von Kindern.

Ein föderaler Flickenteppich – und politischer Handlungsbedarf

Anne Lütkes, Vizepräsidentin des Deutschen Kinderhilfswerkes, spricht von einem „föderalen Flickenteppich“:

Der Wohnort entscheidet vielfach darüber, wie gut Kinderrechte verwirklicht werden.

Sie betont: Die Umsetzung der Kinderrechte ist weniger eine Frage des Geldes als des politischen Willens.

Was nötig wäre

Der Kinderrechte-Index nennt zentrale Baustellen in allen Bundesländern:

  • ressortübergreifende Kinder- und Jugendpolitik
  • verbindliche Beteiligungsstrukturen
  • Ausbau psychosozialer Hilfen
  • Strategien zur Kinderarmutsprävention
  • eine kindgerechtere Justiz
  • bundesweites Monitoring mit besseren Daten

Gerade bei Gesundheit und Armut fehlen bislang ausreichend aufgeschlüsselte und kontinuierlich erhobene Informationen. Hier sei besonders der Bund gefordert, langfristige Forschung zu finanzieren.

So wurde der Index erstellt

Der Kinderrechte-Index 2025 kombiniert:

  • öffentliche Daten und eigene Erhebungen
  • eine Befragung von 3.218 Kindern und Jugendlichen
  • Rückmeldungen aller Landesministerien
  • Analysen zu Gesetzen, Institutionen, Programmen
  • Einschätzungen des Kinder- und Jugendbeirats des Deutschen Kinderhilfswerkes

Online verfügbar sind der Studienbericht, sechs Analysepapiere sowie Ländersteckbriefe unter: www.dkhw.de/kinderrechte-index




Mütterlicher Stress beschleunigt das biologische Altern von Babys

Neue Studie zeigt: Frühes Zahnen ist weniger ein Zahnphänomen – sondern ein Hinweis auf frühreife biologische Entwicklung

Lange galt: Wenn Babys früh Zähne bekommen, liegt das an Genetik, Ernährung oder geografischen Einflüssen. Doch neue Daten der School of Nursing der University of Rochester zeigen ein anderes Bild. Nicht die Zähne selbst sind entscheidend – sondern das biologische Alter der Kinder, das durch hohen Stress der Mutter bereits vor der Geburt beeinflusst wird.

Im Zentrum steht das Stresshormon Cortisol. Es verändert während der späten Schwangerschaft Prozesse im Knochenstoffwechsel und beschleunigt damit offensichtlich die Entwicklung des kindlichen Organismus. Das frühe Durchbrechen der Milchzähne ist damit eher ein Symptom beschleunigten biologischen Alterns als ein eigenständiges Phänomen.

Aufbau der Studie

Für die Untersuchung wurden 142 sozioökonomisch benachteiligte Schwangere zwischen 2017 und 2022 begleitet. Im späten zweiten und dritten Trimester wurden Speichelproben genommen und auf sechs Hormone untersucht – darunter Cortisol, Estradiol, Progesteron und Testosteron.

Nach der Geburt kamen Mutter und Kind regelmäßig zu Kontrollterminen ins Krankenhaus. Zahnärztinnen und Zahnärzte dokumentierten den Zahndurchbruch der Kinder im Alter von 1, 2, 4, 6, 12, 18 und 24 Monaten.

Die Daten zeigen:

  • Kinder von Müttern mit hohen Cortisolwerten hatten bereits mit sechs Monaten deutlich mehr Milchzähne.
  • Bei den höchsten Cortisolwerten besaßen die Babys im Schnitt vier Zähne mehr als Kinder von Müttern mit niedrigen Werten.
  • Auch andere Hormone – Estradiol, Progesteron und Testosteron – zeigten Zusammenhänge mit schnellerer Entwicklung.

Damit rückt die hormonelle Belastung der Mutter als zentraler Einflussfaktor in den Vordergrund.

Cortisol und die beschleunigte Entwicklung

Cortisol beeinflusst laut Studienautorin Ying Meng den Mineralstoffwechsel des Fötus sowie die Aktivität von Osteoblasten und Osteoklasten – jenen Zellen, die für die Knochen- und Zahnentwicklung zuständig sind. Wird der Organismus im Mutterleib hohen Stresshormonen ausgesetzt, beschleunigt dies offenbar biologische Wachstumsprozesse.

Meng weist darauf hin, dass diese Effekte als frühes Warnsignal verstanden werden sollten: Nicht wegen der Zähne – sondern weil ein beschleunigtes biologisches Altern langfristige Folgen für die gesamte Gesundheit haben könnte.

Biologisches Altern: ein neues Warnsignal für die Kindergesundheit

Das zentrale Ergebnis der Studie lautet daher:
Pränataler Stress wirkt wie ein Beschleuniger biologischer Reifungsprozesse.

Frühe Milchzähne sind nur die sichtbare Spitze des Eisbergs. Sie könnten künftig als Indikator dienen, um Risiken für körperliche oder entwicklungsbezogene Probleme frühzeitig zu erkennen.

Die Studie erschien im Fachmagazin Frontiers in Oral Health.

Einschränkungen & offene Fragen

  • Es wurde nur ein Zeitpunkt der Hormonsammlung verwendet (late pregnancy), was nicht die natürlichen Schwankungen von Hormonen im Tages- oder Wochenverlauf erfasst.
  • Die Assoziationen waren stärker zu bestimmten Zeitpunkten (z. B. bei 6 Monaten), bei anderen Altersstufen waren Effekte schwächer oder nicht signifikant.
  • Die Studie untersuchte eine spezifische Kohorte — sozioökonomisch benachteiligte Frauen — das heißt: Generalisierbarkeit auf alle Populationen ist unklar.
  • Es bleibt unklar, ob die beschleunigte Entwicklung langfristige gesundheitliche Konsequenzen hat — weitere Forschung ist nötig.

Quelle: pressetext.com




Früher Smartphone-Besitz erhöht Gesundheitsrisiken bei Kindern deutlich

Große US-Längsschnittstudie zeigt Zusammenhänge zwischen frühem Smartphone-Erwerb und Risiken für Schlaf, Psyche und Körper

Immer mehr pädagogische Fachkräfte und Grundschullehrkräfte beobachten, dass Smartphones im Alltag der Kinder längst eine zentrale Rolle spielen. Viele Eltern stehen unter Druck: Sie haben das Gefühl, ihren Kindern immer früher ein eigenes Smartphone kaufen zu müssen. Doch wie gesund ist dieser frühe Zugang wirklich?

Die jetzt ausgewerteten Daten der Adolescent Brain Cognitive Development Study (ABCD-Studie) geben darauf eine klare Antwort. Mit mehr als 10.500 teilnehmenden Kindern zeigt die Studie deutlich: Je früher Kinder ein Smartphone besitzen, desto größer sind die Risiken für depressive Symptome, Schlafmangel und Fettleibigkeit im frühen Jugendalter.

Die Studie wurde um zahlreiche Faktoren bereinigt, darunter sozioökonomischer Status, Besitz anderer digitaler Geräte, Pubertätsstatus und elterliche Kontrollstrategien. Dadurch gelten die Ergebnisse als besonders verlässlich. Das Forschungsteam schreibt: „Unsere Analysen legen nahe, dass der Besitz eines Smartphones nicht lediglich ein Marker für andere Risikofaktoren ist, sondern selbst einen eigenständigen Einfluss auf die Gesundheit hat.“

Höhreres Risiko für Depression, Fettleibigkeit und Schlafmangel

Schon im Alter von zwölf Jahren zeigen sich deutliche Unterschiede. Kinder, die zu diesem Zeitpunkt ein Smartphone besitzen, haben ein um 31 % höheres Risiko für depressive Symptome, ein um 40 % höheres Risiko für Fettleibigkeit und ein um 62 % höheres Risiko für Schlafmangel. Besonders die Schlafqualität spielt eine zentrale Rolle. Die Forschenden betonen: „Unzureichender Schlaf ist ein wiederkehrender Faktor, der viele der beobachteten Zusammenhänge erklären kann.“

Je früher das Smartphone, desto höher das Risiko

Eine der eindrücklichsten Erkenntnisse betrifft das Alter beim Erstbesitz. Für jedes Jahr, in dem ein Kind früher ein Smartphone bekommt, steigt sein Risiko für Adipositas um neun Prozent und für Schlafmangel um acht Prozent. Die Autorinnen und Autoren formulieren: „Das Erwerbsalter ist ein signifikanter Prädiktor gesundheitlicher Risiken.“

Besonders überzeugend sind die Längsschnittdaten. Kinder, die im Alter von zwölf noch kein Smartphone besaßen, aber eines im folgenden Jahr erhielten, zeigten mit 13 Jahren deutlich schlechtere Werte: eine 57 Prozent höhere Wahrscheinlichkeit für klinisch relevante psychische Belastung sowie ein 50 Prozent höheres Risiko für Schlafmangel – selbst wenn ihr Ausgangsniveau zuvor berücksichtigt wurde.

Besitz eines Smartphones im Kindergarten- oder Grundschulalter nicht empfehlenswert

Aus pädagogischer Sicht sind diese Ergebnisse hoch relevant. Sie zeigen, dass ein eigenes Smartphone im Grundschulalter aus gesundheitlicher Perspektive nicht empfehlenswert ist. Fachkräfte können hier Orientierung geben und Eltern entlasten, die sich oft starkem Gruppendruck ausgesetzt fühlen. Ein zentraler Hinweis lautet: Ein späteres Smartphone ist ein gesundheitlicher Vorteil.

Der Schlaf sollte in der Kommunikation mit Eltern besonders betont werden. Smartphones dürfen nachts nicht ins Kinderzimmer. Bildschirmfreie Rituale vor dem Schlafengehen sind für Kinder essenziell. Medienkompetenz bleibt wichtig – aber sie setzt kein frühes eigenes Smartphone voraus. Jüngere Kinder können den verantwortungsvollen Umgang auch ohne eigenes Gerät gut erlernen.




Pressemeldung stellt neues Memorandum zur frühkindlichen Bildung vor

memorandum

Alanus Hochschule verbreitet wissenschaftliche Empfehlungen für Qualitätsentwicklung, Zugang und Fachkräftesicherung

In einer aktuellen Pressemeldung informiert die Alanus Hochschule über die Veröffentlichung eines Memorandums zur frühkindlichen Bildung, Betreuung und Erziehung in Deutschland. Die Mitteilung verweist darauf, dass frühkindliche Bildung als unverzichtbarer Bestandteil des Bildungssystems betrachtet wird und eine zentrale Rolle für Bildungschancen, soziale Teilhabe und den gesellschaftlichen Zusammenhalt spiele.

Verfasst wurde das Memorandum laut Pressemeldung von den Professorinnen und Professoren Dr. Peter Cloos (Universität Hildesheim), Dr. Nina Hogrebe (Technische Universität Dortmund), Dr. Ina Kaul (Universität Kassel) und Dr. Rahel Dreyer (Alice Salomon Hochschule Berlin). Nach Angaben der Hochschule wird das Papier von mehr als 350 Akteurinnen und Akteuren aus Wissenschaft und Praxis mitgetragen.

Für individuelle Entwicklung, gesellschaftliche Zukunftsfähigkeit und demokratische Teilhabe

Die Pressemeldung fasst mehrere Kernaussagen der beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zusammen. Frühkindliche Bildung wird darin als grundlegender Faktor für individuelle Entwicklung, gesellschaftliche Zukunftsfähigkeit und demokratische Teilhabe beschrieben. Die zitierten Autorinnen und Autoren betonen unter anderem die Bedeutung eines gelingenden Starts in der Kita, die Förderung von Selbstwirksamkeit und Empathie sowie die Notwendigkeit, Kinder und ihre Lebensbedingungen ernst zu nehmen.

Handlungsempfehlungen im Memorandum

Auf Basis der im Memorandum dargestellten Forschungsergebnisse werden in der Pressemeldung mehrere politische Empfehlungen wiedergegeben:

  • Bundesweit einheitliche Qualitätsstandards, orientiert an wissenschaftlicher Evidenz, inklusive verbesserter Personalschlüssel und gezielter Förderung benachteiligter Quartiere.
  • Abbau von Zugangshürden und Sicherstellung einer diskriminierungsfreien Platzvergabe.
  • Stärkung eines ganzheitlichen Bildungsverständnisses gemäß SGB VIII mit Fokus auf Partizipation, Inklusion, Nachhaltigkeit, Demokratiebildung sowie Familien- und Sozialraumorientierung.
  • Investitionen in Fachkräfte, etwa durch den Ausbau kindheitspädagogischer Studiengänge, verbindliche Fortbildungen und attraktivere Arbeitsbedingungen.
  • Nachhaltige Kooperationen zwischen Gesundheitssystem, Kinder- und Jugendhilfe und Grundschule zur besseren Verzahnung von Bildungs- und Unterstützungsstrukturen.

Frühkindliche Bildung als gesamtgesellschaftliche Zukunftsaufgabe

Die Pressemeldung beschreibt frühkindliche Bildung als gesamtgesellschaftliche Zukunftsaufgabe, die eng mit sozialer Integration, wirtschaftlicher Stabilität und positiven Lebensbedingungen für Kinder und Familien verknüpft sei. Die beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler formulieren in diesem Rahmen ihre gemeinsamen Empfehlungen für Politik und Verwaltung.