GEW fordert: Bei Kitas muss Notbremse gezogen werden!

Die Anzahl der infizierten Kinder hat sich seit Mitte Februar vervierfacht:

Lange Zeit hieß es, Kindergärten und Schulen seien nicht die Treiber der Pandemie. Das hat sich mittlerweile geändert. Während viel über Schulschließungen nach den Osterferien gesprochen wird, sind die Kindergärten offenbar kein Thema. Jetzt fordert die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) auch hier die Notbremse zu ziehen und nur noch Notbetreuung zuzulassen.

Neue Corona Mutante greift weiter um sich

Die neue Corona-Mutante greift weiter um sich. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) fordert deshalb eine Rückkehr zur Corona-Notbetreuung für Kinder in Kitas. „Dort steigen die Infektionen schnell“, sagte GEW-Chefin Marlis Tepe der Funke Mediengruppe. „Nachdem wir wissen, dass Kinder von der neuen Mutante stärker betroffen sind, muss hier wirklich die Notbremse gezogen werden“, so Tepe weiter.

Viele Einrichtungen überfordert

Immerhin nimmt die GEW nun das Thema auf. Inwieweit es sinnvoll ist, zu der alten Form der Notbetreuung zurück zu kehren ist jedoch fraglich. Viele Kindergärten und Krippen waren zu der Zeit oftmals bis zu 80 Prozent gefüllt. Auch deshalb erkrankten viele ErzieherInnen, andere mussten zuhause bleiben, weil sie zur Risikogruppe zählten. Ende des vergangenen Jahres standen ErzieherInnen an der Spitze der Krankschreibungen wegen Corona. Das führte zu Personalengpässen und damit zur Überforderung in vielen Einrichtungen.

Deshalb fordert die GEW-Vorsitzende Tepe auch eine Rückkehr zu einer „echten“ Notbetreuung in den Kitas, bis die Belegschaft geimpft sei. „Es ist nicht zu verstehen, warum die Länder hier nicht handeln.“

RKI: Neuinfektionen nehmen deutlich zu

Welche Rolle Kitas bei der Verbreitung des Coronavirus spielen, haben Wissenschaftler des Robert Koch Instituts (RKI) in der so genannten Coala-Studie untersucht. Schon der RKI-Lagebericht vom 30. März 2021 zeigt deutlich, dass die Zahl der Corona-Neuinfektionen unter Kindern und Jugendlichen stark ansteigt.

Zu diesem Zeitpunkt lag die Inzidenz unter Kita-Kindern bereits bei 125, während sie in der Vorwoche noch bei 100 lag. Damit hat sich die Anzahl der Infizieren Kinder seit Mitte Februar vervierfacht. In der vergangenen Woche seien 6318 Fälle in dieser Altersgruppe gemeldete worden, bei rund drei Millionen Kita-Kindern in etwa 56.000 Einrichtungen. In der Gruppe der Fünf- bis Neunjährigen, der Grundschüler also, liegt die Inzidenz mit 177 (Vorwoche: 128) mittlerweile sogar deutlich über der der Gesamtbevölkerung mit 138 (Vorwoche: 111).

Verbesserte Impf- und Teststrategie soll helfen

Laut Bundesfamilienministerin Franziska Giffey soll nun eine verbesserte Impf- und Teststrategie ErzieherInnen besser schützen. Wichtig sei auch, dass die allgemeinen Abstands- und Hygieneregeln eingehalten würden. Das, so die Ministerin, würde in den Kitas sehr gut funktionieren. Das zeige die Studie. Das Ziel bleibe, keine erneuten flächendeckenden Schließungen von Kitas, Kindertagespflegestellen oder Schulen. In den Kitas in Deutschland sind nach Angaben von Giffey im Schnitt momentan etwa 75 Prozent der Plätze belegt.

Der 3. Quartalsbericht des RKI

Leider konnten wir den Bericht vom 1. April 2021 nicht erhalten. Im 3. Quartalsbericht des RKI vom 11. März 2021 der Corona-Kita-Studie, den wir hier zum Download bereitstellen, hießt es zum Thema Abstandsregeln. „Das Abstandhalten kann insbesondere zwischen Beschäftigten und den Kindern der eigenen Gruppe überwiegend nicht oder schlecht umgesetzt werden, zuletzt betraf dies drei Viertel der Einrichtungen.“ Dagegen konnten die Kontaktmöglichkeiten, insbesondere zwischen Gruppen, im Zeitraum Oktober bis Januar 2021 nach Einschätzung der befragten Leitungen zunehmend erfolgreich umgesetzt werden.

Es bleibt also spannend, wie sich Bundesregierung und Bundesländer in den kommenden Tagen entscheiden.




Frohe Ostern!!!

Ein Fest für das Leben und die Freiheit

An Ostern feiern die Christen die Auferstehung Christi. Die Juden feiern in diesen Tagen Pessach, also den Auszug aus Ägypten und die Befreiung aus der Sklaverei. So feiern beide Glaubensgemeinschaften die Freiheit und das Leben. Wie bedroht beides immer wieder ist, erleben wir jeden Tag. Wir wünschen Ihnen, dass Sie in diesen Tagen mit Ihren Lieben die Freiheit und das Leben genießen können. Die Frühlingszeit bietet genügend Möglichkeiten dazu.




Was Arbeitgeber zur Vereinbarung von Familie und Beruf wirklich bieten

Ergebnisse der Randstad-ifo-Personalleiterbefragung zeigen Engagement vieler Unternehmen

Zur besseren Vereinbarung von Beruf und Familie in Zeiten von Corona bieten viele Unternehmen MitarbeiterInnen mit Kindern mehr Flexibilität. Laut der aktuellen Randstad-ifo-Studie haben 78 Prozent die Arbeitszeiten entzerrt, ebenso viele haben Homeoffice-Regelungen eingeführt. 66 Prozent der Firmen bieten in Notsituationen Sonderurlaub an. Die große Mehrheit der MitarbeiterInnen nutzt diese klassischen Möglichkeiten zum flexiblen Arbeiten. Doch bei der Kinderbetreuung kommen berufstätige Eltern nur selten auf die neu geschaffenen Angebote ihrer Arbeitgeber zurück.

Knapp ein Drittel der Unternehmen bietet Kinderbetreuung an

Lediglich drei Prozent der MitarbeiterInnen nutzen das erweiterte Betreuungsangebot in Betriebskitas, das immerhin 28 Prozent der Unternehmen geschaffen haben. Nur fünf Prozent nehmen die digitalen Lern- und Beschäftigungsangebote wahr, die 29 Prozent ihrer ArbeitgeberInnen anbieten.

„Es ist gut und wichtig, dass Unternehmen neue Wege gehen, um ihre Mitarbeiter zu unterstützen. Denn viele Familien stehen aktuell vor noch nie dagewesenen Herausforderungen“, betont Carlotta Köster-Brons, CSR-Beauftragte und Leiterin des Hauptstadtbüros bei Randstad Deutschland. „Für berufstätige Eltern zählt jedoch vor allem, wie die Angebote ihrer Arbeitgeber ihnen dabei helfen, überhaupt ihr Arbeitspensum zu erfüllen. Dafür zählt in dieser besonderen Situation das Mindset der Vorgesetzten, der Kollegen, unserer Partner und Partnerinnen und von uns selbst“, so Köster-Brons. „Das fängt bei der Akzeptanz der Kollegen für das eigene Kind, das bei einer Videokonferenz durchs Bild läuft, an und hört bei der individuellen Unterstützung in der Organisation des Arbeitsalltags auf.“

Familienfreundliches Arbeiten braucht individuelle Lösungen

„Wichtig bei der Entwicklung der Angebote ist, dass Arbeitgeber gemeinsam mit ihren Mitarbeitern individuelle Lösungen schaffen, die ein tatsächliches Mehr an Flexibilität bieten“, so Köster-Brons. „Manche Mitarbeiter arbeiten abends, wenn die Kinder im Bett liegen, die restlichen To Dos des Tages ab. Jeder, der Kinder hat, weiß, wie anstrengend so ein Arbeitstag ist. Aber es zeigt, dass berufstätige Eltern gerade wirklich viel Einsatz zeigen. Aussagen zum angeblich verringerten Arbeitspensum und der Arbeitsqualität im Homeoffice, wie sie vereinzelt von Führungskräften zu hören sind, gehen daher komplett an der Realität vorbei.“

Über die Randstad-ifo-Personalleiterbefragung

Die vorgestellten Ergebnisse stammen aus der Randstad-ifo-Personalleiterbefragung Q4 2020, die quartalsweise durch das ifo-Institut im Auftrag des Personaldienstleisters Randstad durchgeführt wird. Die Studie befragt bis zu 1000 Personalverantwortliche in deutschen Unternehmen unterschiedlicher Größen und Branchen. Die Sonderfragen im vierten Quartal 2020 bezogen sich auf die Auswirkungen von Corona auf die Arbeitsorganisation und die Entlohnung sowie die Personalplanung.

Über Randstad Gruppe Deutschland

Randstad ist ein führender Personaldienstleister. Die Randstad Gruppe ist in Deutschland mit 38.300 MitarbeiterInnen und rund 500 Niederlassungen in 300 Städten ansässig. CEO ist Richard Jager.

Quelle: Randstad Deutschland Pressestelle, Bettina Desch




Ein Armutszeugnis für das Bildungspaket

Gerechtebildung.de zeigt, dass nur 30 Prozent der Mittel in Anspruch genommen werden

Im April ist der 10. Geburtstag des Bildungspakets. Falls Ihnen das jetzt auf Anhieb gar nichts sagt und Sie nicht besonders viel darüber wissen, beschreibt das genau das Problem. Das Bildungs- und Teilhabegesetz (BuT) hat die damalige Familienministerin Ursula von der Leyen am 1. April 2011 eingeführt. Das Bundesverfassungsgericht hatte zuvor geurteilt, dass die Hartz IV Regelsätze nicht ausreichen, um den Bedarf der Kinder in den Bereichen Bildung und Teilhabe abzudecken.

Bessere Bildungschancen für arme Kinder

Mehrere Millionen stehen jährlich zur Verfügung, damit Kindern, die in armen Familien leben, bessere Bildungschancen haben. Das Bildungspaket wurde jedoch nie richtig angenommen. Die Abrufzahlen liegen bei unter 30 Prozent.. Es wurde eine umfängliche Evaluation von der Bundesregierung durchgeführt und, obwohl die Ergebnisse erschreckend schlecht waren, gab es bis 2019 keine Änderungen am Bildungspaket. Kinder, die eigentlich ein Recht auf Unterstützung hätten, haben diese nicht erhalten.

Verfahren vereinfacht

Im Jahr 2019 hat Bundesfamilienministerin Franziska Giffey zusammen mit Bundesarbeits- und -sozialminister Hubertus Heil das „Starke Familien Gesetz“ verabschiedet, das unter anderem Änderungen des Bildungspakets beinhaltet.

1. Das aufwendige Antragsverfahren wurde teilweise abgeschafft.
2. Das Mittagessen ist für alle Kinder kostenfrei.
3. Die Beförderung mit Bus und Bahn wurde ebenfalls für alle Kinder kostenfrei.

Trotz der Vereinfachung des Verfahrens wissen noch immer viele Familien nicht, wie sie das Bildungspaket nutzen können. Die Inanspruchnahme scheitert an sprachlichen Barrieren, Scham und Unkenntnis. Häufig haben Betroffene auch schlechte Erfahrungen mit dem Jobcenter oder Sozialamt gemacht und meiden zusätzliche Kontakte.

1,5 Millionen Kinder fallen durch das System

1,5 Millionen Kinder fallen durch das System. Kinder, die in armen Familien aufwachsen, haben schlechtere Bildungschancen. Die Familien der Kinder haben nur wenig Geld und leben am Existenzminimum. Arme Kinder haben kein frisches, gesundes Essen zum Mittag und sie haben auch nicht immer genug Geld, um neue Kleidung zu kaufen. Klassenfahrten, Ausflüge und weitere Ausgaben werden schnell zum Alptraum für die Familien, denn das bedeutet Auseinandersetzung mit den Jobcentern.

Librileo mit Leseförderprogramm

Die gemeinnützige Organisation Librileo hat ein Leseförderprogramm entwickelt, um Kindern gerechte Bildung zu ermöglichen und Eltern zu empowern. Kinder bis sechs Jahre sollen mit Bücherboxen und Lesestunden auf die Schule vorbereitet werden. Die Bedeutung von Vorlesen im frühen Alter ist immens. Das belegen zahlreiche Studien. Familien, die Transferleistungen wie Hartz IV, Wohngeld, Kindergeldzuschuss oder Leistungen aus dem Asylbewerberleistungsgesetz erhalten, können die Mitgliedschaft bei Librileo über das BuT abrechnen.

„Die Zusammenarbeit mit einigen Leistungsstellen ist leider nicht gerade einfach. Unser Angebot wird in vielen Kommunen gar nicht als leistungsfähig anerkannt. Das Prozedere ist undurchsichtig und überall verschieden. Wir kämpfen da seit sechs Jahren gegen Windmühlen. Aber wir geben nicht auf,” erklärt Sarah Seeliger, Geschäftsführerin der gemeinnützigen Organisation Librileo.

Zahlen haben sich in fünf Jahren kaum verbessert

In den vergangenen fünf Jahren haben sich die Zahlen kaum verbessert. Im Durchschnitt werden mehr als 70 % der zur Verfügung stehenden Gelder nicht abgerufen. „Häufig habe ich den Eindruck, als wäre es gar nicht gewollt, dass die Familien die Mittel abrufen können. Wir sind vor kurzem auf die Idee gekommen eine BuT Beratungshotline anzubieten, um Familien telefonisch aufzuklären. Wir wollen ihnen erklären, was sie alles bekommen könnten und ihnen einen ,bunten Blumenstrauß‘ voll mit kostenfreien Angeboten präsentieren. Wir waren überrascht, dass wir von den Leistungsstellen häufig zu hören bekommen haben, dass alles schon wunderbar laufen würde. Das ist schlicht und einfach gelogen – das zeigen die Zahlen,” erklärt Sarah Seeliger.

Website gerechtebildung.de zeigt die Zahlen

Die Idee, die Zahlen aufzuarbeiten, hatte Julius Bertram, Geschäftsführer der gemeinnützigen Organisation Librileo. „Ich habe nicht locker gelassen und wollte es dieses Mal wirklich ganz genau wissen. Deshalb habe ich mir deutschlandweit von allen Kommunen die Zahlen seit 2015 angesehen und stichpunktartig ausgewertet. Schnell konnte ich sehen, dass die Ergebnisse nicht groß voneinander abweichen und dass sich seit 2015 kaum etwas geändert hat. Die einzigen Zahlen, die höher waren als alle anderen, waren die Werte für die Schulausstattung – denn die werden halbjährlich automatisch an die Familien ausgezahlt. Gemeinsam mit einem Programmierer habe ich dann alle Zahlen ausgewertet und auf einer Website veröffentlicht,” berichtet Julius Bertram.

Sarah Seeliger und Julius Bertram haben gemeinsam mit ihrem Team die Website gerechtebildung.de ins Leben gerufen, auf der es möglich ist, sich die BuT Statistiken anzusehen. Die Zahlen werden seit Dezember 2015 offiziell von der Agentur für Arbeit veröffentlicht.




Der Deutsche Kita-Preis geht in eine neue Runde

Kitas und lokale Bündnisse für frühe Bildung können sich jetzt anmelden – Insgesamt 130.000 Euro Preisgelder

In der Kindertagesbetreuung bewegt sich wie immer viel. Überall meistern Menschen in und für Kitas die Entwicklungen der Pandemie und engagieren sich dafür, dass Kinder bestmöglich aufwachsen können. Der Deutsche Kita-Preis will diese wertvolle Arbeit würden und soll gute Qualität in der frühen Bildung sichtbar machen. Das Bundesfamilienministerium (BMFSFJ) und die Deutsche Kinder- und Jugendstiftung (DKJS) werden die Auszeichnung zum fünften Mal vergeben.

Jetzt für 2022 anmelden!

Kitas und lokale Bündnisse können sich ab sofort unter www.deutscher-kita-preis.de/bewerbung registieren. Dann gilt es die Bewerbungsfragen zu beantworten und das Motivationsschreiben zu erstellen. Der aktuelle Arbeitsstand lässt sich jederzeit speichern und später ergänzen. Ihre fertigen Bewerbungen können die Teilnehmenden in der offiziellen Bewerbungsphase vom 15. Mai bis 15. Juli 2021 absenden. Die Zeit vorab können sie etwa nutzen, um die Einreichung gemeinsam im Team vorzubereiten.

Mit 130.000 Euro dotiert

Der Deutsche Kita-Preis ist mit insgesamt 130.000 Euro dotiert. Die Auszeichnung wird in den Kategorien „Kita des Jahres“ und „Lokales Bündnis für frühe Bildung des Jahres“ verliehen. Die Erstplatzierten dürfen sich über jeweils 25.000 Euro freuen. Zudem warten auf vier Zweitplatzierte in beiden Kategorien je 10.000 Euro. Wer eine Auszeichnung mit nach Hause nehmen darf, entscheidet sich nach einem mehrstufigen Auswahlverfahren im Frühjahr 2022.

Worauf es ankommt

Aktuell stehen zehn Kitas und zehn lokale Bündnisse im Finale des Deutschen Kita-Preises 2021 und warten, ob sie die Auszeichnung in diesem Jahr erhalten. Sie alle zeigen beispielhaft, worauf es im Auswahlprozess ankommt: Preisverdächtig sind Einrichtungen und Initiativen, die Kinder konsequent in den Mittelpunkt ihrer pädagogischen Arbeit stellen und bei denen Kinder, Eltern und Fachkräfte aktiv mitwirken können. Entscheidend ist zudem, wie die Teams weitere Institutionen vor Ort einbinden sowie die eigene Arbeit reflektieren und weiterentwickeln. Jede Kita und jedes Bündnis für frühe Bildung in Deutschland kann sich um die Auszeichnung bewerben. Die individuellen Rahmenbedingungen vor Ort werden in der Auswahl berücksichtigt. Zudem zeichnet der Deutsche Kita-Preis nicht nur gute Ergebnisse aus, sondern würdigt auch gute Prozesse.

Alle Informationen zum Deutschen Kita-Preis, zu den Bewerbungsmodalitäten und zur Auswahl der Preisträger finden Interessierte unter www.deutscher-kita-preis.de.




Besonders Müttern fällt es schwer Arbeitszeitwünsche durchzusetzen

Studie Arbeitszeit von Männern und Frauen: Wunsch und Wirklichkeit klaffen auseinander 

Männer arbeiten im Durchschnitt neun Stunden pro Woche mehr als Frauen. Dabei möchten mehr Männer als Frauen ihre Arbeitszeit reduzieren und andererseits mehr Frauen als Männer ihre Arbeitszeit ausweiten. Damit besteht Potenzial zur Angleichung der Arbeitszeiten zwischen den Geschlechtern. 

Anteil unterbeschäftiger Frauen fast doppelt so hoch wie bei Männern

In Deutschland arbeiten erwerbstätige Männer im Durchschnitt 41 Stunden und erwerbstätige Frauen 32 Stunden pro Woche. Allerdings wünschen sich Männer mit 37 und Frauen mit 30 Stunden pro Woche eine kürzere Arbeitszeit. Insgesamt arbeiten 50 Prozent der männlichen und 41 Prozent der weiblichen Beschäftigten mehr, als sie gerne würden, und sind damit überbeschäftigt. Dieses Bild dreht sich beim Blick auf jene Beschäftigte, die ihre Arbeitszeit gerne ausweiten würden, die also unterbeschäftigt sind: Mehr Frauen als Männer möchten ihre Stundenzahl ausweiten. So ist der Anteil unterbeschäftigter Frauen mit 17 Prozent fast doppelt so hoch wie bei Männern – von ihnen arbeiten nur neun Prozent weniger als gewünscht.

Unterscheidliche Arbeitszeiten ein Hauptgrund für unterschiedliche Einkommen

„Unterschiedliche Arbeitszeiten sind einer der Hauptgründe für die unterschiedlichen Erwerbseinkommen von Männern und Frauen. Unsere Analysen zeigen: Das Potenzial für die Angleichung von Arbeitszeiten ist da. Und es ist auch gesellschaftlich geboten“, kommentiert Jörg Dräger, Vorstand der Bertelsmann Stiftung. Im Mittelpunkt der neuen Studie, die ein ForscherInnen-Team um Andreas Peichl vom ifo Institut im Auftrag der Stiftung erstellt hat, sehen die Entwicklung der tatsächlichen und gewünschten Arbeitszeiten seit 1985 sowie die Gründe für die Kluft zwischen Wunsch und Wirklichkeit. 

Müttern fällt es schwerer als Vätern, ihre Arbeitszeitwünsche umzusetzen

Teilzeit- und Vollzeitbeschäftigte können ihre Arbeitszeitwünsche nicht gleich gut umsetzen. Während Vollzeitbeschäftigte im Durchschnitt gerne rund sechs Stunden weniger pro Woche arbeiten würden, besteht bei in Teilzeit beschäftigten Frauen und Männern zwischen gewünschter und tatsächlicher Arbeitszeit nahezu kein Unterschied.

Insbesondere Müttern fällt es schwer, ihre Arbeitszeitwünsche zu realisieren. Die Berechnungen zeigen, dass dies nicht auf Kinder an sich, sondern auf den Mangel an Betreuungsmöglichkeiten oder die zu hohen Kosten dafür zurückzuführen ist. Lassen sich Familie und Beruf gut miteinander vereinbaren, können auch Arbeitszeitwünsche besser verwirklicht werden.

Auf die Arbeitszeitwünsche von Männern haben Kinder und die Betreuungssituation hingegen so gut wie keinen Einfluss. Dies deutet darauf hin, dass die traditionelle Rollenaufteilung nach wie vor dominiert. „Fehlende oder zu teure Kinderbetreuung führt immer noch dazu, dass insbesondere Mütter ihre Arbeitszeitwünsche nicht realisieren können”, kommentiert Dräger. „Auch acht Jahre nach Einführung des Rechtsanspruchs auf einen Krippenplatz müssen die Angebote ausgeweitet werden.” 

Männer sind im Schnitt neun Stunden mehr pro Woche als Frauen erwerbstätig. Während aber Frauen mehr arbeiten wollen, möchten Männer weniger erwerbstätig sein. Besonders Müttern fällt es schwer, ihre Arbeitszeitwünsche durchzusetzen.

Verfügbarkeit von Betreuungsmöglichkeiten ist ein zentraler Hebel

Die Corona-Pandemie verschärft die Situation – erste Untersuchungen zeigen, dass sich die Kita- und Schulschließungen negativ auf die Arbeitszeitwünsche von Müttern auswirken. Ohne funktionierende Kinderbetreuung ziehen sie sich weiter aus der Erwerbsarbeit zurück. „Die Pandemie verdeutlicht: Gute Kitas und ein gutes Ganztagsangebot in den Schulen sind zentral, damit Mütter ihre Arbeitszeitwünsche umsetzen können”, sagt Dräger.

Darüber hinaus müssten Fehlanreize im Steuer-, Abgaben- und Transfersystem abgebaut werden, weil sie die Mehrarbeit für Frauen und Mütter häufig unattraktiv machen. Die Kombination aus Ehegattensplitting und Minijobs führt beispielsweise dazu, dass es sich für ZweitverdienerInnen häufig nicht lohnt, eine substanzielle Beschäftigung aufzunehmen. Die Verwirklichung von Arbeitszeitwünschen von Männern und Frauen ist aber eine wesentliche Voraussetzung für eine gleichere Aufteilung der Erwerbs- und Fürsorgearbeit. 

Hintergrund und Download

Die Studie „Zwischen Wunsch und Wirklichkeit. Unter- und Überbeschäftigung auf dem deutschen Arbeitsmarkt“ wurde von Maximilian Blömer, Johanna Garnitz, Laura Gärtner, Andreas Peichl und Helene Strandt vom ifo Institut im Auftrag der Bertelsmann Stiftung erstellt. Um die Entwicklung der tatsächlichen und gewünschten Arbeitszeiten differenziert nach Geschlecht, Beschäftigungstyp und Alterskohorte von 1985 bis einschließlich 2017 nachzuzeichnen, nutzten sie das Sozio-oekonomische Panel (SOEP) sowie das Panel Arbeitsmarkt und Soziale Sicherung (PASS). Dabei beziehen sich die Werte vor der Wiedervereinigung nur auf Westdeutschland. Beide Datensätze ermöglichen neben der deskriptiven Beschreibung der Arbeitszeitdiskrepanzen auch die Beantwortung der Frage, welche Faktoren eine Arbeitszeitdiskrepanz vergrößern oder verringern.

Hier der Link zum Download

  




Regelmäßiges Anschreien, Schlagen oder Schütteln schädigt das Gehirn

Internationale Studie belegt erstmals nachhaltige körperliche Schäden durch negative Elternschaft

Bei Kindern nimmt die Größe bestimmter Gehirnstrukturen ab, wenn sie immer wieder angeschrien, geschlagen oder geschüttelt werden. Das belegt eine Studie, die an der Universität Montreal und dem Forschungszentrum CHU Sainte-Justine in Zusammenarbeit mit einem Forscherteam der Stanford University entstanden ist.

Gleiche Folgen wie bei Kindesmissbrauch

Schon bei früheren Untersuchungen stellte sich heraus, dass schwere Kindesmisshandlungen wie sexueller, körperlicher und emotionaler Missbrauch, Vernachlässigung oder Heimunterbringung oftmals zu Angstzuständen und Depressionen führen. Es hat sich auch gezeigt, dass Kinder, die einen solchen Missbrauch erlebt haben, eine Verringerung der Größe des präfrontalen Kortex und der Amygdala aufweisen. Das sind zwei Schlüsselstrukturen bei der Verarbeitung von Emotionen und der Entstehung von Angst- und Depressionsproblemen.

MRT-Bilder, die die Schädigung von Gehirnstrukturen bei Jugendlichen zeigen, die eine gewalttätige Erziehung erlebt haben.

Negative Elternschaft schädigt das Gehirn nachhaltig

Die Erkenntnisse der aktuellen Studie beziehen sich jedoch nicht auf die so genannten „schweren Kindesmisshandlungen“, sondern auf „negative Elternschaft“, die durch stetiges Schreien, Schlagen, Schütteln oder andere stetig sich wiederholende aggressive Aktionen gegen das eigene Kind identifizieren.

Zudem haben die Forscher in der aktuellen Studie auch eine Verringerung der Größe des präfrontalen Kortex und der Amygdala bei Jugendlichen festgestellt (vgl. Abbildung), die in ihrer Kindheit wiederholt negativen Erziehungspraktiken ausgesetzt waren, aber nicht schwer misshandelt wurden.

„Abgesehen von den Veränderungen im Gehirn denke ich, dass es wichtig ist, dass Eltern und Gesellschaft sich bewusst sind, dass die häufige Anwendung negativer Erziehungspraktiken potenziell schädliche Folgen für die Entwicklung von Kindern hat. Es geht um ihre soziale und emotionale Entwicklung, aber auch um die Entwicklung ihres Gehirns“, sagt Sabrina Suffren, Doktor der Psychologie und Erstautorin der Studie.

Gewalttätige Erziehungspraktiken existieren noch immer

Tatsächlich sind solche „Erziehungsmethoden“ in Teilen unserer Gesellschaft und in allen Milieus noch immer üblich. Erst Ende vergangenen Jahres hat das Kinderhilfswerk UNICEF eine repräsentative Studie publiziert publiziert, in der sich herausstellte, dass trotz des Rechtes der Kinder auf eine gewaltfreie Erziehung, Körperstrafen oftmals noch immer üblich sind. Und in Zeiten von Corona hat nach den Forschungsergebnissen des Forschungsnetzwerks Medizinischer Kinderschutz des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) die Gewalt gegen Kinder sogar noch zugenommen.

Sicher geht es nicht um den berühmten „Ausrutscher“ oder darum, dass Eltern auch mal schimpfen, statt am Ärger zu ersticken. Aber konstante Wutausbrüche und körperliche Gewalt in der Erziehung sind eben auch keine Seltenheit. Alternativen dazu gibt es seit vielen Jahrzehnten. Die bekannteste und erfolgreichste Methode stammt von Adele Faber und Elaine Mazlish, die mit dem Buch „So sag ich’s meinem Kind“ den erfolgreichsten Elternratgeber aller Zeiten verfasst haben. Der Grund dafür ist eindeutig: Er zeigt Eltern einen praktischen Weg aus ihrer gefühlten Ohnmacht gegenüber ihren Kindern und zu einem nachhaltig kooperativen Umgang miteinander. Rund 35.000 Elternkurse werden dazu jährlch veranstaltet. Ers jüngst hat die Tocher von Adele Faber Joanna Faber gemeinsam mit ihrer Freundin aus Kindertagen Julie King in ihrem Buch „Wie Sie sprechen sollten, damit ihr Kind sie versteht“, das Konzept weiter ausgebaut und um etliche praktische Beispiele und Lösungsansätze erweitert. Erst jüngst hat Joanna Faber im Interview mit spielen und lernen die Entstehung von Erziehungskonflikten beschrieben und Lösungsstrategien empfohlen.

Der erfolgreichste Elternratgeber aller Zeiten mit 3,5 Millionen verkauften Exemplaren!!!

Adele Faber / Elaine Mazlish

So sag ich’s meinem Kind
Wie Kinder Regeln fürs Leben lernen

276 Seiten
ISBN: 9783963040337
22,90 €

Dennoch haben die Ergebnisse der Studie die Fachwelt überrascht. Suffren erklärt dazu: „Diese Ergebnisse sind wichtig und neuartig, da dies das erste Mal ist, dass negative Elternschaft, ohne schwere Misshandlung, mit Unterschieden in der Größe der Hirnstruktur verbunden ist, ähnlich dem, was in Verbindung mit schwerer Misshandlung beobachtet wurde.“

Die Kinder wurden von Geburt an im CHU Sainte-Justine beobachtet

Eine der Stärken dieser Studie ist die Nachbeobachtung der Kinder von der Geburt an, die am Sainte-Justine CHU in den frühen 2000er Jahren von der Groupe de recherche sur l’inadaptation psychosociale chez l’enfant (GRIP) der Université de Montréal und vom Institut de la statistique du Québec eingerichtet wurde. Das Center Hospitalier Universitaire Sainte-Justine (CHU) ist das größte Mutter-Kind-Zentrum in Kanada und eines der vier wichtigsten pädiatrischen Zentren in Nordamerika. Das GRIP setzt sich aus Forschern zusammen, die die Nachsorge dieser Kinder organisierten und langfristig sicherstellten: Dr. Jean Séguin, Michel Boivin und Richard Tremblay.

Die elterlichen Praktiken und Ängste wurden jedes Jahr bei Kindern im Alter von 2 bis 9 Jahren untersucht. Basierend auf diesen Daten wurden die Kinder in Gruppen eingeteilt, die ein niedriges oder hohes Maß an negativen Erziehungspraktiken repräsentierten, die über die Zeit hinweg konsistent waren.

„Es ist wichtig zu berücksichtigen, dass negative Erziehung durchgängig im Alter von zwei bis neun Jahren erlebt wurde. Die Unterschiede im Gehirn hängen also mit negativen elterlichen Praktiken zusammen, die während der Kindheit wiederholt erlebt wurden“, sagt Sabrina Suffren, die mit ihren Mitarbeitern den Grad der Angst bei diesen Kindern gemessen und eine anatomische Magnetresonanztomographie verwendet hat, als sie zwischen zwölf und 16 Jahre alt waren.

Diese Studie ist der erste Versuch, die Querverbindungen zwischen der Hirnanatomie, negativer Elternschaft und der von Kindern erlebten Angst zu bestimmen.

Miteinander richtig sprechen lernen

Joanna Faber/Julie King

Wie Sie sprechen sollten, damit Ihr Kind Sie versteht
Ein Überlebenshandbuch für Eltern mit Kindern von 2 bis 7 Jahren

384 Seiten
ISBN/EAN: 9783963040269
24 €

Über die Studie

Im Rahmen ihrer Doktorarbeit der Abteilung Psychologie und unter der Leitung der Professoren Françoise Maheu und Franco Lepore hat Sabrina Suffren die Studie durchgeführt.

Der Artikel  „Prefrontal cortex and amygdala anatomy in youth with persistent levels of harsh parenting practices and subclinical anxiety symptoms over time during childhood“ von Sabrina Suffren und Kollegen, wurde am 22. März 2021 in der Zeitschrift Development and Psychopathology veröffentlicht. Die Pressemitteilung dazu finden Sie hier.

Die Studie wurde von den Canadian Institutes of Health Research, dem Quebec Ministry of Health and Social Services, dem Fonds de recherche du Québec – Société et culture, dem Social Sciences and Humanities Research Council of Canada, dem CHU Sainte-Justine Research Centre und der Foundation of Stars sowie den Universitäten von Montreal und Laval finanziert.




Bildungsmosaik: Angebote in der Corona-Krise

Vorträge, Seminare und Jours Fixes an der Pädagogischen Hochschule Niederösterreich

Die Pädagogische Hochschule Niederösterreich (PH NÖ) bietet ein umfangreiches Programm an Bildungsveranstaltungen zu drängenden Themen in Zeiten der Pandemie.

Ein Zuversicht spendendes Bildungsmosaik in nicht ganz einfachen Zeiten bietet die PH NÖ in den kommenden Wochen und Monaten. „Die Bürden der aktuellen Situation spüren wir alle – mehr oder weniger. Darum, aber auch um Chancen und Perspektiven geht es in unserem Bildungsmosaik“, schreiben die beiden Programmplanerinnen Christine Schörg und Kerstin Angelika Zechner in der Einladung zur Veranstaltungsreihe.

Die Vorträge, Seminare und Jours Fixes finden online statt und richten sich in erster Linie an Lehrpersonen. Zu den Vorträgen sind auch Studierende und alle interessierten Personen eingeladen.

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