Digitale Bildungspolitik stoppen und Smartphone-freie Schulen schaffen
geschrieben von Redakteur | März 12, 2025
Ein Appell von 75 Expertinnen und Experten warnt die neue Bundesregierung eindringlich davor, im Bildungssystem weiter auf Digitalisierung zu setzen
Mit einem Appell warnen 75 Expertinnen und Experten aus Pädagogik und Medizin die neue Bundesregierung davor, im Bildungssystem weiter auf Digitalisierung zu setzen. Sie fordern einen Kurswechsel – zum Wohl der körperlichen und geistigen Entwicklung von Kindern und Jugendlichen.
„iPads im Kindergarten sind so etwas wie vorsätzliche Körperverletzung“
„Was ich in meinem Buch Digitale Demenz prognostizierte, ist leider eingetreten. Der übermäßige Umgang mit digitalen Endgeräten schadet der Bildung der Kinder und erhöht damit ihr Risiko, später an Demenz zu erkranken.“, erklärt in diesem Zusammenhang der bekannte Gehirnforscher und Psychiater Prof. Dr. Dr. Manfred Spitzer. Weitere gesundheitliche Schäden reichen von Kurzsichtigkeit mit Erblindung im Alter über Bewegungsmangel und Übergewicht (mit Herzerkrankungen im Alter) bis zu Depressionen, Aufmerksamkeitsstörungen und Suchterkrankungen. iPads im Kindergarten sind aus medizinischer Sicht so etwas wie vorsätzliche Körperverletzung.“ Denn es sei nachgewiesen, so der Wissenschaftler im Pressegespräch, dass digitale Medien Kinder im Kindergarten- und Grundschulalter schaden würden. Gehirnschädigungen, Entwicklungsverzögerungen und eine Deformierung des Augapfels seien nur einige der bekannten Folgen.
Dehumanisierung des Unterrichts
„Die Entwicklung des kindlichen Gehirns braucht vielfältige reale Anreize statt einfältiges Wischen,“ so der Grafiker, Philologe und promovierter Kunstpädagoge Prof. Ralf Lankau. „Daher muss sich die Bildungspolitik an den Bedürfnissen der Kinder orientieren und nicht an den Interessen der IT-Industrie.“
„Die Konzepte der sogenannten digitalen Bildung kommen nicht aus der Erziehungswissenschaft, sondern aus der Industrie, die die KiTas und Schulen als Absatzmarkt definiert.“, erklärt Prof. Dr. Klaus Zierer, Ordinarius für Schulpädagogik an der Uni Augsburg dazu. „Nicht Bildung, sondern Dehumanisierung des Unterrichts ist eine Folge. Der Tabletwahn, der nachweislich zu schlechterem Lernen führt, muss gestoppt werden. Motivation geht von den Erziehenden aus, nicht von technischen Geräten und Algorithmen. Ich fordere eine Re-Humanisierung im Bildungswesen, zurück zu den Erkenntnissen der Pädagogik für die Zukunft unserer Kinder. Unsere Forschung zeigt: ein begleitetes Smartphoneverbot wirkt sich unmittelbar positiv auf das Schulklima aus und führt zu besserem Lernen.“ Dabei betont er ausdrücklich, dass es beim Verbot ausschießlich um private digitale endgeräte gehe. Diese Verbote müssten mit pädagogischer Begleitung verbunden werden. Mit Blick auf die Gefahren im Internet für Kinder und Jugendliche fordert der Pädagoge: „Medienerziehung muss stattfinden“.
Renaissance der Pädagogik und Didaktik
Es brauche eine Renaissance der Pädagogik und Didaktik ergänzt der Schweizer Gymnasiallehrer und Buchautor Dr. Mario Gerwig im Gespräch. „Probleme unzureichender Vermittlung können nur didaktisch gelöst werden, nicht durch den Einsatz von Technik. Politisch Verantwortliche sollten also danach fragen, wo und wie Digitalisierung einen echten Mehrwert bringen kann. Unterricht bedeutet die gemeinsame Verhandlung einer Sache mit dem Ziel, diese umfänglich zu erschließen und zu verstehen. Die Bildung tritt dabei vollkommen in den Hintergrund, wenn alle am Unterricht Beteiligten hinter ihren Geräten verschwinden.“
Initiatoren des Appells sind unter anderem der Medienpädagoge Prof. Ralf Lankau (Hochschule Offenburg), der Ordinarius für Schulpädagogik Prof. Klaus Zierer (Uni Augsburg), der Psychiater Prof. Manfred Spitzer (Uni-Klinik Ulm), der bekannte Kinder- und Jugendarzt Dr. Uwe Büsching sowie der Lehrer und Schulbuchautor Dr. Mario Gerwig (Basel).
Grundlegende Neuorientierung der Bildungspolitik
In ihrem Appell fordern die Experten den Stopp der digitalen Bildungspolitik und Smartphone-freie Schulen. Grund: Die wissenschaftlich umfassend dokumentierten negativen Folgen für Kinder und Jugendliche durch Frühdigitalisierung erfordern eine grundlegende Neuorientierung der Bildungspolitik. Daher schlagen die 75 Expert*innen in ihrem Appell Alternativen zur Nutzung digitaler Geräte und Medien in Kita, Grundschule und Unterstufe vor. Denn die Erziehung zu selbstbewussten Kindern und Jugendlichen gelinge viel besser ohne Digitalisierung. Dann würden die Jugendlichen die digitalen Medien z.B. ab der Mittelstufe reflektiert einsetzen, statt von Tech-Konzernen, Geräten und Anwendungen abhängig zu werden.
Angesichts der jahrelangen Digitalisierungsinitiativen an Schulen ziehen die 75 Expert*innen eine ernüchternde Bilanz: „Die schulischen Leistungen in den Kernkompetenzen Lesen, Schreiben und Rechnen sinken weiter, ebenso das Bildungsniveau. Unter dem Einfluss sozialer Medien verändern sich – wissenschaftlich belegt – Kommunikations- und Sozialverhalten. Gleichzeitig leiden Kinder und Jugendliche zunehmend unter psychischen Belastungen wie Konzentrationsstörungen, Angstzuständen, Depressionen und Einsamkeit, die von der Wissenschaft mit übermäßiger Mediennutzung in Verbindung gebracht werden.“
„Die Digitalisierung in Schulen hat nicht zu besseren Bildungsergebnissen geführt – im Gegenteil,“ analysiert Lankau. „Kinder geraten immer früher in die Abhängigkeit von digitalen Endgeräten und sozialen Netzwerken. Das beeinträchtigt nicht nur ihre Bildung und das demokratische Bewusstsein, sondern auch ihre Gesundheit und die Sozialkompetenz. So hilfreich Digitaltechnik in vielen Lebensbereichen sein kann, so kritisch muss sie beim Einsatz in Bildungseinrichtungen reflektiert werden: Die Digitalisierung macht unsere Kinder dümmer. Daher fordern wir, dass sich die Bildungspolitik wieder an den Bedürfnissen der Kinder und Jugendlichen orientiert.“
Internationale Trendwende – Deutschland hinkt hinterher
Laut dem aktualisierten UNESCO-Bildungsbericht rudern inzwischen 79 Bildungssysteme, also Länder wie Schweden, Spanien, Finnland, Lettland, Dänemark und auch 20 US-Bundesstaaten zurück: Diese Länder schränken die Digitalisierung in Schulen stark ein oder sie verbieten Smartphones mindestens an Grundschulen. Allein im Jahr 2024 haben 24 Länder in Europa und Nordamerika Smartphone-Verbote ausgesprochen! Doch die Ampelregierung beschloss Ende 2024 einen neuen Digitalpaket Schule und dachte sogar über einen Digitalpakt für Kitas nach – trotz wissenschaftlicher Erkenntnisse über die negativen Auswirkungen von digitalen Endgeräten auf das Lernverhalten von Kindern und Jugendlichen. Deutschland muss sich deshalb aus Sicht der Experten unter der neuen Bundesregierung als achtzigstes Land dieser Trendwende anschließen.
Investitionen in natürliche statt in künstliche Intelligenz!
Die 75 Expert*innen fordern ein Umdenken: Schulen sollen sich wieder auf ihre eigentliche Aufgabe konzentrieren – die Vermittlung einer ganzheitlichen Bildung, die kritisches Denken, soziale Kompetenzen und kulturelle Bildung in den Mittelpunkt stellt – kurz: natürliche Intelligenz.
Im Anhang zu ihrem Appell schlagen die 75 Expert*innen konkrete Maßnahmen für eine pädagogische Wende vor, darunter:
Bildschirmfreie Grundbildung: Kitas, Kindergärten und Grundschulen bleiben in der pädagogischen Arbeit bildschirmfrei. Die negativen Erfahrungen mit Frühdigitalisierung in den skandinavischen Ländern, der fehlende Nutzen, das Ablenkungspotential und sogar negative Auswirkungen von digitalen Endgeräten im Unterricht für Lernprozesse, Aufmerksamkeit, Konzentration begründen den Einsatz analoger und manueller Medien und Techniken (Bücher, Schreiben auf Papier, Zeichnen). Der Digitalpakt Schule wird für Kita und Grundschule ausgesetzt.
Smartphone- und Social-Media-Regulierungen: An Kitas und Schulen wird ein bundesweites Verbot privater digitaler Endgeräte (v.a. Smartphones, Tablets, Wearables/Smartwatches) eingeführt. Die Mediennutzung im Unterricht in höheren Klassen wird altersabhängig beschränkt. Siehe dazu auch die Empfehlungen zu Bildschirmmedien für Kinder und Jugendliche von den ersten Lebensjahren bis zu Sekundarstufe II, 2024 veröffentlicht im Kinder- und Jugendarzt, dem Verbandsorgan des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte Deutschlands.
Mehr Lehrkräfte statt mehr Technik: Notwendig sind für Kitas, Kindergärten und Schulen mehr Erzieher:innen und qualifizierte Lehrkräfte, Psycholog:innen, Schulsozialarbeiter:innen. Das analoge Spiel und Naturerfahrung, der Ausbau von Sport, handwerkliches Lernen, Musik und Theaterspielen müssen schon in der Grundschule im Lehrplan verankert werden.
Unabhängigkeit von Tech-Konzernen: Werden digitale Geräte im Unterricht gebraucht, werden ausschließlich von der Schule gestellte Geräte genutzt, der Zugang zu Webdiensten ist zu unterrichtsrelevanten Seiten („White List“) möglich. Nutzung von Open-Source-Software und Datenschutz-konformer IT in Schulen. Die IT-Branche darf keine Sitze in den Beratungsgremien der Bildungspolitik haben.
Leipziger Buchmesse 2025 und Lesefestival „Leipzig liest“
geschrieben von Redakteur | März 12, 2025
Über 2.000 Veranstaltungen, Norwegen als Gastland und spannende Foren warten auf die Besucher
In zwei Wochen öffnet die Buchmesse in Leipzig wieder ihre Tore. In der Zeit vom 27. bis 30. März findet im Rahmen der Messe dann auch Europas größtes Lesefest „Leipzig liest“ statt. Mit über 2.000 Veranstaltungen und Beiträgen an mehr als 300 Leseorten wird Leipzig für kurze Zeit zum Literaturzentrum Deutschlands. Bekannte internationale Autoren, aber auch deutsche Prominente wie Sebastian Fitzek, Christoph Kramer, Peter Maffay und Lara Ermer sind mit dabei.
spielen und lernen mit kleinem Angebot
Da spielen und lernen mit seinen Schwesterverlagen Oberstebrink und Burckhardthaus keinen Platz im Kinderbuchbereich der Messe erhalten hat, sind wir lediglich am Gemeinschaftsstand des Bücherzauber e.V., Halle 3 A20, mit einem kleinen Angebot vor Ort. Aber natürlich sind uns auch hier alle Leserinnen und Leser herzlich willkommen. Auf der Buchmesse in Frankfurt werden wir dann in der Zeit vom 15. Bis 19. Oktober in Halle 3 wieder mit einem großen Stand, vielen Autoren, Veranstaltungen und vielen kleinen Überraschungen vor Ort sein.
Prominente Sprecher und Autoren live
Eine Neuheit auf der Buchmesse in Leipzig ist das Gesprächsforum „Mensch und KI: Schöne neue Welt?“ in Halle 5, in dem über die Auswirkungen Künstlicher Intelligenz auf verschiedene gesellschaftliche Bereiche diskutiert wird. Interessant dürfte auch die Audiowelt in Halle 2 sein. Hier kann das Publikum prominente Sprecher und Autoren live erleben und sich neues Audioproduktionen anhören.
Wichtige Angelegenheiten, welche die Gesellschaft beschäftigen, spricht das Forum „Offene Gesellschaft“ in Halle 5 an, in dem Teilnehmer aus den Bereichen Politik, Kultur, Wissenschaft, Aktivismus und Medien gemeinsam diskutieren.
Gastland Norwegen
Das diesjährige Gastland Norwegen bringt nach dem Motto „Traum im Frühling“ fast 50 Vertreter seiner vielfältigen Literaturlandschaft mit nach Leipzig. Neben zeitgenössischen Werken und den beliebten Kriminalromanen präsentieren diese auch Kinder- und Jugendliteratur sowie historische Erzählungen aus Norwegen. Auf der Buchmesse anzutreffen sein werden unter anderem Karl Pve Knausgard, Maja Lunde, Tomas Espedal, Johan Hardstad und viele weitere norwegische Autoren. Ein weiterer besonderer Gast ist die norwegische Kronprinzessin Mette-Marit, die das Gastland in Leipzig repräsentieren wird.
Die Manga-Comic-Con
Im Rahmen der Buchmesse findet neben dem Lesefest „Leipzig liest“ mit der Manga-Comic-Con wieder die bunteste Veranstaltung der Leipziger Messe statt, welche Manga-, Comic- und Animefans aus der ganzen Welt nach Leipzig zieht. Ein besonderes Highlight dieser Veranstaltung sind die kreativen Cosplayer, die bis zum 27. März ihre liebevoll gestalteten Outifts und Auftritte perfektionieren, um beim Leipziger Cosplay Wettbewerb (29. März) und der neuen Cosplay Performance Meisterschaft Deutschland (30. März) zu begeistern. Zudem werden auch hier besondere Gäste, wie die japanische Manga-Künstlerin Kamome Shirahama, erwartet.
Antiquariatsmesse
Für alle Buchliebhaber, die nicht immer die neuesten Bestseller brauchen, gibt es auf der 31. Leipziger Antiquariatsmesse in Halle 5 seltene Schätze und historische Exemplare. Seit ihrer Gründung 1995 hat sie sich zu einer der bedeutendsten Antiquariatsmessen in Deutschland entwickelt, organisiert von abooks.de. Eine Vielfalt von antiquarischen Büchern, Grafiken und Autographen sowie die beliebte Literaturmeile mit preiswertem Lesefutter lädt alle Interessierten zum Stöbern und Kaufen ein.
Der Preis für die Tageskarte beträgt 25 Euro (am Samstag 30 Euro), für die Dauerkarte 58 Euro. Die Eintrittskarten berechtigen am Besuchstag zur kostenlosen Hin- und Rückfahrt zum bzw. vom Messegelände mit dem MDV in der Tarifzone 110. Die Tickets können online erworben werden.
Quelle: Pressemitteilung Leipzig Tourismus und Marketing GmbH
Kreativität – ein bedeutsamer Begriff im freien Fall in die Bedeutungslosigkeit
geschrieben von Redakteur | März 12, 2025
Ein großes Wort, von dessen ursprünglicher Bedeutung in der Praxis kaum etwas übriggeblieben ist
Der Begriff „Kreativität“ ist aus der heutigen Pädagogik nicht mehr wegzudenken. Er begegnet uns täglich in Gesprächen mit Erzieher*innen, die in Kindertagesstätten arbeiten und findet sich ebenso in Konzeptionen elementarpädagogischer Einrichtungen wie in formulierten Lernzielen innerhalb der Jugendarbeit wieder. Dem ist auch grundsätzlich nichts entgegenzuhalten. Im Gegenteil: in allen Lebensbereichen ist Kreativität immer dann erforderlich, wenn gewohnte Problemlösungen nicht ausreichen, um ein anvisiertes Ziel zu erreichen oder bestimmte Aufgabenstellungen völlig neue Handlungsstrategien erforderlich machen.
Was hingegen vielmehr bei Kreativitätsforscher*innen eine zunehmend große Nachdenklichkeit provoziert, ist die Tatsache, dass einerseits viele pädagogische Fachkräfte zwar „kreative Erziehung“ propagieren und gleichzeitig davon überzeugt sind, Kreativität bei Kindern durch bestimmte Werk- oder Baselangebote zu fördern. Andererseits wurde dieser Begriff wie kaum ein zweiter „Entwicklungs- und Lernbereich“ in der Pädagogik soweit zurechtgeschnitten und didaktisch gekürzt, dass kaum noch – wenn überhaupt – etwas von seinem grundlegenden Ursprung übriggeblieben ist. Ja, der Begriff „Kreativität“ ist oft nicht mehr als eine inhaltsleere Worthülse, die heimlich, still und leise ein verkümmertes Dasein vor sich hinfristet und dem in vielen Fällen schon der Todesstoß versetzt wurde, ohne dass es öffentlich bemerkt oder deutlich thematisiert wurde.
Es besteht kein Zweifel, dass Kreativität die wichtigste menschliche Ressource überhaupt ist. Ohne Kreativität gäbe es keinen Fortschritt und wir würden ewig die gleichen Muster wiederholen.
Kinder brauchen eine Kita-Pädagogik und eine selbstbildungsförderliche Entwicklungsbegleitung, um lebensbedeutsame Fähigkeiten zu erwerben, Begebenheiten und Situationen ihres gegenwärtigen Lebens verstehend nachvollziehen und ebenso Ereignisse künftigen Lebens bewältigen zu können: durch situationsangemessenes und autonomes Fühlen, sachkompetentes Handeln und ein sinngebendes Denken. Es soll an dieser Stelle nicht weiter auf die Begriffe „Kompetenz“ und „Autonomie“ eingegangen werden, bis auf die Anmerkung, dass emotionale, soziale, motorische und kognitive Fähigkeiten (= Kompetenzen) notwendig sind, um selbstständig (=autonom) und unabhängig handeln zu können. Und selbstverständlich bedarf es dazu eines großen Anteils an „Kreativität“, denn sie ist es letztlich, die vor allem das Maß eines individuell passgenauen, selbstständigen und unabhängigen Handelns mitbestimmt.
Sehen und hören, was wirklich ist, nicht: was sein sollte;
sagen, was die Person wirklich denkt, nicht: was sie denken sollte;
fühlen, was die Person wirklich fühlt, nicht: was sie fühlen sollte;
fordern, was die Person möchte, nicht: immer erst auf eine Erlaubnis des Gegenübers zu warten;
Risiken eingehen, ohne sich immer erst abzusichern).
Die fünf Freiheiten des Menschen, Virginia Satir
Zunächst einmal kann es leicht passieren, dass Leser*innen zu diesen von Satir benannten Freiheiten zustimmend nicken und glauben, eine Pädagogik in ihrer Einrichtung zu realisieren, die diesem Anspruch entspricht. Doch wenn wir einmal anfangen, diese Postulate mit Beispielen zu füllen, dann kann es schon im Vergleich von Anspruch und Wirklichkeit etwas anders aussehen und die Zustimmung leiser werden.
Sehen und hören, was wirklich ist
Die Realität, in der Kinder leben, die für Kinder wichtigen Kleinigkeiten und großartigen Dinge, die Kinder sehen und hören, wahrzunehmen: die tollen Pfützen, in denen man herumspringen kann, zum Mithüpfen zu verstehen; den Dreck, der so herrlich auf Wegen/ Parkflächen verschmiert werden kann, als großflächige Bildnisfläche anzusehen; Farben, die ganze Räume ausfüllen, staunend zu bewundern und lautes Schreien, das den Kindern Freude macht, aufzugreifen und eine Spielhandlung daraus zu entwickeln; eigene Körperlichkeit, die durch Anschauen und Vergleichen erfahrbar wird und Kinder ins Staunen und Begreifen führt, als eine identitätsfindende Neugierde zu akzeptieren; schlürfen und auch mal schmatzen beim Essen zu akzeptieren, um erstaunte Gesichter der Erwachsenen zu provozieren und Kinderlachen, was manchen Erwachsenen in dieser Intensität häufig schwerfällt, zu unterstützen.
Sagen, was ich denke
Die Realität, Worte der Kinder stehen lassen zu können, ohne mit moralisierenden Kommentaren zu versehen: die „neue“ Sprache der Kinder staunend und selbstlernbereit verstehen zu wollen; die alten „schmutzigen“ Wörter auch mal mit Humor anzunehmen, deren Gebrauch gerade deswegen für Kinder so reizvoll ist, weil sich Erwachsene im Kreislauf vergangener, normgeprägter Zeiten bewegen und immer noch aufgeregt und verärgert darauf reagieren.
Fühlen, was ich wirklich fühle
Die Realität der Gefühle von Kindern, die sich ärgern und laut schimpfen und damit etwas zum Ausgleich ihres Ärgernisses im Sinne psychohygienischer Entspannung tun, zu verstehen und mit Kindern gemeinsam zu überlegen, wie der Ärger/ die Wut runtergefahren werden kann; traurig sein und herzhaft weinen, weil es entlastet und befreit, ohne Kinder sofort von der Trauer wegführen zu wollen; sich freuen und laut lachen, ohne sich einzukriegen, vor lauter Freude im Zimmer herumrennen und Gefühle in Bewegung umsetzen, um weiter mit Kindern an ihrem Glück teilzuhaben.
Fordern, was ich möchte
Sich für eigene Vorstellungen aktiv einzusetzen, statt eigene Bedürfnisse zurückzustellen und unterwürfig zu fragen, ob es möglich wäre, dieses oder jenes eventuell machen zu dürfen. Risiken eingehen – über Grenzen hinwegdenken, Gewohnheiten infrage stellen, Bekanntes verwerfen und einfach ausprobieren, um das eigene Erfahrungs- und Erkenntnisspektrum immer wieder aufs Neue zu erweitern.
Um gleich zu Anfang einem Missverständnis entgegenzuwirken: Es geht nicht darum, grundsätzlich immer und überall den Wünschen und Vorstellungen von Kindern nachzukommen! Vielmehr geht es um die Realität und die Bedeutungswerte von Aussagen, die in ihrer Praxis so oder ähnlich aussehen.
Dieses Buch ist vollgepackt mit den PowerPoint-Präsentationen und Seminarunterlagen von Dr. Krenz, die sich in zahllosen Vorträgen und Weiterbildungen bewährt haben. Sie vermitteln kurz und prägnant das Wesentliche für die pädagogische Praxis und stützen sich dabei auf neueste wissenschaftliche Erkenntnisse. Mit seinem Buch unterstützt Armin Krenz pädagogische Fachkräfte dabei, aktuelles Wissen in die Praxis umzusetzen.
Kreativität bewegt sich zwischen den Eckwerten „neu“, „anders“, „schöpferisch“, „flexibel“, „etwas selbst (er)finden“, „eigene Potenziale suchen und finden, nutzbar zur Verfügung haben und brauchen“, „Offenheit“, „originell“, „von Gewohntem abweichend“, „ausprobieren“ und „ungewöhnlich“. Das heißt doch nichts anderes, als sich in der Welt so zu bewegen, dass Menschen, die kreatives Handeln zeigen, nicht durch gewohntes und übliches, bekanntes Verhalten „auffallen“, sondern durch ihre neuen Aktivitäten, die sich vom Üblichen absetzen, ins Blickfeld geraten; sich nicht auf einer immer wieder in gleicher Weise benutzten Autobahn (Lebensweg) befinden, sich zwischen den Leitplanken (Normen) bewegen und alle Verkehrsschilder (Ge- und Verbote) exakt einhalten, nur dort anhalten, wo Rastplätze (vorgegebene Ruhepausen) eingerichtet sind und vorhandene Ausfahrten (Ausweichmöglichkeiten) ein Verlassen gerader Wege erlauben. Kreative Menschen fallen auf, gerade weil sie eigene Lösungsmöglichkeiten suchen.
Kreativität ist, wenn einem bei dem, was einem auffällt, etwas einfällt.
Gerhard Uhlenbruck
Bleiben wir noch ein wenig bei dem Begriff „Kreativität“ und bei den ihr zugrunde liegenden Verhaltensweisen, dann zeichnen sich kreative Menschen durch folgende Merkmale aus:
Auch schwierige Probleme werden als solche wahrgenommen, aufgegriffen und nicht missachtet.
Auseinandersetzungen mit möglichen Problemlösungen werden handelnd und probierend erfahren, ohne durch die Suche nach nur einer Lösung möglichst schnell fertig werden zu wollen.
Neugierdeverhalten ist der Motor, festgefügte Handlungs- und Denkformen, die immer wieder ein gleiches Denk- und Handlungsmuster vorgeben, zu überschreiten.
Aufgeschlossenheit der sozialen, materiellen und situativen Umwelt gegenüber erfordert Mut und Selbstbewusstsein; sie lassen den Vorstoß ins Neue letztlich zu. Wo diese beiden Merkmale nicht zur Persönlichkeitsstruktur gehören, kann Kreativität nicht wachsen – weder bei der pädagogischen Fachkraft noch bei den Kindern.
Energie beflügelt die Seele, aus bekanntem Wissen neue Kombinationen zu bilden.
Das wahre Zeichen der Intelligenz ist nicht Wissen, sondern Phantasie.
Albert Einstein
Es wird nicht überraschen, wenn an dieser Stelle die These aufgestellt wird, dass selbstverständlich nur kreative Fachkräfte auch Impulse zur Förderung der Kreativität bei Kindern geben können. Nur wenn aufseiten der Fachkräfte selbst die Voraussetzungen zur Kreativität gegeben sind wie zum Beispiel
eine offene Haltung gegenüber der Umwelt, demgegenüber aber viele Fachkräfte kollegiale Differenzen nicht offen austragen oder die massive Veränderung der Umwelt nur bruchstückhaft wahrnehmen, Eltern gegenüber vorurteilsbeladen sind oder neuen, unbequemen Gedanken eine Abfuhr erteilen;
die Fähigkeit, differenziert auf kindeigene Ausdrucksformen zu reagieren, viele Fachkräfte aber zum Beispiel grobe oder bewertende Verhaltensbündel von Kindern zum Ausgangspunkt ihrer Arbeit machen, statt spezifischen Verhaltensweisen den Vorrang zu geben;
Kritikfähigkeit, viele Fachkräfte aber direkten Auseinandersetzungen nicht selten aus dem Wege gehen, eher methodenorientierte/ didaktisierte Fortbildung als selbsterfahrungsausgerichtete Seminare besuchen;
Energiepotenziale zu besitzen, um bei den vollkommen unzureichenden Rahmenbedingungen für Kinder und Fachkräften genügend Energie im täglichen Allerlei zur Verfügung zu haben, einerseits das Mögliche zu schaffen und gleichzeitig das Notwendige beim Träger und den (sozial)politischen Mandatsträgern mit großer Dringlichkeit immer wieder aufs Neue anzumahnen;
Erfolgsmotiviertheit, um im täglichen Arbeitsstress entsprechende erfolgsversprechende Ziele nicht aus dem Auge zu verlieren und die Zielorientierung nicht aufzugeben;
Selbstständigkeit und Initiative, wobei sich Fachkräfte nicht vor Auseinandersetzungen mit ihrem Träger scheuen dürfen und eigene Ideen, geboren aus der Beobachtung von Bedürfnissen von Kindern, den Merkmalen einer partizipatorisch orientierten Elementarpädagogik, den Grundaussagen des länderspezifischen Bildungsprogramms und einer situationsorientierten Notwendigkeit zum Ausgangspunkt ihrer professionellen Haltung machen;
dann scheint die Frage spätestens hier berechtigt, ob und inwieweit sich Kreativität bei Kindern überhaupt entwickeln kann, wenn Fachkräfte diese Voraussetzungen nicht erfüllen.
Ein wesentlicher Aspekt von Kreativität ist es, keine Angst vor dem Scheitern zu haben.
Edwin Land
Fördernde und hemmende Bedingungen zur Kreativitätsentwicklung
Lassen Sie mich mit einer Fabel beginnen, die einerseits sehr lustig ist, andererseits viel Tragik offenbart. Es ist offensichtlich überflüssig, eigene Gedanken zu dieser Fabel zu formulieren, weil ein Transfer zur Elementar- und Primarpädagogik ohne Abstriche hergestellt werden kann, sollte, ja muss.
Das Konzept individueller Unterschiede
Es gab einmal eine Zeit, da hatten die Tiere eine Schule. Das Curriculum bestand aus Rennen, Klettern, Fliegen und Schwimmen, und alle Tiere wurden in allen Fächern unterrichtet. Die Ente war gut im Schwimmen; besser sogar als der Lehrer. Im Fliegen war sie durchschnittlich, aber im Rennen war sie ein besonders hoffnungsloser Fall. Da sie in diesem Fach so schlechte Noten hatte, musste sie nachsitzen und den Schwimmunterricht ausfallen lassen, um das Rennen zu üben. Das tat sie so lange, bis sie auch im Schwimmen nur noch durchschnittlich war. Durchschnittliche Noten waren aber akzeptabel, darum machte sich niemand Gedanken darum, außer der Ente.
Der Adler wurde als Problemschüler angesehen und unnachsichtig und streng gemaßregelt, da er, obwohl er in der Kletterklasse alle anderen darin schlug, darauf bestand, seine eigene Methode anzuwenden. Das Kaninchen war anfänglich im Laufen an der Spitze der Klasse, aber es bekam einen Nervenzusammenbruch und musste von der Schule abgehen wegen des vielen Nachhilfeunterrichts im Schwimmen. Das Eichhörnchen war Klassenbester im Klettern, aber sein Fluglehrer ließ ihn seine Flugstunden am Boden beginnen, anstatt vom Baumwipfel herunter. Es bekam Muskelkater durch Überanstrengung bei den Startübungen und immer mehr „Dreien“ im Klettern und „Fünfen“ im Rennen. Die mit Sinn fürs Praktische begabten Präriehunde gaben ihre Jungen zum Dachs in die Lehre, als die Schulbehörde es ablehnte, Buddeln in das Curriculum aufzunehmen. Am Ende des Jahres hielt ein anormaler Aal, der gut schwimmen und etwas rennen, klettern und fliegen konnte, als Schulbester die Schlussansprache. (Originalquelle unbekannt)
Die Schwierigkeit liegt nicht darin, die neuen Ideen zu finden, sondern darin, die alten loszuwerden.
John Keynes
Kreativität kann sich nur dort entwickeln, wo folgende Faktoren eine günstige Ausprägung aufweisen:
Eine entwicklungsförderliche und -unterstützende Umwelt/ ein erfahrungsreiches Umfeld
Veränderbares, zum kreativen Handeln motivierendes Material
Genügend Zeit, die nicht durch verplante Programme immer mehr beschnitten wird
Persönlichkeit des Kindes: entdeckungsfreudig, neugierig, fantasiereich …
Da alle sieben Merkmale miteinander in Beziehung stehen, ist eine isolierte Betrachtung einzelner Elemente zwar von großer Bedeutung, in der Betrachtung fördernder oder hemmender Bedingungen allerdings nur im Beziehungsgeflecht aussagekräftig. So sind alle Aspekte miteinander vernetzt. Zeichnet sich dabei auch nur ein Merkmal als kreativitätshemmend aus, wirkt sich dieser Umstand auf alle anderen sechs Felder aus. Folgendes Bild scheint daher angebracht:
Die Vorstellungskraft ist der Anfang der Schöpfung. Man stellt sich vor, was man will – man will, was man sich vorstellt – und am Ende erschafft man, was man will.
George Bernard Shaw
Bisherige Ergebnisse der Kreativitätsforschung lassen folgende Aussagen zu:
Man muss vom Weg abkommen, um nicht auf der Strecke zu bleiben.
Hans Zaugg, Architekt
Zwischenbilanz
Halten wir einmal fest: Wenn mit dem Begriff „Kreativität“ die Fähigkeit bezeichnet wird, vor einem Problem aus dem Alltag zu stehen und nun Beziehungen zwischen vorher unbekannten Erfahrungen und den Möglichkeiten einer Problemlösung zu finden, die sich in der Form neuer Denkschemata als neue Erfahrungen, Ideen oder Produkte ergeben, dann ist sie das Ergebnis (die Auswirkung) von unterschiedlichen Momenten, die einen Einfluss auf die Kreativität des Erwachsenen und in gleicher Weise auf die Kreativität des Kind haben. Diese Erfahrungsmomente lassen es entweder zu, Kreativität zu entwickeln und umzusetzen oder wirken als Hemmnisse, dass sich keine Kreativität entwickeln kann. Und wenn es um Problemlösungen geht, dann ist damit in keinem Fall nur der Ausschnitt „kreatives Basteln“ oder Ähnliches gemeint.
Kreativität hat mit den üblichen und weit verbreiteten Bastelaktivitäten in Kindertageseinrichtungen nicht das Geringste zu tun!
Bei solchenAktivitäten, die zumeist am Tisch sitzend und mit irgendwelchen Bastelmaterialien bestückt sind, vielleicht sogar noch einer motorischen, sozialen, emotionalen oder kognitiven Zielsetzung zugeordnet wurden, um ‚Lernziele‘ zu erreichen, wird auch noch der Rest an kreativen Möglichkeiten unterdrückt. Noch unprofessioneller wird der Begriff „Kreativität“ dort genutzt, wo es eine „Kreativitätsraum“ gibt!
Kreativität lässt sich nicht auf bestimmte Räume oder Zeiten begrenzen – sie sollte/ muss überall dort zur Wirkung kommen, wo sie gefragt ist: bei einer fantasievollen Sprache, einer Nutzung von Metaphern, beim Philosophieren mit Kindern über „Gott und die Welt“, im sachentfernten Umgang mit vorhandenen Materialien, in einer lebendigen Raumgestaltung, im Umgang mit anderen Menschen, bei Problemlösungen im gesamten Leben, in Notsituationen, in der notwendigen Lösung von dringenden Umweltfragen, bei (sozial)politischen Auseinandersetzungen, bei festgefahrenen Teamkonflikten, in schwierigen und herausfordernden Elterngesprächen, bei einem radikalen Verzicht auf Schablonen‘, die schon festgelegte Muster vorgeben, die einerseits für Einschränkungen der Fantasie sorgen und andererseits ein „richtig und falsch“ festlegen (eine ‚Auswahl an Farben“ darf auch hier nicht einer Kreativität zugeordnet werden!) usw.
In dem Maße, wie Rahmenbedingungen ungünstig sind – für Kinder und Fachkräfte – und in gleicher Weise, wie Erwachsene keine eigene, inneliegende Kreativität mehr besitzen, in dem Verhältnis wurde der Begriff beschnitten und verfälscht. Damit hat er nur noch eine Alibifunktion, die aber grundsätzlich nichts rechtfertigen kann und darf.
Kreativität ist … etwas zu sehen, das es noch nicht gibt. Du musst herausfinden, wie du Ideen verwirklichen kannst, um auf diese Weise ein Spielgefährte Gottes zu sein.
Michele Shea
Eckwerte zum „kreativen Verhalten“
Wer ein wirkliches Interesse an Kindern hat, an ihrer Spontaneität, ihren fantasievollen Gedanken und ihren Möglichkeiten, noch „quer zu denken“, der wird den Schwerpunkt seiner Arbeit auf die Entfaltung kreativer Persönlichkeiten legen, zumal es die Aufgabe einer kreativen Fachkraft ist, Einzigartigkeiten in Kindern zu entdecken, sie zu akzeptieren und Kindern dabei zu helfen, sie zu entwickeln. Kreativität (lateinisch creare: etwas zeugen, gebären, schaffen, erschaffen) ist nur da möglich, wo Fachkräfte „Geburtshelfer“ sind und dieses auch als eine ihrer wesentlichen pädagogischen Aufgaben ansehen. Voraussetzungen zum „Schaffen“ einzuleiten, hemmende Wirklichkeiten zu verändern – diese Anforderungen haben dabei höchste Priorität. Möglichkeiten zum selbstständigen und nicht gruppengebundenen Denken, Toleranz neuen Ideen gegenüber, Probleme zu entdecken, nach neuartigen Lösungen zu suchen und auszuprobieren: darum geht es! Und dabei können Fachkräfte den Kindern immer wieder aufs Neue helfen.
Prof. Rudolf Seitz, ehemaliger Inhaber des Lehrstuhls für Kunsterziehung und Kunstpflege an der Akademie der Bildenden Künste in München, hat in seinem immer noch hochaktuellen Buch >Phantasie & Kreativität< (1998) unter anderem folgende Begriffe zur Kreativität in den Mittelpunkt gestellt:
Kombination von Unvorhersehbarem, Mut zur Auseinandersetzung, Entfaltung, flexibel sein, assoziieren, Mut zum eigenen Ausdruck haben, eine neue Lösung für eine alte Aufgabe finden, nicht den Normen der Gesellschaft unterworfen, ausgelassen sein, Individualität zeigen, Kraft besitzen, sich nicht beeinflussen zu lassen, Neues aus Altem zusammensetzen, Lösungsmöglichkeiten finden, Humor besitzen (ohne die es keine Kreativität gibt), Grenzüberschreitungen vornehmen, um die Ecke denken und tun, scheinbar Diametrales verknüpfen, Offenheit für neue Möglichkeiten zeigen, innere Beweglichkeit besitzen, eine innere Fülle ausleben …
Kinder hören auf, dann kreativ zu sein, wenn die unmittelbare und mittelbare Umwelt nicht auf ihre Mitwirkung, ihre Vorschläge, ihre Ideen reagiert. Probleme von Kindern fernzuhalten oder sie für Kinder zu lösen ist überhaupt nicht zweckmäßig, zumal ein Problem nur dann als ein solches identifiziert wird, wenn Kindern die Möglichkeit für eine Lösung fehlt. Probleme schaffen Frustrationen, und gerade sie fordern zum Handeln und Überlegen heraus.
Und ohne Herausforderung gibt es keine Kreativität im eigenen Leben und dem der Kinder. Augen sind nicht nur zum Sehen, sondern zum Staunen, Schauen und Betrachten da. Ohren sind nicht nur zum Hören, sondern zum aufmerksamen Horchen da. Hände können nicht nur greifen, sondern auch tasten, streicheln, vorsichtig berühren, fühlen und anfassen. Mit dem Mund kann nicht nur gesprochen, getrunken und gegessen werden, sondern er kann mit und über die Lippen spüren, lauthals lachen, weinen, wie ein Rohrspatz schimpfen, tiefsinnig schweigen, aus voller Kehle singen und vieles andere mehr.
Man sollte Kinder lehren, ohne Netz auf einem Seil zu tanzen, bei Nacht allein unter freiem Himmel zu schlafen, in einem Kahn auf das offene Meer hinauszurudern. Man sollte sie lehren, sich Luftschlösser statt Eigenheime zu erträumen, nirgendwo sonst als nur im Leben zu Haus zu sein, und in sich selbst Geborgenheit zu finden.
Hans-Herbert Dreiske
Kreativität bedeutet, aus zwanghaften Regeln auszubrechen, sich von seiner Phantasie dirigieren zu lassen, um erstaunliche Symphonien zu erzielen.
Hedwig M. Staffa
Gedanken …
Aus der Kreativitätsforschung wissen wir, dass kreative Menschen auch immer intelligent sind, intelligente Menschen aber nicht automatisch kreativ. Dort, wo Neugierde, die jeder Mensch in sich trägt, unterdrückt wird, konformes, altbewährtes Denken den Vorrang vor Originalität bekommt, werden Wagnisse gebremst, wird Kreativität blockiert. Resigniert zieht Erika Landau, eine der großen Kreativitätsforscherinnen unserer Zeit, folgendes Resümee: „Am traurigsten jedoch erscheint mir die Folgeerscheinung dieser Erziehung, die sich mit Ansammeln von Wissen begnügt, die darin besteht, dass das Individuum eigentlich für die Vergangenheit vorbereitet wird. Die Mittel, sich kreativ mit den Problemen der Zukunft zu befassen, werden ihm nicht zur Verfügung gestellt. Damit hat Kreativität selbstverständlich auch eine gesellschaftliche Bedeutung: Neue Probleme in der Umwelt, Technik, Forschung bedürfen neuer Lösungen. An der Zukunft partizipieren heißt damit, Kindern ihre eigene kreative Entwicklung erschließen helfen, damit sie auch ihre Zukunft erleben (können) und unsere Zukunft mitgestalten.“
Kreativität wartet nicht auf den perfekten Moment. Sie erschafft aus gewöhnlichen Momenten ihre eigenen perfekten Momente.
Bruce Garrabrandt
Schlusswort
Kreative Menschen – Kinder, Jugendliche und Erwachsene – sind dynamisch und wortgewandt, emotional stabil, unkonventionell und nonkonform, ausdauernd und hartnäckig, haben Vorlieben für Neues und lösen sich bei Bedarf von traditionellen Anschauungen. Wenn dem so ist, dann gibt es zwei Möglichkeiten in der Ausgestaltung der Elementarpädagogik: Entweder die Arbeit in Kindertagesstätten lässt diese Entwicklung zu, weil diese Verhaltensweisen kreativen Kindern zu eigen sind, oder das „Lernziel Kreativität“ verliert vollständig seine Berechtigung, in Konzeptionen aufgeführt zu sein beziehungsweise in Gesprächen mit Kollegen, Kolleginnen und Eltern genannt zu werden.
Erlauben Sie mir, zum Schluss eine kleine Geschichte wiederzugeben getreu dem bekannten Motto: >Der Kopf ist rund, damit das Denken auch einmal die Richtung wechselt<:
Auf einen Kaffee mit Gott – Eine Erlaubnis zum Beten
Zwei Mönche fahren Zug. Der ältere raucht Pfeife und betet. Der jüngere ist empört: „Aber Bruder, wir dürfen doch beim Beten nicht rauchen.“ „Kein Problem“, erwidert dieser gelassen, „ich habe die ausdrückliche Erlaubnis des Bischofs.“ Einige Wochen später sehen sich die beiden wieder. Der junge Mönch ist verärgert: „Was hast du mir da bloß erzählt? Ich habe unseren Bischof gefragt, ob ich beim Beten rauchen darf, und er hat es mir strikt verboten.“ Der ältere lächelt: „Jaaa…, ich habe ihn natürlich gefragt, ob ich beim Rauchen beten darf.“ (Martin Gröschel)
Es gibt für jeden auf der Welt Platz, um kreativ und bewusst zu sein, wenn man seine eigene Person ist. Wenn du versuchst, wie jemand anderes zu sein, dann gibt es das nicht.
Tori Amos
Literaturhinweise:
Busch, Volker: Kopf frei! Wie Sie Klarheit, Konzentration und Kreativität gewinnen. Droemer, 2021
Eagleman, David + Brandt, Anthony: Kreativität. Wie unser Denken die Welt immer wieder neu erschafft. Siedler, 2018
Hillgärtner, Verena: Nature Journaling. Dein Weg zu mehr Kreativität, Naturverbindung und Neugier. Kosmos, 2023
Hutterer, Claudia & Fackler, Isabella (Hrsg.): Die (Wieder-)Entdeckung der eigenen Kreativität. Der selbstbestimmte zwei- und dreidimensionale Ausdruck in der pädagogischen Praxis. Kopaed, 2020
Landau, Erika: Psychologie der Kreativität. Ernst Reinhardt, 1969
Nehls, Michael: Das erschöpfte Gehirn. Der Ursprung unserer mentalen Energie – und warum sie schwindet. Heyne, 2022
Nynke, Helge: Kinderkunst und Kreativität. Praxis und Philosophie. spielen und lernen, c/o Körner Medien UG, 2023
Seitz, Rudolf: Phantasie & Kreativität. Ein Spiel-, Nachdenk- und Anregungsbuch. München 1998
Prof. h.c. Dr. h.c. Armin Krenz, Honorarprofessor für Entwicklungspsychologie und Elementarpädagogik (a.D.)
GEW fordert mindestens 130 Milliarden Euro für Bildung
geschrieben von Redakteur | März 12, 2025
Gewerkschaft zur Einigung von CDU/CSU und SPD auf ein Sondervermögen Infrastruktur, das auch Mittel für Bildungs-, Betreuungs- und Wissenschaftsinfrastruktur enthalten soll
Maike Finnern, Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), fordert mit Blick auf die Einigung von CDU/CSU und SPD, ein Sondervermögen Infrastruktur in Höhe von voraussichtlich 500 Milliarden Euro für zehn Jahre in den Bundestag einzubringen, klare finanzielle Zusagen für den Bildungsbereich. „Das deutsche Bildungssystem gleicht einer Großbaustelle. Die Aufgaben sind gewaltig“, mahnte Finnern. „Jetzt müssen Union und SPD mindestens 130 Milliarden Euro aus dem Sondervermögen Infrastruktur für die Bildung fest zusichern, um unter anderem den massiven Investitionsstau im Bildungswesen wirksam zu bekämpfen“.
Bildung ist der Schlüssel zu einer gerechten Gesellschaft
Diese Summe sei notwendig, um die bestehenden Missstände zu beheben und für die Zukunft gut aufgestellt zu sein. „Wir stehen an einem Wendepunkt: Bildung ist der Schlüssel zu einer gerechten und inklusiven Gesellschaft. Wir müssen jetzt handeln“, so die GEW-Vorsitzende. „Um die Qualität und Ausstattung von Kitas, Schulen, Hochschulen und der Weiterbildung zu verbessern, fordert die GEW seit Jahren ein Sondervermögen. Es ist richtig und wichtig, dies jetzt politisch möglich zu machen,“ sagte Finnern.
Der Ungleichheit in der Gesellschaft endlich besser entgegenwirken
Damit das Bildungssystem der Ungleichheit in der Gesellschaft endlich besser entgegenwirken kann, schlug Finnern ein Bündel von Maßnahmen vor: „Der Ganztag muss im großen Stil ausgebaut, das Startchancenprogramm zur Unterstützung benachteiligter Schulen verstetigt und die Digitalisierung endlich konsequent vorangetrieben werden“, forderte Finnern. Zudem brauche es verbindliche Standards in einem echten Kita-Qualitätsgesetz sowie eine BAföG-Reform mit deutlicher Erhöhung und gute Arbeitsbedingungen in der Wissenschaft. Auch der Pakt für berufsbildende Schulen müsse mit Geld hinterlegt werden. Das alles sei aber nur umsetzbar, wenn sich Bund und Länder endlich gemeinsam dem dramatischen Fachkräftemangel, vor allem in Kitas und Schulen, entgegenstellten.
Zum Hintergrund
CDU, CSU und SPD haben sich in Sondierungsgesprächen darauf geeinigt, noch vor der Konstituierung des 21. Bundestages ein „Sondervermögen Bund/Länder/Kommunen“ in Höhe von 500 Milliarden Euro zu schaffen, das auch Mittel für die „Bildungs-, Betreuungs- und Wissenschaftsinfrastruktur“ enthalten soll.
Quelle: Pressemitteilung GEW
Kinderrechte in der Ganztagsschule – Lernangebot von Seitenstark und DKHW
geschrieben von Redakteur | März 12, 2025
Das Thema Kinderrechte gehört ganz nach oben auf die politische Agenda
Dabei ist die Ganztagsgrundschule der ideale Bildungsort, in dem sich Kinder aktiv mit dem Thema auseinandersetzen können. Im KUCOBINA-Projekt arbeitet Seitenstark mit dem Deutschen Kinder-hilfswerk (DKHW) zusammen. Als Ergebnis ist ein digitales Lernangebot für pädagogische Fach- und Lehrkräfte entstanden, das am 11. März 2025 in der KUCOBINA-Abschlussveranstaltung vorgestellt wird.
KUCOBINA steht für: „Kuratierter Content für Bildungsangebote im Ganztag“. Das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderte Verbundprojekt setzen der Seitenstark e. V. und die Technische Hochschule Köln gemeinsam um. Das DKHW stellt für das Vorhaben Inhalte seiner Kinderseite www.kindersache.de zum Thema Kinderrechte und Demokratiebildung zur Verfügung. Daraus ist im Rahmen des Projekts nun ein digitales Lernangebot entstanden.
Das DKHW engagiert sich seit über 20 Jahren im Seitenstark-Netzwerk mit hochwertigen Angeboten für Kinder im Internet und für die Umsetzung von Kinderrechten im digitalen Bereich.
„Kinderrechte gelten auch im digitalen Raum. Dabei geht es aber nicht nur um Schutz und Bildung, sondern vor allem auch um das Recht von Kindern auf altersgerechte, qualitätsvolle Angebote! Genau dafür steht das KUCOBINA-Projekt von Seitenstark e.V., das wir mit unserer Kinderseite www.kindersache.de gerne unterstützen. Denn Kinder brauchen heute jenseits kommerziell ausgerichteter Medienangebote Chancen und Möglichkeiten, um den digitalen Raum mitzugestalten, mitzuerleben und ebendiese digitale Medienwelt sicher zu entdecken. Dafür braucht es eine Vielfalt guter Inhalte und kindgerechte Zugänge auch im Internet “, sagt Kai Hanke, Geschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes.
„Die Gestaltung qualitativ hochwertiger digitaler Bildungsangebote für Kinder ist eines der wichtigsten Anliegen unseres Vereins“, erklärt Seitenstark-Geschäftsführerin Helga Kleinen. „Wir freuen uns sehr über die Zusammenarbeit mit dem Deutschen Kinderhilfswerk. Im KUCOBINA-Projekt haben wir gemeinsam mit den Kinderseiten in unserem Netzwerk ganztagsrelevante Themen für Kinder didaktisch aufbereitet, sodass pädagogische Fach- und Lehrkräfte sie zielgerichtet in der Praxis einsetzen und Kinder mit Spaß lernen können.“
Einladung zur Online-Abschlussveranstaltung
Die Präsentation ausgewählter Lernangebote findet am 11. März 2025 im Rahmen der KUCOBINA-Abschlussveranstaltung statt. Das Grußwort spricht Stefan Angermüller (stellv. Referatsleiter Projektgruppe „Nationaler Digitaler Bildungsraum“, BMBF), Silke Müller (Schulleiterin, Digitalbotschafterin des Landes Niedersachsen, Buchautorin) führt mit einer Keynote ins Thema ein. Die Veranstaltung findet Online als Zoom-Videokonferenz statt.
Pädagogische Naturerlebnisse für Kinder & Jugendliche
geschrieben von Redakteur | März 12, 2025
Natur-Resilienz-Trainer*in® für Kinder & Jugendliche
Unsere Ausbildung vermittelt praxisnahe Tools zur Stärkung der seelischen Widerstandskraft und gesunden Entwicklung von Kindern und Jugendlichen. Die Natur unterstützt ganzheitlich die Förderung von Selbstwirksamkeit, sozialer Kompetenz und Stressbewältigung. Gemeinsam erarbeiten wir basierend auf evaluierten Studien Ihr individuelles Resilienzkonzept für Kita, Schule & Freizeit:
✅ Vorteile:
Kompakte, praxisorientierte Ausbildung mit umfangreichem Skript
Möglichkeit zur Nutzung des ZPP-zertifizierten Konzepts der DAWG
Qualitätsgeprüft durch den Gütesiegelverbund für Weiterbildungen
Zugang zum Waldbaden-Netzwerk mit Webinaren & Events
Diese Ausbildung eignet sich besonders für Erzieherinnen, Pädagoginnen, Sozialarbeiter*innen & alle, die mit Kindern arbeiten. Ergänzend gibt es das Aufbaumodul Natur-Resilienz Advanced & die Ausbildung zum Natur-Resilienz-Coach.
🌿 Ziel: Lernen Sie, den „grünen Seminarraum“ gezielt einzusetzen und Kindern mehr Belastbarkeit, Selbstbewusstsein & Lebensfreude zu vermitteln.
Kursleiter*in für Waldbaden mit Kindern & Jugendlichen
Kinder erleben Waldbaden spielerisch – ohne Druck, aber mit großer Wirkung: Es stärkt Konzentration, Selbstwahrnehmung und Stressbewältigung. Unsere praxisorientierte Ausbildung vermittelt theoretische Grundlagen und praktische Übungen, um Kindergruppen professionell anzuleiten.
✅ Inhalte:
Achtsamkeits- & Wahrnehmungsübungen
Waldbaden für Kinder mit Stresssymptomen
Meditation, Atem- & Bewegungsübungen
Naturschutz beim Waldbaden
✅ Ablauf & Vorteile:
6-tägiges Präsenzseminar mit Prüfung & Lehrprobe
Zertifizierung durch DAWG & Gütesiegelverbund
Möglichkeit zur ZPP-Nutzung für eigene Angebote
Zugang zum Waldbaden-Netzwerk für Austausch & Sichtbarkeit
Ziel: Die Ausbildung qualifiziert zur Leitung von Waldbaden-Angeboten in Kitas, Schulen & Betreuungseinrichtungen. Ideal für Pädagoginnen, Erzieherinnen & Entspannungspädagogen.
Die Wald-Entdecker Karten – Das Suchspiel für kleine und große Abenteurer.
Wer verspielt ist und spielt, kann Probleme besser lösen
geschrieben von Redakteur | März 12, 2025
Resilienz und Wohlbefinden stellen sich laut Forschern der Oregon State University eher ein
Erwachsene mit einem hohen Grad an Verspieltheit verfügten während der COVID-19-Pandemie über eine größere Resilienz, wie Forscher*innen der Oregon State University herausgefunden haben. Forschungsleiterin Wissenschaftlerin Xiangyou (Sharon) Shen zufolge ist Verspieltheit gerade in schwierigen Zeiten eine entscheidende, aber unterschätzte Ressource für den Aufbau von Resilienz und die Aufrechterhaltung des Wohlbefindens. Zudem handle es sich dabei um eine Ressource, die die Menschen selbst kultivieren können.
Mehr Optimismus
Die Wissenschaftler haben 500 Teilnehmer der „Adult Playfulness Trait Scale“ untersucht. Jene, die besser abgeschnitten hatten, schätzten die Lage zwar ähnlich ein, waren in Hinblick auf die Zukunft jedoch optimistischer eingestellt und beim Lösen von Problemen kreativer. Diesen Personen gelang es auch, ihrem Alltag eine Qualität und Spaß zu verleihen.
„Sie veränderten herausfordernde Situationen aktiv, fanden kreative Alternativen und sahen Probleme als Möglichkeit für ein Wachstum an und behielten dabei ein starkes Gefühl der Kontrolle“, unterstreicht Shen. Im Prinzip gehe es darum, aus Zitronen Limonade zu machen. Entscheidend sei, dass verspielte Menschen die Welt nicht durch eine rosarote Brille sähen. Vielmehr würden sie Probleme besser erkennen und dabei realistisch sein.
Es muss eine praxisorientierte Revolution stattfinden, indem einer wirtschaftlich und funktional gestalteten Elementarpädagogik die „Rote Karte“ gezeigt und erneut Kinder und ihre Entwicklungsbedürfnisse in das Zentrum der Pädagogik gerückt wird. Das gelingt nur mit einer aktiven, lebendigen, authentisch gestalteten SPIELPÄDAGOGIK und spielfreudigen kindheitspädagogischen Fachkräften.
Bisher war die Wissenschaft davon ausgegangen, dass spielerische Menschen Situationen umdeuten, um sie angenehmer zu machen. Unklar war bisher jedoch, was diese Umdeutung genau ist und wie sie funktioniert. Shen kommt jetzt zu dem Schluss, dass Verspieltheit die Wirklichkeit nicht verzerrt, sondern sie verbessert. Die Forschungsergebnisse sind in „Frontiers in Psychology“ nachzulesen.
Moritz Bergmann/pressetext.redaktion
Aktionsbündnis fordert: Kinderrechte gehören endlich ins Grundgesetz!
geschrieben von Redakteur | März 12, 2025
Verfassungsrechtlichen Verankerung der Kinderrechte im Sinne der UN-Kinderrechtskonvention
Das Aktionsbündnis „Kinderrechte ins Grundgesetz“ plädiert im Vorfeld der Bundestagwahl noch einmal nachdrücklich für die Verankerung der Kinderrechte im Grundgesetz. Mit einer solchen verfassungsrechtlichen Verankerung der Kinderrechte im Sinne der UN-Kinderrechtskonvention besteht die große Chance, dass Kinderrechte stärker als bisher zu einem Kompass für politisches Handeln werden. Langfristig wird damit eine tragfähige Grundlage für ein kinder- und familienfreundlicheres Land geschaffen. Kinder in Deutschland können so besser geschützt sowie Staat und Gesellschaft stärker in die Verantwortung für das Kindeswohl genommen werden. Gerade in Krisenzeiten wird deutlich, dass die Interessen von Kindern und Jugendlichen ansonsten nicht ausreichend Berücksichtigung finden. Kinderrechte im Grundgesetz stärken die Rechte der Eltern zum Wohle ihrer Kinder und die Interessen von Familien in unserer alternden Gesellschaft. Die Beteiligung der jungen Generation stärkt unsere Demokratie.
Das Aktionsbündnis „Kinderrechte ins Grundgesetz“ weiß mit seiner Forderung eine große Mehrheit der Bevölkerung in Deutschland hinter sich. In einer vor kurzem veröffentlichten repräsentativen Forsa-Umfrage für das Deutsche Kinderhilfswerk hatten 73 Prozent der Befragten die Verankerung der Kinderrechte im Grundgesetz als wichtige Aufgabe für die nächste Bundesregierung gesehen.
Prof. Dr. Sabine Andresen, Präsidentin des Kinderschutzbundes:
„Kinder haben Rechte – und die müssen endlich im Grundgesetz verankert werden. Wir rufen alle Parteien dazu auf, sich im Bundestagswahlkampf klar für die Aufnahme der Kinderrechte einzusetzen. Nur so stellen wir sicher, dass das Wohl von Kindern bei politischen Entscheidungen wirklich im Mittelpunkt steht und sie den Schutz und die Förderung bekommen, die sie brauchen.“
Thomas Krüger, Präsident des Deutschen Kinderhilfswerkes:
„Die Interessen der Kinder und Jugendlichen dürfen auch im Hinblick auf eine zukunftsfähige Gesellschaft nicht außer Acht gelassen werden. Deshalb braucht es im Grundgesetz einen eigenen Artikel für die Kinderrechte, die unabhängig von den Elternrechten und ohne mit ihnen in Konflikt zu geraten gegenüber dem Staat gelten. Besondere Bedeutung kommt dabei dem Kinderrecht auf Beteiligung zu. Die Beteiligung von Kindern ist ein zentraler Wert einer demokratischen Gesellschaft. Das muss auch im Grundgesetz klar zum Ausdruck kommen.“
Georg Graf Waldersee, Vorsitzender UNICEF Deutschland:
„Die Verankerung von Kinderrechten im Grundgesetz ist ein wichtiger Baustein für eine zukunftsorientierte Politik. Damit würde die Mitsprache von Kindern und Jugendlichen gewährleistet und ihre Anliegen in politischen Entscheidungen gehört. Investitionen in ihr Recht auf Schutz, Bildung und Gesundheit sind zugleich Investitionen in die Stabilität und Zukunftsfähigkeit unserer Gesellschaft.“
Sabine Walper, Präsidentin der Deutschen Liga für das Kind:
„Noch immer leben zu viele Kinder in Deutschland in Armut und zu viele müssen Diskriminierung, Gewalt oder Vernachlässigung erleiden. Nach wie vor hängen die Bildungschancen eines Kindes und ein gesundes Aufwachsen zu stark von seiner sozialen Herkunft ab. Die Aufnahme der Kinderrechte ins Grundgesetz wären ein wichtiger Schritt, um die Folgen sozialer Ungleichheiten endlich abzubauen, denn jedes Kind hat das Recht auf einen angemessenen Lebensstandard, auf das erreichbare Höchstmaß an Gesundheit und auf volle Entfaltung seiner Begabungen und Fähigkeiten, zuhause und in den Bildungseinrichtungen, und zwar von Anfang an.“
Seit 1994 setzt sich das Aktionsbündnis Kinderrechte (Deutsches Kinderhilfswerk, Der Kinderschutzbund, UNICEF Deutschland in Kooperation mit der Deutschen Liga für das Kind) für die vollständige Umsetzung der Kinderrechte in Deutschland und die Aufnahme der Kinderrechte ins Grundgesetz ein. Der vom Aktionsbündnis Kinderrechte initiierte Appell „Kinderrechte ins Grundgesetz – aber richtig!“ wurde im Jahre 2021 von mehr als 100 Organisationen aus der Kinder- und Jugendhilfe, Medizin, Pädagogik und anderen Bereichen unterstützt.
Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk / Der Kinderschutzbund / UNICEF Deutschland / Deutsche Liga für das Kind