Eltern prägen das wissenschaftliche Denken ihrer Kinder

Studie der Universät Vechta weist erstmals langfristigen Einfluss außerhalb der Schule nach

Die Förderung des wissenschaftlichen Denkens von Kindern wurde bislang vor allem den Bildungseinrichtungen zugeschrieben. Jetzt zeigt eine Studie erstmals, wie stark Eltern das wissenschaftliche Denken ihrer Kinder beeinflussen.

Federführender Autor der Studie ist Christopher Osterhaus, Juniorprofessor für Entwicklungspsychologie im Handlungsfeld Schule an der Universität Vechta. Er spricht von wegweisenden Ergebnissen zur Denkfähigkeit von Grundschulkindern, die hilfreich für die Bildung in und außerhalb der Schule seien. Die Studie ist in der renommierten Zeitschrift Developmental Science erschienen.

Wissenschaftliches Denken entscheidend für moderne Gesellschaft

Beim wissenschaftlichen Denken geht es um spezielle Herangehensweisen: wenn Kinder beispielsweise experimentieren, Daten interpretieren oder wissenschaftliche Fragen beantworten. Die Kompetenz, auf diese Weise Probleme zu betrachten, wird in der modernen Gesellschaft mit globalen Herausforderungen immer wichtiger.

„Während bestimmte Kinder allerdings schon früh geschickt darin sind, sinnvolle Experimente durchzuführen, Muster in Daten zu deuten oder wissenschaftliche Fragen zu erkennen, offenbaren andere Kinder ein begrenztes Verständnis in diesen Bereichen. Wir wollten herausfinden, warum das so ist“, erläutert Christopher Osterhaus seine Arbeit.

Überzeugungen der Eltern haben nachhaltige Wirkung

Über den langen Zeitraum von fünf Jahren wurden dazu 161 Grundschulkinder im Alter von sechs bis zehn Jahren untersucht. Jährlich testeten die Forschenden die Kinder auf ihre wissenschaftlichen Denkfähigkeiten sowie ihre Sprachkompetenz und Intelligenz. Gleichzeitig erfassten sie zentrale Merkmale der Familien, wie das Bildungsniveau der Erziehungsberechtigten, ihren sozioökonomischen Status sowie relevante Überzeugungen und Einstellungen. Dabei stellte sich heraus, dass die Vorstellungen der Eltern über Wissen – was sie beispielsweise von Wissenschaft halten und was ein Mensch ihrer Meinung nach überhaupt wissen kann – sich darauf auswirken, wie gut ihre Kinder wissenschaftlich denken.

Dabei ließ sich sogar dann noch belegen, dass die elterlichen Überzeugungen einen Einfluss hatten, wenn die Bildung der Eltern und die kognitiven Fähigkeiten der Kinder berücksichtigt wurden.

Schule gleicht Elternhaus weniger aus als gedacht

„Was uns wirklich überrascht hat“, so Osterhaus, „war die langanhaltende Wirkung der elterlichen Einstellungen. Kinder, deren Eltern ein Verständnis davon hatten, dass sich Wissen ändern kann und dass es abhängig ist von sozialen und kulturellen Bedingungen, waren nicht nur vor Eintritt in die Schule besser, sondern zeigten über den gesamten Zeitraum der Studie eine bessere Entwicklung beim wissenschaftlichen Denken im Vergleich zu ihren Altersgenossen aus Familien mit weniger unterstützenden Einstellungen.“

Dies deute darauf hin, dass die Schule nicht in dem Maße ausgleichend zum Elternhaus wirkt, wie allgemein angenommen wird. „Die Effekte der elterlichen Einstellungen auf das wissenschaftliche Denken werden durch schulische Einflüsse nicht vollständig ausgeglichen.“

Förderprogramme und Bildung zuhause verbessern

Osterhaus unterstreicht die Bedeutung der Ergebnisse für Eltern und Erziehungsberechtigte. Die Studie zeige deutlich, dass es nicht allein darum gehe, was Kinder in der Schule lernen. Ein unterstützendes Umfeld könnte so besonders beim wissenschaftlichen Denken entscheidend sein, indem es das wissenschaftliche Entdecken zu Hause fördert und somit die wissenschaftlichen Denkfähigkeiten der Kinder erheblich stärkt. Je bewusster sich Eltern und Betreuende über ihren jeweiligen Einfluss seien, umso besser könnten sie aktiv zur Entwicklung ihres Kindes beitragen.

„Wir möchten mit unserer Forschung Gespräche über den Wert eines unterstützenden Umfelds für die forschende Haltung von Kindern zu Hause anregen“, so Osterhaus. „Dieser Dialog kann Eltern dazu befähigen, eine aktivere Rolle bei der Förderung der Neugier, des kritischen Denkens und der Problemlösungsfähigkeiten ihrer Kinder zu spielen, was letztendlich eine solide Grundlage für lebenslanges Lernen und Erfolg im 21. Jahrhundert schafft.“

Langfristig ziele diese Forschung darauf ab, Bildungspraktiken und Förderprogramme zu optimieren, die die wissenschaftlichen Denkfähigkeiten von Kindern stärken sollen. Die Forschenden weisen darauf hin, dass die Studie auf Kinder in Deutschland ausgerichtet sei. Das könne bedeuten, dass die Ergebnisse nicht ohne Weiteres auf andere kulturelle und sozioökonomische Kontexte übertragbar seien. Um diese Frage zu klären, plant Osterhaus in Zusammenarbeit mit der Universität Kagoshima, einer Partnerinstitution der Universität Vechta, bereits eine Studie mit japanischen Grundschulkindern. Ziel ist es herauszufinden, ob ähnliche Ergebnisse auch in anderen kulturellen Umgebungen auftreten.

Timo Fuchs, Universität Vechta




Ob Kinder lügen, hängt vom Erziehungsstil und sozialen Umfeld ab

Monitoringprogramm der Universität Würzburg offenbart den Hang zur Unwahrheit

Jeder Mensch lügt – der eine mehr, der andere weniger. Das ist bei Kindern nicht anders. Welchen Einfluss das Elternhaus und die Erziehung dabei ausüben, hat ein internationales Team von Wirtschaftswissenschaftlern jetzt untersucht.

Die zentralen Ergebnisse: Kinder aus Haushalten mit hohem sozioökonomischem Status sind ehrlicher, verglichen mit Kindern, die unter eher prekären Bedingungen aufwachsen. Auch ein verständnisvoller Erziehungsstil und ein hohes Maß an Vertrauen stehen in Verbindung mit Ehrlichkeit. In Stein gemeißelt ist die Lust zum Lügen jedoch nicht. Die Teilnahme an einem speziellen Mentoring-Programm zieht ein höheres Maß an Ehrlichkeit nach sich – und das auch noch viele Jahre nach Ende des Programms.

Verantwortlich für diese Studie sind die Wirtschaftswissenschaftler Fabian Kosse (Universität Würzburg), Johannes Abeler (University of Oxford) und Armin Falk (Universität Bonn). Die Ergebnisse ihrer Untersuchungen haben sie in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift The Economic Journal veröffentlicht.

Ein Würfelexperiment bringt die Wahrheit ans Licht

„Wir sind der Frage nachgegangen, welche Faktoren bei Jugendlichen Präferenzen für Ehrlichkeit bestimmen und inwieweit diese Präferenzen veränderbar sind“, beschreibt Fabian Kosse den Ansatz der Studie. Die Ehrlichkeit überprüft haben die Forscher mit einem denkbar einfachen Experiment. Dabei sollten die Kinder würfeln und vor ihrem Wurf die Zahl vorhersagen, die der Würfel anzeigen wird. Stimmten Vorhersage und Ergebnis überein, erhielten sie einen kleinen Geldbetrag. Der Clou daran: Die Kinder waren beim Würfeln unbeobachtet und niemand konnte überprüfen, ob ihre Vorhersage stimmte oder nicht. Sie konnten also sicher sein, dass eine Lüge nicht aufgedeckt werden würde.

Der Rest ist Statistik: „Wenn alle die Wahrheit sagen, müssten der Wahrscheinlichkeit nach ein Sechstel der Teilnehmer, also etwa 16,7 Prozent, eine zutreffende Vorhersage angeben“, sagt Johannes Abeler. Tatsächlich behaupteten aber insgesamt mehr als 60 Prozent, dass Vorhersage und Würfelergebnis übereinstimmen würden. Das wiederum bedeutet, dass ein großer Teil der Kinder gelogen haben muss.

Unterschiede im Ausmaß der „Lügenbereitschaft“ wurden sichtbar, als die Wissenschaftler einen Blick auf den sozialen Hintergrund der Kinder warfen. „Unsere Auswertungen zeigen deutlich, dass Kinder aus reicheren Haushalten ehrlicher sind. Darüber hinaus finden wir ein höheres Maß an Ehrlichkeit bei Kindern, die einen wärmeren Erziehungsstil und ein höheres Maß an Vertrauen in ihrem familiären Umfeld erfahren“, erklärt Abeler.

Daten von mehr als 700 Familien

Für ihre Untersuchung konnten die Wissenschaftler auf die Daten von Haushalten aus Köln und Bonn zurückgreifen. 2011 hatten sie Familien mit Kindern, die zwischen September 2002 und August 2004 geboren worden waren, zur Teilnahme an einer Studie eingeladen. Mehr als 700 Familien hatten, daraufhin Ende 2011 an einer ersten Befragungswelle teilgenommen und Auskunft gegeben über ihr Einkommen, ihren Bildungsstand und zu der Frage, ob beide Elternteile im selben Haushalt lebten. Begleitend dazu wurden der Erziehungsstil und das Verhalten von Kindern und Eltern erfasst.

Zu dem Mentoring-Programm eingeladen wurden anschließend nach dem Zufallsprinzip 212 Kinder aus sozial schwachen oder bildungsfernen Familien – also Haushalten mit einem geringen Einkommen, in denen kein Elternteil über einen Schulabschluss verfügte, der zum Hochschulstudium berechtigt, oder in denen ein Elternteil alleinerziehend war. 378 Kinder, die unter vergleichbaren Bedingungen aufwuchsen, nahmen nicht an dem Programm teil und bildeten damit die Kontrollgruppe.


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„Im Rahmen des Mentoring-Programms „Balu und Du“ verbringen ehrenamtliche Mentoren über den Zeitraum von etwa einem Jahr hinweg einen Nachmittag pro Woche mit den Kindern und unternehmen gemeinsam sozialen Aktivitäten wie Kochen, Fußballspielen oder Basteln“, erklärt Armin Falk das Angebot für die 212 Kinder. Das Programm ziele darauf ab, den Horizont eines Kindes durch soziale Interaktionen mit einer neuen Bezugsperson zu erweitern und ihm ein warmes und vertrauensvolles Umfeld zu bieten – ein wichtiger Faktor für die Entwicklung von Ehrlichkeit, da Kinder auf diesem Weg die Erfahrung machen können, dass es langfristig von Vorteil ist, die Wahrheit zu sagen.

Ein Unterschied wie zwischen Mädchen und Jungen

Ihre Vermutung fanden die Wissenschaftler in den Ergebnissen ihrer Studie bestätigt: „Kinder, die am Mentorenprogramm teilgenommen hatten, waren im Gesamtergebnis ehrlicher“, erklärt Fabian Kosse. Während in der Kontrollgruppe 58 Prozent schummelten, waren es in der Behandlungsgruppe nur 44 Prozent. „Dies ist ein großer Effekt. Er ist ähnlich groß wie der Unterschied zwischen Mädchen und Jungen“, so Kosse.

Dieser Effekt spricht nach Ansicht der Forscher für den Erfolg des Mentoring-Programms. Da die Studie gut vier Jahre, nachdem die Kinder an dem Programm teilgenommen hatten, durchgeführt wurde, sei dies auch ein Beleg für eine langfristige und anhaltende Verhaltensänderung. Insgesamt zeige die Studie, dass Präferenzen für Ehrlichkeit tatsächlich veränderbar sind und dass sie durch geeignete Maßnahmen verändert werden können. Frühkindliche Interventionen können also nicht nur die Leistungen eines Kindes verbessern, sondern auch deren soziales und moralisches Verhalten beeinflussen.

Originalpublikation:

Malleability of preferences for honesty. Johannes Abeler, Armin Falk, and Fabian Kosse. The Economic Journal, https://doi.org/10.1093/ej/ueae044

Gunnar Bartsch, Julius-Maximilians-Universität Würzburg




Bundesrat fordert Mutterschutz auch bei Fehlgeburten

Ungleichbehandlung zwischen Totgeburt und Fehlgeburt soll ein Ende haben

Mit einer Entschließung fordert der Bundesrat die Bundesregierung auf, für Betroffene von Fehlgeburten Schutzfristen im Sinne des Mutterschutzgesetzes einzuführen. Die Entschließung geht auf eine Initiative des Saarlands, Niedersachsen und Hamburg zurück.

Gestaffelter Schutz

Der Bundesrat spricht sich für einen freiwilligen Anspruch aus, um den individuellen Umständen und Bedürfnissen der Betroffenen gerecht zu werden. Der Mutterschutz bei Fehlgeburten solle deutlich vor der 20. Schwangerschaftswoche beginnen und sich gestaffelt entsprechend der Schwangerschaftsdauer verlängern.

Bisherige Rechtslage

Bisher wird beim Mutterschutz zwischen Fehl- und Totgeburt unterschieden. Um eine Totgeburt handelt es sich, wenn das Gewicht des Kindes mindestens 500 Gramm beträgt oder die 24. Schwangerschaftswoche erreicht wurde. In diesem Fällen hat die Mutter ein Anrecht auf 18 Wochen Mutterschutz und Mutterschaftsgeld. Stirbt der Embryo hingegen vorher und wiegt unter 500 Gramm, wird von einer Fehlgeburt gesprochen. In diesen Fällen besteht bisher kein Anspruch auf Mutterschutz.


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Kritik an Ungleichbehandlung zwischen Totgeburt und Fehlgeburt

Die aktuelle Rechtslage führe zu einer nicht gerechtfertigten Ungleichbehandlung von Betroffenen einer Tot- und einer Fehlgeburt, heißt es in der Begründung des Bundesrates. Nach etwa der 20 Schwangerschaftswoche seien die Embryos bereits so weit entwickelt, dass entbunden werde müsse und Schwangere einen Geburtsvorgang erlebten. Für eine Reform des Mutterschutzes sprächen neben der Gleichbehandlung psychologische Aspekte, da eine Fehlgeburt oft eine traumatische Erfahrung darstelle.

Körperliche Regeneration

Ein angemessener Mutterschutz könne zudem sicherstellen, dass sich Betroffene erholen und so mögliche gesundheitliche Komplikationen vermieden werden. Bisher bliebe ihnen nur die ärztliche Krankschreibung. Durch eine Erweiterung des Mutterschutzes könne daher vermieden werden, dass sich Frauen nach einer Fehlgeburt unnötigen Belastungen am Arbeitsplatz aussetzten. Bei Mutterschutz, der zeitlich über eine Krankschreibung hinausginge, entfiele das Abrutschen in den Krankengeldbezug.

Wie es weitergeht

Die Entschließung wurde an die Bundesregierung weitergeleitet. Diese kann entscheiden, ob und wann sie sich der Forderung annimmt. Gesetzliche Fristen dafür gibt es nicht.

Quelle: Plenarsitzung des Bundesrates am 05.07.2024




Es fehlt weiter an Betreuungsplätzen und Betreuungszeiten

Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB): Ganztagsbetreuung von Kita-Kindern nicht bedarfsgerecht

Wie das Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB) berechnet hat, besteht bei 29 Prozent aller Familien mit Kindern unter drei Jahren ein zusätzlicher Betreuungsbedarf von mindestens fünf Wochenstunden. Bei Familien mit Kindern über drei Jahren wünschen sich sogar 37 Prozent eine längere Betreuung. Diese fehlende Passung hat nach Ansicht der Studie gesellschaftliche Folgen – für Kinder, für Eltern und letztlich für den Arbeitsmarkt. Die Autorinnen empfehlen deshalb, die Öffnungszeiten stärker an den Bedarfen der Familien zu orientieren, gerade auch wegen des Fachkräftemangels in Deutschland.

„Mismatch“ zwischen Angebot und Nachfrage

Die Untersuchung, die kürzlich veröffentlicht wurde, zeigt auf Datenbasis der DJI-Kinderbetreuungsstudie (KiBS), dass es bei ganztägigen Betreuungsangeboten einen beträchtlichen Mismatch zwischen Angebot und Nachfrage gibt. „Unter den derzeitigen Bedingungen finden viele Eltern keinen Bildungs- und Betreuungsplatz für ihr Kind, der ihren gewünschten Anforderungen entspricht“, fasst Prof. C. Katharina Spieß, Direktorin am BiB und Mitautorin der Studie, die Ergebnisse zusammen. So gaben im Jahr 2019 knapp 50 Prozent der Eltern von betreuten Kindern unter drei an, dass die Öffnungszeiten ein wesentlicher Grund für die Wahl der aufgesuchten KiTa waren. Bei den über Dreijährigen lagen sie mit 43 Prozent ebenfalls weit vor vielen anderen Kriterien. „Eine bessere Passung der Angebote an die Bedarfe der Eltern ist notwendig“, resümiert Spieß. „Dies betrifft die Schließung von Betreuungslücken beispielsweise über die Mittagszeit oder bei langen Schließzeiten der Einrichtungen im Sommer.“

Ganztagsbetreuung fördert Teilhabe der Eltern am Arbeitsmarkt

Ungedeckte Betreuungsbedarfe der Eltern können sich zudem unmittelbar auf den Arbeitsmarkt auswirken. „Unsere Forschungsergebnisse zeigen, dass die Bereitstellung ganztägiger Betreuungsangebote die Erwerbstätigkeit und den Erwerbsumfang von Müttern positiv beeinflussen kann“, weiß Spieß. Die Folge: Eine steigende Teilhabe von Müttern auf dem Arbeitsmarkt trägt zu einem steigenden Einkommen und einem erhöhten Rentenniveau bei, gleichzeitig reduziert sich die Gefahr, auf Sozialtransfers angewiesen zu sein. „Eltern benötigen flexiblere und längere Öffnungszeiten, um insbesondere Müttern den Zugang zum Arbeitsmarkt zu erleichtern. Auch Fachkräfte aus dem Ausland legen Wert auf eine gute Kita-Infrastruktur vor Ort.“
Bundesweite Standards wären hilfreich

Wie aus der Studie weiter hervorgeht, gehen die in den Bundesländern geltenden Regelungen für ein bedarfsorientiertes Angebot stark auseinander. Dementsprechend gibt es regional erhebliche Unterschiede zwischen tatsächlichen, gewünschten und vertraglich vereinbarten Betreuungszeiten. Auch abweichende gesetzliche Regelungen, was den Betreuungsumfang angeht für unter bzw. über dreijährige, Kinder sind kontraproduktiv. Die Untersuchung empfiehlt deshalb, die für den U3-Bereich geltende „Bedarfsorientierung“ auf Kinder bis zum Schuleintritt auszudehnen und gesetzlich zu verankern. „Um allen Kindern in Deutschland vom ersten Lebensjahr bis zur Einschulung und allen Eltern ein bedarfsorientiertes Angebot in der Kindertagesbetreuung bereitzustellen, bedarf es bundesweiter Standards“, meint Spieß. Dies könne dazu beitragen, die Teilhabemöglichkeiten von allen Kindern zu sichern – und Eltern die Vereinbarkeit zwischen Familie mit dem Job zu erleichtern.

Originalpublikation:

Schmitz, Sophia; Spieß, C. Katharina; Jessen, Jonas; Diabaté, Sabine (2023): Bundesweite Standards für bedarfsgerechte Angebote, insbesondere Ganztagsangebote, in der Kindertagesbetreuung für Kinder bis zum Schuleintritt.
Abrufbar unter diesem Link:
https://www.fruehe-chancen.de/fileadmin/user_upload/PDF-Dateien/AG_Frühe_Bildung…




Warum Kinder in Anwesenheit ihrer Eltern mutiger sind

Neue Studie über die Auswirkungen der Anwesenheit von Eltern auf die Reaktionen des Gehirns ihrer Kinder

Um gut durchs Leben zu kommen, müssen wir lernen, was sicher und was gefährlich ist. Eltern spielen dabei eine wichtige Rolle. Sie helfen ihren Kindern, mit Angst umzugehen und neue, möglicherweise beängstigende Dinge auszuprobieren. Studien an Tieren haben bereits bewiesen, dass die Anwesenheit der Eltern ihre Kinder darin unterstützt, besser mit Angst umgehen zu können. Die zeigt sich vor allem in zwei Bereichen des Gehirns:

  1. Amygdala oder Mandelkern: Sie ist Teil des limbischen Systems und spielt eine wichtige Rolle bei der emotionalen Beurteilung und Wiedererkennung von Situationen sowie bei der Gefahrenanalyse. Sie ist so etwas wie unser emotionales Gedächtnis.
  2. Medialer präfrontaler Cortex (mPFC): Er ist ein Teil des Fontallappens und damit der Gehirnrinde. Dieser Teil hilft, unsere Gefühle und Reaktionen zu kontrollieren und zu regulieren.

Versuchsaufbau

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der University of California-Riverside versuchten nun herauszufinden, ob Eltern ähnliche Einflüsse auf die Amygdala und den mPFC ihrer Kinder haben, wenn diese Angst lernen – genau wie es bei Tieren beobachtet wurde. Dazu haben sie 48 Kinder und Jugendliche im Alter von sechs bis 17 Jahren beobachtet. Die Kinder sollten eine Aufgabe erfüllen, bei der sie lernen sollten, Angst mit bestimmten Signalen zu verbinden. Diese Aufgabe wurde einmal mit einem Elternteil an ihrer Seite und einmal ohne die Anwesenheit des Elternteils gestellt. Während dieser Aufgabe wurden die Gehirnaktivitäten der Kinder mithilfe von Bildgebungsverfahren (wie MRT) gemessen.

Dabei zeigte sich folgendes:

  • Wenn die Kinder ein unangenehmes Geräusch hörten (ein Signal für Gefahr), war die Aktivität in der Amygdala geringer, wenn ein Elternteil bei ihnen war. Das zeigt, dass die Anwesenheit der Eltern den Kindern half, weniger stark auf das Geräusch zu reagieren.
  • Als die Kinder lernten, dass bestimmte Signale (wie ein Ton oder ein Licht) mit etwas Unangenehmem verbunden waren, war die Aktivität im mPFC geringer, wenn ein Elternteil bei ihnen war. Dies deutet darauf hin, dass die Eltern die Art und Weise beeinflussten, wie die Kinder Angst lernen und verarbeiten.

Diese Studie legt nahe, dass Eltern eine beruhigende Wirkung auf ihre Kinder haben können, selbst auf neuronaler Ebene. Wenn Eltern anwesend sind, reagieren die Gehirne ihrer Kinder weniger stark auf beängstigende Reize. Das zeigt, wie wichtig die Rolle der Eltern im Umgang ihrer Kinder mit Angst ist. Diese „Pufferfunktion“ der Eltern erklärt, warum Kinder in der Nähe ihrer Eltern oft mutiger und weniger ängstlich sind.

Quelle: https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/desc.13505




Bericht der Arbeitsgruppe „Frühe Bildung“ veröffentlicht

Bericht der Arbeitsgruppe „Frühe Bildung“

„Gutes Aufwachsen und Chancengerechtigkeit für alle Kinder in Deutschland – Kompendium für hohe Qualität in der frühen Bildung“

Mit welchen Standards kann die Kindertagesbetreuung weiterentwickelt werden, damit sich die Qualität der Angebote bundesweit stärker angleicht? Wie können die Arbeitsbedingungen für frühpädagogische Fachkräfte verbessert werden? Wie können Kinder in Kitas und Kindertagespflege gut gefördert und in ihrer Entwicklung begleitet werden? Diesen Fragen widmete sich die Arbeitsgruppe (AG) Frühe Bildung. Mit dem Bericht „Gutes Aufwachsen und Chancengerechtigkeit für alle Kinder in Deutschland – Kompendium für hohe Qualität in der frühen Bildung“ legte die AG Frühe Bildung Empfehlungen für bundesweite Qualitätsstandards in der Kindertagesbetreuung vor.

Zusammenarbeit von Bund und Ländern für mehr Qualität in der Kindertagesbetreuung

Begleitend zum Bericht verabschiedeten die für Kinder- und Jugendhilfe zuständigen MinisterInnen, SenatorInnen der Länder und des Bundes einen „Letter of Intent“, mit dem sie bekräftigen, den gemeinsam begonnenen Prozess zur Weiterentwicklung der Qualität in Kindertageseinrichtungen und in Kindertagespflege weiterzuführen.

„Die Qualität der Kinderbetreuung ist von zentraler Bedeutung. Zusammen mit den Ländern leistet der Bund einen entscheidenden Beitrag für deren Weiterentwicklung. Wir unterstützen die Länder und Kommunen bei ihrer wichtigen Aufgabe. Und wir bekräftigen mit dem ‚Letter of Intent‘, dass wir die KiTa-Qualität im ganzen Land stärker angleichen möchten. Unser gemeinsames Ziel ist ein Qualitätsentwicklungsgesetz mit bundesweiten Standards. Es ist mir ein zentrales Anliegen, dass der Bund die Länder auch über 2024 hinaus bei der KiTa-Qualität weiter unterstützt.“

Lisa Paus

„Wir müssen allen Kindern in Deutschland ein Angebot der Kindertagesbetreuung machen, um sie in ihrer frühkindlichen Entwicklung zu fördern. Nach wie vor sind es vor allem die Kinder, die besonders von frühkindlicher Bildung profitieren würden, die noch nicht versorgt sind. Für den Ausbau der Kindertageseinrichtungen braucht es auch weiter die Unterstützung des Bundes. Darauf aufsetzend bleibt die Weiterentwicklung der Qualität der Kindertagesbetreuung ein vorrangiges Ziel.“

Sascha Karolin Aulepp

Qualitätsentwicklungsgesetz soll bundesweite Standards setzen

Der Koalitionsvertrag auf Bundesebene sieht vor, das KiTa-Qualitätsgesetz in ein Qualitätsentwicklungsgesetz mit bundesweiten Standards zu überführen. Bundesfamilienministerin Lisa Paus und die Jugend- und FamilienministerInnen der Länder machen im „Letter of Intent“ deutlich, dass verbindliche und auf Dauer angelegte Qualitätsstandards nur mit einem ausreichenden und unbefristeten finanziellen Engagement des Bundes und mit ausreichendem Fachpersonal umsetzbar sind.

Auf Grundlage des Koalitionsvertrags und mit dem Beschluss der Jugend- und Familienministerkonferenz vom Mai 2022 sind der Bund und die Länder in einen strukturierten und ergebnisoffenen Prozess eingetreten. VertreterInnen des Bundesfamilienministeriums und der Fachministerien der Länder kamen dazu ab August 2022 in der Arbeitsgruppe (AG) Frühe Bildung zusammen, um Vorschläge für ein Qualitätsentwicklungsgesetz zu erarbeiten. Dabei wurden die Kommunalen Spitzenverbände eng einbezogen. Ein Expertinnen- und Expertendialog mit Verbänden und Organisationen aus der Praxis sowie von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern begleitete die Arbeitsgruppe.

Bericht der Arbeitsgruppe Frühe Bildung veröffentlicht

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Mit dem „Letter of Intent“ wird der Bericht „Gutes Aufwachsen und Chancengerechtigkeit für alle Kinder in Deutschland – Kompendium für hohe Qualität in der frühen Bildung“ veröffentlicht. Er enthält unter anderem die von der AG Frühe Bildung entwickelten Handlungsziele mit Vorschlägen für bundesweite Standards in den Qualitätsbereichen Verbesserung der Betreuungsrelation, Sprachliche Bildung und Sprachförderung, Bedarfsgerechte (Ganztags-)Angebote sowie für die Steuerung im System und das Monitoring.

In der Anlage zum Bericht werden Umsetzungsaspekte wie der Personalbedarf oder die Kosten von Qualitätsstandards, mögliche rechtliche Ausgestaltungen oder Vorschläge für ein zeitlich gestaffeltes Vorgehen beleuchtet.

Bund und Länder gemeinsam für mehr Qualität in KiTas

Bereits im Jahr 2014 haben sich Bund und Länder darauf verständigt, die Qualität in der Kindertagesbetreuung bundesweit in einem gemeinsamen Prozess weiterzuentwickeln und die Finanzierung zu sichern. Die AG Frühe Bildung wurde erstmals damit beauftragt, gemeinsame Qualitätsziele für die Kindertagesbetreuung zu entwickeln. Diese bildeten eine Grundlage für das Gute-KiTa-Gesetz (2019 bis 2022).

Das wurde in der 20. Legislaturperiode mit dem KiTa-Qualitätsgesetz (2023 bis 2024) fortgesetzt und weiterentwickelt. Für die Umsetzung des KiTa-Qualitätsgesetzes stellt der Bund den Ländern insgesamt rund vier Milliarden Euro zur Verfügung.

Quelle: Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend




Mütterliche Fürsorge verlängert offenbar das Leben

Dauer bestimmt laut Modellen der Cornell University über das Höchstalter sämtlicher Säugetiere

Menschen werden auch aufgrund der langen mütterlichen Fürsorge für das Baby und spätere Kleinkind älter als die meisten Säugetiere. Das haben Forscher der Cornell University erkannt. „Wir gehen davon aus, dass ein Teil der Erklärung für unsere lange Lebensspanne in einem grundlegenden Aspekt unseres Lebens liegt, nämlich der Beziehung zwischen Mutter und Kind“, sagt Forschungsleiter Matthew Zipple.

Langsameres Lebenstempo

„Alle Säugetierarten, bei denen das Überleben der Nachkommen von der längerfristigen Pflege der Mutter abhängt, neigen dazu, ein längeres Leben und ein langsameres Lebenstempo zu entwickeln. Das Schöne an diesem Modell ist, dass es für alle Säugetiere gilt. Denn wir wissen, dass es das auch bei Hyänen, Walen und Elefanten gibt“, so Zipple. In einem Zoo ist eine Hyäne 40 Jahre alt geworden. Wale kommen auf 80, Elefanten auf 70 Jahre.

Zipples Arbeit baut auf der Mutter-Großmutter-Hypothese auf, die auf Beobachtungen in menschlichen Populationen des 18. und 19. Jahrhunderts beruht und besagt, dass Nachkommen mit größerer Wahrscheinlichkeit überleben, wenn ihre Mütter und Großmütter in den Anfangsjahren für sie sorgen. Diese Theorie wurde in erster Linie als Erklärung für die Menopause beim Menschen herangezogen, da die Beendigung der Fortpflanzung das Sterberisiko senkt und es älteren Frauen ermöglicht, sich auf die Betreuung der Enkel zu konzentrieren.

Lernprozess bei Primaten

Zipples Modelle sind sowohl umfassender als auch spezifischer und berücksichtigen mehr Möglichkeiten, wie sich die Anwesenheit oder Abwesenheit einer Mutter im Leben ihres Nachwuchses auf dessen Fitness auswirkt. Auf der Grundlage der Ergebnisse von Zipples Doktorarbeit über Paviane und andere Primaten macht das Team Vorhersagen darüber, wie es dem Nachwuchs ergeht, wenn die Mutter nach der Entwöhnung, aber vor der Geschlechtsreife des Nachwuchses stirbt, was nach Zipples Erkenntnissen zu kurz- und langfristigen, sogar generationenübergreifenden negativen Auswirkungen auf den Primaten-Nachwuchs und die Enkel führt.

Wolfgang Kempkens/ pressetext.redaktion




Alle Farben, eine Welt: Kinder zeigen, wie es geht

ALS-Haltung

Alle Farben, eine Welt: ALS-Verlag zeigt Haltung

Der Blick in die heutige Erwachsenenwelt macht deutlich: Weite Teile unserer Gesellschaft erleben die wachsende Vielfalt und das multikulturelle Miteinander weiterhin als normal und sehen beides als Bereicherung an. Doch sichtbar ist auch, dass die unterschiedlichen, mitunter konkurrierenden Wertvorstellungen und Lebensstile immer häufiger Spannungen und Konflikte erzeugen. Sprich: Der Umgangston wird auf vielen Ebenen rauer und die Hemmschwellen sinken.

Wenn Akzeptanz, Respekt und Toleranz nicht gänzlich verloren gehen sollen, ist das Besinnen auf ein tragfähiges Wertegerüst angesagt. Wir müssen für uns klären, wie wir dauerhaft und friedlich in einer vielfältigen Gesellschaft zusammenleben können und wollen. Und was uns – jenseits aller Unterschiede – miteinander verbindet.

Von klein auf gestärkt werden muss die Bereitschaft, sich mit unterschiedlichen, ggf. auch konkurrierenden Werten konstruktiv auseinanderzusetzen. Diese Kompetenz schließt die Fähigkeit ein, Wertekonflikte auszuhalten und sie friedlich, fair und kooperativ zu regeln. Eine große Rolle spielen dabei zwei Faktoren: Das emotionale Erleben in zwischenmenschlichen Beziehungen und das Lernen durch Vorbilder, also durch Personen, die Werte authentisch vorleben. Hier sind neben der Familie auch Erziehende und Lehrende in Kita und Schule gefragt. Sie geben Orientierung – und falls es sein muss, setzen sie auch Grenzen oder beziehen in Konfliktsituationen unmissverständlich Positionen.

Werte für Persönlichkeitsbildung und ein friedliches, buntes Miteinander

Toleranz – Respekt – Empathie – Verständnis – Liebe – Freundschaft – Teamgeist – Zusammenhalt – Achtung – Wertschätzung – Hilfsbereitschaft – Höflichkeit – Loyalität – Rücksichtnahme – Dankbarkeit – Nachsicht – positive Einstellung – Gewaltlosigkeit – Friedfertigkeit – Konfliktfähigkeit – Kritikfähigkeit – Ehrlichkeit – Fairness – Verantwortungsbewusstsein – Mitgefühl – Solidarität – miteinander sprechen, nicht übereinander – Fürsorge

Aus Werten wird Haltung. Und aus Haltung wird Handeln

Beeinflusst von gesellschaftlichen und biographischen Einflüssen können sich einzelne Werte verändern oder sogar ihre Gültigkeit verlieren. Grundwerte bleiben dagegen manifest. Denn sie gelten als das rahmende, normative und sinnstiftende Fundament einer Gesellschaft.

In seinem Spot „Alle Farben, eine Welt“ unterstreicht der ALS-Verlag nicht nur seine eigene Haltung. Er macht auch deutlich, dass er Kinder, die welt- und kulturoffen durchs Leben gehen, als tragende Säule des „friedlichen Miteinanders“ sieht.

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