Entsetzen über die Haltung von Christian Lindner zur Kindergrundsicherung

Finanzminister lehnt laut Medienberichterstattung Elf-Milliarden-Plan von Familienministerin Lisa Paus ab

Mehr als jedes fünfte Kind und jeder vierte junge Erwachsene gelten in Deutschland als armutsgefährdet. Alleinerziehende sowie Familien mit drei und mehr Kindern sind besonders betroffen. Die Daten, die die Bertelsmann Stiftung vor ein paar Wochen publiziert hatte, zeigen, dass sich die Lage nicht gebessert hat. Damit sich an dem strukturellen Problem der Kinder- und Jugendarmut endlich etwas ändern könne, solle die Bundesregierung die angekündigte Kindergrundsicherung jetzt schnell und entschlossen auf den Weg bringen, so die Stiftung. Dieses Koalitionsziel ist nun in Gefahr. Laut Medienberichten blockiert der Bundesfinanzminister und Bundesvorsitzende der FDP, Christian Lindner die Kindergrundsicherung.

Dazu äußert sich nun Heinz Hilgers, Präsident des Kinderschutzbundes: „Ich bin entsetzt über die Haltung des Bundesfinanzministers zur Finanzierung der im Koalitionsvertrag vereinbarten Kindergrundsicherung. Es werden aktuell weitere zehn Milliarden Euro für die Bundeswehr und zehn Milliarden Euro für eine Aktienrente verplant. Aber für den Kampf gegen Kinderarmut sollen wieder nur die Krümel vom Kuchen übrigbleiben. Chancengerechtigkeit und würdevolles Aufwachsen von Kindern dürfen nicht der Schuldenbremse geopfert werden. Das wäre ein Tiefpunkt der Arbeit dieser Ampelkoalition. Die FDP und Bundesfinanzminister Lindner sind gut beraten, sich an den Koalitionsvertrag zu halten.“




Väter wollen Kinder empathisch und verständnisvoll erziehen

Studie zum Selbstbild und Selbstverständnis von Vätern der TU Braunschweig und der FH Kiel

Die Rolle von Vätern ist in den vergangenen Jahren immer mehr in den gesellschaftlichen Fokus gerückt. Debatten wie #dazuhatpapanichtszusagen, Diskussionen um einen 14-tägigen Vaterschutz und nicht zuletzt die Erweiterung der Elternzeit um zwei Vätermonate spiegeln diese Entwicklung wider. „Trotz der vermehrten Diskussion um die Rolle von Vätern ist diese seit einigen Jahren nicht mehr umfassend wissenschaftlich untersucht worden. Diese Lücke wollten wir mit unserer Studie schließen“, erklärt Projektleiterin Dr. Kim Bräuer von der TU Braunschweig. Im Rahmen der VAPRO-Studie befragte das Team um Bräuer und Prof. Dr. Kai Marquardsen von der Fachhochschule Kiel 2.200 Väter online und führten 55 qualitative Interviews. Dabei berücksichtigten sie neben rechtlichen und biologischen Vätern auch Pflegeväter, Väter in Co-Parenting-Konstellationen und homosexuelle Väterpaare. Außerdem wurden nicht nur die Männer selbst befragt, sondern auch die (Eigen-)Darstellung von Vaterschaft in sozialen Medien analysiert.

Das Bild vom Vater, der mit seinem Einkommen die Familie ernährt und mit den Kindern höchstens am Wochenende spielt, ist passé. Tatsächlich ist es Vätern heute vor allem wichtig, ihre Kinder „empathisch und verständnisvoll“ zu erziehen. Das ist eines der zentralen Ergebnisse der VAPRO-Studie. Das Ideal des emotionalen Vaters ist weit verbreitet. So ist es fast 60 Prozent der Väter am wichtigsten, dass sie ihrem Kind bzw. ihren Kindern Zuneigung zeigen. Der Trend zu vermehrter aktiver Vaterschaft sei klar erkennbar, so die Wissenschaftler*innen. Dabei engagieren sich die Väter am häufigsten in der Kinderbetreuung, indem sie zum Beispiel mit den Kindern spielen. Deutlich seltener übernehmen die Väter aktive Erziehungsmaßnahmen.

Das Bild vom Vater als Ernährer dominiert nicht mehr

Ein Großteil der befragten Väter hat sich von dem Bild des Vaters als Ernährer gelöst. Nur rund 12 Prozent von ihnen halten es für ihre wichtigste Aufgabe, der Familie finanzielle Sicherheit zu bieten. „Die von uns befragten Väter haben angegeben, dass ihnen monetäre Werte nicht so wichtig seien, wie soziale oder emotionale Werte“, erklärt Prof. Dr. Kai Marquardsen. In diesem Zusammenhang kritisierten viele der Interviewten ihre eigenen Väter unter anderem als „zu bestimmend“, als „abwesend“ und „mit der Arbeit zu beschäftigt“. Sie nutzen ihre Väter als „negatives Vorbild“ und betonen, dass sie selbst als Vater bewusst anders handeln würden.

Dennoch sind fast 85 Prozent der Väter wöchentlich 40 Stunden oder mehr erwerbstätig, während fast drei Viertel der anderen Elternteile nicht oder maximal 30 Stunden in der Woche arbeiten. Trotzdem nimmt fast jeder zweite Vater an, dass er sich genauso viel um familiäre Angelegenheiten der Kinderbetreuung kümmert, wie der andere Elternteil. Lediglich jeder zehnte Vater übernimmt die meisten Aufgaben der Familienarbeit. Dies sind vor allem Väter, die ihre Erwerbstätigkeit beendet oder deren Umfang reduziert haben, um mehr Zeit für ihre Familie und die Versorgung der Kinder zu haben.

Viele Väter, auch das ist eine Erkenntnis der Studie, geben an, ihren eigenen Vorstellungen guter Vaterschaft nicht gerecht zu werden. „Hier zeigen sich Parallelen zur Mutter als Allrounderin, die im Job erfolgreich sein muss und gleichzeitig liebevoll die Kinder und ihre Verwandten umsorgt“, erklärt Kim Bräuer. „Der Trend geht also weg von der ‚klassischen‘ Rollentrennung hin zu einem ‚Alle-erfüllen-alle-Rollen‘ und dieses möglichst perfekt. Dabei erleben die Väter nicht nur einen Work-Family-Konflikt. Es scheint auch darum zu gehen, sich in ihrem Freundeskreis, in Vereinen oder bei der Versorgung der Eltern einzubringen und ihren Kindern auf diese Weise soziale Werte vorzuleben,“ so Bräuer.

Väter bloggen nicht über Armut

Im Rahmen ihrer Studie haben die Sozialwissenschaftler*innen die Instagram-Accounts von sieben sehr populären Väterbloggern und deren Bild von Vaterschaft analysiert. Hier herrscht das Ideal des zumeist weißen, aktiven Vaters. Vaterschaft in Armut oder Vatersein mit Migrationserfahrung würden hingegen kaum thematisiert, erklärt Prof. Marquardsen. „Das lässt sich damit erklären, dass Armut mit Scham behaftet ist und Väter in Armutslagen sich – auch virtuell – nicht offenbaren wollen. Väter, deren Leben von einem geringen Einkommen geprägt ist oder die auf Leistungen vom Staat angewiesen sind, finden unter Väterbloggern also niemanden in ähnlicher Lebenslage.“ Auch unter #ichbinarmutsbetroffen fanden die Wissenschaftler*innen nur wenige Berichte von Vätern in Armutslagen.

Es sei schwierig gewesen, für Interviews Kontakt zu Betroffenen herzustellen, da diese in besonderer Weise unter dem Druck gesellschaftlicher Normalitätsvorstellungen stünden, erklärt der Kieler Sozialwissenschaftler: „Selbstverständlich finden wir auch unter Vätern in Armutslagen eine Vielfalt im Erleben von Vaterschaft. Aber im Unterschied zu anderen Vätern ist für sie vor allem die materielle Versorgung der Familie wichtigeres Thema. In unseren Interviews wurde deutlich, dass für sie insbesondere Herausforderungen auf materieller Ebene eine Rolle spielen, die bei Vätern in gesicherten Verhältnissen kein Thema waren “, so Marquardsen. „Insgesamt besteht bezüglich des Erlebens von Vaterschaft von Vätern in Armut aber weiter dringender Forschungsbedarf. Nicht zuletzt wissen wir noch zu wenig darüber, welche kurz- und längerfristigen Einflüsse gesellschaftliche Krisenereignisse wie Corona oder eine steigende Inflation auf die Praxis gelebter Vaterschaft in verschiedenen Milieus haben.“

Handlungsempfehlungen für die Praxis

Ziel des Projekts war es auch, Handlungsempfehlungen für Arbeitgeber*innen, Koordinator*innen von Väternetzwerken und politische Akteur*innen zu entwickeln, um die Lebenslagen von Vätern sichtbarer zu machen und ihre Situation und die ihrer Familien nachhaltig zu verbessern. Väterarbeit, so die Empfehlung der Forschenden, solle sich verstärkt auf deren alltägliches Handeln beziehen. Es gehe weniger darum, ein neues Bild von Vaterschaft zu vermitteln, als die Väter stärker in alltägliche Aufgaben einzubinden, erklärt Bräuer: „Es wäre denkbar, Väter aktiv als Elternsprecher anzufragen, Väterschwimmkurse anzubieten oder sie aktiv zum Beispiel in Elternchats anzusprechen.“ Unterstützung wünschen sich die Wissenschaftler*innen außerdem durch entsprechende familienpolitische Reformen. „Das würde es vielen Vätern leichter machen, spezielle Angebote der Arbeitgeber*innen auch tatsächlich anzunehmen.“

Zur Studie

Die VAPRO Studie hatte eine Laufzeit von zweieinhalb Jahren und wurde von der Stabstelle für Chancengleichheit der TU Braunschweig und dem Braunschweiger Zentrum für Gender Studies finanziert. Die Forscher*innen wählten einen Methoden-Mix und werteten 55 qualitative Interviews, eine Online-Umfrage mit bundesweit 2.200 Teilnehmern und sieben Instagram-Accounts von Väterbloggern aus.

Weitere Informationen

Abschlussbericht: https://leopard.tu-braunschweig.de/content/index.xml

Projekthomepage: https://www.tu-braunschweig.de/chancengleichheit/familienbuero/vaeter

VAPRO-Instagram-Account: https://www.instagram.com/dadsaredads/

Bianca Loschinsky, Technische Universität Braunschweig




Viele Lehrkräfte zeigen Vorurteile bei der Beurteilung von Hochbegabung

Laut Studie werden Mädchen und Kinder aus bildungsfernen Familien bei gleichen Fähigkeiten benachteiligt

Mit der repräsentativen Studie machen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auf ein besonderes Problem in der Förderung von Hochbegabten aufmerksam: Da für manche Förderprogramme Lehrkräfte die Schülerinnen und Schüler nominieren, werden einige Gruppen systematisch benachteiligt, unabhängig von deren Fähigkeiten, Motivation oder Persönlichkeit. Erst nach der Einschätzung durch die die Lehrkräfte folgen weitere Tests, beispielsweise standardisierte Intelligenztests als Zugangsvoraussetzung zu bestimmten Förderprogrammen.

„Lehrkräfte sollten ihre Vorstellungen von Hochbegabung hinterfragen“, so Jessika Golle, Juniorprofessorin am Hector-Institut für Empirische Bildungsforschung und eine der Autorinnen der Studie.

Gängige Vorstellungen über Bord werfen

Sie ließen sich oftmals von falschen Vorstellungen leiten oder wählten Kinder aus, von denen sie vermuteten, dass diese in den Förderprogrammen gut abschneiden könnten. Gängige Vorstellungen, wie sich Hochbegabung bei Kindern ausdrückt, sind gute Leistungen in der Schule, hohe Motivation und Kreativität sowie überdurchschnittliche soziale Fähigkeiten. Hochbegabte Kinder werden allerdings oft auch als emotional anfällig und weniger umgänglich gesehen und mit problematischem Verhalten in Verbindung gebracht.

Um herauszufinden, was Lehrkräfte tatsächlich dazu bringt, ein Kind als hochbegabt einzuschätzen, werteten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler Daten einer Langzeitstudie aus den Niederlanden aus. Insgesamt wurden für den Datensatz rund 27.000 Schülerinnen und Schüler aus der sechsten Klassenstufe und ihre rund 1.300 Lehrkräfte befragt. Die Kinder absolvierten einen Test, der ihre allgemeine kognitive Fähigkeit abbildete, sowie Tests, die ihre schulische Leistung erfassten, und beantworteten einen Fragebogen, der ihre Persönlichkeitsmerkmale erfasste. Gleichzeitig sollten die Lehrkräfte die Kinder in ihrem Verhalten beurteilen und die Frage beantworten, ob das Kind ihrer Meinung nach hochbegabt sei oder nicht.

Vorurteile erkennen

Das Ergebnis: Schüler, die als hochbegabt eingestuft wurden, zeigten ein höheres Niveau an allgemeinen kognitiven Fähigkeiten, sie zeigten höhere schulische Leistungen, waren offener und waren umgänglicher als die Schülerinnen und Schüler, die nicht als hochbegabt eingestuft wurden. Außerdem waren die als hochbegabt beurteilten Kinder auch häufiger jünger und männlich und stammten aus Familien mit einem hohen Bildungsstand im Vergleich zu allen anderen Kindern. „Interessant war zudem, dass bei Schülerinnen und Schülern mit gleichen Fähigkeiten und gleicher Motivation, diejenigen eher als hochbegabt eingestuft wurden, deren Verhalten weniger verträglich war“, so Golle. Das zeige, dass sich hartnäckig das Stereotyp halte, Hochbegabte seien im Umgang schwieriger und sozial beeinträchtigt.

„Es ist wichtig, dass Lehrkräfte diese Vorurteile bewusstwerden, sonst werden Mädchen und Schülerinnen und Schüler aus Familien mit niedrigem Bildungsniveau systematisch benachteiligt“, ergänzt Trudie Schils von der Universität Maastricht. „Ihre Rolle im Auswahlprozess sollte hinterfragt werden, denn schließlich sind meistens sie es, die den Förderbedarf von Kindern frühzeitig erkennen.“

Originalpublikation

Golle, J., Schils, T., Borghans, L., & Rose, N. (2022). Who is considered gifted from a teacher’s perspective? A representative large-scale study. Gifted Child Quarterly. Advanced online publication. https://doi.org/10.1177/00169862221104026

Antje Karbe/Eberhard Karls Universität Tübingen




Jedes zweite Kind verbringt zu viel Zeit vor dem Bildschirm

Familienstudie der AOK stellt fest, dass Eltern die Medienzeit ihrer Kinder immer seltener begrenzen

Der tägliche Medienkonsum von Kindern im Alter zwischen vier und sechs Jahren sollte nach Expertenmeinung eine halbe Stunde täglich nicht überschreiten. Tatsächlich verbringen aber 52 Prozent der Kinder in dieser Altersgruppe mehr als eine halbe Stunde unter der Woche vor TV, Laptop und anderen digitalen Geräten. Am Wochenende sind es sogar 77 Prozent.

Das geht aus einer Elternbefragung im Rahmen der aktuellen AOK-Familienstudie hervor. „Ein zu hoher und falscher Medienkonsum kann sich nachteilig auf die Gesundheit von Kindern auswirken. Vor allem dann, wenn darunter dauerhaft die Bewegung leidet. Wenn Mädchen und Jungen unbeaufsichtigt nicht altersgerechte Inhalte konsumieren, kann dies zudem Ängste bei den Kindern auslösen“, mahnt Dr. Carola Reimann, Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes.

Medienkompetenz ist eng mit Gesundheit verbunden

Medienkompetenz ist eng mit dem Thema Gesundheit verknüpft. Deshalb ist die AOK bereits seit 2020 Partnerin der Initiative „SCHAU HIN! Was Dein Kind mit Medien macht“ und hat die Kooperation jetzt bis mindestens Ende 2024 verlängert. „Medienkonsum beginnt heutzutage schon im Kleinkindalter. Gerade für die Kleinsten ist dies mit Risiken verbunden. Deshalb ist es wichtig, Eltern zu sensibilisieren und deren Medienkompetenz zu stärken. Genau diese wertvolle Arbeit leistet ‚SCHAU HIN!‘ seit vielen Jahren“, sagt Reimann mit Blick auf die Fortführung der langjährigen Kooperation.

„SCHAU HIN!“ ist eine gemeinsame Initiative des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, der beiden öffentlich-rechtlichen Sender Das Erste und ZDF sowie der AOK. Mit einem neuen TV-Spot, der ab Februar ganzjährig ausgestrahlt wird, sollen Familien auf das Angebot aufmerksam gemacht werden. Im gleichen Monat starten auch die neuen „SCHAU HIN!-Medienkurse für Eltern“ – Online, interaktiv, werbefrei und kostenlos.

Medienkompetenz fester Bestandteil des Präventionsprogramms

Laut der aktuellen AOK-Familienstudie begrenzen Erziehungsberechtigte die Bildschirmzeiten ihres Nachwuchses nicht mehr so stark wie vor vier Jahren. Gaben 2018 noch 86 Prozent der Eltern an, ihren Kindern bis zum 14. Lebensjahr in puncto Mediennutzung Grenzen zu setzen, waren es 2022 nur noch 76 Prozent. „Wir wollen Eltern dabei unterstützen, ihren Kindern so früh wie möglich beizubringen, sich in der digitalen Welt nicht zu verlieren“, so Reimann. Schon bei Kindern zwischen drei und sechs Jahren werden wesentliche Grundlagen für die spätere Mediennutzung gelegt.

Ab dem Frühjahr 2023 wird Medienkompetenz auch fester Bestandteil des AOK-Präventionsprogramms „JolinchenKids – fit und gesund in der Kita“, das die Gesundheitskasse bundesweit in über 4.600 Kindertagesstätten durchführt. „Unser Fokus lag bislang auf Ernährung, Bewegung und psychischem Wohlbefinden. Wir sehen aber gerade im Bereich der Medienkompetenz ein riesiges Gesundheitspotenzial und haben uns deshalb für die Erweiterung um diesen Baustein entschieden“, berichtet die AOK-Vorständin.

https://aok-bv.de/imperia/md/aokbv/hintergrund/dossier/praevention/aok_familienstudie_2022_kurz.pdf

Quelle: AOK




Safer Internet Day 2023: Stress mit Medienzeiten?

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Plattform webhelm veröffentlicht anlässlich des Safer Internet Day Anregung zu #OnlineAmLimit

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Eltern oder Lehrkräfte haben häufig klare Vorstellungen von angemessenen Medienzeiten, Kinder und Jugendliche manchmal ganz andere Ideen dazu. Gerade hierüber geraten Erwachsene immer wieder in Streit mit Kindern und Jugendlichen. Was ist angemessen, wo ist das Limit und wann sind die Grenzen erreicht? Diese Fragen werden häufig gestellt, die Antworten sind nicht so leicht zu finden.

Konstruktiver Austausch im Mittelpunkt

Umso wichtiger ist ein konstruktiver Austausch über die unterschiedlichen Wünsche und Bedürfnisse. webhelm hat dazu verschiedene Methoden veröffentlicht: vom Gallery Walk über eine Online-Umfrage bis hin zum Erstellen eines Trickfilms. Wichtig ist: Die Perspektive der jungen Mediennutzerinnen und -nutzer steht im Zentrum. PreTeens ab 11 Jahren sind eingeladen, sich über ihre Mediennutzung auszutauschen und Ansprüche an die eigene Medienzeit zu formulieren. webhelm ist ein Infoangebot für pädagogische Fachkräfte und interessierte Erwachsene. Die Plattform widmet sich relevanten Fragen rund um Social Media. Neben Hintergrundinformationen bietet webhelm insbesondere Methoden für die pädagogische Arbeit oder die Auseinandersetzung mit Medienthemen in der Familie. webhelm wird vom JFF – Institut für Medienpädagogik verantwortet.

Fokus auf aktuelle Fragestellungen

Die Direktorin des JFF – Institut für Medienpädagogik, Kathrin Demmler, zum Safer Internet Day 2023: „Medien gehören zum Alltag. Der Safer Internet Day richtet jährlich den Fokus auf aktuelle Fragestellungen. Mit #OnlineAmLimit werden 2023 die Grenzen des Medienumgangs thematisiert. Wir als medienpädagogische Facheinrichtung haben hierzu Antworten. Auf der Plattform webhelm regen wir heute dazu an, gemeinsam mit Kindern und Jugendlichen Regelungen für den Umgang zu erarbeiten.“ 

Link zur neuen Methode des JFF

Über das JFF: Seit 1949 befasst sich das JFF mit Medien und medialen Phänomenen, mit Trends und Entwicklungen, mit Chancen und möglichen Schwierigkeiten aus Sicht von Kindern und Jugendlichen. Die Ergebnisse der interdisziplinären Arbeit aus Forschung und Praxis werden für verschiedene Arbeitsfelder aufbereitet und sind Basis für innovative Projekte und Modelle in der Erziehungs-, Bildungs- und Kulturarbeit. Ziel all dieser Aktivitäten ist eine breite, umfassende und nachhaltige Förderung von Medienkompetenz. 

Das JFF im Netz 

Mitteilung JFF




Immer weniger Kinder können richtig schwimmen

Jedes fünfte Grundschulkind kann laut einer Studie von Forsa im Auftrag der DLRG nicht schwimmen

Die Zahl der Grundschulkinder in Deutschland, die nicht schwimmen können, hat sich verdoppelt. Zu diesem Ergebnis kam eine repräsentative Umfrage von forsa im Jahr 2022. Die Befragung hatte die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) nach zuletzt 2017 erneut in Auftrag gegeben. Damals konnten den Angaben der Eltern zufolge zehn Prozent der Kinder zwischen sechs und zehn Jahren nicht schwimmen. Nun sind es 20 Prozent.

„Der Unterschied bei den Nichtschwimmern ist gravierend, aber angesichts der Entwicklungen in den vergangenen zwei bis drei Jahren auch wenig überraschend“, sagte DLRG Präsidentin Ute Vogt. Während der Pandemie hat über längere Zeiträume praktisch keine Schwimmausbildung stattfinden können. In der Folge haben aktuell 37 Prozent der Jungen und Mädchen im Grundschulalter noch kein Schwimmabzeichen – auch nicht das auf das Schwimmen vorbereitende Seepferdchen.

Zahl der sicheren Schwimmer unter den Kindern konstant

Mit 57 Prozent ist die Zahl der Kinder, die von ihren Eltern als sichere Schwimmer eingestuft werden, in etwa gleichgeblieben (2017: 59%). Eine Verschiebung gab es jedoch von den unsicheren Schwimmern (23% gegenüber vorher 31%) zu den Nichtschwimmern. Der Anteil der sicheren Schwimmer steigt mit dem Alter: 26 Prozent der Eltern von Sechsjährigen gaben an, ihr Kind schwimme bereits sicher. Bei den Zehnjährigen waren es 83 Prozent.

Aus Sicht der DLRG fällt diese Einschätzung vielen Eltern jedoch schwer. „Mütter und Väter sind noch allzu oft der Meinung, ihr Kind kann schwimmen, wenn es das Seepferdchen hat“, weiß der Leiter Ausbildung im DLRG Präsidium, Christian Landsberg. „Da sind sie jedoch auf dem Holzweg. Das Seepferdchen bescheinigt das Beherrschen von wichtigen Grundlagen. Sicher schwimmen kann erst, wer den Freischwimmer, also das Schwimmabzeichen Bronze, abgelegt hat“, so Landsberg weiter. Vor diesem Hintergrund geht die DLRG anhand der Angaben zu den abgelegten Schwimmabzeichen davon aus, dass derzeit sechs von zehn Kindern (58 Prozent) am Ende der Grundschule keine sicheren Schwimmer sind. 21 Prozent derjenigen, die laut der Eltern sicher oder unsicher schwimmen, haben kein einziges Abzeichen absolviert.

Etwas mehr als jedes zweite Kind (54%) zwischen sechs und zehn Jahren kann das Seepferdchen als erfolgreichen Einstieg in die Schwimmausbildung vorweisen (2017: 69%). Den Freischwimmer hat knapp jedes vierte Kind (24%) absolviert, 13 Prozent können das Deutsche Schwimmabzeichen Silber und drei Prozent Gold nachweisen. Unter den Zehnjährigen haben 42 Prozent der Kinder den Freischwimmer absolviert, 24 Prozent Silber und acht Prozent Gold.

Flächendeckender Schwimmunterricht gefordert

„Was uns in der Deutlichkeit überraschte, sind die Unterschiede nach Einkommen“, räumte die Präsidentin der DLRG ein. Die Hälfte (49%) der Kinder aus Haushalten mit einem monatlichen Nettoeinkommen unter 2.500 Euro kann nicht schwimmen. Hingegen sind es bei einem Haushaltsnettoeinkommen über 4.000 Euro zwölf Prozent. Ute Vogt: „Schwimmen zu können darf keine Frage des Geldes sein. Umso wichtiger ist es, dass jede Schule in die Lage versetzt wird, das Schwimmen angemessen zu unterrichten.“

Da die Schulen alle Kinder erreichen, ließen sich so derartige Unterschiede verringern. Allerdings haben nur 13 Prozent der Jungen und Mädchen das Schwimmen in der Schule gelernt. Eltern (42%), private Schwimmschulen (24%) und Vereine (21%) spielen nach Einschätzung der Befragten eine größere Rolle.

Jeder Zweite ein guter Schwimmer

Über sich selbst gab die Hälfte der Befragten ab 14 Jahren an, gut oder sehr gut schwimmen zu können. Einen nennenswerten Unterschied zwischen Männern und Frauen gibt es nicht. Von den Personen mit einem Hauptschulabschluss beurteilten sich nur 35 Prozent als gute Schwimmer, von den Menschen mit Migrationshintergrund 38 Prozent. Und auch Menschen über 60 Jahre sind durchschnittlich weniger sicher im Wasser (37% gute Schwimmer). Die Befragung zeigte zudem, dass Ältere, Menschen mit Migrationshintergrund und Personen mit geringerer Bildung auch erst später schwimmen lernen.

In diesen Personengruppen gibt es zudem überdurchschnittlich viele Nichtschwimmer. Unter allen Befragten stuften sich fünf Prozent als solche ein. Hingegen waren es unter Menschen mit einem Hauptschulabschluss 14 Prozent und bei den Personen über 60 Jahre acht Prozent. Menschen mit Migrationshintergrund können doppelt so oft nicht schwimmen (9%) wie Menschen ohne diesen (4%).

Schwimmer von frühsten Kindesbeinen an

44 Prozent der Befragten sagten, sie hätten vor dem sechsten Lebensjahr schwimmen gelernt – eine deutliche Steigerung gegenüber einer Befragung aus dem Jahr 2010. Damals waren es nur 30 Prozent. Es ist aus Sicht der DLRG zu begrüßen, dass Kinder früher damit beginnen, schwimmen zu lernen. Wirklich sicher im Wasser waren diese Befragten sehr wahrscheinlich aber noch nicht.

Knapp die Hälfte der Befragten erlernte das Schwimmen (47%) zwischen sechs und elf Jahren; als Jugendliche zwischen zwölf und 17 Jahren sind es immerhin noch acht Prozent. Menschen über 60 Jahre gaben deutlich häufiger an (58%), im Grundschulalter zu Schwimmern geworden zu sein. Das gilt auch für Menschen mit Migrationshintergrund (56%) und Personen mit einem Hauptschulabschluss (57%). Letztere lernten das Schwimmen öfter in der Schule (38% gegenüber zum Beispiel 25% bei Abiturienten).

Anzeichen für weiter rückläufige Bäderversorgung

Immerhin 87 Prozent der Befragten haben ein Schwimmbad in der näheren Umgebung, das gut zu erreichen sei. Im Jahr 2017 waren es 92 Prozent. Bei Menschen aus Orten unter 5.000 Einwohnern ist der Wert von 90 auf 78 Prozent gesunken. „Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass der Trend bei der Bäderversorgung weiter in die falsche Richtung läuft“, sagt DLRG Chefin Ute Vogt und fordert, dass Bund, Länder und Kommunen an einem Runden Tisch zusammenkommen. Dieser sollte eine bundesweite Bedarfsanalyse auf den Weg bringen. Die daraus gewonnenen Erkenntnisse sollen dann genutzt werden, um die Mängel in der Bäderinfrastruktur systematisch zu beheben.

Im Auftrag der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft e.V. hat die forsa Gesellschaft für Sozialforschung und statistische Analysen mbH 2022 erneut eine repräsentative Befragung zur Schwimmfähigkeit der Bevölkerung durchgeführt. Im Rahmen der Untersuchung wurden insgesamt 2.000 nach einem systematischen Zufallsverfahren ausgewählte Personen ab 14 Jahren in der Bundesrepublik Deutschland befragt. Die Teilgruppe der Eltern bzw. Betreuungspersonen von Kindern zwischen 6 und 10 Jahren wurde auf insgesamt 500 Fälle aufgestockt. Die Erhebung wurde im August 2022 mithilfe computergestützter Telefoninterviews durchgeführt.




In „Zick, Zack, Zukunft“ reden Kinder über die Zukunft

Neue Youtube-Serie erweitert die Kinderangebote des Futuriums

Olivia (11 Jahre) ist eine von zehn Kinder-Reporterinnen und -Reportern, die im Futurium Zukunftsthemen erforschen. Wird es 2030 normal sein, dass wir alle Urlaub im Weltall machen, möchte sie wissen. Gemeinsam mit Anton (10), Augustin (11), Ceda (13), Donata (11), Emil (14), Louis (9), Marie (11), Matteo (7) und Richard (11) ist sie dem Aufruf gefolgt, das Haus der Zukünfte zu erkunden. Bei ihren Entdeckungstouren interviewen sie die Ausstellungsmacher des Futuriums. Sollen Kinder das Wahlrecht erhalten? Wie werden unsere Städte klimafreundlicher? Entspannen wir bald auf dem Mars? Die kurzen Videos folgen der Lebenswelt der Kids. Neugierig erkunden die jungen Reporter*innen je ein Zukunftsthema pro Folge.

  • „Meine Meinung ist beim Thema Wahlrecht für Kinder zwiegespalten: Einerseits ist es so, dass Kinder sehr leicht manipulierbar sind und Leute sagen können, wir versprechen euch kostenlose Donuts. Andererseits leben die Kinder später – nicht die Erwachsenen. Sie sollten deshalb entscheiden können, wie die Zukunft aussieht.“ (Richard)
  • „Ich könnte mir vorstellen, dass der Klimaschutz besser wird, weil sich unsere Generation mehr engagiert, zum Beispiel bei Fridays for Future.“ (Marie)
  • „Ich habe Angst vor Robotern. Ich habe halt eine Phobie. Aber es ist schon interessant zu sehen, wie sich Roboter weiterentwickeln und ob sie für den Menschen brauchbar sind oder nicht und ob sie den Menschen gut ersetzen könnten.“ (Ceda)
  • „Roboter könnten uns helfen, in der Zukunft vieles besser zu machen. Sie könnten die Meere sauber machen und erforschen.“ (Anton)

Das Futurium entwickelte die neue Kinderserie als digitales Angebot mit und für Kids. Die fünf Folgen werden heute auf dem Youtube-Kanal des Futuriums veröffentlicht.

„Zick, Zack, Zukunft“ auf dem Youtube-Kanal des Futuriums

Gesamte Playlist: https://youtube.com/playlist?list=PL1lO4YK4FC3h9FJdiLa_xKpLImU_IcdW0
Folge 1: Roboter https://youtu.be/zER8N9vhEWg
Folge 2: Klima retten! https://youtu.be/7ZGgOCZw9p0
Folge 3: Wahlrecht für Kinder? https://youtu.be/JqBnOwzag4c
Folge 4: Häuser aus Pilzen?! https://youtu.be/hSAi3AnrqQ8
Folge 5: Ab ins Weltall! https://youtu.be/Bb8_FFuNZ-Y

Weitere Familien-Angebote des Futuriums

Neben der Youtube-Serie bietet das Haus der Zukünfte weitere Aktivitäten für Kinder und Familien: Familienführungen, offene Workshops am Wochenende, eine Kinderrallye zum Selbsterkunden und Online-Workshops laden die junge Generation ein, sich aktiv mit Zukunftsfragen auseinanderzusetzen.

Family Open Lab

Jeden Samstag und Sonntag von 12:00 bis 17:00 Uhr veranstaltet das Haus der Zukünfte ein Family Open Lab. Das offene Workshop-Programm richtet sich an alle, die gern tüfteln, ausprobieren und Ideen erfinden. Die Werkstatt im Futurium Lab steht in dieser Zeit den Interessierten offen. Sie können spontan vorbeikommen, Zukunftsfragen erkunden und spielerisch die technischen Grundlagen von Robotik, 3D-Druck, Programmieren oder Lasercutting kennenlernen. Thematisch geht es um die Stadt der Zukunft (virtuelle Welten erkunden), zukünftige Logistik-Lösungen (kleine Lern-Roboter steuern), 3D-Druck (neue Produktionstechniken ausprobieren) oder Zukunftsmasken (basteln mit dem Lasercutter). Die Workshopthemen wechseln sich wöchentlich ab, bieten unterschiedliche Schwierigkeitsgrade und sind für alle von zehn bis 99 Jahren geeignet.

Führungen für Familien

Für Familien bietet das Futurium jeden Sonntag von 14:30 – 15:30 Uhr eine öffentliche Familienführung durch die Ausstellung an. Sie ist empfohlen für Kids ab sechs Jahren. Wer lieber in der eigenen Gruppe das Haus der Zukünfte erkundet, kann eine private Gruppenführung buchen und Anzahl und Alter der Kinder angeben.

Kinderrallye

Für Entdeckerinnen und Entdecker: Ausgestattet mit dem Kinderrallye-Heft „Ab in die Zukunft“ und einer Portion Neugier können Kinder auf eigene Faust die Zukunftswelten der Ausstellung erkunden. Das Heft ist auf Deutsch und Englisch kostenfrei an der Information im Foyer erhältlich.

Online-Workshops

Mit den Online-Angeboten reagiert das Futurium auf die wachsende Nachfrage, ortsunabhängige Lernmöglichkeiten zu schaffen. Workshops zu Themen wie Zukunftsmusik, Mobilität und Werkzeuge der Zukunft ermuntern zum Selberlernen. Sie laden ein ins digitale Tüfteluniversum, um darüber nachdenken, wie wir eigentlich leben wollen.

Über das Futurium

Das Futurium ist ein Haus der Zukünfte. Hier dreht sich alles um die Frage: Wie wollen wir leben? In der Ausstellung können Besucher*innen viele mögliche Zukünfte entdecken, im Forum gemeinsam diskutieren und im Futurium Lab eigene Ideen ausprobieren. Schon heute wissen wir: In der Zukunft müssen wir große Herausforderungen bewältigen. Wie können wir den Klimawandel in den Griff bekommen? Welche Technologien wollen wir künftig nutzen? Dient uns die Technik – oder wir ihr? Wie wollen wir als Gesellschaft zusammenleben – gibt es Alternativen zum „Höher-Schneller-Weiter“? Zukunft entsteht auch durch unsere Entscheidungen und unser Handeln in der Gegenwart. Das im September 2019 eröffnete Futurium möchte deshalb alle Besucher*innen dazu ermutigen, sich mit Zukunft auseinanderzusetzen und Zukunft mitzugestalten. Seit Eröffnung des Futuriums haben bereits über 1,3 Millionen Menschen das Haus besucht und weitere Millionen die digitalen Angebote genutzt.

Monique Luckas, https://futurium.de/




Viele Trennungskinder würden das Wechselmodell bevorzugen

Anja Steinbach und Tobias Helms untersuchen, welches Modell besser für das Kindeswohl wäre

Nach einer Trennung folgt oft der Kampf ums Kind. Bei welchem Elternteil der Nachwuchs bleiben soll, ist eine der umstrittensten Fragen in Scheidungsverfahren. Hierzulande ist das Residenzmodell die Regel. Trennungskinder leben bei einem Elternteil und der andere Teil erhält ein Umgangsrecht. Das Wechselmodell, bei dem sich Mutter und Vater die Betreuung teilen, ist die Ausnahme. Aber welches Modell ist besser für das Kindeswohl? Dazu haben die Soziologin Professorin Dr. Anja Steinbach von der Universität Duisburg-Essen (UDE) und der Jurist Professor Dr. Tobias Helms von der Philipps-Universität Marburg eine Studie durchgeführt. Die Ergebnisse sind jetzt in der Zeitschrift für das gesamte Familienrecht (FamRZ) erschienen.

Residenzmodell ist hierzulande Standard

Der Anteil von Trennungsfamilien, die ein Wechselmodell praktizieren, liegt in Deutschland bei gerade einmal fünf Prozent. Kindern, die in einem solchen Modell leben, geht es aber mindestens genauso gut oder sogar ein wenig besser als Kindern, die im Residenzmodell leben. Das gilt vor allem für die Altersgruppe der 7- bis 14-Jährigen. Auch wie das Wechselmodell ausgestaltet wird, spielt eine Rolle. Positiv auf das Wohlbefinden wirkt sich insbesondere das asymmetrische Wechselmodell aus, bei dem die Kinder bei beiden Elternteilen mindestens 30 Prozent ihrer Zeit verbringen. Weniger stark ausgeprägt sind die positiven Effekte beim symmetrischen Wechselmodell, bei dem die Kinder jeweils zu gleichen Teilen von beiden Eltern betreut werden.

Entscheidend: Beziehung zu beiden Eltern

Entscheidend für das Funktionieren eines Wechselmodells ist die Beziehung des Kindes zu beiden Eltern. Ist diese gut, wirkt es sich besonders positiv auf das Kindeswohl aus. Umgekehrt zeigen sich in diesem Modell jedoch auch die negativen Folgen stärker, wenn die Beziehung zwischen den Eltern von Streit belastet ist oder die Kinder in einen Loyalitätskonflikt geraten.

„Unser Befund ist klar: Das Wechselmodell funktioniert mindestens genauso gut wie das bisher vorherrschende Residenzmodell“, stellt Anja Steinbach fest. „Es ist aber kein Patentrezept, das sich in jeder Trennungssituation als erste Wahl aufdrängt. Viel hängt vom Verhältnis der Eltern ab, insbesondere inwieweit es ihnen gelingt, ihre Konflikte von den Kindern fernzuhalten und sich einvernehmlich über die Betreuung zu verständigen.“

Eine Patentlösung gibt es nicht

„Unsere Studie ist im Großen und Ganzen eine Bestätigung für die von den Gerichten derzeit praktizierte Herangehensweise“, ergänzt Tobias Helms (im Bild mit seiner Mitarbeiterin und Marburger Koautorin Dr. Stephanie Schneider). „Können sich die Eltern nicht einigen, hat der Richter das Wechselmodell als eine ernsthaft in Betracht kommende Option in Erwägung zu ziehen. Eine vorzugsweise heranzuziehende Lösung ist das Wechselmodell jedoch nicht. Ausschlaggebend ist das Wohl des konkret betroffenen Kindes.“

Für die Studie „Familienmodelle in Deutschland“ (FAMOD) wurden 1.233 Familien befragt, die nach einer Trennung ein Residenzmodell oder ein Wechselmodell praktizieren.

Dr. Thomas Wittek, UDE