Frühe Widrigkeiten treiben die Gehirnentwicklung

Langfristig kann Anpassung der Psyche der Kinder jedoch in einem erheblichen Maß schaden

Forscher des Singapore Institute for Clinical Sciences haben einen Zusammenhang zwischen einem früh erlebten Leid und der Geschwindigkeit bei der Entwicklung des Gehirns nachgewiesen. Dafür wurden Neuroimaging-Daten der groß angelegten „Kohorte Growing Up in Singapore Towards healthy Outcomes“ (GUSTO) ausgewertet. Diese zeigen, dass eine erhöhte Belastung mit Widrigkeiten im frühen Leben (ELA) in den Jahren vor dem Schulbesuch zur Beschleunigung der Entwicklung des Gehirns führt.

Kognitive und psychische Probleme

Hat eine Mutter während der Schwangerschaft psychische oder körperliche Probleme, entwickelt sich das Gehirn des Kindes schneller, um sich an diese widrigen Umstände anzupassen, so die Experten. Diese Beschleunigung kann in der Folge zu einem höheren Risiko bei abträglichen kognitiven und psychischen Ergebnissen führen. Dazu gehören unter anderem schwere depressive Störungen.

Um die Auswirkungen von ELA zu quantifizieren, haben die Forscher ein von Patricia Silveira von der McGill University entwickeltes Bewertungsverfahren eingesetzt. Ziel war es, einen zusammengesetzten Score zu erstellen, der Faktoren berücksichtigt, die sich über eine Bevölkerung erstrecken. Diese Faktoren konzentrieren sich auf Belastungen, die vor der Geburt stattgefunden haben.

Dazu gehören die psychische und körperliche Gesundheit der Mutter während der Schwangerschaft, aber auch die Familienstruktur und die finanziellen Gegebenheiten. Werden verschiedene Risikofaktoren zusammengerechnet oder kombiniert, wird eine bessere Vorhersage der Ergebnisse eines Kindes möglich. Mittels dieses zusammengesetzten Scores hat das Team die GUSTO-Kohorte in verschiedene Ausmaße einer kumulativen ELA-Belastung aufgeschichtet.

Anpassung durch Neuroplastizität

Um die Geschwindigkeit der Entwicklung des Gehirns während der Kindheit zu modellieren, wurden multimodale MRT-Scans der GUSTO-Kohorte ausgewertet. Diese Scans wurden bei 549 Kindern im Alter von 4,5, 6 und 7,5 Jahren durchgeführt. Da die meisten psychischen Erkrankungen ihren Ursprung auch in der Kindheit haben, werden diese Werte als sehr relevant angesehen.

Die Fachleute haben einen Maßstab eingesetzt, der die strukturelle und funktionelle Konnektivität des Gehirns kombiniert, um Einblicke in den Zusammenhang zwischen der Gehirnstruktur und der -funktion darzustellen. Der Messwert „SC-FC“ spiegelt das Potenzial eines Kindes im Bereich der Neuroplastizität wider – also die Fähigkeit des Gehirns, sich anzupassen und um zu lernen, auch neu zu organisieren, sich von Verletzungen zu erholen und sich auf neue Erfahrungen einzustellen. Es wird vermutet, dass das Gehirn in der frühen Kindheit weniger spezialisiert und anpassungsfähiger ist. Dem würde im Verlauf der Kindheit eine abnehmende Kurve des SC-FC entsprechen.

Das Team unter der Leitung von Tan Ai Peng und Chan Shi Yu hat nachgewiesen, dass eine hohe Belastung mit ELA zu einem rascheren Abfall von SC-FC zwischen viereinhalb und sechs Jahren führt. Das weist auf eine beschleunigte Entwicklung des Gehirns hin. Dabei handelt es sich wahrscheinlich um einen Mechanismus, der auf Anpassung ausgerichtet ist, heißt es.

Er tritt auf, wenn es zum Kontakt mit Umweltfaktoren kommt, die eine gewisse Reife erfordern. Obwohl es sich dabei um einen Schutz gegen Widrigkeiten handelt, gibt es auch negative Auswirkungen. Langfristig führt dieser Mechanismus nämlich dazu, dass das Zeitfenster bei Neuroplastizität und adaptivem Lernen kleiner wird. Details sind in „Nature Mental Health“ nachzulesen.

Moritz Bergmann, pressetext.redaktion




Wer sich viel bewegt, denkt schneller und besser

Wissenschaftler weisen verstärkte Ausschüttung des Hormons Dopamin bei sportlichen Aktivitäten nach

Körperliche Anstrengungen sind nicht nur gut für die Gesundheit, sie verbessern auch die kognitiven Fähigkeiten. Das Gehirn denkt wegen des Dopamins schneller und besser. Das hat Sportwissenschaftler Joe Costello von der University of Portsmouth mit seinem Team herausgefunden.

Für kognitive Gesundheit

Der Neurotransmitter Dopamin, der gemeinhin als Glückshormon bezeichnet wird, spielt eine entscheidende Rolle. Das könnte zu einem neuen therapeutischen Weg für die kognitive Gesundheit führen, da Dopamin bei verschiedenen Erkrankungen, darunter Parkinson, Schizophrenie, ADHS, Sucht und Depression, entscheidenden Einfluss hat.

Dass Dopamin ausgeschüttet wird, wenn man sich körperlich anstrengt, haben die Forscher mit der Positronen-Emissions-Tomographie (PET) nachgewiesen. Das ist ein bildgebendes Diagnoseverfahren. Dabei erhält der Patient ein Radiopharmaka, das meist in eine Armvene injiziert wird. Dieses Präparat verteilt sich über den Blutkreislauf im Körper. Es sendet Positronen aus, elektrisch positiv geladene Teilchen, den Gegenstücken zu Elektronen.

52 Männer im Versuchslabor

Positronen und Elektronen verschmelzen, nachdem erstere emittiert worden sind, im Bruchteil einer Sekunde. Dabei senden sie zwei Lichtteilchen (Photonen) aus, die eine PET-Kamera aufzeichnet. Aus vielen dieser Momentaufnahmen entsteht ein Bild des Kreislaufs, auf dem beispielsweise detailliert zu sehen ist, wie gut die Herzkranzgefäße durchblutet sind.

Um die Ausschüttung von Dopamin beim Training zu erkennen, haben die Forscher 52 männliche Probanden ausgewählt. Im ersten Test sollten sie kognitive Aufgaben im Ruhezustand und beim Radfahren im PET-Scanner ausführen. Die zweite Studie hat elektrische Muskelstimulation genutzt, um zu testen, ob erzwungene Muskelbewegungen die kognitive Leistung ebenfalls verbessern. Das letzte Experiment kombinierte echtes Training mit Muskelstimulation. Ergebnis: Die Gehirnleistung verbesserte sich nur bei „echtem“ Training.

Wolfgang Kempkens, pressetext.redaktion




Kindgerechte Ernährung: Wissen, was gesund hält

IST-ebk

Ausreichend Bewegung und eine ausgewogene Ernährung – das sind zwei wichtige Säulen für die gesunde Entwicklung von Kindern

Dass die richtige Ernährung für die kindliche Entwicklung unabdingbar ist, dürfte bekannt sein. Aber was ist denn eigentlich „die richtige“ Ernährung? Die Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen ändern sich im Laufe ihrer Entwicklung immer wieder und die vom Robert Koch-Institut veröffentlichten Zahlen zu Übergewicht unter Kindern zeigen, dass es offensichtlich nicht so einfach ist, die „richtige“ Ernährung zu erkennen: Etwa jedes sechste Kind in Deutschland ist übergewichtig.

Mit der Weiterbildung „Ernährungsberater:in für Kinder“ gibt das IST-Studieninstitut Eltern, professionellen Ernahrungsberater:innen, aber auch Erzieher:innen einen Leitfaden in die Hand, mit dem sie sich einen fundierten Überblick über den sich verändernden Nähstoffbedarf von Kindern verschaffen können.

Die berufsbegleitende Weiterbildung dauert nur sechs Monate und setzt sich aus dem Grundlagenkurs „Ernährungsberater:in“ und einem kinderspezifischen Part zusammen

Im spezifischen Teil dreht sich alles um die richtige Ernährung von Kindern und Jugendlichen. Hier wird der Zusammenhang von Ernährung und Bewegung beleuchtet. Altersgruppenspezifische Ernährungserkrankungen werden vorgestellt und die Abhängigkeit des Nährstoffbedarfs in unterschiedlichen Entwicklungsstadien erläutert.

Außerdem werden Beratungsansätze aufgezeigt, die Kinder und Eltern zugleich einbeziehen. Denn im Kindesalter wird der Grundstein für das spätere Essverhalten und die Gesundheit im Erwachsenenalter gelegt: wer schon als Kind wenig gesunde Nahrung bekommen hat, greift auch später eher zu Fast Food und ungesunden Snacks. Dafür müssen Eltern, aber auch schon Kinder und Jugendliche selbst sensibilisiert werden.

Erzieher:innen erhalten in dieser sechsmonatigen Weiterbildung also einen wertvollen Instrumentenkasten an die Hand, der sie dabei unterstützt, Kinder und Eltern von gesunder Ernährung zu begeistern.

Die Fortbildung setzt sich aus Studienheften, Online-Vorlesungen, Podcasts und (Online-)Seminaren zusammen. Dabei können sich die Teilnehmer:innen das Lernpensum selbst einteilen. Es gibt keinen vorgegeben Stundenplan, sondern einzelne Bausteine, auf die jede:r zugreifen kann, wenn es der Alltag zulässt. Lediglich die (Online-) Seminare finden zu vorgegebenen Zeiten statt. Allerdings gibt es meist mehrere Termine zur Auswahl, so dass man es sich auch hier passend machen kann.

Weitere Infos unter www.ist.de




Wachstum, Zuwanderung und Alterung: Das Gesicht der Städte verändert sich

Neue BBSR-Studie gibt Einblicke in demografische und soziale Entwicklungen in deutschen Großstädten

Eine aktuelle Studie des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) analysiert die demografischen und sozialen Entwicklungen in mehr als 50 deutschen Großstädten – vom Bevölkerungswachstum über eine veränderte Altersstruktur bis hin zu sozialer Ungleichheit. Die Forschungsarbeit beruht auf kleinräumigen statistischen Daten.

Für den Zeitraum 2011 bis 2021 identifiziert die Studie folgende Trends:

1. Bevölkerungswachstum: Fast alle Großstädte verzeichneten einen Bevölkerungszuwachs. Insgesamt lebten 2021 rund 7 Prozent mehr Menschen in den Großstädten als 2011. Überdurchschnittlich stark wuchsen die größten deutschen Städte, aber auch viele kleinere Großstädte in Süddeutschland.
2. Zuwanderung: Alle Städte verzeichneten im Untersuchungszeitraum Zuwanderungsgewinne aus dem Ausland.
3. Binnenwanderung: Trotz des allgemeinen Bevölkerungswachstums verloren die meisten Städte durch Binnenwanderung Bevölkerung an das direkte Umland, wobei viele Familien zu den Abwandernden gehörten.
4. Alterung: Die Bevölkerung alterte, in den Großstädten allerdings weniger stark als im deutschen Durchschnitt. Ursächlich ist auch hier die Zuwanderung aus dem Ausland. Der Anteil von Menschen ab 85 Jahren nahm gegenüber 2011 um fast 30 Prozent zu.
5. Kinder und Jugendliche: Im Vergleich zu 2011 stieg die Anzahl von Kindern und Jugendlichen deutlich an, in den ostdeutschen Städten sogar um 29 Prozent.
6. Internationalisierung: Jede/r Fünfte hatte in den Großstädten im Jahr 2021 keine deutsche Staatsangehörigkeit. Die Ausländeranteile variierten zwischen den Städten stark.
7. Haushaltsentwicklung: Die Zahl der Einpersonenhaushalte und der Haushalte mit fünf und mehr Personen stieg deutlich an, die der kleinen Haushalte um 9 Prozent, die der großen Haushalte um 15 Prozent.
8. Soziales: Der Arbeitslosenanteil und der Anteil der in Bedarfsgemeinschaften lebenden Personen variierten beträchtlich, wobei süddeutsche Städte geringe Anteile aufwiesen. Hohe Anteile haben dagegen Städte im Ruhrgebiet.

„Ankunftsquartiere“

Der Bevölkerungszuwachs betrifft der Studie zufolge besonders Stadtteile, die ohnehin von einer hohen Fluktuation geprägt sind und als „Ankunftsquartiere“ eine wichtige Funktion für die Integration von Zuwandernden spielen. Die Forschenden fanden zudem heraus, dass sich die soziale Ungleichheit in den letzten zehn Jahren verstärkt hat – gemessen am Arbeitslosenanteil und am Anteil der in Bedarfsgemeinschaften lebenden Personen. In Stadtteilen mit hohen SGB-II-Quoten stiegen sowohl die Zahl als auch der Anteil der Personen, die Leistungen nach SGB II erhalten. Hier leben überdurchschnittlich viele Alleinerziehende sowie Haushalte mit fünf und mehr Personen. In einigen Stadtteilen leben inzwischen mehr als 60 Prozent der Kinder und Jugendlichen in Bedarfsgemeinschaften.

Die Studie „Deutsche Großstädte unter Anpassungsdruck“ macht die sich aus den sozialen und demografischen ergebenden Handlungserfordernisse für die Stadtentwicklungspolitik sichtbar. Sie ist auf der Website des BBSR abrufbar:

https://www.bbsr.bund.de/BBSR/DE/veroeffentlichungen/sonderveroeffentlichungen/2023/deutsche-grossstaedte-anpassungsdruck.html

Hintergrund: Grundlage der Studie sind im Wesentlichen Daten des kommunalstatistischen Gemeinschaftsprojekts „Innerstädtische Raumbeobachtung“ (IRB), an dem 55 Städte – darunter 52 Großstädte – teilnehmen. Alle Städte über 250.000 Einwohnerinnen und Einwohnern sind an dem Projekt beteiligt. Die Daten ermöglichen einen einzigartigen repräsentativen Blick auf die Entwicklung der Großstädte in Deutschland. Der große Mehrwert liegt unter anderem darin, dass Daten auf Stadtteilebene vorliegen und so innerstädtische soziale und demografische Entwicklungen analysiert werden können. Das BBSR koordiniert die Datensammlung und -bereitstellung und fungiert als Geschäftsstelle für das Projekt.

Christian Schlag, Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR)




Jetzt noch schnell für den Kinder- und Jugendpreis bewerben!

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Der Preis ist mit insgesamt 30.000 € dotiert – Preisverleihung im Europapark

Der Endspurt läuft: Noch drei Wochen besteht die Möglichkeit, sich um den Deutschen Kinder- und Jugendpreis des Deutschen Kinderhilfswerkes zu bewerben. Mit der Auszeichnung werden Projekte gewürdigt, bei denen Kinder und Jugendliche beispielhaft an der Gestaltung ihrer Lebenswelt mitwirken. Der Deutsche Kinder- und Jugendpreis ist mit insgesamt 30.000 Euro dotiert und damit der höchstdotierte bundesweite Preis für Kinder- und Jugendbeteiligung in Deutschland.

Preisverleihung im Freizeitpark

Langjähriger Partner ist der Europa-Park in Rust. Die Bewerbungsfrist endet am 31. Januar 2024. Am 07. Oktober laden das Deutsche Kinderhilfswerk und Miriam Mack, Botschafterin des Deutschen Kinderhilfswerkes, alle Beteiligten zur Preisverleihung in Deutschlands größten Freizeitpark ein. Neben der Bekanntgabe der Gewinnerprojekte erwartet die Teilnehmenden dort ein abwechslungsreiches Rahmenprogramm mit Musik-Acts und Prominenten, die das Engagement der Kinder und Jugendlichen wertschätzen. In den vergangenen Jahren zählten unter anderem Mike Singer, Stefanie Heinzmann, Enie van de Meiklokjes und Regina Halmich zu den prominenten Laudatorinnen und Laudatoren. Auch sie zeigen sich immer wieder begeistert von den Projekten, die die jungen Menschen auf die Beine stelle

Werbung für Kinder- und Jugendrechte

Mit dem Deutschen Kinder- und Jugendpreis wirbt das Deutsche Kinderhilfswerk im Sinne der UN-Kinderrechtskonvention für eine stärkere Beteiligung von Kindern und Jugendlichen an allen sie betreffenden Fragen und Belangen. Um ihre aktive Teilnahme zu sichern, stellt das Deutsche Kinderhilfswerk Kinder und Jugendliche in den Mittelpunkt des gesellschaftlichen Interesses. Nur so fühlen sie sich wertgeschätzt und lernen Demokratie. Zudem werden die Projekte der Kinder und Jugendlichen im Rahmen der Preisverleihung in besonderer Weise öffentlich gewürdigt.

Verschiedene Kategorien

Vergeben wird der Preis in den Kategorien Solidarisches Miteinander, Politisches Engagement und Kinder- und Jugendkultur. Die Gewinner des 1. Platzes jeder Kategorie erhalten ein Preisgeld in Höhe von 6.000 Euro. Außerdem wird es in jeder Kategorie eine lobende Erwähnung geben, die mit 3.000 Euro dotiert ist. Zusätzlich wird ein Projekt mit dem Europa-Park JUNIOR CLUB Award ausgezeichnet, der mit einem Preisgeld von 3.000 Euro gewürdigt wird.

Uns so geht es weiter

Die Bewerbung erfolgt online unter www.dkhw.de/dkjp. Dort sind weitere Informationen sowie Hinweise zum Ausfüllen der Bewerbung aufgeführt. Die Vorhaben sollen bereits begonnen haben oder im letzten halben Jahr abgeschlossen worden sein. Für die Endauswahl werden je Kategorie sechs Projekte durch eine Fachjury nominiert. Danach wird der Kinder- und Jugendbeirat des Deutschen Kinderhilfswerkes als Kinderjury die Preisträgerinnen und Preisträger ermitteln. Kinder und Jugendliche der Gewinnerprojekte für den Deutschen Kinder- und Jugendpreis werden zur Preisverleihung in den Europa-Park in Rust eingeladen und erhalten während der Veranstaltung die Möglichkeit, ihr Projekt direkt auf der Bühne vorzustellen. Zusätzlich wird von jedem Gewinnerprojekt sowie von den lobenden Erwähnungen ein Kurzfilm gedreht, der zur Vorstellung des Engagements dient.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk




Wird 2024 zum Jahr der großen Bildungswende?

Die neue KMK Präsidentin will das Bildungssystem mutig verändern – was ihr entgegensteht

Die neue Präsidentin der Kultusministerkonferenz (KMK), Christine Streichert-Clivot (Foto), will das Bildungssystem mutig verändern. Gegenüber dem Deutschlandfunk erklärt die saarländische Bildungsministerin, dass man bereits begonnen habe, den Fokus auf den Erwerb von Basiskompetenzen zu legen. Das will sie gemeinsam mit den Akteuren aus dem Bildungssystem tun. Allein schaffe das die Schule ohnehin nicht. Es brauche eine Zusammenarbeit über die Ressortgrenzen hinaus. Helfen solle dabei das Startchancenprogramm, das ab Herbst nun endlich helfen solle, multiple Problemlagen zu lösen.

Laut Studien ist unser Bildugnssystem so schlecht wie nie zuvor

Irgendwie haben wir das alles schon mal gehört. Seit dem ersten PISA-Schock zur Jahrtausendwende gab es in regelmäßigen Abständen großartige Ankündigungen, dass sich nun alles bessern werde. Dabei ist offensichtlich kaum etwas besser geworden, sondern vieles schlechter. Belege dafür gab es im vergangenen Jahr genug. Mit Blick auf die Ergebnisse der PISA-, IQB- und IGLU-Studien zeigt sich deutlich, dass unser Bildungssystem zu einem leckenden Wrack verkommen ist.

An Kompetenz mangelt es nicht

Dabei mangelt es gar nicht am Wissen. Über die Entwicklung des Menschen und das Lernen ist fast alles bekannt. Auch mangelt es nicht an gelungenen Beispielen: Mit dem jährlich vergebenen Schulpreis gibt es aktuell über 100 Schulen zu bestaunen, in denen lehren und lernen bekanntlich gelingt. Was läuft auf Politikseite also schief, dass es trotz vielfältiger Bemühungen in den vergangenen Jahrzehnten nicht gelungen ist, ein funktionierendes Bildungssystem aufzubauen?

Veränderung ist schwer und manchem zu schwer

„Veränderung ist am Anfang schwer, in der Mitte chaotisch und am Ende wunderschön“, lautet ein bekanntes Sprichwort. Wer unser Bildungssystem nur ansatzweise kennt, weiß, wie schwer es ist, die verkrusteten Strukturen aufzubrechen. Die Nutznießerinnen und Nutznießer des Systems sind nicht nur mächtig, sondern verteidigen es auch mit fast allen Mitteln. Die meisten Reformbemühungen von Politikseite scheitern schon im Ansatz, weil zahlreiche Politikerinnen und Politiker die Interessen ihres Klientels, das sie in ihrer Position stützt, vertreten. Es versteht sich, dass Kinder so gut wie nie zu diesem Klientel gehören. So ersticken schon die meisten sinnvollen Initiativen im Parteienstreit oder scheitern an der Bürokratie.

Expertentum statt Lobbyismus ist überfällig

Leider gilt der Spruch nicht: „Wem Gott gibt ein Amt, dem schenkt er auch den Verstand“. Die meisten Ministerinnen und Minister sind nicht vom Fach. Christine Streichert-Clivot hat etwa sieben Jahre lang Politikwissenschaft, Soziologie und Volkswirtschaftslehre studiert, aber eben kein Lehramt oder Pädagogik. Das ist durchaus üblich. Schließlich geht es in diesem Amt erst mal darum, mit dem Ministerium klar zu kommen. Die Bildung kommt dann erst an zweiter Stelle.

Um diesen Nachteil auszugleichen, haben viele Politikerinnen und Politiker Fachberaterinnen und -berater. Leider verwechseln sie diese allzu leicht mit den Lobbyisten. So spricht Streichert-Clivot von den Akteuren aus dem Bildungssystem. Viele von diesen sind in Verbänden, Stiftungen oder Vereinen tätig, die keineswegs an erster Stelle die Interessen der Kinder und Jugendlichen vertreten. So ist etwa der didacta Verband kein Verband, der sich in erster Linie für eine gelungene Bildung oder Pädagogik engagiert. Als Verband der Bildungswirtschaft vertritt er die Interessen seiner Mitglieder und als Wirtschaftsunternehmen haben diese völlig legitim ihre Profitinteressen im Auge.

Gleiches gilt etwa für den Verband der Bildungsmedien oder – aus unserer Sicht – für die Stiftung Lesen, deren Mitglieder bzw. Stifterrat zum Großteil Wirtschaftsunternehmen sind. Auch die Gewerkschaften, der Realschullehrerverband oder der Philologenverband haben in erster Linie die Interessen ihrer Mitglieder im Auge und das sind eben nicht die Schülerinnen und Schüler. Gleiches gilt auch für die zahlreichen Bildungsträger, die oftmals zumindest die Interessen der Eltern berücksichtigen. In all den beschriebenen Vereinigungen gibt es zwar tatsächlich engagierte Menschen, die sich ehrlich für die Belange der Kinder und Jugendlichen einsetzen. Im Zweifel jedoch stehen die eigentlichen Interessen dieser Organisationen für den wirtschaftlichen Erfolg oder den Erfolg der Mitglieder an erster Stelle.

An den Früchten sollt ihr sie erkennen

Es bedarf schon einiger Mühe tatsächliche Expertinnen und Experten zu identifizieren, die vorwiegend darauf zielen, die Bildung von Kindern und Jugendlichen unterstützen wollen. An erster Stelle seien hier die tatsächlichen Forscherinnen und Forscher genannt, die sich leider nicht durch den Professoren- oder Doktortitel identifizieren lassen, sondern durch ihre konkrete Arbeit. Und diese leisten sie nicht auf Empfängen mit dem Sektglas in der Hand. Hier sollte der gesunde Menschenverstand helfen.

Auch der Deutsche Kinderschutzbund oder das Deutsche Kinderhilfswerk engagieren sich ehrlich für die Interessen der Kinder- und Jugendlichen, nur eben selten auf der Bildungsseite. Eine rühmliche Ausnahme bildet der Grundschulverband, der sich zum Ziel gesetzt hat, die berechtigten pädagogischen Interessen der Kinder zu vertreten.

Zu viel steht auf dem Spiel

Wer diese Prozesse versteht, der möchte manchmal einfach davonlaufen, kapitulieren oder schlimmeres tun. Schließlich skizzieren die oben beschriebenen Mechanismen einige Ursachen dafür, warum sich entweder nichts bewegt oder einfach in die falsche Richtung agiert wird. Andererseits gilt es, den kritischen Blick zu schärfen, um jenen besser auf die Finger zu schauen, die solche Prozesse in Gang setzen und durchführen. Den Ehrlichen wird es recht sein. Alle anderen mögen das gar nicht. Kneifen gilt aber nicht. Schließlich lassen sich die meisten Missstände in demokratischen Staaten auf einen Mangel an Bildung zurückführen. Der Schlüssel liegt also in einem menschengerechten, wertschätzenden, modernen Bildungssystem.

Es wird also spannend sein, zu beobachten, mit welchen Akteuren aus dem Bildungssystem Streichert-Clivot zusammenarbeiten will, und wo diese dann noch aktiv sind.

Veränderung bedeutet immer auch Widerstand

Die neue KMK-Präsidentin muss wirklich sehr mutig sein, wenn sie etwas nachhaltig zum Guten verändern möchte. Schließlich gilt es zunächst viele alte Zöpfe abzuschneiden, die in den vergangenen 30 Jahren nun schon kläglich versagt haben und uns in diese Katastrophe geführt haben. Das wird Ärger geben. Dabei wird sie zwar auf vielseitiges Verständnis stoßen, ehrliche Unterstützerinnen und Unterstützer zu finden, wird ihr dagegen schwerfallen. In jedem Fall sollte sie die Kinder und Jugendlichen hören und jene Akteure im Bildungssystem, die in den vergangenen Jahren den Schulpreis erhalten haben.

Als unabhängiges und kritisches Pressemedium werden wir diesen Prozess begleiten, Sie informieren, das schlecht nennen, was schlecht ist, und das loben, was zu loben ist.

Gernot Körner




Klassensätze des Magazins „echt jetzt?“ jetzt noch kostenlos bestellen

echt-jetzt

Magazin soll Leseförderung und MINT-Förderung gleichzeitig sein

Lesen und forschen gemeinsam stärken – das ist das Ziel des Grundschulmagazins „echt jetzt?“. Lehrkräfte können sich unter echtjetzt-magazin.de/mitmachen bis 31. Januar für kostenfreie Klassensätze anmelden, die zweimal jährlich erscheinen. Das Magazin ist ein Projekt der Stiftung Kinder forschen und der Stiftung Lesen und wurde von der Dieter Schwarz Stiftung im Jahr 2020 initiiert. Es verbindet MINT-Themen und Leseförderung im Unterricht miteinander und unterstützt Kinder dadurch fächerübergreifend beim Lernen.

Das Magazin soll Kinder ansprechen, die noch nicht viel lesen

Zum Inhalt gehören Rätsel und Experimente. Die MINT-Themen aus dem Alltag der Kinder sollen zum Lesen anregen und Kindern, die bereits gern lesen, Gelegenheiten bieten sich verstärkt mit MINT-Themen zu beschäftigen.

Die nächsten Klassensätze des gedruckten „echt jetzt?“-Magazins zu den Themen „Weltraum“ und „Verkehr“ werden im Frühjahr sowie zum Schuljahresstart an die Schulen versendet.

Kostenfrei online: weitere Magazine und Begleitmaterial

Alle bisherigen und zukünftigen Ausgaben des Magazins stehen interessierten Lehrkräften digital unter echtjetzt-magazin.de inklusive Begleitmaterial zur Verfügung. Die bis heute erschienenen Ausgaben behandeln unterschiedliche Themen wie das Wetter, Wohnen und Bauen, Ernährung, Optik, Kommunikation und Bewegung. Das Zusatzmaterial können Sie auch unabhängig von der gedruckten Zeitschrift nutzen. Es umfasst unter anderem Arbeitsblätter, Hörtexte, interaktive Grafiken oder auf die Unterrichtsstunde ausgelegte Lese-Forschungsgeschichten.

Weitere Informationen und die kostenlosen digitalen Ausgaben finden Sie hier

https://echtjetzt-magazin.de/

Zur Anmeldung für die kostenlosen Klassensätze geht es hier

https://echtjetzt-magazin.de/mitmachen

Quelle: Pressemitteilung Stiftung Kinder forschen




Studienplätze für Erzieherinnen und Erzieher

Zwei kindheitspädagogische Studiengänge jetzt ohne Zulassungsbeschränkung

An der Hochschule Koblenz gibt es zum kommenden Sommersemester 2024 für die berufsbegleitenden Fernstudiengänge Bildungs- und Sozialmanagement mit Schwerpunkt frühe Kindheit (B.A.) und Pädagogik der Frühen Kindheit (B.A.) keine Zulassungsbeschränkung. Die Anzahl der Studierenden ist damit nicht mehr begrenzt. Und es haben mehr Bewerberinnen und Bewerber die Chance, einen Studienplatz zu erhalten. Alle Interessierten können sich noch bis zum 15. Januar 2024 beim zfh – Zentrum für Fernstudien im Hochschulverbund bewerben: http://www.zfh.de/anmeldung

In beiden Fernstudiengängen gibt es die Möglichkeit, die staatliche Anerkennung zur Sozialpädagogin/zum Sozialpädagogen zu erwerben. Die berufsbegleitenden Fernstudiengänge führt die Hochschule Koblenz in Kooperation mit dem zfh durch.

Bildungs- und Sozialmanagement mit Schwerpunkt frühe Kindheit (B.A.)

Dieses Fernstudienangebot spricht Kita-Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die bereits eine Leitungsfunktion in Kindertageseinrichtungen besetzen oder eine solche Position anstreben. Das Besondere dieses Studiengangs ist die Berufsintegration über die konsequente Verbindung von Theorie und Praxis. „Viele unserer Studierenden wechselten bereits im Laufe ihres Studiums ihre Arbeitsstellen. Absolventen übernahmen beispielsweise Leitungspositionen in Kindertageseinrichtungen, Gesamtleitungsstellen etwa im Trägerverbund, sind in Fachberatungen der Erwachsenenbildung oder im Bereich Fortbildung aktiv“, so die Studiengangsleitung.

Pädagogik der Frühen Kindheit (B.A.)

Auch dieser Studiengang richtet sich an staatlich anerkannte Erzieherinnen und Erzieher. Sie qualifizieren sich, um in Kindertagesstätten Bildungs-, Betreuungs- und Förderangebote wissenschaftlich bzw. theoretisch fundiert und gleichzeitig bedürfnisgerecht zu planen, umzusetzen und auszuwerten. Nach dem Studium eröffnen sich ihnen darüber hinaus vielfältige Arbeitsfelder, beispielsweise in Institutionen sowie Organisationen in der Kinder- und Jugendhilfe oder in Trägerorganisationen und –verbänden. Der Studiengang hat eine Regelstudienzeit von sieben Semestern.

Weitere Information unter: http://www.zfh.de/bachelor/bildungsmanagement/, http://www.zfh.de/bachelor/paedagogik/ und unter http://www.kita-studiengang.de

Über das zfh

Das zfh – Zentrum für Fernstudien im Hochschulverbund bildet gemeinsam mit 21 staatlichen Hochschulen den zfh-Hochschulverbund. Das zfh ist eine wissenschaftliche Institution des Landes Rheinland-Pfalz mit Sitz in Koblenz und basiert auf einem 1998 ratifizierten Staatsvertrag der Bundesländer Rheinland-Pfalz, Hessen und Saarland. Neben den 15 Hochschulen dieser drei Bundesländer haben sich weitere Hochschulen aus Bayern, Berlin, Brandenburg, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein dem Verbund angeschlossen. Das erfahrene Team des zfh fördert und unterstützt die Hochschulen bei der Entwicklung und Durchführung ihrer Fernstudienangebote.

Mit einem Repertoire von über 100 berufsbegleitenden Fernstudienangeboten in wirtschaftswissenschaftlichen, technischen/naturwissenschaftlichen und sozialwissenschaftlichen Fachrichtungen ist der zfh-Verbund bundesweit größter Anbieter von Fernstudiengängen an Hochschulen mit akkreditiertem Abschluss. Alle zfh-Fernstudiengänge mit dem akademischen Ziel des Bachelor- oder Masterabschlusses sind von den Akkreditierungsagenturen ACQUIN, AHPGS, ASIIN, AQAS, FIBAA bzw. ZEvA zertifiziert und somit international anerkannt. Neben den Bachelor- und Masterstudiengängen besteht auch ein umfangreiches Angebot an Weiterbildungsmodulen mit Hochschulzertifikat. Derzeit über 6.000 Fernstudierende an den Hochschulen des zfh-Verbunds eingeschrieben.

Ulrike Cron, Zentrum für Fernstudien im Hochschulverbund – zfh