50.000 Unterschriften für den Erhalt der Sprach-Kitas gesucht

GEW: „Keine Einsparungen auf Kosten der frühkindlichen Bildung – mit Weitblick in die Zukunft investieren!“

„Wir machen uns gemeinsam für Erhalt und Ausbau des Programms stark, weil Sprache der Schlüssel zur Welt ist“, sagt Doreen Siebernik, Vorstandsmitglied der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). „Tausende Fachkräfte, Kinder und Familien werden im Ungewissen gelassen und sind sehr besorgt. In den Kitas gibt es viel Unverständnis und Wut über die Prioritätensetzung der Bundesregierung. Es ist ein katastrophales Zeichen und eine bittere Enttäuschung für all jene, die Hoffnungen in die Ampel-Koalition gesetzt haben.“

„Der Spracherwerb ist das Grundgerüst für erfolgreiches Lernen.“

In den Bundesländern werde gerade hektisch versucht, gewachsene Strukturen aus Eigenmitteln zu retten. Jedoch fehle es an Geld. Die Folge: Die Mittel müssten an anderer Stelle eingespart werden. „Anstatt die frühkindliche Bildung zukunftsfähig zu machen, hat die Bundesregierung einen Verteilungskampf in Gang gesetzt“, betont Siebernik. Es sei kaum abzusehen, welchen enormen Schaden die Pläne anrichten und wie viele qualifizierte Fachkräfte das Arbeitsfeld perspektivisch verlassen werden. Es sei skandalös, so Siebernik, dass die Bundesregierung hunderttausenden Kindern die Startchancen in unserer Republik dramatisch verschlechtern wolle: „Der Spracherwerb ist das Grundgerüst für erfolgreiches Lernen.“

Noch im Koalitionsvertrag Weiterentwicklung angekündigt

Noch im Koalitionsvertrag hatten die Parteien der Ampelregierung angekündigt, das Bundesprogramm „Sprach-Kitas“ weiterzuentwickeln und zu verstetigen. Im Haushaltsentwurf für 2023 sind jedoch keine Gelder eingestellt. Damit würde das Programm Ende 2022 auslaufen.

Die Kampagne „Sprach-Kitas retten“ macht sich für die Fortsetzung des Bundesprogramms „Sprach-Kitas“ stark. Zentrales Element der Kampagne ist eine Petition an den Bundestag, die unter diesem Link aufgerufen und unterzeichnet werden kann https://epetitionen.bundestag.de/petitionen/_2022/_08/_01/Petition_137016.nc.html

Ziel sind 50 000 Unterschriften in vier Wochen, damit es im Bundestag eine öffentliche Anhörung gibt. Homepage zur Kampagnenseite: www.sprachkitas-retten.de




Gehört auch Oma zur Familie?

Bilderbuch „Und deine Familie?“ von Charlotte Belliere und Ian de Haes

Auf dem Schulhof spielen die Kinder Familie. „Vater-Mutter-Kind“ hat man dazu früher gesagt. So etwa vor 40 Jahren. Damals war auch klar, dass Mädchen Röcke tragen und lange Haare haben. Jungen genau anders herum, Hosen und kurze Haare. Und alle waren weiß. So hautfarbenmäßig.

Heute sieht es auf dem Schulhof anders aus. Mädchen tragen Hosen oder Kleid, wie sie wollen. Allerdings sieht man keinen Jungen im Rock. An der Haarlänge lässt sich die Geschlechtereinteilung auch nicht ablesen. Und die weiße Hautfarbe ist genauso oft vertreten wie andere.

Es hat sich also viel verändert. Die Realität der Kinder sieht heute anders aus als noch vor wenigen Jahrzehnten. Ebenso verhält es sich mit der Familie. Und den eigenen verinnerlichten Geschlechterbildern der Kinder. So will das Mädchen nicht die Mama spielen, sondern den Papa. Andere wollen auch mitspielen. Damit entspinnt sich schnell eine rege Diskussion darüber, wer denn eigentlich zur Familie gehört. Das eine Kind findet es toll, Geschwister zu haben. Denn dann ist es nicht so langweilig. Ein anderes findet es toll, allein zu sein. Denn dann muss es seine Spielsachen nicht teilen.

Familie ändert sich ständig

Ein Mädchen lebt allein mit seiner Mutter, ein anderes hat zwei Mütter. Ein drittes wohnt allein mit seinem Vater. Da es für Mütterabwesenheit in dieser Gesellschaft gute Gründe geben muss – einfach so würde eine Mutter dem Vater ja nie ihr Kind zu Erziehungs- und Aufwachs-Zwecken überlassen – lebt diese in einem anderen Land.

Papas werden von den Kindern übrigens erstaunlich positiv gesehen. Offenbar schimpfen sie nicht häufiger als die Mütter. Und werden nicht mehr – wie noch vor 40 Jahren – als Bestrafungsinstanz eingesetzt. Dann gibt es noch die Trennungsfamilien, die Patchworkfamilien, nach der nächsten Trennung wieder neue Patchworkfamilien. Manche Kinder werden von Tagesmüttern betreut und manche von der Oma. Vor- und Nachteile der jeweiligen Lebenssituation bringen die Kinder erstaunlich klar in einem Satz auf den Punkt.

Aber das Familie-Sein ist heutzutage ganz schön vielfältig. Und damit kompliziert. Noch dazu verändert es sich immer wieder. Weshalb die Kinder am Ende lieber etwas Einfacheres spielen wollen: Schule…

Charlotte Bellieres Bilderbuch eignet sich hervorragend dazu, mit Kindern über das Thema „Familie“ ins Gespräch zu kommen. Nicht nur zu Hause, sondern auch in der Kita- oder Grundschul-Gruppe. Denn es zeigt, dass es viele unterschiedliche Familien mit vielen unterschiedlichen Angehörigen gibt. Und zwar ganz ohne Wertung.

Ralf Ruhl

Charlotte Belliere (Text), Ian de Haes (Ill.)
Und deine Familie?
Carl-Auer-Verlag 2022
www.carl-auer.de
46 Seiten, 21×27 cm
ab 4 Jahre
ISBN 978-3-96843-032-4
19,95 Euro




Schlechte Noten für das Bildungssystem

Laut Bildungsmonitor des Instituts der deutschen Wirtschaft ist vor allem die Situation in den MINT Bereichen problematisch

Digitalisierung, Dekarbonisierung, Demografie und neuerdings De-Globalisierung – die deutsche Wirtschaft steht laut dem Institut der deutschen Wirtschaft (IW) vor gewaltigen Herausforderungen. Um sie zu meistern, brauche es möglichst viele gut ausgebildete Beschäftigte. Wie es um das Bildungssystem in Deutschland bestellt ist, schaut sich das IW seit 2004 im Auftrag der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) an. Letztere ist eine vom Arbeitgeberverband Gesamtmetall gegründete und von Arbeitgeberverbänden finanzierte Lobbyorganisation und eigentlich selbst ein Tochterunternehmen des IW.

Sachsen-Anhalt und Bremen schneiden im Ranking schwach ab

In zwölf Handlungsfeldern mit 93 einzelnen Indikatoren prüfen die Forscher:innen Fortschritte im Bildungssektor von der frühkindlichen Bildung bis hin zum Studium und der Berufsausbildung. Zudem werden erstmals im neuen Feld „Digitalisierung“ fünf weitere Indikatoren für die einzelnen Bundesländer ausgewertet. Das Gesamtergebnis:

Sachsen, Bayern und Thüringen liegen im Ranking des Bildungsmonitors vorn. Schlecht schneiden Sachsen-Anhalt und Bremen ab.

Zusätzlich haben die Studienautor:innen einen Langzeitvergleich zum Bildungsmonitor 2013 gezogen: Zwar gab es in fast allen Handlungsfeldern bundesweit in den vergangenen neun Jahren Fortschritte. Doch in den wichtigen Bereichen Schulqualität, Integration und Hochschule/MINT haben sich laut Studie mehrere Indikatoren teils erheblich verschlechtert.

Situation in den MINT-Berufen problematisch

Für die deutsche Wirtschaft sei kurzfristig vor allem die Situation in den MINT-Berufen problematisch.

Derzeit fehlten in Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik – kurz MINT – mehr als 340.000 Arbeitskräfte. Die Zahl der Studienanfänger in diesen Fächern ist in den vergangenen fünf Jahren aber von knapp 200.000 auf etwa 170.000 gesunken. Und auch in den MINT-Ausbildungsberufen nähmen die Engpässe zu, so das IW in seiner Pressemitteilung. Damit folgen die Aussagen des IW den aktuellen Prognosen, die für das Jahr 2030 einen Fachkräftemangel von fünf Millionen voraussagen. Das hat aber weniger etwas mit dem Bildungssystem, sondern mit der demographischen Entwicklung in Deutschland zu tun.

Viertklässler schneiden derzeit schlechter ab

Langfristig dürfte die Schulqualität zum zentralen Problem werden. Denn die Kompetenzen von Viertklässlern in Deutsch und Mathematik haben sich von 2016 bis 2021 laut aktuellem Bildungstrend des Instituts zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen verschlechtert. Dazu nehme der Anteil der Kinder mit großen Lernlücken und die Ungleichheit der Bildungschancen zu. Das IQB hat auch festgestellt, dass die Kinder in ihrer sozialen Entwicklung zurückgeblieben sind.

Schon aktuell zeichnen sich bei der Integration Schwierigkeiten ab. So verlassen besonders viele Jugendliche mit Migrationshintergrund die Schule ohne Abschluss. Diese Kinder zu fördern, sollte ein Hauptaugenmerk der Bildungspolitik sein, fordert das IW.

Ganztagsbetreuung ausbaufähig

Genau angesehen haben sich die IW-Forscher:innen auch die Ganztagsbetreuung. Schließlich erleichtern flächendeckende Ganztagsangebote für den Nachwuchs den Eltern eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf – was wiederum gegen den Fachkräftemangel helfen kann.

Laut Studie gab es in diesem Bereich Fortschritte:

So waren 2020 rund 47 Prozent der Grundschüler in der Ganztagsbetreuung. Beim Bildungsmonitor 2013 lag der Anteil noch bei lediglich 31 Prozent.

Wenig Fortschritt bei der Digitalisierung

Eine ebenso große Herausforderung bleibe die Digitalisierung des deutschen Bildungssystems. „In der Corona-Pandemie hat sich gezeigt, dass an vielen Stellen von Schule bis Universität massiver Aufholbedarf besteht. Deshalb ist die Digitalisierung im Bildungsmonitor für die INSM nun erstmals als eigenes Handlungsfeld etabliert. Der Bestandsaufnahme zufolge bieten die Stadtstaaten Berlin, Hamburg und Bremen den besten Zugang zum Internet. Etwa neun von zehn Schulen haben mindestens 100-Megabit-Leitungen. Schlusslicht Sachsen-Anhalt kommt nur auf gut 52 Prozent seiner Schulen, die schnell ins Netz kommen“, so das IW.

Flächendeckend problematisch sei die Lage allerdings bei der Hardware. Mitte 2021 gab noch mehr als die Hälfte der Lehrkräfte in Deutschland an, keinen Zugang zu einem vom Arbeitgeber gestellten digitalen Endgerät zu haben. Das wirkt sich auf den Unterricht aus – nur 39 Prozent der Lehrkräfte verwenden nach Untersuchungen der Deutsche Telekom Stiftung täglich digitale Medien im Unterricht. Und das Gefälle sei enorm (Grafik):

Sachsen, Bayern und Thüringen haben laut dem Bildungsmonitor des Instituts der deutschen Wirtschaft aktuell wohl das beste Bildungssystem in Deutschland. Insgesamt hapere es in der Bildungspolitik aber an vielen Stellen, so das Institut.
Während in Bayern zwei Drittel der Lehrer täglich digitale Medien in ihren Unterrichtsstunden nutzen, tut dies in Hamburg nicht einmal jede sechste Lehrkraft.

Auch die Zeit, in der Schülerinnen und Schüler im Unterricht digital unterwegs sind, ist ausbaufähig. Das belegt der Vergleich mit dem deutlich digitaler aufgestellten Dänemark. Dort benutzte bereits vor der Corona-Pandemie im Jahr 2018 deutlich mehr als die Hälfte der Neuntklässler mindestens eine Stunde pro Woche digitale Endgeräte in Mathematik und in den Naturwissenschaften. Deutschland kam lediglich auf 7,6 beziehungsweise 6,3 Prozent.

Quelle: Mitteilung IW, IQB-Trend, Erhebung des IW 2021




Was Kindern und Jugendlichen große Sorgen macht

Jugendliche sehen Zukunft Deutschlands pessimistisch, ihre eigene berufliche aber optimistisch

Nach mehr als zwei Jahren Corona-Pandemie und sechs Monaten Krieg in der Ukraine stellt sich die Frage, wie die jungen Menschen in Deutschland mit den aktuellen Herausforderungen dieser Welt umgehen. Es zeigt sich: Krieg und Klimawandel gehören zu den größten Ängsten der Kinder und Jugendlichen. Über Corona hingegen machen sich die Jugendlichen weniger große Sorgen. Das sind die zentralen Erkenntnisse der repräsentativen Jugendbefragung „Einstellungen und Sorgen der jungen Generation Deutschlands“ des Meinungsforschungsinstituts IPSOS im Auftrag des Liz Mohn Centers der Bertelsmann Stiftung. Die Umfrage wird im Rahmen des diesjährigen Salzburger Trilogs veröffentlicht und ist Grundlage für die Diskussion am 16. August 2022 in der Mozartstadt. Das Thema des Salzburger Trilogs in diesem Jahr lautet: „How to Heal a Torn World? Respect, Trust, Reliability and Mutual Understanding“.

Großer Handlungsbedarf für Politik und Gesellschaft

Die Mehrheit der Jugendlichen (60 Prozent) befürchtet Wohlstandsverluste, ausgelöst durch steigende Energiepreise und Inflation. Mehr als die Hälfte der befragten Jugendlichen berichtet außerdem von durch die Ukraine-Krise ausgelösten Angst- (58 Prozent) und Trauergefühlen (51 Prozent), wobei jüngere Jugendliche (12 bis 15 Jahre) häufiger von Angstgefühlen betroffen sind. Des Weiteren bereitet ein Überschwappen des Konflikts auf Deutschland vor allen den Kindern im Alter von 12 bis 13 Jahren (57 Prozent) Sorgen sowie Jugendlichen mit einem niedrigen (52 Prozent) oder mittleren (55 Prozent) Bildungsniveau. Ein stärkeres Einmischen in den Krieg seitens Deutschlands unterstützt die Mehrheit der Jugendlichen (55 Prozent) nicht.

Sorgen um den Klimawandel

Der globale Klimawandel ist vor allem für die Älteren sowie die ganz jungen Kinder und Jugendlichen ein Thema: Knapp 48 Prozent der 16- bis 18-Jährigen und 46 Prozent der 12- bis 13-Jährigen geben an, dass sie sich hier sehr große Sorgen machen. Die Corona-Pandemie hingegen bereitet den wenigsten Jugendlichen große Sorgen. Es sind die Kinder im Alter von 12 bis 13 Jahren, die sich hier besorgter zeigen als die älteren Jugendlichen (29 Prozent 12 bis 13 Jahre, 20 Prozent 14- bis 15-Jährige, 17 Prozent 16- bis 18-Jährige).

Aktuelle Grundstimmung negativ

Die aktuelle Grundstimmung unter den Kindern und Jugendlichen in Deutschland mag angesichts der Vielzahl bedrohlicher Krisen nicht verwundern, muss aber alarmieren. „Viele Kinder und Jugendliche haben während der Corona-Zeit wenig Inspiration von außen bekommen und es fehlten ihnen Entwicklungs- und Teilhabemöglichkeiten. Zugleich haben die jungen Menschen Ängste, die wir ernst nehmen müssen. Gerade in turbulenten Zeiten ist es notwendig, vielen jungen Menschen ein sinnstiftendes und erfülltes Leben zu ermöglichen. Dies gelingt nur, wenn wir auf die Kinder und Jugendlichen hören, und sie mit ihren Sorgen und Wünschen ernst nehmen“, sagt Liz Mohn, Präsidentin des nach ihr benannten Liz Mohn Centers der Bertelsmann Stiftung.

Jugendliche sehen Deutschlands Zukunft pessimistisch

Rund zwei von fünf Jugendlichen gehen davon aus, dass sich die Zukunft Deutschlands in den nächsten drei Jahren verschlechtern wird. Immerhin knapp ein Drittel glaubt, dass sich die Zukunft Deutschlands im Vergleich zu heute weder besser noch schlechter gestalten wird. Nur eine:r von sechs geht davon aus, dass die Zukunft Deutschlands sich verbessert. „Es wird deutlich, dass die junge Generation auf die eigene Karriere und die persönliche Freiheit Wert legt. Zugleich bietet diese junge Generation einen Beitrag für die Gestaltung der Gesellschaft an und will sich engagieren, fühlt sich aber in weiteren Teilen nicht von der Politik ernst genommen. Hier gibt es Handlungsbedarf, da sich die Kinder und Jugendlichen nicht ausreichend von Seiten der Schulen vorbereitet fühlen“, sagt Jörg Habich, Geschäftsführer des Liz Mohn Centers.

Aber Jugendliche blicken zuversichtlich in die persönliche Zukunft

Trotz der Ängste und Sorgen der Jugendlichen: Nur 5 Prozent von ihnen geben an, überhaupt nicht mit ihren derzeitigen Lebensumständen zufrieden zu sein. Tendenziell sind Jüngere im Alter von 12 bis 15 Jahren zufriedener (51 Prozent 12-13 Jahre, 48 Prozent 14-15 Jahre) als Jugendliche im Alter von 16 bis 18 Jahren (43 Prozent).

Freiheit am wichtigsten

Die persönliche Freiheit ist den Jugendlichen mit Abstand am wichtigsten (75 Prozent „sehr wichtig“), gefolgt von Reisen und die Welt entdecken (45 Prozent), sowie Geld verdienen (44 Prozent) und Verantwortung übernehmen (44 Prozent). Für 16- bis 18-jährige Jugendliche am Anfang ihres Berufslebens ist eine erfolgreiche Karriere zu starten (85 Prozent) besonders relevant. Drei von fünf Jugendlichen blicken mit Zuversicht in die eigene berufliche Zukunft und wissen, welche Fähigkeiten und Talente im Berufsleben wichtig sind. Auch Mut zum Gründen eines eigenen Unternehmens ist bei den jungen Menschen vorhanden (41 Prozent Zustimmung).

Politik spielt kaum eine Rolle

Politik spielt hingegen kaum eine Rolle für das Leben der jungen Menschen. Nur eine Minderheit (31 Prozent) informiert sich regelmäßig über politische Themen. Erwartungsgemäß trifft dies auf die Älteren deutlich häufiger zu (41 Prozent) als auf die 12- bis 15-Jährigen (24 Prozent). Für 72 Prozent der Jugendlichen ist es irrelevant, in einer politischen Partei aktiv zu sein. Bedenklich ist auch, dass sich nur eine Minderheit der Jugendlichen von den Politikern ernst genommen fühlt (12 Prozent).

Zusatzinformationen:

Der Umfrage „Einstellungen und Sorgen der jungen Generation Deutschlands“ des Meinungsforschungsinstituts IPSOS im Auftrag des Liz Mohn Centers der Bertelsmann Stiftung liegt eine repräsentative Stichprobe der deutschen Wohnbevölkerung im Alter von 12 bis 18 Jahren mit Internetzugang zugrunde. Die Umfrage ist quotiert und gewichtet nach Alter, Geschlecht, Region und Bildung. Die Interviews wurden vom 05. Mai bis 12. Mai 2022 durchgeführt. Die Stichprobengröße liegt bei 500 Teilnehmenden.

Über das Liz Mohn Center

Das Liz Mohn Center wurde 2022 als Initiative der Bertelsmann Stiftung gegründet und führt das Engagement von Liz Mohn in einer eigenständigen Institution weiter. Das Liz Mohn Center verfolgt das Ziel, durch verschiedene Aktivitäten den globalen Wissenstransfer zu forcieren, um die Qualität von Entscheidungen der Führung in Politik, Wirtschaft und Kultur auf der Basis fundierter Erkenntnisse zu verbessern; Führungskräfte dabei zu unterstützen, nachhaltig und verantwortungsvoll zu führen; Verständigung zwischen Nationen und Kulturen zu stärken und junge Talente aus unterschiedlichen Gesellschaftsbereichen in der Persönlichkeitsentwicklung zu fördern. Das Liz Mohn Center ist eine gemeinnützige Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Weitere Informationen: www.Liz-Mohn-Center.de.

Quelle: Pressestelle Bertelsmann Stiftung




STIKO empfiehlt COVID-19-Impfung der 5- bis 11-jährigen Kinder

impfen

Die STIKO empfiehlt, gesunden Kindern im Alter von fünf bis elf Jahren zunächst eine mRNA-Impfstoffdosis zu geben

Kinder mit Vorerkrankungen sollen weiterhin eine Grundimmunisierung mit zwei Impfungen sowie eine Auffrischimpfung erhalten. In Deutschland geht man davon aus, dass sich die Mehrheit der Kinder mit Omikron infiziert hat. Über die Schutzdauer nach durchgemachter Omikron-Infektion liegen allerdings noch keine Daten vor. Mehrere Studien haben jedoch gezeigt, dass der Immunschutz vor erneuter Infektion bei Personen, die eine SARS-CoV-2-Infektion durchgemacht haben und anschließend eine Dosis mit einer mRNA-Impfstoffdosis erhalten hatten, deutlich besser ist als der Schutz nach alleiniger SARS-CoV-2-Infektion.

Ziel ist der Aufbau einer Grundimunität

Ziel der Impfempfehlung ist mit Blick auf den kommenden Herbst insbesondere der Aufbau einer SARS-CoV-2-Basisimmunität bzw. Hybridimmunität auch bei Kindern im Grundschulalter.

Darüber hinaus geht es um die Vermeidung von den sehr seltenen, durch eine Corona-Erkrankung oder deren Folgen bedingten Krankenhausaufenthalten. Zudem soll auch das Risiko für immunologische Folgeerkrankungen nach der Infektion weiter reduziert werden.

Isolation und Quarantäne vermeiden

Besonders wichtig aus Sicht der Kinder- und Jugendmedizin ist die Verminderung der indirekten Folgen einer Infektion wie Isolation und Quarantäne. Auch wenn dies nicht der Verhinderung der primären Krankheitslast dient, waren die psychologischen und psychosomatischen Auswirkungen dieser Maßnahmen während der Corona-Pandemie für Kinder und Jugendliche, wie zahlreiche Untersuchungen gezeigt haben, so belastend, dass es notwendig und angemessen erscheint, dies zukünftig mit allen Mitteln zu verhindern.

Zugang von Kindern zur Teilhabe an Bildung

Der Berufsverband der Kinder‐ und Jugendärzte e.V. (BVKJ) vertritt auch die Forderung der STIKO, dass der Zugang von Kindern und Jugendlichen zur Teilhabe an Bildung, Kultur und anderen Aktivitäten des sozialen Lebens nicht vom Vorliegen einer Impfung abhängig gemacht werden darf.

Die STIKO prüft kontinuierlich die auswertbaren Daten zur Sicherheit des Impfstoffes sowie die erwarteten Effekte einer breit angelegten Impfstrategie in der Altersgruppe auf den Verlauf der Pandemie in der Gesellschaft und passt ihre Empfehlungen entsprechend an.

Die aktuelle Empfehlung können Sie samt Erläuterungen hier auf den Seiten der STIKO abrufen: Epidemiologisches Bulletin 21/2022 (rki.de)

Quelle: Pressemitteilung der STIKO, DGKJ, DGPI und BVKJ




Online-Seminar: Unfallprävention in Kitas

Kostenfreie Fortbildungen zum Thema Sicherheit am 13. und 27. September 2022

Zu zwei kostenfreien Seminaren lädt die Bundesarbeitsgemeinschaft Mehr Sicherheit für Kinder e.V. am 13. und 27.09.2022 jeweils von 17 bis 18 Uhr ein. Die Seminarreihe „Kita-Unfallprävention“ richtet sich an Mitarbeitende und Vertretungen von Kita-Trägern sowie Angestellte, Fach- und Leitungskräfte von Kindertagesstätten und alle anderen Interessierten.

Handeln, bevor noch was passiert!

Im ersten Seminarteil – „Handeln, bevor noch was passiert!“ – Kinderunfälle vermeiden – erhalten die Teilnehmenden einen fundierten Eindruck, in welchen Dimensionen sich Kinderunfälle in Deutschland ereignen, und steigen mit interessanten Hintergrundinformationen tiefer ins Thema Kindersicherheit und Unfallverhütung ein. Allgemeingültige Präventionsmaßnahmen runden das erste Seminar ab.

Kitas zu sicheren Orten machen

Im zweiten Seminarteil „Kitas zu sicheren Orten machen“ – Unfallprävention in der Kita – erweitern die Seminarteilnehmenden ihr Wissen zu Rahmenbedingungen und rechtlichen Aspekten der Unfallprävention speziell in Kitas. Sie lernen Maßnahmen und Materialien kennen, um das Unfallrisiko in ihren Einrichtungen zu reduzieren und erfahren, wie wichtig die persönliche Einstellung von Betreuenden zum Thema Risiko und Wagnis ist.

Möglichkeiten zur Interaktion und Diskussion

Andreas Kalbitz, Geschäftsführer der BAG, wird die Teilnehmenden durch die Online-Seminare führen, die neben spannenden Vorträgen und Experten-Interviews auch Möglichkeiten zur Interaktion und Diskussion bereithalten. An beiden Seminarterminen stehen Ihnen die Expertinnen und Experten der BAG zudem im privaten Hintergrundchat für Fragen zur Verfügung.

Unfallverhütung und Sicherheitsförderung im Setting Kindertagesstätte

Die Online-Seminare wurden Rahmen des von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung geförderten Projektes „Unfallverhütung und Sicherheitsförderung im Setting Kindertagesstätte“ entwickelt, um themenspezifische Informationen zu vermitteln, im Projektverlauf entwickelte Medien und Materialien vorzustellen und das Thema „Unfallprävention“ nachhaltig in Kindertagesstätten einzubringen.

Die Seminarreihe wird von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit gefördert.

Hier geht es zur Anmeldung




Internet-Watch: sexuelle Übergriffe gegen Kinder auf dem Höchststand

Internet Watch Foundation verzeichnet knapp 20.000 Vorfälle allein in der ersten Jahreshälfte

Vorfälle, bei denen Sextäter Kinder so manipulieren, dass sie zuhause Übergriffe gegen sich selbst filmen oder Freunde und Geschwister missbrauchen, haben einen neuen traurigen Höchststand erreicht. An die 20.000 Berichte, die Kinder zwischen sieben und zehn Jahre betreffen, sind alleine in den ersten sechs Monaten dieses Jahres bei der Internet Watch Foundation (IWF) http://iwf.org.uk eingegangen. Das sind um zwei Drittel mehr als im Vorjahr. Expert:innen fordern nun mehr Aufklärung bei Eltern und Jugendlichen.

Missbrauch im eigenen Kinderzimmer ist ein globaler Trend

„Bei sexuellem Missbrauch von Kindern, der mithilfe einer Internetverbindung bewerkstelligt und aufgenommen wird, ist es nicht nötig, dass der Täter physisch anwesend ist. Meistens finden diese Übergriffe im eigenen Kinderzimmer statt, das eigentlich ein sicherer Raum in jeder Familie sein sollte“, erklärt IWF-Chefin Susie Hargreaves. Doch die Realität sieht leider ganz anders aus. „Wir sehen hier einen sehr verstörenden globalen Trend, der sich bereits seit dem ersten Corona-Lockdown im Jahr 2020 abgezeichnet hat“, betont die Expertin.

Solche Straftaten seien aber eigentlich „gänzlich vermeidbar“, wie Hargreaves klarstellt. Dazu brauche es lediglich eine engagierte Aufklärungsarbeit bei Eltern, Kindern und Betreuern, die sich mit Missbrauch in den eigenen vier Wänden auseinandersetzt. „Nur wenn die Aufklärungsmaßnahmen im Einklang mit entsprechenden Bemühungen der Technologiefirmen, der Regierung und der Behörden stattfinden, können wir es schaffen, dieser Welle an kriminellem Bildmaterial Einhalt zu gebieten“, ist die IWF-Leiterin überzeugt.

Viele Faktoren entscheidend

Der IWF zufolge, die in Großbritannien eine eigene Hotline betreibt, bei der sexueller Missbrauch gegenüber Minderjährigen gemeldet werden kann, ist der mit Abstand größte Zuwachs bei entsprechenden Sexualstraftaten in der ersten Jahreshälfte bei den Sechs- bis Zehnjährigen verzeichnet worden. Die größte Menge an Bild- und Filmmaterial in diesem Bereich ist allerdings vor allem in der Altersgruppe zwischen elf und 13 Jahren produziert worden.

Laut Tamsin McNally, Leiter der IWF-Hotline, ist eine ganze Reihe von Faktoren für die besorgniserregende Zunahme solcher Fälle verantwortlich: „Es könnte unter anderem daran liegen, dass Kinder im Lockdown mehr Zeit zuhause verbringen müssen und währenddessen ungehinderten Zugang zum Internet haben. Es könnte aber auch sein, weil sich unsere Techniken verfeinert haben, mit denen wir derartig Übergriffe aufspüren können.“

Markus Steiner/pressetext.redaktion




Wie Gewaltbereitschaft entsteht

Eine neue Studie zeigt den Einfluss von emotionaler Vernachlässigung im Kindes- und Jugendalter

Kinder und Jugendliche, die emotional vernachlässigt wurden sowie strafende und kontrollierende Eltern hatten, neigen dazu, sogenannte dunkle Persönlichkeitseigenschaften wie Narzissmus, Machiavellismus und Psychopathie zu entwickeln. Diese Eigenschaften wiederum erhöhen die Wahrscheinlichkeit einer hohen Gewaltbereitschaft bei den betroffenen Personen. Das ist das zentrale Ergebnis einer Studie unter 1366 Leipziger Kindern und Jugendlichen im Alter von 14 bis 16 Jahren, die in Zusammenarbeit von Forscherinnen und Forschern des Else-Frenkel-Brunswik-Instituts (EFBI), des Forschungsinstituts Gesellschaftlicher Zusammenhalt (Teilinstitut Leipzig) und der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie/Psychotherapie des Universitätsklinikums Ulm durchgeführt wurde.

Potenzielle Erklärungsfaktoren für erstarkende autoritäre Dynamiken

Die Ergebnisse sind einerseits als Grundlagenforschung für laufende Projekte zu Radikalisierungsprozessen und Rechtspopulismus an FGZ und EFBI zu begreifen – denn die ausgemachten Persönlichkeitsmerkmale und eine gesteigerte Gewaltbereitschaft sind potenzielle Erklärungsfaktoren für erstarkende autoritäre Dynamiken. Zugleich sollten die Ergebnisse unmittelbar politisches Gehör finden, denn sie zeigen deutlich den Bedarf nach einem Ausbau von Präventionsmaßnahmen und deren notwendige inhaltliche Ausrichtung.

In der Befragung, die in den Jahren 2017 und 2018 durchgeführt wurde, wurden Jugendlichen Fragen zu Persönlichkeitsmerkmalen und zur Gewaltbereitschaft gestellt. Darüber hinaus fragten die Forscherinnen und Forscher der Leipziger Jugendstudie danach, ob die Jugendlichen in den vergangenen zwölf Monaten Gewalt beobachtet haben. Beides, sowohl negative Eigenschaften, die von Narzissmus, Opportunismus, Empathielosigkeit und Impulsivität geprägt seien, sowie die Beobachtung von Prügeleien unter anderen Jugendlichen bewirke eine hohe Bereitschaft selbst Gewalt anzuwenden oder die Gewalt durch andere zu befürworten.

Die Erziehung von Kindern- und Jugendlichen gehört auf die politische Agenda

Dr. Alexander Yendell und Professor Dr. Oliver Decker fordern vor dem Hintergrund dieser Ergebnisse die Erziehung von Kindern- und Jugendlichen auf die politische Agenda zu setzen. Gleichzeitig kritisieren sie, dass sehr viel Geld für Sicherheit und jüngst in Militär investiert wird, dabei werde allerdings vergessen, dass der Nährboden für Gewalt in der frühen Sozialisation liege. „Wir bekommen die Grausamkeit und Gewalt auf dieser Welt nur in den Griff, wenn wir dafür sorgen, dass Kinder und Jugendliche liebevoll und ohne verbale, physische und sexuelle Gewalt aufwachsen“, so Alexander Yendell.

Problematisch ist aus Sicht beider Forscher, dass es nicht nur zu wenige wichtige Projekte zur Gewaltprävention im Kindes- und Jugendalter gibt, sondern diese häufig nur kurzfristig angelegt sind. Anstatt vorwiegend in mehr Sicherheit durch Polizei und Militär zu investieren, müssten sich politische Interventionen auch auf den Bereich konzentrieren, wo Gewalt noch verhindert werden kann, sprich in der frühen Sozialisation von Kindern und Jugendlichen. Hier würde viel zu wenig und zu kurzfristig investiert „Es passiert immer nur etwas, wenn es schon brennt“, so Yendell und Decker.

Welche Bedeutung Bildungsinstitutionen haben

Dabei sei der Bereich der Familie allerdings nicht der einzige wichtige: „Menschen werden nicht nur in Familien unter Zwang gestellt und erfahren dort Gewalt, sondern auch in anderen Bereichen der Gesellschaft“ so Oliver Decker. Aus diesem Grund, wollen die Forscher zukünftig auch Bildungsinstitutionen und andere möglicherweise einflussreiche Kontexte in den Blick nehmen. Darüber hinaus forschen Decker und Yendell zur Kriegsbereitschaft und -verherrlichung.

Die Durchführung der Studie zur Gewaltbereitschaft unter Jugendlichen wurde vom BMFSFJ im Programmpaket „Demokratie leben!“ gefördert. Aktuelle Projekte von Alexander Yendell und Oliver Decker am BMBF-gefördertem FGZ (Teilinstitut Leipzig) beschäftigen sich mit autoritären Dynamiken und Populismus.

Dr. Mathias Rodatz Forschungsinstitut Gesellschaftlicher Zusammenhalt

Originalpublikation:

https://doi.org/10.1371/journal.pone.0268992

Yendell, Alexander; Clemens, Vera; Schuler, Julia; Decker, Oliver (2022): What makes a violent mind? The interplay of parental rearing, dark triad personality traits and propensity for violence in a sample of German adolescents. In: PLOS ONE 17 (6), e0268992. DOI: 10.1371/journal.pone.0268992.