Kinder atmen weniger infektiöse Partikel aus als Erwachsene

Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts haben die die Konzentration von Aerosolpartikeln und Tröpfchen untersucht

Die Forschenden untersuchten die Konzentration von Aerosolpartikeln und Tröpfchen, die beim Atmen, Sprechen, Singen und Schreien abgeben werden. Ihre Messungen erfassten 132 Personen jeden Alters. Die Ergebnisse können dazu beitragen, effektive Schutzmaßnahmen vor Infektionskrankheiten wie etwa Covid-19 oder der Grippe zu treffen.

Infektionskrankheiten werden häufig über Partikel übertragen, die von infizierten Personen ausgeatmet werden. Die Größe solcher Aerosolpartikel variiert jedoch stark, je nachdem, aus welchem Bereich der Atemwege sie stammen. In der Lunge werden vor allem kleine Partikel mit einer Größe von weniger als fünf Mikrometern – das sind fünf Tausendstel Millimeter – produziert, auch bekannt als PM5. In den oberen Atemwegen entstehen hingegen größere Partikel. Wie die Messungen zeigten, atmen Kinder weit weniger kleinere Partikel aus als Erwachsene. „Wir haben festgestellt, dass die Konzentration kleiner Partikel unter fünf Mikrometern mit dem Alter zunimmt und bei Kindern besonders niedrig ist. Daher tragen Erwachsenen mit höherer Wahrscheinlichkeit zum Infektionsgeschehen bei, wenn die Infektion in den unteren Atemwegen lokalisiert ist“, sagt Mohsen Bagheri, Erstautor der Studie und Forschungsgruppenleiter am MPI-DS. Größere Partikel, die im Rachenbereich entstehen, verbreiten Kinder und Erwachsene der Studie zufolge jedoch in gleichem Maße. Einen Zusammenhang zwischen der Konzentration der ausgeatmeten Partikel und dem Geschlecht, dem Gewicht, der Fitness oder den Rauchgewohnheiten der Person haben die Forschenden nicht festgestellt.

Stimmliche Aktivitäten erhöhen die Konzentration kleiner Partikel

In der umfassenden Studie erhoben die Forschenden die Daten von 132 gesunden Freiwilligen. Die Studie erfasste auch Kinder und Jugendliche zwischen 5 und 18 Jahren, zu denen bislang nur sehr wenige Daten verfügbar waren. Die Wissenschaftler*innen verwendeten verschiedene Instrumente, um in einem Reinraum das gesamte Spektrum der ausgeatmeten Partikelgrößen von einem Zehntel Mikrometer bis zu einem Viertel Millimeter Durchmesser zu messen. Die Teilnehmenden absolvierten dabei für insgesamt 20 Minuten verschiedene stimmliche Aktivitäten wie Singen, Sprechen oder Schreien. „Vokalisation und Alter erwiesen sich als unabhängige Risikofaktoren für die Partikelproduktion“, berichtet Prof. Simone Scheithauer von der Abteilung Infektionsschutz und Infektionskrankheiten der UMG.

Das Volumen der ausgeatmeten Partikel bestimmt das potenzielle Infektionsrisiko

Obwohl menschliche Tropfen und Aerosole meist kleine Partikel enthalten, machen größere Partikel den größten Teil des Gesamtvolumens aus, das Krankheitserreger enthalten kann. „Wenn sich der Erreger hauptsächlich in den oberen Atemwegen aufhält, sind die großen Partikel daher mit Abstand der Hauptüberträger der Krankheit“, erklärt Eberhard Bodenschatz, Direktor am MPI-DS. „Es ist deshalb wichtig, den Ort der Infektion im Atemtrakt zu berücksichtigen, um geeignete Schutzmaßnahmen treffen zu können“, so Bodenschatz weiter. „Zum Beispiel scheint die aktuelle Omikron-Variante des Coronavirus eher in den oberen Atemwegen lokalisiert zu sein, weshalb auch bereits einfache filternde Gesichtsmasken einen guten Schutz bieten.“

Schutzmaßnahmen hängen von der Lokalisierung des Erregers ab

Im Gegensatz dazu werden Infektionskrankheiten, die sich hauptsächlich in der Lunge ansiedeln, hauptsächlich über kleine Partikel übertragen. Da deren Produktion mit dem Alter zunimmt, ist die Wahrscheinlichkeit, dass Kinder solche Krankheiten übertragen, geringer als bei Erwachsenen, heißt es in der Studie. Um die Übertragung von Lungenkrankheiten über die Luft zu verhindern, ist das Tragen von gutsitzenden und hochwirksamen Gesichtsmasken daher eine wirksame Maßnahme, um die Übertragung von Krankheiten insbesondere bei Erwachsenen zu vermeiden.

Originalpublikation:

https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0021850222001380

Dr. Manuel Maidorn, Max-Planck-Institut für Dynamik und Selbstorganisation




Unser Tipp für die Feiertage: rausgehen, bewegen, Spaß haben!

Kinder und Jugendliche bewegen sich zu wenig. Das hat Folgen für die geistige und körperliche Entwicklung

Die Zahlen sind alarmierend. Kinder und Jugendliche bewegen sich viel zu wenig. Sportwissenschaftler des WHO-Kooperationszentrums für Bewegung und Public Health an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) haben jetzt im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) auf Grundlage nationaler und internationaler Empfehlungen eine Bestandsaufnahme zu „Bewegungsförderung bei Kindern und Jugendlichen in Deutschland“ entwickelt.

Erkenntnissen der Weltgesundheitsorganisation WHO zufolge sollten sich Säuglinge und Kleinkinder so viel wie möglich, Kindergartenkinder mindestens 180 Minuten pro Tag und Schulkinder und Jugendliche mindestens 60 Minuten pro Tag bewegen. Nationale Studien zeigen, dass der Anteil der Vier- bis Fünfjährigen, die sich ausreichend bewegen, unter 50 Prozent liegt und mit steigendem Alter sukzessive abnimmt. Unter den Elf- bis 17-Jährigen sind weniger als 20 Prozent ausreichend aktiv – Mädchen noch weniger als Jungen.

Bewegungsmangel hat sich verschärft

In diesem Kontext hat das BMG das WHO-Kooperationszentrum für Bewegung und Public Health an der FAU damit beauftragt, eine Informationsgrundlage für die Weiterentwicklung politischer Maßnahmen zu erarbeiten, um dem Bewegungsmangel entgegenzuwirken. Seit 2014 ist das Department für Sportwissenschaft und Sport WHO-Kooperationszentrum. Erst im März war die Zusammenarbeit für die kommenden vier Jahre verlängert worden. Das BMG unterstützt die Aktivitäten des WHO-Kooperationszentrums für Bewegung und Public Health seit 2020 mit einem jährlichen finanziellen Zuschuss.

Bedingt durch die COVID-19-Pandemie und die damit verbundenen Kontaktbeschränkungen und Schließungen von Sportstätten, Kitas und Schulen hat sich der Bewegungsmangel weiter verschärft. „Mit der Bestandsaufnahme haben wir eine kompakte Übersicht über den aktuellen Stand der Bewegungsförderung bei Kindern und Jugendlichen in Deutschland erstellt, die auf die Bedürfnisse des Bundesministeriums für Gesundheit zugeschnitten ist und sich an Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger aus Politik und Praxis richtet“, sagt Prof. Dr. Klaus Pfeifer, Leiter des Arbeitsbereichs Bewegung und Gesundheit am Department für Sportwissenschaft und Sport der FAU. „Die Corona-Pandemie hatte dramatische Auswirkungen auf das Bewegungsverhalten von Kindern und Jugendlichen in Deutschland. Daher ist es nun wichtig, eine klare politische Strategie zur Bewegungsförderung zu entwickeln und dabei wissenschaftliche Erkenntnisse zu berücksichtigen“, erklärt Pfeifer.

Umfangreicher Empfehlungskatalog

Die Bestandsaufnahme enthält für Politik, Bildungseinrichtungen und weitere Akteure des Bewegungssektors einen umfangreichen Empfehlungskatalog, der auf diversen Initiativen auf nationaler und europäischer Ebene sowie dem Globalen Aktionsplan für Bewegung der WHO aufbaut. Dazu zählen unter anderem, zukünftige Eltern und junge Familien über die Bedeutung von Bewegung zu informieren, Programme für Familien einzurichten, um das aktive Spielen der Kinder zu fördern sowie Eltern aktiv in die Bewegungsförderung ihrer Kinder einzubeziehen. Auf Kindergarten- und Kita-Ebene empfehlen die Wissenschaftler*innen eine landesweite Implementierung von Programmen zur Bewegungsförderung, ebenso die Qualifizierung von Erzieher*innen und pädagogischen Fachkräften.

Was den Schulweg betrifft, sollen das Zufußgehen sowie Radfahr- und Verkehrssicherheitstrainings für Kinder gefördert werden. Zudem ist die Stadtplanung gefragt, für sichere Verkehrswege und wohnortnahe Geschäfte, Schulen, Dienstleistungen, Parks, Erholungseinrichtungen, aber auch gute Geh- und Radwege zu sorgen.

Etablierte Maßnahmen weiterführen

Vielerorts haben sich bereits gute Bewegungspraktiken etabliert. So gehören etwa Wandertage, Eltern-Kind-Turnen, Waldtage oder tägliches Rausgehen zur Routine in vielen Einrichtungen. Die Reichweite und Effektivität dieser Bewegungsförderung sollte den Schlussfolgerungen der Bestandsaufnahme zufolge erhöht und regelmäßig überprüft werden. Auch wird darin ein systematisches Monitoring der Politik in Sachen Bewegungsförderung gefordert – und zwar sowohl auf nationaler Ebene als auch in den Bundesländern und Kommunen. Eine stärkere Vernetzung relevanter Organisationen über politische Ebenen und Sektoren hinweg ist notwendig, um die Bewegungsförderung in Deutschland strukturell zu stärken, lautet ein weiteres Fazit.

Die Bestandsaufnahme ergänzt bestehende politische Aktivitäten der Bundesregierung zur Bewegungsförderung für Kinder und Jugendliche. Das Bundesinnenministerium und das BMG richteten im Dezember 2022 gemeinsam einen Bewegungsgipfel aus, und 2023 werden weitere Maßnahmen mit dem „Zukunftspaket für Bewegung, Kultur und Gesundheit“ des Bundesfamilienministeriums finanziell gefördert. Zudem bringt das BMG Vertreterinnen und Vertreter verschiedener politischer Ebenen und Sektoren zu einem Runden Tisch „Bewegung und Gesundheit“ zusammen, an dem Prof. Dr. Pfeifer als Vertreter des WHO-Kooperationszentrums teilnimmt. „Ich freue mich, dass das Bundesministerium für Gesundheit mit dem Runden Tisch einen Austausch über politische Sektoren hinweg fördert, und bringe dort gerne unsere vielfältigen Erfahrungen ein. Besonders wichtig ist aus meiner Sicht, bestehende Aktivitäten besser zu vernetzen und Synergieeffekte zu nutzen, beispielsweise durch die Schaffung eines Nationalen Zentrums für Bewegungsförderung“, sagt Prof. Klaus Pfeifer.

Die Bestandsaufnahme „Bewegungsförderung bei Kindern und Jugendlichen in Deutschland“ ist als PDF online verfügbar.

Blandina Mangelkramer, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg




680.000 weniger geimpfte Kinder als vor der Pandemie

DAK hat Daten von rund 782.000 Kindern und Jugendlichen untersuchen lassen

Die Quote der Erstimpfungen bei Diphtherie, Keuchhusten, Tetanus und Kinderlähmung sank mit 31 Prozent besonders stark. Das ist das Ergebnis einer Sonderanalyse im Rahmen des Kinder- und Jugendreports der DAK-Gesundheit. Für die repräsentative Analyse wurden ambulante Behandlungsdaten von allen DAK-versicherten Kindern und Jugendlichen wissenschaftlich untersucht und mit der Situation vor der Pandemie verglichen. DAK-Chef Andreas Storm und der Bundesverband der Kinder- und Jugendärzte warnen vor den Folgen der Impflücke und sehen akuten Handlungsbedarf.

„Wir beobachten schon länger einen Rückgang der Impfquoten bei Kindern und Jugendlichen. In der Corona-Pandemie hat sich dieser negative Trend verstärkt“, sagt Andreas Storm, Vorstandschef der DAK-Gesundheit. „Vorsorge ist wichtig und Impfen eine Investition in die Zukunft. Es gibt jetzt akuten Handlungsbedarf. Sonst wird die Gesundheit von vielen jungen Menschen plötzlich wieder durch Krankheiten bedroht, die als fast ausgerottet galten. Wir brauchen eine breite Aufklärungskampagne, um Eltern verstärkt über den Nutzen von Impfungen und das Risiko einzelner Krankheiten aufzuklären.“

Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte bestätigt Ergebnisse

Für den Kinder- und Jugendreport untersuchte das Wissenschaftsteam von Vandage und der Universität Bielefeld Abrechnungsdaten von rund 782.000 Kindern und Jugendlichen bis 17 Jahren, die bei der DAK-Gesundheit versichert sind. Analysiert wurden die Jahre 2019 bis 2021. Beispielsweise flossen aktuell Daten aus 3,3 Millionen Arztbesuchen und 750.000 Impfungen in die Analyse ein. „Der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte kann die Analyse-Ergebnisse bestätigen“, sagt Präsident Dr. Thomas Fischbach. „Die anhaltend hohen Infektionszahlen haben sicherlich auch negative Auswirkungen auf die Impfraten, die teilweise zweistellig gesunken sind. Wir müssen die Impflücken jetzt schließen.“

Weniger Impfungen und Arztbesuche als Vor-Corona

Nach den Daten der DAK-Gesundheit ging der Anteil der Kinder und Jugendlichen, die eine Impfung erhielten, insgesamt um elf Prozent zurück. Damit wurden 2021 hochgerechnet bundesweit rund 680.000 weniger Kinder und Jugendliche geimpft als 2019. Auch die Arztbesuche nahmen ab: So gingen bundesweit hochgerechnet rund 1,3 Millionen weniger Mädchen und Jungen in die Praxen als vor der Pandemie (minus vier Prozent). Die Daten der Sonderanalyse zeigen, dass Arztbesuche und Impfungen vor allem in Lockdown-Zeiten stark zurückgegangen sind. Besonders deutlich ist die Abnahme bei der Gesamtimpfung gegen Diphtherie, Keuchhusten, Tetanus und Kinderlähmung mit einem Minus von 23 Prozent (die sogenannte Tdap-IPV-Impfung). Hier wurden 2021 rund 166.000 weniger Kinder und Jugendliche geimpft. Im Bereich Meningokokken C erhielten sogar 200.000 weniger Kinder und Jugendliche eine Impfung (minus 19 Prozent). Unter Gesamtimpfungen werden sowohl die erste und letzte Dosis eines Impfzyklus sowie Auffrischimpfungen zusammengefasst. Bei den Erstimpfungen sind teilweise stärkere Rückgänge zu erkennen: So sank die Erstimpfungsquote gegen Diphtherie, Keuchhusten, Tetanus und Kinderlähmung beispielsweise um 31 Prozent.

Ein Viertel weniger HPV-Erstimpfungen

Auch bei HPV-Impfungen zur Krebsvorsorge gingen die Zahlen 2021 zurück: So sanken Gesamtimpfungen um 13 Prozent und Erstimpfungen um gut ein Viertel (24 Prozent). Dabei fiel der Rückgang bei Jungen (minus 26 Prozent) deutlicher aus als bei Mädchen (minus 22 Prozent). Darüber hinaus gibt es Unterschiede bezüglich des sozialen Status: So sind die HPV-Erstimpfungsquoten für Jungen aus Familien mit hohem sozio-ökonomischen Status vor und während der Pandemie signifikant geringer als bei Jungen aus Familien mit mittlerem sozio-ökonomischen Status. Für Mädchen zeigen sich vom sozio-ökonomischen Familienstatus weitestgehend unabhängige Erstimpfungsquoten.

Seit 2007 empfiehlt die Ständige Impfkommission (STIKO) eine HPV-Impfung für Mädchen und seit 2018 auch für Jungen. Humane Papillomviren (HPV) werden sexuell übertragen und können Gebärmutterhalskrebs, Anal- und Peniskrebs sowie Krebs im Mund-Rachen-Raum verursachen. Eine Impfung sollte vor dem ersten Geschlechtsverkehr erfolgen. Die DAK-Gesundheit übernimmt die HPV-Impfung für alle Kinder im Alter bis 17 Jahren und zusätzlich im Rahmen einer Satzungsleistung für alle 18- bis 26-Jährigen. Damit geht die Kasse über den gesetzlichen Leistungsanspruch hinaus.

Ein Sonderfall in den DAK-Sonderanalysen ist die Masern-Mumps-Röteln-Impfung: Während die Dreifach-Impfung im Jahr 2021 um 18 Prozent zurückging, stieg die Vierfach-Impfung gegen Masern, Mumps, Röteln und Windpocken um 18 Prozent an, sodass der Rückgang ausgeglichen wurde. „Die ausgeglichene Quote bei den Mehrfachimpfungen mit Masern ist sicherlich die Folge der Masernimpfpflicht“, so Dr. Fischbach. Eine Ausnahme ist die Pneumokokken-Erstimpfung, für die ein fester altersbezogener Impfzeitpunkt besteht. Hier sind während der Pandemie weitestgehend konstante Impfquoten zu beobachten.

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Schadstoffbelastungen bei Kindern in NRW festgestellt

Aktuelle Untersuchungsergebnisse zu Belastungen von Kindern in nordrhein-westfälischen Kitas mit Weichmachern vorgelegt

Bei der Langzeituntersuchung von Kindergarten-Kindern sind erneut umstrittene Weichmacher oberhalb der Schwelle gefunden worden, bei der gesundheitliche Wirkungen nicht mehr ausgeschlossen werden können. Dies betraf acht von 250 untersuchten Kindern. Insgesamt ist die Belastung über die letzten zehn Jahre in Nordrhein-Westfalen aber sichtbar weiter gesunken und verdeutlicht den Erfolg der verschärften regulatorischen Maßnahmen in der Vergangenheit. Bei der weit überwiegenden Anzahl der Kinder wurden gesundheitlich unbedenkliche Weichmacher-Belastungen gemessen. Dies belegen die aktuellen Untersuchungsergebnisse des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW (LANUV) im Rahmen der „Kita-Studie NRW“. Die insgesamt beobachtete Abnahme der Belastungen gilt insbesondere für die als gesundheitlich besonders bedenklich bewerteten Phthalat-Weichmacher.

Schadstoffbelastung weiter reduzieren

„Unsere Kinder sind täglich über Alltagsprodukte und Spielsachen unterschiedlichsten chemischen Stoffen ausgesetzt“, sagt Umweltminister Oliver Krischer. Gerade bei Kindern sei es deshalb wichtig, diese Schadstoff-Belastung zu reduzieren. Denn bestimmte Weichmacher wirken sich negativ auf das Hormonsystem des Körpers aus und es gibt Hinweise, dass sie die Fortpflanzungsfähigkeit beeinträchtigen können. „Die Kita-Studie NRW ist ein wichtiges Frühwarnsystem für mögliche Belastungen von Kindern mit Stoffen aus Verbraucherprodukten.“ Das Umweltministerium unterstützt daher auch die EU-Initiative für nachhaltige Produktpolitik im Rahmen des EU-Aktionsplans „Schadstofffreiheit von Luft, Wasser und Boden“.

Von Ende August 2020 bis Anfang Juli 2021 hat das LANUV zum vierten Mal seit Beginn der Kita-Studie im Jahr 2010 den Urin von 250 Kindern im Alter von drei bis sechs Jahren auf Weichmacher untersucht. Es war nach 2011/12, 2014/15 und 2017/18 der vierte Untersuchungszeitraum. Analysiert wurden unter anderem verschiedene Weichmacher, neben den Phthalaten auch die sogenannten „alternativen“ Weichmacher DINCH und Terephthalate.

Weichmacher in vielen Alltagsprodukten

„Die Belastung mit Schadstoffen vor allem bei Kindern muss jederzeit so gering wie möglich gehalten werden“, betonte Dr. Sibylle Pawlowski, Präsidentin des LANUV. „Unsere Daten und Zeitreihen aus der Kita-Studie belegen, dass klare gesetzliche Regelungen wirken und Belastungen dadurch wirksam gesenkt werden können. Seit über zehn Jahren führen wir diese Untersuchungen bereits durch. Die Ergebnisse zeigen, dass unser Ansatz der richtige war, die Belastungen an Kindern konkret nachvollziehbar zu machen.“

Weichmacher finden sich in vielen Alltagsprodukten, mit denen Kinder in Kontakt kommen. Sie werden Kunststoffen zugesetzt, um sie dehnbar und formbar zu machen. Mit der Zeit jedoch entweichen die Weichmacher aus den Produkten und können so von Kindern aufgenommen werden. Aufgrund ihrer breiten Verwendung werden die gesundheitlichen Auswirkungen von Phthalaten auf den Menschen intensiv untersucht. So gibt es Hinweise, dass bestimmte Phthalate störend auf das Hormonsystem des Körpers wirken und zum Beispiel die Fortpflanzungsfähigkeit beeinträchtigen können. Daher wurde der Einsatz verschiedener Phthalate durch gesetzliche Regelungen stark eingeschränkt. Die EU hat die Verwendung von Phthalaten in allen Spielzeugen und Babyartikeln stark eingeschränkt oder sogar verboten.

Umweltmedizinische Beratung

Die Belastung mit dem alternativen Weichmacher DINCH reduzierte sich im vierten Untersuchungszeitraum ebenfalls im Vergleich zu den vorherigen Untersuchungsquerschnitten, während die Belastung mit dem Terephthalat DEHTP unverändert ist. Die Überschreitungen der in der Kita-Studie angesetzten gesundheitlichen Kriterien betreffen vor allem die beiden Phthalate DiBP und DnBP. Seit 2020 gelten nunmehr für diese Phthalate erweiterte Beschränkungen: sie dürfen in Verbraucherprodukten nicht mehr eingesetzt werden. In den nächsten Untersuchungszeiträumen der „Kita Studie NRW“ soll daher verfolgt werden, ob dies zu einem Rückgang der Überschreitungen führen wird.

Das LANUV bietet den Eltern dieser Kinder umweltmedizinische Beratung an, auch dazu, wie eine Belastung mit Phthalaten minimiert werden kann.

DnBP, DiBP, DINCH und DEHTP sind Abkürzungen für Phthalate, die alle das gleiche Molekül-Grundgerüst besitzen, sich aber chemisch leicht unterscheiden. Ihre variablen chemischen Eigenschaften finden in unterschiedlichen Materialien Anwendung.

Masterplan Umwelt und Gesundheit

Mit dem 2016 verabschiedeten Masterplan Umwelt und Gesundheit verfolgt die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen das Ziel, die umweltbedingten Gesundheitsrisiken für die Menschen mit einem breit angelegten und integrierten Handlungskonzept zu reduzieren. Ein Schwerpunkt des Masterplans ist das frühzeitige Erkennen der Belastung von Kindern mit Schadstoffen. Das Umweltministerium hat das Landesumweltamt (LANUV) mit Untersuchungen beauftragt, in denen in regelmäßigen zeitlichen Abständen von drei bis vier Jahren die Belastung von Kindern im Alter zwischen zwei und sechs Jahren auf ausgewählte Schadstoffe und deren Abbauprodukte im Urin ermittelt wird. Durch diese regelmäßigen Untersuchungen ist es möglich, die Belastung von Kindern dieser Altersgruppe mit alten und neuen Schadstoffen zu verfolgen (Human-Biomonitoring).

Weiterführende Informationen:

Der erste neue Bericht mit den aktuellen Ergebnissen des letzten Untersuchungsdurchgangs: https://url.nrw/KitaStudieNRW. Weitere Berichte zu anderen untersuchten Schadstoffen folgen.

Quelle: Pressemitteilung Umweltministerium NRW




Wie wir Kurzsichtigkeit bei Kindern aufhalten

Was Spezialist für Kinderaugenheilkunde Prof. Wolf Lagrèze empfiehlt

Die Adventszeit ist da, es wird früh dunkel, viele Familien igeln sich zu Hause ein. Damit schwindet ein wichtiger Faktor, der Kinder vor Kurzsichtigkeit schützt: das Tageslicht. „Tageslicht hemmt das Längenwachstum des Augapfels und bremst so Kurzsichtigkeit ab“, erläutert Professor Dr. med. Wolf Lagrèze von der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft (DOG). „Wir empfehlen daher zwei Stunden Aufenthalt pro Tag im Freien, das hilft gegen Kurzsichtigkeit – vermutlich bis ins junge Erwachsenenalter.“

Kurzsichtigkeit beginnt im Kindesalter. Das unscharfe Sehen in der Ferne mindert nicht nur die Lebensqualität, sondern begünstigt auch ernste Augenerkrankungen wie Makuladegeneration oder Netzhautablösung. „Eltern sind daher gut beraten, einer Kurzsichtigkeit mit ein paar Verhaltensregeln vorzubeugen oder zumindest ihr Fortschreiten zu verlangsamen“, sagt Lagrèze von der Klinik für Augenheilkunde am Universitätsklinikum Freiburg i. B.

Zwei Stunden täglich draußen spielen

„Kinder sollten zwei Stunden pro Tag draußen spielen, das halbiert das Risiko für Kurzsichtigkeit, sie sollten den Mindestleseabstand von 30 Zentimetern zu Buch oder Tablet einhalten und jede halbe Stunde eine Pause einlegen und den Blick in die Ferne schweifen lassen“, zählt der Spezialist für Kinderaugenheilkunde auf. Zudem sei es ratsam, den Kinderschreibtisch ans Fenster zu stellen, sodass der Arbeitsplatz möglichst hell beleuchtet ist. „Im Übrigen führt die viele Nahsicht auf digitale Medien nicht nur zu mehr Kurzsichtigkeit, sondern zieht zunehmend auch ernste psychologische Entwicklungsstörungen nach sich“, warnt Lagrèze.

Atropin-Tropfen: bis zu 40 Prozent geringere Kurzsichtigkeit

Sind beide Elternteile ausgeprägt kurzsichtig, ist Wachsamkeit angesagt. „Dann ist die Wahrscheinlichkeit für das Kind erhöht, ebenfalls stark kurzsichtig zu werden“, so Lagrèze. In diesen Fällen könnte eine Therapie mit Atropin-Tropfen helfen, die viele Augenärztinnen und Augenärzte in Kliniken und Praxen inzwischen im „Off lable use“ anbieten. „Dafür kommen Kinder im Alter von sechs bis 14 Jahren in Frage, bei denen die Kurzsichtigkeit pro Jahr um mindestens eine halbe Dioptrie zunimmt“, erklärt Lagrèze. Die Eltern träufeln abends vor dem Zubettgehen jeweils einen Tropfen in der geringen Konzentration von 0,01 Prozent Atropin in jedes Auge, dies für mindestens zwei Jahre. Krankenkassen übernehmen die Kosten nicht. Erhältlich sind die Tropfen auf Privatrezept als unkonservierte Zubereitung in Apotheken.

„Studien aus Asien belegen, dass die Tropfen die Zunahme der Kurzsichtigkeit um bis zu 40 Prozent abbremsen“, berichtet der Freiburger Augenarzt, der eine Studie der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) zur Wirksamkeit der Atropin-Therapie leitet. Trotzdem sollten sich Kinder weiterhin zwei Stunden pro Tag im Freien aufhalten, betont Lagrèze und fügt hinzu: „Atropin-Tropfen ersetzen im Übrigen auch nicht die Brille, die während der Therapie konsequent zu tragen ist.“

Keine Unterkorrektur – und Vorsicht bei Spezial-Gläsern

Was die Brille betrifft, gilt: Kurzsichtigkeit sollte nicht unterkorrigiert werden. „Die Annahme, schwächere Brillengläser würden das Augenlängenwachstum bremsen, ist falsch“, warnt der Experte. „Das genaue Gegenteil ist der Fall: Unterkorrektur fördert Kurzsichtigkeit“, erläutert Lagrèze. Vor diesem Hintergrund rät der Augenspezialist: „Kinder, deren Kurzsichtigkeit fortschreitet, sollten halbjährlich untersucht und ihre Brille bei Bedarf an die aktuellen Werte angepasst werden.“ Spezielle Brillen, die versprechen, das Augapfel-Wachstum und damit die Kurzsichtigkeit aufzuhalten, betrachtet der DOG-Experte mit Zurückhaltung: „Um diese sogenannten Multisegment-Gläser abschließend beurteilen zu können, bedarf es weiterer, unabhängiger Studien.“

Eine Alternative zu Atropin-Augentropfen stellen spezielle Kontaktlinsen dar, die Kurzsichtigkeit um bis zu 40 Prozent mindern können und bis zum 14. Lebensjahr getragen werden sollten. „Hier ist die Studienlage wesentlich breiter und solider“, berichtet Lagrèze. „Wenn das Kind motiviert ist und Lust auf Kontaktlinsen und die damit verbundene Hygiene hat, kann man sie ab einem Alter von etwa zehn Jahren empfehlen.“ Wichtig zu wissen: Eine Möglichkeit zur Minderung der Kurzsichtigkeit besteht nur im Kindes- und Jugendalter während der Wachstumsphase des Augapfels. „Diese Entwicklung ist größtenteils mit 17 Jahren abgeschlossen“, so Lagrèze. „Bei Erwachsenen funktioniert das also nicht mehr.“

Dem körpereigenen Schalter gegen Kurzsichtigkeit auf der Spur

Unterdessen sind die Forscher den Entstehungsmechanismen der Kurzsichtigkeit weiter auf der Spur. „Eine neue Erkenntnis ist, dass die Netzhaut im kurzsichtigen Auge die Fähigkeit einbüßt, das übermäßige Wachstum des Augapfels zu erkennen“, berichtet Professor Dr. rer. nat. Frank Schaeffel vom Forschungsinstitut für Augenheilkunde an der Universität Tübingen. Ist das Auge normalsichtig, sendet die Netzhaut bei zu starkem Augapfel-Wachstum ein wachstumshemmendes Signal. „Im kurzsichtigen Auge fällt dieses Signal zu schwach aus“, erläutert der Tübinger Forscher. Warum und wann der Wachstumsregelkreis aus dem Tritt gerät, ist noch unklar. „Das möchten wir gerne verstehen. Es wäre natürlich ideal, ihn zu reaktivieren und die Kurzsichtigkeit auf diese Weise auszuschalten“, betont Schaeffel, der zugleich am Institut für Molekulare und Klinische Ophthalmologie Basel tätig ist. Noch steht die Forschung hierzu aber am Anfang.

Weitere Informationen:

https://iovs.arvojournals.org/article.aspx?articleid=2772368
https://journals.plos.org/plosbiology/article?id=10.1371/journal.pbio.2006021
https://tvst.arvojournals.org/article.aspx?articleid=2778758
https://link.springer.com/article/10.1007/s00417-022-05842-z

Kerstin Ullrich/Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft




Wir müssen die Kinder in Bewegung bringen

Kindergesundheitsbericht der Stiftung offenbart dramatischen Bewegungsmangel

Dass sich unsere Kinder deutlich mehr bewegen sollten, fordern medizinische wie pädagogische Fachkräfte schon seit langer Zeit. Schließlich sollen sich die Kinder gesund entwickeln können. Leider verhallen diese Forderungen meist. Rund 70 Prozent der Kinder und Jugendlichen in Deutschland bewegen sich nach wie vor nicht ausreichend, beklagt die Stiftung Kindergesundheit in ihrem „Kindergesundheitsbericht“. Stattdessen verbringen sie mehr Zeit vor dem Bildschirm, können oft keinen Purzelbaum mehr schlagen und riskieren zu „Couch Potatoes“ zu werden.

„Bewegung ist für die Gesundheit und das Wohlbefinden eines Kindes von fundamentaler Bedeutung“, unterstreicht der Münchner Kinder- und Jugendarzt Professor Dr. Berthold Koletzko, Vorsitzender der Stiftung Kindergesundheit. „Schon bei Kindern und Jugendlichen und natürlich auch bei erwachsenen Frauen und Männern geht mangelnde körperliche Aktivität mit erheblichen gesundheitlichen Risiken einher. Durch Trägheit begünstigt werden beispielsweise Übergewicht und Adipositas, Typ-2-Diabetes, ein erhöhter Blutdruck und Störungen des Fett- und Blutzuckerstoffwechsels“.

60 Minuten Bewegung am Tag

Die Weltgesundheitsorganisation WHO empfiehlt aus gutem Grund allen heranwachsenden Mädchen und Jungen, sich jeden Tag mindestens 60 Minuten lang mit moderater bis hoher Intensität körperlich zu bewegen, zum Beispiel durch Laufspiele, Klettern, Fahrradfahren oder Schwimmen.

Nur jedes vierte Kind bewegt sich genug!

Dieses wünschenswerte Mindestmaß an Bewegung erreichen in Deutschland laut aktuellen Daten allerdings nur 25 Prozent der Kinder und Jugendlichen, heißt es im „Kindergesundheitsbericht“ der Stiftung. „Das bedeutet: Drei von vier Kindern und Jugendlichen leiden unter einem potentiell gesundheitsgefährdenden Bewegungsmangel!“, betont Professor Dr. Berthold Koletzko.
Bundesweiten Studien zufolge sind vier- bis 17-jährige Kinder und Jugendliche während einer ganzen Woche lediglich etwa sechs Stunden körperlich aktiv, berichtet die Stiftung Kindergesundheit. Besonders viele „Sitzenbleiber“ gibt es unter den Teenagern: Jugendliche im Alter von 14 bis 17 Jahren bewegen sich am wenigsten. Dabei liegt die Zahl der nur gering aktiven Mädchen doppelt so hoch wie die der bewegungsfaulen Jungen.

Mediennutzung verführt zu Trägheit

Die Dauer und Häufigkeit der Mediennutzung von Kindern und Jugendlichen in Deutschland nimmt schon seit Jahren zu, hat jedoch durch die Covid-19-Pandemie auch zu einer Zunahme an problematischem Medienverhalten geführt, berichtet die Stiftung Kindergesundheit.

Viele Kinder verbringen ihre Freizeit auf dem Sofa. Fernsehen, Computerspiele, Smartphones und Spielekonsolen – die beliebtesten Freizeitbeschäftigungen von Kindern und Jugendlichen verdrängen Sport und außerhäusliche Aktivitäten.

Benachteiligte Kinder am wenigsten aktiv

Neben dem Alter und dem Geschlecht beeinflusst auch der Sozialstatus der Kinder und Jugendlichen das Bewegungsverhalten, heißt es im „Kindergesundheitsbericht“. Kinder und Jugendliche aus Familien mit niedrigerem sozioökonomischen Status bewegen sich weniger als Kinder und Jugendliche aus bessergestellten Familien, zeigen eine deutlich geminderte Lebensqualität und leiden vermehrt unter depressiven Symptomen und psychischen Auffälligkeiten.

Zu den besonders benachteiligten Kindern gehören solche, deren Eltern eine geringe Bildung oder einen Migrationshintergrund haben oder psychisch belastet sind und Kinder in Familien, die auf beengtem Raum leben. Mädchen aus Familien mit niedrigem Sozialstatus sind insgesamt am wenigsten körperlich aktiv.

Programm „TigerKids“ soll Kinder auf die Beine bringen

Allen Kindern und Jugendlichen sollten mehr Möglichkeiten und Räume für Sport- und Bewegungsaktivitäten in Alltag und Freizeit bereitgestellt werden, fordert die Stiftung Kindergesundheit.

Da die Grundlagen für eine gesunde Entwicklung bereits im frühen Lebensalter gelegt werden, hat die Stiftung Kindergesundheit gemeinsam mit der Kinderklinik der Universität München und verschiedenen weiteren Partnern das Präventionsprojekt „TigerKids“ zur Ernährungs- und Bewegungsintervention für Kindertageseinrichtungen entwickelt.

„Unser Programm ‚TigerKids‘ fördert Bewegung und gesunde Ernährung in Kindertageseinrichtungen, um Bewegungsmangel und Übergewicht vorzubeugen“ erläutert Professor Berthold Koletzko: „Es ist wissenschaftlich fundiert und wird mittlerweile von mehr als 2.500 Kindergärten und Kitas genutzt“.

Das Programm „TigerKids“ enthält auch Empfehlungen für die Eltern, wie sie unkompliziert mehr Bewegung in den Alltag ihres Kindes einfließen lassen können. Sie lauten:

  1. Reduktion von Medienkonsum: Konsumieren Sie max. 0,5 bis 1 Stunde Medien am Tag, legen Sie medienfreie Tage fest.
  2. Bewegung im Alltag: Legen Sie Distanzen zu Fuß oder mit dem Fahrrad zurück, nutzen Sie Treppen statt Rolltreppen, beobachten Sie Ihre Schrittanzahl mit Hilfe eines Schrittzählers und vergleichen Sie innerhalb der Familie.
  3. Bewegung leicht gemacht: Kleiden Sie Ihr Kind in bequeme Kleidung, um Bewegung zu begünstigen.
  4. Mehr Kreativität in der Freizeit: Nutzen Sie das Angebot des Sportvereins, gestalten Sie das Wochenende aktiv (z.B. Wandern, Zoobesuch, Spielplatz, Schwimmbad).
  5. Ein gutes Vorbild sein: Beachten Sie, dass Kinder Ihr Verhalten nachahmen. Vermitteln Sie Freude an der Bewegung, spielen und bewegen Sie sich mit.

Das TigerKids-Projekt der Stiftung Kindergesundheit dient mittlerweile in vielen weiteren europäischen Ländern als Modell für die Entwicklung von Präventionsmaßnahmen und wurde bereits vielfach ausgezeichnet.

Giulia Roggenkamp, Stiftung Kindergesundheit




Zum internationalen Tag der Kinderrechte

Deutsches Kinderhilfswerk mahnt deutliche Verbesserungen bei der Gesundheitsversorgung von Kindern in Deutschland an

Das Deutsche Kinderhilfswerk mahnt zum heutigen Internationalen Tag der Kinderrechte deutliche Verbesserungen bei der Gesundheitsversorgung von Kindern in Deutschland an. Zudem fordert die Kinderrechtsorganisation mehr Anstrengungen von Bund, Ländern und Kommunen, um die Gesundheitschancen von Kindern vom sozialen Status zu entkoppeln. Darüber hinaus muss die Versorgungslage im Bereich der Kinder- und Jugendpsychotherapie dringend verbessert werden. Und auch bei der Gesundheitsversorgung von geflüchteten Kindern sieht das Deutsche Kinderhilfswerk weiteren Handlungsbedarf.

„Alle Kinder haben ein Recht auf gesundes Aufwachsen. Wir sehen mit Sorge, dass die Gesundheitschancen von Kindern und Jugendlichen in Deutschland sehr stark vom soziokulturellen Status des Elternhauses abhängig sind. Arme Kinder sind statistisch gesehen deutlich anfälliger für Übergewicht, haben eher motorische Entwicklungsprobleme, sind empfänglicher für Karies-Erkrankungen und stärker von psychischen Gesundheitsproblemen betroffen. Zudem neigen sie eher zu Verhaltensauffälligkeiten und Sprachstörungen. Deshalb müssen geeignete Maßnahmen auf den Weg gebracht werden, die das Gesundheitsrisiko von Armut betroffener Kinder aktiv reduzieren. Wir brauchen Regelsätze, die eine gesunde Ernährung gerade von Kindern und Jugendlichen ermöglichen. Schulen und Kitas müssen zu Orten der Vermittlung eines ,gesunden Lebens‘ werden. Dabei geht es um die Themen Ernährung, Bewegung, Psychohygiene und der Umgang mit Belastungen“, betont Holger Hofmann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes.

Erst vor wenigen Wochen hatte der UN-Kinderrechtsausschuss bei der Frage der Gesundheitsversorgung von Kindern in Deutschland „dringende Maßnahmen“ angemahnt. So zeigte sich der Ausschuss beispielsweise besorgt darüber, dass es einen Mangel an qualifizierten medizinischen Fachkräften gibt, die auf die pädiatrische Gesundheitsversorgung spezialisiert sind. Kritisiert wurde auch, dass asylsuchende Kinder, Kinder mit Migrationshintergrund und Kinder ohne regulären Aufenthaltsstatus nur begrenzten Zugang zu Gesundheitsdiensten haben. Kritikpunkt war zudem das hohe Maß an somatischen Störungen, Essstörungen und anderen selbstschädigenden Verhaltensweisen unter Kindern. In diesem Zusammenhang wurde ein verstärkter Ausbau gemeindebasierter psychosozialer Dienste sowie Beratungs- und Präventionsarbeit in Schulen, Heimen und alternativen Betreuungseinrichtungen gefordert.




Kinderbesuche auf Intensivstationen besser vorbereiten

Interdisziplinäres Experten-Team veröffentlicht 10-Punkte-Papier

Dürfen Kinder und Jugendliche Papa oder Mama, Oma oder Opa oder auch Freunde auf der Intensivstation oder in der Notaufnahme besuchen? Ist das nicht zu viel für ein Kind? All die Kabel und Schläuche? Das Bangen um Leben und Tod? Seit vielen Jahren wird hierüber kontrovers diskutiert. Typische Kontra-Argumente sind etwa, dass Kinder durch die belastenden Eindrücke traumatisiert werden könnten oder wechselseitige Infektionsgefahr besteht. Es gibt aber auch viele Hinweise darauf, dass ein Besuch unter bestimmten Bedingungen gesundheitsförderlich sein kann – für alle Beteiligten!

Leitfaden als Hilfestellung

Ein 33-köpfiges interdisziplinäres Experten-Team aus Österreich, Deutschland und der Schweiz hat innerhalb der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) nun einen Leitfaden als Hilfestellung rund um dieses Thema veröffentlicht – die in 10 Punkte gegliederte Empfehlungen „Kinder als Angehörige und Besuchende auf Intensivstationen, pädiatrischen Intensivstationen und in Notaufnahmen“.

„Das ist das erste Mal im europäischen Raum, dass Autoren aus der gesamten DACH-Region unter dem Mantel einer Fachgesellschaft eine solche Empfehlung verabschiedet haben“, freut sich Maria Brauchle. Die Diplom-Gesundheits- und Krankenpflegerin für Intensivpflege am Landeskrankenhaus Feldkirch in Österreich hat das Projekt angestoßen und ist eine von den drei federführenden Autoren. Adressieren soll das 57-seitige Meilenstein-Papier Mitarbeiter aller Professionen sowie Eltern und Sorgeberechtigte. Zudem soll es eine unverzichtbare Hilfestellung sowie ein roter Faden werden, um zukünftig einheitliche Besuchsregeln für Kinder entwickeln und implementieren zu können.

Die aufgeführten 10 Empfehlungen thematisieren alle dafür relevanten Punkte: Von der genauen Planung eines Kinderbesuches im interprofessionellen Team und die Stärkung elterlicher Kompetenzen bis hin zur Aufbereitung von kindgerechten Informationen und psychosozialer Unterstützung sowie Einbindung von Qualitäts- und Risikomanagement und einer Dokumentation von Kinderbesuchen.

  • Empfehlung 1: Den Besuch von Kindern im interprofessionellen Team planen
  • Empfehlung 2: Elterliche Kompetenzen stärken
  • Empfehlung 3: Kindgerechte Information sicherstellen
  • Empfehlung 4: Den Besuch von Kindern vorbereiten, begleiten und nachbereiten
  • Empfehlung 5: Psychosoziale Unterstützung anbieten
  • Empfehlung 6: In palliativen Situationen besonders begleiten
  • Empfehlung 7: In Notfallsituationen eine kindgerechte Begleitung ermöglichen
  • Empfehlung 8: Führung – den richtigen Rahmen für Kinderbesuche schaffen
  • Empfehlung 9: Qualitäts- und Risikomanagement einbinden
  • Empfehlung 10: Den Kinderbesuch und Angehörigengespräche dokumentieren

Drei Jahre Arbeit stecken in dem Meilenstein-Papier

Die Empfehlungen wurden von der Arbeitsgruppe „ICU Kids“ unter der Leitung von Maria Brauchle, Dr. Teresa Deffner und Dr. Peter Nydahl in Kooperation mit den DIVI-Sektionen psychologische Versorgungsstrukturen, Pflegeforschung und Pflegequalität, Pädiatrische Intensiv- und Notfallmedizin, Ethik, Bewusstseinsstörungen und Koma, Sepsis und Infektiologie entwickelt. Nach intensiver Vorarbeit der drei federführenden Autoren hat dann das interdisziplinäre Gremium das vergangene halbe Jahr ungezählte Arbeitsstunden investiert, um fachlich jeden Winkel zu beleuchten. „Insgesamt haben wir zusammen rund drei Jahre an den Empfehlungen geschrieben“, rechnet Maria Brauchle nach.

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Nina Meckel Presse- und Öffentlichkeitsarbeit