Mehr Bewegung hilft Kinderunfälle zu vermeiden

Kostenlose Broschüre der Bundesarbeitsgemeinschaft (BAG) Mehr Sicherheit für Kinder e.V. hilft Eltern und pädagogischen Fachkräften

Kinder wollen laufen, klettern, hüpfen und springen, sie haben Freude daran, so richtig aus der Puste zu kommen. Wie wichtig es ist, dass sie sich ausreichend bewegen, zeigen die Folgen der Pandemie. Kontaktbeschränkungen, Lockdowns und Homeschooling haben viele Mädchen und Jungen in ihrem Bewegungsdrang eingeschränkt. „Je mehr sich die Jüngsten bewegen, desto sicherer können sie sich und ihre körperlichen Fähigkeiten einschätzen. Kinder, die sich häufig und regelmäßig bewegen, sind geschickter und routinierter in ihren Bewegungsabläufen. Das mindert das Risiko für Unfälle“, erläutert Prof. Stefanie Märzheuser, Präsidentin der BAG und Direktorin der Klinik und Poliklinik für Kinderchirurgie, Universitätsmedizin Rostock.

Bewegungsdrang unterstützen

Durch die pandemiebedingten Probleme wird es noch dringender, die Bewegungsförderung in den Fokus zu rücken. Dabei spielen zwei Perspektiven eine entscheidende Rolle: Einerseits geht es darum, Eltern, Multiplikatorinnen und Multiplikatoren sowie die Öffentlichkeit zu motivieren, den kindlichen Spaß an Bewegung und Sport zu fördern und ihre körperliche Aktivität zu steigern. Andererseits können die Adressaten ihr Wissen über sichere Bewegungs- und Sportangebote vertiefen, um die Risiken für Unfälle zu verringern.


Sinnvolles und sinnenvolles Spiel für mehr Bewegung

Immer mehr Kinder zeigen deutlich, dass es ihnen an Bewegung mangelt. Damit fehlt ihnen jedoch das wesentliche Element für Entwicklung und Wachstum. Deshalb stellen die zahlreichen Bewegungsübungen und -spiele in diesem Buch unserer bewegungsarmen und reizüberfluteten Welt etwas entgegen. Dafür realisierte Dr. Gabriela Falkenberg-Gurges mit ihren Student:innen ein Projekt. Die Resultate, erprobt und überarbeitet, stehen hier zur Verfügung. Die dabei entwickelten Bewegungsangebote bilden die Grundlage für die in diesem Buch vorgestellten Spiel- und Körpererfahrungen.

Dr. Gabriela Falkenberg-Gurges
Gefühl bis in die Fingerspitzen – Körpererfahrung in Kindergruppen
Taschenbuch, 96 Seiten
ISBN: 978-3-944548-10-4
14,95 €


„Erstmals kennen wir die Zahlen: Eine von uns durchgeführte repräsentative Befragung ergab, dass sich über eine Million Kinder in zwölf Monaten bei Sport und Bewegung so schwer verletzten, dass sie ärztlich behandelt werden mussten. Das Verletzungsrisiko liegt damit in Deutschland höher als bei unseren deutschsprachigen Nachbarn. Rund 85 Prozent der Unfälle hätten sich vermeiden lassen, so eine weitere Erkenntnis unserer Studie. Vielfältige Bewegungserfahrungen in Kombination mit konkreten präventiven Maßnahmen, z. B. das Tragen von Schutzausrüstungen und die Entwicklung der Risikokompetenz können die Zahl der Verletzungen von Kindern deutlich senken“, sagt Claus Weingärtner, Vorstand der Stiftung „Sicherheit im Sport“.

Und für die Deutsche Turnerjugend erläutert Vorstandsmitglied Friederike Holfeld: „Regelmäßiges und vielfältiges Bewegen wirkt sich darüber hinaus positiv auf die gesamte körperliche, geistige und emotionale Entwicklung von Kindern aus. Durch das Herausbilden der motorischen Grundlagen lernen Kinder sich und ihre Umwelt besser kennen, wodurch ein sicheres und gesundes Aufwachsen ermöglicht wird.“

Kostenlose Broschüre „Bewegung und Sport – aber sicher!“

Gemeinsam mit beiden Partnern gibt die BAG die kostenlose Broschüre „Bewegung und Sport – aber sicher!“ für Eltern sowie Multiplikator:innen heraus. Sie kann hier bestellt werden und wird über Kinderarztpraxen vertrieben.

In Deutschland lebten im Jahr 2019 ca. 11,39 Millionen Kinder unter 15 Jahren, von denen ungefähr 1,88 Millionen bei einem Unfall so heftig verletzt wurden, dass sie einen Arzt aufsuchen mussten. Fast zwei Drittel der Unfälle waren Stürze. „Viele Unfälle können durch Bewegungssicherheit der Kinder vermieden werden. Der Kindersicherheitstag 2022 ist ein wichtiger Tag, um zusammen mit starken Partnern auf das Thema Bewegungsförderung und Unfallprävention aufmerksam zu machen“, erläutert Prof. Stefanie Märzheuser.

Über die Bundesarbeitsgemeinschaft (BAG) Mehr Sicherheit für Kinder e.V.

Die BAG Mehr Sicherheit für Kinder e.V. informiert über die Verhütung von Kinderunfällen, gibt zahlreiche Broschüren zur Kindersicherheit heraus und veranstaltet Fortbildungen. Unterstützt durch verschiedene Bundesministerien und weitere Institutionen setzt die BAG sich dafür ein, Kinderunfälle zu reduzieren und innovative Präventionsmaßnahmen für Heim und Freizeit sowie Kooperationen auf nationaler und internationaler Ebene voranzubringen.

Quelle: Karoline Becker/BAG Mehr Sicherheit für Kinder e.V.




Bildschirmzeit: Eltern erkennen Problem nicht

US-Umfrage unter rund 2.000 Erziehungsberechtigten – Kurzsichtigkeit nur eine Negativfolge

Videospiele auf tragbaren Konsolen oder Smartphones sowie verstärkter TV-Konsum schädigen die Augen von Kindern und Jugendlichen. Nur die Hälfte der Eltern ist sich dieses Problems jedoch bewusst, wie eine Studie der University of Michigan Health http://uofmhealth.org zeigt. Basis ist die US-weite Umfrage „C.S. Mott Children’s Hospital National Poll on Children’s Health“, für die 2.002 Eltern von Kindern zwischen drei und 18 Jahren im April dieses Jahres befragt wurden.

Schutz vor Sonnenlicht nötig

Laut Experten bedeutet mehr Bildschirmzeit weniger Zeit im Freien. Das Risiko einer Kurzsichtigkeit erhöht sich. Die Zahl der betroffenen Kinder ist in den vergangenen 30 Jahren drastisch gestiegen. Fachfrau Sarah Clark nach sollten Kinder mindestens ein bis zwei Stunden pro Tag im Freien verbringen, da der Kontakt mit natürlichem Licht gut für die Gesundheit der Augen ist. Andere Studien weisen auf einen Zusammenhang zwischen geringem Abstand zum Bildschirm, wie bei einem Tablet, und der erhöhten Wahrscheinlichkeit einer Kurzsichtigkeit hin.

Ein weiterer übersehener Bereich der Augengesundheit ist der Schutz der Kinderaugen vor intensivem Sonnenlicht. Weniger als ein Drittel der befragten Eltern sagt, dass das Tragen von Sonnenbrillen im Freien große Auswirkungen auf das Sehen der Kinder und ihre Augengesundheit hat. Nur zwei von fünf Eltern ließen ihre Kinder draußen eine Sonnenbrille tragen. Tatsächlich sollten Kinder im Freien Sonnenbrillen oder Hüte mit breiten Krempen tragen, um das Risiko einer Schädigung durch UV-Strahlung zu verringern. Eine Schädigung kann später zu Augenproblemen führen.

Viele Eltern treffen auch bei Aktivitäten, bei denen Objekte mit hoher Geschwindigkeit auf das Auge treffen, keine Vorkehrungen zum Schutz vor Verletzungen, wie die Studie zeigt. Weniger als ein Drittel der Eltern berichten zudem, dass ihr Kind bei Kontaktsportarten schützende Brillen trägt. Die meisten Befragten sagen jedoch, dass Kinder und Teenager bei Aktivitäten, bei denen das Risiko einer Augenverletzung besteht, wie dem Arbeiten mit Werkzeug oder einem Schießspiel wie Nerf Guns oder Paintball, durchaus Schutzbrillen tragen.

Alte Ratschläge noch aktuell

Wie nah die Kinder vor dem Bildschirm sitzen, beeinflusst die Lesefähigkeit im Dunkeln. Auch hat dies laut Experten Einfluss auf die Ernährung. Clark zufolge werden damit immer noch Ratschläge früherer Generationen befolgt. Diese Aktivitäten strengen die Augen zwar an, führen aber zu keiner anhaltenden Schädigung oder langfristigen Augenproblemen. Weniger als ein Drittel der Eltern erklärt, dass Kinder Brillen tragen, um das blaue Licht zu blockieren. Dieses schädigt zwar die Augen nicht, es kann sich aber auf den Biorhythmus auswirken und es den Kindern erschweren einzuschlafen.

Mindestens eine Stunde ohne Display-Kontakt sollte vor dem Zubettgehen eingehalten werden, sagen Experten. Vier von fünf Eltern berichten, dass sie während des Besuchs beim Kinderarzt oder beim Hausarzt einen Sehtest gemacht haben. Mehr als ein Viertel der Teilnehmer sagt, dass die Kinder in der Schule oder bei der Tagesbetreuung untersucht worden sind. Eines von sieben Elternteilen gibt an, dass ihr Kind in den vergangenen beiden Jahren weder einen Sehtest gemacht hatte, noch bei einem Augenarzt gewesen war. Dabei sollten Kinder laut Medizinern zumindest alle zwei Jahre einen Sehtest durchführen lassen.

Moritz Bergmann/pressetext.redaktion




Jedes sechste Kind ist dicker geworden

Corona-Krise für Kinder: Gewichtszunahme, weniger Bewegung, mehr Süßwaren

Die Corona-Krise hat massive Auswirkungen auf die Kindergesundheit: Jedes sechste Kind in Deutschland ist seit Beginn der Corona-Pandemie dicker geworden, fast die Hälfte bewegt sich weniger als zuvor, etwa ein Viertel isst mehr Süßwaren – das zeigt eine repräsentative Eltern-Umfrage, die die Deutsche Adipositas-Gesellschaft (DAG) und das Else Kröner-Fresenius-Zentrum (EKFZ) für Ernährungsmedizin an der Technischen Universität München heute vorgestellt haben.

Kinder aus einkommensschwachen Familien doppelt so häufig betroffen

Demnach hat die Pandemie die gesundheitliche Ungleichheit weiter verschärft: Kinder und Jugendliche aus einkommensschwachen Familien sind doppelt so häufig von einer ungesunden Gewichtszunahme betroffen wie Kinder und Jugendliche aus einkommensstarken Familien. Die DAG und das EKFZ für Ernährungsmedizin fordern mit Blick auf die Ergebnisse einen „Marshall-Plan für die Kindergesundheit“, um die Folgen der Pandemie aufzufangen. Als Sofortmaßnahmen empfehlen die Expert:innen eine Besteuerung von Zuckergetränken, Werbeschranken für ungesunde Lebensmittel und eine Stärkung der Adipositas-Therapie, die in Deutschland chronisch unterfinanziert sei.

Dramatische Folgen für die Gesundheit der Kinder

„Eine Gewichtszunahme in dem Ausmaß wie seit Beginn der Pandemie haben wir zuvor noch nie gesehen“, sagt Dr. Susann Weihrauch-Blüher, Oberärztin an der Universitätskinderklinik Halle/Saale. Sie ist gleichzeitig Sprecherin der Arbeitsgemeinschaft Adipositas im Kindes- und Jugendalter (AGA) der DAG. Warum das so alarmierend ist, erklärt Sie damit: Übergewicht kann schon bei Kindern und Jugendlichen zu Bluthochdruck, einer Fettleber oder Diabetes führen.

Das bestätigt auch eine Studie des Kopenhagener Universitätskrankenhauses Holbæk in Dänemark. Danach leiden schon Schulkinder im Alter von sechs bis acht Jahren unter Krankheiten, die als Folge von Übergewicht entstanden sind. Ihre Studie lege nahe, so die Autor:innen aus Kopenhagen, „dass die frühe Kindheit – bereits im Alter von zwei bis fünf Jahren – der richtige Zeitpunkt ist, um diese Erkrankungen zu erkennen, da Komplikationen durch Übergewicht, einschließlich Störungen des Glukosestoffwechsels, erst im Alter von einigen Jahren auftreten können.“ Die detaillierten Ergebnisse finden sich im Obesity Research & Clinical Practice.

Corona-Kilos Bumerang für Gesundheit einer ganze Generation

Zur deutschen Studie sagt Prof. Hans Hauner, Direktor des EKFZ für Ernährungsmedizin. „Die Folgen der Pandemie müssen aufgefangen werden, sonst werden die ‚Corona-Kilos‘ zum Bumerang für die Gesundheit einer ganzen Generation. Die Stärkung geeigneter Therapie-Angebote, die alle Gruppen gleichermaßen erreicht, ist nun von enormer Bedeutung.“

Die wichtigsten Ergebnisse

Für die Studie hat das Meinungsforschungsinstitut Forsa im März und April 2022 insgesamt 1.004 Eltern mit Kindern im Alter von drei bis 17 Jahren befragt. Die wichtigsten Ergebnisse:

  • 16 Prozent der Kinder und Jugendlichen sind dicker geworden, bei Kindern im Alter von zehn bis zölf Jahren sind es sogar 32 Prozent
  • Kinder und Jugendliche aus einkommensschwachen Familien sind doppelt so häufig von einer ungesunden Gewichtszunahme betroffen wie Kinder und Jugendliche aus einkommensstarken Familien (23 zu 12 Prozent)
  • 44 Prozent der Kinder und Jugendlichen bewegt sich weniger als vor der Pandemie, bei Kindern im Alter von zehn bis zwölf Jahren sind es sogar 57 Prozent
  • Bei 33 Prozent der Kinder und Jugendlichen hat sich die körperlich-sportliche Fitness verschlechtert, bei Kindern im Alter von zehn bis zwölf Jahren sind es sogar 48 Prozent
  • Bei 43 Prozent der Kinder und Jugendlichen belastet die Pandemie die seelische Stabilität „mittel“ oder „stark“
  • 70 Prozent der Kinder und Jugendlichen haben die Mediennutzung gesteigert
  • 27 Prozent der Kinder und Jugendlichen greifen häufiger zu Süßwaren als zuvor
  • 34 Prozent der Familien essen häufiger gemeinsam als zuvor

Hier finden Sie die Ergebnispräsentation im pdf-Format zum Download: https://adipositas-gesellschaft.de/wp-content/uploads/2022/05/2022-05-31_DAG-EKFZ_forsa-Umfrage_Ergebnispraesentation_final.pdf

WHO: „Nachteilige Veränderungen bei Ernährungs- und Bewegungsmustern“

Kürzlich hat die Weltgesundheitsorganisation WHO Europa vor den Folgen der Adipositas-Epidemie gewarnt und auf „nachteilige Veränderungen bei Ernährungs- und Bewegungsmustern“ durch die Corona-Pandemie hingewiesen. Auch der Corona-Expertenrat der Bundesregierung hatte im Februar vor einer „Zunahme von Adipositas“ gewarnt und Gegenmaßnahmen empfohlen. Das EKFZ für Ernährungsmedizin hatte im September 2020, kurz nach Beginn der Corona-Pandemie, bereits eine Befragung mit vergleichbarer Methodik durchgeführt. Ein Abgleich mit den aktuellen Daten zeigt, dass sich die Auswirkungen auf den Lebensstil verfestigt haben.

Vermutlich mehr Kinder von Übergewicht betroffen als je zuvor

Aktuelle, bundesweit repräsentative Messungen des Körpergewichts von Kindern und Jugendlichen liegen nicht vor. Die letzte Erhebung des Robert Koch-Instituts fand in den Jahren 2014 bis 2017 statt. Die aktuelle Umfrage sowie erste regionale Messungen und Befragungen legen nahe, dass heute mehr Kinder und Jugendliche von Übergewicht betroffen sind als je zuvor. So ist einer Studie der Universität Leipzig zufolge das Körpergewicht von Kindern in der Region Mitteldeutschland in den ersten Monaten der Corona-Pandemie deutlich gestiegen. Im Rahmen einer Befragung des Karlsruher Instituts für Technologie berichtete ein Viertel der Kinder und Jugendlichen mit Normalgewicht von einer Gewichtszunahme im zweiten Lockdown 2020. Auch Daten der DAK-Gesundheit zeigen einen deutlichen Anstieg der Krankenhausbehandlungen wegen Adipositas bei Kindern und Jugendlichen im Jahr 2020.


Kochen und Backen mit Kindern

Ernährung ist die Grundlage unseres Lebens. Darüber wollen Kinder schon früh jede Menge erfahren. Beim gemeinsamen Zubereiten von Speisen entsteht aus der Küche ein Spiel- und Lernort, der alle Sinne gleichzeitig anspricht. Vor allem gibt es jede Menge zum Schnippeln und Kneten, zum Schmecken und Ausprobieren! In diesem Buch finden Sie eine Fülle kindgerechter Rezepte, bei denen Kinder richtig mitkochen können. Jedes Gericht hat seine eigene Geschichte. Zutaten, Zubereitung und Herkunft, Tipps und Anregungen bieten Gesprächsstoff und wichtiges Basiswissen zu unserer Ernährung.

Manon Sander
Kochen und Backen mit Kindern – Alles, was Kinder gerne essen und über Ernährung wissen sollten
Hardcover, 288 Seiten, vierfarbig
ISBN: 978-3-934333-48-2
7,95 €


Methodische Einschränkungen

Die aktuelle Eltern-Umfrage wurde anlässlich des Welt-Adipositas-Tags durchgeführt. Der Tag findet jährlich Anfang März statt und wird in Europa von der European Association for the Study of Obesity (EASO) und der European Coalition for People living with Obesity (ECPO) ausgerufen. Finanziert wurde die Eltern-Umfrage durch die Else Kröner-Fresenius-Stiftung (EKFS), durch die EASO und die ECPO sowie durch den Sonderforschungsbereich Adipositasmechanismen der Universität Leipzig.

Die Ermittlung von Lebensgewohnheiten und der Gewichtsentwicklung mittels Umfragen, wie im vorliegenden Fall, unterliegt methodischen Einschränkungen. Insbesondere ist von einer Untererfassung bei Angaben zu ungesundem Verhalten auszugehen.

Weiterführende Informationen:

Über die Deutsche Adipositas-Gesellschaft e.V. (DAG)

Die Deutsche Adipositas-Gesellschaft e.V. (DAG) ist die medizinisch-wissenschaftliche Fachgesellschaft, die sich dem Krankheitsbild Adipositas (starkes Übergewicht) widmet. Die DAG ist gemeinnützig und setzt sich für eine Stärkung der Prävention und Therapie der Adipositas ein, in dem sie Wissenschaft und Forschung auf dem Gebiet der Adipositas fördert, evidenzbasierte Leitlinien zur Prävention, Diagnose und Therapie der Adipositas erarbeitet sowie die Öffentlichkeit über die gesellschaftliche Bedeutung, Ursachen und Folgen der Krankheit aufklärt. Die Arbeitsgemeinschaft Adipositas im Kindes- und Jugendalter (AGA) ist eine Tochterorganisation der DAG. www.adipositas-gesellschaft.de

Über das Else Kröner Fresenius Zentrum für Ernährungsmedizin (EKFZ)

Das Else Kröner Fresenius Zentrum für Ernährungsmedizin (EKFZ) an der TU München ist eine national und international anerkannte Forschungseinrichtung auf dem Gebiet der Ernährungsmedizin. Das Zentrum an der TU München besteht aus dem Lehrstuhl für Ernährungsmedizin, dem Lehrstuhl für Molekulare Ernährungsmedizin und der Professur für Pädiatrische Ernährungsmedizin. Das interdisziplinäre Team nutzt Knowhow aus Medizin, Ernährungs-, Sport- und Gesundheitswissenschaften für exzellente Forschung und Lehre und engagiert sich zudem auch sehr stark im Public Health Bereich. www.ekfz.tum.de.

Quellen: Pressemitteilung DAG und Obesity Research & Clinical Practice




Kinderherzen vor Hitzewelle schützen

Der Bundesverband Herzkranke Kinder e.V. gibt Tipps nicht nur für Familien mit herzkranken Kindern

In den kommenden Tagen ist eine Hitzewelle angekündigt. Die hohen Temperaturen belasten vor allem auch herzkranke Kinder. Säuglinge und Kleinkinder neigen am stärksten zur Überhitzung, weil sie Temperaturen noch nicht wirksam regulieren können. Vor allem bei schwüler Hitze und hoher Luftfeuchtigkeit ist die Wärmeableitung über die Haut bzw. Schweißbildung kaum möglich. Hohe Ozonwerte können zu akuten Atembeschwerden mit Husten oder zu akuten Asthmaanfällen führen. Vermeiden Sie auch vermeintlich harmlose Sonnenbrände „nur mit Hautrötung“ und ohne Blasenbildung. Denn zu viel UV-Strahlung steigert sowohl das Risiko, dass die zarte Kinderhaut geschädigt wird, als auch dass das Kind später an Hautkrebs erkranken kann. Hier einige Tipps für Kinder:

Trinken

Je höher die Temperaturen, desto schneller trocknen Kinder aus. Bei ihnen beträgt der Wasseranteil am Körpergewicht etwa 75 Prozent. Ihre Körperoberfläche ist vergleichsweise viel größer als die von Erwachsenen. Geben Sie daher ihren Kindern regelmäßig und ausreichend zu trinken, am besten Wasser, ungesüßten Tee oder Fruchtsaftschorlen – nicht zu kalte Getränke, da der Körper dies kaum kompensieren kann.

Alkohol

Experimente mit Alkohol und anderen Drogen können böse enden. Denn Alkohol beeinträchtigt das Herz- Kreislaufsystem und kann die Wirkung von Herzmedikamenten negativ beeinflussen. Altersgerechte Info dazu gibt es auch auf www.herzklick.de und in unseren Comics auf: https://www.bvhk.de/….

Ernährung

Leichte, fettarme Kost belastet das Herz nicht übermäßig.

Sonnenschutz

Enge und helle Kleidung aus Baumwolle schützt weniger gut vor Sonnenstrahlung als weite und dunkle Kleidung oder gekennzeichnete UV-Schutzkleidung (mindestens mit Lichtschutzfaktor 40). Sonnenschutzcreme mit dem jeweils richtigen Lichtschutzfaktor und aktuellem Haltbarkeitsdatum regelmäßig auftragen. Nachcremen, vor allem nach dem Baden oder Schwitzen nicht vergessen. Auch die Augen brauchen Schutz. Unbedingt darauf achten, dass auch die Brille UV-A- und UV-B-Strahlen abhält!

Kindergarten und Schule informieren

Eltern herzkranker oder chronisch Kinder sollten Erzieher:innen bzw. Lehrer:innen ihres herzkranken Kindes informieren: wie belastbar ist das Kind? Welche besondere Fürsorge braucht es? Welche Medikamente? Was ist im Notfall, etwa bei einem Schwächeanfall, zu beachten? Hilfreich ist die Broschüre „Herzkranke Kinder in der Schule“ auf https://www.bvhk.de/….

Aktivitäten

Chronisch herzkranke Kinder sollten in der Mittagshitze nicht draußen spielen. Auf Ausflügen brauchen sie ihre gewohnten Medikamente. Wenn diese gekühlt werden müssen, sollten die Eltern Kühlmöglichkeiten für unterwegs sicherstellen.

Sport

Sport in sengender Sonne ist nicht ratsam. Rennen in der Hitze ist viel anstrengender als bei normalen Temperaturen. Gut tun jetzt Entspannungsübungen im Schatten. Am besten in den Morgen- oder Abendstunden, wenn es etwas kühler ist.

Schwimmen und Tauchen

Überhitzt ins Wasser springen belastet den Kreislauf stark. Besser reibt sich das Kind nach und nach mit dem kalten Wasser ab und taucht dann erst mit dem ganzen Körper ein.

Medikamente und ihre Nebenwirkungen

Die Nebenwirkungen sind bei hohen Temperaturen teilweise extrem. Arzneimittel können die Konzentrationsfähigkeit beeinträchtigen und damit auch die Lern- und Leistungsfähigkeit sowie die Sicherheit im Straßenverkehr.

„Mein Herz rast so!“

Kinder mit Herzrhythmusstörungen sind jetzt besonders gefährdet. Rhythmusstörungen können trotz Medikation auftreten. Wenn ein Kind über ‚Herzrasen‘ klagt, sollte die Hautoberfläche gekühlt werden. Es sollte sich hinsetzen, wenn möglich im Schatten hinlegen. Manchmal verschwinden diese Herzrhythmusstörungen spontan wieder. Über den Puls kann man versuchen, Herzfrequenz und -rhythmus zu kontrollieren. Wenn sich in Ruhe keine Normalisierung einstellt, sollte ein Notarzt gerufen und das Kind unmittelbar in ‚seine’ Klinik gebracht werden, damit durch unnötige Zwischenstationen keine Zeitverzögerung entsteht (die Klinik schon vorher telefonisch informieren!)

Kreislaufprobleme

Bei Ohnmacht oder Herzrhythmusstörungen sollten Eltern ihr Kind unverzüglich von einem Notarzt ins Krankenhaus bringen lassen.

Mehr Info: https://bvhk.de/kinderherzen-vor-hitze-schuetzen-sommer-2022/

Quelle: Pressemitteilung Bundesverband Herzkranke Kinder e.V.




Zukunft säen – Landwirtschaft zum Anfassen

Neues Projekt des Ökomarkt e. V. und der Hamburger Klimaschutzstiftung für Hamburger Kitas und Schulen

Bei der Erkundung ökologischer Höfe, Verarbeitungsbetriebe und Läden können Kinder rund um Hamburg jetzt Landwirtschaft zum Anfassen erleben. Lehrkräfte sowie Erzieherinnnen und Erzieher erhalten in Fortbildungen lebensnahes Wissen und vielseitige unterstützende Lernmaterialien. Das Projekt des Ökomarkt e.V. und der Hamburger Klimaschutzstiftung startet im Rahmen der Reihe „Schule & Landwirtschaft – Bildung für Nachhaltige Entwicklung am Lernort Bio-Bauernhof“.

Gefragt, was ihr im Projekt wichtig ist, erklärt Projektleiterin Christina Zurek: „Eine Botschaft der Veranstaltungen ist, dass die Teilnehmenden durch ihre jetzigen und späteren Kaufentscheidungen mitgestalten, wie sich unsere Landwirtschaft entwickelt. Bio-Landwirtschaft trägt ja zu Klimaschutz, zu Artenvielfalt, zu Boden- und Grundwasserschutz und zur Gesundheit des Menschen bei. Zudem ist uns wichtig, das Lernen alters- und zielgruppengerecht sowie möglichst interaktiv und anschaulich zu gestalten, im Sinne einer Bildung für nachhaltige Entwicklung.“

Die Hamburger Klimaschutzstiftung will als Projektpartnerin vor allem die Synergien zwischen den außerschulischen Bildungsangeboten des Hamburger Umweltzentrums auf Gut Karlshöhe und dem Bildungsprogramm „Schule & Landwirtschaft“ des Ökomarkt e.V. nutzen. Heide Pusch, Geschäftsführerin der Hamburger Klimaschutzstiftung: „Landwirtschaftliche Kreisläufe sind ein wichtiges Zukunftsthema. Das Projekt ,Zukunft säen‘ passt gut in die strategische Planung und zu unseren neuen Stationen auf Gut Karlshöhe, an denen wir uns modellhaft mit landwirtschaftlichen Anbaumethoden beschäftigen.“

Weitere Infos zum Projekt finden Sie unter:

www.hamburger-klimaschutzstiftung.de/projekte/zukunft-saeen/ Das Projekt wird gefördert durch das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestags im Rahmen des Bundesprogramms Ökologischer Landbau (BÖL) und die Hamburger Behörde für Umwelt, Klima, Energie und Agrarwirtschaft (BUKEA).

Quelle: Pressemitteilung Hamburger Klimaschutzstiftung für Bildung und Nachhaltigkeit




Guten Appetit? Was so alles auf den Grill kommt!

Der Grillwurst-ÖKO-TEST ist jetzt gratis abrufbar

Sommerzeit ist Grillzeit. Für die Kinder gibt es dann gerne mal gegrillte Würstchen. Beim Lesen des aktuellen ÖKO-TESTs ist uns der Appetit vergangen. „Abgeschnittene Schwänze, kastrierte Ferkel und kaum Platz im Stall: Das ist traurige Realität in der konventionellen Schweinehaltung“, schreibt das Verbrauchermagazin in einer Mitteilung. Weiter heißt es „Wir haben 19 gebrühte Grillwürste aus Schweinefleisch untersucht – neben den oft miserablen Bedingungen im Stall vermiesen auch Mineralölbestandteile, Keime, Phosphate und zu viel Salz die Testergebnisse einiger Produkte.“ Die gute Nachricht ist laut ÖKO-TEST, dass wir viele Bio-Würste zumindest ab und zu mit gutem Gewissen auf den Grill legen könnten. Die schlechte Nachricht: „Die konventionelle BBQ Bratwurst Herzhaft von Aldi Nord/Aldi Süd schneidet am schlechtesten ab und in der Penny Rost Bratwurst stecken Clostridien – Keime, die auf mangelnde Hygiene hinweisen.“

Den Grillwurst-Test könnt ihr hier downloaden.

Quelle: Pressemitteilung ÖKO-TEST




Mehr Kinder zu haben, wirkt sich wohl negativ auf geistige Leistung im Alter aus

Wesentliche Faktoren könnten Stress, Sorgen sowie eine geringere Teilhabe am kulturellen Leben sein

Heute bekommen Frauen durchschnittlich weniger Kinder. In der Schweiz sind das 1,46, in Österreich 1,48 und in Deutschland 1,53. Allerdings gibt es mittlerweile wieder Trends zu größeren Familien. In Deutschland etwa leben in rund eine Million Haushalte drei und mehr minderjährige Kinder. Das hat seine Vor- und Nachteile. Das Familienleben ist meist lebendiger. Die Kinder sind selten einsam. Vielleicht ist das Leben auch fröhlicher. Allerdings ist Kinder haben sehr kostspielig. Die Eltern bekommen weniger Schlaf und der Stress ist größer. Jüngste Forschungsergebnisse deuten zudem darauf hin, dass Eltern mit vielen Kindern im Alter einen stärkeren Verlust ihrer geistigen Leistungen erleiden.

Auswirkungen hoher Fruchtbarkeit auf die kognitiven Fähigkeiten

Eine aktuelle Studie der Mailman School of Public Health der Columbia University, des Robert Butler Columbia Aging Center und der Université Paris-Dauphine – PSL fand heraus, dass sich drei oder mehr Kinder im Vergleich zu zwei Kindern negativ auf die kognitiven Fähigkeiten im späteren Leben auswirken. Die Daten zeigen auch, dass dieser Effekt in Nordeuropa am größten ist, wo eine höhere Fruchtbarkeit zwar die finanziellen, nicht aber die sozialen Ressourcen verringert. Dies ist die erste Studie, die die Auswirkungen einer hohen Fruchtbarkeit auf die kognitiven Fähigkeiten im späteren Leben untersucht.

Bislang wurde der Fruchtbarkeit als möglichem Prädiktor für die kognitiven Fähigkeiten im späteren Lebensalter im Vergleich zu anderen Merkmalen wie Bildung oder Karriere wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Die Ergebnisse wurden in der Zeitschrift Demography veröffentlicht.

Kognitive Gesundheit der älteren Bevölkerung von entscheidender Bedeutung

„Das Verständnis der Faktoren, die zu einer optimalen kognitiven Leistungsfähigkeit im Alter beitragen, ist für die Gewährleistung eines erfolgreichen Alterns auf individueller und gesellschaftlicher Ebene von entscheidender Bedeutung – insbesondere in Europa, wo die Familiengrößen geschrumpft sind und die Bevölkerung schnell altert“, so Dr. Vegard Skirbekk, Professor für Bevölkerungs- und Familiengesundheit an der Columbia Mailman School. „Für den Einzelnen ist die kognitive Gesundheit im fortgeschrittenen Alter von entscheidender Bedeutung, um seine Unabhängigkeit zu bewahren und im späteren Leben sozial aktiv und produktiv zu sein. Für die Gesellschaft ist die Sicherstellung der kognitiven Gesundheit der älteren Bevölkerung von entscheidender Bedeutung für die Verlängerung des Arbeitslebens und die Verringerung der Gesundheitskosten und des Pflegebedarfs“, sagte Dr. Eric Bonsang, Professor für Wirtschaftswissenschaften an der Université Paris-Dauphine – PSL.

Die Forscher untersuchten Daten aus dem Survey of Health, Aging, and Retirement in Europe (SHARE), um herauszufinden, wie sich das Vorhandensein von drei oder mehr Kindern im Vergleich zu zwei Kindern auf die Kognition im späteren Leben auswirkt. SHARE erhebt Daten von repräsentativen Stichproben älterer Menschen in 20 europäischen Ländern und Israel, darunter Österreich, Belgien, Kroatien, die Tschechische Republik, Dänemark, Estland, Frankreich, Deutschland, Griechenland, Ungarn, Italien, Luxemburg, die Niederlande, Polen, Portugal, Slowenien, Spanien, Schweden und die Schweiz. Die Teilnehmer mussten mindestens 65 Jahre alt sein und mindestens zwei biologische Kinder haben.

Kosten, Stress, geringeres Familieneinkommen und geringere Teilhabe

Auf der Grundlage fortschrittlicher ökonometrischer Methoden, die in der Lage sind, Kausalität von einfachen Assoziationen zu trennen, deuten die Ergebnisse darauf hin, dass das Vorhandensein von drei oder mehr Kindern im Vergleich zu zwei Kindern mit schlechteren kognitiven Fähigkeiten im späteren Leben zusammenhängt. Sie fanden auch heraus, dass dieser Effekt bei Männern und Frauen ähnlich ist.

Die Fruchtbarkeit kann die kognitiven Fähigkeiten im späteren Leben über mehrere Wege beeinflussen. Erstens verursacht ein zusätzliches Kind oft erhebliche finanzielle Kosten, verringert das Familieneinkommen und erhöht die Wahrscheinlichkeit, unter die Armutsgrenze zu fallen, wodurch der Lebensstandard aller Familienmitglieder sinkt und möglicherweise finanzielle Sorgen und Unsicherheiten entstehen, die zu einer kognitiven Verschlechterung beitragen könnten.

Zweitens steht die Geburt eines weiteren Kindes in kausalem Zusammenhang mit einer geringeren Erwerbsbeteiligung der Frauen, weniger Arbeitsstunden und einem niedrigeren Verdienst. Im Gegenzug wirkt sich die Erwerbsbeteiligung – im Vergleich zum Ruhestand – positiv auf die kognitive Leistungsfähigkeit von Männern und Frauen aus.

Drittens verringert die Geburt von Kindern das Risiko der sozialen Isolation älterer Menschen, die ein wichtiger Risikofaktor für kognitive Beeinträchtigungen und Demenz ist, und erhöht häufig das Niveau sozialer Interaktion und Unterstützung, was vor einem kognitiven Abbau im Alter schützen kann.

Und schließlich kann es stressig sein, Kinder zu haben, das Gesundheitsverhalten zu beeinflussen und die kognitive Entwicklung von Erwachsenen zu beeinträchtigen. Eltern, die mehr Kinder haben, können mehr Stress empfinden, haben weniger Zeit zum Entspannen und können weniger in kognitiv anregende Freizeitaktivitäten investieren. Dies kann zu Schlafentzug bei den Eltern führen.

6,2 Jahre älter

„Der negative Effekt von drei oder mehr Kindern auf die kognitive Leistungsfähigkeit ist nicht zu vernachlässigen, er entspricht 6,2 Jahren Alterung“, so Bonsang. Die Studie legt nahe, dass der Rückgang des Anteils der Europäer, die drei oder mehr Kinder haben, positive Auswirkungen auf die kognitive Gesundheit der älteren Bevölkerung haben könnte.

„In Anbetracht des Ausmaßes des Effekts sollten künftige Studien zur kognitiven Leistungsfähigkeit im höheren Lebensalter auch die Fruchtbarkeit als Prognosefaktor neben allgemeineren Prädiktoren wie Bildung, Berufserfahrung, körperliche Bewegung sowie geistige und körperliche Gesundheit untersuchen“, so Skirbekk. „Darüber hinaus sollten künftige Studien die möglichen Auswirkungen von Kinderlosigkeit oder einem Kind auf die Kognition im späteren Leben untersuchen. Wir brauchen auch mehr Informationen über die Art der Interaktionen, Unterstützungen und Konflikte zwischen Eltern und Kindern, die die kognitiven Ergebnisse beeinflussen können“.

Die Studie wurde vom Lehrstuhl für Gesundheit unterstützt – einer gemeinsamen Initiative von PSL, der Université Paris-Dauphine, ENSAE, MGEN und ISTYA unter der Schirmherrschaft der Fondation du Risque (FDR).

Quelle: „Does Childbearing Affect Cognitive Health in Later Life? Evidence From an Instrumental Variable Approach” von Eric Bonsang und Vegard Skirbekk, 1. Juni 2022, Demography.




Wie Kinder sauber werden können

Keine Frage der Erziehung, sondern der biologischen Entwicklung

Mag es auch das Natürlichste der Welt sein. Bis ein Kind sein Geschäft selbstständig auf der Toilette erledigen kann, ist viel Zeit und eine Menge Geduld nötig. Dabei können alle, die mit Kindern leben, ganz schön unter Druck geraten. Denn die ganze Geschichte stinkt im Laufe der Jahre nicht nur mehr. Viel schwieriger ist es, mit den Ratschlägen von  so genannten Expertinnen und Experten und erfahrenen Kolleginnen und Kollegen klar zu kommen. Da gibt es jede Menge gut gemeinte Tipps und Tricks, damit die Kinder schnell keine Windel mehr brauchen. Sollte ihnen im Laufe der Zeit jemand empfehlen, das Kind

  • regelmäßig auf die Toilette zu setzen, bis etwas kommt,
  • es zu wecken, um es aufs Töpfchen zu setzen,
  • gegen Abend weniger trinken zu lassen,
  • für eine nasse Hose zu bestrafen oder
  • für eine trockene Hose zu belohnen,

gehen sie bitte darüber hinweg. Im besten Fall erreichen sie mit diesen Methoden nichts. In allen anderen Fällen tun Sie dem Kind wirklich etwas Übles an. Das Ergebnis ist nichts Gutes.

Warum die Kontrolle von Darm und Blase so kompliziert ist

Denn damit ihr Kind Darm und Blase erfolgreich kontrollieren kann, müssen alle an Ausscheidungs-Funktionen beteiligten anatomischen Strukturen intakt sein. Zudem müssen die zur Steuerung notwendigen Nervenbahnen vollständig ausreifen. Dabei geht es um höchst komplizierte Vorgänge, die einige Jahre Entwicklungszeit brauchen. Schauen wir uns mal die Entwicklungsstufen an. In Ihrem Buch, „Wie Kinder richtig sauber werden“, unterscheidet die Verhaltensbiologin Dr. Gabriele Haug Schnabel vier Schritte, bis ein Kind nicht mehr einkotet.

1. Schritt: Das Kind nimmt wahr, dass sich sein Bauch ein- oder zweimal am Tag anders als sonst anfühlt. Er drückt, manchmal rumort er. „Wichtig für diese Entwicklungsstufe ist, dass die kindliche Aufmerksamkeit auf ein bestimmtes Körpergefühl gerichtet ist, das bald vertraut ist“, schreibt Haug-Schnabel.

2. Schritt: Das Kind kotet bewusst ein. In dieser Phase können sie auch gut erkennen, dass ihr Kind das Gefühl wieder erkennt und richtig zuordnet. Es unterbricht seine Aktivitäten und zieht sich an ein abgeschiedenes Plätzchen zurück oder macht es sich irgendwie bequem. Nun kann das Geschehen in aller Ruhe in die Windel gehen.

3. Schritt: Wenn das Kind soweit ist, das mitzuteilen, was gerade passiert ist „Stinker macht!“, ist der dritte Schritt, die „Meldung im Nachhinein“, geschafft.

Wichtig ist, positiv zu reagieren: „Hast Du es gemerkt? Prima! Dann gehen wir schnell die Windel wechseln.“

4. Schritt: Nach einiger Zeit kann das Kind die einen Stuhlgang ankündigenden „Empfindungen“ melden und passend „bearbeiten“, so dass die Chance besteht, noch rechtzeitig mit nacktem Po aufs Töpfchen zu kommen.

Über 90 Prozent aller Kinder schaffen das bis sie drei Jahre alt sind.

Entwicklung braucht Zeit

Deutlich komplizierter ist dagegen die Blasenkontrolle. Das liegt vor allem daran, dass das kleine Geschäft viel häufiger am Tag und mit weniger Regelmäßigkeit anfällt als das große. Es verlangt mehr Aufmerksamkeit. Die Blase perfekt zu beherrschen, kann vier bis fünf Jahre dauern. Mehr Komplexität verlangt auch mehr Entwicklungsschritte. Haug-Schnabel unterscheidet sieben:

1. Schritt: Das Kind erkennt die Signale im Blasenbereich.

2. Schritt: Es meldet das kleine Geschäft im Nachhinein.

3. Schritt: Das Kind zeigt deutlich, dass es den Harndrang spürt (trippeln, Beine zusammenpressen …) und versucht die Harnabgabe hinauszuzögern. Die richtige Reaktion wäre, auf das Kind zuzugehen und zu sagen: „Ich glaube, Du musst Pipi. Komm, wir versuchen mal, ob es ins Töpfchen plätschert.“ Aber nur vorschlagen, nicht erzwingen.

4. Schritt: Aufs Töpfchen oder zur Toilette gehen, wenn Harndrang verspürt wird.

5. Schritt: Harn abgeben, wenn die Blase noch nicht voll ist.

6. und 7. Schritt: Aufschieben, wenn die Blase voll ist und nachts aufwachen, wenn der Harndrang da ist.

Auf diesem Weg können sie ihr Kind positiv begleiten. Sie haben jedoch keine Chance, etwas zu beschleunigen. Ihr Kind lernt von ihnen durch Beobachtung, wann es Zeit ist zur Toilette zu gehen, wie viel Zeit es vorher einkalkulieren muss damit es noch rechtzeitig klappt, wo und wie es den passenden Ort findet – und was es dort machen muss. Seien sie also an der Seite ihres Kindes, aber drängen sie es nie. Es wird immer wieder Fortschritte, aber auch oftmals Rückschläge geben, etwa wenn das Kind im Spieleifer in die Hose pinkelt. Für das Kind ist die Geschichte ohnehin dann erst geschafft, wenn es allein auf die Toilette gehen darf und dort selbstständig zurechtkommt.

Kinder auf dem Weg zur Resilienz begleiten

Kinder stärken und sie in ihrer Entwicklung unterstützen. Das ist der Weg, Kinder körperlich, geistig und seelisch zu bilden. Auf Basis neuester wissenschaftlicher Erkenntnisse zeigen die Autorinnen, wie Sie dazu beitragen, dass Kinder zu starken Persönlichkeiten werden, die sich nicht in Angst, Gewalt oder Sucht flüchten. Ein umfassender Ratgeber für Eltern, Erzieher und Therapeuten.

Stark von Anfang an – Kinder auf dem Weg zur Resilienz begleiten
Gabriele Haug-Schnabel/Gabriele Schmid-Steinbrunner
Hardcover, 250 Seiten
ISBN/EAN: 978-3-934333-45-1
20 Euro