Autismus weiterdenken – vielfältiger, vielschichtiger und inklusiver

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Eine frühere Diagnose und ein besseres Verständnis des Verlaufs können zu wirksameren Interventionen führe

Autismus ist nicht heilbar, aber eine frühere Diagnose und ein besseres Verständnis des Verlaufs können zu wirksameren Interventionen führen. Bei der 16. Wissenschaftlichen Tagung Autismus-Spektrum (WTAS) stellten Expertinnen und Experten aus Klinik und Wissenschaft in der Neuen Universität in Heidelberg neueste Erkenntnisse vor. Gastgeber war die Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie des Universitätsklinikums Heidelberg (UKHD). Zu einem praxis- und alltagsnahen Austausch haben auch Menschen mit Autismus und deren Angehörige sowie Autismusberatende an Schulen beigetragen.

„Die Forschung zu Autismus ist heute vielfältiger, vielschichtiger und inklusiver als noch vor wenigen Jahren. Sie berücksichtigt nicht nur die biologischen und genetischen Aspekte, sondern auch die sozialen, kulturellen und individuellen Dimensionen des Lebens mit Autismus,“ sagt Prof. Dr. Luise Poustka, Ärztliche Direktorin der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie des Universitätsklinikums Heidelberg und Tagungspräsidentin der Wissenschaftlichen Tagung Autismus-Spektrum (WTAS). „Autismus weiterdenken!“ lautet demnach das Tagungsmotto. Mit etwa 300 Teilnehmenden war die WTAS die größte Fachtagung zu Autismus im deutschsprachigen Raum. Sie fand zum 16. Mal und erstmals in Heidelberg statt, auf Einladung der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie des Universitätsklinikums Heidelberg und der Wissenschaftlichen Gesellschaft Autismus-Spektrum.

Forschende gehen von 1 bis 1,2 Prozent Autismus-Betroffenen weltweit aus. Die genetisch bedingte tiefgreifende Entwicklungsstörung kann sich in vielen Varianten ausprägen: Jeder zweite Mensch mit der Diagnose Autismus ist geistig beeinträchtigt. Nur jeder fünfte kommt allein zurecht. Daneben gibt es aber auch Betroffene, die überwiegend selbständig leben, im sozialen und kommunikativen Bereich aber dennoch Unterstützung benötigen. Langzeituntersuchungen der letzten Jahre haben gezeigt, dass sich die Symptomatik nicht nur individuell unterscheidet, sondern sich auch im Laufe des Lebens verändern kann: Während einige Betroffene Verbesserungen ihrer Fähigkeiten erleben, bleibt der Zustand bei anderen weitgehend stabil oder verschlechtert sich in manchen Fällen sogar.

Frühere Diagnose ermöglicht bessere Unterstützung

Je früher die Diagnose Autismus gestellt werden kann, desto mehr Chancen gibt es unterstützend zu intervenieren. Eltern können mit ihren Kindern dann bereits sehr früh an speziellen Programmen zur besseren sozialen Anpassung, Kommunikation und sozialen Integration teilnehmen. Bislang ist die Diagnose erst bei Zwei- bis Dreijährigen sicher zu stellen. Forschende arbeiten deshalb international daran, eine sichere Diagnose bereits sehr viel früher zu ermöglichen. In Heidelberg baut Luise Poustka mit ihrem Team am Zentrum für psychosoziale Medizin ein neuartiges Präventions- und Früherkennungszentrum auf, in dem sie Kinder mit familiär bedingtem genetischem Risiko im frühen Kindesalter auf autistische Merkmale untersuchen und therapeutisch unterstützen möchte. Kinder, die bereits ältere Geschwister mit Autismus haben, brauchen dabei eine besonders engmaschige Überprüfung ihrer Entwicklung.

In der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie des UKHD erforscht Arbeitsgruppenleiter Prof. Dr. Dr. Peter Marschik frühe Bewegungsmuster und die Sinneswahrnehmung von Kleinkindern bereits in ihren ersten Lebensmonaten, um daraus Rückschlüsse auf mögliche Autismus-Spektrum-Störungen zu ziehen. Dies passiert nicht nur im klassischen Forschungslabor. Marschik fährt auch direkt zu den Eltern. Hierzu nutzt er das „Phenomobil“, ein mobiles Labor zur Erforschung der frühkindlichen Entwicklung. Mit sieben Kameras, Mikrofonen und weiteren Sensoren kann er darin Bewegungen, Geräusche, jedes kleine Lächeln und soziale Reaktionen der Babys erfassen und mithilfe von Künstlicher Intelligenz mit den Reaktionen gesunder Kleinkinder vergleichen.

„Den typischen Autisten gibt es nicht!“

Dr. Martin Schulte-Rüther fokussiert sich in seiner Arbeit an der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie des UKHD darauf, über die Körpersprache und den Blick von Kindern und Jugendlichen soziales Verhalten zu messen. Menschen im Autismus-Spektrum verstehen ihre Umwelt oft in einer anderen Art und Weise als gesunde Menschen. „Sie empfinden ihre Umgebung häufig als Chaos“, schreibt der Selbsthilfeverein Autismus Nordbaden-Pfalz. „Dies kann zu Veränderungsängsten, Panikzuständen oder dem totalen Rückzug in sich selbst, zu Sprachlosigkeit oder verschiedenen anderen Verhaltensauffälligkeiten führen.“ Häufig vermeiden Menschen mit Autismus Blick- und Körperkontakt, und ihre Emotionen sind schwer aus ihrer Miene oder ihren Gesten zu lesen.

Den „typischen Autisten“ gibt es jedoch nicht, denn die Ausprägungen sind zu variantenreich. Um Schülerinnen und Schüler sowie Eltern zu beraten, und Kinder und Jugendliche mit autistischen Störungen im Unterricht zu unterstützen, hat das Staatliche Schulamt Mannheim eine mobile Autismusberatung eingerichtet, die bei Fragen etwa zum Übergang in die weiterführende Schule, zur Leistungsbewertung oder in Krisen berät. Gerald Brandt ist hier im Bereich der beruflichen Schulen tätig. „Ich versuche zu erreichen, dass autistische Schülerinnen und Schüler nicht an persönlichen oder schulorganisatorischen Barrieren scheitern, sondern mit den richtigen Hilfen ihren eigenen Weg gehen können,“ beschreibt Brandt seine Arbeit. Dabei unterstützen die Autismusberatenden auch Mitschülerinnen und Mitschüler sowie Lehrkräfte, damit in der Schule autistische Verhaltensweisen als Teil der schulischen Vielfalt wahrgenommen und akzeptiert werden können.

SAP: Menschen mit Autismus in den Berufsalltag integrieren

Um Menschen mit Autismus auch in ihrem Berufsalltag zu unterstützen, hat das Softwareunternehmen SAP das Programm „Autism at Work“ ins Leben gerufen. Programm-Managerin Stefanie Lawitzke hilft Menschen aus dem autistischen Spektrum etwa beim Bewerbungsprozess oder prüft, ob der Job oder das Team zum Bewerbenden passen. Dabei gewinnen beide Seiten: Menschen mit Autismus haben häufig ein Spezial-Interesse, beispielsweise IT-Sicherheit, in dem sie sehr gute Leistungen bringen. Und das Team profitiert von Regelungen, die Menschen aus dem autistischen Spektrum besonders wichtig sind, wie pünktlich beginnenden Meetings oder festen Protokollen.

Jens Neus Unternehmenskommunikation, Universitätsklinikum Heidelberg

Quelle: Pressemitteilung Informationsdienst Wissenschaft e. V. (idw)




Eltern besorgt über Medienkonsum der Kinder

Bericht von Common Sense Media: Viele Zweijährige schauen Kurzvideos auf TikTok und Co

80 Prozent der Eltern machen sich Sorgen in Bezug auf die vor den Bildschirmen digitaler Endgeräte verbrachte Zeit ihrer Kinder und welche Folgen das für deren Aufmerksamkeitsspannen und geistige Gesundheit hat. Dies fördert ein Bericht der gemeinnützigen Forschungs- und Interessenvertretungsorganisation Common Sense Media zutage. Der Report basiert auf einer repräsentativen Online-Umfrage, die im August 2024 unter 1.578 Eltern von Kindern im Alter bis zu acht Jahren durchgeführt wurde.

Verantwortung der Eltern

Der Bericht hat Mediengewohnheiten der Kinder untersucht und das tägliche Verhalten ermittelt, etwa die Zeit, welche Mädchen und Jungen mit dem Betrachten von Bildschirmen verbringen, die Art der konsumierten Programme sowie Unterschiede in den Gewohnheiten je nach Geschlecht und sozioökonomischem Status. Eltern sind laut den Studienautoren der Schlüssel, wenn es darum geht, die Bildschirmzeit von Kindern zu begrenzen.

Der Befragung nach haben 40 Prozent der Zweijährigen bereits ein eigenes Tablet, auf denen sie meist Videos anschauen. Die wichtigste Veränderung beim Medienkonsum der Kinder in den vergangenen Jahren ist laut Common Sense Media nicht die Zeit vor dem Bildschirm, sondern die Art der Medien, die sie konsumieren: Immer häufiger sehen sich Kinder sehr kurze Videos auf algorithmusgesteuerten Plattformen wie TikTok, Instagram Reels und YouTube Shorts an.

Besser später anfangen

Jim Steyer, CEO von Common Sense Media, kennt zwar kein Allheilmittel für den Umgang mit der Bildschirmzeit, aber es gäbe hilfreiche Strategien. „Verzögern, verzögern, verzögern“, meint Steyer zu dem Zeitpunkt, ab dem Eltern ihren Kindern die Nutzung verschiedener Geräte erlauben sollten. „Egal, ob es sich um ein Mobiltelefon, ein Tablet oder ein anderes Gerät handelt.“ Auf dem Markt gibt es WLAN-fähige Tablets für Kleinkinder, von denen einige weniger als 40 Dollar kosten.

Gemeinsame Gespräche

„Kleine Kinder verbringen heute im Schnitt zweieinhalb Stunden pro Tag vor dem Bildschirm und sehen dabei vor allem kurze Videoinhalte“, so Steyer. Er rät Eltern, ihre Kinder auf gesündere Inhalte, wie Bildungsprogramme, zu lenken, die Programme gemeinsam mit den Kindern anzuschauen und die Inhalte mit ihnen zu besprechen. Es sei wichtig, den Nachwuchs in Gespräche über Sicherheitskontrollen und andere Vorsichtsmaßnahmen, wie das Ausschalten der automatischen Wiedergabe, einzubeziehen.

In dieser Umfrage hat Common Sense Media erstmals Fragen zur Künstlichen Intelligenz (KI) gestellt. Fast jedes dritte Kind nutzt heute KI zum Lernen, was laut Steyer viele neue Hindernissen mit sich bringt, da es für Kinder schwierig ist zu unterscheiden, was an den Infos, die ihnen von KI präsentiert werden, wahr ist und was nicht. Steyer hält die durchschnittliche Bildschirmzeit für ein beängstigendes Problem. Eltern sollten nicht die Hände in den Schoß legen und es ignorieren.

Eine Langzeitstudie der Brigham Young University bestätigt die Gefahren: Demnach entwickeln bereits zweijährige Kinder aufgrund eines exzessiven und pathologischen Medienkonsums langfristig soziale und emotionale Probleme. Laut Forschungsleiterin Sarah M. Coyne liegt eine problematische Nutzung der Medien dann vor, wenn es zu einer signifikanten Beeinflussung des sozialen und emotionalen Funktionierens im Alltag kommt. Dazu gehört unter anderem, dass die Eltern über das tatsächliche Ausmaß des Konsums angelogen werden.


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„Project M.E.D.I.A.“

Die Studie war Teil des „Project M.E.D.I.A.“ das darauf abzielt, die kindliche Entwicklung in einer mit Medien überfluteten Welt zu verstehen. Die Forscher haben hierzu 500 primäre Betreuungspersonen mit Kindern unter einem Jahr rekrutiert. Für die jetzige Analyse wurden die Daten von 269 Betreuenden und ihrer Kinder analysiert. Sie wurden in vier Wellen der Datensammlung mit jeweils einem Jahr Abstand gesammelt. Während dieser Zeit waren die Kinder zwischen zweieinhalb bis fünfeinhalb Jahre alt.

Die Eltern berichteten mittels der „Problematic Media Use Measure Short Form“ über einen problematischen Medienkonsum der Kinder. Zusätzlich gaben die teilenehmenden Personen an, wie oft das Kind, auf welchem Gerät auch immer, Fernsehmedien konsumierten. Die emotionalen und sozialen Probleme der Kinder wurden mittels der „Child Behavior Checklist“ am Beginn und am Ende des Untersuchungszeitraums erfasst. Zudem wurde auch das Verhalten der Eltern beurteilt.

Probleme mit fünfeinhalb

Den Forschern nach beginnt eine problematische Mediennutzung bereits mit zweieinhalb Jahren. Sie neigt zudem dazu, während der frühen Kindheit ständig zuzunehmen. Eine emotionale Reaktivität, Aggressionen und mehr vor TV-Inhalten verbrachte Zeit im Alter von zweieinhalb Jahren waren signifikante Prädiktoren des Beginnes eines problematischen Medienkonsums. Ein höherer problematischer Medienkonsum zu Beginn des Lebens stand vier Jahre später mit erhöhten sozialen und emotionalen Problemen in Verbindung.

Also im Alter von fünfeinhalb Jahren kommt es oft zu Angstgefühlen, Depressionen, Rückzug, sozialen Probleme und aggressivem Verhalten. Zudem wiesen Kinder, deren problematischer Medienkonsum während der Laufzeit der Studie rascher zunahm, in diesem Alter mehr Aggressionen auf. Die Kinder selbst und nicht die Eltern haben mehr Einfluss auf die Ausformung des Medienkonsums. Diese Studie konzentrierte sich jedoch auf die Mediennutzung der Kinder und untersuchte die Medienökologie der Familien nicht intensiv. Details sind in „Computers in Human Behavior“ veröffentlicht.

Moritz Bergmann/pressetext.redaktion




Weichmacher aus der Sonnencreme tauchen im Kinderurin wieder auf

Neue Untersuchungen bestätigen Zusammenhang zwischen Weichmachern in Kinderurin und Verwendung von Sonnenschutzmitteln

Aktuelle Untersuchungsergebnisse des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV) sowie der Chemischen und Veterinäruntersuchungsämter (CVUÄ) in Nordrhein-Westfalen bestätigen den Zusammenhang, dass der Weichmacher DnHexP (Di-n-hexyl-Phthalat) aus Verunreinigungen im UV-Filter DHHB (Diethylamino-hydroxybenzoyl-hexyl-benzoat) in Sonnenschutzmitteln stammt. 

Bisher untersuchte Sonnenschutzmittel wiesen teilweise Verunreinigungen mit dem Weichmacher DnHexP auf. Dies zeigt sich auch in den Kinderurin-Untersuchungen des LANUV. Die Belastungen liegen jedoch für über 99 Prozent der 250 untersuchten Kinder unterhalb der Schwelle für eine gesundheitliche Besorgnis. Somit ist die Verwendung von Sonnenschutzmitteln in der Regel sicher. Aus Gründen der Vorsorge muss aber sichergestellt sein, dass Sonnenschutzmittel nicht mit DnHexP verunreinigt sind.

Sonnenschutzmittel könnten auch frei von Weichmachern sein

Die nordrhein-westfälischen Behörden haben außerdem zusammen mit Kosmetikherstellern, vertreten durch die Fachverbände, herausgefunden, dass es möglich ist, Sonnenschutzmittel so herzustellen, dass der UV-Filter DHHB frei von Verunreinigungen ist. Deshalb wurden Hersteller dazu aufgefordert, vorsorglich ihre Produktion so umzustellen, dass keine schädlichen Weichmacher mehr messbar sind.

Alle Bewertungen sind weiterhin vorläufig, da die bundesweit laufende Ursachenforschung noch nicht abgeschlossen ist. Im laufenden Jahr soll es ein neues bundesweites Monitoring geben, um einen neuen Orientierungswert für die technische Vermeidbarkeit von DnHexP im UV-Filter DHHB abzuleiten.

Ergebnisse der Kinderurin-Untersuchungen des LANUV (KiSA-Studie)

Das LANUV untersucht regelmäßig im Auftrag des Umweltministeriums Nordrhein-Westfalen den Urin von 250 Kindern im Alter von zwei bis sechs Jahren auf verschiedene Schadstoffe wie Weichmacher, Pestizide oder Konservierungsmittel. Im Januar 2024 hatte das Landesamt erstmals Mono-n-hexyl-Phthalat (MnHexP), ein Stoffwechselabbauprodukt des Weichmachers DnHexP, im Kinderurin gefunden. Der Weichmacher DnHexP darf seit 2019 nicht mehr in kosmetischen Mitteln enthalten sein, weil er im Verdacht steht, die Fruchtbarkeit zu schädigen. In einer früheren Auswertung des LANUV vom März 2024 konnte bereits gezeigt werden, dass es einen Zusammenhang zwischen der Nutzung von Sonnencreme und erhöhten MnHexP-Belastungen im Urin der Kinder gibt.

Das LANUV hat daraufhin im Jahr 2024 zwei weitere Nachweisverfahren geführt, die zum einen bei einer erneuten Kontrolle ähnlich auffällige Werte ergaben: In weiteren 250 Kinderurinproben von 2023/2024 wurde bei 55 Prozent der Proben MnHexP nachgewiesen. Bei zwei Proben wurden MnHexP-Konzentrationen gemessen, die oberhalb des von der Kommission Human-Biomonitoring im März 2024 abgeleiteten gesundheitlichen Beurteilungswertes (HBM-I-Wert) von 60 Mikrogramm pro Liter lagen. Dieser HBM-I-Wert stellt einen Vorsorgewert für die Allgemeinbevölkerung dar. Bei einer Überschreitung sollte der Messwert kontrolliert, nach Quellen für die Belastung gesucht und diese minimiert werden.

„Untersuchungsergebnisse bestätigen die Herkunft der Weichmacher aus Sonnenschutzmitteln“

Zum anderen hat das Landesamt in Zusammenarbeit mit den für den gesundheitlichen Verbraucherschutz zuständigen Behörden und Wirtschaftsbeteiligten Sonnenschutzmittel als mögliche Quelle identifiziert. 

„Die neuen Untersuchungsergebnisse bestätigen den Zusammenhang, dass der Weichmacher aus dem verunreinigten UV-A-Filter DHHB in Sonnenschutzmitteln stammt“, erklärt Elke Reichert, Präsidentin des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz. „Wir haben in dieser Studienreihe nicht nur auf eine Belastung mit dem Weichmachermetaboliten geschaut. Wir haben in den Urinproben der Kinder auch nach Stoffwechselprodukten des verunreinigten UV-Filters gesucht. Unsere Ergebnisse bestätigen für einen Großteil der Proben den Zusammenhang zwischen dem Weichmacher und dem kontaminierten UV-Filter.“ 

Hinweise auf mögliche Umweltbelastungen durch LANUV

„Damit tragen die Ergebnisse des Landesumweltamtes NRW wesentlich zur Aufklärung dieser bundesweiten Problematik bei. Die KISA-Studie des LANUV ist wichtig, um frühzeitig Hinweise auf mögliche Umweltbelastungen zu erhalten und gegensteuern zu können. Je mehr Transparenz und Aufklärung wir schaffen, desto mehr Schutz resultiert daraus am Ende für uns alle“, erklärt Umweltminister Oliver Krischer.

Die Ergebnisse des LANUV zeigen auch, dass mindestens ein Drittel der Kinder Abbauprodukte des UV-Filters aufwiesen, ohne dass der Weichmachermetabolit bei ihnen nachgewiesen wurde. Dies bestätigt, dass die Herstellung von UV-Filtern ohne DnHexP-Verunreinigung möglich ist und dass DnHexP-freie Sonnenschutzprodukte am Markt verfügbar sind. 

Ergebnisse der Untersuchungen von Sonnenschutzmitteln durch die Chemischen und Veterinäruntersuchungsämter 

Seit Anfang 2024 werden in Nordrhein-Westfalen und anderen Bundesländern verstärkt Untersuchungen von Sonnenschutzmitteln und von sog. UV-A-Filtern durchgeführt. Die CVUÄ in Nordrhein-Westfalen, die für kosmetische Mittel zuständig sind, untersuchten 42 Sonnenschutzmittel.

Die Ergebnisse zeigen, dass die gemäß EU-Kosmetikverordnung festgelegte maximale Einsatzkonzentration von zehn Prozent des UV-A-Filters DHHB in kosmetischen Mitteln bei keinem der untersuchten Produkte überschritten wurde. In 31 (74 Prozent) untersuchten Produkten wurden DHHB-Gehalte nachgewiesen, in elf Sonnenschutzmitteln war kein DHHB nachweisbar. Bei sechs Sonnenschutzmitteln (14 Prozent) wurden DnHexP-Gehalte zwischen 0,8 und 5,9 mg/kg bestimmt. Bei 86 Prozent war kein DnHexP nachweisbar. Die in Nordrhein-Westfalen ermittelten Analyseergebnisse decken sich mit denen anderer Bundesländer.

Gesundheitliche Beeinträchtigung sehr unwahrscheinlich

Neben Sonnenschutzmitteln selbst wurden auch weitere zwölf Proben des Rohstoffes DHHB (UV-A-Filter) analysiert. In allen Proben war DnHexP nachweisbar. Bei zehn Proben lagen die Gehalte zwischen 9,9 bis 69,7 mg/kg; zwei Proben wiesen Gehalte von über 100 mg/kg auf. Die ermittelten Analysenergebnisse zeigen, dass sich die DnHexP-Gehalte im Rohstoff unterscheiden können. 

Das Bundesamt für Risikobewertung geht davon aus, dass selbst bei höheren Verunreinigungen ein hinreichender Sicherheitsabstand besteht und eine gesundheitliche Beeinträchtigung daher sehr unwahrscheinlich ist.

Für Verbraucherinnen und Verbraucher bedeuten die Ergebnisse, dass die auf dem Markt bereitgestellten Sonnenschutzmittel sicher sind und dass es auch Sonnenschutzmittel mit DHHB ohne nachweisbare Verunreinigung mit DnHexP gibt. 

Das Verbraucherschutzministerium Nordrhein-Westfalen schließt sich weiterhin allgemein der geltenden Empfehlung an, dass Verbraucherinnen und Verbrauchern keinesfalls auf Sonnenschutzmittel verzichten sollen, denn UV-Strahlung ist nach wie vor die Hauptursache für die Entstehung von Hautkrebs. 

Umfangreiches Maßnahmenpaket eingeleitet

Aufgrund der Zusammenhänge haben die zuständigen Lebensmittelüberwachungsbehörden und die Wirtschaftsbeteiligten Maßnahmen zur weiteren Minimierung der Verunreinigungen eingeleitet.

  • Zentral wird dabei die Herstellung von DHHB so umgestellt, dass das Vorkommen von Verunreinigungen auf ein technisch machbares Minimum reduziert wird.
  • Die Umsetzung entsprechender Maßnahmen wird von den Lebensmittelüberwachungsbehörden kontrolliert.
  • Beim bundesweiten Monitoring 2025 soll ein analytisch ermittelter Orientierungswert für die technische Vermeidbarkeit von DnHexP im UV-A-Filter DHHB abgeleitet werden.
  • Auf EU-Ebene hat der wissenschaftliche Ausschuss für Verbrauchersicherheit (SCCS) den Auftrag erhalten, die Reinheit des UV-Filters in Sonnenschutzmittel neu zu bewerten.
  • Um die Bewertungsprozesse zu unterstützen, werden das nordrhein-westfälische Umweltministerium und das Verbraucherschutzministerium die aktuellen Untersuchungsergebnisse einspeisen.
  • Das LANUV setzt die regelmäßigen Untersuchungen von Kinderurin auf MnHexP im Rahmen der LANUV-KiSA-Studie fort. 

Viele Phthalate sind für die Gesundheit des Menschen schädlich

Weichmacher gehören zu den vom LANUV untersuchten Stoffen. Eine wichtige Weichmacher-Gruppe sind die Phthalate. Diese Stoffe werden im Körper des Menschen in sogenannte Metaboliten umgewandelt und mit dem Urin ausgeschieden. Viele Phthalate sind für die Gesundheit des Menschen schädlich, da sie Effekte auf das Fortpflanzungssystem haben. Für eine Reihe von Phthalaten bestehen deshalb umfangreiche Verwendungsbeschränkungen. Vom LANUV werden aktuell insgesamt 35 Phthalat-Metaboliten im Urin von Kindern untersucht.

Allen an der Studie teilnehmenden Erziehungsberechtigten bietet das LANUV eine umfassende umweltmedizinische Beratung zu den ermittelten Ergebnissen an. Kinder mit Überschreitungen können eine Nachuntersuchung erhalten. Außerdem bietet das LANUV den Erziehungsberechtigten an, nach den möglichen Quellen für die erhöhte Belastung zu suchen. 

Die Schadstoffbelastung von Kindern wird regelmäßig untersucht

Das LANUV untersucht regelmäßig im Auftrag des NRW-Umweltministeriums die Schadstoffbelastung von Kindern aus Nordrhein-Westfalen (KiSA-Studie NRW). Alle drei Jahre wird seit 2011 der Urin von jeweils 250 Kindern im Alter von zwei bis sechs Jahren auf verschiedene Schadstoffe wie Weichmacher, Pestizide oder Konservierungsmittel analysiert. Der nächste reguläre Durchgang erfolgt in den Jahren 2026/27. Solche Untersuchungen wie die KiSA-Studie NRW werden als Human-Biomonitoring bezeichnet. Mit den LANUV-Daten aus dem Human-Biomonitoring lassen sich zeitliche Veränderungen in der Schadstoffbelastung der Kinder aufzeigen. Sie dienen als Frühwarnsystem für das Erkennen von Belastungen mit Schadstoffen.

Informationen zur Studie des LANUV:

https://www.lanuv.nrw.de/themen/umwelt-und-gesundheit/umweltmedizin/umweltepidemiologie/schadstoffe-im-urin-von-kindern-bestimmung-von-schadstoffen-im-urin-von-kindern-aus-nrw

Pressemitteilung Landesregierung Nordrhein-Westfalen




Zu viel Bildschirmzeit bringt Kinder um den Schlaf

Die Stiftung Kindergesundheit warnt vor steigender Abhängigkeit von digitalen Geräten und deren Folgen

Digitale Medien sind für Kinder und Jugendliche heute selbstverständlicher Bestandteil des Alltags. Ihre Nutzung hat in den vergangenen Jahren stark zugenommen, stellt die Stiftung Kindergesundheit in ihrem aktuellen „Kindergesundheitsbericht“ fest. Mehr als 90 Prozent der 14- bis 19-Jährigen verwenden täglich soziale Netzwerke wie WhatsApp, Instagram oder Snapchat. Neben den vielen Vorteilen digitaler Medien, etwa beim Lernen oder Kommunizieren, treten jedoch auch Risiken deutlich zutage. Besonders während der COVID-19-Pandemie nahm die intensive und teils suchtartige Nutzung digitaler Medien erheblich zu. Eine direkte Folge: vermehrte Schlafstörungen bei Kindern und Jugendlichen.

Besorgniserregende Zahlen

• Bereits jedes zweite Kind im Alter von drei Jahren schaut täglich bis zu einer Stunde Videos auf unterschiedlichen Endgeräten.
• Jedes siebte Kind verbringt mehr als eine Stunde am Tag vor dem Bildschirm.
• Drei von vier Jugendlichen nutzen ihr Smartphone noch in den letzten zehn Minuten vor dem Schlafengehen, jeder vierte auch nach dem Lichtausschalten.
• Manche Jugendliche behalten ihr Handy nachts unter dem Kopfkissen.
• Laut einer Studie der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) zeigen 8,4 Prozent der 12- bis 17-Jährigen bereits Anzeichen einer krankhaften Computerspiel- oder internetbezogenen Störung.


Medienkompetenz beginnt mit der Sach- und Selbstkompetenz bei den Erwachsenen und nicht zuvorderst „am“ Kind!

Wenn ‚neue Schwerpunkte‘ in die Elementarpädagogik implantiert werden (sollen  /   müssen), bedarf es stets einer sorgsamen Betrachtung, was dabei zu berücksichtigen ist. Darum geht es in dieser Streitschrift von Armin Krenz.

Broschüre, 28 Seiten mit vielen Abbildungen, 14,8 x 21 cm
ISBN: 978-3-96304-619-3
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Warum Bildschirme den Schlaf stören

Bildschirme mit LED-Technologie emittieren blaues Licht, das die Produktion des Schlafhormons Melatonin hemmt. Melatonin reguliert unseren Schlaf-Wach-Rhythmus und sorgt dafür, dass wir müde werden. Wer abends lange auf Bildschirme schaut, schläft später ein, gerät aus dem natürlichen Schlafrhythmus und ist am nächsten Morgen müder – mit Folgen für Konzentration und Leistung in Schule und Ausbildung.

Starker digitaler Konsum sorgt für anhaltende Reizüberflutung

Zudem kann starker digitaler Konsum für eine anhaltende Reizüberflutung sorgen. Besonders aufregende Inhalte wie Games oder Social Media können das Gehirn in Alarmbereitschaft versetzen, wodurch das Einschlafen erschwert wird. Die Konsequenz: schlechtere Gedächtnisleistung, verringerte Aufmerksamkeit und Konzentration sowie eine höhere Fehleranfälligkeit.

Müdigkeit im Unterricht

Viele Jugendliche, die ihr Smartphone bis in die Nacht nutzen, schlafen nicht nur weniger, sondern schlechter. Morgens sind sie oft nicht ausgeruht und neigen dazu, im Unterricht wegzunicken. Tagesmüdigkeit führt zudem zu Bewegungsmangel, Konzentrationsproblemen und Stimmungsschwankungen. Studien zeigen, dass ständiges Multitasking mit digitalen Medien beim Lernen die Konzentration verringert und das Arbeitsgedächtnis beeinträchtigt. Es kommt zu Einbußen an Daueraufmerksamkeit und Problemlösungsfähigkeit. Wer während der Hausaufgaben häufig abgelenkt wird, lernt ineffizienter und braucht länger dafür.

Zu wenig Schlaf kann ernsthafte Folgen haben

Gesunder Schlaf ist essenziell für die körperliche und geistige Gesundheit. Wer dauerhaft schlecht schläft, ist anfälliger für Krankheiten. Das Risiko für Herzerkrankungen und Depressionen steigt und Infektionen können langsamer heilen. Zudem haben Menschen mit Schlafstörungen ein fünffach erhöhtes Risiko, Unfälle im Haushalt oder im Straßenverkehr zu erleiden.

Nachts wird das Wachstumshormon produziert

Entgegen einer allgemeinen Annahme arbeitet der Organismus während der Nacht keineswegs auf Sparflamme: Im Schlaf verbraucht der Körper genauso viel Energie wie im Wachzustand. Nachts wird das Wachstumshormon produziert, das für das Knochenwachstum benötigt wird und zur Regenerierung von Haut und Haaren beiträgt („Schönheitsschlaf“) .

Schlaf verbessert die Lernleistung

Guter Schlaf hilft nicht nur bei der Regeneration des Körpers, sondern fördert auch die geistige Entwicklung. Während der Nacht verarbeitet das Gehirn Erlerntes und verbessert die Fähigkeit zur Problemlösung. Schlafmangel hingegen verursacht Gedächtnislücken, senkt die Tagesleistung um bis zu 25 Prozent und schwächt das Immunsystem.

Was Eltern tun können

Um einen gesunden Umgang mit digitalen Geräten zu fördern, rät die Stiftung Kindergesundheit zu klaren Regeln:

• Digitale Medien sollten in den letzten zwei bis drei Stunden vor dem Schlafengehen möglichst gemieden werden.
• Smartphones haben im Schlafzimmer – vor allem nachts – nichts zu suchen.
• Eltern sollten mit gutem Beispiel vorangehen und feste Medienzeiten für alle vereinbaren.
• Alternative Einschlafrituale wie Lesen oder beruhigende Musik können helfen, besser zur Ruhe zu kommen.

Gemeinsam mit den Kindern sinnvolle Regeln erarbeiten

Strikte Verbote führen jedoch oft zu Widerstand. Stattdessen hilft es, gemeinsam mit den Kindern sinnvolle Regeln zu erarbeiten. Ein offenes Gespräch über die Vor- und Nachteile von Medien kann das Bewusstsein und die Eigenverantwortung der Kinder stärken. Auch ein bewusster Umgang mit digitalen Inhalten ist hilfreich, etwa indem diese gemeinsam angeschaut und anschließend reflektiert werden.

Eltern können außerdem alternative Freizeitangebote schaffen, wie gemeinsame Spieleabende oder sportliche Aktivitäten, um den Medienkonsum in ein gesundes Gleichgewicht zu bringen. Entscheidend ist es, den jungen Menschen Vertrauen zu schenken und sie dabei zu unterstützen, eigenverantwortlich mit digitalen Geräten umzugehen. So lassen sich Streitigkeiten vermeiden und die Beziehung bleibt positiv.

Bewusster Umgang mit Bildschirmmedien

Ein bewusster Umgang mit Bildschirmmedien kann Kindern und Jugendlichen helfen, besser zu schlafen und tagsüber leistungsfähiger zu sein. Schlaf ist eine der wichtigsten Ressourcen für körperliches und geistiges Wohlbefinden – und damit die Grundlage für eine gesunde Zukunft.

Giulia Roggenkamp, Stiftung Kindergesundheit




Gefüllte Berliner – Keine besser als „befriedigend“

Öko-Test hat elf Mal gefüllte Berliner getestet und jedes Produkt kommt mit Pestizidrückständen daher

Öko-Test hat elf Mal gefüllte Berliner getestet – vier davon aus deutschlandweit gelisteten Bäckereiketten und sieben aus Supermärkten und Discountern.

Kein Produkt kommt ohne Pestizidrückstände daher. Bei Mehrfachrückständen wertet Öko-Test ab, da nicht abschätzbar ist, welche Auswirkungen die Substanzen in Kombination auf den menschlichen Organismus haben können. Auch ein Abbauprodukt des als vermutlich krebserregend eingestuften Anti-Pilzmittels Captan ist darunter.

Insektizid im Edeka Berliner

In den „Gut & Günstig Leckeren Berlinern“ von Edeka wies das beauftragte Labor das bienengiftige Insektizid Pirimiphosmethyl nach. Dasselbe Produkt fällt laut Öko-Test wegen erhöhter Mengen an gesättigten Mineralölkohlenwasserstoffen (MOSH/ MOSH-Analoge) auf. Von MOSH ist bekannt, dass sie sich im menschlichen Fettgewebe, in Leber, Milz und den Lymphknoten anreichern. Im Körper stellen sie die wohl größte Verunreinigung dar – mit bisher ungeklärten Folgen.

Punktabzug für zugesetzte Aromen

Auch einige Zusatzstoffe kritisieren die Verbrauchschützer in mehreren Produkten: Punktabzug gibt es etwa für zugesetzte Aromen, da aus Öko-Test-Sicht Zucker und süße Füllung schon genug für den Geschmack der Berliner tun.

Phosphate als Backtriebmittel

Daneben wurden in einigen Berlinern Phosphate als Backtriebmittel eingesetzt. Diese können laut der Verbraucherschützer leicht ersetzt werden – etwa durch Weinstein oder eine Mischung aus Natron und Zitronensäure. Bis zu einem gewissen Maß sind Phosphate zwar wichtig für die Knochen – eine zu hohe Aufnahme kann jedoch den Nieren schaden.

Kamps Berliner mit Carboxymethylcellulose

Die „Kamps Backstube Berliner“ enthalten außerdem Carboxymethylcellulose, die hochdosiert in Tierversuchen zu entzündlichen Veränderungen der Darmflora geführt hat. Die Unbedenklichkeit für den Menschen wurde bislang nicht belegt. Öko-Test wertet auch hier ab.

Am Ende fallen vier Produkte durch – drei davon sogar mit „ungenügend“: die getesteten Berliner von Edeka, Kamps und der Bäckereikette Eifler.

Mehr Informationen zum Test finden Sie in der Märzausgabe des Öko-Test-Magazins, das am 27. Februar erscheint, oder online über: oekotest.de/15253

Quelle: Pressemitteilung Öko-Test




Luftverschmutzung und extreme Temperaturen verlängern Schwangerschaften

Studie der Curtin University hat Daten von fast 400.000 Geburten in Western Australia analysiert

Der Kontakt mit Luftverschmutzung im Freien und extreme Temperaturen während der Schwangerschaft erhöhen das Risiko einer verlängerten Schwangerschaft, zeigt eine Studie der Curtin University. Die Forscher haben die Daten von fast 400.000 Geburten in Western Australia analysiert. Eine höhere Belastung mit Feinstaub PM2.5 und biothermischer Stress stehen demnach mit 41 Wochen andauernden Schwangerschaften in Verbindung.

Viele Schwangere betroffen

Laut dem leitenden Wissenschaftler Sylvester Dodzi Nyadanu ist das die erste Studie, die die Auswirkungen einer Klima-Exposition auf längere Schwangerschaften untersucht. Von einer verlängerten Schwangerschaft sind vor allem Frauen über 35 Jahren, Erstgebärende, Frauen, die in einer städtischen Umgebung leben und jene betroffen, deren Schwangerschaften kompliziert sind.

Umweltstressoren wie klimabedingte Belastungen wurden bereits mit mütterlichen Stressreaktionen in Verbindung gebracht. In der Folge kommt es zu Störungen der endokrinen und entzündlichen Aktivitäten, die gegen Ende der Schwangerschaft noch zunehmen. Dadurch kommt es entweder zur Verkürzung der Schwangerschaft oder fallweise auch zur Verlängerung, so die Experten.

Ernste Auswirkungen möglich

Laut Nyadanu kann eine längere Schwangerschaft ernsthafte gesundheitliche Folgen für werdende Mütter und Kinder haben. Dazu gehören medizinische Interventionen wie die Geburtseinleitung oder Kaiserschnitte. Zudem nähmen das Risiko einer Totgeburt, Komplikationen während der Geburt und der Kindersterblichkeit zu. Zu spät geborene Kinder können früh Probleme beim Verhalten und mit ihren Emotionen haben. Die Forschungsergebnisse sind im Fachmagazin „Urban Climate“ nachzulesen.

Moritz Bergmann/pressetext.redaktion




Kostenfreies Bildungsprogramm: Kita-Kinder entdecken Lebensmittel

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Pädagogische Fachkräfte erkunden mit Kita-Kindern, woher regionale Bio-Lebensmittel kommen und wie sie hergestellt werden

Essen entdecken! ist ein kostenfreies, interaktives Bildungsprogramm der Sarah Wiener Stiftung für Kitas deutschlandweit. Die Lernreise begleitet pädagogische Fachkräfte dabei, mit Kita-Kindern zu erkunden, woher regionale Bio-Lebensmittel kommen und wie sie hergestellt werden. Die Teilnahme ist ganzjährig möglich. Kita-Fachkräfte können sich der Webseite sw-stiftung.de/mitmachen/essen-entdecken anmelden.

Die Entstehung und Verarbeitung von Bio-Lebensmitteln wie Getreide, Milch, Eier, Honig, Obst- oder Gemüsesorten wird bei Essen entdecken! mit allen Sinnen erlebbar. Das Programm fördert einen Bezug zum Essen, weckt Neugier, Interesse und Wertschätzung für die ökologische Landwirtschaft, für Tiere und Pflanzen.

Interaktiver E-Mail-Kurs

Im Rahmen eines sechswöchigen E-Mail-Kurses erhalten die pädagogischen Fachkräfte Impulse und Materialien. Sie erfahren, wie sie gemeinsam mit ihrer Kita-Gruppe im Alltag, etwa beim Morgenkreis, den Mahlzeiten oder im Kitagarten, das jeweilige Lebensmittel näher kennenlernen können. Zu den Inhalten und Formaten des Programms gehören digitale Info-Module, Videos, Hörbeiträge, Praxisbeispiele, Rezepte, interaktive Ideenpinnwände und Austauschrunden.

Exkursion

Neben dem Erkunden des Bio-Lebensmittels in der Kita ist eine Exkursion Teil der Lernreise. Kitas können einen selbstorganisierten Erlebnisort oder einen Partnerbetrieb der Stiftung besuchen.

Die Sarah Wiener Stiftung bietet jährlich bis zu 150 qualitätsgesicherte Tagesexkursionen zu erzeugenden und verarbeitenden Bio-Betrieben in ganz Deutschland an und kooperiert mit rund 30 Betrieben. Termine für Kitagruppen zwischen 15 und 30 Kindern, die zwischen drei und sechs Jahre alt sind, finden sich auf der Essen entdecken!-Webseite.

Bei der Variante mit einer Exkursion zu einem selbstorganisierten Erlebnisort sind die Teilnehmenden freier in der Termin- und Ortsplanung. Alles entlang der Wertschöpfungskette des jeweiligen Lebensmittels ist möglich (z.B. eine Bio-Bäckerei, ein Bio-Markt oder eine Streuobstwiese). Die Sarah Wiener Stiftung unterstützt mit Tipps und Hilfestellungen, um die Organisation so einfach wie möglich zu halten. Eventuell entstehende Exkursionskosten müssen die Kitas selbst tragen.

Förderpartner

Essen entdecken! ist von IN FORM, Deutschlands Initiative für gesunde Ernährung und mehr Bewegung, ausgezeichnet. Es wird gefördert vom Bundesprogramm Ökologischer Landbau (BÖL), der Deutschen Postcode Lotterie (DPL), der Zukunftsstiftung Landwirtschaft und der Stiftung Berliner Sparkasse. Mit dem BÖL fördert das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) den Ausbau der ökologischen Land- und Lebensmittelwirtschaft in Deutschland.

Quelle: Pressemitteilung Sarah Wiener Stiftung




Masernschutz in Deutschland noch immer unzureichend

Laut dem aktuellen Arzneimittelreport der Barmer haben nur 87 Prozent der Zweijährigen den vollständigen Masernimpfschutz erhalten

Der Masernschutz bei Kindern bleibt in Deutschland trotz Einführung der Impfpflicht im Jahr 2020 hinter den angestrebten Zielen zurück. Dies geht aus dem aktuellen Arzneimittelreport der Barmer hervor, bei dem Impfquoten von Kindern bis zum sechsten Lebensjahr untersucht werden. So hatten im Jahr 2022 bundesweit 87 Prozent der Zweijährigen den vollständigen Masernimpfschutz erhalten. Das entspricht einer Steigerung um rund acht Prozentpunkten im Vergleich zum Jahr 2019. Um eine Herdenimmunität zu erreichen, ist jedoch eine Immunisierungsrate von mindestens 95 Prozent notwendig.

„Die Masernimpfpflicht hat zwar die Impfquote gesteigert, aber das angestrebte 95 Prozent-Ziel nach wie vor in allen Bundesländern verfehlt. Um dies zu erreichen, sind weitere Schritte erforderlich wie etwa zielgerichtete Impfkampagnen und eine intensivere Aufklärung, um Vorbehalte gegen Impfungen auszuräumen“, sagt Prof. Dr. med. Christoph Straub, Vorstandsvorsitzender der Barmer.

Bislang sei es nicht gelungen, eine flächendeckende Herdenimmunität zu gewährleisten. Dies erschwere die Bekämpfung der hochinfektiösen Krankheit erheblich. Eine Herdenimmunität sei entscheidend, um nicht nur geimpfte Menschen, sondern auch jene zu schützen, die sich aus medizinischen Gründen nicht impfen lassen könnten.

Erhebliche regionale Unterschiede

Wie aus dem Report weiter hervorgeht, ist der Masernschutz in Sachsen, Baden-Württemberg und Bayern besonders lückenhaft. Hier wurden lediglich etwa 77 beziehungsweise etwa 84 und etwa 85 Prozent der Zweijährigen vollständig gegen Masern geimpft. Damit liegen die Werte um bis zu zehn Prozentpunkte unter dem Bundesschnitt.

Insgesamt waren im Jahr 2022 annähernd fünf Prozent der im Jahr 2020 geborenen Kinder in Deutschland ohne jegliche Masernimpfung. „Impflücken gefährden die Gesundheit der Kinder und schwächen die Schutzwirkung für alle. Je größer diese in einzelnen Regionen ausfallen, desto mehr steigt dort das Risiko für regionale Masernausbrüche. Weltweit ist die Zahl der Todesfälle durch Masern im Jahr 2022 im Vergleich zum Vorjahr um 43 Prozent gestiegen“, sagt Prof. Dr. med. Daniel Grandt, Studienautor des Barmer-Arzneimittelreports und Chefarzt am Klinikum Saarbrücken.

Zunehmende Impfraten, aber Lücken bleiben bestehen

Laut Arzneimittelreport haben sich die Impfraten für Masern, Mumps und Röteln, die üblicherweise als Kombinationsimpfung verabreicht werden, seit Einführung der Masernimpfpflicht zwar merklich verbessert. Im Vergleich zu den Geburtskohorten der Jahre 2016 und 2017 stieg der Anteil der vollständig geimpften Kinder um fast zehn Prozentpunkte. Dennoch sind nach wie vor viele Kinder nicht ausreichend geschützt. Rund acht Prozent erhalten in den ersten beiden Lebensjahren nur eine statt der empfohlenen zwei Impfdosen, was den individuellen Schutz beeinträchtigen kann.

Zahlreiche ungeimpfte Kleinkinder

Nach den Ergebnissen des Arzneimittelreports gibt es immer noch Kinder, die in den ersten beiden Lebensjahren komplett ungeimpft sind. Bundesweit betrifft dies fast drei Prozent der im Jahr 2020 geborenen Kinder, hochgerechnet etwa 20.800. „Es ist alarmierend, dass immer noch so viele Kinder keinerlei Impfschutz haben. Diese Impflücke gefährdet nicht nur die betroffenen Kinder, sondern alle, die sich nicht selbst durch Impfung schützen können“, sagt BARMER-Chef Straub.

Bayern und Baden-Württemberg hätten mit rund vier Prozent den höchsten Anteil ungeimpfter Kinder, während Brandenburg mit 1,5 Prozent die geringste Quote ungeimpfter Kinder bis zwei Jahre aufweise. Letztmalig wurden diese Zahlen für den Report des Jahres 2019 für die im Jahr 2016 geborenen Kinder erhoben. Damals lag die Quote der komplett ungeimpften Kinder bundesweit bei etwas mehr als vier Prozent, was einer Verbesserung um 1,6 Prozentpunkte entsprach.

Impfquoten bei weiteren Infektionskrankheiten

Neben dem Masernschutz liefert der Arzneimittelreport auch Daten zu den Impfquoten bei anderen von der Ständigen Impfkommission empfohlenen Schutzimpfungen. So zeigen die Daten etwa, dass bis zum Ende des zweiten Lebensjahres bei den Impfungen ohne Impfpflicht, wie Diphtherie, Keuchhusten, Polio, Hepatitis B, Impfquoten zwischen 81 und rund 84 Prozent erreicht werden.

Die Impfung gegen Rotaviren bildet mit 72,4 Prozent das Schlusslicht. „Zentrales Ergebnis der Analysen ist, dass die angestrebten Impfquoten für die 13 empfohlenen Impfungen zur Grundimmunisierung bei keiner Impfung erreicht werden, auch nicht für Masern nach Einführung der Impfpflicht. 521 Masernfälle und ein Todesfall in den ersten beiden Monaten des Jahres 2024 in England zeigen noch einmal, dass ohne Erreichen der Herdenimmunität massive Ausbrüche von Masernerkrankungen jederzeit möglich sind“, sagt Grandt.

Service

Das ePaper zur Studie finden Sie hier: bifg – BARMER Institut für Gesundheitssystemforschung

Quelle: Pressemitteilung Barmer