Wie sinnvoll ist „Digitale Bildung“ in Krippe und Kindergarten

selfie spielen lernen

Vom Sinn und dem Druck der Förderung „Digitaler Kompetenzen“ im frühpädagogischen Bereich:

Was haben Microsoft Gründer Bill Gates, der Amazon-Chef Jeff Bezos, die Google Erfinder Larry Page und Sergey Brin, Wikipedia Mitbegründer Jimmy Wales und der Facebook-Chef Mark Zuckerberg gemeinsam? Sie sind alle High-Tech-Spezialisten und haben die Welt mit ihren Fähigkeiten verändert. Neben einigen anderen Gemeinsamkeiten ist aber eines weniger bekannt: Sie alle sind Montessori-Schüler. Eine Pädagogik, die zu den Zukunftskompetenzen vor allem soziale Fähigkeiten, Forschergeist, Kreativität, Selbstbewusstsein, Selbstverantwortung, Konzentration, Arbeitsflow und unkonventionelles Denken rechnet, bisher aber weniger auf die Entwicklung Digitaler Kompetenzen.

Vom Montessorianer zum High-Tech-Spezialisten

Nun werden viele von Ihnen sicher einwenden, dass sich die Zeiten geändert hätten. Und zu der Zeit als Gates seinen Schulranzen geschnürt und auf die Grundschule in Seattle gegangen sei, hätte es ja schließlich auch noch gar keine PCs, Laptops oder Smartphones gegeben. Zum anderen muss dann aber auch die Frage erlaubt sein, welche Fähigkeiten Gates und viele andere Montessorianer gerade in diesem speziellen Bereich so erfolgreich gemacht haben. Schließlich ist Montessori keine Massenbewegung in den USA und die Dichte der High-Tech-Leute, die von diesen Schulen kommen, schon beeindruckend.

Keine iPads für die Kinder von Apple-Gründer Steve Jobs

Zum anderen ist es doch sehr bemerkenswert, dass gerade viele High-Tech-Eltern in den USA ihrem Nachwuchs eine Kindheit ohne Bildschirm bescheren wollen. Auch Gates und Steve Jobs, der Gründer von Apple, sahen die Nutzung der digitalen Geräte in Kinderhänden eher kritisch. Noch 2011 erklärte Jobs in einem Interview, dass er seinen Kindern die Nutzung des neu erschienenen iPads nicht erlaube. Gates beschränkte die Bildschirmzeiten zu Hause und erlaubte seinen Kindern erst mit 14 Jahren Mobiltelefone. In der High-Tech-Schmiede Silicon Valley geht der Trend zu Montessori- und Waldorfschulen.

„Die Reichen verbannen die Bildschirme“

In seinem Artikel über diese Entwicklung für das Magazin „Stern“ zitiert Gernot Kramper das Ergebnis einer Studie der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), dass Bildungssysteme, die viel Geld in Computer investiert haben, in den PISA Tests „keine spürbare Verbesserung“ der Ergebnisse für Lesen, Mathematik und Naturwissenschaften erzielt haben. Das ernüchternde Ergebnis sei gewesen: „Schüler, die sehr oft Tablets und Computer benutzen, schneiden in der Regel schlechter ab, als jene, die sie mäßig nutzen“. Und in der jüngsten PISA-Sonderauswertung stellten die Experten fest, dass Kinder, die analog lesen, ihren Altersgenossen voraus sind. Kramper weist in seinem Artikel auf eine große Reportage der New York Times hin, die zu dem Schluss kommt: „Amerikas öffentliche Schulen fördern immer noch Geräte mit Bildschirmen – und bieten sogar reine Digital-Kindergärten an. Die Reichen verbannen Bildschirme konsequent aus der Klasse.“

Keine Notwendigkeit und kein Druck

Ganz gleich, ob die beschriebenen Beispiele nun ein „richtiges“ oder „falsches“ Verhalten dokumentieren. Eines ist sicher: Eine gezielte Bildung mit digitalen Bildschirmgeräten ist weder in der Kinderkrippe noch im Kindergarten nötig, um die Kinder auf eine digitale Zukunft vorzubereiten. Dafür sind offensichtlich andere Kompetenzen relevant, deren Entwicklung viel besser ganz ohne die momentan aktuellen Geräte unterstützt werden können. „Die Kinder müssen“ also zunächst mal gar nichts mit digitalen Medien machen, wenn es um ihre und unsere Zukunft geht. Andererseits haben die Kinder ein natürliches Interesse daran, die Dinge kennen zu lernen, mit denen Menschen in der Umgebung umgehen. Deshalb wäre es unrealistisch und falsch, Kinder von Medien komplett fernzuhalten. Aber eben alles zu seiner Zeit.

Möglichst keine Bildschirme für Kleinkinder

Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Daniela Ludwig, hält dafür eine Faustregel bereit: „Je kleiner die Kinder sind, desto größer sollte der bildschirmfreie Raum in ihrem Leben sein. Bei Säuglingen und Kleinkindern unter drei Jahren sollten Bildschirmmedien noch gar nicht zum Einsatz kommen. Bei den Grundschülern müssen Eltern dabei sein, ihre Kinder beim Entdecken der digitalen Möglichkeiten unterstützen, ihnen klare Regeln geben.“ Und sie ergänzt: „Wichtig ist, das Kinder lernen, dass digitale Medien ein Teil des Lebens und nicht das Leben sind.“

Warum sie bei dieser Erklärung ausgerechnet das Kindergartenalter ausspart, konnte bis Redaktionsschluss nicht geklärt werden. Um aber mehr Aufklärungsarbeit zu leisten, hat sie gemeinsam mit dem Berufsverband der Kinder und Jugendärzte die Initiative „Familie.Freunde.Follower“ gegründet. Leider wendet sich die Kampagne in der Hauptsache an Eltern mit älteren Schulkindern oder Jugendlichen.

Der Stand der Forschung

Auf die Frage, worauf sich die Drogenbeauftragte bezieht, wenn sie solche Empfehlungen ausspricht, lautet die Antwort: „Wir arbeiten… sehr eng mit dem Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte zusammen, unterstützen Forschungsprojekte an Kliniken, diverse Studien. Somit sind alle unsere Empfehlungen wissenschaftlich fundiert und von Expertinnen und Experten geprüft… Wir wissen, wie wichtig sachlich richtige und dennoch leicht verständliche Tipps sind, daher nehmen wir diese Aufklärungsarbeit – wie auch bei allen anderen Sucht- und Drogenthemen – sehr genau.“

Solche Äußerungen erzeugen bei vielen Befürwortern der Digital Kampagne heftige Kritik. Gerade in den sozialen Medien werden die wissenschaftlichen Studien, auf die sich unter anderem die Drogenbeauftragte, die Kinder- und Jugendärzte, die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) oder die Weltgesundheitsorganisation (WHO) beziehen, als „haltlos“ bezeichnet. Besonders an der Empfehlung, Kleinkinder nicht an den Bildschirm zu lassen, stören sich doch einige.

Die Methoden der Forschung

Der Vorwurf lautet unter anderem, dass die Studien Korrelation herstellen würden, aber keine Kausalitäten nachweisen würden. Tatsächlich verhält es sich so, dass die Forscher bei Ihren Studien zur Bildschirmnutzung seit Jahrzenten Kindergruppen, die nie oder selten vor Bildschirmen sitzen, mit Gruppen von Kindern vergleichen, die Bildschirme häufig nutzen. Eine der Schwächen: Alle Kinder werden natürlich auch von Ihrer Umgebung beeinflusst. Viele Studien sind auch nicht repräsentativ. Andererseits weisen alle Studien in die gleiche Richtung. Und es ist die Vielzahl und Empfehlung zahlreicher renommierter Wissenschaftler, die doch dringend anraten, die Empfehlungen ernst zu nehmen. Hinzu kommen die Untersuchungen der Hirnforschung, die zeigen, was die Bildschirmnutzung im Gehirn auslöst. Natürlich sind das alles keine endgültigen Belege für die Gefahren, die von Bildschirmmedien für Kinder ausgehen. Andererseits gibt es auch keine bekannte Studie, die das Gegenteil behauptet. Zudem sollten die Kritiker auch die Frage beantworten können, wie denn eine Studie aussehen sollte, die Wirkung und Ursache direkt nachweist.

Der „DigitalPakt Kita“

Tatsächlich existiert auch keine Studie, die die Sinnhaftigkeit der Förderung Digitaler Kompetenzen im Krippen- oder Kindergartenalter begründet. Insofern können sich auch die begeisterten Befürworter des geforderten DigitalPakts Kita nicht auf wissenschaftliche Ergebnisse stützen. Um hier mehr Licht ins Dunkel zu bringen, haben wir bei Prof. Dr. Julia Knopf um ein Interview gebeten, die den Vorsitz im Ausschuss Frühe Bildung des didacta Verbandes führt. Dieser hatte die Kampagne ins Rollen gebracht. Zwei Mal hatte sie zugesagt, zwei Mal am selben Tag wieder abgesagt.

In seinem Flyer fordert der Ausschuss des Verbandes der Bildungswirtschaft Didacta unter anderem medienpädagogische Konzepte, belastbare digitale IT-Infrastrukturen, eine entsprechende Ausstattung, technischer Support sowie qualifiziertes pädagogisches Personal. Angesichts der meist schlechten Ausstattung der Einrichtungen mit PCs, Laptops und Tablets für die Dokumentations- und Elternarbeit ist das sicher nötig. Und auch im Kindergarten gibt es viele gelungene Beispiele zur Erforschung der Umwelt etwa mit Digital-Kameras oder Endoskopen.

Zeit für die Wissenschaft

Aber alles eben in einem sehr eingeschränkten Rahmen und bitte nicht mit Kleinkindern. Es wäre vermutlich sehr sinnvoll, wenn hier, wie von Knopf angekündigt, mehr Informationen in die Öffentlichkeit gerieten und vor allem auch Wissenschaftler, die sich mit der Altersgruppe auskennen, ihre Forschung erst einmal durchführen können. Zudem wäre es sicher sinnvoll, die Sorgen von Eltern und vieler anderer ernst zu nehmen und diese nicht als Vorurteile abzutun, sondern diese als ernsthafte Kritik zu prüfen. Wer meint, dass dies zu lange dauere, der mag sich damit trösten, dass sein Kind noch immer zum besten High-Tech Experten ganz ohne Tablet werden kann.

Bilderbuch-Apps

Dafür sind sicher auch keine Bilderbuch-Apps notwendig. Hier mahnt die Drogenbeauftragte Ludwig dazu, an die Regel zu denken, dass weder Säuglinge noch Kleinkinder digitale Medien nutzen sollten. „Digitale Medienkompetenz ist wichtig und jeder braucht sie für die Zukunft – aber nicht im Säuglingsalter! Gerade kleinere Kinder sollten nach wie vor mit analogen Medien, sprich dem klassischen Buch, aufwachsen. Vorlesen, Seiten umblättern, die Bilder ohne Pixel, sondern haptisch anschauen, all das stärkt die Sinne und macht einfach Spaß!“ Ganz zu schweigen vom persönlichen Kuschelerlebnis, das sich in dieser Situation gerne ergibt. Die Initiative SCHAU HIN rät dazu, dass Kinder ab dem dritten Geburtstag erste Erfahrungen mit Apps machen können – allerdings nur zusammen mit Mama oder Papa und nicht länger als eine halbe Stunde am Tag. „Gerade zu Beginn brauchen Kinder die Begleitung der Eltern, enge Zeitfenster und gut ausgewählte Apps“, rät Iren Schulz, Mediencoach der Initiative.

Tatsächlich ist der Nutzen dieser Apps bisher aber auch nicht belegt. Und angesichts der vielen Produzenten von Bilderbuch-Apps, die gleichzeitig Mitglieder der Stiftung Lesen sind, scheint selbst deren Empfehlungen alles andere als unbefangen.

Bitte mehr Sorgfalt!

Angesichts der bisher nicht erforschten Wirkung der Förderung der Digitalen Kompetenzen mittels digitaler Bildschirmgeräte und der Risiken, die seitens der genannten Institutionen angegeben werden, scheinen die Kampagnen zur so genannten „Digitalen Bildung“ im frühpädagogischen Bereich doch recht fragwürdig. Ein Einsatz von Bildschirmgeräten im Krippenbereich, sogar als gefährlich. Wichtig ist, dass nun eine entsprechende Forschung stattfindet, die Basis für sorgfältige medienpädagogische Konzepte sein kann – statt vermeintlich hippe Konzepte einfach umzusetzen.




Kleinkinder nicht an den Bildschirm!

baby

Auf kindergesundheit-info.de finden sich viele wichtige Tipps für Eltern und pädagogische Fachkräfte

Wenn es um Digitalisierung geht, wurde der frühkindliche Bereich bisher ausgespart. Schließlich ist nicht nur der pädagogische Nutzen stark umstritten, sondern die gesundheitlichen Risiken für Kinder sind im Zusammenhang mit der Bildschirmnutzung groß. Seit vielen Jahren schon weisen die Weltgesundheitsorganisation (WHO), Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) oder der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVJK) darauf hin. Sie stützen sich dabei auf zahlreiche wissenschaftliche Studien. Auf ihrer Website hat die BZgA unter der Überschrift „Kinder und Medien“ Empfehlungen für Eltern zusammengefasst, damit diese Kinder in die Welt der digitalen Medien sinnvoll begleiten können. Da pädagogische Einrichtungen genauso zur Lebenswelt der Kinder zählen, gelten diese Empfehlungen ebenso für pädagogische Fachkräfte.

Grundsätzliches zum Thema Bildschirm

Ob Fernseher, Computerbildschirm, Tablet oder Smartphone. All diese Geräte haben Bildschirme. Kinder im Alter bis drei Jahren sollten laut Empfehlung der BZgA diese Geräte am besten gar nicht nutzen, Kinder von drei bis sechs Jahren höchstens 30 Minuten am Tag. Im Alter von sechs bis zehn Jahren höchstens 45 bis 60 Minuten. Und das auch nicht täglich. Dass dies angesichts der ständigen Präsenz der Bildschirmgeräte im Alltag nur schwer einzuhalten ist, wissen auch die Experten. Dennoch sollten sich alle Erziehenden möglichst darum bemühen, Bildschirme von den Kindern fernzuhalten, geschweige denn den Umgang mit Ihnen zu fördern. Das betrifft auch so genannte Bilderbuch-Apps, zu denen es bisher auch keine echten wissenschaftlichen Studien für den frühpädagogischen Bereich gibt. Zahlreiche Studien weisen darauf hin, dass eine stärkere Nutzung als die Empfohlene zu Konzentrations- bzw. Wahrnehmungsstörungen oder -veränderungen, ADHS, Schlafproblemen und anderen gesundheitlichen Einschränkungen und Entwicklungsstörungen führen kann.

„Tipps und Regeln für Fernsehen und Computer“ hat die BZgA in einem PDF zusammengefasst, das Sie hier downloaden können. Empfehlungen zum Umgang mit Medien speziell für Kinder bis zu einem Alter von drei Jahren finden Sie hier.

Quelle: Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA)/ https://www.kindergesundheit-info.de/themen/medien/alltagstipps/mediennutzung/hoechstdauer/ (Auszug) CC BY-NC-ND

Empfehlungen für Erwachsene

Die BZgA weist auch darauf hin, dass Babys und Kleinkinder schon sehr viel davon mitbekommen, wie in der Familie Medien genutzt werden. Das gilt auch für die pädagogische Einrichtung. Die Kinder merken dabei auch, wenn diesen Geräten mehr Aufmerksamkeit geschenkt wird als ihnen. Dabei kann es sein, dass sich die Kinder für diese Medien begeistern und „mitspielen“ wollen. Es kann aber auch sein, dass sie auf die Medienumgebung nervös, wütend oder erschöpft reagieren. Beides ist bestimmt nicht im Sinne des Kindes. Bevor sie sich also mit den digitalen Medien beschäftigen, beschäftigen sie sich besser mit dem Kind.

Bilderbücher sind auch Medien

Kinder erforschen mit allen Sinnen die Welt. Und digitale Geräte können niemals reale Erfahrungen ersetzen. Wenn es aber um Medien geht, sollten Sie nie vergessen, dass auch Bilderbücher Medien sind, die Sie immer einsetzen können. Natürlich gibt es auch hier gute und schlechte. Aber das Erlebnis, zusammen zu sitzen oder gar zu kuscheln, etwas vorgelesen zu bekommen und gemeinsam die Bilder zu betrachten, lässt sich durch nichts ersetzen. Zudem unterstützen Sie damit die Begeisterung für Bücher und unterstützen die Sprachbildung. Und gerade die letzte Auswertung der so genannten PISA-Studie hat deutlich gezeigt, dass Kinder, die Gedrucktes Lesen, besser abschneiden.

„Gut hinsehen, gut zuhören, aktiv gestalten!“

Die BZgA hat unter dem Titel „Gut hinsehen, gut zuhören, aktiv gestalten!“ einen Ratgeber zum Thema „Mediennutzung in der Familie“ herausgebracht. Darin finden sich viele gute Tipps zum Umgang mit Medien innerhalb der Familie. Das PDF steht gratis zum Download bereit.




Wie Kinder die Welt entdecken

Kinder eignen sich die Welt im Spiel an… und dafür brauchen sie Zeit

Das Kind will sich schon vor der Geburt und dann vom ersten Lebenstag an durch Bewegungen ausdrücken und bald will es alles, was es sieht und was von Interesse ist, wie ein Forscher neugierig mit den Händen und Sinnen

  • wahrnehmen und erkunden,
  • ergreifen und begreifen,
  • erfassen und erkennen.

All das will es in seiner Lebensform oder in seinem Lebensmittelpunkt SPIEL.

Neugierig forschen

Als heilpädagogisch orientierter Erziehungswissenschaftler habe ich in vielen Jahren gelernt, dass zu unserem Beruf vor allem die Neugier auf das noch Unbekannte, noch nicht Erklärbare gehört. Diesem neugierigen Forschen reicht ein Verständnis von Wissenschaft, das sich auf die Welt der Zahl und des Messbaren bezieht, nicht aus. Das wäre eine Einengung des Denkens und Erkennens auf Fakten, auf Feststell- und Beweisbarer. Doch über die gezählten und gemessenen Dinge hinaus gibt es etwas Lebendiges, das wahrzunehmen ist. Dieses Forschen, das wir bei Kindern beobachten, setzt eine kreative Lebenseinstellung und eine offene Erwartungshaltung voraus. Es überwindet die Welt der Quantität und wendet sich der Welt der Qualität zu. Diese Welt der Qualität zeigen Kinder den wissenschaftlichen Forschern.

Wie eignet sich das forschende Kind die Welt im Spiel an?

Malen ganz allgemein

Das Kind will sich aus eigener Kraft die Welt aneignen, zum Beispiel beim Malen mit körpereigenen Mitteln: Großflächiges Malen mit Fingern auf großem Papier (Packpapier) mit der Fingerfarbe Schultempera und Kleister (Kleister gleichmäßig verteilen und Farbe hinzufügen; Farbe direkt in den Kleister rühren oder mit den Fingern aufnehmen) erleben besonders Kinder mit körperlichen und kognitiven Beeinträchtigungen sowie Kinder mit Autismus: Sie sind fähig Spuren zu hinterlassen und Strukturen zu bilden und sehen sich als Gestalter ihrer Welt. Und sie lernen sich als Person zu erleben, die zur Welt und zu anderen Menschen einen eigenen Standpunkt beziehen kann.

Konkrete Malübungen

Bei diesen spielbetonten und rhythmischen Malübungen wird die Finger- und Handmotorik der Kinder weiter ausgebildet, die Bewegungsabläufe werden koordiniert und durch taktil- kinästhetische Erfahrungen wird ihre Sensibilität gefördert. Auch beim freien oder an Aufgaben gebundenen Gestalten mit Wachsmalkreiden werden feinmotorische Fähigkeiten (Finger- und Handfertigkeiten) geübt. Und beim Malen der eigenen Bewegungen (Kreis- und Drehbewegungen) lassen sich ausgeführte Bewegungen sichtbar machen. Kinder mit schwerer Behinderung können diese basalen Bewegungsmuster einüben. Und als rhythmische sprachbegleitende Übung kann die Bewegung der Finger, Hände und Arme in Farbspuren umgesetzt werden. Besonders Kinder mit starken Beugespasmen in den oberen Extremitäten werden durch Fingermalerei und Malen mit Wachsmalkreiden deutlich lockerer und entspannter.

Mit Papier üben

Für vielseitige Übungen der Finger- und Handfertigkeit (im Sinne feinmotorischer oder sensomotorischer Übungen und Übungen der Augen-Hand-Koordination) bietet sich vor allem Papier in verschiedenen Größen, Farben und Stärken an:

  • Papier reißen,
  • Papier schneiden (freier oder gebundener Schneiden/Ausschneiden), Papier falten,
  • Papier kleben (bunter Papier frei oder in Vorlagen/Rahmen zu einem Bild kleben) oder
  • Papier zuordnen (nach Farbe, Form und Größe).

Plastisches Gestalten

Auch das plastische Gestalten mit Knetmasse, Ton, Tonschlamm oder Tonklumpen ermöglicht viele Übungen: Vom Klumpen Teile abzupfen und sie zu einem Gegenstand (Haus, Baum, Schneemann) umwandeln. Durch Greifen, Festhalten und Loslassen (Verarbeiten zu einem Bau- oder Kunstwerk) werden nicht nur Feinmotorik und Augen-Hand-Koordination weiterentwickelt. Auch das Wollen, Denken und Fühlen, die Vorstellung, das Sprechen/die Sprache, das Gedächtnis, die Fantasie und Kreativität sowie die sozialen Kompetenzen werden in Sinnzusammenhängen geübt. Das Kind setzt sich bei diesen Aktivitäten mit der Wirklichkeit auseinander, kurz: es gestaltet seine Welt.

Besonders das Kind mit einer Wahrnehmungsstörung oder Beeinträchtigung seines Sehens (hochgradig sehbehindert oder blind) spürt den Widerstand des Gegenstandes, zum Beispiel des Tonklumpens in seinen Fingern und Händen. Mit ihm kann es, auch mit Führungshilfe, etwas formen und gestalten. Durch diese Aktivitäten wird ihm der Gegenstand zunehmend vertrauter: Es übt seine Finger- und Handmotorik und seine Sinnestätigkeit, es erkennt das Gespürte und erlebt sich als Person, die mit „Herz, Hand und Kopf“ (Pestalozzi) in der Wirklichkeit selbst etwas bewirken, verändern und gestalten kann (Krenz/Klein 2013, 182 ff.).

Diese Aneignung der Welt geschieht im Spiel.

Auf das Spiel als Lebensform der Kinder achten

Spiel ist keine Spielerei

Das Spiel wird häufig als überflüssiger und zu vernachlässigender Zeitvertreib, als Spielerei gesehen. Immer seltener sind sich Eltern – und auch vermehrt Fachkräfte – der Tatsache bewusst, dass Kinder in bindungsstarken Spielsituationen alle Fähigkeiten für ihr Leben aufbauen (könnten), die sie später einmal für eine aktive, kreative und selbstbewusste Lebensgestaltung brauchen.

Spiel dient der Persönlichkeitsentwicklung

Forschungsergebnisse aus den letzten drei Jahrzehnten zeigen übereinstimmend, dass das Spiel als Vorstufe und Nährboden für einen darauf aufbauenden Erwerb schulischer und beruflicher Fähigkeiten zu gelten hat und von entscheidender Bedeutung für die Persönlichkeitsentwicklung eines Kindes ist. Neurobiologen haben gezeigt, dass durch Spielen viele unterschiedliche Regionen der menschlichen Gehirns aktiviert werden, weil Kinder ihre ganze Aufmerksamkeit auf die Erlebnisse des Schauens und Betrachtens, des Hörens, Fühlens und Begreifens ausrichten und dabei ihre Fantasie nutzen, um sich Ereignisse selbst zu verdeutlichen, diese mit einer bunten Gedankenvielfalt ausschmücken, Ziele definieren und Strategien für eine Spielhandlung entwickeln.

Neugieriges Handeln von Beginn an

Kinder bringen ein außergewöhnlich großes Interesse für ihr Umfeld und ein hohes Neugierverhalten mit auf die Welt. Durch die alltäglichen Sinnesreize werden Interesse und Aufmerksamkeit für die „Welteindrücke“ aktiviert. Interessant sind alle Dinge, die sich bewegen, die Töne erzeugen, die sich anfassen lassen, die intensiv riechen oder zu schmecken sind. Dabei merken Kinder, dass man mit diesen Dingen etwas tun kann. Aus dieser neugierigen Handlung (Was geschieht dort? Wozu ist das da? Was kann ich damit anfangen?) entwickelt sich nach und nach eine aktiv gestaltete Spielhandlung, die sich aus unendlich vielen Einzeltätigkeiten im Dialog mit sich selbst, mit dem Anderen und dem Bildungsgegentand zusammensetzt.

Spielen entsteht also aus eng miteinander vernetzten Erfahrungshandlungen mit den eigenen Körperteilen, mit Gegenständen unterschiedlichster Art und vor allem in einer angenehm erlebten Beziehungsatmosphäre. Im Spiel eignen sich Kinder ganz nebenbei – je nach Spielform, Spielart, Spielinteresse und Spielverlauf – ein lebendiges, räumliches, kreatives, physikalisches, naturwissenschaftliches und mathematisches Wissen an (Klein 2018, 141 ff.).

Spiel darf nicht funktionalisiert werden!

Echtes Spielinteresse zeigen

Die Frage, wie Erwachsene Kinder zum Spiel(en) motivieren können, ist ganz einfach zu beantworten. Zunächst sollten Erwachsene von Anfang an ein authentisches Interesse an den Tätigkeiten der Kinder empfinden und ihnen helfen in Spielsituationen hineinzufinden, sie als aktiver Spielpartner anschließend viel spielen zu lassen, weil das Spiel dann besonders interessant wird! Dabei ist noch eines wichtig: Im Vordergrund des Spiels darf nie ein Förder- oder Schulungsgedanke stehen. Damit würde jedes Spiel funktionalisiert werden – eine Tatsache, die leider in vielen Kitas in immer stärkerem Maße zu beobachten ist. Der Zweck des Spiels liegt in

  • der Spannung,
  • der Freude,
  • der Aufregung,
  • den vielfältigen Gestaltungsmöglichkeiten

und nicht in einer „Konzentrationsübung“, in der „Schulung der Grobmotorik“ oder im Aufbau „sozialer Kompetenzen“.

Weniger ist mehr

Die pädagogische Fachkraft kann Bedingungen für das Spiel(en) schaffen: Manche Kinder haben schon soviel Spielmittel bzw. Spiel„zeug“, dass ihr Kinderzimmer einem vollgestopften Warenlager gleichkommt. Dasselbe ist in manchen Kitas zu beobachten. Zu viele Spielmittel hemmen das Kind in sein individuelles Spielverhalten einzusteigen. Von Zeit zu Zeit sollte daher in den Gruppenräumen ebenso wie im Kinderzimmer das Spielmittelangebot überprüft werden.

Bewährte Spielmittel sollten eher ergänzt werden als immer neuartige Spielmittel hinzuzufügen, damit Kinder bei einer Spielgeschichte bleiben können! Statt neuer Spielmittelkäufe eignen sich mitunter unterschiedlichste Gegenstände der Erwachsenenwelt, von stabilen Kartons über Rohre, Stoffe und alte Geräte bis hin zu Brettern und Dosen und Utensilien zum Verkleiden. Je intensiver solche Alltagsgegenstände ins Spiel mit einbezogen werden, desto weniger sind Kinder auf ständig neuer Spielzeug fixiert.

Kinder wollen und müssen spielen (dürfen)

Viele Spielmittel haben sich im Laufe der letzten Jahre verändert. Doch Kartenspiele, Quartetts und Sammelkarten gab er ebenso wie heute und Ritterburgen von damals haben sich heute zu hochgerüsteten galaktischen Weltraumstationen gewandelt. Auch Barbie gab er schon – nur nicht in dieser Auswahl und Vielfalt. Rollenspiele und Kartenspiele wurden damals ebenso gespielt wie Konstruktionsspiele – was damals als „Stabilbaukasten“ zur Verfügung stand wird heute mit unendlich vielen Stecksteinaufbausätzen ermöglicht. Auch damals wurden Aggressionsspiele zum Austoben, Fußballspiele oder andere Bewegungsspiele von Kindern mit Vorliebe genutzt. Allerdings sind einige Spielformen (Märchenspiele, Theaterspiele, Sozialregelspiele, musisch-rhythmische und Handpuppenspiele) in vielen Kindergärten leider immer seltener anzutreffen, was der emotional-sozialen und intellektuellen Entwicklung von Kindern schadet. Schließlich ist bekannt, dass gerade die Bereiche Spiel- und Schulfähigkeit eng zusammenhängen. Stattdessen werden viele Tagesabläufe der Kinder mit teilleistungsorientierten Anleitungstrainings und vor allem kognitiven Übungen sowie anderen Tätigkeiten voll ausgeplant – dabei muss das Spiel auf der Strecke bleiben.

Fazit

Je mehr Kinder die unterschiedlichen Spielformen (von Entdeckungs- über Wahrnehmungsspielen, von Schatten- über Rollenspielen, von vielen Bewegungs- und Musikspielen bis zu lebendigen Märchen- und Szenenspielen) kennenlernen, desto größer ist ihr Spiel- und damit auch ihr Lernpotenzial. Dabei sorgen die bei jedem Kind vorhandene Neugierde, die mit Spannung ausgefüllte Entdeckerfreude und die damit verbundenen Glückserlebnisse im Spiel zur nachhaltigen Aktivierung der Lernfreude.

Literatur

Klein, Ferdinand: Inklusive Erziehung in Krippe, Kita und Grundschule. Heilpädagogische Grundlagen und praktische Tipps im Geiste Janusz Korczaks. BurckhardtHaus 2018

Klein, Ferdinand: Inklusive Erziehungs- und Bildungsarbeit in der Kita. Heilpädagogische Grundlagen und Praxishilfen. 3. Auflage. Bildungsverlag EINS, 2019

Krenz, Armin/Klein Ferdinand: Bildung durch Bindung. Frühpädagogik: inklusiv und beziehungsorientiert. 2. Auflage. Vandenhoeck & Ruprecht, 2013




Teams – Hemmschuh oder Segen?

Wie aus Gruppen gelungene Arbeitsgemeinschaften entstehen

Tim ist patschnass. Eigentlich sollte er nur seine Marmeladenfinger von der gröbsten Klebrigkeit befreien. Aber jetzt steht er bedröppelt da, weil sich das Nasse nicht so toll anfühlt. Und unglaublich stolz, weil er den Wasserhahn aufdrehen und mit dem Finger den Strahl lenken konnte. Eine große Leistung für einen Eineinhalbjährigen! Aber seine Erzieherin ist in Eile. Jetzt muss sie Tim auch noch völlig umziehen. Sie seufzt und dreht das Wasser zu. Tim dreht es wieder auf. Die Erzieherin wird etwas lauter.

Dennis Meiners, 35 Jahre, Erzieher in der Kreuz- und Quer-Kita in Göttingen, kommt hinzu. „Oh, ich sehe, ihr habt Stress. Soll ich euch mal ein bisschen entlasten und übernehmen?“ Die Erzieherin nickt dankbar und wendet sich den anderen Kindern zu. Meiners lobt Tim erst einmal für seine Leistung, hüpft ein bisschen herum, tut so, als würde er vor dem Wasser flüchten. So schafft er eine Beziehung zu dem Kleinen. In drei Minuten hat Tim nicht nur das Wasser abgedreht, sondern auch Pullover und Hose gewechselt.

Dieselbe Kollegin entlastet Meiners wiederum, wenn er seinerseits mit den Kindern in einer anderen Situation in Stress gerät.

Krippe und Kiga – der große Unterschied
Eine Krippe ist kein kleiner Kindergarten! Die meisten Krippen nehmen Kinder nach dem ersten Geburtstag auf. Die wenigsten können dann laufen, sprechen, ihre Bedürfnisse artikulieren oder gar sich selbst versorgen. Ihr Leben spielt sich auf dem Boden ab. Der sollte daher warm, sicher und optisch gut unterteilt sein. Alles, was außerhalb ihrer Reichweite ist, kann als bedrohlich wahrgenommen werden und ist eben unerreichbar. Klare Strukturen, auch optisch, helfen ihnen, sich sicher zu fühlen und sich zurecht zu finden. Wie dies praktisch aussehen kann, muss im Team geklärt werden.
Krippenerzieherinnen berichten, dass über 80 Prozent ihrer Tätigkeit in pflegerischen Aufgaben besteht: Füttern, An- und Ausziehen, Wickeln, Waschen, Schlafen. Immer wieder ist daher eine einzelne Pädagogin in direktem Kontakt mit einem Kind außerhalb des Gruppenraumes beschäftigt. Das muss im Team abgesprochen werden. Auch die Wertigkeit des Pflegens braucht Würdigung: In der Krippe ist Pflege Bildung! Damit sind nicht nur das mit Worten Begleiten und die Fingerspiele beim Wickeln gemeint. Es sind vor allem die liebevolle Zuwendung und die Anerkennung des Kleinkindes als gleichwertiges Gegenüber. Oder würden Sie, liebe Leserin, sich einfach so auf ein „komm mal her, anziehen“ die Arme in einen Mantel stopfen lassen?

Vorsicht Alphatiere!

Was sich hier so einfach anhört, ist es aber nicht. Viele so genannte Teams entwickeln sich zur Bühne für Alphatiere, die ihre Arbeitskollegen bloßstellen und sich hervortun. Sie stehen im Mittelpunkt. Das hat viele negative Effekte. So verhalten sich andere deutlich zurückhaltender, gehen in der Gruppe unter und handeln nur noch nach Aufforderung. Eigeninitiative Fehlanzeige. Statt effektiver Teamarbeit entsteht eine Gruppe, in der nur die Ideen der Alphatiere zählen. Das führt in schwierige Arbeitssituationen, unter der alle leiden. Solche falschen Teamprozesse führen dann eben auch zu Vorurteilen wie „dass Teams die einzelnen Mitglieder in ihrer Entwicklung unterdrücken“.

 „Es geht eben nicht darum zu zeigen, was für ein toller Erzieher man ist oder wo die Kollegin oder der Kollege jeweils Fehler machen“, sagt Meiners, „sondern darum, uns in Stresssituationen gegenseitig zu entlasten und vor allen Dingen das Kind in jeder Situation als lernenden Menschen zu sehen.“ „Wenn mehrere Kinder zu betreuen sind, entstehen leicht Überforderungssituationen, in denen Wahrnehmung und Unterstützung von Kollegen untereinander unglaublich hilfreich sein können. Solche Fehler sind nicht zu vermeiden“, meint Annette Drüner, Sozialpädagogin und Coach für Erzieherinnen. „Es ist wichtig, wie wir damit umgehen.“ Um Fehler als solche akzeptieren zu können, braucht es ein gutes Team – und das heißt Vertrauen zueinander haben. Das wächst natürlich nicht von heute auf morgen.

Praxistipp: Unser gemeinsames Boot

Als Einstieg in den Teamtag malt jede Erzieherin ein Bild, in dem das eigene Team dargestellt wird. Sehr gut eignet sich hier das Bild des Bootes, in dem bekanntlich alle gemeinsam sitzen. Auf die künstlerische Gestaltung kommt es nicht an, wichtig ist, dass alle MitarbeiterInnen abgebildet werden. Dabei werden auch die Rollen, die sie im Boot einnehmen, beschrieben: Wer ist der Kapitän, wer der Koch, wer schrubbt das Deck, wer hisst die Segel, wer sitzt am Funkgerät?

Dauer: ca. 30 Minuten
Material: Stifte, Papier, Pinnwände, Stecknadeln, Flipchart

Sind alle Bilder fertig, werden sie an den Pinnwänden aufgehängt. Anschließend schauen alle ErzieherInnen die Gemälde an, ohne Kommentare zu geben. In der Runde erhält jede/r die Gelegenheit, sein/ihr Bild vorzustellen. Wer ist wer? Wer hat welche Funktion? Wer steht nah bei wem, wer ist von wem am weitesten entfernt? Was fiel mir leicht zu gestalten, was fiel mir schwer? Welche Gefühle hatte ich beim Malen? Danach ist Zeit für die KollegInnen, ihre Sicht auf das Bild darzustellen. Durch die eigenen Gedanken und die der BetrachterInnen werden die Beziehungen, Stimmungen und Konflikte im Team deutlich. Gemeinsamkeiten und Unterschiede werden als Stichworte auf ein Flipchart für alle sichtbar aufgeschrieben. So ergibt sich eine gute Grundlage für die kommenden Gespräche.
„Grundsätzlich braucht es eine gemeinsame pädagogische Ausrichtung, auf die sich alle geeinigt haben und die sie auch alltäglich leben“, so Drüner. Zum Beispiel, dass Kinder immer lernen und dieser Aspekt jeweils anerkannt wird. Dann werden solche Situationen auch nicht als Konkurrenz, sondern als Bereicherung erlebt. „Entsprechend kann ich sehen, wie der andere mit solchen Situationen umgeht und mir etwas davon abschauen“, sagt Drüner, „und fühle mich nicht bewertet oder sogar niedergemacht.“ Für eine solche Ausrichtung sind intensive Prozesse notwendig. In vielen Einrichtungen hätte das Verhalten des kleinen Tim genügend Anlass dazu gegeben, ihm kurz und knapp klare Grenzen aufzuzeigen. In der Kreuz- und Quer-Kita hat sich das Personal für den schwierigeren, für Tim sicher besseren Weg, entschieden. Auch dafür sind funktionierende Teams eine wichtige Voraussetzung.

Keine Zeit für Einzelkämpfer

Einzelkämpfer haben es heute immer schwerer. Ansprüche und Arbeitsprozesse sind schwieriger und vielschichtiger geworden. Und weil niemand zu jeder Zeit alles perfekt machen kann und jeder unterschiedliche Stärken hat, liegt die Notwenigkeit zu guten Teams auf der Hand. Wer seine Stärken in einem Team optimal einbringt und seine Mitstreiter unterstützt, erreicht weitaus mehr.

Wie aber wird man so ein vertrautes Team? „Das fängt schon bei der Personalauswahl an“, erklärt Drüner, „die Leitung kann schon im ersten Gespräch die pädagogische Grundhaltung und damit das Menschenbild erfragen.“ In der heutigen Zeit weiß aber jeder, dass der Arbeitgeber von ihm Teamfähigkeit erwartet. Und wenn ein Bewerber die Arbeitsstelle in einer Einrichtung haben möchte, macht er fast alles – auch wenn er die Teamarbeit hasst.

Andrea Schreiber, Leiterin der Kita St. Nicolai in Coppenbrügge und seit 30 Jahren Erzieherin, hat genügend Erfahrung, um schnell zu erkennen, ob eine Bewerberin in ihr Krippenteam passen könnte: „Wenn sie in der Lage ist, sich wirklich auf den Dialog mit dem Kind einzulassen, sich zurückzunehmen, erst zu beobachten und nicht sofort einzugreifen, dann lade ich sie zu einem Probetag ein.“ Dann holt sie sich die Rückmeldung der Kolleginnen. „Haben die ein gutes Gefühl, sehen sie die Neue als Ergänzung, glauben sie, sich auf sie verlassen zu können, dann können wir den Vertrag unterschreiben.“ Während aber die einen Teams verabscheuen, weil sie darin ineffektive Zeitfresser sehen, überfrachten sie andere mit viel zu hohen Erwartungen. Das übergroße Harmoniebedürfnis einzelner und die Annahme, darin nur Freunde zu finden, hemmen die Zusammenarbeit ebenso. Dabei sind die wesentlichen Grundlagen nicht Freundschaft und Harmonie, sondern Wohlwollen, Respekt und Wertschätzung. Diese Eigenschaften liegen in vielen Menschen. Damit diese aber zum Vorschein kommen, gilt es, den Blick für die positiven Elemente von Teams zu öffnen. 

Teams brauchen Zeit und sparen Zeit

Dafür ist Zeit notwendig und professionelle Hilfe. Das kostet oftmals auch Geld. So mancher Träger scheut deshalb die Durchführung von Teamprozessen und die Teampflege mit oftmals fatalen Folgen.

In Andrea Schreibers Kita gibt es fünf Studientage im Jahr. „Wir haben erkannt, dass wir unseren Jahresplan entrümpeln mussten. Es gab von Weihnachten über Ostern bis Sommerfest viel zu viele Anlässe, die vorgeben, was zu tun ist.“ Das widerspricht dem Grundsatz, das Kind entscheiden zu lassen, womit es sich beschäftigen will. „Oberste Priorität hat das Kind, nicht das Angebot“, so Schreiber. Sie bringt das Beispiel der Kastanien und bunten Blätter im Herbst. Das ist tolles Spielmaterial, die Kinder fühlen, tasten, ordnen, benennen. „Und das reicht. Da muss man nicht noch Männchen bauen, Bilder kleben und ein Herbstfest organisieren, wenn die Kinder das gar nicht wollen.“ Da die Kinder das altersgemäß oft nicht sprachlich äußern können, sind Feinfühligkeit und Beobachtung gefragt.

Teamgespräche richtig vorbereiten
Grundsätzlich gibt es drei Arten von Teamgesprächen. Sie sollten getrennt geführt werden, denn sie verlangen eine unterschiedliche Art der Vorbereitung und Gesprächsführung.

1. ) Das Organisationsgespräch. Hier werden alle Termine festgelegt wie z.B. Elterngespräche. Es geht aber ebenso um die Vorbereitung des Sommerfestes, die Verteilung der Aufgaben, den Bericht über den Stand der Dinge. Auch Verabschiedungen gehören in diesen Bereich.

2. ) Das Kindergespräch. Die meisten Krippen arbeiten mit dem Bezugskindermodell. Hier werden die Entwicklungen und Fortschritte der einzelnen Kinder, Problemlagen, Beziehungen in der Gruppe, vorgestellt. Wichtig ist, vorab über das Kind, welches im Fokus stehen soll, zu informieren. So haben auch die anderen ErzieherInnen die Chance, genauer auf dieses Kind zu achten. So können sie qualifiziert Rückmeldung geben. Ein anderer Blick hilft, frische Impulse zur Weiterarbeit zu geben oder Ursachen für Probleme zu erkennen.

3. ) Das Konzeptgespräch. Ein pädagogisches Konzept ist nie fertig, das wissen wir alle. Aber die Grundlage, auf der die Krippe arbeitet, muss festgelegt sein und von allen getragen werden. So kann sie auch Eltern ausgehändigt werden und es kann sich bei Problemen darauf bezogen werden. Wenn viele „große“ Kinder gehen und viele „kleine“ hinzukommen, ändert sich der Alltag und damit auch das pädagogische Konzept. Nicht grundsätzlich, aber im Tagesablauf oder den Schwerpunkten. Die Leitung sollte hier grundsätzlich vorgeben und den KollegInnen rechtzeitig mitteilen, worum es in der entsprechenden Sitzung gehen soll.

Teamgespräche brauchen Zeit, die Vorbereitung ebenfalls. Außerdem kommen die besten Ideen bei Spaziergängen oder beim Kaffeetrinken mit Freundinnen, im Tür-und-Angel-Kontakt mit KollegInnen. Nehmen Sie also Stift und Papier mit, notieren Sie sich die Ideen. Bringen Sie sie in einer ruhigen Stunde vor dem Teamgespräch in eine Reihenfolge. Händigen Sie die Einladung den KollegInnen aus, fragen Sie, ob sie  Ergänzungen oder weitere Themen zu besprechen haben. Überlegen Sie, welches Thema etwa wie viel Zeit beanspruchen wird, achten Sie entsprechend auf die Gewichtung und Reihenfolge. Worüber es viel zu diskutieren gibt, sollte eher am Ende des Tagesplans stehen. Schließlich neigen Diskussionen zum Ausufern und es sollte jede einmal ihre Meinung gesagt haben. Erstellen Sie einen Protokollbogen, bestimmen Sie reihum Protokollantin und Gesprächsführerin. Eine gute Leitung muss schließlich nicht immer alles selber machen, sie bezieht die KollegInnen klug und ihren Qualitäten entsprechend ein.

Den Alltag entrümpelt, den Morgenkreis abgeschafft

„Es hat eine Weile gedauert, bis wir uns von diesen Vorgaben verabschiedet hatten, denn da hängen ja auch Traditionen und Elternbeteiligung dran“, so Schreiber. Aber jetzt hätten sie viel mehr Zeit für die Kinder – und vor allem nicht mehr andauernd im Kopf, was noch alles für das Herbstfest zu erledigen sei und ob sie das denn schaffen könnten. „Das kommt den Kindern zugute, wir sind freier im Kopf und können besser auf ihre Bedürfnisse eingehen.“

Ein weiteres Ergebnis eines Studientags: Was für andere ein zentrales Element ihres Alltags ist, hat das Team in Coppenbrügge abgeschafft – den Morgenkreis. „Nicht nur im Jahr, auch an jedem Tag hatten wir zu viel geplant“, sagt Schreiber. Das Team hat dann beobachtet, womit sie sich wann und wie lange beschäftigen – und was nicht möglich ist. Dabei fiel auf, dass das Zusammentrommeln der Kinder zum Morgenkreis für alle Stress bedeutet. Die einen waren noch am Essen, die anderen am Aufräumen, wieder andere hatten gerade ein Spiel begonnen. „So war der Morgenkreis ein Spielverhinderungskreis“, ereifert sich Schreiber. Also weg damit. Vermisst hat diese Runde niemand, weder die Kinder, noch die Erzieherinnen.

„Wir sind dadurch zusammengewachsen“, meint Schreiber. Denn alle haben sich, den Alltag, die Kinder und die anderen beobachtet, sich genau angeschaut, Stärken und Schwächen – eigene wie die der anderen – erkannt. Mit dem Ergebnis waren alle glücklich, denn so ergab sich wiederum mehr Zeit für die Beobachtung der Kinder und spontane Aktionen und Angebote.

Die Rolle der Leitung

„Ich versuche, meine Erzieherinnen nicht zu stressen“, lacht Andrea Schreiber, angesprochen auf die Rolle der Leitung bei der Teambildung. Wie im Umgang mit den Kindern versucht sie auch im Team ein hohes Maß an gemeinsamer Wertschätzung umzusetzen. „Die Erzieherinnen dürfen Fehler machen“, meint sie „ohne dafür böse Blicke zu ernten oder Getuschel oder eine Anmache in der Teambesprechung.“

Das klingt erst einmal ganz normal, ist es aber nicht. Annette kennt Teams, die in Teambesprechungen durch unterschwelligen Stress nicht offen, kritisch und konstruktiv miteinander können und sich dann bei nahezu jeder Frage nicht einig werden können. Das kostet viel Zeit und Kraft und führt zu „Hintenrumgesprächen“.

Dennis Meiners wünscht sich, dass „die Leitung auch mal Flagge zeigt“, so wie es in seiner Einrichtung gelebt wird. Denn die müsse vielen Ansprüchen gerecht werden: denen der Erzieherinnen der Krippe, des Kindergartens, des Trägers, der Eltern und der Kinder – das sei manchmal „wie zwischen den Stühlen sitzen“.

Erfolgreich Konfliktgespräche führen

Was nicht passieren darf: eine Eskalation und eine Frontenbildung. Denn dann ist eine Teamarbeit ohne ordnende Eingriffe von außen kaum mehr möglich. Also: Ruhe bewahren, sich Zeit lassen. Ein Konflikt bedeutet immer Ärger, negative Emotionen – auch bei der Leitung. Nehmen Sie sich also Zeit, sich über Ihre Gefühle in dieser Hinsicht klar zu werden. Sie dürfen sie auch äußern: schreien und schimpfen sind erlaubt! Allerdings vor dem Gespräch, im Wald oder auf einer freien Wiese. Nehmen Sie sich dann Zeit, sich gut auf das Gespräch vorzubereiten. Wer ist beteiligt? Wie sind die Beziehungen der Personen? Welche Rolle haben sie in der Krippe? Was ist genau vorgefallen? Wer hat bis jetzt was geäußert? Wer ist mit welchem Wunsch an Sie herangetreten?

Was ist ihr Ziel in dem Gespräch? Eine Lösung, klar, aber die steht nicht als Erstes auf dem Programm. Daher: Sorgen Sie für eine angenehme und störungsfreie Atmosphäre. Kein Telefon, keine hereinplatzenden Kolleginnen, kein Lärm von außen. Bieten Sie Wasser oder Tee an. Beginnen Sie das Gespräch mit dem, weswegen Sie diese Konferenz führen: „Frau M. ist an mich herangetreten, weil es in ihrem Team Abstimmungsprobleme gibt. Ist das richtig?“ Geben Sie jeder Person und Partei Gelegenheit, ihre Sicht der Dinge darzustellen. Auch, die dazugehörigen Emotionen zu benennen, z.B. „das hat mich geärgert, das hat mich gekränkt“. Was nicht geht: Schuldzuweisungen oder gar Beleidigungen. Achten Sie also auf die Tonalität und die Atmosphäre, greifen Sie nötigenfalls ein: „Ich verstehe Ihre Emotionen, aber das ist nicht der Ton, in dem wir unter Kolleginnen sprechen“.

Ihre Rolle ist nicht die einer Richterin und einer Mediatorin. Die KollegInnen müssen schließlich weiter im Team zusammenarbeiten, also sollten sie auch selbst auf eine Lösung kommen. Danach können Sie direkt fragen: „Wie stellen Sie sich die weitere Zusammenarbeit vor? Was soll geändert werden? Haben Sie Vorschläge?“ Sie können und sollten auch selbst Vorstellungen einbringen, aber nicht sofort. Gut ist ein Vorschlag zur konkreten Umsetzung der Ideen der KollegInnen. So nehmen Sie die KollegInnen ernst, zeigen aber auch, dass Sie die Leitung in der Hand haben und die ErzieherInnen sich auf Sie verlassen können.

Fragen Sie nach einer gewissen Zeit, etwa einer Woche, wie es jetzt läuft, wie die Vorschläge umgesetzt wurden. So werden Sie nicht als Kontrollinstanz, sondern als Unterstützung wahrgenommen.

Was denn nun, klare Kante zeigen oder jeden zu Wort kommen und mitentscheiden lassen? „Beides“, meint Drüner. Selbstverständlich sei es wichtig, dass jedes Mitglied des Teams sich gehört und verstanden fühle, „sonst steigt es innerlich aus“. Manchmal sei das eine Gratwanderung, sorge aber für gute Stimmung im Team. Klare Haltung sei nötig, wenn gemeinsam Themen und Probleme angegangen werden müssten. „Wir haben fast zwei Jahre lang bei den Teamtagen über unser Konzept gesprochen, das war auch notwendig im Rahmen der Qualitätssicherung“, berichtet Meiners. Dafür konnten dann andere gewünschte Fortbildungen nicht stattfinden. „Das hat der Träger durchgesetzt und das war gut, denn so sind alle auf dem gleichen Stand und konnten sich gleichermaßen einbringen.“ Und tragen nun das Konzept überzeugt mit.

Teamarbeit ist wichtig. Wer sich in einem guten Team befindet, ist produktiver, hat oft mehr Freude und ist oft ausgeglichener. So treten Motivationsprobleme seltener auf und sogar Freundschaften entstehen daraus. Echte Teamarbeit steigert damit auch die sozialen Kompetenzen. Es ist leicht, eine Gruppe zusammen zu stellen, Aufgaben zu verteilen und sie zur Zusammenarbeit zu zwingen. Auf diesem Weg entstehen jedoch keine Teams. Ein wirklich funktionierendes Team aufzubauen, gehört zu den schwierigsten Aufgaben überhaupt. Am besten sollte diese Aufgabe von erfahrenen Teamleitern übernommen und professionellen Coaches begleitet werden.

Ralf Ruhl

Die vier Team-Entwicklungsphasen

Jedes Team durchläuft vier typische Phasen. Nach Dauer, Inhalt und Intensität können sie sehr unterschiedlich sein.

Orientierung

Am Anfang steht die Unsicherheit. Schließlich kennt man sich noch nicht untereinander, weiß nicht, welche ausgesprochenen und unausgesprochenen Regeln gelten. Daher sind in dieser Phase gegensätzliche Gefühle gleichzeitig vorhanden:

  • Distanz suchen und Nähe aufbauen
  • Anonym bleiben und sich zeigen wollen
  • Autonomie beanspruchen und Anleitung brauchen
  • Besonders sein wollen und genauso sein wollen wie alle anderen

Klärung

Unsicherheit mag niemand. Daher wird bald der Wunsch nach klaren Regeln laut – und nach Sanktionen, wenn gegen diese verstoßen wird. Rivalitäten und unterschwellige Konflikte treten hervor, Rollen und Status innerhalb der Gruppe werden verfestigt. Alle haben das Bedürfnis, sich stärker zu profilieren, eigene Interessen und Bedürfnisse klarer auszudrücken. Diese Phase fühlt sich sehr mühsam an und ein Fortschritt ist kaum ersichtlich. Langsam werden widerstreitende Meinungen in höherem Maße zugelassen – übrigens auch gegenüber der Leitung. Erste Brücken zueinander werden gebaut und ausgetestet. Am Ende dieser Phase beginnt die Gruppe sich zu organisieren und als Team zu verstehen. Regeln werden geklärt, Rollen und Funktionen verteilt, Normen für das Miteinander werden festgelegt. Das Zusammengehörigkeitsgefühl wächst.

Produktiv-Phase

Die Beziehungen untereinander werden enger, das Team zeigt Geschlossenheit – nach innen und nach außen. Man lernt voneinander, will zusammen arbeiten, entdeckt, wie man sich ergänzen kann und will gemeinsame Ziele erreichen:

  • Unterschiede werden als Bereicherung erlebt
  • Jeder ist anerkannt, jeder weiß um seinen Beitrag
  • Aufgaben werden konstruktiv angegangen
  • Die Gruppe stellt sich selbst neue Aufgaben und ist offen für Ideen
  • Man hilft sich untereinander
  • Das Team ist auf die Aufgaben fokussiert

So wirkt das Team auch nach außen – als funktionierende Gruppe, geschlossen und energiereich. Dadurch kann es zu Änderungen in der Rolle des Teams in der Gesamtorganisation der Kita oder des Trägers kommen. Eine Klärung sollte beizeiten angegangen werden.

Abschied

Abschluss, Transfer und Abschied sind auch in Krippenteams ein wichtiges Thema – insbesondere beim Ausscheiden einzelner Mitglieder. Aber auch der Übergang vieler Kinder in den Kindergarten und damit nötige Umstrukturierungen sind in diesem Zusammenhang relevant.

  • Abschluss bedeutet, die Themen auf der Sachebene zu einem Ende zu bringen. Dabei muss die Psychodynamik des Teams im Auge behalten werden
  • Transfer heißt, dass sich das Team überlegen muss, wie Aufgaben umverteilt werden oder der Arbeitsalltag neu organisiert wird
  • Abschied von Personen bedeutet nicht nur Trauer. Es gibt auch die Gewissheit, dass etwas beendet ist, dass etwas zum Abschluss gebracht wurde. Dies gilt es wertzuschätzen – in der ganzen Gruppe

Angelehnt an die Team-Entwicklungsuhr von Bruce Tuckman




Elterngespräche in der Krippe führen

Typische Konfliktpunkte und praktische Lösungsansätze für eine gelungene Kommunikation

„Wann sind denn die nächsten Termine für Elterngespräche?“ fragt eine Mutter. Meike Hosbach, Leiterin der Kindertagessätte in Diemarden, zu der auch drei Krippengruppen gehören, ist überrascht. Erst vor zehn Minuten hat sie das Kalendarium mit den Sprechzeiten ausgehängt – und schon sind alle Termine belegt. „Die Eltern sind heute sehr stark an der Entwicklung ihrer Kinder interessiert. Sie wollen wissen: wie geht es meinem Kind, fühlt es sich wohl, ist es genau so weit wie alle anderen?“, meint Hosbach. Dahinter stecke die meist unausgesprochene Frage: „Muss ich mir Sorgen um mein Kind machen?“

Über jeden Schritt des Kindes informiert sein?

Verstehen kann das wohl jeder Vater und jede Mutter. Schließlich geben die Eltern ihr Liebstes an eine ihnen in der Regel unbekannte Person ab. Das ist ein riesiger Vertrauensvorschuss! Kein Wunder, dass sie möglichst laufend über jeden noch so kleinen Schritt ihres Kindes informiert sein wollen. Und das nicht nur zwischen Tür und Angel, sondern auch in ausführlichen Gesprächen. „In der Eingewöhnungszeit bieten wir monatlich Elterngespräche an, bei Bedarf selbstverständlich häufiger. Für die älteren Kinder pendelt sich die Frequenz bei ein- bis zweimal im Jahr ein“, so Hosbach. „Mehr schaffen wir in unserer Arbeitszeit nicht.“

Selbstverständlich versteht sie, dass manche Eltern einfach ein offenes Ohr brauchen, über ihren immer noch neuen und sich immer wieder verändernden Tagesablauf mit dem Kind reden wollen, dass sie sich im Gespräch über Entwicklung und Erziehung klar werden wollen. „Aber wir sind keine Erziehungs- oder gar Lebensberatungsstelle. Wir sind Fachpersonen für die Betreuung von Kleinkindern.“

Mit dem Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz für Kinder bis drei Jahre sei natürlich auch die Nachfrage gewachsen, so der Diplom-Pädagoge und Diplom-Supervisor Hans-Joachim Rohnke aus Grebenhain bei Fulda. Seit vielen Jahren berät er Kita- und Krippenteams in ganz Deutschland. „Die gesellschaftliche Akzeptanz für die öffentliche Erziehung der ganz Kleinen ist inzwischen sehr hoch. In den Metropolen haben wir für Kinder bis drei Jahre eine Betreuungsquote von zum Teil über 60 Prozent.“

Bindung und Beziehung ermöglichen

Den Eltern sei vor allem die „personelle Betreuungskontinuität“ wichtig. Denn sie wissen: Bindung und Beziehung sind in den ersten Lebensjahren der Schlüssel zu einer gesunden Entwicklung. Beziehung kann aber nur sicher und dauerhaft aufgebaut werden, wenn in den Einrichtungen genügend nicht befristete Vollzeitkräfte für die Betreuung der Ganztagskinder vorhanden sind. „Nur so kann gewährleistet werden, dass die Kinder einen ständigen Ansprechpartner haben“, so Rohnke. Und den brauchen sie permanent, denn sie pendeln ständig zwischen dem Entdecken der Welt und der Sicherheit, die eine ihnen vertraute Person geben kann.

Daher arbeiten die meisten Krippen mit dem Bezugskindermodell. Diese Erzieherin ist auch die richtige Ansprechperson für ein Elterngespräch. Viele Einrichtungen sind inzwischen dazu übergegangen, Elterngespräche nur noch zu zweit zu führen. „Eine zweite Person kann die Sicht auf das Kind erweitern, kann Beobachtungen bestätigen, kann andere Aspekte einbringen“, so Hosbach. Wichtig sei aber auch: In einem Gespräch mit zwei Erzieherinnen eskaliert ein möglicher Konflikt nicht so schnell.

Konfliktpunkt: Eingewöhnung

Ein klassischer Konflikt ist laut Rohnke die Dauer der Eingewöhnung. Die meisten Krippen arbeiten nach dem Berliner Modell, das eine Phase von bis zu sechs Wochen vorsieht, bis das Kind allein in der Krippe bleibt. „Eltern sollten diese Zeit ihren Kindern schenken“, meint Rohnke, „schließlich handelt es sich um eine Schlüsselsituation für die Kleinen, in der sie zum ersten Mal in ihrem Leben von Mama, Papa oder andere Personen längere Zeit getrennt sind“. Immer wieder gebe es jedoch Eltern, die das nicht einsehen, oder die sich ihrem Arbeitgeber sehr stark verpflichtet fühlen. Doch gelinge die Eingewöhnung, gebe es viermal weniger Krankheitsfälle bei den Kindern und ebensoviel weniger Rückfälle wie ständiges Klammern, Weinen und Sich-nicht-beruhigen-lassen. „Das führt auch zu Fehlzeiten bei den Eltern und zu schlechteren Arbeitsergebnissen, da Väter und Mütter dann gedanklich nicht voll bei der Sache sind“, so Rohnke.

Das Modell der Eingewöhnung und wie es praktisch gehandhabt wird ist Teil des pädagogischen Konzeptes der Krippe. Das haben alle Eltern ausgehändigt bekommen, es wurde mit ihnen besprochen. Es ist die Grundlage des Betreuungsvertrages. „Das Prinzip ist die Erziehungspartnerschaft, nicht das Abgeben des Kindes“, sagt Rohnke. Und was Eingewöhnung für das Kind bedeutet, muss dann im Elterngespräch immer wieder erläutert werden: Eingewöhnung kann nur gelingen, wenn das Kind es will. Dazu braucht es die Sicherheit, dass Mama oder Papa da sind. Dass sie erst gehen, wenn das Kind dazu bereit ist. Dass die Eltern zeigen, dass sie Vertrauen zur Erzieherin haben. Dass sie ihr das Kind übergeben, es weder festhalten, noch wegstoßen. Auf Seiten der Einrichtung, dass es eine anregungsreiche Umgebung gibt, die dem Kind viele neue Erfahrungs- und Lernmöglichkeiten bietet: Materialien, Spielangebote, andere Kinder. Und das braucht eben Zeit! Sechs Wochen sind in manchen Fällen dafür nicht zu viel.

Das Konzept ist dazu da, dass Eltern sich damit auseinandersetzen und schauen können, ob es ihnen für die weitere Entwicklung ihres Kindes zusagt oder nicht. „Wenn es da grundsätzliche Differenzen gibt, müssen sie nötigenfalls eine andere Einrichtung wählen“, sagt Rohnke.

Konfliktpunkt: Bildungsverständnis

Ein weiterer grundsätzlicher Konfliktpunkt ist oft das Bildungsverständnis. Bildung – da denken die meisten Menschen an Schule. Bücher lesen. Kognitiv Wissen aufnehmen und wiedergeben. Etwas erklärt bekommen und daraufhin verstehen. Für Kinder bis Drei ist ein solches Bildungskonzept nicht hilfreich. „In diesem Alter ist es nicht kindgerecht,  mit von der Schule entlehnten Programmen zu arbeiten und Kulturtechniken einzuüben“, so Rohnke. Viel wichtiger ist das Vorbildverhalten der Erwachsenen und anderer Kinder.

Daran entzünden sich auch immer wiederkehrende Alltagskonflikte mit Eltern. „Warum braucht ihr denn so lange für das Wickeln und Händewaschen?“, werde sie oft gefragt, berichtet Hosbach. Die Antwort: Weil Pflege in diesem Alter Bildung ist. Ganzheitliche Bildung im besten Sinne. Sie bittet das Kind um sein Einverständnis, wenn sie es wickeln will. Das braucht Feinfühligkeit und ein gutes Beobachten kleiner Nuancen von Gesten, schließlich können sich die wenigsten Wickelkinder verbal klar äußern. Das Kind lernt dabei: ich werde respektiert. Ich bin etwas wert. Niemand darf einfach über mich bestimmen! Sie spricht mit dem Kind, beschreibt, was sie tut, geht dabei auf seine Äußerungen, Gesten und Bewegungen ein. Kälte, Wärme, die sensitive Wahrnehmung auf der Haut, erste selbstständige Drehbewegungen auf dem Wickeltisch als zielgerichtete Handlungen – das sind Bildungserfahrungen, die grundlegend wichtig sind und absolut altersentsprechend.

„Ein eineinhalbjähriges Kind erreicht es nicht, wenn ich ihm eintrichtern will, dass sein Strampler rosa und sein Mützchen blau ist“, sagt Hosbach. Das ist erst im Kindergarten angebracht. Genau das sei aber wichtig, den Eltern zu erklären. Schließlich kann niemand erwarten, dass Mütter und Väter Expertinnen in Sachen Entwicklungspsychologie sind. Solche Erklärungen zeigen, dass die Erzieherinnen kompetent sind, dass sie wissen, was sie mit den Kindern machen. Dass sie gut beobachten und nicht nur einfach herumsitzen und die Kinder sich selbst überlassen. Dass die Kinder gut bei ihnen aufgehoben sind. Und dass sie bereit sind, sich und ihre Pädagogik zu hinterfragen. „Das ist eine wesentliche Grundlage für ein gutes Elterngespräch“, meint Hosbach, „die eigene Kompetenz zeigen und die Eltern in ihren Fragen und Beobachtungen ernst nehmen.“ Und es muss deutlich werden: Die Erziehungs- und Bildungsarbeit in der Krippe kann durchaus anders sein als in der Familie. Sie ist nicht besser und nicht schlechter, aber genauso wertvoll.

Konfliktpunkt: Mein Kind und die Gruppe

„Lisa isst morgens um 8 Uhr und schläft um 11. Sonst ist sie mir abends zu lange wach.“ Solche Äußerungen von Eltern hört Meike Hosbach immer wieder. Gemeint sind sie als Aufforderung, diesen Vorgaben zu folgen. Klar ist: Die Erzieherin gehört nicht zum Hauspersonal der Familie. Sie empfängt keine mütterlichen Weisungen und führt sie aus. Sie ist Fachfrau für frühkindliche Pädagogik, ihr Arbeitgeber ist der Träger der Kita. Gebunden ist sie an das pädagogische Konzept, auf dessen Grundlage das Jugendamt die Betriebsgenehmigung erteilt hat. Und das ist die Basis für die Erziehungs- und Bildungspartnerschaft mit den Eltern.

Im Gespräch über Ess- und Schlafgewohnheiten wird deutlich, dass die Erzieherin Lisa sehr genau beobachtet. Dass sie die Anzeichen für Müdigkeit erkennt. „Wir gehen nach Möglichkeit auf die individuellen Bedürfnisse der Kinder ein“, sagt Hosbach. Allerdings sind die in der Gruppe sehr verschieden, was auch am unterschiedlichen Alter der Kinder liegt. „Dann kann sich nicht immer eine Erzieherin zehn Minuten Zeit nehmen, um ein Kind allein zum Schlafen zu bringen, insbesondere, wenn die anderen gerade ein großes Bewegungsbedürfnis haben oder raus gehen wollen.“ Selbstverständlich gibt es aber Ruhemöglichkeiten, die die Kinder selbstständig aufsuchen können. Dass Lisa in ihren Bedürfnissen gesehen wird, war der Mutter im Gespräch sehr wichtig. Dass eine Notwendigkeit besteht, sich den Rhythmen der Gruppe anzupassen, wollte sie nur schwer einsehen. „Aber auch das ist eine Entwicklungsaufgabe für Kinder“, meint Hosbach, „zu erkennen, wie eigene Bedürfnisse und Gruppenbedürfnisse ausgehandelt werden.“ Der respektvolle Umgang der Erzieherinnen mit den Kindern ist hierfür Basis und Modell.

Das gilt selbstverständlich auch für die Beziehung zwischen Eltern und Erzieherin. Sind sie in der Lage, Meinungsverschiedenheiten auszuhalten und Konflikte auszutragen, sind sie hierin ein Modell für die Kinder. Schwelen Konflikte längere Zeit, spüren die Kinder die Missstimmung und geraten schlimmstenfalls in Loyalitätsprobleme. Denn dass es allen Personen, die für sie wichtig sind, gut geht und dass alle miteinander auskommen – das wollen alle Kinder.

Ralf Ruhl

Nutzen Sie auch den Leitfaden für Elterngespräche. Diesen können Sie hier downloaden.




Erste-Hilfe-Kurse für die Rettung von Klein- und Kindergartenkindern

Johanniter bieten maßgeschneiderte Kurse für Bildungs- und Betreuungseinrichtungen an:

Bei einem Unfall ist schnelle und vor allem richtige Hilfe wichtig. Die Johanniter bieten maßgeschneiderte Erste-Hilfe-Kurse speziell für Bildungs- und Betreuungseinrichtungen für Kinder an. Dabei vermitteln sie nicht nur theoretische Kenntnisse, vor allem üben sie mit den Teilnehmerinnern und Teilnehmern intensiv und praxisnah.

Vorbeugen von Unfällen

Damit Unfälle möglichst gar nicht erst passieren, werden Ihnen im Kurs außerdem typische Gefahrenquellen aufgezeigt. „Gefahr erkannt – Gefahr gebannt“ lautet hier das Motto. Gerade bei bekannten Erkrankungen des Kindes sind vorbeugende Maßnahmen wichtig. Auch das Bereithalten wichtiger Notfallnummern kann im Ernstfall die Wartezeit auf den Rettungswagen verkürzen. 

Angebot für die Ersthelfer von morgen

Übrigens: Haben die Kinder ganz gespannt Ihren Erzählungen vom Erste-Hilfe-Kurs gelauscht? Die Johanniter bilden auch die (heute noch kleinen) Ersthelfer von morgen  aus. Im Alter von 4 bis 11 Jahren lernen die Kinder einfache Maßnahmen der Ersten Hilfe und wie sie Unfälle vermeiden können.

So schaffen Sie für die Kinder aber auch für sich selbst mehr Sicherheit im Krippe und Kita.

Weitere Informationen zu den Kursen in Ihrer Nähe finden Sie unter: http://www.johanniter.de/kurse/erste-hilfe-kurse/erste-hilfe-in-bildungs-und-betreuungseinrichtungen-fuer-kinder/




Digitales Wimmelbild hilft bei der Vorbereitung auf den Straßenverkehr

Kostenloses Angebot ab sofort für alle digitalen Endgeräte verfügbar

Ein Bild mit vielen Informationen. Gemeinsam mit dem Bundesverkehrsministerium (BMVI) und der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) hat der Deutsche Verkehrssicherheitsrat (DVR) ein neues digitales Angebot zur Sicherheit von Kindern im Straßenverkehr entwickelt. Das interaktive „Kind und Verkehr – Infobild“ richtet sich an Eltern, Erzieherinnen, Erzieher, Lehrerinnen und Lehrer.

Kostenlos über alle digitalen Endgeräte nutzbar

Das kostenfreie Angebot für alle digitalen Endgeräte macht sich die aus Kinderbüchern bekannte Darstellungsform des Wimmelbildes zunutze. Es lädt ein zu einer unterhaltsamen und informativen Auseinandersetzung mit verschiedenen Situationen im Straßenverkehr.

Spielerisch über Verkehrssicherheit von Kindern informieren

Wie bereite ich mein Kind auf die eigenständige Teilnahme am Straßenverkehr vor? Darf ich mein Kind mit dem Fahrrad auf dem Gehweg begleiten? Wie kann ich ein Baby sicher im Auto befördern? Antworten auf diese und weitere Fragen sind hinter den 17 Szenen zu finden, die auf dem Bild dargestellt sind. Sie thematisieren die zentralen Aspekte der Verkehrsteilnahme von Kindern, zu Fuß, mit dem Fahrrad, im Auto.

Einfache Handhabung, nützliche Tipps und Hinweise per Klick

Durch einen Klick mit dem Cursor lassen sich die einzelnen Szenen vergrößern und dazu gehörende Hintergrundinformationen abrufen. Neben erklärenden Fotos und Filmsequenzen gibt es nützliche Tipps, Hinweise und Links zu Broschüren. So lässt sich mit viel Spaß die komplexe Welt des Straßenverkehrs entdecken.

Zielgruppe

Das Angebot richtet sich an alle, die mit Kindern unterwegs sind und lernen möchten, wie sie die Kinder bestmöglich vor den Gefahren des Straßenverkehrs schützen können. Außerdem bietet das Bild eine optimale Basis zur digitalen Verkehrssicherheitsarbeit in Kitas, Schulen und anderen Bildungseinrichtungen.

Das interaktive „Kind und Verkehr – Infobild“ ist ab sofort kostenlos über alle digitalen Endgeräte abrufbar unter: https://www.dvr.de/kind-und-verkehr-infobild

Programm Kind und Verkehr

Kind und Verkehr ist ein Programm, das sich an Erwachsene, an Eltern aber auch Betreuerinnen und Betreuer in Kitas und Kindergärten richtet. Es ist vor allem die Aufgabe von Eltern als Autofahrer und als Vorbilder, Kinder im Straßenverkehr vor Schaden zu bewahren.

Kinder müssen sich heute in einer Welt zurechtfinden, die ihnen immer weniger Raum zum Spielen und zum unbeschwerten Austoben gewährt. Im Straßenverkehr werden sie mit Anforderungen konfrontiert, denen sie nicht gewachsen sind. Speziell ausgebildete Moderatoren und Moderatorinnen informieren bei den kostenfreien Veranstaltungen Väter und Mütter, wie sie ihre Kinder gut auf den Straßenverkehr vorbereiten. Ein Modulsystem bietet den Moderierenden die Möglichkeit, gemeinsam mit den Erzieherinnen und Erziehern oder auch direkt mit den Teilnehmenden je nach Interesse individuelle Schwerpunkte zu setzen.

Als Ergänzung zu den Elternveranstaltungen können die Moderierenden, gemeinsam mit den Erzieherinnen und Erziehern Projekte zur Verkehrssicherheit direkt mit den Kindern durchführen.

Über die Veranstaltungen des Programms

Wo findet Kind und Verkehr statt?

Die Veranstaltungen finden ganzjährig statt. Ob ein Moderator oder eine Moderatorin in der Nähe angesiedelt ist, finden Sie auf dieser Karte.

Was kostet die Teilnahme?

Die Teilnahme ist kostenfrei

Kind und Verkehr wird gefördert durch das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur.

„Kind und Verkehr“ in Ihrer Nähe

Sie sind Erzieher oder Erzieherin und möchte gern Projekte zur Verkehrserziehung durchführen? Vielleicht möchten Sie Eltern auch über das Thema Kind und Verkehr informieren? In der grafischen Übersicht erhalten Sie einen Überblick, wo in Deutschland Moderatoren und Moderatorinnen des Programms Kind und Verkehr ansässig sind.

Kontaktieren Sie sie bitte über das Kontaktformular. Es erscheint, sobald Sie einen Ort auf der Karte ausgewählt haben.




Spielen und Lernen: Spielfähigkeit ist die Voraussetzung für Schulfähigkeit

Kinder lernen auf vielfältige Weise:

Kinder lernen auf vielfälige Weise: durch Nachahmen, Erproben, Experimentieren, Vergleichen, Wiederholen, Fragen stellen, Antwortsuche, Zuhören, Erzählen, Üben, spontanes Erproben… Wichtig ist dabei weniger eine eindimensionale Handlung sondern vielmehr eine aktive Tätigkeit, die sich aus den unterschiedlichsten Lernmöglichkeiten zusammensetzt. Dabei zieht das Kind immer und immer wieder Erfahrungen aus seinen vielfältigen Handlungen, durch die es in seinen gedanklichen Annahmen bestätigt oder irritiert wird, die es in Erstaunen versetzen, fröhlich oder wütend, ängstlich oder traurig werden lassen, in eine Anspannung oder zur Entspannung führen, durch die es handlungsmotiviert oder handlungsverunsichert wird. Kinder gewinnen auf diese Art und Weise Erkenntnisse und entwickeln Sichtweisen bzw. Einstellungen, entdecken neue Facetten ihrer Talente, bauen durch Versuch und Irrtum unterschiedliche Fähigkeiten auf und entwickeln in zunehmendem Maße Fertigkeiten, die ihnen helfen, ihre eigenen Handlungsimpulse zielgerichtet umzusetzen.

Nun stellt sich die Frage, ob auch das Spiel mit seinen unterschiedlichen Spielformen dazu beiträgt, dass diese o.g. Lernmöglichkeiten aktiviert, unterstützt bzw. auf- und ausgebaut werden.

Seit Rousseau und Fröbel sowie durch vielfältige Forschungsarbeiten in den letzten dreißig Jahren im In- und Ausland ist bekannt, dass das Spiel in einem entscheidenden Maße einen Einfluss auf die Erweiterung des kindlichen Lernpotentials besitzt und damit vielfältige Kompetenzen des Kindes erweitert- angefangen von einer Stabilisierung der Ich-Identität über die Verbesserung der Belastbarkeit bis hin zu einer Erweiterung der sozialen Sensibilisierung. Im Spiel spiegeln sich dabei nicht nur die Seelenstruktur des Kindes und seine Einschätzung seines subjektiv erlebten Selbstbildes wider; vielmehr gibt es durch sein Spielverhalten auch einen Einblick in seine zukünftige Entwicklung! Auf den Punkt gebracht weisen alle bedeutsamen Forschungsergebnisse auf folgende drei Aspekte hin:

Das Spiel
•  ist von entscheidender Bedeutung für die Persönlichkeitsentwicklung des Kindes;
•  ist der Nährboden für den Auf- und Ausbau außergewöhnlich vieler personaler und schulischer Fertigkeiten;
•  erweist sich auch als eine Grundlage für später notwendige berufliche Merkmale.

Aspekte des Spiels

Doch auch wenn diese Erkenntnisse schon lange vorliegen und wei­testgehend in der Praxis bekannt sind, erschreckt auf der anderen Seite die Realität damit, dass es zunehmend mehr Kinder und Jugend­liche gibt, die bereits kaum noch spielen (können). Wenn das Spiel als eine aus der tiefen Neugierde entstandene, freiwillige, spontane und geplante, lebendige und freudvolle Auseinandersetzung des Kindes mit sich und seiner Umwelt verstanden werden kann, wird deutlich, was dieses Grundverständnis mit den gerade vorgestellten drei Aspekten zu tun hat. Das Spiel trägt immer wieder dazu bei, selbstaktiv zu werden, sich den unbekannten Dingen des Lebens zuzuwenden und sich mit ihnen auseinanderzusetzen, Lösungsstrategien für Handlungsabsichten zu entwerfen und einzusetzen, Neues zu wagen und bekannte Handlungsmuster zu erweitern, Gewohnheiten und Routine zu überwinden und damit kreative Aspekte in den eigenen Handlungsspielraum zu integrieren. Betrachtet man diese „lebensbedeutsamen Grundleistungen“, dann wird auch an dieser Stelle schon eine Tatsache besonders deutlich: Kinder erwerben im Spiel so genannte „generalisierende Fähigkeiten“ und entwickeln „generalisierende Leistungen“, die als Grundlage für außergewöhnlich viele Fertigkeiten des Menschen notwendig sind. Im Einzelnen sind es folgende Merkmale:

  • Vernetzungen und Verbindungen herstellen: zwischen unterschiedlichen Dingen kombinieren und koordinieren können;
  • Zuwendung aufbringen: Interesse, Aufmerksamkeit, Kontakt und Beziehungen zu den Dingen, zu den an einer Tätigkeit beteiligten Personen und den Abläufen herstellen können;
  • Analysen vornehmen: Situationen, Zustände, Dinge und Personen herauslösen und differenziert betrachten können;
  • Synthesen bilden: Teile eines Ganzen wieder zusammenfügen und Sinnverbindungen/Zusammenhänge herstellen können;
  • Vergleiche anstellen: Gemeinsamkeiten bzw. Unterschiede zwischen Personen, Dingen und Ereignissen erkennen können;
  • Systematisierungen vornehmen: eine strukturierte, gezielt und aufgebaute Vorgehensweise entwickeln und umsetzen können;
  • Codierungen verinnerlichen: Gedächtnisleistungen und damit die Merkfähigkeit weiterentwickeln können;
  • Wahrnehmung erweitern: die Vielfalt der Sinnestüchtigkeit ausformen, sie immer wieder aufs Neue aktivieren und in eine permanente Phase der Präzisierung bringen können;
  • funktionelle Systeme entwickeln: geeignete Schemata im Bereich der Kognition und der Handlungsvielfalt aufbauen können, um selbst gesetzte oder erwartete Strategien zur Verfügung zu haben;
  • Regelsysteme erkennen und zu nutzen wissen: einzelne Tätigkeiten aufeinander abstimmen können;
  • Kreativität entwickeln: bisherige Handlungskonzepte auf ihre Effizienz hin überprüfen und neuartige Strategien entwerfen und ausprobieren können.

Es besteht kein Zweifel darüber, dass sich diese Grundleistungen nicht nacheinander sondern immer in einer Abhängigkeit voneinander entwickeln. Betrachtet man nun diese Zentralfunktionen, wird schnell deutlich, dass sie einerseits in fast allen Spielen zu entdecken sind und gleichzeitig die Grundlage des Lernens bilden. Insoweit überraschen folgende Aussagen zum Spiel in keiner Weise wenn es beispielsweise heißt: Spielen und Lernen bilden eine nicht zu trennende Einheit; oder: Spielen ist Lernen bzw. Lernen ist Spiel.

Das Spiel und seine Bedeutung für den Aufbau einer Schulfähigkeit

Um die inhaltliche Vernetzung des Spiels und seine Bedeutung für den Aufbau einer Schulfähigkeit zu verstehen ist es notwendig, sich etwas ausführlicher dem Bereich und Begriff der „Schulfähigkeit“ zu nähern.

„Und nun beginnt der Ernst des Lebens“ – kaum ein Erwachsener wird sich nicht an diesen Satz erinnern, als er vom Kindergarten bzw. Elternhaus in die Schule kam. Die Bedeutung dieser Aussage schien deutlich auf der Hand zu liegen: die Zeit des Spielens, des „Un-Sinn-Machens“, des Lachens oder einfach die „unbeschwerte Zeit des Kindseins“ war vorbei. Von nun an sollte ein anderer Wind wehen: Kindheit ade und eine Ära der neuen Pflichten sollte beginnen.

Es gibt in der Pädagogischen Psychologie wohl kaum einen Begriff, der seit vielen Jahrzehnten im Feld der Wissenschaft so umstritten und gleichzeitig in der Praxis so kontrovers diskutiert wird wie das Wort „Schulfähigkeit. Viele Eltern, (elementar)pädagogische Fachkräfte, Schulen, Kinderärzte und Schulärzte haben bestimmte, festgelegte Vorstellungen, was mit diesem Begriff gemeint ist. Viele ErzieherInnen in Kindertagesstätten verbinden aufgrund ihrer persönlich geprägten und richtungorientierten, pädagogischen Sichtweise ebenfalls widersprüchliche Vorstellungen mit diesem Begriff. Auch unter Wissenschaftlern kommt es zu völlig unterschiedlichen Einschätzungen darüber, welche Verhaltensdispositionen bzw. Merkmale schulpflichtige und gleichzeitig schulfähige Kinder aufweisen sollten, um einen anstehenden Schulbesuch (zumindest einigermaßen) erfolgreich zu meistern. Zusätzlich bringen alte und wieder aktualisierte Forderungen (Beispiel: Einschulung von fünfjährigen Kindern) oder breit angelegte Untersuchungen (Beispiel: TIMMS, PISA 2000, 2003, 2005, IGLU-Daten …) neue Diskussionsimpulse in die Öffentlichkeit und sorgen für weitere Irritationen.

Warum nun diese Vorbemerkung? Weder die PISA-Studien noch übliche, schulinterne Prüfungsverfahren, weder dogmatische Einlassungen und anspruchsvolle Erwartungen sehr leistungsgeprägter Eltern noch hemdsärmelige Forderungen der Politik tragen dazu bei, die Frage nach den Merkmalen einer fachlich begründbaren Schulfähigkeit sachlich zu beantworten. Gefragt ist vielmehr eine sorgsame Betrachtung des Begriffes – ausgerichtet auf relevante wissenschaftliche Erkenntnisse und praktische, sinnverbundene, nachvollziehbare Notwendigkeiten.

„Das Konzept individueller Unterschiede

Es gab einmal eine Zeit, da hatten die Tiere eine Schule. Das Curriculum bestand aus Rennen, Klettern, Fliegen und Schwimmen, und alle Tiere wurden in allen Fächern unterrichtet. Die Ente war gut im Schwimmen; besser sogar als der Lehrer. Im Fliegen war sie durchschnittlich, aber im Rennen war sie ein besonders hoffnungsloser Fall. Da sie in diesem Fach so schlechte Noten hatte, musste sie nachsitzen und den Schwimmunterricht ausfallen lassen, um das Rennen zu üben. Das tat sie so lange, bis sie auch im Schwimmen nur noch durchschnittlich war. Durchschnittliche Noten waren aber akzeptabel, darum machte sich niemand Gedanken darum, außer: die Ente. Der Adler wurde als Problemschüler angesehen und unnachsichtig und streng gemaßregelt, da er, obwohl er in der Kletterklasse alle anderen darin schlug, darauf bestand, seine eigene Methode anzuwenden. Das Kaninchen war anfänglich im Laufen an der Spitze der Klasse, aber es bekam einen Nervenzusammenbruch und musste von der Schule abgehen wegen des vielen Nachhilfeunterrichts im Schwimmen. Das Eichhörnchen war Klassenbester im Klettern, aber sein Fluglehrer ließ ihn seine Flugstunden am Boden beginnen, anstatt vom Baumwipfel herunter. Es bekam Muskelkater durch Überanstrengung be den Starübungen und immer mehr „Dreien“ im Klettern und „Fünfen“ im Rennen. Die mit Sinn fürs Praktische begabten Präriehunde gaben ihre Jungen zum Dachs in die Lehre, als die Schulbehörde es ablehnte, Buddeln in das Curriculum aufzunehmen. Am Ende des Jahres hielt ein anormaler Aal, der gut schwimmen und etwas rennen, klettern und fliegen konnte, als Schulbester die Schlussansprache.“ (Originalquelle unbekannt)

a) Schulreife – Schulfähigkeit – Schulbereitschaft

Vor einigen Jahrzehnten sprach man durchgängig von „Schulreife“, weil man der festen Überzeugung war, dass Kinder, die einerseits körperlich den so genannten „ersten Gestaltswandel“ abgeschlossen hatten (also die so genannte körperliche Kleinkindform überschritten hatten) und gleichzeitig ein stabiles Körperbild besaßen, automatisch als „schulreif“ angesehen und entsprechend eingestuft werden sollten. Dieses „Konstrukt Schulreife“ stammt aus einer Zeit, in der die gesamten Veränderungen im Zeitfenster Kindheit und Jugend nahezu ausschließlich als „Reifungsphänomene“ verstanden wurden. Dabei ging man von der Annahme aus, dass mit diesem ersten Gestaltswandel auch automatisch die „seelische Entwicklung“ eines Kindes Entwicklungsfortschritte macht. So waren es vor allem H. Hetzer und W. Zeller, die durch ihre Aussagen für diese jahrzehntelange Annahme sorgten. „Denn gerade bei den Aufgaben, die grundsätzlich neue Leistungen und Einstellungen fordern, sind die Unterschiede zwischen den Kleinkindformen und den Schulkindformen erhebliche, während dort, wo die mit zunehmendem Alter zu beobachtende Leistungssteigerung vorwiegend eine quantitative ist, wo der Leistungszuwachs auf zunehmender Erfahrung und Übung beruht, die Unterschiede zwischen den beiden Kindergruppen geringfügig sind. Dem Gestaltswandel entspricht also ein Wandel der seelischen Struktur und die Zusammenhänge zwischen den körperlichen Veränderungen und dem seelischen Anderswerden sind deutlich zu erkennen.“ (Hetzer 1936, S. 21). W. Zeller greift diese Annahme auf und schreibt:In diesem ersten Gestaltswandel wird auch die seelische Gestalt des Kindes gleichzeitig mit den körperlichen Veränderungen verwandelt. Die kleinkindhafte Seelenstruktur mit ihrem magischen Weltbild und der ganzheitlichen synthetischen Wahrnehmung macht einer neuen seelischen Haltung Platz, deren wesentlicher Grundzug die Fähigkeit zu analysierenden Denkvorgängen ist.“ (Zeller 1952, S. 26) Kinder seien damit in der Lage, beispielsweise analysierend zu denken, systematischer ihre Umgebung wahrzunehmen und konstruktiver an gestellte Aufgaben heranzugehen. Dabei wurde nicht selten diese „Schulreife“ vor allem mit Hilfe der so genannten „Philippinoprobe“ überprüft: das Kind sollte seinen rechten Arm mitten über den Kopf die Hand zum linken Ohr führen. Hinzu kamen dann ein paar Aufgaben, meist durch den Schularzt, den Schulleiter oder eine Lehrkraft, bei denen die Kinder ein überschaubares „Bündel an Fertigkeiten“ aus dem Bereich des Wissens (kognitiver Bereich) und Könnens (motorischer Bereich) unter Beweis stellen sollten. So ging es beispielsweise darum, Bildreihen in systematischer Abfolge zu ordnen (Beweis für logisches Denken), passende Bilder zu erzählten Geschichten zu zeigen (Beweis der Inhaltserfassung), gesehene und dann verdeckte Bilder sprachlich zu beschreiben (Beweis für Gedächtnisleistungen), größere und kleinere Mengen zu unterscheiden (Beweis für ein Mengenverständnis), geometrische Formen zu erkennen und gleichen Formen zuordnen zu können (Beweis der Formerfassung) oder „ein Männchen“ zu malen (Beweis zur Erfassung des Körperschemas). Darüber hinaus wurden Aufgaben gestellt, bei denen Kinder von eins bis zwanzig „richtig“ zählen sollten, den eigenen Vor- und Zunamen schrei­ben oder ihre Wohnanschrift nennen konnten. Doch schon Mitte der 70er-Jahre des letzten Jahrhunderts hat der „Deutsche Bildungsrat“ von dem Einsatz und Gebrauch solcher „Test“untersuchungen dringend abgeraten! Ebenso haben viele wissenschaftliche Untersuchungen dokumentiert, dass solche o.g. Überprüfungen einer angenommenen „Schulreife“ in keinerlei fachlich berechtigten Art und Weise Aussagekraft bezüglich eines erfolgreichen Schulbesuchs eines Kindes besitzen. Die Gründe sind schnell genannt:

  1. Solche „Testverfahren“ beschränken sich ausschließlich auf den kognitiven und motorisch-körperlichen Bereich und das wiederum nur in einem selektiven Ausschnitt. Seit vielen Jahren weiß man aber, dass sich eine Schulfähigkeit aus weitaus wichtigeren, bedeutsameren Faktoren ableiten lässt.
  2. Eine dialogische, wechselseitige Kommunikationsfähigkeit mit dem Kind kommt bei einer solchen Überprüfung gar nicht zum Tragen.
  3. Basale Fähigkeiten wie Fantasie und Kreativität sind hier nicht nur unerwünscht sondern werden auch als störend erlebt.
  4. Die Ergebnisse der Testverfahren im obigen Sinne waren bzw. sind immer abhängig von dem Aufbau des Prüfverfahrens, der Tagesverfassung eines Kindes, der Beziehungsqualität zwischen testender und der gestesteten Person, von der Sprach- und Aufgabenqualität des Testverfahrens selbst, von dem Raum, in dem das Testverfahren durchgeführt wurde bis hin zu aktuellen Störreizen, die einen subjektiv starken Einfluss auf das Verhalten eines Kindes haben können.
  5. Die Ergebnisse solcher Testverfahren haben eine außergewöhnlich hohe Fehlerquote bezüglich ihrer Aussagerelevanz – je nach Testverfahren bis zu 60%.
  6. Solche Testverfahren konzentrieren die gesamte Aufmerksamkeit auf das Kind. Dabei bleibt die „Beschulungsfähigkeit der entsprechenden Schule“ ebenso außer Acht wie die persönlich-fachliche Kompetenz der Lehrkräfte bzw. alle schulorganisatorischen oder strukturellen Bedingungsgrößen, die die Qualität einer „Bildungs- und Lernatmosphäre“ auszeichnen. So schrieb beispielsweise der „Deutsche Ausschuss für das Erziehungs- und Bildungswesen“ schon 1966 in seinem Gutachten und seinen Empfehlungen: „Die Entscheidung darüber, wann ein Kind für die Arbeit in der Schule reif ist, hängt davon ab, wie der Anfangsunterricht in der Schule erteilt wird.“
  7. Testverfahren im o.g. Sinne können weder objektive noch gerechte Aussagen treffen, weil zu viele Ereignisse einen Einfluss auf alle Ergebnisse haben. Solche Testsituationen sind keine „sterilen Testlabors“, wo unter isolierten Bedingungen gearbeitet wird. Aufgrund der in Deutschland weit verbreiteten Testgläubigkeit (bei Eltern, pädagogischen Fachkräften und Ärzten) gibt ein Verfahren allerdings „Autorität und Gewicht“. Alleine diesem Grund „verdankt“ der o.g. „klassische Schulreifetest“ an vielen Orten bis heute seine Existenz – allerdings ohne fachliche Berechtigung oder Aussagekompetenz.

b) Schulfähigkeit – was ist aktuell darunter zu verstehen?

Unter Beachtung zurückliegender und aktueller Forschung zur Schulfähigkeit kann eine Definition in Anlehnung an Prof. Witzlack – die zwar schon älter ist aber dennoch gleichzeitig mit jetzigen Forschungsdaten eine enge Parallelität aufweist – wie folgt aussehen:

„Schulfähigkeit ist die Summe ganz bestimmter Verhaltensmerkmale und Leistungseigenschaften eines Kindes, die es braucht, um im Anfangsunterricht und der weiteren Schulzeit Lernimpulse wahrzunehmen, aufzugreifen und im Sinne einer Lernauseinandersetzung zu nutzen, um persönlichkeitsbildende (im emotionalen, motorischen sowie sozialen Bereich) und inhaltliche Weiterentwicklungen (im kognitiven Bereich) anzunehmen und umzusetzen. Dabei ist Schulfähigkeit als ein vernetzter Teil eines Ganzen zu betrachten: sie ist immer abhängig von den besonderen Rahmenbedingungen einer Schule und den Persönlichkeitsmerkmalen sowie den fachlichen Kompetenzen der dort tätigen Lehrkräfte.“ (vgl. Witzlack, G. in: Krenz, 4. Aufl. 2006, S. 63).

Um diese Definition besser zu verstehen, bedarf es einiger Erklärungen:

  1. Schulfähigkeit umfasst nicht nur einige wenige Kriterien, sondern besteht aus einem ganzen Bündel sehr spezifischer Merkmale.
  2. Schulfähigkeit ist durch ganz bestimmte Merkmale charakterisiert – keine Schule, kein Schularzt kann sie für sich individuell auslegen oder subjektiv interpretieren.
  3. Schulfähigkeit beinhaltet aber nicht nur ganz bestimmte Merkmale sondern auch dem Kind zur Verfügung stehende Leistungseigenschaften, die bekannter Weise für einen weitestgehend erfolgreichen Schulbesuch den Kindern als Verhaltensdispositionen zur Verfügung stehen müssen. Diese werden vor allem durch die häusliche Entwicklungsbegleitung durch die Eltern (vor der Schulzeit) von den Kindern aufgebaut und internalisiert.
  4. Schulfähigkeit ist ein Begriff, der nicht nur eine Bedeutung für das erste Schuljahr besitzt, sondern auch für die weiteren Schuljahre von großer Bedeutung ist. Insofern ist eine Schulfähigkeit mittel- und längerfristig zu betrachten und darf sich nie lediglich auf den Zeitpunkt der Einschulung beziehen.
  5. Schulfähigkeit umfasst grundsätzlich die Fähigkeiten, für Lernreize offen zu sein, Lern(an)reize zuzulassen und diese mit einer persönlichen Wertigkeit und einem subjektiv vorhandenen Interesse zu versehen.
  6. Schulfähigkeit hat sowohl mit einer Wissensorientierung/-erweiterung als auch immer mit einer Persönlichkeitsbildung/-entwicklung zu tun.
  7. Sie bezieht dabei stets die vier „Lernfelder“ eines Menschen ein: den gefühlsorientierten, umgangsgeprägten, handlungsorientierten und wissens-/denkorientierten Bereich.
  8. Schulfähigkeit ist kein „Lernfeld“, das oberflächlich antrainierbar ist, sondern nur dann wirklich vorhanden ist, wenn dieser Bereich sogenannte „persönlichkeitsstabile, verinnerlichte Verhaltensweisen“ beherbergt, die dann in entsprechend geforderten und notwendigen Situationen eingesetzt bzw. umgesetzt werden (können).
  9. Schulfähigkeit ist abhängig von den Rahmenbedingungen, denen das Kind als „lernende, lerninteressierte Person“ ausgesetzt ist. Dazu zählen alle Besonderheiten einer Schule, die Lehrer/innen mit ihren spezifischen, bindungsbedeutsamen Persönlichkeitsmerkmalen und ihrem fachlichen Können, ihr methodisch/didaktisches Know-how, die Klassengröße und die Zusammensetzung einer Schulklasse, die räumlichen Bedingungen sowie die materielle Ausstattung. Gleichzeitig bilden Lerninteresse, Lernfreude, Lernbereitschaft und Lernwille der (angehenden) Schülerinnen und Schüler die Grundlagen, um sich mit den unterschiedlichen Aufgabenstellungen und Lernherausforderungen beschäftigen zu wollen und aktiv auseinanderzusetzen.

Würde man nun versuchen, die Kompetenzen eines Kindes zu klassifizieren, die notwendig sind, um Leistungsinteresse und Lernmotivation im Unterricht aufzubringen, so ergeben sich 16 Kompetenzmerkmale. Diese können vier Schulfähigkeitsbereichen ohne Schwierigkeit zugeordnet werden.

c) Schulfähigkeitsbereiche und ihre Kompetenztendenzen

In der aktuellen Betrachtung von „Schulfähigkeit“ werden seit einigen Jahren vier Schulfähigkeitsbereiche klassifiziert, wobei ihnen – im Rahmen einer hilfreichen Übersicht sowie einer praktikablen Erfassung – wiederum jeweils vier Kompetenztendenzen der Kinder zugeordnet werden. Diese gilt es, möglichst (zumindest im Ansatz ausgeprägt) schon für die erste Klasse als internalisierte Verhaltensbereitschaft zur Verfügung zu haben.

Schulfähigkeit
emotionale Schulfähigkeit soziale Schulfähigkeit
motorische Schulfähigkeit kognitive Schulfähigkeit

Tab. Die vier Schulfähigkeitsbereiche

Basisbereich emotionale Schulfähigkeit: Kinder besitzen Belastbarkeit, um beispielsweise schwierige Aufgaben erfüllen oder auch aktuelle, persönliche Wünsche zurückstellen zu können. Sie können Enttäuschungen ertragen, um kleinere oder größere Misserfolge verkraften zu können oder in der Lage zu sein, an schwierigeren Aufgabenstellungen weiterhin mitzuarbeiten. Sie nehmen neue, unbekannte Situationen und Aufgaben angstfrei wahr, von denen sie vielleicht im ersten Augenblick den Eindruck haben, dass sie unlösbar erscheinen und sie besitzen Zuversicht bzw. Optimismus, um sich selbst und durch ihre eigene Motivation immer wieder in ihrem Lernwunsch zu aktivieren.

Basisbereich soziale Schulfähigkeit: Kinder können zuhören, um beispielsweise Aufgabenstellungen zu verstehen und Arbeitsanforderungen sachgerecht ausführen zu können. Sie fühlen sich auch als Einzelperson in einer Gruppe angesprochen, auch wenn sie nicht persönlich und direkt angesprochen worden sind, sondern beispielsweise eine Aufgabenstellung an die „anonyme Gruppe“ gerichtet wurde. Sie erfassen bedeutsame Regeln, die eine konstruktive Kommunikation in einer Gruppe möglich werden lassen und sind in der Lage, ein überwiegend konstruktives Konfliktlöseverhalten bei persönlichen oder sozial geprägten Irritationen zu zeigen.

Basisbereich motorische Schulfähigkeit: Kinder besitzen eine grundständige, flüssige viso-motorische Koordination (Finger- und Handgeschicklichkeit), um koordinierte Schreib-/Zeichenbewegungen ausführen zu können; sie besitzen Eigeninitiative, um beispielsweise selbsttätig entsprechende Arbeitsaufgaben zu übernehmen und sie können Belastungen weitgehend selbständig und selbstaktiv verändern, um bestehenden Anforderungen nachkommen zu können. Sie besitzen eine Gleichgewichts-, taktile und kinästhetische Wahrnehmung, um aus ihrer Innenwahrnehmung eine Konzentration auf ihre Außenwahrnehmung zu richten und zu steuern.

Basisbereich kognitive Schulfähigkeit: Hierzu gehört es, dass Kinder ein gewisses Maß an Konzentrationsfertigkeit, Ausdauer und Aufmerksamkeit aufweisen können, um ihr Lern- und Arbeitsinteresse möglichst zielgerichtet fokussieren zu können. Sie verfügen über ein ausgeprägtes auditives Kurzzeitgedächtnis, eine auditive Merkfertigkeit und ein visuelles Gedächtnis, das ihnen helfen wird, zurückliegende Ereignisse und aktuelle Anforderungen/Erkenntnisse mit aktuellen Erwartungen und Erfordernissen zu verbinden. Sie zeigen Neugierdeverhalten und Lerninteresse, um immer wieder aufs Neue möglichst selbstmotiviert eine Aufgabenstellung zu erledigen und sie sind in der Lage, ein folgerichtiges Denken an den Tag zu legen bzw. Gesetzmäßigkeiten zu erkennen, um logische Zusammenhänge nachvollziehen, übertragen und selbst ableiten/herstellen zu können.

Bei allen sechzehn Kompetenztendenzen geht es nicht darum, dass ein Kind in allen Merkmalsbereichen eine hundert prozentige Erfüllung unter Beweis stellt. Vielmehr geht es – wie der Begriff selbst schon zum Ausdruck bringt – um eine grundsätzliche Existenz dieser Aspekte! In letzter Zeit wird dementsprechend der Begriff >SCHULBEREITSCHAFT< immer stärker unter Fachleuten genutzt, um einerseits eine grundsätzliche Bereitschaft der schulpflichtigen Kinder anzunehmen und andererseits Ausgrenzungen von Kindern zu vermeiden (Stichwort: Inklusion). Wenn Kinder – im Sinne einer Skalierung – diese Kompetenztendenzen „eher häufig oder überwiegend“ in Alltagssituationen zeigen, so ist davon auszugehen, dass sie damit so genannte basale Qualitäten im Sinne einer vorhandenen Schulfähigkeit besitzen. Erst wenn mehrere Merkmale dieser Kompetenztendenzen kaum oder gar nicht ausgeprägt sind, ist voraussagbar, dass Kinder sowohl schon zum Schulstart als auch mit sehr hoher Wahrscheinlich in der weiteren Schulzeit Lernschwierigkeiten haben werden.

In diesem Zusammenhang sei eine weitere, wichtige Anmerkung gestattet. In einigen Bundesländern (z.B. in Bayern und NRW) wird inzwischen auch der Stichtag für die Einschulung schrittweise vorgezogen (ab Schuljahr 2007/2008): vom bisher üblichen 30. Juni eines jeden Jahres auf den 31. Dezember ab 2014/15, wobei pro Schuljahr der Einschulungsstichtag um einen Monat vorverlegt wird. Damit soll erreicht werden, dass schließlich eine Einschulung mit fünf Jahren erfolgen wird. Diese (politisch gesetzte) Tatsache widerspricht allerdings diametral allen ernst zu nehmenden, wissenschaftlichen Forschungsergebnissen, die bisher in Deutschland vorliegen. Angefangen von dem achtjährigen „Kindergarten-Vorklasse-Versuch“ des Landes NRW (1970–1977), der schon damals als versuchsweise Umsetzung des Beschlusses des Deutschen Bildungsrates von 1970 zur Vorverlegung des Schuleintrittalters gedacht war bis hin zu den Ergebnissen einer Analyse der IGLU-Daten (November 2005, vorgestellt von P. Puhani und A. Weber, beide TU Darmstadt) unter dem Aspekt „Früheinschulung/Späteinschulung“. Die Ergebnisse beider Studien bringen eindeutige Daten zutage:

  1. Kinder, die vor Vollendung ihres sechsten Lebensjahres eingeschult wurden, weisen im vierten Schuljahr in den IGLU-Aufgaben deutlich schlechtere Leistungsergebnisse auf als spät eingeschulte Kinder.
  2. Früheinschulung widerspricht damit der Erwartung, dass durch die vorgezogene Einschulung ein Zeitjahr gewonnen wird. Im Gegenteil: die Gefahr ist außergewöhnlich hoch, dass dadurch bei vielen Kindern das Gegenteil des Erwünschten erreicht wird.
  3. Früheingeschulte Kinder weisen sich besonders häufig durch eine fehlende Konzentrationsfertigkeit, mangelnde Belastbarkeit und Frustrationstoleranz sowie fehlende Selbstorganisation aus. Im Übrigen erfolgt in Finnland, dem „Pisa-Sieger“, die Einschulung erst mit sieben Jahren.
„Kleine Kinder und überhaupt Kinder vor der Schulfähigkeit sollen noch nicht ge-, nicht beschult, sondern sollen entwickelt werden. Nur die Einseitigkeit und Halbheit schuf Kleinkinderschulen‘, welche ein Widerspruch mit der Kindernatur sind.“ aus einem Brief Friedrich Fröbels an Ida Seele

d) Fazit

Schulfähigkeit ist damit nicht das Ergebnis einer immer früher angesetzten kognitiven Förderung eines Kindes sondern vielmehr das Ergebnis einer stabilen Gesamtpersönlichkeitsentwicklung von Kindern, ausgestattet mit einem gut und sicher ausgeprägten Selbstwertgefühl. Weder vorverlegte „Kader(vor)schulen einer bildungsoffensiven Frühförderpädagogik“ noch „schulvorgezogene, kognitionsfokussierte Trainingseinheiten im Kindergarten“ können eine Schulfähigkeit mit nachhaltigen Tendenzen fördern. Genau das Gegenteil ist der Fall. Es gibt von Jahr zu Jahr eine steigende Tendenz von gut begabten Schulversagern. Dabei haben Kinder und Jugendliche mit einem gut ausgeprägten Intelligenzquotienten massive Schulschwierigkeiten, weil die drei anderen Schulfähigkeitsbereiche – und hier insbesondere im emotionalen und sozialen Kompetenzbereich – größere bzw. große Defizite aufweisen. Allzu lange wurde (und wird bis heute) der Begriff „Schulfähigkeit“ mit dem Begriff „Intelligenz“ gleichgesetzt bzw. verwechselt. Um es mit einer einfachen Analogie auszudrücken: Intelligenz ist wie der Besitz eines Fahrrades – der Besitz eines Rades gibt aber noch keine Auskunft darüber, ob der Radbesitzer auch Rad fahren kann. Letzteres meint Schulfähigkeit. Vieles zu wissen heißt nicht, automatisch Vieles zu können.

Gerade in der heutigen Zeit braucht eine Industriegesellschaft wie Deutschland Querdenker und Menschen, die mit viel Eigeninitiative und in Kenntnis ihrer besonderen Begabungen (Qualitäten) Lebens- und Arbeitsanforderungen erkennen und selbstaktiv gestalten, Menschen, die Bildungswagnisse eingehen und kreative Möglichkeiten suchen bzw. finden, ihren Lebens- und Berufsweg selbstverantwortlich und sozial verträglich zu gestalten. Menschen, die innovative Problemlösungsmöglichkeiten entdecken und perspektivorientiert handeln. All das sind Herausforderungen der Gegenwart und in noch stärkerem Maße Handlungsnotwendigkeiten in der Zukunft.

Um diesem gesellschaftlich notwendigen und politisch sehr bedeutsamen Aspekt entgegenzukommen, brauchen Kinder und Jugendliche eine lebendige und konstruktiv ausgerichtete Kommunikations-, Umgangs-, Konflikt-, Freizeit- und Sprachkultur, die sie schon im Elternhaus erleben. Gleichzeitig brauchen Kinder dafür eine entdeckungsorientierte, spannende, lebensbezogene und aktive Elementar- und Schulpädagogik, in der die Fülle der unterschiedlichen Spielformen und Aktionsprojekte Tag für Tag erfahren und erlebt werden kann. Nur so zeigen sich Elternhäuser, Kindertagesstätten und später auch die Schulen als „Orte für Entdecker, Tüftler und Forscher“ in bester Qualität im Sinne eines Auf- und Ausbaus von Schulfähigkeit/Schulbereitschaft. So lernen Kinder „nebenbei“
(= concomitant learning) ihr Leben kennen, entdecken ihre vielfältigen Potenziale und Begabungen, entwickeln Lern- und Handlungsstrategien und erfahren gleichzeitig „nebenbei“ eine erfüllte, glückliche Kindheit.

Es besteht eine enge und nicht zu trennende Verbindung zwischen der Spielfähigkeit eines Kindes und seiner Schulfähigkeit. Ingrid Pramling Samuelsson, Inhaberin des Lehrstuhls für frühkindliche Erziehung an der schwedischen Universität Göteborg, bezeichnet das Spiel als zentralen Faktor in unserem Leben. Sie hebt immer wieder hervor, dass die Entwicklungsmöglichkeiten eines Kindes in seiner frühen Entwicklungszeit immens seien und dabei statte die unerschöpfliche Vielfalt des Spielens die Kinder mit einem Reaktionsmuster aus, das seine zukünftige Erlebnis- und Gestaltungswelt entscheidend beeinflussen werde. Doch so bahnbrechend neu ist ihre Erkenntnis nicht.

Schon in den siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts konnte die Psychologin Monika Keller mit ihren weithin bekannten Untersuchungen belegen, dass bedeutsame kognitive Fähigkeiten wie der Erwerb und die zielgerichtete Nutzung von Begriffen und Wissen, der Aufbau von Strategien zur zielgerichteten Betrachtung und Lösung von Problemen, ein faktenorientiertes, schlussfolgerndes und logisches Denken sowie der sorgsame Umgang mit der Sprache als ein wesentliches Medium zur konstruktiven Kommunikation sich auch und gerade in Interaktionssituationen vollziehen, die nicht auf kognitive Lernziele ausgerichtet sind. Und hier sind als Beispiele die vielfältigen Spielformen als solche Interaktionssituationen zu nennen. Sie stieß in ihren empirischen Untersuchungen (1970-1978) vor allem auf die Tatsache, dass Kinder, die viel spielten, ein ausgeprägtes Maß an „Aufmerksamkeit, Konzentrationsfertigkeit, Wahrnehmungs- und Beobachtungsfertigkeit sowie einer analytischer Wahrnehmung“ aufwiesen.

Diese Kinder zeigten darüber hinaus einen konstruktiven Problemlösestil, ein angemessenes reaktionsschnelles Handeln und eine gewissenhafte Planung bei schwierigen Aufgabenstellungen, ein vorausschauendes Denken und vor allem Anstrengungsbereitschaft. Das Spiel ist damit nicht nur eine kindertypische Ausdrucksform sondern vielmehr auch ein „indirekter, direkter Weg“ zum Aufbau und zur Verbesserung einer Schulfähigkeit! So zeigte sich beispielsweise auch in dem Modellversuch „Wiener Spielprojekt“, der von der Psychologin Waltraud Hartmann (Universität Wien und Leiterin des Charlotte-Bühler-Instituts für praxisorientierte Kindheitsforschung) geleitet wurde, dass durch das „freie Spiel “ ein fließender Übergang vom Kindergarten zur Grundschule geschaffen werden sollte, um Kindern mit Schulschwierigkeiten effektiv zu helfen. Die Wissenschaftlerin interessierte sich dabei weniger für die Schulleistungen der Kinder als vielmehr für deren Persönlichkeitsentwicklung, weil sie davon ausging, dass das Spiel innerlich motiviert ist und den Kindern vor allem hilft, eigene Gefühle nach außen zu tragen. Dies sah sie als eine Voraussetzung dafür an, dass Kinder in einem erholten und entspannten Zustand besonders gut lernen.

So wurden über den ganzen Schulvormittag bestimmte Spielzeiten verteilt. Freie Spielphasen vor dem Unterrichtsbeginn, in den Pausen und während des Unterrichts – außerdem wurden Spiele zur Veranschaulichung und Differenzierung von Themenbereichen und im Förderunterricht angeboten. Obgleich das Spielprojekt zunächst nur für die erste Klasse gedacht war wurde es wegen der positiven Auswirkungen auf das Lern- und Leistungsverhalten der Kinder und aufgrund der angenehmen Erfahrungen der Lehrkräfte bis zur vierten Klasse fortgesetzt. Außenstehende Skeptiker bezweifelten dennoch immer wieder, ob die „Spielprojektkinder“ auch genügend lernen würden. So wurden regelmäßig vergleichende Leistungstest mit diesen Kindern und einer Kontrollgruppe durchgeführt.

Das Ergebnis war eindeutig: die „Spielprojektkinder“ zeigten im Vergleich zur Kontrollgruppe erstens eine größere Schulzufriedenheit, zweitens mehr Pflichteifer und drittens ein hochsignifikant besseres Ergebnis bezüglich eines divergenten Denkens! Außerdem konnten bei den Kindern im sozialen Bereich positive Effekte beobachtet werden und zusätzlich zeigten die „Spielprojektkinder“ keinen Leistungsabfall zur Kontrollgruppe. Eine spätere Nachuntersuchung der Kinder in der neunten Klasse ergab sogar, dass die ehemaligen „Spielprojektkinder“ weiterhin sprachlich kreativer waren. In Deutschland führte der Erziehungswissenschaftler Hanns Petillon von der Universität Landau von 1992 – 1996 an sechs Grundschulen in Rheinland-Pfalz ein ähnliches Projekt mit dem Konzeptschwerpunkt „Lern- und Spielschule“ durch, mit dem Ergebnis, dass die Leistungs-, Kreativitäts- und Persönlichkeitsentwicklung ähnlich positiv verlief wie bei dem Wiener Projekt.

Was hier jedoch zusätzlich in besonders starkem Maße auffiel: die Kinder zeigten ganz besonders hohe Werte im sozialen Bereich. So nahmen die Ausgrenzung anderer Kinder und ein aggressives Verhalten deutlich ab. Das deutlich geringere Aggressionspotenzial wirkte sich zusätzlich lernfördernd auf die gesamte Gruppe aus und die Kinder verglichen ihre gezeigten Leistungen weniger mit denen anderer Kinder sondern legten den Vergleichsmaßstab vielmehr an den bewältigten Aufgaben selbst an.

Bedingungen zur Förderung des Spiels

Wenn das Spiel des Kindes als eine grundlegende Haupttätigkeit seines Lebens gesehen und als solche auch eingestuft werden muss, dann ist es erforderlich, dass Kinder auch entsprechende Spielbedingungen erhalten, um entsprechende Entwicklungsprozesse auf- und auszubauen. Entsprechend der Beschaffenheit dieser Bedingungen wird das Spielverhalten von Kindern eher gefördert oder behindert– schlimmstenfalls unterbunden. Gleichzeitig ermöglichen oder verhindern die vorhandenen Spielbedingungen die vielfältigen Spielformen, die jede für sich ganz spezifische Lernerfahrungen initiiert und in einen weiteren Gestaltungsprozess führt. Grundsätzlich zählen zu den wesentlichen Spielbedingungen die Merkmale Zeit, Platz, Materialien, Mitspieler/innen, Entscheidungsfreiheit und Ruhe (vgl. Baer 1981, S. 39 ff.).

Zeit: Je jünger die Kinder sind, desto intensiver sind sie ganz in ihr Spiel vertieft. Beobachtungen haben ergeben, dass kleine Kinder bis zu neun Stunden am Tag spielen, wenn man ihnen die Möglichkeit dafür einräumt. Spielen ist die Zeit, die frei von äußeren Erwartungen oder Verpflichtungen ist und sie ist für Kinder immer ausgefüllt. Dabei spielt es keine Rolle, ob sie auch tatsächlich – von einer Außensicht betrachtet – immer „aktiv“ sind. Das Spielen ist durch Tätigkeiten und zurückgezogene Beobachtungen, wildes Agieren und stummes Betrachten, Gespräche mit anderen und eine innere Zwiesprache mit sich selbst gekennzeichnet, in denen das Kind seinem subjektiven Spielerlebnis nachgeht. Unterbrechungen oder Zeitabbrüche stören diesen Ereignisprozess ganz erheblich.

Platz: Zunächst nutzen kleinere Kinder ihren unmittelbaren Lebensraum für ihre Spielaktivitäten. Solange sie noch im Kinderwagen oder im „Laufstall“ sind und noch nicht den freien Gang beherrschen, fixieren sie sich auf ihre eigene, kleine Spielfläche. Mit zunehmendem Alter richten sie ihre ganze Aufmerksamkeit allerdings auch auf ihr gesamtes, weiteres Umfeld. So werden alle Räume der Wohnung, der eigene Garten und/oder öffentliche Rasen- und Spielflächen, öffentliche Plätze, Wiesen und Wälder, die Wohnungen ihrer Spielkameraden und alle zur Verfügung stehenden Flächen zu ihrem Spielplatz, den sie nach eigenen Vorstellungen und Möglichkeiten (um)-gestalten und nutzen. Angesichts der Tatsache, dass alle Spielräume ihren eigenen Charakter und ihre eigenen Besonderheiten besitzen ist es notwendig, dass Kinder diese unterschiedlichen Spielorte kennen lernen, nutzen und damit vielfältigste Erfahrungen in abwechslungsreicher Umgebung und großzügiger Vielfalt machen können. Es bleibt nicht aus, dass Kinder aufgrund eigener Spielvorstellungen andere Maßstäbe an Ordnung oder Sauberkeit anlegen als Erwachsene! Sie sollten daher darauf achten, das Spiel der Kinder nicht durch einengende Regeln oder normativ geprägte Erwartungen einzuschränken, unattraktiv werden zu lassen oder gar zu unterbinden.

Materialien: So vielfältig die Spielformen und Ausdrucksmöglichkeiten der Kinder sind so vielfältig sind ihre Spielmaterialien. Ob es der eigene Körper ist (mimisches Ausdrucksspiel) oder ob es die unterschiedlichen Materialen zum Bauen und Werken sind, die zur Herstellung von Spielgegenständen benötigt werden, ob es Verkleidungsutensilien für das Rollenspiel oder Bäume und große Steine sind, die zu Kletter- und Fangspielen einladen, ob ein unübersichtliches Gelände zum Versteckspiel dient oder Zelte und Höhlen als Burgen umgedeutet werden, ausgediente Elektrogeräte zum Zerlegen als Fundus für Experimentierspiele benötigt werden oder – selbst entwickelte – Musikinstrumente die Fantasie anregen, Stifte und Farben zum Malen oder zur endgültigen Gestaltung von Kulissen eingesetzt werden – immer sind es vielfältigste und sehr unterschiedliche Dinge, die das Spiel reichhaltiger werden lassen. Bei allen Materialien geht es aber nicht in erster Linie um fertige Spielmittel – vielmehr müssen die Materialien auch immer wieder entgegen ihrer funktionalen Bestimmung zweckentfremdet werden können und veränderbar sein, Neugierde provozieren und die Fantasie des spielenden Kindes anregen. (Anmerkung: Im klassischen Verständnis des Spiels sind daher „Spiele“ auf dem Gameboy oder PC-„Spiele“ Beschäftigungen und keine Spiele!) Anfang der 90er Jahre des letzten Jahrhunderts entstand in einem Suchtarbeitskreis in Oberbayern die pädagogische Idee des so genannten „spielzeugfreien Kindergartens“ mit den intendierten Zielen, dass Kinder weniger Konsumabhängigkeit entwickeln (indem sie lernen sollten, Langeweile und Frustration auszuhalten), mehr Kreativität aufbauen, mehr Lebenskompetenzen zeigen (indem sie die Erfahrung machen müssen, mehr miteinander zu reden und zu agieren) und vor allem, dass dies der „Suchtprophylaxe“ dienlich sei. Kinder könnten im Sinne einer Vermeidungsstrategie nicht mehr zum Spielzeug „flüchten“ und wären damit später weniger anfällig für Süchte aller Art. Dr. Hans Mogel, Psychologieprofessor an der Universität Passau, sagt dazu Folgendes: […] „Kindern kein Spielzeug zu geben ist Spielzeugdeprivation. Das ist eine Form von Kindesmisshandlung. Deprivation geht auf Kosten des Erlebens von Geborgenheit und der Entwicklung eines gesunden Selbstwertgefühls. […] Wenn Kinder die Realität unserer modernen Gesellschaft bewältigen sollen, dann brauchen sie auch Spielzeug, welches diese Gesellschaft widerspiegelt. […] Die Kindergärten können auf teures Modespielzeug durchaus verzichten, aber Puppen, Klötzchen und Bausteine sollten sie auf jeden Fall behalten.“ (H. Mogel. In: Focus Nr. 27/1997, S. 152). Thomas Dannenberg, Di­plompsychologie, äußert sich in dem gleichen Beitrag unter der Überschrift „Versuchskaninchen Kind“ so: „Ein Teil der Kinder reagiert mit Stress und Ängstlichkeit auf das Chaos im spielzeugfreien Kindergarten“ (S. 151) und Dr. Hans-
Rudolf Becher, Pädagogikprofessor an der Universität zu Köln kommt zu dem Schluss: „Der Wechsel zwischen Phasen mit Spielzeug und ohne Spielzeug ist an sich sehr sinnvoll – aber Spielzeug über einen festen Zeitraum zu verbieten ist ein unpädagogisches Zwangsmittel. Man sollte nicht neben der Welt her erziehen.“ (S. 153).

Mitspieler/innen: Da das Spiel – je nach Spielform und Absicht des Kindes – sehr unterschiedliche Funktionen besitzt, ermöglicht es der spielenden Person, entweder mit sich alleine und dem Spiel zu kommunizieren  o d e r  mit sich, dem Spiel und anderen Menschen (Gleichaltrigen, älteren und jüngeren Kindern, Eltern, Großeltern, Nachbarschaftskindern oder ErzieherInnen) zu interagieren. So kann das Kind in diesen Spielsituationen Erlebnisse, Erfahrungen und (Sinnes)Eindrücke verarbeiten, zukünftige, für das Kind bedeutsame Situationen kognitiv bzw. emotional ordnen oder „einfach nur“ mit Freude eine Spielhandlung erleben. Doch bei allen Spielerlebnissen gibt es einen „roten Faden“: das Spiel unterstützt das Kind dabei, seine eigene Identität zu finden bzw. zu stabilisieren bzw. seine soziale Kompetenz zu erweitern. Und hierbei bekommt es Hilfe und Anregungen durch seine Mitspieler/innen. Sie sind es, die durch ihre Spielimpulse neue Aspekte in ein Spiel hineintragen und so dafür sorgen, dass das spielende Kind zu neuen, inneren Auseinandersetzungen finden kann.

Entscheidungsfreiheit: Da jedes Spiel aus seiner „Zweckfreiheit“ heraus lebt und sich durch sich selbst zum Umgang mit den Spielmaterialien bzw. Mitspieler/innen auffordert, gewinnt jedes Spiel für Kinder nur dadurch einen (An)Reiz, wenn es für das Kind motivierende Merkmale enthält. So lebt das Spiel in erster Linie aus der kindeigenen Freude daran, sich auf die Spielhandlung selbst einlassen zu wollen. In der Praxis ist häufig zu beobachten, dass immer wieder zwischen „sinnvollen“ (konstruktiven) und „sinnlosen“ (destruktiven) Spielen unterschieden wird. Eine solche Differenzierung ist weder fachdidaktisch noch entwicklungspsychologisch haltbar, weil jedes Kinderspiel sinnvoll und damit entwicklungsbedeutsam ist. Gerade so genannte „didaktisierte Spiele“ bieten kaum die Möglichkeit, eigenen Fantasien und kreativen Gestaltungsmöglichkeiten nachgehen zu können. Wo dann durch Erwachsene entsprechende Spielreglementierungen folgen oder gar disziplinierend auf Kinder eingewirkt werden soll, ist der Sinn eines Spiels im originären Sinne nicht mehr vorhanden.

Ruhe: Auch wenn es bei den unterschiedlichsten Spielformen häufig lebendig und laut zugeht, brauchen Kinder Ruhe, um sich weitestgehend ungestört in ihren Spielsituationen wohl fühlen zu können. Nahezu jedes Spiel ist durch einen Spielaufbau gekennzeichnet – so gibt es einen Einstieg, eine intensive Hauptphase und einen Abschluss. Störungen von außen würden dabei diese Struktur unterbrechen und für Kinder durcheinander bringen. Mögen manche „Ratschläge“ der Erwachsenen auch noch so gut gemeint sein, ein Spiel so oder so zu gestalten, ändert dies nichts an der Tatsache, dass Spielaufläufe dadurch eine andere Wendung als vom Kind beabsichtigt bekommen. Damit kann sich ein Kind aber nicht mehr in sein Spiel fallenlassen.

Aufgrund dieser hohen Bedeutung des Spiels für die Entwicklung der Kinder ergeben sich viele Fragen, mit denen sich (sozial)pädagogische Fachkräfte auseinandersetzen müssen.

Fragen, die die eigene Person betreffen:

Wird dem Auf- und Ausbau der eigenen Spielfähigkeit ein hoher Wert beigemessen und auf welche Art und Weise wurde bisher die eigene Spielfähigkeit erweitert?

Welche Rolle nehme ich in den unterschiedlichen Spielformen ein? Trete ich in der Regel als Mitspieler/in, Spielunterbrecher/in, Spielentwickler/in, Spielinitiator/in, Spielverderber/in oder Spielbeobachter/in auf?

Welche Spielformen machen mir am meisten Freude und warum?

Mit welchen Spielformen habe ich persönlich am meisten Schwierigkeiten und warum?

Wirke ich in der Spielzeit der Kinder als Spielvorbild und biete ich mich damit immer wieder als Spielmodell an?

Welche Vorstellungen von „Spielregeln“ habe ich während des Spiels der Kinder/mit Kindern und inwieweit sind sie dazu geeignet, das Spielverhalten der Kinder im Hinblick auf „Kreativität und Fantasie, Selbstständigkeitsentwicklung und Autonomie“ entscheidend zu unterstützen?

Fragen, die die Spielpraxis direkt betreffen:

Welche Spielformen wurden bisher in der Praxis ausreichend bzw. zu wenig initiiert und berücksichtigt?

Gibt es Spielformen, die in der Vergangenheit völlig ausgeblendet wurden?

Wird den Kindern genügend Zeit und Raum zur Verfügung gestellt, um das Spiel in seiner Vielfalt zu entdecken und zu erleben?

Sind die räumlichen und strukturellen Rahmenbedingungen in der Einrichtung dazu geeignet, das Spielverhalten der Kinder anzuregen und zu unterstützen?

Stehen den Kinder ausreichend attraktive Spielmittel zur Verfügung?

Legen die vorhandenen Spielmittel (im Innen- und Außenbereich der Einrichtung) durch ihren Aufbau und ihre Struktur den Spielablauf fest oder bieten sie ausreichende Möglichkeiten zur Selbstgestaltung und Veränderung?

Welche Regeln und Vorgaben gibt es, die das Spielverhalten der Kinder aktivieren und welche Regeln oder normativen Einflüsse sind dazu geeignet, das Spielverhalten der Kinder einzuschränken?

Wenn „Spielen der Urgrund der Entwicklung ist“ (Renz-Polster, 2013, S. 159) und in bundesdeutschen Kindergärten aufgrund der verschulten Bildungsmaschinerie das Spielen immer mehr ins Abseits gedrängt wird, dann – so Renz-Polster – „müssen sich nicht etwa die Erzieherinnen rechtfertigen, die Kinder frei spielen lassen, sondern diejenigen, die dies nicht tun.“ (2013, S. 210).

Entwicklungsorientierte Elementarpädagogik

Diesen Artikel haben wir aus folgendem Buch entnommen:
Entwicklungsorientierte Elementarpädagogik
Kinder sehen, verstehen und entwicklungsunterstützend handeln

Krenz, Armin
Burckhardthaus-Laetare
ISBN: 9783944548029
200 Seiten, 24,95 €
Mehr dazu auf www.oberstebrink.de

Literaturhinweise

Auerbach, St. (2001): Spielerische Intelligenz. München: Beust

Bäcker-Braun, K. (2008): Kluge Babys – Schlaue Kinder. Grundlagen, Spiele und Ideen zur Intelligenzentwicklung. München: Don Bosco

Baer, Ulrich (1981): Wörterbuch der Spielpädagogik. Basel: Lenos

Beins, H.J./Cox, S. (2001): „Die spielen ja nur!?“ Psychomotorik in der Kindergartenpraxis. Dortmund: borgmann

Caillois, R. (1958): Die Spiele und die Menschen. Maske und Rausch. Stuttgart: Kohlhammer

Chateau, G. (1969): Das Spiel des Kindes. Natur und Disziplin des Spielens nach dem dritten Lebensjahr. Paderborn: Schöningh

Einsiedler, W. (1991): Das Spiel der Kinder. Zur Pädagogik und Psychologie des Kinderspiels. Bad Heilbrunn: Klinkhardt

Flitner, A. (1977): Spielen- Lernen. Praxis und Deutung des Kinderspiels. München: Piper

Friedrich, G./Friedrich, R./Galgoczy, V. de (2008): Mit Kindern Gefühle entdecken. Ein Vorlese-, Spiel- und Mitsingbuch. Weinheim: Beltz

Flor, D. und Petillon, H. (1997): Abschlussbericht Spiel- und Lernschule. Saarburg: Staatliches Institut für Lehrerfort- und -weiterbildung.

Fritz, J. (1991): Theorie und Pädagogik des Spiels. Eine praxisorientierte Einführung. Weinheim/München: Juventa

Hanifl, L., Hartmann, W., Rollett, B. (1994): Die Auswirkungen des Wiener Spielprojekts in der Volksschule auf die Schullaufbahn und Persönlichkeitsentwicklung der Schüler der 9. Schulstufe unter besonderer Berücksichtigung der sprachlichen Kreativität. In: Olechowski, R., Rollett, B. (Hrsg.): Theorie und Praxis. Aspekte empirisch-pädagogischer Forschung – quantitative und qualitative Methoden. Frankfurt/Main: Peter Lang

Huizinga, J. (1956): Homo ludens. 2. Aufl. Reinbek: Rowohlt

Kathke, P. ( 2001): Sinn und Eigensinn des Materials. Band 1 und 2. Neuwied/Berlin: Luchterhand

Keller, M (1973): Spiel und kognitives Lernen, ein Widerspruch? In: Daublebsky, B.: Spielen in der Schule. Stuttgart: Klett

Keller, M. (1976). Kognitive Entwicklung und soziale Kompetenz. Stuttgart: Klett

Kohl, M.F. (2004): Matschen. Kreatives Arbeiten mit verschiedenen Modelliermassen. Seelze-Velber: Kallmeyer

Krenz, A. (Hrsg.) (2007): Psychologie für Erzieherinnen und Erzieher. Grundlagen für die Praxis. Mannheim: Cornelsen Scriptor

Lange, U./Stadelmann, T. (2002): Sand-Wasser-Steine. Spiel-Platz ist überall. Weinheim: Beltz.

Liebertz, Ch. (2000): Das Schatzbuch ganzheitlichen Lernens. Grundlagen, Methoden und Spiele für eine zukunftsweisende Erziehung (2. Aufl.). München: Don Bosco

Loo, O.van de (Hrsg.) (2005): Kinder-Kunst-Werk. Künstlerisches Arbeiten mit Kindern und Jugendlichen. München: Kösel

Mogel, H. (1994): Psychologie des Kinderspiels (2. Aufl.). Heidelberg: Springer

Oerter, R. (1999): Psychologie des Spiels. Weinheim: Beltz

Partecke, E. (2002): Kommt, wir wollen schön spielen. Praxishandbuch zur Spielpädagogik im Kindergarten. Weinheim/München: Juventa

Partecke, E. (2004): Lernen in Spielprojekten. Praxishandbuch für die Bildung im Kindergarten. Weinheim: Beltz

Pausewang, F. (2006): Dem Spielen Raum geben. Grundlagen und Orientierungshilfen zur Spiel- und Freizeitgestaltung in sozialpädagogischen Einrichtungen. Berlin: Cornelsen Verlag

Pohl, G. (2008): Kindheit – aufs Spiel gesetzt (2. Aufl.). Berlin: Dohrmann

Portmann, A (1976): Das Spiel als gestaltete Zeit. In: Bayer. Akademie der Schönen Künste (Hrsg.): Der Mensch und das Spiel in der verplanten Welt. München: Akademieverlag

Renz-Polster, Herbert + Hüther, Gerald (2013): Wie Kinder heute wachsen. Weinheim: Beltz Verlag

Retter, H. (1991): Kinderspiel und Kindheit in Ost und West. Spielförderung, Spielforschung und Spielorganisation in einzelnen Praxisfeldern- unter Berücksichtigung des Kindergartens. Bad Heilbrunn: Klinkhardt

Rossetti-Gsell, V. (1998): Spielen- Sprache der kindlichen Seele. Freiburg: Herder

Samuelsson, I.P. (1990): Learning to learn. A study of swedish preschool children. New York: Springer

Scheuerl, H. (1985): Zum Stand der Spieleforschung. In: Einsiedler, W. (Hrsg.) (1985): Aspekte des Kinderspiels. Pädagogisch-Psychologische Spielforschung. Weinheim: Beltz

Seitz, R. (1998): Phantasie & Kreativität. Ein Spiel- ,Nachdenk- und Anregungsbuch. München: Don Bosco

Steininger, R. (2005): Kinder lernen mit allen Sinnen. Wahrnehmung im Alltag fördern. Stuttgart: Klett-Cotta

Treeck, M. -J. G. van (1990): Spielend fördern. Integriertes Lernen durch Spiel. Dortmund: borgmann

Weber, C. (2004): Spielen und Lernen mit 0-3-Jährigen. Weinheim: Beltz

Wege, B. vom/Wessel, M. (2004): Spielen im Beruf. Spieltheoretische Grundlagen für pädagogische Berufe. Troisdorf: Bildungsverlag EINS.

Weinberger, S. (2001): Kindern spielend helfen. Eine personzentrierte Lern- und Praxisanleitung. Weinheim: Beltz

Das Spiel und seine Bedeutung für den Aufbau einer Schulfähigkeit

Bellenberg, G. (1999): Individuelle Schullaufbahnen. Eine empirische Untersuchung über Bildungsverläufe von der Einschulung bis zum Abschluss. Weinheim: Beltz

Bock, U. (1995): Das störungsfreie Kind? Welt des Kindes, 4, S. 22–23

Bowlby, J. (2001): Frühe Bindung und kindliche Entwicklung. (4.Aufl.). München: Reinhardt

Breuer, H. & Weuffen, M. (1993): Lernschwierigkeiten am Schulanfang. Schuleingangsdiagnostik zur Früherkennung und Frühförderung. Weinheim: Beltz

Bronfenbrenner, U. (1988): Wie wirksam ist kompensatorische Erziehung? Stuttgart: Klett-Cotta

Elschenbroich, D. (2002): Weltwissen der Siebenjährigen. Wie Kinder die Welt entdecken können. München: Goldmann

Faust-Siehl, G./Schmitt, R./Valtin, R. (Hrsg.): Kinder heute – Herausforderung für die Schule. Frankfurt a.M. Arbeitskreis Grundschule e.V.

Faust-Siehl, G. u.a. (2002): Die Zukunft beginnt in der Grundschule. Empirische Empfehlungen zur Neugestaltung der Primarstufe. Reinbek: Rowohlt

Gerbert, F. (1997): Versuchskaninchen Kind. FOCUS, 27, S. 151–153

Flor, D. & Petillon, H. (1997): Abschlussbericht Spiel- und Lernschule. Saarburg: Staatliches Institut für Lehrerfort und -weiterbildung

Goleman, D. (1996): EQ Emotionale Intelligenz. München: Hanser

Gottman, J. (1997): Kinder brauchen emotionale Intelligenz. Ein Praxisbuch für Eltern. München: Diana

Griebel, W. & Niesel, R. (2002): Abschied vom Kindergarten – Start in die Schule. München: Don Bosco

Griebel, W. & Niesel, R. (1999): Vom Kindergarten in die Schule: Ein Übergang für die ganze Familie. Bildung, Erziehung, Betreuung. 2, S. 8–12

Hacker, H. (1998): Vom Kindergarten zur Grundschule. Theorie und Praxis eines kindgerechten Übergangs. Bad Heilbrunn: Klinkhardt

Helmke, A. (1992): Selbstvertrauen und schulische Leistungen. Göttingen: Hogrefe

Hetzer, H. (1936): Die seelischen Veränderungen des Kindes bei dem ersten Gestaltswandel. Leipzig. In: Berger, M.: Schulreife- Anfrage an einen fragwürdigen Begriff. WWD, 32/33, S. 10. Rodach Februar 1986

Hössl, A. (1995): Misslungener Start in die Schule. Zur Situation des Übergangs. Welt des Kindes, 4, S. 6–11

Hopf, A. & Zill-Sahm, I. & Franken, B. (2004): Vom Kindergarten in die Grundschule. Weinheim/Basel: Beltz

Kammermeyer, G. (2001): Schulfähigkeit. Kriterien und diagnostische/prognostische Kompetenzen von Lehrerinnen, Lehrern und Erzieherinnen. Bad Heilbrunn: Klinkhardt

Kammermeyer, G. (2001): Schuleingangsdiagnostik. In G. Faust-Siehl & A. Speck-Hamdan (Hrsg.): Schulanfang ohne Umwege, S. 96–118. Frankfurt: Grundschulverband

Klein, G. (1999): Kinder schulfähig machen? Zur Diskussion um einen erfolgreichen Schulanfang. kindergarten heute, 1, S. 6–13

Krenz, A (2008): Ist mein Kind schulfähig? Ein Orientierungsbuch. (5.Aufl.) München: Kösel

Krenz, A (1989): Spielen und Lernen. Zusammenhänge zwischen Spiel- und Schulfähigkeit bei Kindern im Kindergartenalter. kindergarten heute, 1, S. 44–47

Krenz, A. (2001): Kinder spielen sich ins Leben. Der Zusammenhang von Spiel- und Schulfähigkeit. Wehrfritz Wissenschaftlicher Dienst, WWD, 75, S. 8–9

Meise, S. (2004): Spielend lernen. Psychologie heute, 5, S. 28–31

Müller-Mees, E. (2003): Kinderspiele für alle Sinne. 150 verblüffende Ideen. Stuttgart: Urania

Olechowski, B. & Rollett, B. (Hrsg.) (1994): Theorie und Praxis. Aspekte empirisch-pädagogischer Forschung – quantitative und qualitative Methoden. Frankfurt a.M.: Peter Lang.

Pee, L. (1991): Was noch vor dem Spielzeug kommt. Kinder, 6, S. 16–17, S. 41–42

Pee, L. (1996): Wie viel Spiel-Raum hat Ihr Kind? Kinder, S. 7, 16, 20, 22, 31

Portmann, R. (1991): Schulreifetests: Warum sie nicht halten, was sie versprechen. Theorie und Praxis der Sozialpädagogik, TPS, 1, S. 16–18

Portmann, R. (1995): Schulfähig sind ja alle Kinder. Welt des Kindes, 4, S. 12–14

Pramling Samuelsson, I. (1990): Learning to learn. A study of swedish preschool children. New York: Springer

Scheuerl, H. (19985): Spiel ist keine Spielerei! Grundsätzliche Bemerkungen über ein zeitloses Thema der Pädagogik. Welt des Kindes, 9, 383–388

Singer, K. (2000): Wenn Schule krank macht … Wie macht sie gesund und lernbereit? Weinheim: Beltz

Speichert, H. (1991). Angst als Ursache von Schulversagen. Theorie und Praxis der Sozialpädagogik, TPS, 1, S. 11–14

Thüringer Sozialakademie (Hrsg.): Was heißt hier schulfähig? Der Übergang vom Kindergarten zu Grundschule und Hort. Tagungsbericht. Jena: Eigendruck

Witzlack, G. (1968): Zur Diagnostik und Entwicklung der Schulfähigkeit: Berlin

Witzlack, G. (1995): Das Brandenburger Einschulungsmodell. In: Ministerium für Bildung, Jugend und Sport des Landes Brandenburg (Hrsg.): Der Übergang von der Kindertagesstätte in die Grundschule – Dokumentation der Referate und der Diskussion der Fachkonferenz am 27. und 28.11.1995 in Potsdam. Potsdam

Zeller, W. (1952): Konstitution und Entwicklung. Göttingen: Hogrefe. In: Berger, M.: Schulreife – Anfrage an einen fragwürdigen Begriff. WWD, 32/33, , S. 10) Rodach Februar 1986