Kinder brauchen ein Gegenüber, das zuhört und mit ihnen spricht

Die Leiterin der Kita Dietrich-Bonhoeffer in Bremen, Kirsten Vöge, im Interview zum Thema „Sprachförderung“

Die Kita Dietrich-Bonhoeffer liegt im Bremer Stadtteil Huchting. Ein „durchmischter“ Stadtteil am Stadtrand, in dem verschiedene soziale Milieus zusammenkommen. Die Kita begleitet mit Krippe und Kindergarten derzeit 128 Kinder. Gemeinsam mit einer Kollegin leitet Kirsten Vöge die Einrichtung. Da die Kita auch inklusiv ist, arbeitet hier mit insgesamt 53 Kolleginnen und Kollegen Fach- und Hilfskräfte unterschiedlicher Profession. Von den 128 Kindern haben 28 einen besonderen Förderbedarf.

Stärkere Untersützung für mehr Kinder

Auch in Huchting ist die Zahl der Kinder, die im Spracherwerb stärker unterstützt werden müssen, gestiegen. Die Kita ist auch deshalb eine Sprachkita. Zwei Fachkräfte kümmern sich speziell um diesen Bereich. Dass die Zahl der Kinder, die sprachliche Schwierigkeiten haben, auch in Huchting gewachsen ist, hat sich laut Kirsten Vöge in den Ergebnissen des sogenannten PRIMO-Tests gezeigt. Das ist ein Sprachtest, an dem alle Bremer Kinder ein Jahr vor der Einschulung teilnehmen. Waren es in den vergangenen Jahren immer zwischen 12 bis 15 von 40 Kindern die auffällig waren, zeigte sich im jüngsten Test, dass diesmal knapp 30 Kinder einen besonderen Förderbedarf hatten.

Auf der Suche nach den Ursachen

Daraufhin hätte das Team noch einmal genauer hingesehen, wie der Hintergrund der Betroffenen sei. Wie immer gebe es keine einfachen Antworten, so Vöge. Zunächst einmal betreffe das Kinder, die Deutsch nicht als Muttersprache sprechen würden und die relativ spät in die Kita kämen. Deren Anteil sei in den vergangenen Jahren gewachsen. Eine besondere Gruppe sind auch die Kinder aus der Ukraine, deren Familien vor der Frage stünden, ob es sich um eine Übergangssituation handelt oder ob sie sich auf das neue Land einlassen.

Sprache und Sprachfreude verstärken

Daneben wächst auch die Zahl der Kinder, die hierzulande geboren sind und dennoch einen erhöhten Sprachförderbedarf haben. Hier kann Kirsten Vöge nur Vermutungen anstellen. „Wir nehmen verstärkt zur Kenntnis, dass Kinder früh mit Medien Kontakt haben, also mit Medien, mit Smartphones, mit Tablets und dann natürlich gut beschäftigt sind“, sagt sie. Diese Kinder hätten kein Gegenüber, mit dem sie sprechen könnten, das ihnen Feedback gebe, das sie bestätige, in dem, was sie sagten. Und wenn niemand die Sprache und die Sprachfreude verstärke, dann sei das womöglich auch ein Hemmnis. Die Kinder müssten an das Kommunizieren herangeführt werden. Und da läge der Ball schon bei den Eltern, die auf ihr Kind eingehen sollten.

Zugang zu Büchern verstärken

Auch der Zugang zu Büchern sei ein großes Thema. Vöge fragt danach, ob sich jemand in den Familien mit einem ein Buch hinsetze und vorlese. „Ich müsste ja nicht mal die Geschichte vorlesen, die in diesem Buch steht, sondern einfach ins Gespräch kommen über Bilder, die wir gemeinsam betrachten.“

Um den Familien hier mehr Anregung zu geben, habe man nun eine Ausleihbücherei vor Ort. Neben dem Besuch in der Stadteilbücherei, könnten die Kinder nun auch hier wöchentlich Bücher ausleihen, um einfach überhaupt die Möglichkeit zu haben, zu Hause gemeinsam Bücher anzuschauen.

Sprache als Querschnittaufgabe

Viele Sachen, die in der Kita getan würden, sind lauf Vöge keine besonderen Sachen. Die Haltung in der Kita sei zunächst einmal, Sprache als Querschnittaufgabe zu sehen. Überall stecke Sprache drin und Sprache sei der Schlüssel zur Welt. Vieles stamme aus dem Bundesprojekt „Sprachkita“. Das sei das Fundament. „Wir nutzen jede Möglichkeit im Alltag, um ins Gespräch zu gehen oder dem Kind ein Feedback zu geben“. Dann gebe es eine feste Struktur. So etwa die festen Essenszeiten, zu denen jederzeit Tischgespräche geführt werden könnten. Die Kinder hätten immer eine relativ homogene Gruppe um sich, in der sie ihr Gegenüber kenne und vertrauen würden. So könnten sie sich jederzeit an einem Gespräch beteiligen. Vertrauen und Bindung seien nun mal die Grundlage, um lernen und sich einlassen zu können.

Brücken schaffen mit Metacom Karten

Bedingt durch den erhöhten Förderbedarf setze man auch Metacom Karten ein. Das seien Karten, die eine Situation in einem sehr leichten Bild oder einen Gegenstand zeigten, durch deren Nutzung Kinder die Möglichkeit haben, in einen Kontakt zu kommen. Das sei nun zunächst nicht sprachlich. Aber in jedem Fall habe das Kind die Möglichkeit, etwas auszudrücken. Zudem seien sprachbegleitende Gebärden von besonderer Bedeutung, die überall im Alltag eingesetzt würden. Kinder könnten diese Gebärden mit Worten, mit Lauten und Singen in Verbindung bringen. Damit könnte eine Brücke gebaut werden kann.
Das Wichtigste ist laut Vöge, dass sich jede Fachkraft jederzeit darüber bewusst ist, dass sie das Sprachvorbild für die Kinder darstellt. Zudem sollte jedem klar sein, was für eine Kompetenz oder sogar Macht er habe, Sprache anzuregen oder auch nicht, „durch mein eigenes Sprechen, durch meine Nutzung von gewissen Worten. Das sollten wir in jedem Moment, in dem wir im Kita-Alltag unterwegs sind, wissen.“

Kinder wirklich wahrnehmen

Eltern rät sie, mit ihren Kindern direkt im Kontakt zu sein, ihr Kind wirklich wahrzunehmen, zu hören, was es sagt, was es ausdrücken möchte und es darin zu unterstützen, indem sie natürlich immer positiv darauf reagieren und es verstärken. Das wäre die Grundvoraussetzung,

„Und dann würde ich sagen, das Handy mal in der Tasche lassen und Bücher oder Geschichten nutzen, um gemeinsame Welten auch zu erschaffen.“, ergänzt sie. Dabei gehe es nicht unbedingt darum, die Bücher zu lesen, sondern einfach nur gemeinsam anzuschauen. Gemeinsam Bilder anzusehen, etwas zusammen zu machen und das, was das Kind dort anbiete, zu verstärken, sei enorm wichtig nicht nur für den Spracherwerb.

Über gemeinsame Erlebnisse zur eigenen Familiensprache finden

Gemeinsame Erlebnisse würden Anregungen zu gemeinsamen Gesprächen schaffen, um Sprache in den Alltag zu integrieren. So entstünde eine Familiensprache, die das Fundament für jede weitere Sprache sei. Dabei sollten Eltern einfach die Sprache nutzen, in der sie selbst sicher seien. Denn mit dem Kind Deutsch zu sprechen, wenn man selbst unsicher in dieser Sprache sei, helfe der sprachlichen Entwicklung des Kindes nicht. „Wenn ich allerdings eine Sprache spreche, in der ich groß geworden bin, in der ich denke und träume, dann ist das eine gute Grundlage. Da kann man natürlich sehr schnell feststellen, spricht das Kind diese Sprache wirklich gut oder gibt es auch in der Familiensprache eigentlich Punkte, bei denen man denkt, oh, das könnten Hinweise auch auf eine verzögerte, eine Entwicklungsstörung sein und da gibt es Hilfebedarf.“ Und diese Hilfen stehen in der Kita in Huchting und in der Gemeinde zur Verfügung.

Gernot Körner




Mit Pappe und Bildern den Spracherwerb unterstützen

Kinderbücher sind ein Schlüssel zur Sprachförderung – aber nicht immer:

Die schlechteste Antwort, die ein Erwachsener auf die Frage geben kann, warum er ein bestimmtes Kinderbuch gekauft hat, ist: „Weil es mir gefallen hat“. Warum? Die Antwort ist einfach: Nicht der Geschmack eines Erwachsenen ist entscheidend, sondern der des Kindes. Schließlich ist die selbstgefällige Entscheidung der Erwachsenen eine Hauptursache dafür, dass Kinder oftmals keinen Zugang zu Büchern finden und letztlich auch die Motivation dazu.

Bücher sind das Tor zur Welt. Das gilt besonders für Bücher für die Kleinsten: die Pappbücher und Bilderbücher. Hier entdecken Kinder das Buch, lernen die Übertragung in die Zweidimensionalität und entwickeln die Sprachfertigkeit weiter. Leider klappt das immer seltener. Ein Grund: Viele Kinderbücher sind nicht wirklich für Kinder gemacht.

Mit allen Sinnen die Welt entdecken

Pappbilderbücher sind die ersten Bücher, die kleine Kinder in die Hand bekommen. Das geschieht meist im Alter von zehn Monaten bis zwei Jahren. In dieser Zeit ist für Kinder alles neu. Sie entdecken die Welt mit allen Sinnen und lernen sprechen. Das alles geschieht in ihrer engsten Umgebung.

In dieser Altersgruppe müssen Pappbilderbücher an die Alltagswelt und die Entwicklung der Kinder anschließen. So lernen die Kinder, ihre Welt in die zweidimensionale Welt des Buches zu übertragen, verarbeiten ihre Eindrücke und lernen, diese zu benennen. 

Abstrakte Kunst für kleine Kinder  

Wer mit diesem Anspruch die Buchhandlung um die Ecke besucht, erlebt so manches Mal sein blaues Wunder. Da sind zum einen wahre Kunstexperimente, die den Kindern untergeschoben werden. Abstrakte Darstellungen oder stark verniedlichte Darstellungen von Tieren und Menschen, die so stark verändert sind, dass ein Kind im Alter von ein bis zwei Jahren keine Chance hat, sie zu erkennen.

Daneben finden wir bekannte Bilderbücher ins Pappbilderbuch übertragen. Was also bisher für Kinder ab drei oder gar vier Jahren empfohlen wurde, ist jetzt durch die Pappe für Kinder ab einem Jahr geeignet? Zudem finden sich für Zweijährige so packende Themen wie Quantenphysik, Mittagsschlaf oder die Frage nach der Farbe von Küssen. Sollen das spannende Geschichten für Kleinkinder sein?

Es geht oft nur um die Erwachsenen

Sicher nicht! Aber schließlich kaufen auch nicht die Kinder sondern Erwachsene die Bücher. Denen soll der Inhalt gefallen. Zudem kann es so manche BuchhändlerIn gar nicht erwarten, die Kinder mit abstrakter Kunst zu beglücken. Während so einige Verleger meinen, die Chance nutzen zu müssen, um mit seinen Bilderbucherfolgen im Pappeformat noch einmal Reibach zu machen. Weder BuchkäuferInnen, BuchhändlerInnen noch die Verlage denken dabei an die Kinder. Im schlimmsten Fall schaden diese Bücher den Kindern, weil sie entweder überfordert sind oder nichts damit anfangen können.

Vom Meister des Pappbilderbuchs

In einem Interview mit der Literaturgarage hat Helmut Spanner, der Meister des Pappbilderbuchs, über seine Arbeit gesprochen. Schon als Student auf der Kunstakademie setzte er sich vor über 40 Jahren mit dem Pappbilderbuch auseinander. In seiner Examensarbeit widmete er sich dem Thema und stellte in einer kleinen Studie mit 50 Kindergartenkindern fest, warum sie mit so mancher Darstellung einfach nichts anfangen konnten.

Auf diesen Erkenntnissen baute er dann sein Werk auf.  „Bei den Kleinkindern geht es nur um ursprüngliche, einfache, existenzielle Dinge.“, erklärt er. Seine Bücher holen die Kinder eben dort ab, wo sie stehen. Wie auch Prof. Armin Krenz in seinem Artikel über spielen und lernen schreibt, entwickelt sich der Mensch über das Tun. Spanner bezeichnet dies als „Greiferfahrung“.

„Kinder kommen über die Hände“

„Die Kinder kommen über die Hände. Die visuelle Wahrnehmung ist am Ende des zweiten Lebensjahres erst führend. Das heißt, die taktile Wahrnehmung, die Greiferfahrung, ist wichtig, ist eine Vorstufe der rein abstrakten visuellen Wahrnehmung. So lernen die Kinder durch Greifen Wahrnehmung – sie begreifen. Was früher etwa eine Tasse war, in die das Kind reingreifen konnte, taucht jetzt im Buch auf. Hier kann es aber nicht mehr reingreifen. Es kann die Tasse auch nicht mehr umfassen. Es ist eine platte Welt. Die reale Tasse ist Natur und das Buch ist Kultur. Für einen Erwachsenen ist das alles völlig normal. Ein Kind steht aber vor einer völlig unbekannten Welt.“ sagt Spanner.

Kinder entdecken im Buch die Welt neu

Im Buch ist dann alles anders. Und die Kinder entdecken die Welt völlig neu. „Je weiter die Bilder aus dem Greifbereich hinausgehen, desto schwieriger sind sie zu erkennen, desto abstrakter sind sie. Deshalb müssen sich Pappbilderbücher für kleine Kinder möglichst nahe an die Realität halten. Meine Sachen sind nicht vom Erscheinungsbild her, sondern geistig reduziert. Das heißt etwa, dass ich eine Tasse ohne irgendwelche Muster zeichne. Weil ein Kind sonst die Muster mit der Tasse mitlernen würde. Das führt dann später im schlimmsten Fall zu Vorhängen mit Blumenmuster.“

Erste Wörter – Erste Sätze

Natürlich stammt unser Aufmacherbild aus einem der Bücher von Helmut Spanner. Es heißt „Erste Wörter – erste Sätze“ und ist in unserem Schwesterverlag Oberstebrink erschienen. Dr. Dagmar Eckart schreibt auf ihrem Buchblog dazu: „Max badet die Puppe. Lulu schaut zu. Nicki ruht sich aus. Klingt einfach, oder? Für Kinder sind solche Sätze jedoch ein Meilenstein im Spracherwerb. Das Papp-Bilderbuch ,Erste Wörter, erste Sätze’ von Helmut Spanner ist voll davon und hilft Kindern, aus Wörtern Sätze zu bilden.“

Und weiter heißt es: „Im Mittelpunkt des Geschehens steht eine bunte Truppe kleiner Bären, die genau das tun, was kleine Kinder auch machen: spielen, bewegen, im Haushalt helfen und miteinander agieren. Rund 20 solcher Alltagssituationen passen auf eine Doppelseite. Das erzeugt einerseits ein leicht wimmeliges Gesamtbild, auf dem es immer etwas zu entdecken gibt. Andererseits bleibt genug Raum für kleine, alltagsnahe Details wie eine Nudel, die noch aus dem Topf heraushängt. Immer mit dabei ist ein Baby-Bär, der genau wie die größeren Bären mitmachen möchte. Nicht nur das sorgt für ein angenehm offenes Rollenbild: Ob Bären-Mädchen oder Junge – jeder macht alles und packt überall an … Es gibt erstaunlich wenig Bilderbücher für Kinder unter zwei Jahren, die die Interaktion zwischen Kindern so in den Mittelpunkt stellen.“

Wenke Bönisch von der Kinderbibliothek beschreibt dies: „Spanner verzichtet auf Details im Hintergrund, was viel zu sehr verwirren würde. Die kleinen Leser entdecken so ihre eigene Welt, wenn Taps auf Stelzen balanciert und ein Pflaster auf der Stirn auf eine Schramme hinweist. Oder wenn Tommi über die Drachenschnur fällt, weiß so manches Kind, wie weh es tut. Gestik, Mimik und vor allem die Körperhaltung ist absolut natürlich. Spanner gestaltet illustratorisch die Gegenstände so genau, als würde man sie wahrhaftig spüren – die Wärme des Holzes, das Nass des Abwaschwassers, die metallene Schubkarre. Zu jeder Szene gibt es einen ganz kurzen Satz. Auch hier bleibt Spanner bei seiner Leserschaft: Subjekt, Prädikat, mal ein Objekt. So lernen die Kleinen, die Bilder mit den ersten Wörtern, mit den ersten Sätzen zu verknüpfen. Sie dechiffrieren die Welt und die Sprache. Eine nicht einfache Aufgabe!“

Von diesem und anderen Pappbilderbüchern

Freilich hört sich das Ganze an, wie Werbung für das Buch „Erste Wörter – Erste Sätze“, das die Diplom Pädagogin und Buchhändlerin Gabriele Hoffmann als „DAS Bilderbuch für Sinn erschließenden Spracherwerb“ bezeichnet (siehe auch Video). Aber das Prinzip des Pappbilderbuches wird damit auch klar und genau deshalb haben wir es auch ins Programm genommen. Es gilt, die Entwicklung des Kindes zu beachten, vom Kind aus zu denken, seine Alltagswelt realistisch abzubilden, statt ihm die Gedanken- und Geschmackswelt der Erwachsenen überzustülpen.  

Natürlich hat Spanner noch viel mehr Pappbilderbücher wie etwa die Bestseller „Erste Bilder – erste Wörter“ oder „Ich bin die kleine Katze“ publiziert. Oder denken wir nur an die Bücher von Eric Carle wie etwa „Die kleine Raupe Nimmersatt“, die schon seit über 50 Jahren aus keinem Kindergarten mehr wegzudenken ist.

Und wie soll es nun sein?

Auf die Frage, wie denn ein Pappbilderbuch für Kinder sein sollte, antwortet Spanner: Nahe an der Realität muss es sein, ästhetisch, also geschmacksbildend, es muss einfach sein, echt und ohne Unstimmigkeiten, emotional … Es ist nicht der freie künstlerische Stil, der im Pappbilderbuch gefragt ist. Die Ansprüche gehen vom Kind aus. Ich kann mich eben nicht als freier Maler im Pappbilderbuch verwirklichen. Da bin ich falsch. Das ist eine andere Kategorie. Es geht um die Kinder. Aber nicht in dem Sinne, nur das zu befriedigen, was die Kinder sehen wollen.“ Weitere Infos zu Helmut Spanner unter https://www.helmut-spanner.de.

Vom Wesen der Tiere

Einen Schritt weiter geht die niederländische Pastellmalerin Loes Botman. Sie weiß wie keine andere, wie sie den Charakter der Tiere in ihren faszinierenden Pastellzeichnungen zum Ausdruck bringen kann. Dies ist einer der Gründe, warum ihre Bücher von kleinen Kindern so geliebt werden. Ihnen erschließt sich hier eine faszinierende neue Welt, in der die kleinen Tiere in einem natürlichen Hintergrund wunderschön zum Leben erweckt werden.

Einen Schritt weiter geht die niederländische Pastellmalerin Loes Botman. Sie weiß wie keine andere, wie sie den Charakter der Tiere in ihren faszinierenden Pastellzeichnungen zum Ausdruck bringen kann. Dies ist einer der Gründe, warum ihre Bücher von kleinen Kindern so geliebt werden. Ihnen erschließt sich hier eine faszinierende neue Welt, in der die kleinen Tiere in einem natürlichen Hintergrund wunderschön zum Leben erweckt werden.

Aufgrund der Hintergründe sind die kleinen Pappbilderbücher etwas komplexer als jene von Helmut Spanner. Deshalb sind die Bücher für Kinder erst ab 18 Monaten geeignet. Dabei hält sich Botman mit den Hintergründen zurück. Diese sind lediglich die Bühne für die Tiere.

Dr. Wenke Bönisch lobt die detailgetreuen und realistischen Abbildungen. „Man spürt fast schon das weiche Fell der Katze oder den harten Panzer der Schildkröte.“, schreibt Sie in ihrer Rezension. Zu jeder Abbildung gibt es einen kleinen Reim, in dem eine Eigenschaft des Tieres hervorgehoben wird. Die Reime bilden den Wortschatz und das Sprachgefühl der Kleinkinder. Mehr Informationen zu den Büchern von Loes Botman finden Sie hier.




Kita-Fachkräfteverband Bayern mahnt mehr Qualität in der Bildung an

Mit der Publikation des Wiff-Fachkräftebarometers stellt der Verband zahlreiche Mängel im System fest

Der Verband der Kita-Fachkräfte in Bayern nimmt das von der Weiterbildungsinitiative Frühpädagogische Fachkräfte (Wiff) publizierte „Fachkräftebarometer Frühe Bildung 2023“ zum Anlass, um die Ernsthaftigkeit der Bayerischen Staatsregierung bezüglich ihrer Bildungs- und Kitapolitik zu hinterfragen. Die Staatsregierung beteuere immer wieder, dass das Wohl der Kinder an erster Stelle stehen müsse, heißt es in der Pressemitteilung des Vereins. Erst jüngt habe die bayerische Sozialministerin Ulrike Scharf mitgeteilt: „Kinder sind das wertvollste Gut unserer Gesellschaft“. Doch die Ergebnisse des vor Kurzem Fachkräftebarometers ließen Zweifel an der Ernsthaftigkeit dieser Aussage zu.

Niedrigstes Qualitätsniveau bundesweit

Die Studie des Wiff zeige, dass Bayern im Vergleich mit den anderen Bundesländern das geringste Qualifikationsniveau beim pädagogischen Personal habe. Die bayerische Staatsregierung führe mit dem modularen Weiterbildungskonzept eine Möglichkeit ein, um auf schnellerem Weg mit weniger Wissensvermittlung und Praxisbegleitung kurzfristig Personal zu gewinnen, beklagt der Verband. Das Konzept beinhalte Weiterbildungen, die nicht dem DQR-Level zugeordnet werden könnten, keine zentral gestellten Prüfungen hätten, außerhalb des zertifizierten und erfahrenen Schulwesens stattfänden und nur in Bayern mit Zustimmung der jeweiligen Aufsichtsbehörde zum Einsatz kommen dürften. Dadurch werde das Qualifikationsniveau in den kommenden Jahren noch weiter sinken. Dramatisch seien auch die Zahlen zur Leitungsfreistellung in Bayern, das eines der drei Bundesländer wäre, in denen die Leitungsfreistellung nicht verbindlich geregelt sei. Dies zeige sich auch an der mangelhaften Umsetzung.

80 Prozent der Leitungen verfügen über keine ausreichenden Leitungsressourcen

In diesem Zusammenhang verweist der bayrische Fachkräfte Verband darauf, dass laut Barometer, fast 80 Prozent der Leitungen in Bayern über keine ausreichenden Leitungsressourcen verfügen. Auch bei diesem Qualitätsindikator sei Bayern bundesweit das Schlusslicht. In Bayern habe das pädagogische und Leitende Personal im Schnitt lediglich 0,9 Stunden pro Person Leitungsfreistellung, während diese deutschlandweit 2,2 Stunden betrage. Man könne den Eindruck gewinnen, dass Ausbau und Betreuung statt Bildung bei der Bayrischen Staatsregierung an erster Stelle stehe.

Beim Personalschlüssel im Mittelfeld

Beim Personalschlüssel könne Bayern immerhin Ergebnisse im Mittelfeld verzeichnen, auch wenn diese noch lange nicht den wissenschaftlichen und fachpraktischen Empfehlungen genügen würden und in den nächsten Jahren unbedingt weiterentwickelt werden müssten, so der Verband. So liege Bayern bei den unter Dreijährigen Kindern gemeinsam mit Schleswig-Holstein auf Rang vier, bei den Kindergartenkindern jedoch nur auf Rang acht. Hingegen bei den altersübergreifenden Kindern auf Rang drei und im Bereich für Schulkinder sogar auf Rang zwei.

„Staatsregierung entzieht sich der Verantwortung“

Im Austausch mit der Staatsregierung höre der Verband immer wieder das Argument, dass die Träger und Kommunen für gute Bedingungen sorgen müssten. Die Staatsregierung entziehe sich hier der Verantwortung. Träger und Kommunen könnten nur insoweit gute Bedingungen schaffen, wie sie diese auch finanzieren könnten. Da der Freistaat maßgeblich an der Finanzierung beteiligt sei, müsste diese intensiviert werden um für qualitative Verbesserungen zu sorgen.

Dringender Appell für qualitativ hochwertige Bildung

Aus den Ergebnissen der Studie lässt sich zudem ableiten, dass Bundesländer, die mehr Regelungen zur Qualität in ihren Kita-Gesetzen vorgeben, in zentralen Punkten bessere Ergebnisse verzeichneten. „Wir appellieren daher an die neue Staatsregierung ihre Arbeitsweise aus den letzten Legislaturperioden auf ihre Wirksamkeit hin zu überdenken. Wenn Kinder wirklich das wertvollste Gut unserer Gesellschaft sind, sollte es nicht um Betreuung um jeden Preis gehen, sondern um qualitativ hochwertige Bildung in bayerischen Kindertageseinrichtungen, die gute Arbeitsbedingungen für das Personal voraussetzt.“, so der Verband der Kita-Fachkräfte Bayern.

Quelle: Pressemitteilung des Verbands Kita-Fachkräfte Bayern




Transparente Strukturen können Arbeitszufriedenheit in Kitas erhöhen

Ein Interview mit Anne Ruppert zur Arbeitsplatzsituation pädagogischer Fachkräfte

Die Diskussion um den Fachkräftemangel in Kindertagesstätten ist aktueller denn je. Im August wurden im Rahmen des Kita-Qualitätsgesetzes vier Milliarden Euro für bessere Qualität in Kitas von der Bundesregierung freigegeben. Eine Investition, die bitter nötig ist, denn in den vergangenen rund 16 Jahren wurden mehr Betreuungsplätze für Kinder unter drei Jahren geschaffen und die Ganztagesbetreuung ausgebaut. Gleichzeitig haben die qualitativen Anforderungen zugenommen durch Inklusion, Integration und die Zusammenarbeit mit den Eltern, aber auch durch den insgesamt gewachsenen Anspruch an Kitas als Bildungseinrichtung. Die gestiegenen Anforderungen sorgen bei den pädagogischen Fachkräften für ein Gefühl von Überforderung, viele sind überlastet und leiden unter den Arbeitsbedingungen, was sich beispielsweise in hoher Fluktuation oder im Burn-Out äußert. In der Folge fangen gut ausgebildete Fachkräfte häufig Personalstunden auf, was wiederum zu Frustration und Unzufriedenheit führt. Mit anderen Worten: Die Personalsituation hinkt dem Ausbau der Angebote deutlich hinterher.

Doch neue Fachkräfte gewinnt man nicht von heute auf morgen. Das vorhandene Fachpersonal halten ist somit die Devise und den Beruf attraktiver machen. Daher ist die Fragestellung, mit der sich die Pädagogin Anne Ruppert, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Fachbereich Sozialwesen der Hochschule Bielefeld (HSBI), in ihrer kürzlich abgeschlossenen Doktorarbeit am beschäftigt hat, absolut relevant: Was trägt zur Arbeitszufriedenheit pädagogischer Fachkräfte bei?

Anne Ruppert

Frau Ruppert, wie kam es dazu, dass Sie genau dieser Frage wissenschaftlich auf den Grund gegangen sind?

Ruppert: Ich habe selbst einige Jahre in einer Kindertageseinrichtung gearbeitet und danach mehrere Jahre als selbstständiger Coach Kita-Teams beraten. Dabei nahm ich zum einen die Fluktuation innerhalb der Teams als stetige Unruhe wahr. Zum anderen wurde ich gezielt von TrägervertreterInnen gefragt, wie die hohe Fluktuation zu erklären ist und was dagegen unternommen werden kann. Diese Frage war Anstoß meiner Forschungsarbeit. Dabei habe ich mich oft gefragt, warum manche Teams funktionieren und über Jahre bestehen bleiben und in anderen Teams ein kontinuierlicher Wechsel der Fachkräfte stattfindet.

Wie sind Sie bei Ihrer Arbeit vorgegangen und was ist dabei herausgekommen?

In zwölf leitfadengestützten Interviews habe ich mit Erzieherinnen, Kindheitspädagoginnen und Kita-Leitungen gesprochen. Meine These war zunächst, dass die Mit- und Selbstbestimmung ein entscheidender Faktor sein könnte. Es zeigte sich, dass Partizipation zwar wichtig ist, aber vielmehr wünschten sich die Befragten transparente Strukturen und Zuständigkeiten sowie einen festen Rahmen, in dem Partizipation stattfindet. Ich nenne das `autonomieunterstützende Begleitung‘. Das bedeutet, ich möchte selbstständig arbeiten, wünsche mir aber Feedback und einen klaren Rahmen, in dem ich handle. Dadurch entsteht Sicherheit im beruflichen Handeln, was wiederum die Zufriedenheit erhöht.

Ein Beispiel: eine Erzieherin muss ein Elterngespräch führen und fühlt sich unsicher. Wenn sie weiß, dass sie den Fall mit ihrer Kita-Leitung besprechen kann, von ihr ein hilfreiches Feedback bekommt oder auch das Angebot, sie in dem Gespräch zu begleiten, so hilft das enorm. Fühlen sich die Fachkräfte hingegen allein gelassen, kann dies zu Unsicherheit und gegebenenfalls Überforderung führen, und das wiederum zu Unzufriedenheit.

Trifft das Ergebnis ausschließlich für das Verhältnis zwischen pädagogischem Fachpersonal und der Kita-Leitung zu oder auch für Kita-Leitung und Träger?

Das Ergebnis trifft auch auf die Zusammenarbeit zwischen Kita-Leitung und Träger zu. Die pädagogische Fachkraft im Gruppendienst nimmt die Position und Verantwortlichkeiten der Leitungskräfte als enorme Entlastung wahr. Fühlt sich die Fachkraft überfordert, kann sie die Verantwortung an die Leitungskraft übertragen. Wie im Beispiel des Elterngesprächs.

Die Leitungskräfte hingegen arbeiten eher autark und örtlich getrennt von ihren Vorgesetzten. Wenn regelmäßiger Austausch und Unterstützungsangebote zwischen Leitungskraft und Träger vorhanden sind, trägt das zur Zufriedenheit bei. Auf der anderen Seite berichteten Leitungskräfte, dass sie Aufgaben übertragen bekommen haben, die sie als überfordernd wahrnahmen und dazu kein Unterstützungsangebot oder Feedback vom Träger erhielten. Das wiederum trägt zu Unsicherheit und Unzufriedenheit bei.

Können Sie noch weitere Beispiele nennen, die aufzeigen, wo sich die Fachkräfte klare Strukturen bei gleichzeitig selbstbestimmtem Handeln wünschen?

Fachkräfte nehmen sich in ihrer Arbeit als selbstbestimmt wahr. Gleichzeitig rahmen einige Spannungsfelder die frühpädagogische Arbeit und können zu Irritationen führen, zum Beispiel über Qualitätsansprüche. In der Diskussion um Professionalisierung und Qualität wird wiederkehrend über das Ausbildungsniveau der Fachkräfte gesprochen, gleichzeitig werden personelle Engpässe vielfach durch ungelernte Kräfte ausgeglichen. Hier besteht ein Widerspruch. Durch transparente Verantwortungsbereiche für gelernte und ungelernte Kräfte könnte diesem Widerspruch entgegengewirkt werden.

Ebenso verhält es sich mit der Kontinuität des Betreuungspersonals, welches als die zentrale Grundlage für Bildungs- und Bindungsprozesse gilt. In der Praxis werden Fachkräfte hingegen oft mit befristeten Verträgen eingestellt, was zu Unsicherheiten für die Beschäftigten führt. Nicht nur für die befristet angestellte Fachkraft, sondern auch für das Team, welches in einer Ungewissheit über die zukünftige Teamzusammensetzung arbeitet.

Welche Rolle spielen da die noch unscharf definierten Berufsfelder von Erzieherinnen und Kindheitspädagoginnen?

Diese Frage schließt sich der Beantwortung der vorherigen Frage an: Eine transparente Definition der einzelnen Berufsfelder findet sich in der Praxis aktuell noch selten. Das kann zum Beispiel bedeuten, dass Kindheitspädagoginnen mit abgeschlossenem Studium in frühpädagogischen Einrichtungen als Erzieherinnen arbeiten. Diese Berufsbezeichnung bildet jedoch nicht das Studium und den Abschluss der Kindheitspädagoginnen ab. Hier wäre es besonders wichtig, eine klare Definition der einzelnen Berufsfelder herzustellen, um Anreize zum Studium der Kindheitspädagogik zu sichern. Es stellt sich sonst die Frage, warum Fachkräfte Kindheitspädagogik studieren sollten, wenn sie mit Abschluss des Studiums in einem Ausbildungsberuf arbeiten und auch die gleiche Tätigkeit in der Einrichtung ausüben.

Das Kita-Qualitätsgesetz steht vor der Umsetzung: vier Milliarden Euro sollen vor allem in den Personalausbau fließen. Wie sehen Sie das Gesetz mit Blick auf Ihre Forschungserkenntnisse und wie kann es gelingen, das Personal zu gewinnen bzw. junge Menschen für das Berufsbild zu begeistern?

In Hinblick auf meine Forschungsergebnisse und auf die Qualität von Kindertageseinrichtungen ist unter anderem die Stärkung der Leitungskompetenz eine unumgängliche Voraussetzung. Zum einen zeigen Untersuchungen, dass die Attraktivität einer Leitungsposition abnimmt, zum anderen verdeutlichen Forschungsergebnisse, dass die Führung einer Einrichtung sich nachweislich auf die Qualität der frühpädagogischen Arbeit auswirkt.

In diesem Zusammenhang wäre auch die Anhebung des Personalschlüssels oder auch der gezielte Einsatz von fachlich einschlägigen Fachkräften wie. Kindheitspädagoginnen, Motopädinnen ein gutes Mittel, um die Qualität der frühpädagogischen Arbeit zu sichern. Frühpädagogische Fachkräfte wollen vor allem mit Kindern arbeiten, doch im Alltag zeigt sich häufig, dass der Anteil dieser Arbeit verhältnismäßig gering ausfällt, weil der Personalmangel wenig zeitliche Ressourcen für die Beschäftigung mit den Kindern lässt. Untersuchungen zeigen, dass die Relation von Fachkräften und Kindern unterhalb der empfohlenen Relation liegt und Leitungskräfte angeben, dass sie im zurückliegenden Jahr 20 Prozent der Zeit in einer personellen Unterbesetzung gearbeitet haben. Da bleibt nicht mehr viel Zeit für die individuelle Arbeit mit den Kindern.

Die Anhebung des Personalschlüssels, insbesondere auch um Kindern mit besonderen Bedürfnissen gerecht zu werden, ist daher aus meiner Sicht unumgänglich. Gleichzeitig muss in eine gute Organisation der MitarbeiterInnen vor Ort investiert werden, damit die Maßnahmen im Alltag Früchte tragen. Nur, weil mehr Fachkräfte in den Einrichtungen sind, verbessert sich nicht automatisch die Qualität. Es bräuchte Strukturen, die gezielte Angebote und Zuständigkeiten sicherstellen. Am Ende sind wir dann wieder bei Maßnahmen zur Qualitätssicherung durch Leitungskräfte und Träger. Es müsste darauf hingewirkt werden, dass Fachkräfte der Arbeit nachgehen können, für die sie sich vor ihrer Ausbildung entschieden haben: Die Arbeit mit den Kindern. Darüber hinaus braucht es verlässliche Strukturen, unbefristete Verträge und Kontinuität in den Teams, um den Kopf frei zu haben für die eigentliche Arbeit.

Dr. Lars Kruse, Ressort Hochschulkommunikation, Hochschule Bielefeld




Personalnot in der Kindertagesbetreuung wächst

Neues Fachkräftebarometer präsentiert aktuelle Befunde zu Personal, Arbeitsmarkt und Ausbildung

Zehn Jahre nach Einführung des Rechtsanspruchs auf einen Kita-Platz für unter Dreijährige erscheint das Arbeitsfeld Kita stark wie nie: Die amtliche Statistik zu Einrichtungen, Personal und Auszubildenden verzeichnet jährlich neue Höchstwerte. Trotz beeindruckender Zahlen herrscht Krisenstimmung. Die Personalnot in den Einrichtungen wächst ebenso wie die Sorge um eine Absenkung fachlicher Standards sowie Ausfälle in der Bildung, Betreuung und Erziehung der Kinder. Zusätzlich erhöht der 2026 beginnende Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder den Druck auf das System der Kindertagesbetreuung.

Einordung und Hinweise auf Entwicklungspotenziale

Welche Hinweise liefern die amtlichen Daten bereits heute in Hinblick auf das Krisenszenario? Wie attraktiv ist eine Beschäftigung in der Kindertagesbetreuung für den dringend benötigten pädagogischen Nachwuchs? Kann die Institution Kita ihrem Bildungsauftrag auch zukünftig gerecht werden? Diese Fragen ordnet das neu erschienene Fachkräftebarometer Frühe Bildung 2023 der Weiterbildungsinitiative Frühpädagogische Fachkräfte (WiFF) empirisch ein und gibt Hinweise auf Entwicklungspotenziale.

Personalwachstum in Kitas hält an

Die Covid-19-Pandemie hat das Personalwachstum in Kindertageseinrichtungen nicht zum Stillstand gebracht. 2022 arbeiteten in Deutschland in knapp 59.500 Kindertageseinrichtungen fast 842.000 Beschäftigte. Dies entspricht einen Anstieg um 7% seit 2019. 722.000 Personen sind pädagogisch und leitend tätig; 257.800 Personen mehr als noch zehn Jahre zuvor. Mit einem Männeranteil von lediglich 8% ist das Arbeitsfeld nach wie vor weiblich dominiert. Dennoch ist es zuletzt gelungen, verstärkt männliche Nachwuchskräfte zu gewinnen. So liegt der Männeranteil bei den unter 30-Jährigen bei knapp 13% und ist damit deutlich höher als bei den über 30-Jährigen mit 6%.

Rückgänge bei der Kindertagespflege

In der Kindertagespflege setzt sich der Wachstumstrend nicht mehr fort. Zwischen 2020 und 2022 ist die Zahl der Tagespflegepersonen sogar von rund 44.800 auf 41.900 gesunken. Anders als in den Vor-Corona-Jahren nahm auch die Zahl der betreuten Kinder ab. Zuletzt waren es noch 166.300 gegenüber rund 174.000 Kindern im Jahr 2020 (-4%). Eine Tagespflegeperson betreut aktuell im Schnitt vier Kinder. Damit liegt die Betreuungsrelation auf dem gleichen Niveau wie bei Krippenkindern in Kitas. Mit dem Rückgang in der Tagespflege erhöht sich der Druck auf das Kita-System, den U3-Ausbau weiter voranzutreiben.

Das Arbeitskräftereservoir ist weggeschmolzen

Der arbeitnehmerfreundliche Arbeitsmarkt hat sich positiv auf die Beschäftigungsbedingungen ausgewirkt. Waren 2015 noch 15% aller pädagogisch und leitend Tätigen befristet angestellt, lag dieser Wert 2022 nur noch bei 11%. Zwischen 2012 und 2021 sind die Gehälter in der Frühen Bildung um 26% gestiegen. Dennoch wächst die Lücke zwischen offenen Stellen und Personen, die diese besetzen könnten. Kamen im Jahr 2012 noch 142 arbeitslos gemeldete Erzieherinnen und Erzieher auf 100 offene Stellen, so waren es zuletzt nur noch 62. Die Zahl der Stellenangebote für diese Berufsgruppe ist in den letzten drei Jahren um 20% gestiegen, während die Zahl der arbeitslos gemeldeten Personen um 4% zurückgegangen ist. Die berufsspezifische Arbeitslosenquote liegt in der Frühen Bildung bei gerade mal 1,1%.

Ausbildungssystem stößt an Kapazitätsgrenzen

In den letzten zwei Jahren wurden 44 Fachschulen für Sozialpädagogik neu gegründet. Die dort angebotene Ausbildung zur Erzieherin und zum Erzieher verzeichnete im selben Zeitraum ebenfalls steigende Zahlen von Anfängerinnen und Anfängern. Die jährlichen Zuwächse lagen mit jeweils 3% allerdings deutlich unter denen von vor 10 Jahren (+9%). Für den weiteren Ausbau fehlen zunehmend Räumlichkeiten und Lehrkräfte, wie Studien der WiFF zeigen. Die akademisch ausgebildeten Kindheitspädagoginnen und -pädagogen bilden im Arbeitsfeld weiterhin eine kleine Gruppe. Im Jahr 2022 verfügten nur 1,5% der Kita-Fachkräfte über ein entsprechendes Studium. Dieser Befund korrespondiert mit dem Umstand, dass die Ausbaudynamik kindheitspädagogischer Studiengänge in den vergangenen fünf Jahren zum Stillstand gekommen ist. Im Jahr 2021 haben 3.800 Studierende ein Bachelor- und 423 ein Master-Studium aufgenommen. Die Zahlen der Absolventinnen und Absolventen eines Bachelor-Studiengangs sind seit 2019 rückläufig: 2021 schlossen 2.162 Personen ein solches Studium ab – 10% weniger als im Vorjahr.

„Bei der Fachkräftegewinnung muss eine höhere Aufmerksamkeit darauf liegen, dass Schülerinnen und Schüler sowie Studierende die einschlägigen Ausbildungsgänge auch erfolgreich abschließen. Dafür benötigen wir eine engere individuelle Begleitung während Ausbildung und Studium, aber auch in der Phase der Einmündung in den Beruf“, sagt Professorin Dr. Kirsten Fuchs-Rechlin, Leitung der WiFF und der Autorengruppe Fachkräftebarometer.

Bildungs- und Betreuungsqualität hängt weiterhin vom Wohnort ab

Immer noch gibt es große regionale Unterschiede hinsichtlich der Qualität in den Einrichtungen. So variiert die Zeit, die Leitungskräften in Einrichtungen vergleichbarer Größe für ihre Tätigkeit zur Verfügung steht, in den Bundesländern um bis zu 15 Wochenstunden. Auch der Personal-Kind-Schlüssel unterscheidet sich – trotz erzielter Verbesserungen – stark. Pro Fachkraft liegt die Varianz in Krippengruppen bei bis zu drei Kinder, in Kindergartengruppen bei bis zu fünf und in Schulkinder-gruppen bei bis zu elf Kindern. Unterschiedliche Wege gehen die Länder zudem beim Qualifikationsniveau des Personals und dem Einsatz von Assistenz- und Hilfskräften.

„Insgesamt zeigt das Fachkräftebarometer Frühe Bildung einmal mehr, wie wichtig es ist, eine Grundlage an verlässlichen und fortschreibbaren Daten zur Verfügung zu haben, die dabei behilflich sind, Erfolge und Errungenschaften ebenso zu würdigen wie ausstehende Herausforderungen klar beim Namen zu nennen. Nur so lassen sich Krisen konstruktiv bewältigen“, bilanziert Professor Dr. Thomas Rauschenbach, der die Autorengruppe Fachkräftebarometer gemeinsam mit Professorin Dr. Fuchs-Rechlin leitet.

Fachkräftebarometer Frühe Bildung

Das Fachkräftebarometer Frühe Bildung liefert alle zwei Jahre auf Basis amtlicher Daten ausführliche Informationen über Personal, Arbeitsmarkt, Erwerbssituation sowie Ausbildung und Qualifizierung in der Frühpädagogik sowie im Ganztag. Mit dem aktuellen Band erscheint die nunmehr fünfte Ausgabe des Berichts.

Die Weiterbildungsinitiative Frühpädagogische Fachkräfte (WiFF) ist ein Projekt des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF), der Robert Bosch Stiftung und des Deutschen Jugendinstituts (DJI). WiFF wird in Kooperation mit dem Forschungsverbund DJI/TU Dortmund durchgeführt und aus Mitteln des BMBF gefördert.

Originalpublikation:

Autorengruppe Fachkräftebarometer (2023): Fachkräftebarometer Frühe Bildung 2023. Weiterbildungsinitiative Frühpädagogische Fachkräfte

https://www.doi.org/10.3278/9783763976287

Sonja Waldschuk Abteilung Medien und Kommunikation, Deutsches Jugendinstitut e.V.




Kostenlos für Kitas: Methodenset „Klischeefrei fängt früh an“

Wimmelbuch, Memo, Servicekarten und Methodenset zur frühkindlichen Bildung

Kinder werden schon früh mit einengenden Geschlechterklischees konfrontiert. Diese verfestigen sich im Lebensverlauf und können sich später auf die Berufs- und Studienwahl auswirken. Das Methodenset „Klischeefrei fängt früh an“ eignet sich zur Reflexion von Geschlechterklischees in der frühkindlichen Bildung.

Das Methodenset „Klischeefrei fängt früh an“ enthält Methoden für:

  • die klischeefreie pädagogische Arbeit mit Kindern,
  • die Sensibilisierung und Selbstreflexion im Team,
  • die Einbindung von Eltern und Erziehungsberechtigten
  • sowie Tipps und Anregungen für die Vor- und Nachbereitung und die Umsetzung im Kita-Alltag.

„Mein großes Berufe-Wimmelbuch“ und „Mein Berufe-Memo“ ergänzen das Methodenset mit bunten Bildern aus verschiedenen Lebens- und Berufswelten.

Weitere Informationen und Bestellmöglichkeiten finden Sie hier

Die Initiative Klischeefrei macht sich für eine Berufs- und Studienwahl frei von Geschlechterklischees stark. Der bundesweite Zusammenschluss von Partnerorganisationen aus Bildung, Politik, Wirtschaft, Praxis und Wissenschaft setzt zielführende Maßnahmen um, vernetzt sich und tauscht Materialien und gute Praxis aus.

Herausgeber ist das Bundesinstitut für Berufisbildung




Betreuungsplätze: Fast 300.000 U3-Kitaplätze fehlen

Obwohl Eltern und ihre Kinder seit zehn Jahren einen Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz haben, gab es in diesem Jahr für 299.000 Kinder unter drei Jahren keinen Platz. Das zeigen Berechnungen des IW auf Basis neuere Daten des Statistischen Bundesamtes und des Bundesfamilienministeriums. 1,16 Millionen Eltern wünschten sich einen Betreuungsplatz für ihr Kind, doch nur 857.000 bekamen einen. Insgesamt geht jedes siebte Kind unter drei Jahren leer aus. 

In Bremen findet jedes fünfte Kind keinen Platz

Je nach Bundesland unterscheidet sich die Betreuungssituation stark. Am besten schneidet Mecklenburg-Vorpommern ab: Hier fehlen nur für knapp drei Prozent aller Kinder unter drei Jahren Betreuungsplätze. Und auch in den anderen ostdeutschen Bundesländern ist die Lage vergleichsweise entspannt, in Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen liegt die Kitalücke unter zehn Prozent. Für Familien aus Bremen hingegen gestaltet sich die Suche deutschlandweit am schwierigsten: Für jedes fünfte Kind fehlt ein Betreuungsplatz. Auch im Saarland ist die Lücke mit 19,2 Prozent enorm hoch.

Keine Verbesserung in Sicht

Zwar gehen die Geburtenzahlen seit zwei Jahren zurück, doch die Betreuungslage dürfte sich in Zukunft kaum entspannend. Dafür gibt es mehrere Gründe: Zum einen könnte die Zahl der Kinder vor dem Hintergrund der derzeit sehr starken Zuwanderung auch wieder ansteigen. Zum anderen belastet der Fachkräftemangel viele Kitas: 2022 konnten von rund 30.000 offenen Stellen im Bereich Kinderbetreuung und -erziehung rechnerisch 22.000 Stellen nicht besetzt werden. „Obwohl das Problem seit vielen Jahren bekannt ist und Eltern seit zehn nunmehr zehn Jahren einen Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz haben, ist die Situation nach wie vor prekär“, sagt Studienautor Wido Geis-Thöne. „Die Politik muss dringend nachsteuern, den Erzieherberuf attraktiver machen und konsequent Kitas ausbauen.“

Geis-Thöne, Wido, 2023, Fast 300.000 Betreuungsplätze für unter Dreijährige fehlen, IW-Kurzbericht, Nr. 74, Köln




Kita-Leitungen in Bayern müssen keine Pädagogen sein

Verband der Kita-Fachkräfte Bayern e.V. beklagt Einschnitt in Qualitätsstandards

Mitte des Jahres ist eine Gesetzesänderung von Staatsministerin Ulrike Scharf (CSU) in Bayern in Kraft getreten, in der die Mindestanforderungen an Kita- Leitungen massiv abgesenkt wurden. Die Änderung schreibt vor, dass es ab sofort nicht mehr als notwendig und förderrelevant erachtet wird die Ausbildung zur/m ErzieherIn (pädagogischen Fachkraft) absolviert zu haben, um die Aufgaben der Kita- Leitung zu übernehmen. „Dies ist ein erneuter Schlag ins Gesicht für unsere pädagogischen Fachkräfte und ein grober Einschnitt bei den etablierten Qualitätsstandards. Eine weitere Geringschätzung für langjähriges und gut ausgebildetes Personal“, so der Verband der Kita-Fachkräfte Bayern e.V. Er befürchtet durch diese und weitere qualitätssenkende Maßnahmen der Staatsregierung große Einbußen bei der pädagogischen Arbeit, sowie einen Anschub der ohnehin beachtlichen Fluktuationsrate im Kita-Bereich. Der Unmut bei sehr vielen Beschäftigten sei enorm groß und die Frustration steige dadurch stetig.

„Wir müssen die Rahmenbedingungen und die Qualität in den Einrichtungen dringend steigern, um Personal zu gewinnen und vor allem langfristig zu halten. Der aktuelle Weg des Staatsministeriums steht dazu in großem Widerspruch.“, lässt der Verband verlauten.

Zudem möchten der Verband darauf hinweisen, dass auch weiterhin die Petition „Stoppt den Kollaps des Kita-Systems #rettetdiekitas – Wir fordern mehr Investitionen in die Kita-Qualität!“ unterzeichnet und unterstützt werden kann. Unterzeichnen können Sie unter https://www.openpetition.de/petition/online/stoppt-den-kollaps-des-kita-systems-rettetdiekitas.

Weitere Informationen zur Petition und weiteren Unterstützungsmöglichkeiten finden Sie unter https://verband-kitafachkraefte-bayern.de/petition.

Kontakt und Rückfragen: info@verband-kitafachkraefte-bayern.com

Quelle: Information des Verbands der Kita-Fachkräfte Bayern e.V.