Frech & witzig: Märchen außer Rand und Band

Das große Buch der Buchstörer: ein besonderes Kinderbuch

Jetzt wird’s schräg: Noch ein Märchenbuch? Ja, aber was für eins: Was ganz vertraut mit Hänsel und Gretel beginnt, wird schon nach wenigen Seiten ein furioses Durcheinander. Verursacht wird dies von den Buchstörern, die Chaos ins geordnete Märchen bringen, die Sätze durcheinanderwirbeln und Wirrwarr bei den Figuren aus Grimms Märchen stiften. Die Buchstörer sind chaotische Monster in Form von Tintenklecksen, die mit einzelnen Wörtern und Lautmalereien um sich werfen. Eine muntere Auseinandersetzung mit dem ordnungsliebenden König beginnt, bis er von den Buchstörern und den anderen Märchenfiguren kurzerhand aus dem Buch katapultiert wird.

Was machen wir jetzt? Schauen wir mal! Das Märchenbuch wird vergnügt und temporeich auf den Kopf gestellt. Ein außergewöhnliches Bilderbuch mit anarchistischem Humor für Kinder ab 5 Jahren. Ein erfrischendes Bucherlebnis für die Leseförderung in Kita und Grundschulen Stärkung von emotionalen und sozialen Kompetenzen. Illustriert von den Schweizer Künstlern und Cartoonisten Boris Zatko und Nicolas d’Aujourd’hui, ist das Buch Freude am Lesen und Weiterdenken von vertrauten Geschichten.

In Kita und Grundschulen lässt sich dieses fröhliche Bilderbuch für die Leseförderung und die Beschäftigung mit Kunst einsetzen. Soziale und emotionale Kompetenzen werden durch den Perspektivenwechsel gestärkt: Wie lässt sich eine Geschichte anders oder weiter erzählen? Was passiert, wenn Figuren aus ihren zugeordneten Rollen geworfen werden?

Dieses Buch gehört jetzt uns! Mit diesem springlebendig illustrierten Kinderbuch kommen Sie mit den Kindern vom Zuhören ins Sprechen übers Geschichtenerzählen.

Boris Zatko / Nicolas d’Aujourd’hui
Das große Buch der Buchstörer
Hardcover, 68 Seiten
ab 5 Jahren
ISBN: 978-3-96304-040-5
20 Euro

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Wenn Socken neue Freunde brauchen

Pauline Oud: Mama und Papa trennen sich – und ich?

Das mit den Socken ist wirklich schwierig. Sie liegen in einem geflochtenen Korb und sind ganz schön durcheinander. Wie Kai. Weil seine Eltern sich getrennt haben und Papa ausgezogen ist. Jetzt also in einer anderen Wohnung lebt. Damit sind auch die Socken getrennt. Und manchmal ziemlich traurig. Eine rote Socke bei Papa, eine bei Mama. Manchmal jedenfalls. Da ist es gut, dass Kai einen Freund hat, Lukas. Mit ihm zusammen macht er die traurigen Socken wieder fröhlich. Denn die gelbe Socke passt prima zu der blauen. Und die orange und die rosa Socke verstehen sich auch sehr gut.

Mit solchen einfachen und eingängigen Geschichten zeigt Pauline Oud, wie sich das Leben von Kindern nach der Trennung der Eltern ändert: Alles ist anders! Die grundsätzliche Sicherheit verschwindet und die Ordnung der Welt muss neu geschaffen werden.

Bei Kai und seinen Eltern klappt das so einigermaßen. Sie streiten sich nicht sehr, haben zu einer kooperativen Elternschaft gefunden. Sie haben klar abgesprochen, wer wann für Kai zuständig ist. Und manchmal bringt Mama etwas zu Papa, was Kai vergessen hat. Also etwas ganz Wichtiges natürlich, wie das Lieblingskuscheltier.

Selbstverständlich ist Kai unsicher, was jetzt wird, welche Regeln und Gepflogenheiten in welcher Wohnung herrschen, sogar ob er Freunde einladen darf. Darf er, klar doch. Schließlich hat Papa einen großen Kuchen gebacken, den sie zu zweit gar nicht schaffen. Womit deutlich wird: Dieses Buch kann auch Eltern auf neue Ideen bringen. Zum Beispiel wie mit Humor eine Situation so entschärft werden kann, dass sie gar nicht erst aus dem Ruder läuft. Wie die mit der Einladung für den besten Freund. Das setzt allerdings voraus, dass beide Eltern ihrem Kind zugewandt sind, wissen, wie es ihm geht und darauf eingehen.

Übrigens ist es völlig selbstverständlich, dass Papa viel Zeit mit Kai verbringt. Dass er genauso bei Papa wohnt wie bei Mama. Und dass beide wirklich wissen, wie wichtig der andere Elternteil für ihr Kind ist und das akzeptieren.

Kooperative Elternschaft

Das ist nicht bei allen Trennungsfamilien so. Jonas zum Beispiel leidet sehr darunter, dass seine Mama seinen Papa immer schlecht macht, wenn sie mit ihren Freundinnen oder der Oma spricht. Dann hält er sich die Ohren zu, schließlich hat er Papa lieb und will nichts Schlechtes über ihn hören. Ein Besuchsbuch kann da helfen. Damit teilen sich Jonas’ Papa und Mama kurz mit, was jeweils beim anderen los war. Dann müssen sie sich nicht treffen und sofort auf den Teufelskreis des Streitens einsteigen, sondern können sich darüber freuen, wie viel Spaß Jonas hatte.

Auf jeweils einer Doppelseite wird in Pauline Ouds Bilderbuch anhand einer kurzen Geschichte in ein Thema eingeführt: Neues Zuhause, Streit, Vermissen, Neuer Freund, oder auch „Bei wem darfst du was?“ Die zweite Seite bringt die darin enthaltenen Konflikte auf den Punkt und zeigt Lösungsansätze. Dabei wird immer auch das Kind, dem das Buch vorgelesen wird, gefragt: Wie ist es bei dir? Wohnst du bei Mama oder bei Papa? Was macht dich fröhlich? Was findest du nicht schön? Die Illustrationen sind altersgerecht einfach gezeichnet. Manchem mag das ein wenig süß vorkommen, sie zeigen aber deutlich die Reaktion und den Gefühlszustand des Kindes.

Pauline Ouds Buch ist ein gutes Medium, um mit Kindern über die Trennung der Eltern ins Gespräch zu kommen. Auch und gerade in der Kita. Denn da sind ganz sicher andere Kinder in einer ähnlichen Situation. „Wie geht es dir damit, wie gehst du damit um, was findest du daran gut, was würdest du gern ändern?“ sind Fragen, mit denen Erwachsene Kindern zeigen, dass sie wirklich an ihnen interessiert sind. Und sie ernst nehmen.

Ralf Ruhl

Den Coppenraht Verlag finden Sie auf der Buchmesse Frankfurt 2022 in Halle 3.0 Stand E84

Bibliographie

Pauline Oud
Mama und Papa trennen sich – und ich?
Coppenrath 2022
40 Seiten, Hardcover
ab 3 Jahre
ISBN 978-3-649-64190-2
15 Euro




Tiergeschichten zum Weiter- und Umdichten von Armin Krenz

warzenschwein

Jede Geschichte lädt Kindergarten- und Grundschulkinder zum Erzählen und Philosophieren ein

In diesem Mitmachbuch gibt es nicht nur Tiere zu entdecken: Jede Geschichte lädt Kindergarten- und Grundschulkinder zum Erzählen und Philosophieren ein. Marienkäfer streiten sich um eine Laus, Warzenschwein und Fisch diskutieren über Vor- und Nachteile von Warzen und die Mücke labt sich heimlich an der Hummel. Aber können Tiere wirklich miteinander sprechen? Und falls ja, worüber würden sie sich nach Meinung der kleinen Zuhörer unterhalten?

  • Von Ameise bis Warzenschwein, jedes Tier hat eine Geschichte zu erzählen!
  • Lustige Kindergeschichten in Reimen, die die Fantasie anregen
  • Geeignet zum Vorlesen zu Hause oder für pädagogische Angebote im Kindergarten
  • Mit Illustrationen von Christian Kämpf, die noch auf die Farbstifte kleiner Künstler warten
  • Ein Vorlesebuch, das viel Raum für Kreativität und eigene Erzählungen lässt

Philosophieren mit Kindern: (fast) wahre Gespräche von Tieren

Ein Biber sinniert über die Vorteile des Lebens im See, das Nilpferd fühlt sich vom Hund beleidigt und der Frosch trickst erfolgreich den Storch aus: Wenn Tiere über Grundwerte im Leben nachdenken, lädt das Kinder zu eigenen Überlegungen ein.

Während die Illustrationen mit Farben verziert werden, ergeben sich so ganz ungezwungen Gesprächsanlässe über individuelle Wertvorstellungen. So laden die Reimgeschichten zu weiterführenden Gesprächen über die Tierwelt ein – ein großer Spaß für Kinder ab 4 Jahren!

Der Autor ist Prof. Dr. Armin Krenz. Armin meint, dass sein erstes Kinderbuch zunächst mal allen ein Lächeln ins Gesicht zaubern soll. Vielleicht regt es aber auch dazu an, nachzudenken und die „Tiergeschichten“ zu verändern. Denn der in den Texten zum Ausdruck gebrachte „Humor in Verbindung mit einer kindgemäßen Moral“ sollte nicht unwidersprochen hingenommen werden. In der Hoffnung, dass auch die Bilder eigene Fantasien hervorbringen und zum Am- und Ausmalen anregen, wünscht er sich, dass sein „Bilder- und Geschichtenbuch“ die notwendige FARBE bekommt, damit es zum eigenen Buch wird.

Spielen und lernen

Es ist unser erstes Kinderbuch bei spielen und lernen. Weitere werden folgen. Hier publizieren wir Bücher, die Kinder ganzheitlich in ihrer Entwicklung unterstützen und sie in ihrer Ästhetik und Kreativität fördern.

Vorlesen, Malen, Philosophieren – Ein Mitmach-Buch für Kinder

Armin Krenz/Christian Kämpf
Vom Warzenschwein und anderen Tieren – Vorlesen, Malen, Philosophieren: ein Bilder- und Geschichtenbuch. Reime und Tierbilder zum Ausmalen für Kinder ab 4 Jahren
Hardcover, DIN A 4, 36 Seiten
ISBN: 978-3-910295-00-1
15 €




Gehört auch Oma zur Familie?

Bilderbuch „Und deine Familie?“ von Charlotte Belliere und Ian de Haes

Auf dem Schulhof spielen die Kinder Familie. „Vater-Mutter-Kind“ hat man dazu früher gesagt. So etwa vor 40 Jahren. Damals war auch klar, dass Mädchen Röcke tragen und lange Haare haben. Jungen genau anders herum, Hosen und kurze Haare. Und alle waren weiß. So hautfarbenmäßig.

Heute sieht es auf dem Schulhof anders aus. Mädchen tragen Hosen oder Kleid, wie sie wollen. Allerdings sieht man keinen Jungen im Rock. An der Haarlänge lässt sich die Geschlechtereinteilung auch nicht ablesen. Und die weiße Hautfarbe ist genauso oft vertreten wie andere.

Es hat sich also viel verändert. Die Realität der Kinder sieht heute anders aus als noch vor wenigen Jahrzehnten. Ebenso verhält es sich mit der Familie. Und den eigenen verinnerlichten Geschlechterbildern der Kinder. So will das Mädchen nicht die Mama spielen, sondern den Papa. Andere wollen auch mitspielen. Damit entspinnt sich schnell eine rege Diskussion darüber, wer denn eigentlich zur Familie gehört. Das eine Kind findet es toll, Geschwister zu haben. Denn dann ist es nicht so langweilig. Ein anderes findet es toll, allein zu sein. Denn dann muss es seine Spielsachen nicht teilen.

Familie ändert sich ständig

Ein Mädchen lebt allein mit seiner Mutter, ein anderes hat zwei Mütter. Ein drittes wohnt allein mit seinem Vater. Da es für Mütterabwesenheit in dieser Gesellschaft gute Gründe geben muss – einfach so würde eine Mutter dem Vater ja nie ihr Kind zu Erziehungs- und Aufwachs-Zwecken überlassen – lebt diese in einem anderen Land.

Papas werden von den Kindern übrigens erstaunlich positiv gesehen. Offenbar schimpfen sie nicht häufiger als die Mütter. Und werden nicht mehr – wie noch vor 40 Jahren – als Bestrafungsinstanz eingesetzt. Dann gibt es noch die Trennungsfamilien, die Patchworkfamilien, nach der nächsten Trennung wieder neue Patchworkfamilien. Manche Kinder werden von Tagesmüttern betreut und manche von der Oma. Vor- und Nachteile der jeweiligen Lebenssituation bringen die Kinder erstaunlich klar in einem Satz auf den Punkt.

Aber das Familie-Sein ist heutzutage ganz schön vielfältig. Und damit kompliziert. Noch dazu verändert es sich immer wieder. Weshalb die Kinder am Ende lieber etwas Einfacheres spielen wollen: Schule…

Charlotte Bellieres Bilderbuch eignet sich hervorragend dazu, mit Kindern über das Thema „Familie“ ins Gespräch zu kommen. Nicht nur zu Hause, sondern auch in der Kita- oder Grundschul-Gruppe. Denn es zeigt, dass es viele unterschiedliche Familien mit vielen unterschiedlichen Angehörigen gibt. Und zwar ganz ohne Wertung.

Ralf Ruhl

Charlotte Belliere (Text), Ian de Haes (Ill.)
Und deine Familie?
Carl-Auer-Verlag 2022
www.carl-auer.de
46 Seiten, 21×27 cm
ab 4 Jahre
ISBN 978-3-96843-032-4
19,95 Euro




Wenn Opa auf dem Weg in den Himmel ist

Opa fliegt: Markus Orths, Kerstin Meyer

So ein Opa ist eine tolle Sache. Er muss nicht mehr arbeiten, kann sich voll seinen Hobbys widmen und leben wie er will. Und natürlich viel Quatsch mit seinen Enkeln machen. Darin ist der Opa von Melanie und Marlon spitze. Denn er ist ein Rekord-Opa. Er sammelt Rekorde. Wie den im Langsamlauf. Da hat er sogar gegen die Schnecke gewonnen. Oder den im Dauerpupsen. Über zwei Minuten am Stück! All das trägt er fein säuberlich in ein dickes Buch ein.

Selbstverständlich bereitet er auch einen neuen Rekord vor, als seine Enkel ihn an diesem Tag besuchen. Dazu müssen sie das Luft-und-Liebe-Getränk brauen. Mit dem kann Opa ganz leicht werden, leichter sogar als Luft und Liebe. Weshalb der Drink  so heißt. Damit will er dann zu den Venusmenschen fliegen. Denn wenn es Marsmenschen gibt, muss es ja auch Venusmenschen geben, logisch.

Aber als er, festgebunden an ein Seil, so unter der Decke des Zimmers schwebt, fragt ihn Melanie, warum er eigentlich dort hin will. Da rückt er mit der Nachricht raus, dass er nur noch vier Wochen zu leben hat. Hat ihm jedenfalls sein Arzt gesagt. Und weil er weder verbrannt werden will noch verbuddelt und von Würmern gefuttert und weil er kein Geld für die Einfrier-Version hat, will er eben ganz leicht werden und wegfliegen.

Trauern muss nicht nur traurig sein

Fantastisch! Dieser Opa will sein Ende selbst bestimmen! Und setzt dafür alle Hebel in Bewegung, die eine merkwürdige Großvater-Geschichte so bietet. Bleibt dabei ganz er selbst, skurril und eigensinnig. Und er bleibt in Kontakt mit seinen Enkeln. Denen übergibt er sein Rekordbuch. Mit dem Rezept für die Weh-Nuss. Die muss man backen, wenn man traurig ist, und denkt dabei an den Opa auf der Venus. Ist doch klar.

Schon entschwebt er, schlägt noch ein paar Saltos in der Luft und ist nicht mehr zu sehen. Natürlich sind die Kinder total traurig, weinen gemeinsam mit Hund und Spinne. Und auch mit ihren Eltern. Dann backen sie die Weh-Nuss und machen sich auf, Opas dickes Buch mit eigenen Rekorden zu füllen.

So zeigen sie ihren Leserinnen und Lesern – und auch den Vorlesern -, dass Trauern nicht nur Depression und Schmerz bedeutet. Dass Trauernde Kontakt brauchen, Umarmungen, von Menschen und Tieren. Dass es hilft, sich an die tolle Zeit mit dem Verstobenen zu erinnern. Dass so Kreativität freigesetzt wird, die durch das eigene Leben trägt. Und dass geliebte Menschen genau auf diese Weise bei uns bleiben.

Ralf Ruhl

Markus Orths (Text), Kerstin Meyer (Ill.)
Opa fliegt
Moritz Verlag
Hardcover, 96 Seiten, Maße: 215 x 153 mm, ab 7 Jahre
ISBN: 9783895654329
11,95 Euro




Mit freundlicher Aufforderung zur Selbstreflexion

Irina Pendorf: Einladung zum Dialog

Gerade in einer Zeit, in der die (Elementar)Pädagogik immer stärker auf ein kognitives Effizienzlernen, eine funktionale Belehrung ohne ein tiefgreifendes Bindungsgeschehen und auf konsumausgerichtete Leistungsangebote ausgerichtet ist, hebt sich die Veröffentlichung von Irina Pendorf mehr als wohltuend und sehr deutlich von diesen Gestaltungsmerkmalen ab.

Der erste Teil des Buches wendet sich „basalen Grundfragen mit ersten Antworten“ zu, indem unter anderem folgenden Fragen nachgegangen wird: Was ist Erziehung und wohin/wie wollen wir erziehen? Was ist eigentlich Bildung und wie hängen Bildung und Erziehung zusammen? Was bedeutet es, Mensch zu sein? Was ist ein gelingendes Leben/eine hilfreiche Wegbegleitung? Was sind Werte, was sind Normen? Welche Rolle spielt das Weltbild der Erziehenden für den Erziehungsprozess?

Teil zwei geht unter der Überschrift „Existenzielle Antworten – Konzepte einer Pädagogik des Vertrauens“ zunächst auf den Schwerpunkt „Dialogische Erziehung und Bildung“ ein und widmet sich, ausgehend vom Leben und Werk des österreichisch-israelisch jüdischen Religionsphilosophen Martin Buber, den Fragen, wie eine Erziehung zum Leben mit Schicksal und Freiheit/zum Glauben aussehen kann und was eine umfassende/vertrauende/liebende Erziehung/eine dialogische Erzieher:in kennzeichnet.

Es folgt die weitere Betrachtung einer „existenziellen Erziehung und Bildung“ in Bezug zum Leben und Werk des Neurologen und Psychiaters Dr. Viktor Emil Frankl zur Geistigkeit, Freiheit, Verantwortlichkeit und Wertstrebigkeit des Menschen und endet mit der Anspruchs- und Antworthaltung in der existenziellen Pädagogik. Im dritten Teil des Buches finden interessierte Leser:innen kurze Hinweise zum Setting/Anspruch einer persönlichkeitsbildenden Aus-/Fort-/Weiterbildung, einer vertrauensgeprägten Teamarbeit, einer reflektierenden Supervision, eines selbstbildungsgeprägten Coachings, einer problemlösungsorientierten Beratung sowie einer gesundheitsförderlichen Therapie bei besonderen Problemstellungen. Und in einem Nachwort dreht sich alles um die Endlichkeit unseres Lebens und deren Bedeutungswert für die gegenwärtige Existenz.

Wer mit dem Lesen dieses Buches begonnen hat, taucht unweigerlich in einen tiefen Dialog mit sich selber ein, stößt auf Fragen und Aufgaben, die innere Bewegungen in Gang setzen, wird mit anthropologischen, existenziellen und pädagogischen Aussagen konfrontiert, befragt sich selbst, welche Haltung dem eigenen Leben zugrunde liegt und welche Auswirkungen unser haltungsgeprägtes Verhalten auf unser Gegenüber ausübt.

Dieses Buch sollte eine Pflichtlektüre für alle kindheitspädagogische Fachkräfte in der Ausbildung und in der Praxis sein, zumal die eigene Haltung der Ausgangspunkt für die Art und Weise sowie den Verlauf eines jeglichen Interaktionsgeschehens ist, das einen entwicklungsförderlichen oder -hinderlichen Einfluss auf den anderen hat.

Prof. h.c. Dr. h.c. Armin Krenz

Irina Pendorf
Einladung zum Dialog. Über eine Pädagogik des Vertrauens
288 Seiten
verlag modernes lernen, Dortmund 2021
ISBN: 978-3-8080-0900-0
22,95 €




Wenn Papa nur noch traurig ist

Claudia Gliemann/Ann Cathrin Raab: Papas bunte Brücke – Papas Seele hat Schnupfen

Depression ist die psychische Volkskrankheit Nummer Eins. In Deutschland leiden laut RKI (Robert-Koch-Institut) fast elf Prozent der Frauen und knapp acht Prozent der Männer darunter, mehr als in den meisten anderen europäischen Ländern. Klar, dass auch ihre Kinder mitbekommen, dass Mama oder Papa anders sind als früher.

So geht es auch Nele. Ihr Vater arbeitet als Hochseilartist im Zirkus. Eigentlich ist er ein sehr fröhlicher Mensch. Doch seit kurzem ist er immer traurig, hat Angst, auf das Seil zu steigen und will eigentlich nur noch im Bett liegen. Er lacht nicht einmal mehr über Neles Kunststücke. Und das lastet ziemlich schwer auf ihrer Seele.

Zum Glück gibt es den Dummen August. Der ist natürlich gar nicht dumm, sondern ziemlich schlau. Er fragt Nele, wo ihr Lächeln geblieben sei. Und da bricht es aus ihr heraus. Sie macht sich Sorgen um ihren Vater, fragt sich, ob sie an der Traurigkeit schuld sei, ob sie etwas falsch gemacht habe, ob sie nicht gut genug sei.

Das ist das Brutale, wenn die Familie tiefgehenden Veränderungen unterliegt: Sie sind für Kinder nicht einzuordnen. Sie zweifeln an sich selbst. Grundsätzlich, existenziell. Deshalb brauchen sie Erwachsene, die sie dabei tatkräftig unterstützen, Geschehnisse einzuordnen und einen Weg aus der Misere hinaus zu finden.

Und die findet Nele. Im Dummen August, der ihr erklärt, was ihrem Papa hilft: Zeit, Zuwendung und ein guter Arzt oder Psychologe. Und natürlich Mama, die ihr bestätigt, dass sie ihren Mann lieb hat. So können sie gemeinsam eine bunte Brücke bauen, über die der kranke Hochseilartist gehen kann – zurück in die Manege.

Depression betrifft alle

Depressive brauchen Unterstützung des gesamten Umfeldes. Alle zusammen müssen wissen, dass es sich um eine Krankheit handelt. Nicht um Unwohlsein oder fehlenden Willen. Wenn es ein ganzes Dorf braucht, um ein Kind zu erziehen, dann braucht es auch ebendieses Dorf, um einen psychisch Kranken ins Leben und die Gemeinschaft zurückzuholen. Dabei brauchen allerdings auch alle aus dieser Gemeinschaft die Unterstützung der anderen: die Ehefrau, die Kollegen, die Freunde, aber vor allem die Kinder.

Das setzt Ann Cathrin Raab mit etwas kindlich-zittrigem Strich und vielen bunten Punkten in ihren Illustrationen angemessen um. Einfache Linien schaffen fröhliche oder traurige Gesichter, für Kinder in diesem Alter einfach zu erkennen, dabei aber niemals süßlich oder niedlich, sondern dem Ernst der Situation entsprechend.

Im Anhang erklärt Dr. Susanne Schmidt, die in einer psychosomatischen Klinik für Kinder und Jugendliche arbeitet, was Depression ist, was am besten hilft und wie Kinder sich Unterstützung holen können. Claudia Gliemann hat mit ihrer Buchreihe  Reihe Figuren geschaffen, die für Kinder in unterschiedlichen Altersstufen ab vier Jahren die Problematik der Depression nahe bringen. Es begann mit dem vielfach ausgezeichneten Bilderbuch „Papas Seele hat Schnupfen“, das nach kurzer Zeit auch als Hörbuch erarbeitet wurde. Nach diesem Erfolg erschien mit „Ein Muffin für Nele“ ein Sach- und Erzählbuch für Kinder ab sechs Jahren. „Eine bunte Brücke für Papa“, das hier vorgestellt wurde, ist ein klassisches Bilderbuch für Kinder ab vier Jahren. Gliemann hat weiterführend Unterrichtskonzepte und –materialien entwickelt und setzt sich in Schulklassen und sozialen Einrichtungen für die Belange von Kindern psychisch kranker Eltern ein.

Ralf Ruhl

Bibliographie:

Papas Seele hat Schnupfen – Papas bunte Brücke
Text: Claudia Gliemann
Illustration: Ann Cathrin Raab
Ab 4 Jahren
Hardcover
4-farbig illustriert
62 Seiten
ISBN 978-3-942640-16-9
Preis: 19,80 Euro




Studie „Inklusive Bildung in Deutschland“ jetzt kostenlos herunterladen

Umfangreicher Bericht von Rackles über den Stand der Inklusion im Bildungssystem von Juli 2021

Vor 16 Jahren begründete die internationale Staatengemeinschaft mit der Ratifizierung der UN-Behindertenrechtskonvention einen entsprechenden Veränderungsbedarf und löste damit einen Veränderungsprozess in Richtung eines inklusiven Schulsystems aus. 2009 erfolgte die Ratifizierung in Deutschland, und in allen 16 Schulgesetzen wurde der Wille zur inklusiven Bildung manifestiert.

Selbstverständlich hatte das alles einen guten Grund: Zum einen sollten nun endlich jene Strukturen ihr Ende finden, die darauf abzielen, Menschen mit Behinderung auszuschließen. Zum anderen stand hier aber auch der Wunsch nach einer inklusiven Gesellschaft als einer Gesellschaft, die alle Menschen gleich schätzt und ihnen einen offenen Zugang bietet.

Beharrungskräfte überwinden

„Deutschland gehört zu den Ländern, in denen sich historisch ein selektives Bildungssystem entwickelt hat. Es ist daher plausibel, dass die Hürden für die Transformation zu einem inklusiven Bildungssystem in Deutschland besonders hoch sind.“, beschreibt Mark Rackles die in seiner Studie „Inklusive Bildung in Deutschland“ die mangelnde Transformationsbereitschaft des Bildungssystems.

Auf 106 Seiten vergleicht er die Situation zwischen den verschiedenen Bundesländern auf Grundlage eines Kriterienkatalogs. Sein besonderes Augenmerk gilt jenen Kräften, die auf Exklusion beharren, und Transformation verhindern. Gleichzeitig verweist er auf notwendige Transformationsimpulse. Die Studie schließt mit acht Handlungsempfehlungen. Die letzte davon lautet: „Inklusionsbefürworter*innen müssen auf Exklusion gerichteten Abwehrstrategien offensiver als bisher entgegentreten und insbesondere an den organisatorischen Abwehrstrategien der Förderzentren, des Lehramts Sonderpädagogik und der Mindestgrößen politisch ansetzen.“

Für eine offene Gesellschaft

Rackles Studie ist eine detaillierte Analyse der aktuellen Situation des Transformationsprozesses zu einem inklusiven Bildungssystem. Darin findet sich Licht und noch mehr Schatten. Neben einem guten Überblick bietet sie auch ausgezeichnete Handlungsempfehlungen zu einem Bildungssystem, das allen Menschen den gleichen Zugang bietet. Seit Mai steht die Studie nun kostenlos zum Download bereit. All jene, denen eine offene Gesellschaft wichtig ist, sollten sie deshalb lesen. Hier geht es zur Studie:  https://rackles.com/wp-content/uploads/2022/05/Inklusionsstudie-Rackles-Consulting-2021.pdf