Spielerisch lernen mit praktischen Aufgaben

medein bilden werte

Michael Dietrich / Björn Friedrich / Sebastian Ring (Hrsg.): Medien bilden Werte

Ob neue Medien oder Holz: Kinder und Erwachsene haben erst echtes Interesse an einem Material, wenn sie selbst dazu in der Lage sind, daraus nach ihren eigenen Plänen und Wünschen etwas zu gestalten. Dazu müssen sie Material und Möglichkeiten kennen lernen, die Instrumente handhaben können. Seit 25 Jahren engagiert sich Interaktiv, das Münchner Netzwerk Medienkompetenz im Bereich Medien dafür.

Spielerisch mit Medien umgehen

Schon vor 25 Jahren hatte Wolfgang Zacharias Visionen für die Medienkindheit 2000. Nach seiner Aussage durchdringt der Multimediakomplex alle Lebensbereiche: „Eine prinzipielle Begrenzung auf sparten- oder bereichsspezifische Kultur- oder Pädagogikfelder macht eigentlich keinen Sinn mehr.“ Diese Aussage hat sich nach 25 Jahren bestätigt und gefestigt. Damals durften in seinen Projekten Kinder spielerisch die „neuen“ Medien Kassettenrecorder und Video ausprobieren, eigene Hörspiele produzieren, eigenen Filme herstellen und so nebenbei Funktion, Vor- und Nachteile der bei manchen damals als gefährlich angesehenen Medien kennenlernen.

Wertevermittlung im digitalen Zeitalter

Im Laufe der Zeit veränderten sich die Materialen. Im Buch berichten viele AutorInnen von unterschiedlichen Projekten. Die Idee und die Wertevermittlung bleiben ähnlich. Das Internet und die neuen Medien sind weder gut noch böse. Wenn wir die Welt gestalten wollen, brauchen wir eine innere Wertehaltung, die es zu vermitteln gilt, um eine lebenswerte Gesellschaft zu gestalten oder spannende Spiele zu bauen.

Theorie und praktische Anregungen

Das Buch liefert nicht nur viel Theorie dazu, in einen weiteren Teil finden sich praktische Anregungen für den Spielmobilalltag. Covid 19 kam einigen der Aktionen dazwischen, aber Spielmobiler sind ja kreativ und konnten ihre Aktionen anpassen und ins Netz verlagern. Problematisch bleibt wie auch bei anderen Dingen die Teilhabe für Kinder aus ärmeren Familien, die keinen Internetzugang haben und keine digitalen Endgeräte. Die Frage, die an alle Interviewten ging, ob die Welt heute besser ist, dank der Digitalisierung wurde in der Summe positiv beantwortet, wenn die Menschen in der Lage sind die Gestaltungsmöglichkeiten zu nutzen. Da besteht noch Bedarf, beim Ausbau der Strukturen, Fortbildungsbedarf bei Kindern und bei einigen Erwachsenen, die durch die plötzlichen Anforderungen der Coronakrise ins digitale kalte Wasser geworfen wurden. Offen bleibt jedoch die Frage, abe welchem Alter das sinnvoll und für die Kinder in ihrer Entiwcklung angebracht ist.

Anja Lusch

Michael Dietrich / Björn Friedrich / Sebastian Ring (Hrsg.)
MEDIEN BILDEN WERTE
Digitalisierung als pädagogische Aufgabe
Kopaed, München 2020,
340 Seiten
ISBN 978-3-96848-010-7
20,00 EUR

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Kinder sind Zeitreisende

Annette Drüner: Kinder bis drei – geborgen und frei. Dialogisch arbeiten in der Frühpädagogik

Um es gleich vorweg zu sagen: Annette Drüner hat eines der besten Bücher im Bereich Frühpädagogik geschrieben, das in den letzten Jahren erschienen ist! Warum? Weil es am Krippenalltag ansetzt. Und dabei sowohl die Erfahrungen der Erzieherinnen, die strukturellen Gegebenheiten der Betreuung und vor allem die Bedürfnisse und Entwicklungsaufgaben der Kinder im Blick hat.

Grundlegend dafür ist das Verständnis von Zeit. Kleine Kinder haben nicht unseren linearen Zeitbegriff, können sich nicht am abstrakten „16 Uhr“ orientieren. Das ist ihnen aus Gründen der Hirnentwicklung gar nicht möglich. Sie daran gewöhnen zu wollen ist also bestenfalls vergebene Mühe – schlimmstenfalls ein brutales Pressen in eine für sie nicht nachvollziehbare Struktur.

„Wann kommt Mama wieder?“ Eine Antwort, die Zweijährige verstehen können, wäre also zum Beispiel „nach dem Mittagsschlaf“ oder „nach dem Snack“. Das ist konkret, an den sich immer wiederholenden Abläufen des Tages orientiert.

Womit schon einige von Drüners Grundprinzipien dargestellt sind: Die Erzieherin wendet sich dem Kind zu. Sie gibt eine Antwort, die seiner Entwicklung und seinen Bedürfnissen gerecht wird. Sie gibt Sicherheit durch die Wiederholung der Tagesstruktur. Sie ist also mit dem Kind im Dialog.

Mit Krippenkindern im Dialog

Dialog? Hä? Mit Kindern, die gerade mal Zweiwortsätze schaffen? Ja, auch. Aber wesentlich ist die Haltung: Das ganze Kind sehen. Seinen Körperausdruck, seine Mimik, seine Bewegung. Darauf antworten wir alle, auch wir Erwachsenen, ständig. Aber meist ist uns das nicht bewusst. Ein zur Seite gedrehter Kopf signalisiert „da ist jemand nicht wirklich interessiert, nicht wirklich für mich da“. Das Kind nimmt das wahr. Wird nach einigen Wiederholungen die Erzieherin nicht als offen für seine Bedürfnisse einschätzen. Was nicht gerade förderlich für die Beziehung ist.

Ein wesentliches Dialoginstrument für die Erzieherin, gerade in Stressmomenten, sind die Hände. Offene Hände, vor dem Körper nach außen gedreht, vermitteln: Ich habe Zeit und Aufmerksamkeit für dich. Ich setze dich nicht unter Druck, fordere nichts von dir. Bin aber da, um dich zu unterstützen.

Ja, das klappt. Sogar beim Anziehen für den Spielplatz. Wenn ein Kind langsamer ist – warum sollten die anderen nicht schneller vor die Tür gehen? Dann kann die Erzieherin sich allein mit dem Kind zur Garderobe bewegen, sich von ihm den Haken zeigen lassen und fragen, womit es anfangen möchte. Mit den Schuhen? Die weitergehende Frage „oder mit der Jacke?“ würde ein Zweijähriges überfordern. Ein Lächeln reicht als Antwort. „Soll ich dir auch mit der Jacke helfen?“ Vielleicht gibt das Kind von sich aus der Erzieherin das Kleidungsstück, oder es nickt. Bei all dem begibt sich die Erzieherin auf „Kinderhöhe“ und hält bei den Fragen die Hände offen vor sich. Sie gibt kein Tempo vor – „los jetzt, die anderen sind schon längst fertig!“ – sondern lässt sich auf den Rhythmus des Kindes ein. Und schafft damit eine wunderbare Lernsituation, in der das Kind nach mehreren Wiederholungen nicht nur die Technik des Anziehens versteht, sondern auch die Beziehung zur Erzieherin festigt und Demokratie lebt.

Demokratie leben in der Krippe

Demokratie? Ja! Denn das bedeutet nicht, im Stuhlkreis die Hand heben, wenn man etwas sagen will. Sondern Teilhabe im Rahmen der eigenen Möglichkeiten. Für die Langsamen und die Schnellen. Für die Jüngeren und die Älteren. Demokratie heißt auch, eigene Entscheidungen treffen und die von anderen respektieren. Genau das hat die Erzieherin in diesem Beispiel getan. Und somit beispielhaft gewirkt. .

Drüner gibt in ihrem Buch sehr viele praktische Beispiele, wie mit und auch für die Kinder der Alltag gestaltet werden kann. Sie macht Mut, sich von eingespielten Ritualen zu befreien, wenn sie nur alle stressen. Ankommen, ausziehen, spielen, essen, anziehen, rausgehen – das ist für viele kleine Kinder zu viel. Muss nicht sein, lässt sich anders machen. Hier sind Ideen und kollegiales Miteinander gefragt. das gilt insbesondere für „heilige Kühe“ wie den Morgenkreis. Warum sollen alle auf Kommando singen und Fingerspiele machen und dabei still auf dem Po sitzen? Wenn sie doch gerade Bewegungsdrang haben? Das lässt sich anders lösen – auch hier gibt sie viele Beispiele, die dem Alltag der Krippe entstammen.

Wesentliche Kapitel von Drüners Buch sind der Bewegung gewidmet, der Einrichtung der Krippe, dem Vorbereiten von Spielsituationen. Wichtig ist dabei immer: Die Kinder beobachten. Wohin geht ihre Aufmerksamkeit, womit sind sie innerlich beschäftigt? Sie plädiert außerdem dafür, Pflegesituationen als Lernsituationen zu begreifen. Denn sie machen etwa 80 Prozent der Tätigkeit der Erzieher und Erzieherinnen aus! Und Kinder lernen viel, wenn die Windel gewechselt und der Po eingecremt wird: Nähe und Berührung zulassen und damit spielen, eigene Entscheidungen treffen und sehen, dass sie respektiert werden, Bewegung auf weichem und festem Boden und Vieles mehr. Drüner streut in allen Kapiteln selbstreflektierende Fragen ein, bietet immer wieder Übungen, um die Einfühlung in die Kinder zu stärken.

Gibt es auch was zu meckern? Ja. Das geht allerdings an den Verlag. Denn leider wird immer stärker an der redaktionellen Durchsicht eines Manuskripts gespart. Und die hätte dieses Buch sicher noch besser gemacht. Denn einige sprachliche Mängel sind schon vorhanden, der innere Aufbau einiger Kapitel ist nicht zwingend und manche Zitate unnötig, unwichtig oder, was manche Untersuchungen und Studien angeht, schlichtweg zu alt.

Zum Schluss muss ich mich allerdings wiederholen: Es ist eines der besten Bücher zur Frühpädagogik, das in den letzten Jahren erschienen ist!

Ralf Ruhl




Ganz schön knifflig: drei Raupen in einem Apfel

SmartGames: Raupen Rabauken

Hätten Sie es gewusst? Der „Wurm im Apfel“ ist eigentlich eine Raupe und zwar die Raupe des Apfelwicklers. Bei SmartGames war das offenbar bekannt, als dort das Knobelspiel „Raupen Rabauken“ entstanden ist. Allerdings kommen in der Natur die Raupen nicht in den Apfel, sondern entwickeln sich aus dem Ei, das eben jener Apfelwickler dort abgelegt hat.

Dabei ist der Apfel bei „Raupen Rabauken“ schon sehr von den Plagegeistern befallen. Gleich drei Raupen sollen darin Platz finden. Das ist ganz schön knifflig.

SmartGames_RaupenRabauken

Apfel, Raupen und Aufgabenheft

Das Spiel besteht aus einem platten Apfel, der in fünf horizontale Segmente geteilt ist. Diese lassen sich in einem Winkel von 180 Grad drehen. Auf der Vorderseite tragen die Segmente die Nummern 1 bis 5, auf der Rückseite die Buchstaben A bis E. Zudem gibt es drei Raupen aus Kunststoff, die sich über Scharniere in unterschiedliche Formen bringen lassen. Die Raupen haben nicht nur unterschiedliche Farben (gelb, blau und grün), sondern lassen sich auch nicht alle gleich verbiegen. Zudem gibt es noch das Aufgabenheft, in dem 60 verschiedene Aufgaben – von leicht bis schwierig – abgebildet sind.

Von einfach bis kompliziert

Bei dem Spiel geht es nun darum, aus dem Heft eine Aufgabe zu wählen und den Apfel so zusammen zu setzen, dass sich alle drei Raupen in der vorgegebenen Form darauf platzieren lassen. Das erfordert ein ordentliches Maß an Analysefähigkeit und Konzentration. Je weiter die Spielerin oder der Spieler im Heft blättert, desto komplizierter gestalten sich die Aufgaben.

Bunt, freundlich und positiv

Das Spiel schafft schon durch seine bunten, leuchtenden Farben einen fröhlichen Eindruck. Die wenigen Teile sind in einer festen Faltschachtel gut untergebracht. Apfel und Raupen aus Kunststoff machen einen robusten Eindruck. Die lachenden Raupengesichter animieren zum Spiel. Durch die einfache Anleitung ist es leicht zu verstehen und der Einstieg geht schnell und ist unkompliziert.

Mit mehr Ruhe zur Konzentration

Durch die verschiedenen Schwierigkeitsgrade hat „Raupen Rabauken“ jeder Altersgruppe etwas zu bieten. Dabei vermittelt jede gelöste Aufgabe den Kindern ein kleines Erfolgserlebnis, das sie zum Weitermachen animiert. So leicht lässt sich deshalb nicht aufhören. Beim Spielen fällt auf, dass die Kinder zunehmend ruhiger werden, um sich zu konzentrieren. Und auch wenn der Spieleverlag meint, sein Knobelspiel sei nur für einen Spieler, passiert es schon mal, dass bis zu drei zusammenspielen. Schließlich sind es auch drei Raupen.

Passend für Kindergarten und Hort

Die Kinder haben viel Spaß beim Spielen und wollen das Spiel auch nicht mehr hergeben. Die Entwicklung der Analysefähigkeit und Konzentration werden unterstützt. Bei den etwas kleineren Kindern ist noch die Auge-Hand-Koordination gefordert. Zudem lässt sich leicht der Bezug zur Natur herstellen, um Raupen samt Apfel in einen größeren Kontext einzubeziehen. Wie empfohlen, ist das Spiel für Kinder ab fünf Jahren am besten geeignet. Entsprechend wichtig ist es auch, dass die Aufgabenstellung nicht nur einfach, sondern auch eindeutig ist. Und eindeutig sind auch die Lösungen.

„Raupen Rabauken“ passt aufgrund seines einfachen Zugangs, seiner pädagogischen Qualität und seiner positiven Wirkung ausgezeichnet in jede Kindergruppe ab drei Jahren.

Raupen Verpackung

Zum Spiel:

Raupen Rabauken
SmartGames
Design: Ralf Peeters
1 Spieler
Ab 5 Jahren
UVP 15,99 €

Mehr dazu finden Sie hier

Anja Lusch




Hoffnung für kleine Elefanten

Elefant

Claudia Gliemann, Ann Cathrin Raab: Papa Elefant – sind wir bald da?

Lang ist der Weg. Verdammt lang. Mit kleinen grünen Strichen ist er auf allen Seiten des Buches aufgezeichnet. Mal kreuz und quer, mal in Schleifen, mal vorwärts, mal zurück – nur selten geradlinig. Und da sind Papa Elefant und sein Kind unterwegs. Wohin? Hmm. Das ist nicht so klar. Aber irgendwohin. Wo es schön ist. Und wo das Leben Spaß macht. Aber das ist anstrengend. Verdammt anstrengend. Und dauert. Lang, länger, immer länger. Er führt über Berge, durch Wüsten durch Wälder, sogar durch einen Fluss.

Das macht mal Spaß, ist manchmal ok, meist aber beschwerlich. Äußerst beschwerlich. Weil es soooo lange dauert. Klar, dass der kleine Elefant immer wieder fragt: „Sind wir bald da?“ Und Papa antwortet immer wieder: „Leider noch nicht. Nur noch…“ Und dann geht es wieder über Berge und durch Täler. Immer wieder fragt der Kleine, wird ungeduldiger, erschöpft immer mehr. Wird traurig, wütend, brüllt, bricht zusammen.

Der Papa reagiert geduldig, aufbauend, gibt Sicherheit, Beständigkeit. Was gute Papas eben so tun. Er spielt mit ihm, schwimmt mit ihm, versteckt sich mit ihm. Hält die Wut aus, die Verzweiflung. Ist einfach da. So wie gute Papas das eben tun. Bis sie endlich ankommen. Am Meer. Spielen, sich freuen, sich gegenseitig nass spritzen. Und sich sagen, wie stolz sie aufeinander sind.

Gute Papas sind einfach da

Ein Durchhalte-Buch, ja. Für Krisen, insbesondere die Corona-Krise. Denn die dauert so lange, wie keine für Kinder direkt erlebbare Krise der letzten Jahrzehnte in Deutschland. Und es zeigt, was Kinder brauchen: Eltern, die da sind. Die verlässlich sind. Die aushalten. Nicht zusammenbrechen. Die zeigen: ja, es dauert, ja, es ist anstrengend, auch für mich. Also sichtbar sind. Aber da sind. Und damit stark. Dann ist auch die Freude wieder da. Gemeinsam.

Diese Beständigkeit, dieses Durchhalten – das sind Qualitäten, die gemeinhin Vätern zugesprochen werden. Obwohl in den meisten Veröffentlichungen zu Familien in Krisen die Mütter als höchst belastet dargestellt werden. Väter sind aber nicht nur Anhängsel, sie sind gleichberechtigte und gleichstarke Eltern. Deshalb freut es mich sehr, dass der Papa hier so eine wichtige, tragende Rolle für sein Kind spielt. Denn auch die Eltern, auch die Väter brauchen Wertschätzung in dieser Krisenzeit für ihre Leistung für ihre Kinder – und damit für die ganze Gesellschaft.

„Papa Elefant“ entstand im Rahmen der Initiative HopeLit. Literaten und Literatinnen wollen Hoffnung geben. Und stellen dafür Inhalte kostenlos zur Verfügung: Geschichten, Videos, Kreativideen. Auf https://hopelit.de gibt es auch eine Anleitung, wie sich nach dem Ausdrucken aus der Geschichte von Papa Elefant ein kleines Buch binden lässt. Tolle Idee!

Ralf Ruhl

Bibliographie:

Claudia Gliemann (Text), Ann Cathrin Raab (Illustration)

Papa Elefant – sind wir bald da?

Monterosa 2021
ab 3 Jahren
www.monterosa-verlag.de
ISBN: 978-3-942640-13-8
13 Euro

Oder kostenlos als Download auf https://hopelit.de/papa-elefant




Kleinkinder nicht an den Bildschirm!

baby

Auf kindergesundheit-info.de finden sich viele wichtige Tipps für Eltern und pädagogische Fachkräfte

Wenn es um Digitalisierung geht, wurde der frühkindliche Bereich bisher ausgespart. Schließlich ist nicht nur der pädagogische Nutzen stark umstritten, sondern die gesundheitlichen Risiken für Kinder sind im Zusammenhang mit der Bildschirmnutzung groß. Seit vielen Jahren schon weisen die Weltgesundheitsorganisation (WHO), Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) oder der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVJK) darauf hin. Sie stützen sich dabei auf zahlreiche wissenschaftliche Studien. Auf ihrer Website hat die BZgA unter der Überschrift „Kinder und Medien“ Empfehlungen für Eltern zusammengefasst, damit diese Kinder in die Welt der digitalen Medien sinnvoll begleiten können. Da pädagogische Einrichtungen genauso zur Lebenswelt der Kinder zählen, gelten diese Empfehlungen ebenso für pädagogische Fachkräfte.

Grundsätzliches zum Thema Bildschirm

Ob Fernseher, Computerbildschirm, Tablet oder Smartphone. All diese Geräte haben Bildschirme. Kinder im Alter bis drei Jahren sollten laut Empfehlung der BZgA diese Geräte am besten gar nicht nutzen, Kinder von drei bis sechs Jahren höchstens 30 Minuten am Tag. Im Alter von sechs bis zehn Jahren höchstens 45 bis 60 Minuten. Und das auch nicht täglich. Dass dies angesichts der ständigen Präsenz der Bildschirmgeräte im Alltag nur schwer einzuhalten ist, wissen auch die Experten. Dennoch sollten sich alle Erziehenden möglichst darum bemühen, Bildschirme von den Kindern fernzuhalten, geschweige denn den Umgang mit Ihnen zu fördern. Das betrifft auch so genannte Bilderbuch-Apps, zu denen es bisher auch keine echten wissenschaftlichen Studien für den frühpädagogischen Bereich gibt. Zahlreiche Studien weisen darauf hin, dass eine stärkere Nutzung als die Empfohlene zu Konzentrations- bzw. Wahrnehmungsstörungen oder -veränderungen, ADHS, Schlafproblemen und anderen gesundheitlichen Einschränkungen und Entwicklungsstörungen führen kann.

„Tipps und Regeln für Fernsehen und Computer“ hat die BZgA in einem PDF zusammengefasst, das Sie hier downloaden können. Empfehlungen zum Umgang mit Medien speziell für Kinder bis zu einem Alter von drei Jahren finden Sie hier.

Quelle: Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA)/ https://www.kindergesundheit-info.de/themen/medien/alltagstipps/mediennutzung/hoechstdauer/ (Auszug) CC BY-NC-ND

Empfehlungen für Erwachsene

Die BZgA weist auch darauf hin, dass Babys und Kleinkinder schon sehr viel davon mitbekommen, wie in der Familie Medien genutzt werden. Das gilt auch für die pädagogische Einrichtung. Die Kinder merken dabei auch, wenn diesen Geräten mehr Aufmerksamkeit geschenkt wird als ihnen. Dabei kann es sein, dass sich die Kinder für diese Medien begeistern und „mitspielen“ wollen. Es kann aber auch sein, dass sie auf die Medienumgebung nervös, wütend oder erschöpft reagieren. Beides ist bestimmt nicht im Sinne des Kindes. Bevor sie sich also mit den digitalen Medien beschäftigen, beschäftigen sie sich besser mit dem Kind.

Bilderbücher sind auch Medien

Kinder erforschen mit allen Sinnen die Welt. Und digitale Geräte können niemals reale Erfahrungen ersetzen. Wenn es aber um Medien geht, sollten Sie nie vergessen, dass auch Bilderbücher Medien sind, die Sie immer einsetzen können. Natürlich gibt es auch hier gute und schlechte. Aber das Erlebnis, zusammen zu sitzen oder gar zu kuscheln, etwas vorgelesen zu bekommen und gemeinsam die Bilder zu betrachten, lässt sich durch nichts ersetzen. Zudem unterstützen Sie damit die Begeisterung für Bücher und unterstützen die Sprachbildung. Und gerade die letzte Auswertung der so genannten PISA-Studie hat deutlich gezeigt, dass Kinder, die Gedrucktes Lesen, besser abschneiden.

„Gut hinsehen, gut zuhören, aktiv gestalten!“

Die BZgA hat unter dem Titel „Gut hinsehen, gut zuhören, aktiv gestalten!“ einen Ratgeber zum Thema „Mediennutzung in der Familie“ herausgebracht. Darin finden sich viele gute Tipps zum Umgang mit Medien innerhalb der Familie. Das PDF steht gratis zum Download bereit.




Wo ist Papa? Auf der Suche nach Identität

Anja Fröhlich/Betina Gotzen-Beck: Mops und Fidel suchen ihren Papa

Väter sind Schweine… also Wildschweinväter natürlich. Und faul dazu, behauptet Mama. Also fast wie bei den Menschen. Jedenfalls will Mama partout keine Pilzburger mitbringen und so beschließen die Jungs Mops und Fidel, dass sie es vielleicht bei Papa besser haben könnten. Sofort machen sie sich im Wald auf die Suche.

Aber – wie findet man einen Vater? Da muss es ja eine Ähnlichkeit geben. Die Streifen vielleicht? Aber das Streifenhörnchen lacht sich über diese Idee kaputt. Das Grunzen? Also der Bär brüllt und grunzt nicht, noch dazu macht er den beiden Vatersuchern Angst.

Da steht er auf einmal hinter ihnen. Groß und breit, mit mächtigen Hauern. Und er ist natürlich der Stärkste von allen und verspricht seinen Söhnen, sie immer zu beschützen, immer da zu sein, wenn sie ihn brauchen. Merkwürdigerweise schläft er dann sogar bei Mama im Nest…

Ja, vaterlose Kinder, Jungen wie Mädchen, machen sich auf die Suche nach dem Mann, der mit ihrer Mutter zusammen war. Weil sie wissen wollen, woher sie kommen. Denn das ist für ihr Identitätsempfinden in unserer Kultur wichtig. Gut, wenn der Vater dann auftaucht. Denn sonst machen sie sich nur Fantasien über die wunderbaren oder oberüblen Männer. Eben weil sie nicht da sind, aus welchem Grund auch immer.

Die Vatersuche der Wildschweinboys ist witzig geschrieben, mit viel Humor illustriert und absolut passend für die Altersgruppe. Ob allerdings solch heftige Geschlechterklischees dabei bemüht werden müssen, möchte ich doch in Frage stellen.

Ralf Ruhl

Bibliographie:

Anja Fröhlich/ Betina Gotzen-Beck
Mops und Fidel suchen ihren Papa
Hummelburg 2021
www.hummelburg.de
ISBN 978-3-7478-0031-7
32 Seiten, ab 4 Jahre
14,99 Euro




Kurze Pause im Gehirn

Christine Jüngling: Träumst Du, Leon? Ein Kinderfachbuch über Epilepsie

Leon hält in der Schule ein Referat. Das ist ja heute schon für die Jüngsten normal. Das Thema: Hunde. Denn das sind seine Lieblingstiere. Aber auf einmal stockt er. Ist weg. Innerlich. Kein Wort kommt aus seinem Mund. Und nach wenigen Augenblicken macht er weiter, als wäre nichts gewesen, an der gleichen Stelle wie vorher. Von diesem Aussetzer hat er selbst nichts mitbekommen. Nur über die Reaktionen seiner Lehrerin und der MitschülerInnen ist er irritiert und traurig. Vor allem darüber, dass er nicht mehr als Torwart beim Fußball mitmachen darf. Ja, wer will schon einen Keeper, der gar nicht mitbekommt, dass ein Ball auf sein Tor fliegt?

Solche Aussetzer häufen sich. Die Lehrerin ruft die Mutter an. Und schon sitzen sie beim Kinderarzt. Die Diagnose: Epilepsie, genauer Absence-Epilepsie. Die tritt meist im Alter zwischen fünf und acht Jahren zutage, Mädchen sind etwas häufiger betroffen als Jungen. Bei einem Drittel hören die Absencen – Abwesenheiten – innerhalb weniger Jahre auf, bei einem Drittel reichen sie bis ins Jugendalter und ein Drittel leidet noch als Erwachsene darunter. Die gute Nachricht: Die Betroffenen lassen sich meist gut medikamentös einstellen, sodass sie nicht mehr oder nur minimal unter den Anfällen leiden. Auch Schule oder Ausbildung müssen deshalb nicht abgebrochen werden.

Nach ein paar Wochen hält Leon sein Referat. Erst erzählt er über seine Krankheit. Kurz und verständlich. Und ohne jedes Stocken. Dann über Hunde. Denn jetzt hat er selbst einen zu Hause. Übrigens – Fußballspielen ist überhaupt kein Problem mehr. Schließlich ist Leon ein guter Torwart. Unüberwindlich wie Manuel Neuer. Naja, fast…

Kindern ermöglichen, ihr Erleben zu zeigen

Der Fachteil des Buches wendet sich an die Betreuungspersonen und Eltern. Hier werden die verschiedenen Formen der Epilepsie kurz vorgestellt, die Diagnoseformen, sowie – für ErzieherInnen besonders wichtig – die Erste-Hilfe-Maßnahmen. Die sollen vor allem durch den Anfall bedingte Verletzungen vermeiden oder verringern.

Seit über zehn Jahren bringt der Mabuse-Verlag Kinderfachbücher heraus, die sich mit Krankheiten und psychischen Krisen im Erleben von Kindern beschäftigen. Da geht es z.B. um Angststörungen, das Leben im Altenheim, Schlaganfall, den Tod eines Elternteils. Harte Themen, die Kinder betreffen – sei es direkt oder über Freunde in Schule oder Kita. Die Bücher helfen Eltern und ErzieherInnen, mit dem Kind über solche schwierigen Themen ins Gespräch zu kommen und gemeinsam einen Umgang damit zu finden. Denn Kinder brauchen eine Möglichkeit, ihr Erleben mitzuteilen. Oft gelingt das zunächst nicht verbal. Dann sind Feinfühligkeit und Behutsamkeit der Erwachsenen gefragt. Hierbei helfen die Kinderfachbücher. Und zwar richtig gut!

Ralf Ruhl

Bibliographie:

Christine Jüngling
Träumst Du, Leon?
Ein Kinderfachbuch über Epilepsie
Mabuse 2020
www.mabuse-verlag.de
ISBN 9783863214548
59 Seiten, ab 6 Jahre
16,95 Euro




Gratis: Handbuch zur Organisationsentwicklung

Das Handbuch „Organisationsentwicklung in Kitas“ informiert und bietet Impulse zur Weiterentwicklung:

Wie können Kitas mit dem Ausbau von Betreuungsplätzen und dem bundesweiten Personalnotstand umgehen? Wissenschaftlerinnen der Universitäten Hildesheim und Heidelberg haben ein Handbuch mit dem Titel „Organisationsentwicklung in Kitas – Beispiele gelungener Praxis“ verfasst. Es ist vor einiger Zeit im Universitätsverlag Hildesheim erschienen. Sie können es über die Website downloaden

Konkrete Ansätze und neue Impulse

Das Handbuch soll Fachkräften und Leitungsteams konkrete Ansätze und neue Impulse zur eigenen Weiterentwicklung bündeln. Zudem soll es mit praxisnahen Beispielen Mut machen, bewährte Ideen selbst aufzugreifen. Dafür haben die Wissenschaftlerinnen an elf Einrichtungen Fallstudien durchgeführt. Diese wurden ausgewählt, weil sie mit guten Lösungen bekannt geworden sind und zugleich die Bandbreite der Kita-Praxis repräsentieren. Anhand vier zentraler Arbeitsfelder – „Partizipation und Elternbeteiligung“, „Leitung“, „Personal“ und „Wachstum“ – liefert das Handbuch Materialien und Fallbeispiele, die in Fortbildungen, Teamsitzungen oder anderen Entwicklungskontexten benutzt werden können.