Ein paar Erklärungen für das schlechte Leseverständnis vieler Grundschüler

Ein Interview mit dem Vorsitzenden des Grundschulverbandes Edgar Bohn

Nach den Ergebnissen der IQB-Studie hätte die Internationale Grundschul-Lese-Untersuchung (IGLU) 2021 niemanden mehr überraschen dürfen. Das vielfältige Stimmengewirr offenbart vor allem aber zwei Dinge: Es gibt kein Konzept und niemand will verantwortlich sein. Sicher ist auch niemand und auch keine Institution alleine verantwortlich. Aber diese Erkenntnis sowie das Beschwören der immer alten Formeln, die schon in der Vergangenheit nicht funktioniert haben, helfen nicht, das Problem zu lösen. Eben genau das beklagen die Autorinnen und Autoren der IGLU-Studie, dass trotz aller Maßnahmen das Niveau konstant sinkt. Und Beispiele dafür gibt es genug.

Wir werden versuchen, das Thema in den nächsten Wochen zu durchleuchten. Wo hakt es? Wie könnte Abhilfe geschaffen werden? Denn schließlich handelt es sich hier um ein Thema, das nicht nur die Zukunft unserer Gesellschaft betrifft, sondern wofür viele Teile unserer Gesellschaft ihren Beitrag geleistet haben.

Beginnen wollen wir an dem Ort, der am meisten gescholten wurde: der Grundschule. Der Verband, der die Weiterentwicklung der Grundschule im Blick hat, ist der Grundschulverband. Sein Ziel ist es, bundesweit und in den einzelnen Bundesländern die Situation der Grundschule, der Grundschülerinnen und Grundschüler und ihrer Lehrkräfte zu verbessern. Schließlich ist die Grundschule der Ort, an dem alle Kinder einen umfassende, allseitige Grundbildung erhalten sollen. Nach dem Elternhaus und der Kindertageseinrichtung wird hier die Grundlage für erfolgreiches weiteres Lernen gelegt.

Hier geht es zum Interview:

Im Zusammenhang mit der IGLU-Studie fordert der Verband vor allem zwei Dinge:

  • Kurz-, mittel- und langfristige Maßnahmen zur Behebung des Lehrkräftemangels. Dabei ist eine hohe Ausbildungsqualität zu gewährleisten.
    Der Großteil der schon umgesetzten Maßnahmen zur Sicherung des Unterrichts (merke: Nicht zur Gewinnung ausreichender Lehrkräfte!) gehen zu Lasten der Qualität der Ausbildung. Es lässt sich unschwer vorstellen, wie sich diese kurzsichtige Denkweise auf kommende Studien und – wesentlich schlimmer noch – auf die Leistungen der Schülerinnen und Schüler auswirken wird.
  • Deutliche Anhebung der Aufwendungen für die Ausstattung der Grundschulen, orientiert am Durchschnitt vergleichbarer westlicher Industrienationen.

Auf den ersten Blick, ist das auch nicht weiter erstaunlich. Schließlich steht der Grundschulverband für die Grundschule. Bedrückender erscheint die Situation, wenn man sich vergegenwärtigt, dass seit 2006 Studien immer wieder darauf hinweisen, dass – sofern nicht intensiv gegengesteuert würde – mittel- bis langfristig mit einem Mangel an Lehr-kräften, und dies insbesondere im Grundschulbereich, zu rechnen sei. Angesichts dessen, dass seither so gut wie nichts geschehen ist, stehen wir heute in diese Situation.

In seiner Erklärung verweist der Grundschuldverband auf zwei Studien:

  • „2017 beleuchtete ein vom Grundschulverband in Auftrag gegebenes Gutachten von Prof. Dr. Klaus Klemm die Ausstattung der Grundschulen in Deutschland. Im Ergebnis ist festzuhalten, dass Deutschland – als einer der reichsten Staaten – allerhöchstens im OECD-Mittelfeld anzusiedeln ist.  Hier wurde erheblicher Nachholbedarf festgestellt. Daran hat sich seither kaum etwas geändert.
  • 2020 machte – ebenfalls im Auftrag des Grundschulverbands – ein Gutachten zur Arbeitssituation in den Grundschulen des Instituts für interdisziplinäre Schulforschung von Reiner Schölles, Hans-Georg Schönwälder, Gerhard Tiesler und Helmut Zachau auf die Tatsache der hohen und höchsten Arbeitsbelastung von Lehrkräften der Grundschulen aufmerksam: „Zu viele Aufgaben, zu wenig Zeit: Überlastung von Lehrkräften in Grundschulen“ wurde bereits im Titel des Gutachtens auf die prekäre Situation der Lehrkräfte der Grundschulen hingewiesen. Und dies unmittelbar vor den gravierenden Folgen für Schule und Unterricht, die die Pandemie mit sich brachte.“

Die Schlussfolgerung des Verbands lautet demzufolge relativ nüchtern: „Seit 2006 zeichnet sich also ein negativer Bildungstrend ab. Übrigens nicht nur für Grundschulen. Gerade diese aber stehen aktuell vor einer Aufgabe, die der Quadratur des Kreises gleicht: Mit immer weniger qualifiziertem und zu wenig Personal sollen sie die Leistungen ihrer Kinder deutlich verbessern. Dazu werden nun – das steht zu erwarten – hektisch neue und zusätzliche Aufgaben auf die Grundschulen zukommen. Das Kernproblem wird dabei nicht angegangen.“

Um hier mehr zu erfahren, haben wir mit dem Vorsitzenden des Grundschulverbands, dem Diplom-Pädagogen und langjährigen Schulleiter, Edgar Bohn, gesprochen. Das Interview können Sie sich hier auf der Seite anhören. Es ist nicht nur informativ und birgt einige Lösungsansätze, sondern bringt auch für viel Erstaunliches zutage.

Mehr zum Grundschulverband finden Sie unter: https://grundschulverband.de

Gernot Körner




Inklusion: Ein großes Ziel im unvorbereiteten Umfeld

Inklusion

Studie zeigt die Notwendigkeit zu einer differenzierteren Herangehensweise an ein schwierges aber lohnendes Thema

Das Recht auf inklusive Beschulung ist seit 2009 ein Bundesgesetz. In der Realität jedoch wird das Menschenrecht auf inklusive Bildung in Deutschland noch immer nicht flächendeckend gewährt. Dies ist auch für den Beauftragten der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen nicht akzeptable Situation, wie er in seinem Forderungspapier deutlich gemacht hat. Um die gesetzlich verbriefte inklusive Beschulung zu realisieren, gilt es vor allem zwei Voraussetzungen zu erfüllen: eine differenzierte Betrachtung der Behinderung sowie Lehrkräfte mit entsprechendem Fachwissen und Beratungskompetenz. Das sind auch zwei zentrale Ergebnisse der Studie der Praxis für Kinder- und Jugendhilfe Iris Schneider.

Im Interview mit den Initiatoren der Studie, Iris Schneider und Dr. Jürgen Schneider, zeigt sich, dass wir uns gesellschaftlich zwar viel vorgenommen haben, vielerorts in Sachen Inklusion aber eben noch am Anfang stehen. Das Interview finden Sie hier im Podcast.

Ansatzpunkte für erfolgreiche Inklusion

In ihrer Studie sind Iris und Dr. Jürgen Schneider der Frage nachgegangen, wie zufrieden die Betroffenen eigentlich mit ihrer eigenen Inklusion in Kitas und Schulen sind, die sie täglich erfahren. Dazu wurden stellvertretend für die Kinder und Jugendlichen deren Eltern befragt. Die Ergebnisse sind in der Studie mit dem Titel „Ansatzpunkte für erfolgreiche Inklusion von Kindern und Jugendlichen mit (drohender) Behinderung“ veröffentlicht.

Eine wesentliche Erkenntnis der Studie ist: Für die Zufriedenheit der Betroffenen ist die Behinderung bzw. das Störungsbild des Kindes oder des/der Jugendlichen von entscheidender Bedeutung. „Die Antworten zeigen uns: Es reicht nicht, undifferenziert über die Inklusion der Gruppe der behinderten Kinder und Jugendlichen zu sprechen. Vielmehr bedarf es einer wesentlich differenzierteren Betrachtung“, fasst Iris Schneider, Geschäftsführerin der Praxis für Kinder- und Jugendhilfe, zusammen. So spielt zum Beispiel die Gruppen- bzw. Klassengröße in einer Kita oder Schule für Kinder mit einer Autismus-Spektrum-Störung oder einer sozial-emotionalen Beeinträchtigung bisweilen eine entscheidende Rolle, während dieses Kriterium für Kinder mit einer Sehbehinderung oder einer anderen körperlichen Behinderung mitunter keinen Einfluss auf die Zufriedenheit mit ihrer Inklusion hat.

Etnscheidend ist das Fachwissen

Auch in Bezug auf die personelle Ausstattung der Einrichtungen ergibt sich ein differenziertes Bild. Dabei ist überraschend, dass die Quantität der personellen Ausstattung nicht das entscheidende Kriterium für die Zufriedenheit der Betroffenen ist. Entscheidend ist das Fachwissen und damit die Beratungsqualität der Einrichtungsmitarbeitenden bezüglich der jeweiligen Behinderungen und der damit verbundenen Fördermöglichkeiten. „Dieses Ergebnis ist ein deutlicher Hinweis darauf, dass die Ausbildungsinhalte der ErzieherInnen und LehrerInnen offenbar nicht ausreichend auf die Anforderungen eines inklusiven Bildungsbetriebes ausgerichtet sind“, so die Schlussfolgerung von Schneider.

Die Eckdaten zur Studie

Für die Marktstudie wurden die Fragebögen von Eltern und Inklusionsbegleitern ausgewertet, die als StellvertreterInnen für die Kinder befragt wurden. Mit dieser Form der Untersuchung soll die Sicht der Betroffenen stärker in den Blick genommen werden, um so die Ausrichtung von zukünftigen Inklusionsmaßnahmen noch stärker an den Anforderungen der Betroffenen ausrichten zu können.

Die Studie steht auf der Website der Praxis unter https://www.praxis-iris-schneider.de/ zum Download bereit. Zudem kann sie in gedruckter Form angefordert werden bei

Praxis für Kinder- und Jugendhilfe Iris Schneider GmbH
Iris Schneider
Mühlenstraße 6b
53721 Siegburg




Vom digitalen Schnuller zur Lesefähigkeit

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Der Medienexperte Thomas Feibel im Podcast zum Thema Medienerziehung

Thomas Feibel ist der führende Journalist in Sachen Kinder und Computer in Deutschland. Zudem gehört er zu den renommiertesten Medienexperten hierzulande. Seit 27 Jahren befasst er sich mit dem Thema digitale Medien für Kinder. Er ist der Veranstalter des deutschen Kindersoftwarepreises und Autor zahlreicher Kinder- und Sachbücher zum Thema.

Wir haben uns mit ihm über Medienerziehung und digitale Bildung unterhalten. In diesem Zusammenhang setzt er sich für einen bessere „digitale Lesefähigkeit“ ein. Für die Schulen fordert er, diesen eine verlässliche und dauerhafte digitale Infrastruktur zur Verfügung zu stellen. Wie jedes andere Unternehmen bräuchten auch Schulen eine eigene IT-Abteilung. Lehrkräfte seien keine „digitalen Hausmeister“. Schulen stünden heute zunehmend unter Druck, Konzepte für „digitale Bildung“ zu entwickeln. Eine Zusammenarbeit der verschiedenen Schulen wäre hier hilfreich. Ein erstes Projekt mit den Schülerinnen und Schülern könne etwa die Erarbeitung einer „digitalen Schulordnung“ sein.

Interview mit Thomas Feibel

Derzeit schreibt Feibel NetzKrimis für Kinder im Alter von 8 bis 13 Jahren zu bestimmten Themen aus dem Bereich Social Media. Mit „Cybermobbing“ und „Fake News“ sind die beiden erste Bücher aus der Reihe erschienen. Jedes Buch enthält vier Mitratekrimis mit den Detektivinnen Hilda und Hulda.

NetzKrimi Cybermobbing

„HILDA UND HULDA SIND VOLL HÄSSLICH, MEGADUMM + ÜBELST FETT!!“
Mobbing im Internet? Das geht gar nicht, finden die Zwillinge Hilda und Hulda. Die berühmten YouTube-Stars kennen die Gefahren in sozialen Netzwerken. Als clevere Detektivinnen lösen sie spannende Fälle zum Thema Cybermobbing. Wer steckt hinter den üblen Beschimpfungen und Beleidigungen im Netz? Wer ist der „Pränkmän“, der andere heimlich filmt und dann online stellt? Gemeinsam mit ihrem Freund Friedo und Hund Speck kommen sie jedem Täter auf die Spur.

Thomas Feibel
Cybermobbing – Hilda und Hulda lösen jeden Fall
102 Seiten, Paperback
Ab 8 Jahren
ISBN 978-3-86216-841-5
9,99 Euro