Im freien Spiel des Kindes liegen heilende Kräfte

Prof. Ferdinand Klein über das Kinderspiel und seine Bedeutung für die Entwicklung

Bekanntlich gibt es viele Theorien über das Spiel. Sollen wir nun einer kulturtheoretischen, evolutionstheoretischen oder lerntheoretischen Sicht des Spiels folgen? Im Folgenden stelle ich meine Spieltheorie vor, die sich aus jahrzehntelangen Erfahrungen mit Kindern für die inklusive Kita-Praxis herauskristallisiert hat und der Idee des Guten folgt, die uns der Begründer des Kindergartens, Friedrich Wilhelm August Fröbel (1782 – 1852) nahelegt. Fröbel lernte bis zum Lebensende von den Kindern. Er bezeichnete das freie Spiel als „Herzblatt des künftigen Lebens“ (Klein 2019, 133 ff.).

Der Idee des Guten folgt die Spieltherapie

In der Idee des Guten gründet auch der Erfolg der Spieltherapie. Darauf hat der Schweizer Lehrer, Psychotherapeut und Schriftsteller Hans Zulliger in seinem 1952 erstmals und 2017 in 8. unveränderter Auflage erschienene Buch „Heilende Kräfte im kindlichen Spiel“ aufmerksam gemacht (Zulliger 2017): Zulliger beobachtete immer wieder, dass Kinder mit Schwierigkeiten und Problemen im Verhalten durch das Spiel selbst geheilt wurden, noch ehe er ihnen etwas gedeutet hatte. Allein im Spiel des Kindes liegen gute, heilende oder ganz machende Kräfte.

Spiel ist aller Bildung Anfang

Bildungs-, Entwicklungs- und Hirnforscher sagen uns eindeutig: Spiel ermöglicht jedem Menschen sich Veränderungen anzupassen, diese auch zu wandeln und Widersprüche zu verbinden. Nur die Freiheit des Spiels verbindet die Widersprüche, die das Dasein dem rechnenden und zergliedernden Verstand präsentiert, zu jener Einheit in der Vielheit, in der sich das Wesen jeglicher Schöpfung bekundet.

Ganzheitliche Spielerfahrungen wirken auf das Lernverhalten nachhaltig

Dieses kreative Spiel ist die Bedingung dafür, dass Fühlen, Denken und Wollen als Ganzheit sich frei entwickeln können. Die Forschung legt nahe, dass durch ganzheitliche Spielerfahrungen sich bleibende Netzwerkstrukturen im Gehirn verankern und ausbilden. Besonders neurowissenschaftliche Untersuchungen haben hinreichend dargelegt: Das Spiel sorgt für die Ausbildung eines komplex verschalteten und zeitlebens lernfähigen Gehirns. Insofern schafft das Spiel die Bedingung für ein erfolgreiches Lernen (Klein 2019, 216).


Inklusion ist eine der größten und wichtigsten Herausforderungen, vor denen Pädagogen und Pädagoginnen heute in der Praxis stehen. Pädagogisches Wirken beginnt bei der pädagogischen Fachkraft und so beginnt auch Prof. Dr. Ferdinand Klein bei seinem eigenen Werdegang als Heilpädagoge und beim Kinderarzt und Pädagogen Janusz Korczak, um sich dem Begriff und der Aufgabe des Heil- und Sonderpädagogen zu nähern. Zudem bietet das Buch vielfältige Fallbeispiele, konkrete Tipps und Hilfestellungen zum Umgang mit Kindern mit besonderen Bedürfnissen, praxisgerecht, leicht verständlich und direkt umsetzbar.

Inklusive Erziehung in der Krippe, Kita und Grundschule

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Dem Kind das Eintauchen in die schöpferische Spielwelt ermöglichen

Geboten ist ein aufmerksames Begleiten des Kindes, damit es möglichst viele Strukturen bilden kann. Der dem Kind angeborene offene Blick wird aber blockiert, wenn ihm Lerngegenstände vorgelegt werden, die gleich materiellen Erfolg versprechen, den es schnell selbst (be)schaffen und konsumieren kann. Dadurch verkümmern aber seine offene Erwartungshaltung und Selbstwirksamkeitserfahrungen, sein lebendiges Wahrnehmen und Gestalten der Umwelt. Und der ursprünglich neugierige kleine Forscher (Wissenschaftler) folgt der Machbarkeit der Dinge, dem Messen und der Zahl. Hier dominiert das tote Konstrukt. Mehr nicht. Und bald wird der materielle Lerngegenstand lustlos weggelegt. Bald können viele unerwartete Verhaltens- und Entwicklungsprobleme folgen.

Auf die Einheit „Fühlen, Denken und Wollen“ achten

In den drei einander ergänzenden Bereichen Fühlen-Denken-Wollen ist dem Kind durch eine achtsame und vertrauensvolle Haltung die ganzheitliche Entwicklung seiner veranlagten Kräfte zu ermöglichen:

  • Bewegungsentwicklung (Entwicklung rhythmischer Bewegungsfolgen und koordinierter Bewegungen, Entwicklung der Motorik, Grob- und Feinmotorik, der Mundmotorik und Augen-Hand-Koordination);
  • Ich- und Sozialentwicklung (Entwicklung der personalen und sozialen Kompetenz);
  • Gefühlsentwicklung (Entwicklung von Haltungen und Einstellungen gegenüber Menschen, Tieren und Natur);
  • Motivationsentwicklung (Entwicklung von Neugierde und Wünschen, Interessen und Neigungen);
  • Fantasie- und Kreativitätsentwicklung;
  • Denk- und Intelligenzentwicklung;
  • Sprach- und Kommunikationsentwicklung.

Erkenntnis: Spiel ist aller Bildung Anfang

Im Spiel übt und entwickelt jeder Mensch ganz persönlich sein Selbstwirksamwerden, sein bio-psycho-soziales und emotionales Wachstum, seine Ressourcen, Lernpotenziale und Kompetenzen (Krenz 2009). Das Spiel verstehe ich als Urphänomen (Wesenszug) des Lebens: „Spiel ist aller Bildung Anfang“ (Klein 2012, 78). Geboten ist das Hören auf das Kind, sich ihm ganz hingeben und die eigenen Absichten verstummen zu lassen.

Jedes Kind gestaltet sein persönliches Spiel

Ein Holzstück kann ein Schiff sein. Und ein Stück Stoff verkörpert die Prinzessin. Die Prinzessin geht vom Schiff an Land, und das Kind betrachtet es weder als Betrug noch als Selbstbetrug, dass es in Wirklichkeit ein Stoffstück selbst an Land trägt, das es in eine Prinzessin verwandelt hat. Im Spiel gewinnt der Gegenstand jene Bedeutung, die ihm das Kind verleiht: „Es schafft im Spiel die Bedingungen, unter denen verschiedenste, selbst widersprüchlich erscheinende Lebenserfahrungen sich miteinander verbinden lassen“ (Schäfer 2005, 116). Jedes Kind spielt sei ganz persönliches Spiel. Das lehren uns Anna und Berrit. Hören wir in sie hinein (Klein 2018, 138 ff.):

Anna spielt

Anna, vier Jahre, ein Kind mit Down-Syndrom, spielt im Kindergarten mit ihrer Puppe. Die Puppe ist ihr Kind. Sie hat einen Namen. Sie heißt Susi. Susi ist

  • bald hungrig,
  • bald traurig,
  • bald schmutzig,
  •  bald unfolgsam und
  • dann am Ende ist Susi müde.

Anna

  • füttert ihre hungrige Susi,
  • tröstet und ermutigt ihre traurige Susi,
  • wäscht ihre schmutzige Susi,
  • „bestraft“ ihre unfolgsame Susi und
  • bereitet schließlich ihre müde Susi zum Schlafengehen vor und legt sie in aller Ruhe ins Bett.

Anna erlebt ihre Susi in Analogie zum eigenen Ich. Sie schlüpft in die Rolle der Mutter und identifiziert sich mit der Puppe, die ganz und gar ihr gehört: Die müde Susi muss jetzt schlafen – Anna ist müde und geht jetzt auch schlafen.

Berrit spielt

Berrit, ein fünfjähriges Mädchen, geht im Gruppenraum zu ihrer Freundin Theresia. Sie erzählt ihr wozu sie Lust hat (Interesse). Ausgiebig spricht sie über ihre Wünsche und Gedanken, darüber wie sie sich ihre Hochzeit mit Jan, ihrem Freund vorstellt (Sprache, Sprechen). Berrit führt Theresia zuerst zur Verkleidungskiste, dann zum Spiegel und Berrit probiert mit ihrer Hilfe viele verschiedene Sachen an (sozialer Bereich). Die Hüte, Schleifen und Schleier reichen offenbar nicht aus. Berrit überlegt und geht bald zum Materialschrank, in dem sie schöne Stoffreste findet. Sie schaut diese mit Theresia an. Beide entschließen sich ein Kleid herzustellen, das alle bisherigen Hochzeitskleider weit in den Schatten stellen soll.

Aber wie kann aus den Stoffresten das Kleid gemacht werden? Nadel und Faden sind nicht vorhanden. Berrit überlegt weiter (Denken). Plötzlich kommt ihr eine Idee. Sie geht zum Kerzenschrank, fragt die Erzieherin um Erlaubnis und schmilzt alle Kerzenstummel in einem Topf ein. Sie weiß, dass Kerzenwachs bei entsprechender Hitze flüssig wird (Intelligenz). Bald ist das gesamte Wachs flüssig. Nun breitet sie einen großen Papierstreifen auf den Boden aus, legt sich darauf und lässt von Theresia ihren Körperumriss auf dem Papier aufzeichnen. Sie legt die Stoffe so auf das Papier, wie sie es sich ausgemalt hat (Fantasie). Bald beginnt sie die Stoffreste an ihren Enden mit dem flüssigen Wachs zu verbinden. Sie geht zwischen dem nun entstehenden Brautkleid und dem heißen Wachs hin und her (Bewegung). Ihre konzentrierte Spiel-Tätigkeit führt zum Erfolg. Berrit fühlt sich bestätigt. Sie hat ihre Vorhaben so abgeschlossen, wie sie sich das in ihrer Vorstellung und Fantasie ausgemalt hatte (Kreativität). Rasch zieht sie das Kleid an und tanzte vor Freude (Gefühl). Die Tatsache, dass ihr Auserwählter wegen des Weiterspielens mit Heiko keine Lust zur Heirat hatte, störte Berrit nicht weiter. Sie entschließt sich spontan, „mit Theresia ab sofort eine Modeboutique zu eröffnen“ (Krenz 2009, 153).

Spielen und Lernen gehören zusammen

Anna und Berrit erleben das Spiel als Mittelpunkt ihrer Aktivitäten und verleihen ihm die Bedeutung, die sie für wichtig halten. Hier stabilisieren sie ihre Ich-Identität, verbessern ihre Belastbarkeit und erweitern ihre soziale Sensibilisierung für einen verträglichen Umgang mit anderen Menschen und sie eignen sich auf ihrem ganz persönlichen Entwicklungsniveau die Gegenstände der Natur und Kultur an. Spielen war und ist zu allen Zeitendie Haupttätigkeit des Kindes, es gilt sowohl als die bedeutsamste Grundbedingung für alle Bildungs- und Lernprozesse als auch für das Lernen überhaupt.

Das Spiel des Kindes ist also kein ineffektiver und bedeutungsloser Zeitvertreib, wie Erwachsene oftmals meinen. Spiel darf aber nicht in funktionalisierter Form gezielt eingesetzt werden. Es muss zweckfrei und funktionsvielfältig erlebt werden können. Spielfreude hilft dem Kind dabei, seine Selbstaktivität immer wieder aufs Neue entdecken und einsetzen zu wollen – und das ist bekanntermaßen die wichtigste Form des Lernens, geht es doch auch im späteren Leben darum, die Welt zu erkunden und dabei den eigenen Stellenwert zuentdecken, sich bei Problemstellungen auf die Suche nach Lösungswegen zu begeben, lösungsorientierte Handlungswege zu entwickeln und mit Motivation, Konzentration und Lernbereitschaft das eigene Leben selbstverantwortlich zu gestalten.

Kompetenzen im Spiel entwickeln

Spielen ist untrennbar mit der Entwicklungdes Kindes verbunden und besitzt daher entscheidende Bedeutung für seine Persönlichkeitsentwicklung. Es gilt als Vorstufe und Nährboden für den Erwerb lebenspraktischer Fähigkeiten und Fertigkeiten, um das eigene Leben weitestgehend autonom, initiativ und selbstbewusst zu gestalten.

Das Spiel trägt dazu bei, dass das Kind

  • selbst aktiv wird und gleichzeitig seine Lernauswirkungen aufbaut,
  • Gewohnheiten und Routine überwindet,
  • Lösungswege für Handlungsabsichten entwirft und einsetzt,
  • bekannte Handlungsmuster erweitert und hinderliche Muster überwindet,
  • sich unbekannten Dingen des Lebens zuwendet, sich mit ihnen auseinandersetzt und neugierig bleibt,
  • kreative Aspekte in seinen Handlungsspielraum integriert,
  • Neues wagt,
  • Sinnverbindungen knüpft und somit
  • ein suchendes Subjekt bleibt.

Fazit

Für Fröbel liegt „die Quelle alles Guten im Spiel liegt“ (Klein 2012, 78). Darauf weisen viele Untersuchungen und Erfahrungen hin: Kinder bilden im Spiel ihr eigeninitiatives Lernen heraus, das ihre geistigen, sozialen, emotionalen, motorischen und kreativen Potenziale weiter anregt. Das geschieht in einer differenzierten Vernetzung und gleichzeitigen Vielfalt, die kein gezieltes Lernförderprogramm erreichen kann.

Literatur

Klein, Ferdinand: Inklusive Erziehung von Anfang an. Bewegung, Spiel und Rhythmik in der inklusiven Kita-Praxis. Bildungsverlag EINS, 2012

Klein, Ferdinand: Inklusive Erziehung in Krippe, Kita und Grundschule. Heilpädagogische Grundlagen und praktische Tipps im Geiste Janusz Korczaks. Burckhardthaus bei Körner Medien, 2018

Klein, Ferdinand: Inklusive Erziehungs- und Bildungsarbeit in der Kita. Heilpädagogische Grundlagen und Praxishilfen. 3. Auflage. Bildungsverlag EINS, 2019

Krenz, Armin: „Das Spiel ist der Beruf des Kindes!“ – Die hohe Bedeutung des Spiels als Bildungsmittelpunkt für Kinder und als Basiswert einer späteren „Schulfähigkeit“. In: Entwicklungsorientierte Elementarpädagogik – Kinder sehen, verstehen und entwicklungsunterstützend handeln. Burckhardthaus 2014.

Schäfer, Gerd: Bildung beginnt mit der Geburt. Beltz, 2005

Zulliger, Hans: Heilende Kräfte im kindlichen Spiel. 8. Auflage. Dietmar Klotz, 2017




Qualität in der Kita ist unverzichtbar

kita krenz

Qualitätsorientierung in der Kita seit 1998 stärker im Fokus – mit PowerPoint Präsentation für Teamsitzungen im Anhang

Im Jahre 1998 fand die erste empirische Studie – durch die Freie ­Universität Berlin – zur Erziehungsqualität in Kindergärten statt und diese kam zu dem Ergebnis, dass mehr als zwei Drittel der Kindergärten eine lediglich mittelmäßige Qualität und sogar zwei Prozent eine sehr schlechte Qualität aufwiesen. Damit war der Startschuss in Gang gesetzt, dass der Bereich Qualität in Kindertageseinrichtungen immer stärker in den Fokus rückte und sich alle Kinder­tages­stätten in den Folgejahren mit den Fragen einer Qualitätsorientierung auseinandersetzen mussten. Viele Kindheits­pädagog:innen erlebten diese Herausforderung als eine anspruchsvolle, umfangreiche und zusätzliche Aufgabe. Doch gleichzeitig erkannten engagierte Kindheitspädagog:innen auch, dass es offensichtlich notwendig war, sich den unterschiedlichen und vielfältigen Fragen zu stellen, um den Elementarbereich als ein wesentliches und sehr bedeutsames frühkindliches Bildungs- und Erziehungsfeld zu legitimieren.

Gutes muss ­geplant werden. Schlechtes passiert von selbst.

Philip B. Crosby

Die Forderung nach Qualität kann dabei unter folgender Prämisse stehen: »Wer aufhört, besser sein zu wollen als er ist, hört auf, gut zu sein« (Philip Rosenthal).


Diesen Beitrag haben wir folgendem Buch entnommen:

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Armin Krenz
Elementarpädagogische Grundsätze auf den Punkt gebracht
20 PowerPoint Präsentationen als Grundlage für Teambesprechungen, Fortbildungsveranstaltungen und Fachberatungen
344 Seiten mit zahlreichen Abbildungen
ISBN 978-96304-613-1
29,95 €

Die PowerPointPräsentationen und Seminarunterlagen von Prof. Armin Krenz haben sich in zahlreichen Vorträgen und Weiterbildungen bewährt. Sie vermitteln kurz und prägnant das Wesentliche für die pädagogische Praxis und stützen sich dabei auf neueste wissenschaftliche Erkenntnisse. Mit seinem Buch unterstützt er pädagogische Fachkräfte dabei aktuelles Wissen in die Praxis umzusetzen.


Dabei beziehen sich die Qualitätsfragen in der Regel auf folgende Arbeits- und Strukturfelder:

  1. die fachliche Grundlagenorientierung der Einrichtung (hier geht es beispielsweise um die Bedeutung gesetzlicher Bestimmungen: SGB, VIII. Bd., 2. Hlbd./länderspezifische Kita-Gesetze und Orientierungsrichtlinien: Bildungsrichtlinien/die zutreffenden Paragraphen in der UN-Charta Rechte des Kindes/das Berufsbild der Kindheitspädagog:innen/Grundlagenkenntnisse aus den Bereichen der Entwicklungspsychologie, Bildungs- und Bindungsforschung/Neurobiologie/Entwicklungspädagogik/das berufliche Selbstverständnis/pädagogisches Konzept/pädagogischer Ansatz/Konzeption …)
  2. die humanistische Orientierung auf die Individualitäten der Kinder (Gestaltung der Tagesabläufe/Berücksichtigung einer lebendigen Partizipation/Orientierung auf die Stärken der Kinder/Gestaltung einer angstfreien, die Interessen der Kinder berücksichtigende Alltagspädagogik/eine Lebensweltorientierung/Erkennen der Bedeutungs- und Erzählwerte spezifischer Ausdrucksformen der Kinder/Erfahrungsräume für ein Erleben von Sinnlichkeit/Werteorientierung/Projektarbeit statt didaktische Themenabarbeitung/…)
  3. Selbstverständnis als Fachkraft (Selbststeuerung/Selbstmotivation/Auseinandersetzung mit handlungsleitenden Werten/Formen der Selbsterfahrung/Wahrnehmung von Fort-/Weiter-/Zusatzausbildungen/Verantwortungsübernahme/zielorientiertes Handeln/Wissenschaftsorientierung/Konfliktkompetenz/Qualitätsorientierung/Bildung durch Bindung/ein konstruktiver Umgang mit Kritik/gewählte Formen eines entdeckenden Lernens …)
  4. professionelle Ausführung der Leitungsfunktion (Umsetzung notwendiger Selbst-, Sach- und Sozialkompetenzen/Ausrichtung auf innovative Visionen/Entscheidungskompetenz/ein Modell für ­Umgangs-/Sprach-/Konflikt-/Kommunikationsqualität/kompetenter Umgang mit Widerständen und Konflikten/Kooperations­kom­pe­tenz mit externen Institutionen …)
  5. die Arbeit im Team (Festlegung gemeinsam getragener Zie­le/Austausch von Erkenntnissen/Kooperationskompetenzen/Auf­decken und Klärung von Schwachstellen, eingefahrenen Strukturen, Verhaltensmustern …)
  6. eine entwicklungsförderliche Innenraum- und Außenraumgestaltung
  7. eine aussagekräftige und regelmäßige Öffentlichkeitsarbeit
  8. eine Sicherung bzw. ein Auf- und Ausbau der stets weiterzuentwickelnden Person- und Fachkompetenzen durch Fort-/Weiter-/Zusatzausbildungen
  9. eine förderliche und regelmäßig zu pflegende Zusammenarbeit mit Eltern
  10. eine förderliche und sozialraumorientierte Zusammenarbeit mit anderen Institutionen, mit denen die Kindertageseinrichtung in Verbindung steht.

Wenn Du mit anderen ein Schiff bauen willst, so beginne nicht, mit ihnen Holz zu sammeln, sondern wecke in ihnen die Sehnsucht nach dem großen, weiten Meer.

Antoine de Saint-Exupéry

Damit konzentriert sich die Qualitätsevaluation auf drei Schwerpunktbereiche:

  1. die Orientierungsqualität (damit ist vor allem das Selbstverständnis von Erziehung und Bildung sowie die Berechtigung des pädagogischen Ansatzes und das ›Bild vom Kind‹, sind die Auffassungen der Kindheitspädagog:innen über die Entwicklung von Kindern, über Erziehungsziele und deren Umsetzung, über ent­wicklungsförderliche sowie entwicklungshinderliche Erziehungsmaßnahmen gemeint),
  2. die Strukturqualität (z. B. finden hier insbesondere die vorhandenen Rahmenbedingungen wie Gruppengröße, Anzahl der Fachkräfte im Verhältnis zur Anzahl der Kinder, die Ausbildung der Fachkräfte, die Ausstattung der Innen- und Außenräume, die Tagesablaufstruktur, die Umsetzung einer inklusiven Pädagogik Beachtung)
  3. sowie die Prozessqualität (z. B. die umgesetzte Kommunikations- und Interaktionsqualität, die Beziehungsorientierung als Grund­lage für Selbstbildungsprozesse in Kindern, die Auswahl der Projektschwerpunkte …).

Verständlicherweise gibt es nicht nur eine Möglichkeit, die Qualität in einer Kindertageseinrichtung zu messen, um aus den ge­wonnenen Ergebnissen entsprechende Handlungskonsequenzen abzuleiten, um ›Schwächen zu schwächen und Stärken zu stärken‹. So ist der erste Schritt stets der, dass sich Träger und Mit­arbei­ter:innen zusammensetzen, um sich mit den Schwerpunkten der einzelnen Qualitätsverfahren zu beschäftigen, um dann eine Entscheidung zu treffen, welches Qualitätsverfahren wohl am besten für die betreffende(n) Einrichtung(en) geeignet ist.

An dieser Stelle seien daher beispielhaft einige bekannte Qualitätsverfahren genannt:

PädQUIS/QUIK/KES-R (Kindergarten-Einschätzskala, Revision)/
Netzwerk Kinderbetreuung der Europäischen Kommission: Bertels­mann Stiftung/QuaSi (Qualität in Kindertageseinrichtungen nach dem Situationsansatz)/K. I. E. L. – Kieler Instrumentarium für Elementarpädagogik und Leistungsqualität/QfürK (Qualitätsentwicklung für Kindertagesstätten)/KRIPS (Krippen-Scala für Einrichtungen im Krippenalter/HUGS (Hort und Ganztagsangebotsskala für Kinder im Schulalter)/TAS (Tagespflegeskala für die Betreuung, Bildung und Erziehung in Tagespflegestellen)/Kronberger Kreis für Qualitätsentwicklung in Kindertageseinrichtungen/Qualitätsmanagement nach DIN EN ISO 9000:2000/IQUE (Konzept der Integrierten Qualitätsentwicklung)/Qualitätsentwicklung als dialogischer Prozess – Das KiTaManagementKonzept/QMS-pragma: Qualitätsent­wicklung in KiTas/Qualitäts-Check KiTa PQ sys plus/QMelementar – Qualitätsmanagement in Kindertageseinrichtungen/TQM – Total Quality Management/EFQM: European Foundation of Quality Management/LQK: Lernorientierte Qualitätstestierung für Kindertagesstätten …

Über Qualität lässt sich trefflich streiten. Aber eines steht fest: Der Wurm muss dem Fisch schmecken – und nicht dem Angler.

Helmut Thoma

Qualität ist keine normative Vorgabe; vielmehr sind es förderliche Standards, die als Zielorientierung dienen. Qualität erreichen und umsetzen wollen heißt: aus Problemen etwas Konstruktives ent­stehen lassen und das Mögliche möglich machen wollen – so wie das Laufen bei genauerer Betrachtung ein aufgefangenes Fallen ist. Und eine qualitative Pädagogik umsetzen heißt: eine engagierte Begleitung zu leisten. Daher finden sich alle Aussagen zur Qualität in drei gebündelten Qualitätsstandards wieder:

Lernen heißt: alte Erfahrungen neu durchdenken.

Willy Möbius




Perfektionistischen Eltern droht der Burnout

Forscher der Ohio State University sehen fatalen Druck von Gesellschaft und sozialen Medien

Eltern, die sich bemühen, ihre Kinder perfekt zu erziehen, müssen damit rechnen, einen Burnout zu erleiden. Das zeigt eine Studie von Forschern der Ohio State University. Sie basiert auf einer Umfrage unter 700 Eltern. 57 Prozent leiden bereits unter einem Burnout. Die Bemühungen, perfekte Eltern zu sein, sind nicht nur unrealistisch, sondern auch schädlich für Eltern und ihre Kinder, warnen die Forscher.

Chronische Überforderung

Die Gesellschaft übt den Experten nach einen immensen Druck auf Eltern aus, „perfekt“ zu sein. In ihrem Streben, dieses unrealistische Ziel zu erreichen, können sie einen elterlichen Burnout erleben. Dieser tritt auf, wenn der chronische Stress die Fähigkeit der Eltern überfordert, mit allen Situationen fertig zu werden und effektiv zu funktionieren.

Der elterliche Burnout hängt stark mit internen und externen Erwartungen zusammen, einschließlich der Selbsteinschätzung, ob man sich für ein gutes Elternteil hält, der wahrgenommenen Beurteilung durch andere, der Zeit zum Spielen mit den Kindern, der Beziehung zum Ehepartner und der Sauberkeit im Haus. Darüber hinaus zeigt die Studie, dass eine geringere Belastung durch strukturierte außerschulische Aktivitäten und mehr Zeit zum freien Spiel mit den Kindern psychische Gesundheitsprobleme bei Kindern wie Angst und Depression lindern könnten.

Treibsatz psychische Leiden

Noch schlimmer wird es, wenn Kinder unter psychischen Störungen leiden. Das verschärft das Burnout-Problem bei den Eltern, was oft dazu führt, dass sie ihre Kinder häufiger beschimpfen, kritisieren, anschreien oder sogar schlagen. Forscherin Kate Gawlik gibt den sozialen Medien einen guten Teil der Schuld an den Leiden der Eltern. „Wenn man Eltern auf Instagram beobachtet, frage ich mich immer: Wie schaffen sie es, immer alles im Griff zu haben, während ich es nicht habe?“

Mittlerweile hat die vierfache Mutter es im Griff. Dabei half ihr ein Ratschlag von Bernadette Melnyk, Assistenzprofessorin für Pädiatrie und Psychologie: „Positive Erziehung bedeutet, dass man seinen Kindern viel Liebe und Wärme schenkt, ihnen aber auch Struktur und Orientierung im Leben gibt. Man bringt ihnen behutsam die Konsequenzen von Verhaltensweisen bei. Ein positives Elternteil zu werden, ist ein viel besseres Ziel als zu versuchen, perfekt zu sein“, so Melnyk.

Ann Arbor/pressetext




Podcast „emotionale Entwicklung und Förderung“ jetzt abrufbar

Neue Folge in „Der Kita Podcast für bedürfnisorientierte Pädagogik“ der Kindheitspädagogin Lea Wedewardt

Eben ist im „Kita Podcast für bedürfnisorientierte Pädagogik“ von Lea Wedewardt die neue Folge „Im Gewühle der Gefühle“ mit Stella Valentien, Diplom-Pädagogin und Leiterin des Bereichs Fortbildung und Präventionsprogramme der Deutschen Liga für das Kind, abrufbar. Stella Valentien beantwortet im Podcast unter anderem folgende Fragen:

  • Welche Gefühle gibt es und wo liegt der Unterschied zu Emotionen?
  • Wie entstehen Emotionen?
  • Können wir Emotionen steuern?
  • Was ist emotionale Kompetenz?
  • Wie können Fachkräfte Kinder im sozial-emotionalen Bereich entwicklungsförderlich begleiten?

Im Podcast wird darüber hinaus von den Bildungs- und Präventionsprogrammen der Deutschen Liga für das Kind berichtet, mit denen die sozial-emotionalen Kompetenzen von Kindern in pädagogischen Einrichtungen gestärkt werden können.

Link: https://kita-podcast.podigee.io/96-96-im-gewuhle-der-gefuhle-mit-stella-valentien

Quelle: Deutsche Liga für das Kind




Bewegung und Musik entwickeln Körper und Gehirn

Eine Skizze über die Bedeutung von zwei Grundbedürfnissen und deren Auswirkungen im Kindheitsalltag

Unser Gehirn ist entstanden, damit wir uns bewegen können. Es ist die Schaltzentrale unseres Körpers und bekommt von diesem Impulse für seine Entwicklung. Das gehört heute zu den Binsenweisheiten der Neurobiologie. Das Schöne an Binsenweisheiten ist, dass sie nicht nur simpel, sondern einfach wahr sind. Die Notwendigkeit der Bewegung ist offensichtlich auch der Grund für den natürlichen Bewegungsdrang des Menschen, speziell der Kinder. So entwickeln sich Körper und Geist weiter. Und weil Kinder ebenso einen natürlichen Spieltrieb haben, lernen sie.

Kulturtechniken wachsen nicht auf Bäumen

Der Haken dabei ist, dass sie auf diesem Weg nicht automatisch Mathematik, Lesen oder Schreiben lernen. Denn das war vor rund 200.000 Jahren, als sich die Menschheit zum Homo sapiens sapiens, also zum „verstehenden, verständigen Menschen“ entwickelte, einfach noch nicht vorgesehen. Und in der freien Wildbahn, dem ersten und wichtigsten Lernraum des Menschen, kamen keine Differentialgleichungen oder komplexe Traktate vor. Schrift und Mathematik sind erst vor 5000 bzw. 3000 Jahren entstanden. Zu kurz, als dass sich unser Gehirn darauf einstellen konnte.

Bildung als Spiel und in der Schule

Dieser Umstand hat vor allem zu Zeiten der Industrialisierung und des freien Bürgertums im 18. und 19. Jahrhundert dahin geführt, möglichst allen Kinder mithilfe von Schulen die so genannten Kulturtechniken näher zu bringen. Ab welchem Alter und in welcher Form das geschehen sollte, ist seit jeher umstritten. Die meisten Generationen haben die frühe Kindheit davon ausgenommen, um die Jüngsten spielen und toben zu lassen. Auch der Begründer des Kindergartens, Friedrich Wilhelm Fröbel, baute seine Kindergartenpädagogik auf der Erkenntnis auf, dass Bildung im frühen Kindesalter vorrangig im Spiel und nicht durch Belehrungen erfolgt.

Mangel an Möglichkeiten

Ob es jemals eine Zeit gab, in der sich Kinder auf natürliche Art und Weise entwickeln konnten, ist nicht bekannt. Ganz sicher gehören unsere modernen Zeiten nicht dazu. Im Gegenteil: Säuglinge und Kleinkinder brennen geradezu darauf, ständig Neues zu entdecken und auszuprobieren. Dabei fehlen ihnen aber allzu oft die Möglichkeiten und oftmals lassen wir sie auch nicht. In den vergangenen Jahren sei es zu einem regelrechten Boom von Angeboten zur Frühförderung gekommen, erklärt die Entwicklungspsychologin Prof. Dr. Maria Klatte. In einem Beitrag zum Thema „Gehirnentwicklung und frühkindliches Lernen“ schreibt sie: „Aus Verunsicherung, Sorge oder auch übertriebenem elterlichen Ehrgeiz sind die Terminkalender mancher Kinder so gefüllt, dass für spontane, selbst-initiierte Aktivitäten kaum noch Raum bleibt.“ In vielen Kinderbetreuungseinrichtungen sieht die Situation nicht viel besser aus. Die zahlreichen Förderprogramme unterdrücken allzu oft den natürlichen Bewegungsdrang der Kinder und halten sie auf den Stühlen fest.

Mangel an Freiflächen

Daneben fehlt es zunehmend an Freiflächen, auf denen freie sportliche Aktivitäten oder einfach nur Toben möglich sind. Selbst auf den eigentlich gesetzlich geschützten Gehsteigen und in Parks können Eltern ihre Kinder kaum mehr unbeschwert laufen lassen, da diese zunehmend von Fahrrad- und E-Scooter-Fahrern okkupiert werden.

Wie viel Bewegung ein Kind braucht

Kein Wunder also, dass sich unsere Kinder zunehmend schlechter motorisch und kognitiv entwickeln. Schließlich geht beides Hand in Hand. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt für Kinder im Alter zwischen fünf und 17 Jahren 60 Minuten moderate bis intensive Bewegung täglich. An drei Tagen in der Woche sollten die Kinder und Jugendlichen so richtig ins Schwitzen kommen, mit aerober Aktivität von hoher Intensität, aber auch Aktivitäten, die Muskeln und Knochen stärken. Die im Sitzen verbrachte Zeit müsse zudem durch ausreichend Aktivität kompensiert werden. Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) empfiehlt sogar 90 Minuten tägliche Bewegung mit mittlerer bis hoher Beanspruchung.

Die Realität sieht anders aus. Laut der 2022 erschienenen internationalen Kinder- und Jugendgesundheitsstudie Health Behaviour in School-aged Children“ (HBSC), an der 51 Länder beteiligt sind, bewegt sich etwa nur jedes zehnte Mädchen, jeder fünfte Junge sowie jede:r achte der gender-diversen Heranwachsenden täglich mindestens 60 Minuten am Tag. Dieser Bewegungsmangel hat schlimme Folgen für die physische und psychische Gesundheit.

Alle Menschen brauchen Musik

Noch schlechter sieht es mit einem weiteren Grundbedürfnis des Menschen aus, der Musik. In ihrer Forschungsarbeit konnte Charlotte Großmann 2020 nachweisen, dass sich das Bedürfnis nach Musik bei allen Menschen wiederfinden und sich dieses auf unterschiedliche Weise befriedigen lässt.

Was Musik für Kinder bedeutet

Was Musik für Kinder bedeutet, ist unter anderem im Bayerischen Bildungs- und Erziehungsplan festgehalten. „Kinder handeln von Geburt an musikalisch. Mit Neugier und Faszination begegnen sie der Welt der Musik. Sie haben Freude daran, den Geräuschen, Tönen und Klängen in ihrer Umgebung zu lauschen, diese selbst zu produzieren sowie die Klangeigenschaften von Materialien aktiv zu erforschen. Gehörte Musik setzen Kinder in der Regel spontan in Tanz und Bewegung um.“, ist hier zu lesen. Weiter ist hier zu lesen: „Die Vielfalt der Sinneswahrnehmungen durch das ,Spiel mit Musik‘ bietet in den ersten Lebensjahren grundlegende Anregungen. Neben ihrem ästhetischen Selbstwert verfügt sie über weit reichende entwicklungspsychologische Effekte. Der aktive Umgang mit Musik fordert und fördert die gesamte Persönlichkeit des Kindes.“

Wie Musik die Entwicklung des Menschen untersützt  

Die Autorinnen und Autoren stellen anschließend die Bedeutung der Musik für das Wohlbefinden, für Ausdruck, Fantasie und Kreativität, Sozialkompetenzen, kulturelle Identität und interkulturelle Kompetenz, Sprachkompetenz, aufmerksames Zuhören, kognitive Kompetenzen, Körperbewusstsein und motorische Kompetenz heraus. Nach diesem beeindruckenden Bekenntnis zur Bedeutung von Musik sollten wir eigentlich nun getrost davon ausgehen können, dass die bayerischen Kinder stetig mit dem Musikzieren und Tanzen beschäftigt sind.

Musik und Alltag

Die Realität sieht jedoch genauso trist aus, wie in zahlreichen anderen Bundesländern. Schlimmer noch! Im südlichen Bundesland legt man derzeit den Musik-, Kunst- und Werkunterricht in der Grundschule zusammen und kürzt den Stundenanteil auf vier Stunden pro Woche. Lesen, Schreiben und Rechnen werden laut dem Beschluss des Bayerischen Kabinetts dagegen ausgebaut. Man will eben fördern, was der Wirtschaft nutzt. Der Grund ist in den schlechten Ergebnissen bei IQB und PISA zu finden. Dabei gälte es doch, diese Ergebnisse deutlich zu hinterfragen. Liegt es an der Digitalisierung, dem Gemeinschaftsschulsystem oder dem geringen Migrantenanteil, dass Estland so viel besser abgeschlossen hat? Möglich das Südkorea vor allem deshalb so gut abschneidet, weil dort nur ausgewählte, hochmotivierte Schüler am PISA-Test teilnehmen durften, während hierzulande unsere 15-Jährigen keine Wahl hatten. Vielleicht reagieren auch Länder wie Schweden, Frankreich oder Neuseeland richtig, die auf die schlechteren Ergebnisse mit dem Rückbau der Digitalisierung reagieren?

Solche Überlegungen sind dem Bayerischen Kabinett offenbar fremd und die Ministerinnen und Minister wissen offenbar auch nichts von der Bedeutung von Musik für Kinder. Einen jämmerlichen Trost gibt es: Sie stehen damit nicht allein. Für die Wirtschaft ist das dennoch ein Bärendienst. Schließlich unterdrückt die Bayerische Staatsregierung auf diesem Weg zunehmend die Entwicklung der sozialen Fähigkeitenu und der Kreativität.

Musik ist Seelenproviant für Kinder

In seinem „Plädoyer für mehr Musik und Tanz in Kindertagesstätten“ schreibt Prof. Armin Krenz „Musik ist Seelenproviant für Kinder“. „Musik ist weitaus mehr als nur eine bloße Aneinanderreihung von Noten, eingebettet in bestimmte Takte. Musik setzt Energien frei, die offensichtlich innere Impulse in Gang setzen, die das ,reine Hören‘ erweitern wollen, Emotionen ansprechen und vielfältige Ausdrucksformen aktivieren, die sich schließlich in sichtbare und rhythmische Bewegungsaktivitäten umsetzen.“ Mit Blick auf die Bedeutung der Musik ruft er jede Kita dazu auf, das aktive Musikerleben stärker als bisher zu unterstützen und ihre Alltagspraxis daraufhin überprüfen, inwieweit ihre Musikpraxis auch einen hohen Stellenwert einnimmt.

Die Entfernung von den Grundbedürfnissen bedeutet Entfremdung vom Menschsein

Das Ergebnis dürfte für viele ernüchternd ausfallen. Vor allem im Zuge der zunehmenden Verschulung des Kindergartens nimmt man den Kindern ihre Kindheit. Während die Orff-Instrumente auf den Regalen verstauben, gibt es nun Sprachförderung auf dem Tablet. Dabei ließe sich Sprachförderung mit Instrumenten doch viel sinnlicher und sinnvoller gestalten. Bewegung und Musik sind Urbedürfnisse des Menschen. Indem wir Kinder darin einschränken, entfernen wir sie von sich selbst und verwehren ihnen grundlegende Erfahrungen. Es bleibt also zu hoffen, dass die Entwicklungen und Studien im internationalen Bereich auch hierzulande Früchte tragen.

Quellen:

Bayerisches Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen/Staatsinstitut für Frühpädagogik München: Der Bayerische Bildungs- und Erziehungsplan für Kinder in Tageseinrichtungen bis zu Einschulung, 5. Auflage, Cornelsen, 2012

Großmann, Charlotte: Die Bedeutung von Musik für den Menschen – Musizieren als Grundbedürfnis, Hochschule Darmstadt, 2020

Kinder- und Jugendgesundheitsstudie Health Behaviour in School-aged Children (HBSC) in Journal of Health Monitoring, Robert Koch Institut, 2024

Klatte, M. (2007). Gehirnentwicklung und frühkindliches Lernen. In: Brokmann-Nooren, Ch.; Gereke, I.; Kiper, H. & Renneberg, W. Bildung und Lernen für die Drei- bis Achtjährigen. S. 117-139. Bad Heilbrunn: Klinkhardt.

Körner, Gernot: Bewegung bringt das Gehirn erst in Schwung – Warum körperliche Aktivität das Lernen fördert, spielen-und-lernene.online, 2023

Krenz, Armin: Musik ist Seelenproviant für Kinder – Ein Plädoyer für mehr Musik und Tanz in Kindertagesstätten, spielen-und-lernen.online, 2022

Gernot Körner




Die Kunst des Erziehens achtet das rhythmische Prinzip

Rhythmus als Antwort auf Intellektualisierung und in Fächer zergliedertes Lernen nach Rudolf Steiner

Das Fundament der modernen Geisteswissenschaft ist die selbst zu verantwortende „Freiheit des Menschen“. Das gilt auch für Rudolf Steiners Ideen. Seiner Menschenkunde zufolge fühlt sich der freie Mensch aus seinem ursprünglichen Wesen heraus aufgerufen, das Gute zu suchen und für den anderen Menschen zu tun. Woher kommt aber das Gute? Entspringt es aus der Bindungs- und Beziehungsfähigkeit der Menschen untereinander? Oder findet der Mensch das Gute, indem er sich entschließt, es zu tun – soweit seine Fähigkeit reicht und seine Bereitschaft wächst, aus eigenen Fehlern zu lernen? In diesen selbstkritischen Fragen gründet die Kunst der Erzieherin (Glöckler 2002). Das hatte Steiner beim Hausunterricht erfahren.

Rhythmus in Geschichte und Gegenwart

Dem griechischen Philosophen Heraklit (um 500 v. Chr.) zufolge existiert in der Natur ein Grundprinzip des Lebens und der Welt: Alles fließt! (griechisch: panta rhei). Aus dem Fließen oder dem Rhythmischen entsteht die Urkraft des Lebendigen, die „Energie an sich“ (Heraklit). Auf dieser rhythmischen Urkraft beruhe die Existenz des Kosmos.

Das rhythmische Phänomen begegnet uns überall in der Natur und im Leben. Für den Menschen ist der Rhythmus lebensbedeutsam. Ohne Rhythmus ist das Leben nicht denkbar. Zwischen Rhythmen und Gewohnheiten besteht ein enger Wechselbezug: Rhythmen tragen Gewohnheiten und Gewohnheiten stabilisieren Rhythmen. Die Psychologie der frühen Kindheit weist eindringlich darauf hin, dass jedes Kind von Beginn an einen rhythmisch strukturierten Tagesablauf und damit stabile Gewohnheiten für seine Entwicklung benötigt. Und ein Kind, das von einer Entwicklungsauffälligkeit bedroht ist, verlangt besondere Aufmerksamkeit, denn es braucht ganz besonders stabile Gewohnheiten, die ihm Lebenssicherheit, Zuversicht und Vertrauen geben. Wenn ein Kind im Vorhinein weiß oder auch nur ahnt, was bald folgen wird, fühlt es sich sicher und kann sich in zeitlichen Strukturen frei bewegen (Neuhäuser/Klein 2019, S. 126 ff.).


Wir haben diesen Beitrag folgendem Buch entnommen:

Prof. Dr. Ferdinand Klein
Waldorfpädagogik in Krippe und Kita
Einblick in eine ganzheitliche Praxis, die jedem Kind seinen individuellen Lebensweg ermöglicht
Taschenbuch, 168 Seiten
ISBN: 978-3-96304-610-0
25 €

Mehr dazu unter: https://www.oberstebrink.de/shop/item/9783963046100/waldorfpadagogik-in-krippe-und-kita-von-ferdinand-klein-broschur


Die Rhythmusforschung hat u.a. die physiologische Bedeutung des Tagesrhythmus, des Wochenrhythmus und des Jahresrhythmus für Kinder und Erwachsene herausgearbeitet: Alle Gewohnheiten, die sich bei einem Kind gebildet haben, stärken oder schwächen seine Lebenskraft. Wenn heute Kinder und Erzieherinnen über Kraftlosigkeit und Müdigkeit klagen, so ist eine Ursache dafür in den fehlenden Lebensgewohnheiten zu suchen. Gerade für kleine Kinder verlangt das Leben Rhythmus und Gewohnheit, Kontinuität und wiederholendes Üben.

Rhythmus als Antwort auf Intellektualisierung und zergliedertes Lernen

Rhythmische Erziehung ist als Antwort auf das einseitig intellektuelle und in Fächer zergliederte Lernen zu verstehen. Damit verbunden sind chronischer Bewegungsmangel und die zu beobachtende instabile Gesundheit bei vielen Kindern. So wird es auch verständlich, dass verschiedene Bewegungssysteme und Körpertherapien wie Pilze aus dem Boden schießen und bei Kindern mit Lern- und Entwicklungsdefiziten Hilfe durch ein bewegungserfülltes Lernen versprechen. Gerade dieses therapeutische Bemühen weist darauf hin, dass eine (Rück)Besinnung auf ein ganzheitliches Lernen geboten ist, das die Beziehungen von

– Körper (Körperbewegungen),
– Geist (geistige Strukturen) und
– Seele (künstlerische und bildnerische Bildungsinhalte)

beachtet (Klein 2012, S. 106 ff.).

Rhythmus als Schicksals- und Lebensrhythmus

Allgemeine Gesichtspunkte

Nach Rudolf Steiners Menschenkunde ist jeder Mensch in einen Schicksals- und Lebensrhythmus eingebunden. Er lebt im Rhythmus des Wachens und Schlafens, des Einatmens und Ausatmens, des Erlebens und Gestaltens, des Aufnehmens und Ausführens. Gerade beim Kind hat der klangvolle musikalische Rhythmus, den wir in Liedern und Bewegungen wahrnehmen, eine organbildende Kraft. Rhythmus und Bewegung sensibilisieren und aktivieren die Sinne, insbesondere den Bewegungs- und Gleichgewichtssinn und damit das Denken in seinem schöpferischen und ordnenden Anspruch.

Das Kind ahmt hier die Bewegungen auf seine ganz individuelle Art und Weise nach. Es strebt danach, in diesen Bewegungen die Welt zu verinnerlichen und bringt dadurch seine Welt in die gemeinsame Welt, in die „gemeinsame Daseinsgestaltung“ (Kobi 2004; Klein 2019, S. 18) ein. Offenbar erlebt sich das Kind ganz unmittelbar im Rhythmus und in den Bewegungen. Rhythmus und Bewegungen ermöglichen es ihm, sein Denken, Fühlen und Wollen und damit sein bewusstes Ich zu entwickeln. In diesem Prozess der Selbstausformung entfaltet und gestaltet es in Freiheit und Gebundenheit seinen inneren Halt, der in den übergreifenden Schicksals- und Lebensrhythmus eingebunden ist.

Zur heilenden Bewegungskunst (Eurythmie)

Rudolf Steiner hat die Eurythmie eingeführt. Im Bild der Waage zeigt sich das Wesen des Rhythmischen, wie es uns im Leben begegnet. Im Hin- und Herbewegen zwischen den Polen wird das Gleichgewicht gesucht. Im Rhythmischen trägt sich das Leben. Im Wesen des Rhythmischen begegnet uns das Wesen des Menschen. Das Sein im Rhythmischen ist ein Leben in Gesundheit. Im Rhythmischen, in dem sich das Gegensätzliche vereinigt, kommt das Ungleichgewicht ins Gleichgewicht. Ist der Mensch nicht (mehr) fähig, gleichsam aus der Herzmitte heraus, sich in dieses Gleichgewicht einzuschwingen, dann kann er körperlich und seelisch erkranken, Probleme für sich und für andere erzeugen.

Als geradezu tänzerische Ausdrucksform von Sprache und Musik will die Eurythmie den Menschen sinnlich-ästhetisch mit den Gestalten und Geschehnissen der geistigen Welt verbinden.

Im (Nach)Erleben der Bewegungen im Tanz können die TänzerInnen aus der sinnlichen Welt in die übersinnliche Welt aufsteigen. Durch nachbildende Bewegungen der Arme, Hände und Füße in choreografischen Formen wird ihnen ermöglicht nichtsinnliche Bewegungen sichtbar zu machen. Durch diese geistige (spirituelle) Kunst wird das sichtbar, was dem Makrokosmos innenwohnt.

Es ist daher Aufgabe des Lebens wie der Erziehung, das Rhythmische, das Streben nach Gleichgewicht, nach Ausgleich und Zusammensein, das Suchen des Verbindenden und Zusammengehörenden zu pflegen.

Es geht um einen harmonischen Rhythmus, was auch die Silbe eu vor dem griechischen Begriff des Rhythmischen ausdrücken will: Eu meint soviel wie harmonisch, schön, wohl, gut. In den eurythmischen Bewegungen spiegeln sich Bewegungen wider, wie sie uns im Kosmos und im menschlichen Organismus begegnen. Der Mensch als Mikrokosmos macht in seinen eurythmisch schöpferischen und künstlerischen Bewegungen den Makrokosmos sichtbar. Der makrokosmische Rhythmus des Jahres- und Tageslaufes mit seinen Naturkräften offenbart sich beim Menschen im Rhythmus des Kreislaufgeschehens, im Puls und Atem.

Es geht der Eurythmie darum, dem sich unwohl oder krank fühlenden Menschen zu ermöglichen, sich aus dem Arhythmischen und Hektischen in den Einklang mit den kosmischen Rhythmen hineinzubewegen, in das Harmonische, Ausgleichende und Ganze einzufinden. Diese harmonischen Bewegungen sind dem Menschen ureigen. Ist er aber aus dem inneren Gleichgewicht geraten, so hat er ein ursprüngliches Bedürfnis wieder in sein Gleichgewicht zu kommen. Nach anthroposophischem Verständnis hat jeder Mensch einen tiefen ursprünglichen Willen in sich, eurythmisch das innere und äußere Gleichgewicht zu suchen, so sein Gemüt zu pflegen und seinen Handlungswillen zu üben, sein Denken und Wahrnehmen zu schulen.

Eurythmische Erziehung achtet auf folgende Inhalte und Ziele:

– Ausbilden der Phantasie
– Üben der Sinne, besonders des Hörsinnes und des Bewegungssinnes
– Koordination der grobmotorischen und feinmotorischen Bewegungen
– Übungen der Körpergeschicklichkeit
– Rhythmisieren und Harmonisieren der Bewegungen durch Musik und Sprachrhythmen
– Üben des schöpferischen Denkens und der räumlich-zeitlichen Vorstellungen
– Beleben der Gefühlskräfte und Fördern der sozialen Kräfte
– Erleben der anderen Menschen und der Gemeinschaft (Klein 2012, S. 110).

Zur Theorie des Rhythmus

Die naturwissenschaftlich und medizinisch orientierte Rhythmusforschung (Chronobiologie) achtet vor allem auf die Zeitstruktur von Lebensvorgängen. Sie kommt zum Ergebnis, dass überall, wo es um Leben in der Natur geht, Rhythmen auftreten. Die Wissenschaft ist überzeugt, dass man dem Leben der Organismen näherkommt, wenn man sich mit den Rhythmen befasst.

Die Chronobiologie konnte nachweisen, dass alle biologischen Funktionen rhythmisch-periodisch strukturiert verlaufen

Die Dauer einer Periode umfasst ein breites Spektrum von Millisekunden bis zu Jahren. Beim Menschen werden langsame, umweltbezogene Rhythmen (Tag-Nacht-Rhythmus, Wochen-, Monats- und Jahresrhythmus) und schnelle, autonome Rhythmen (Herzrhythmus, Atemrhythmus, Rhythmen im Bereich von Atmung und Puls, von Nervensystem und Sinnesorganen und Rhythmen der Stoffwechselorgane) unterschieden. Die für uns wahrnehmbaren Rhythmen setzen von Geburt an ein und haben eine unverwechselbare individuelle Struktur und Wirkung.

Bekannt ist die prägende Wirkung zeitlich verlässlicher Pflege in der Neugeborenen-Phase oder die Fähigkeit des Kindes beim Schlafen einen eigenen Rhythmus zu entwickeln. Beispielsweise kann von zwei Geschwistern das eine schon sehr bald fähig sein durchzuschlafen und das andere hat diese Fähigkeit auch im 2. oder 3. Lebensjahr noch nicht erlangt. Es handelt sich hier um die Entwicklung ganz elementarer individueller Lebensrhythmen.

Die Entwicklungspsychologie der frühen Kindheit konnte zeigen, dass bereits bei den ersten reflektorischen und sensomotorischen Aktivitäten des Neugeborenen die rhythmische Struktur eine große Rolle spielt. Aus diesen rhythmischen Gesamtbewegungen bilden sich erste sensomotorische Schemata. Es entwickeln sich weitere Schemata durch eine aktive Organisation früherer Erfahrungen. Aus Greifreflexen werden Greifakte. Die Bewegungen der Hände werden mit dem Sehen koordiniert und es bilden sich in Wechselwirkung mit der Umwelt erste stabile Gewohnheiten aus, die nun erste Nachahmungsaktivitäten ermöglichen. Die sensomotorischen Schemata und ersten Gewohnheiten erweitern sich und Handlungsstrukturen differenzieren sich weiter aus. Neue Handlungsstrukturen gehen lückenlos aus den bereits vorhandenen hervor.

Wir erkennen: Der Rhythmus ist ein spontaner individueller Ausdruck des leiblich-seelisch-geistigen Lebens

Er ist ein im Körperlichen wurzelnder Gestaltungswille, der auf die sich entwickelnden Handlungsstrukturen ordnend einwirkt. „Rhythmik ist aller Bildung Anfang“ (Neuhäuser/Klein 2019, S. 129 ff.; Klein 2012, S. 106).

Von pädagogischem und therapeutischem Interesse ist auch die Erkenntnis, dass beim autonomen Rhythmus verschiedene Qualitätsbereiche unterschieden werden, die beim individuellen Üben, Spielen und Lernen anzusprechen sind. Es wäre gegen die rhythmisch-periodische Struktur des Kindes gehandelt, wollte man es eine Stunde nur kognitiv oder nur sprachlich oder nur bewegungsmäßig ansprechen. Beachtet hingegen die Erzieherin die individuelle rhythmisch-periodische Struktur, dann erweitert und festigt das Kind seine zeitliche Orientierung. Wenn für das Kind bestimmte Ereignisse und Tätigkeiten, Übungen und Spiele zu bestimmten Zeiten wiederkehren, dann kann es feste Gewohnheiten entwickeln, die ihm äußere und innere Sicherheit geben. Untersuchungen konnten bestätigen, dass das Wiederkehren von basalen periodischen Zeitstrukturen die körperlich-seelisch-geistigen Selbstheilungskräfte des Kindes (Menschen) weckt und zur Entfaltung bringt.

Schon allein diese Erkenntnisse der Chronobiologie zeigen die fundamentale Bedeutung des Rhythmischen für das sich entwickelnde Kind. In der Erziehung sollte das rhythmische Prinzip als Sinnprinzip des Lebens, des Übens, Spielens und Lernens geachtet werden. Es strukturiert die Tages-, Wochen-, Monats- und Jahresgestaltung, erleichtert das Lernen und macht die Inhalte zugänglicher. Der Lebensalltag wird in den Rhythmen des Tages, des Monats und des Jahres bewältigbarer. Der Rhythmus gliedert Ereignisse in Zeit und Raum.

Zusammenfassung für die Praxis

Für das Wahrnehmen und Begleiten des Kindes im Alltag der Krippe und des Kindergartens ist bedeutsam, dass der Rhythmus drei wesentliche Eigenschaften hat:

  • Rhythmus ist ein Strukturelement von Verläufen in Zeit und Raum.
  • Rhythmus ist ein multisensorielles Medium, das mit unterschiedlichen Sinnen wahrgenommen wird: hören, bewegen, berühren, sehen.
  • Rhythmus ist ein intersensorielles Medium, das mit unterschiedlichen Sinnen gleichzeitig, d.h. ganzheitlich wahrgenommen wird.

Beim ganzheitlichen Ansprechen verschiedener Sinne üben die einzelnen Sinne eine sich gegenseitig korrigierende und unterstützende Funktion aus (Klein 2012, S. 110). Diese inneren Zusammenhänge hatte wohl auch Rudolf Steiner durch eigene Erfahrungen und Studien intuitiv erkannt.

Literaturhinweise:

  • Glöckler, M. (Hrsg.) (2002): Spirituelle Ethik. Situationsgerechtes, selbstverantwortliches Handeln. Dornach, am Goetheanum
  • Klein, F. (2012): Inklusion von Anfang an. Bewegung, Spiel und Rhythmik in der inklusiven Erziehung. Köln, Bildungsverlag EINS
  • Klein, F. (2018b): Inklusive Erziehung in Krippe, Kita und Grundschule. Heilpädagogische Grundlagen und praktische Tipps im Geiste Janusz Korczaks. München, BurckhardtHaus
  • Klein, F. (2019): Inklusive Erziehungs- und Bildungsarbeit in der Kita. Heilpädagogische Grundlagen und Praxishilfen. 3. Auflage. Köln, Bildungsverlag EINS
  • Kobi, E. (2004): Grundfragen der Heilpädagogik. Eine Einführung in heilpädagogisches Denken. 6. Auflage. Berlin, BHP
  • Neuhäuser, G./Klein, F. (2019): Therapeutische Erziehung. Gesunde Erziehung in Familie, Kripp, Kita und Grundschule. München, BurckhardtHaus



Online-Workshop: „Machtfragen im Alltag: Wer bestimmt wirklich in Schlüsselsituationen?“

Finale der Liga-Workshopreihe im Sommersemester am 5. Juni 2024 von 16:00 bis 18:00 Uhr mit Dörthe Scheffler

Die Workshopreihe der Liga für das Sommersemester endet am 5. Juni 2024 mit dem Thema „Machtfragen im Alltag: Wer bestimmt wirklich in Schlüsselsituationen?“.

Warum geht es? Eine gute Beziehungsqualität zwischen Kindern und Pädagog:innen gilt als entwicklungsförderlich. Beziehungen gedeihen, wenn gegenseitige Achtung und Anerkennung in Einrichtungen der Kindertagesbetreuung gelebt werden.

Im Alltag müssen immer wieder Entscheidungen getroffen werden. Wer darf wann ‚bestimmen‘? Wie gehen Pädagog:innen in Kitas, Krippen und Kindertagespflegestellen verantwortungsvoll mit ,Macht‘ um? Wie helfen Selbstreflexion und der Austausch im Team dabei, Partizipation im Alltag umzusetzen?

Im Workshop werden Schlüsselsituationen genauer angeschaut, beispielsweise die Gestaltung gemeinsamer Mahlzeiten oder der Kleidungswechsel in der Garderobe. Dozentin des Workshops ist Dörthe Scheffler (freie Dozentin, Fachberaterin, Kommunikationstrainerin, Prozessbegleiterin u. Coach)

Die Workshops des Wintersemesters starten am 9. Oktober 2024 mit Prof. Dr. Jörg Maywald als Referent und dem Thema „Eltern für Kinderrechte begeistern. Kinderrechtsbasierte Erziehungs- und Bildungspartnerschaft.“

Buchung der Liga-Workshops über den Link: https://fruehe-kindheit-online.de/?cat=c17_Workshops-Workshop.html

Quelle: Deutsche Liga für das Kind




Wie Kinder das rhythmische Prinzip von Ruhe und Kraft erfahren

Tanzen

Drei Spielideen von Dr. Charmaine Liebertz für ein inneres Gleichgewicht

Ebenso wichtig wie Anspannung ist im Leben die Entspannung. Das rhythmische Prinzip von Ruhe und Kraft findet sich überall in unserem Alltag, sei es in der Musik, der Beobachtung von Naturphänomenen oder dem täglichen menschlichen Umgang. Kinder lernen hier spielend ein inneres Gleichgewicht kennen.

Chef-Vize

Die Kinder sitzen im Kreis, bestimmen einen Chef und einen Vize (Stellvertreter). Alle anderen Kinder zählen durch und merken sich ihre Zahl. Der Spielleiter erklärt nun die Firmenhierarchie: »Wir haben einen Chef, einen Vize und 20 Mitarbeiter. Die Mitarbeiter von 1 – 5 sind Topmanager, die Mitarbeiter von 6 – 15 gehören zum mittleren Management und die restlichen Mitarbeiter arbeiten im Versand oder als Putzkolonne. Aber keine Sorge, unser Unternehmen bietet große Aufstiegschancen: Von der Putzfrau zum Chef oder umgekehrt; das hängt nur von eurer Geschicklichkeit ab!« Nun führt der Spielleiter diesen Viererrhythmus vor:

  • Einmal mit beiden Handflächen auf die Oberschenkel schlagen,
  • einmal die Hände vor der Brust klatschen,
  • mit rechtem Daumen über die Schulter zeigen und dabei die
  • eigene Identität (Zahl, Chef oder Vize) nennen,
  • mit linkem Daumen über die Schulter zeigen und dabei die Person nennen (Zahl, Chef oder Vize), die das Spiel fortsetzen soll.

So geht es im rasanten Wechsel immer weiter: Jeder Genannte sagt erst seine Zahl (rechter Daumen über Schulter), nennt dann eine neue Zahl (linker Daumen über Schulter) und bestimmt somit den nächsten Mitspieler. Dabei sollten natürlich alle Mitspieler im Rhythmus bleiben. Wer einen Fehler (z. B. Stottern, Rhythmus nicht einhalten) macht, verlässt seinen Stuhl und setzt sich auf den letzten Platz der Firma. Alle anderen Mitspieler rücken bis zum frei gewordenen Stuhl nach und übernehmen die entsprechend neue Zahl. Und eh man sichs versieht, sitzt der Topmanager auf dem Putzfrauenstuhl!

  • Alter: 7 bis 99 Jahre
  • Zeit: 10 bis 20 Minuten
  • Sozialform: Gruppenspiel

Das Gewitter

Die Kinder sitzen im Stuhlkreis und schließen ihre Augen. Falls erforderlich, verbindet ihnen der Spielleiter die Augen. Nun erzählt er eine spannende Geschichte zum Wetterverlauf, der voller Sonne beginnt und mit einem heftigen Gewitter endet. Dabei werden seine Worte mit folgenden Geräuschen, die bei ihm starten und nacheinander von Kind zu Kind im Kreis weitergegeben werden, untermalt:

  1. Sonne ➟ Stille
  2. Nieselregen ➟ Hände fest aneinander reiben
  3. Kleine Regentropfen ➟ mit den Fingern schnippen
  4. Starker Regen ➟ fest in die Hände klatschen
  5. Prasselnder Regen ➟ mit den Händen auf die Oberschenkel schlagen
  6. Starkes Gewitter ➟ mit den Füßen trampeln

  • Alter: 4 bis 9 Jahre
  • Zeit: 10 Minuten
  • Sozialform: Gruppenspiel
  • Material: evtl. Augenbinde

Schiff ahoi!

Es ist nicht einfach, als großer Überseedampfer unbeschadet durch eine enge Einfahrt in den Hafen einzulaufen. Die Pfosten der Hafeneinfahrt spielen diesmal zwei Kinder, die sich ca. einen Meter entfernt gegenüberstehen. Viele solcher Paare stehen verteilt im Raum. Nun wird ein weiteres Kinderpaar für folgende Rollen ausgewählt: Ein Kind spielt mit verbundenen Augen den Überseedampfer, der jedoch, um unbeschadet in den Hafen einlaufen zu können, einen kleinen, erfahrenen Lotsen braucht.

Diesen spielt das zweite Kind, das den blinden Dampfer mit einem akustischen Signal (Klangschale, Klanghölzer, Triangel oder Pfeifzeichen) unbeschadet durch die Hafeneinfahrten, d. h. zwischen die Kinderpaare im Raum lotst.
Berührt der Dampfer dabei ein Kind, also die Kaimauer, so muss er ausscheiden. Nun versucht ein neues Dampfer-Lotse-Paar sein Glück.

  • Alter: 3 bis 8 Jahre
  • Zeit: 5 Minuten
  • Sozialform: Gruppenspiel
  • Material: 1 Augenbinde, 1 Klangsignal (z. B. zwei Klanghölzer oder Teelöffel, die sanft aneinander geschlagen werden)
kartei bewegung

Diese Spiele stammen aus folgender Spielekartei:

Die Spielekartei Bewegung und Rhythmus

Charmaine Liebertz
Burckhardthaus
ISBN: 9783944548203
14,95 €
Mehr unter: oberstebrink.de