95 % der pflegenden Eltern fühlen sich überfordert

Neue Studie zur Kinderpflege zu Hause weist auf vielfältige Herausforderungen für Pflegende hin

2021 waren 271.838 Kinder in Deutschland pflegebedürftig ( BMG 2021). Für die Pflege schwerkranker und pflegebedürftiger Kinder bringen pflegende Eltern wöchentlich mehr als 40 Stunden auf – mehr als für einen durchschnittlichen Vollzeitjob in Deutschland. Das zeigt die neue pflege.de-Studie zur Kinderpflege zuhause. 95 Prozent pflegender Eltern fühlen sich zumindest teilweise mit der Pflege ihres Kindes überfordert. Wie die Studie zeigt, hat dies komplexe Gründe. Anlässlich der aktuell immer noch angespannten Situation in Kinderkliniken ist es umso wichtiger, die Aufmerksamkeit auf diese oft unsichtbare gesellschaftliche Gruppe zu richten.

pflege.de-Studie zeigt: Kinderpflege findet bei 92 Prozent zuhause statt und wird hauptsächlich von den Müttern übernommen

Die Pflegesituation von Kindern mit Pflegebedarf ist fast immer gleich: 92 Prozent der Kinder werden in den eigenen vier Wänden der Familie gepflegt. Die Kinderpflege übernehmen hauptsächlich die Mütter: 87 Prozent der Hauptpflegepersonen von pflegebedürftigen Kindern sind Mütter.

Ursache für die Pflegebedürftigkeit bei Kindern: Meist eine Behinderung von Geburt an

Die Gründe für eine Pflegebedürftigkeit bei Kindern sind vielfältig – oft kommen mehrere Faktoren zusammen. Bei 60 Prozent der Kinder aus der pflege.de-Studie ist der Pflegebedarf durch eine Behinderung von Geburt an bzw. eine Erbkrankheit oder einen Gendefekt begründet. 48 Prozent sind aufgrund einer psychischen oder neurologischen Störung oder Erkrankung pflegebedürftig. Eine chronische Erkrankung (23 Prozent) oder eine Krebserkrankung (14 Prozent) werden ebenfalls als Ursachen für die Pflegebedürftigkeit angegeben.

Vollzeitjob Kinderpflege: Eltern pflegen meist mehr als 40 Stunden pro Woche

Der zeitliche Aufwand für pflegende Eltern ist groß: 61 Prozent der Befragten bringen mehr als 40 Stunden wöchentlich für die Pflege ihres Kindes auf. Im Vergleich: Die gewöhnliche Wochenarbeitszeit von Erwerbstätigen in Deutschland beträgt 34,8 Stunden. Kein Wunder, dass 95 Prozent der Befragten angeben, zumindest teilweise mit der Kinderpflege überfordert zu sein.

Hauptbelastungsfaktor in der häuslichen Kinderpflege ist die Bürokratie

Anträge über Anträge: Wer sein Kind zuhause pflegt, muss sich mit einer Vielzahl an Anträgen und Papierkram auseinandersetzen. Für 81 Prozent ist genau das die größte Belastung bei der Kinderpflege – weit mehr als die körperliche Herausforderung, die die Pflege stellt (25 Prozent). Die mentale und emotionale Belastung (78 Prozent) wiegt hingegen fast ebenso schwer wie die Last, die durch den Versuch Familie, Beruf und Pflege zu vereinbaren, entsteht (76 Prozent). 59 Prozent der befragten Eltern wünschen sich deshalb mehr Entlastungsangebote.

Mehr dazu gibt’s im vollständigen Ergebnisbericht – inklusive grafisch aufbereiteter Studienergebnisse, fachlichen Ratschlägen aus der Kindermedizin sowie praktischen Tipps von drei pflegenden Müttern: https://www.pflege.de/pflegende…/pflegebeduerftige-kinder/




Die gesunde Entwicklung des Kindes begleiten und stärken

Gesundheit als Zustand, in dem Leib, Seele und Geist selbstregulierend zusammenwirken

Gesundheit ist nicht unbedingt nur eine Frage der naturwissenschaftlichen Definition, sondern unter anderem im anthroposophischen Sinne ein Zustand des einzelnen Menschen, in dem Leib, Seele und Geist in individueller Weise selbstregulierend zusammenwirken. Diesen Zustand kann jeder in sich finden und für sich selber gewinnen. Gesundheit ist höchst individuell wie das Erleben von Zufriedenheit, von innerer Übereinstimmung mit sich selbst und mit der Welt. Ein gesundes Leben ist nicht ein Leben ohne Krankheit, sondern vielmehr ein Leben mit den „Fähigkeiten, die Hindernisse, Störungen und Gefährdungen im Leben bewältigen zu können; die eigenen Werte und Ziele zu kennen und ihnen entsprechend zu leben“ (Treichler 2020, S. 44).

Zur gesunden Entwicklung in den ersten Jahren

Die waldorfpädagogische Methode betrachtet das sich entwickelnde Kind im Zusammenwirken von Körper, Seele und Geist (geistiger Individualität): das Leiblich-Physiologische und das Geistig-Seelische dürfen nicht getrennt gesehen werden, denn sie gehen ineinander über und bilden das Ganze der sich frei entwickelnden Individualität. Dies erfordert ein sensibles, ein feinfühlendes Wahrnehmen der individuell einzigartigen Entwicklung des Kindes, auf das die Waldorferzieherin situationsorientiert antwortet.

Für die ersten Lebensjahre bis zum Schuleintritt stehen ein gesundes körperliches Wachsen, also Leibbildung, im Zentrum, die grundlegend für die spätere Entwicklung der Vorstellungen und des Gedächtnisses ist. Eine Vorverlegung schulischer Lernprozesse in das Kindergartenalter würde diese ganzheitliche Entwicklung der Leibeskräfte beeinträchtigen. Der lebendige Organismus, der als Urphänomen des Lebendigen zu verstehen ist, entwickelt sich als Ganzheit, entfaltet eigenständig seine Potenziale und bringt so aus eigener Kraft seine leiblich-seelische Gestalt in rhythmisch gestalteter Selbstregulation hervor, die durch vorzeitiges Eingreifen und gezieltes einseitiges Fördern bestimmter Fähigkeiten und Fertigkeiten nicht gestört werden darf. Wird dies nicht beachtet, dann kann es zu gesundheitlichen Fehlentwicklungen bis hin zu einer Vielzahl chronischen Erkrankungen führen (Soldner 2020, S. 45 ff.).

Die Waldorferzieherin folgt dem integrierten pädagogisch-medizinischen Konzept, das im gesundheitsfördernden (salutogenetischen) Ansatz zu finden ist und für die „resiliente Erziehung in Familie, Krippe, Kita und Grundschule“ näher erläutert wurde (Neuhäuser/Klein 2019, S. 111 ff.): Es geht um eine bewusste Gesundheits- und Resilienzförderung, um Entfaltungsspielräume für die Entwicklung eines gesunden Gedanken-, Gefühls- und Willenslebens, das am Beispiel des von der Waldorferzieherin Gabriele Scholz gestalteten integrativen Kindergartens in allen Einzelheiten veranschaulicht wird: Sie zeigt, wie das Wahrnehmen und Tätigsein des Kindes in überschaubare Lebenszusammenhänge einzubetten ist, damit es die Welt zunehmend als verstehbar, handhabbar und sinnhaft erlebt und sein Kohärenzgefühl stärkt (Kapitel 4).

Zur Gesundheitserziehung

Das moderne Konzept der Salutogenese (Salus, lat.: Heil, Ganz, Unversehrtheit, Glück; Genese, griech.: Entstehung, Entwicklung) geht nicht der Frage nach, warum Menschen krank werden. Es setzt positiv an, wechselt die Perspektive, fragt nach den Quellen der Gesundheit und zeigt, wie eine Stärkung der autonomen Kraft erfolgen kann. Salutogenese lässt das Krankheitsmodell, das pathogene, d. h. krankmachende Faktoren beschreibt, hinter sich und fragt nach den gesundheitserhaltenden und -fördernden Faktoren, nach den positiven personalen Ressourcen. Es versteht Gesundheit als Fähigkeit, sich mit Problemen sinnvoll auseinanderzusetzen und zur Lebenstüchtigkeit beizutragen (Glöckler 2003, S. 22).
Im salutogenetischen Verständnis ist also Gesundheit mehr als Abwesenheit von Krankheit. Gesundheit ist ein dynamisches Geschehen, das mit folgenden Merkmalen beschrieben werden kann, die eng miteinander zusammenhängen und nur theoretisch unterschieden werden:

  • Körperliches Wohlbefinden,
  • eine positive Grundhaltung zur Welt,
  • ein hohes Selbstwertgefühl, das sich selbst akzeptiert und achtet, sich selbst als wertvoll erlebt,
  • Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten und Selbstwirksamkeit, sich zutrauen gestellte Aufgaben zu lösen, weil man sich der eigenen Kompetenz sicher ist,
  • sich bewusst sein, die gegebene und aufgegebene Situation durch eigenes Handeln beeinflussen zu können und in problematischen Situationen sich selbst helfen können oder bei anderen Menschen Hilfe suchen. Vertrauen in die eigene Belastbarkeit, sich zutrauen auftretende Probleme, Schwierigkeiten oder Belastungen auszuhalten. Dieses Selbstvertrauen geht mit dem Gefühl einher, die Ereignisse selbst kontrollieren zu können und die Bedrohungen als Herausforderungen zu betrachten.

Neben diesen Merkmalen steht das Kohärenzgefühl im Zentrum des salutogenetischen Prinzips, das als innere Einstellung und Haltung gegenüber der Welt und dem eigenen Leben beschrieben werden kann. Es entwickelt sich weitgehend in der frühen Kindheit. Daher kommt dieser Zeit die entscheidende Bedeutung für die Gesundheit im späteren Leben zu. Die Ausbildung des Kohärenzgefühls hängt im hohen Maße von Faktoren der Umgebung ab. Der entscheidende Protektivfaktor für eine gesunde Entwicklung ist das Befriedigen elementarer Bedürfnisse in den sozialen Beziehungen.
Die gesundheitserzieherische Aufgabe in der frühen Kindheit besteht darin, dem Kind sein individuelles Gefühl von Verstehbarkeit, Sinnhaftigkeit/Bedeutsamkeit sowie Handhabbarkeit/Bewältigbarkeit durch sensibles Begleiten entwickeln zu helfen (Neuhäuser/Klein 2019, S. 115).

Zu dieser Unterstützung gehören im Hinblick auf

  • Verstehbarkeit: Ein Gefühl von Verstehbarkeit bringt zum Ausdruck, dass der Mensch fähig ist, Reize als geordnete und strukturierte Informationen verarbeiten zu können und nicht mit Reizen konfrontiert zu sein, die chaotisch, willkürlich und unerklärlich sind.
  • Deshalb darf das Kind nicht mit Angeboten und Reizen überflutet und im „Reizchaos“ nicht allein gelassen werden. Vielmehr ist es einfühlsam und behutsam zu begleiten und die neuen Lernangebote sind situationsorientiert zu strukturieren und durchschaubar zu machen.
  • Sinnhaftigkeit/Bedeutsamkeit: Im Gefühl des Sinnhaften und Bedeutsamen drückt sich das Ausmaß aus, in dem der Mensch das Leben als emotional sinnvoll empfindet und sich den Anforderungen des Lebens als willkommenen Herausforderungen stellt. Das Kind erfahren lassen, dass eine positiv gestimmte Einstellung und Haltung zum Leben seine Kräfte und Energien zur Bewältigung der Aufgaben freisetzt. Es macht in den Übungs- und Lernfeldern die Grunderfahrung, dass sich Anstrengung lohnt und entdeckt den Sinn der anstrengenden und herausfordernden Arbeit. Hier übt und lernt das Kind gesundheitsbewusst.
  • Handhabbarkeit/Bewältigbarkeit: Dieses Gefühl entspricht der Überzeugung des Menschen, dass Schwierigkeiten und Probleme lösbar sind. Das Kind Selbstwirksamkeit erfahren lassen, es fühlen lassen, dass sich Mühen und Anstrengungen lohnen, damit es selbst durch sein Tun zur Lösung (Ergebnis, Ziel) kommt. Hier erlebt es seine eigenen Kompetenzen und Ressourcen. Und es erkennt, wenn es an seine Grenzen stößt und nicht weiterkann, dass es vertrauensvoll die Erzieherin um Hilfe bitten kann – ganz im Sinne von Montessoris Leitsatz „Hilf mir, es selbst zu tun“.

Das Kind ist als „ganzes Sinnesorgan“ mit der Welt verbunden

Die Waldorferzieherin achtet das körperliche, soziale und seelische Wohlbefinden in den ersten sieben Jahren (erstes Jahrsiebt), das für die individuellen Entwicklungs- und Lernprozesse in den folgenden Jahren entscheidend ist. Sie gestaltet die Umgebung so, dass jedes Kind seine Körperkräfte durch Pflege der leiblich-sinnlichen Wahrnehmungen und schöpferische Bewegungen stabilisiert und dadurch sein Ich stärkt.

Die Pflege beachtet vier grundlegende körperbezogene Sinne (Tastsinn, Lebens- und Vitalsinn, Bewegungssinn, Gleichgewichtssinn) durch die es seine bewegungserfüllten Sinnes- und Naturerfahrungen machen kann, die zu bleibenden Verknüpfungen (Synapsen) zwischen Nervenzellen und Gehirn führen. Durch diese ganzheitlichen Welterfahrungen, mit denen sich das Kind eng verbunden fühlt, formt es sein Ich, das nicht zwischen dem Innen- und Außenraum trennt.

Das Kind ist als „ganzes Sinnesorgan“ mit der Welt verbunden und befragt diese in immer wieder neuen Versuchen neugierig. Dadurch übt es auf seine ganz persönliche Art seine logische Denkweise aus und entwickelt sein Denken (kognitive Schemata) sinnbezogen weiter, was aber nichts mit dem Anstreben von Lernzielen zu tun hat. Es lebt in seinem Körper und bildet sein Selbst- und Welterleben.

Von diesen vielfältigen und phantasievollen Welt- und Selbsterfahrungen lässt sich die Waldorferzieherin inspirieren und antwortet dem Kind wie ein Spiegel auf Augenhöhe. Sie ist dem Kind nahe, lässt sich vom ihm führen, überwindet durch intuitives Mitgehen mit dem Kind das Herrschaftsverhältnis und wandelt es zu einem Dienstverhältnis. Dienst war der ursprüngliche Sinn von Erziehung: Erziehung ist dienen und nicht herrschen.

In diesem feinfühlend und vertrauensvoll gestalteten Erziehungsraum wird das Kind Subjekt seiner Bildung: Es kann das tun, was es will, und es kann auch in schier unlösbaren Situationen die Erzieherin fragen und um Hilfe bitten. Als autonom handelnde Persönlichkeit wird es „Baumeister seiner Selbst“ (Montessori) und die Erzieherin kann seinen Impulsen intuitiv nachspüren: Es erlebt sich in Freiheit mit der Umgebung und gestaltet sein phantasiereiches Handeln und Spielen (Freispiel).
Der Schlüsselbegriff der gesunden Entwicklung ist die Selbsttätigkeit des Kindes, das sich durch eigenes Handeln das aneignet, was in der Welt wirkt. Seine Sinneseindrücke werden nicht passiv aufgenommen, sondern innerlich nacherlebt (nachgebildet). Beim aufmerksamen Wahrnehmen (Sehen und Hören) macht sich das Kind sein Bild von der erlebten Welt und gestaltet diese auf seine Weise nach und beim Hören von Märchen, Liedern oder Reimen übt es das Gehörte ganz individuell.

Bei diesem Selbstaneignen der Welt kommt es nicht auf bereits schöne und eindeutige vorgefertigte Gegenstände an. Eine Puppe, die in voller Pracht da ist, gibt dem Kind keinen Spielraum mehr für eigenes schöpferisches Tun und es kann mit seiner Phantasie nicht mehr das gestalten, was es will. Sie ist ja bereits fertig. Hingegen eine Puppe, die mit einfachen Mitteln gefertigt ist, regt die „Bildungstätigkeit des Gehirns lebendig an“ (Steiner, zit. n. Ostkämper 2020, S. 23). Das Kind ergänzt durch „nachahmende Seelentätigkeit“ das Fehlende und belebt es mit seiner Phantasie. Es hat hier viel Spielraum. Je unstrukturierter, funktionsfreier und einfacher das Spielmaterial ist, desto kreativer kann es selbstbestimmend sein freies Spiel gestalten.

Weiterführung durch den „Situationsorientierten Ansatz“

Dieser nachhaltige Bildungsauftrag des Waldorfkindergartens schließt an die Klassiker der Pädagogik (Pestalozzi, Fröbel, Montessori, Korczak) an, wird heute besonders im Situationsorientierten Ansatz von Armin Krenz vertreten und durch die neurobiologische sowie kognitionspsychologische Forschung bestätigt
(Neuhäuser/Klein 2019, S. 149 ff.).
Für den Kindheitsforscher Armin Krenz entsteht die nachhaltige Bildung als Entwicklungsprozess im selbstaktiven Kind – und nicht durch programmierte Inhalte. Das Kind will selbstkonstruierend aus eigener Initiative am Werk sein. Es erwartet bei diesem Selbstbildungsprozess eine wertschätzende und Sicherheit gebende Unterstützung in einem einladenden Bildungsraum. Um diese „Kommunikationskultur und Entwicklungsatmosphäre“ auch wirklich zu pflegen, hat die Erzieherin durch Reflexionsbetrachtung ihre Biografie auf eigene Verhaltensmuster „zu analysieren, um entwicklungshinderliche Ausdrucksformen in entwicklungsförderliche Verhaltensweisen zu wandeln“
(Krenz 2021, S. 3).

Zur gefährdeten gesunden Entwicklung durch digitale Bildung

Doch diese Selbstwirksamkeit ist durch die so genannte „digitale Bildung“ gefährdet (Klein 2018, S. 128). Zwischen Computer und Mensch entstehen vielfältige Wechselbeziehungen. Wer immer die Software programmiert, greift direkt in unser Leben ein. Und wir werden schön eingebettet, wenn uns die Algorithmen die Entscheidungen abnehmen. Dieses perfekte System arbeitet ohne Gefühle, seine Ergebnisse sind alle mathematisch abgesichert. Hier bleibt kein Raum für persönliche Begegnungen, für eigene Erfahrungen, für phantasievolles Beschreiten neuer Wege, für das Gestalten des Lebens durch Versuch und Irrtum. Durch diese „digitale Bildung“, die im Grunde Selbstentmündigung ist, geht das freie Gestalten des Lebens und Lernens, das Selbstwirksamwerden verloren. Wie auch der Neurobiologe Gerald Hüther betont, hören die Kinder auf, selbst etwas zu entdecken, „sie spielen nicht mehr frei, hängen der Mama am Rockzipfel oder heute eher dem Handy am Knopf“. Ihre veranlagte Weltoffenheit, Entdeckerfreude und Gestaltungskunst schwinden und können das Unvorhersehbare ihres Lebens nicht mehr annehmen.

Die Kinder werden ängstlich und „verlieren ihren inneren Wegweiser in die Freiheit“

(Hüther 2020, S. 4).

Die Beziehung zwischen Erzieherin und Kind lässt sich nicht über den Bildschirm, der Informationen präsentiert, herstellen, denn der gestaltete Beziehungsraum hat immer eine leibliche-seelische Dimension (Körperhaltung, Begegnungen, Interaktionen). Geboten ist die Selbstwirksamkeit als Moment wechselseitigen geistigen Berührens und Berührtwerdens zu erfahren, etwa dann, wenn es der Erzieherin gelingt, die Neugier der Kinder zu wecken und ihre Aufmerksamkeit zu fesseln. Geboten ist, die Kinder rechtzeitig zur Medienkompetenz zu führen, die Eltern und Erzieherinnen im offenen Dialog herausfinden
(siehe http://www.medienratgeber-fuer-eltern.de).

Fazit

  • Nach den Erkenntnissen der Neurobiologie und Psychiatrie will sich das „Beziehungsorgan Gehirn“ von Beginn an in der Beziehung mit anderen Menschen und mit der Umwelt in geordneten Bahnen entwickeln und aus eigener Kraft sinnvolle Strukturen der Welt aneignen (Fuchs 2012). Notwendig ist ein Lebens- und Beziehungsraum, der von wechselseitiger Empathie geprägt ist (Klein 2018b, S. 90).
  • Kinder brauchen eine von der Erzieherin feinfühlend gestaltete Spiel- und Lernumgebung, in der sie mit allen Sinnen, vor allem mit den Händen, ihre authentischen Erfahrungen machen können, die ihnen helfen, selbstständig, unabhängig und sozial beteiligt das Leben zu spüren und zu erleben. Das kann aber nur gelingen, wenn die Erwachsenen sich der Perspektive des Kindes situationsorientiert zuwenden und damit aufhören, Kinder in die eigene Perspektive hineinzuziehen (Krenz 2014).
  • Waldorfpädagogik geht vom Menschen und seinem schöpferischen Potenzial aus. Der Einzelne kann aus der Tiefe seines Bewusstseins sein Ich hier und heute wahrnehmen und als Repräsentant des Göttlichen, das in der Welt wirkt, verstehen. Hier lernt er sich wirklich zu erkennen, was auch in Krisenzeiten den öffnenden Weg findet (Maturana 1994, Fuchs 2012).
  • Das grundlegende Element der waldorfpädagogischen Professionalität ist die Haltung der Erzieherin, die dem sich entwickelnden Kind die Entfaltung seiner Potenziale ermöglicht und seine geistige Individualität achtet. Gefragt ist die Qualität des Vorbildes, denn „das Kind gestaltet sein Wesen nach unserer Gesinnung, nach unserer Gedankenhaltung, Gefühlshaltung“ (Steiner, zit. n. Ostkämper 2020, S. 26).
  • Über diese Kernfrage hat die Erzieherin immer wieder bewusst zu reflektieren, denn im Handeln tritt ihre innere Haltung hervor, die ein Nachdenken über den Umgang mit sich selbst, mit dem Kind, mit den Mitmenschen und mit der Mitwelt vorurteilsbewusst einfordert.
  • Durch diese Erziehungskunst, die Theorie und Praxis als Einheit sieht, macht sich die Erzieherin auf ihren individuellen Weg der Selbsterziehung, von der auch der Begründer des Kindergartens Friedrich Fröbel sprach. Fröbel erkannte: „Erziehung ist Beispiel und Liebe, sonst nichts“ (zit. n. Klein 2017, S. 18). Und heute schreibt uns das der vielgefragte Neurobiologie Gerald Hüther ins Stammbuch „Jeder und jede kann mit dem Wandel bei sich selbst ganz einfach damit beginnen, indem er oder sie fortan etwas liebevoller mit sich umgeht“ (Hüther 2020, S. 40). So wird der Mensch wieder zum Subjekt, zum freien Gestalter seines Lebens, gewinnt seine Würde zurück und macht deshalb auch andere nicht mehr zum Objekt.

Diesen Artikel haben wir aus folgendem Buch:

klein

Ferdinand Klein bringt Rudolf Steiners Gedanken über die Erziehungs- und Bildungspraxis ins Gespräch. Dabei geht es auch um Humanisierung und die Entschulung der Schulen und Kindergärten, um grundlegende Orientierung am sich entwickelnden Kinder in der Lebenswirklichkeit hier und heute. Denn alles Forschen, Lehren, Erziehen und Bilden dient einer Aufgabe: Das (auf)gegebene individuelle Kind auf seinem Entwicklungsweg mit Herz und Tatkraft zu begleiten und zu leiten.

Waldorfpädagogik in Krippe und Kita
Einblick in eine ganzheitliche Praxis, die jedem Kind seinen individuellen Lebensweg ermöglicht
Klein, Ferdinand
BurckhardtHaus
ISBN: 9783963046100
208 Seiten, 25 Euro
Empfohlen vom Internationalen Archiv für Heilpädagogik

Mehr dazu auf oberstebrink.de

Literaturhinweise:

Fuchs, T. (2012): Das Gehirn als Beziehungsorgan. 4. Auflage. Stuttgart, Kohlhammer

Glöckler, M. (2003): Kindsein heute. Schicksalslandschaft aktiv gestalten. Umgang mit Widerständen – ein salutogenetischer Ansatz. Stuttgart/Berlin, Johannes M. Mayer

Hüther, G. (2020): Wege aus der Angst. Göttingen, Ruprecht & Vandenhoeck

Klein, F. (2017): Heilpädagogik im Dialog. Berlin, BHP

Klein, F. (2018b): Inklusive Erziehung in Krippe, Kita und Grundschule. Heilpädagogische Grundlagen und praktische Tipps im Geiste Janusz Korczaks. München, BurckhardtHaus

Krenz, A. (2014): Der Situationsorientierte Ansatz – Auf einen Blick. Konkrete Praxishinweise zur Umsetzung. München, BurckhardtHaus

Krenz, A. (2021): Basale Grundlagen für eine nachhaltige Bildungsarbeit. In: Kita-Contest – kreative Ideenbörse. Kulmbach, Fachverlag, S. 1-6

Neuhäuser, G./Klein, F. (2019): Therapeutische Erziehung. Resiliente Erziehung in Familie, Krippe, Kita und Grundschule. München, BurckhardtHaus

Ostkämper, F. (2020): Bildungsverständnis der Elementarpädagogik im Elementarbereich. In: Wiehl, A. (Hrsg.): Studienbuch Waldorf-Kindheitspädagogik. Bad Heilbrunn, Klinkhardt, S. 17-28

Soldner, G. (2020): Resilienz in der Waldorf- Kindheitspädagogik. In: Wiehl, A. (Hrsg.) (2020): Studienbuch Waldorf-Kindheitspädagogik. Bad Heilbrunn, Klinkhardt, S. 45-57

Treichler, M. (2020): Gesundheit ist keine Frage der Definition. In: info3, 45. Jg. September, S. 43-44




Warum die Motivation an Schulen oft nicht gelingt

Worauf Lehrkräfte und Eltern achten sollten, damit sich Kinder entwickeln können

Können Sie sich vorstellen, dass eine Schülerin so etwas sagt? „Wenn ich an die Schule denke, weine ich. Ich habe dort alles gefunden, was ich brauche: Freunde, Familie…“ Sollte das für Sie zum Alltag gehören, brauchen Sie hier nicht weiter zu lesen. Im anderen Fall kann Ihnen dieser Artikel vielleicht ein Stück weiterhelfen.

Die begeisterte Äußerung stammt von einer Schülerin der Grund- und Stadtteilschule Alter Teichweg in Hamburg, die vor einiger Zeit den Deutschen Schulpreis gewonnen hat. Neben ihr ist das in den vergangenen Jahren noch 91 weiteren Schulen gelungen. Und im Vergleich zu anderen Schulen mit den üblichen Schulproblemen sind diese Bildungseinrichtungen nicht bessergestellt.

Die Stadteilschule in Hamburg ist eine öffentliche Gesamtschule mit 1600 Schülerinnen und Schülern in dem wenig privilegierten Stadtteil Dulsberg. Sie ist eine Schwerpunkt Schule für Inklusion und die Kinder und Jugendlichen stammen aus 86 Nationen.

Der Unterschied zu vielen anderen Schulen besteht in einer durchweg motivierten Schülerschaft und dem Kollegium.

Es fängt beim Verständnis von Schule und Bildung an

Woran liegt das und was machen andere Schulen anders? Das fängt schon beim Verständnis von Schule und Bildung an. Für den Schulleiter Björn Lengwenus, an seiner früheren Arbeitsstätte hat er die Schülerinnen und Schüler seiner Abschlussklasse schon mal für eine Currywurst nach Dänemark reisen lassen – ohne Geld und irgendwelche Transportmittel –, ist Bildung „viel mehr als nur Deutsch, Mathe und Englisch“. Der Grundgedanke, der seine Haltung und sein pädagogisches Handeln prägt ist „Schule ist Heimat“. „Die Schule muss spürbar eine herzliche Willkommenskultur haben.“, sagt Eckhard Feige, der viele Jahre lang in Bremen als Schulleiter aktiv war und heute in der Lehrerausbildung tätig ist. „Die Schüler müssen vom ersten Tag an das Gefühl haben, hier komme ich gerne hin. Hier gibt es eine schöne Umgebung und Lehrer, die sich für mich interessieren“.

Was sich so selbstverständlich anhört, ist vielerorts Mangelware. Angefangen bei heruntergekommenen Treppenhäusern, kaputten Heizungen, stinkenden Toiletten und kahlen Räumen bis hin zu Lehrkräften, die der Meinung sind, immer die falschen Schüler zu haben. Ein schönes Beispiel dafür bietet etwa die Stadt Freiburg im Breisgau. Hier sollen aktuell rund 3,3 Millionen Euro in die Überwachung von Park + Ride Parkplätzen investiert werden. Aber Geld für die dringende Sanierung der maroden Schultoiletten hat man hier nicht genug. Seltsame Prioritäten.

Das Lernumfeld trägt zur Motivation bei

Selbstverständlich trägt das Lernumfeld, in dem sich Schülerinnen und Schüler den ganzen Tag aufhalten, erheblich zur Motivation bei. „So eine Schule als Ganzes vom Gebäude bis zum Personal muss irgendwie eine positive Ausstrahlung haben.“ erklärt Feige. „Ja, hier ist es toll, hier möchte ich sein. Es ist wichtig, dass ein Klassenraum ein angenehmes Aussehen und eine Struktur hat, damit sich die Kinder zurechtfinden. Kinder brauchen Struktur und gleichzeitig die Möglichkeit für Kreatives.“ Feige beklagt auch, dass das viele Kolleginnen und Kollegen nicht sähen. Da gäbe es dann Stuhlreihen und kahle Wände. Anders sieht es etwa im Hamburger Stadtteil Barmbek aus, auf dessen Schulhof Lengwenus einst gegen viele Widerstände einen Klassenraum in einen Baum bauen ließ.

Auf die Haltung kommt es an

Und schon sind wir wieder bei der Person des Lehrers. Seit Jahren tobt die Diskussion um die Haltung der Lehrkräfte gegenüber den Kindern und Jugendlichen. Wenn wir die Situation einer Schulklasse mit der einer Fußballmannschaft vergleichen, zeigt sich das besonders deutlich. Ulf Häfelinger, bis vor kurzem Mentaltrainer des FC RB Salzburg bringt es auf den Punkt, wenn er danach fragt, ob sich die Lehrkraft von ihrer Klasse distanziert oder sich als Teil des Teams sieht, um Erfolg und Misserfolg zu teilen.

„Wichtiger als ein guter Fachdidaktiker zu sein, ist die Fähigkeit eine gute soziale und vertrauensvolle Beziehung zu den Kindern aufzubauen.“, sagt Feige. „Man kann in zwei Fächern wunderbar ausgebildet sein. Wenn man dann aber in den Fächern 35 Jahre lang an den Kindern vorbei unterrichtet, hat man nichts erreicht, außer, dass man gut verdient hat.“ Lehrkräfte, die den Wert eines Menschen nach dessen Noten und Wohlverhalten beurteilen, sollten nach Meinung aller Fachleute längst Geschichte sein. Die Realität ist zu oft noch eine andere. Edgar Bohn, ebenfalls langjähriger Schulleiter und Vorsitzender des Grundschulverbandes kennt viele dieser Beispiele. So erzählt er etwa von einer Kollegin, die bei „schwierigen Schülern“ grundsätzlich Verhaltensauffälligkeiten diagnostizierte. Genauso weiß er aber auch von anderen Lehrpersönlichkeiten zu berichten.

Sorgen und Nöte auch bei den Lehrkräften

„Als Lehrer muss ich es bemerken, wenn ein Schüler nicht mehr mitkommt. Ich habe irgendwann mal festgestellt, dass viele meiner Schüler meine Fragen nicht richtig verstanden haben. Dann bin ich dazu übergegangen, bei Fragen, auf die nur wenig Reaktionen kamen, jene Schüler zu bitten, aufzustehen, die meine Fragen verstanden hatten. Diese bat ich zu erklären, was ich gefragt habe. Mit der Zeit standen so immer mehr Schüler auf. Manchmal dauerte es sehr lange, bis alle standen. Da musste ich meine Fragen präzisieren und habe gelernt, die Fragen richtig zu stellen,“ sagt Bohn.

Bohn kennt viele Sorgen seiner Kolleginnen und Kollegen. Der Kampf mit dem Regierungspräsidium, auf sich alleine gestellt zu sein bei teilweise enormen Herausforderungen, ein Berg von Überstunden aufgrund des Lehrkräftemangels, sind nur drei von den vielen, die er nennt. Er wünscht sich eine Behörde, die mehr unterstützt als zu kontrollieren, Vorgaben zu machen und zu verwalten. Gruppen von Kolleginnen und Kollegen, die sich gegenseitig im Unterricht besuchen, und miteinander darüber diskutieren, mehr Fortbildungsbereitschaft, mehr Freiräume für die Schulen und eine klare Vision von Schule, die auf die modernen Erkenntnisse der Wissenschaft baut. Der Grundschulverband hat natürlich eine (www.grundschulverband.de).

Wie kann ich ein Angebot machen, das Interesse weckt?

Aber was ist mit der Motivation der Schülerinnen und Schüler selbst? Häfelinger erklärt, dass er keinen Menschen wirklich motivieren könne, weil diese eigentlich schon motiviert seien. Wenn es hier einen Einbruch gebe, müsse man nach den Ursachen dafür suchen. So sieht es auch Bohn. „Die Fragestellung lautet nicht ,Wie kann ich jemanden motivieren?‘ Sondern die Fragestellung lautet ,Wie kann ich ein Angebot machen, das Interesse weckt?‘“

Mitte der achtziger Jahre entwickelten die beiden Psychologen Edward L. Deci und Richard Ryan ihre Selbstbestimmungstheorie. Ausschlaggebend für die Motivation eines Menschen sind danach Autonomie, Kompetenz und soziale Eingebundenheit. Auch wenn diese Theorie heute allgemein anerkannt ist, ist die Realität meist anders.

Soziale Eingebundenheit

Über die Bedeutung der sozialen Eingebundenheit, also eine gute Verbindung zu den Lehrkräften und zu den Mitschülern zu haben, sich willkommen zu fühlen und ein Zusammengehörigkeitsgefühl zu haben, ist hier bereits einiges angeklungen. Aber wie sieht es mit der Autonomie aus. Aus der Entwicklungspsychologie wissen wird, wie entscheidend das Gefühl der Autonomie schon von frühen Kindesbeinen an für die Entwicklung ist. Das Grundproblem sieht Bohn darin, wenn die Lehrkraft die Schulstunde so vordenkt, wie sie zu laufen hat, damit am Ende genau das herauskommt, was sie sich am Anfang vorgestellt hat. Mit der Autonomie ist es dann nicht mehr weit her. Um davon weg zu kommen, empfiehlt Bohn mehr Projektunterricht, in dem die Kinder und Jugendlichen auf sich gestellt oder in Gruppen mit Unterstützung der Lehrkräfte zu eigenen Ergebnissen kommen. Häfelinger empfiehlt ein Wegkommen vom 45-Minuten-Takt, damit Lehrkräfte und Schüler genügend Zeit haben. Feige, der Gymnasiallehrer und gleichzeitig Sonderpädagoge ist, betont die Notwendigkeit zu individuellen Förderung und einem differenzierten Unterricht.

Aus jahrzehntelanger Lehrerfahrung weiß er selbst, wie schwierig das ist, aber auch wie wertvoll. Chancen sieht er dabei vor allem in einer verbesserten Lehrerausbildung mit Bezug zur Inklusion und im vermehrten Einsatz von Sozial- und Sonderpädagogen im Schulbetrieb. Und schließlich setzt er erheblich stärker auf die Entwicklung sozialer Fähigkeiten und die Mitwirkung der Kinder und Jugendlichen an der Schule. Dazu hat er jüngst ein Buch für Lehrkräfte mit dem Titel „Gemeinsinn in der Klasse schaffen“ geschrieben, das in diesen Tagen erscheint. Wenn es tatsächlich gelingt, dass sich mehr Menschen die Gefühle von Autonomie, Kompetenz und sozialer Eingebundenheit haben, werden sie auch ihr Leben in die Hand nehmen und gestalten. Damit wäre eigentlich alles erreicht.

Wir dürfen die Eltern nicht vergessen

Wenn wir aber über Motivation reden, dürfen wir die Eltern nicht vergessen. Was können sie tun, damit ihre Jüngsten mit am Ball bleiben. Das Gespräch über Noten ist sicher nur dann gefragt, wenn die Kinder damit Probleme haben. Feige erinnert sich, dass er mit seinen Kindern genau zwei Mal über Noten gesprochen hat: „in der vierten Klasse und in der achten, als es gerade schwierig wurde.“ Dabei können Eltern ihre Kinder tatsächlich gut unterstützen, aber eben anders, als es sich viele oft vorstellen.

Eltern können die Schulleistungen und Motivation ihrer Kinder stärken, indem sie eine positive Erwartungshaltung vermitteln und sich an Aktivitäten der Schule beteiligen. Eine aktive Rolle beim Lernen zu Hause wirkt sich dagegen nur geringfügig aus und kann im Fall der Hausaufgabenkontrolle sogar schaden. Das haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler vor ein paar Monaten mit der größten Forschungssynthese der Technischen Universität München (TUM) zum Einfluss der Eltern nachgewiesen. Dabei sind vor allem fünf Dinge wichtig:

  1. Eltern sollten sich am Lernen zu Hause beteiligen. Das verbessert zwar die Schulleitungen nicht, motiviert aber. Kinder entwickeln eine positivere Einstellung zum Lernen, wenn sie ermutigt werden, selbstständig zu arbeiten, zum Beispiel eigene Lösungswege auszuprobieren.
  2. Gute Leistungen können Eltern begünstigen, wenn sie zu Hause eine Umgebung schaffen, die zum Lernen geeignet ist. Hilfe bei den Hausaufgaben kann sich jedoch negativ auswirken, wenn sie sich darin erschöpft, die Kinder und Jugendlichen zu kontrollieren. Dies ist vor allem bei Schülerinnen und Schülern mittleren Alters der Fall.
  3. Eltern sollten Regeln festlegen, wann und wo die Aufgaben erledigt werden, Hilfestellungen anbieten und Feedback zur Genauigkeit der Bearbeitung geben.
  4. Eltern sollten ihren Kindern eine positive Erwartungshaltung zur Bildung vermitteln. Indem Eltern mit ihren Kindern über mögliche Leistungen, Schulabschlüsse oder Berufswege sprechen, indem sie Lernstrategien diskutieren oder Lob und Kritik möglichst differenziert auf einzelne Schularbeiten beziehen, können sie positiv darauf einwirken, was sich die Kinder in den einzelnen Fächern selbst zutrauen und inwieweit sie sich in der Schule engagieren. Dieser Effekt nimmt mit dem Alter der Jugendlichen zu. Weniger wirkungsvoll sind dagegen Diskussionen über die Bedeutung von Bildung im Allgemeinen.
  5. Offenbar hilft es auch, wenn sich Eltern an der Schule engagieren.

„Die Ergebnisse zeigen, dass die Beteiligung der Eltern die Leistung und Motivation der Schülerinnen und Schüler über alle Altersstufen hinweg und unabhängig vom sozioökonomischen Status stärken kann“, sagt die Studienleiterin Doris Holzberger, Professorin für Schul- und Unterrichtsforschung. „Umso wichtiger ist eine gute und dauerhafte Zusammenarbeit zwischen Schulen und Eltern. Wenn Lehrerinnen und Lehrer die Väter und Mütter erreichen, können sie auch außerhalb des Unterrichts Kinder fördern, bei denen eine positiv wirkende Rolle der Eltern nicht selbstverständlich ist.“

Auch Eltern müssen Anregung geben

Feige ergänzt: „Eltern sollten versuchen, eine Vertrauensperson für ihre Kinder zu sein. Das hört sich so selbstverständlich an, ist es aber nicht. Wenn Kinder sich aufgehoben und sich gesehen und gehört fühlen und dadurch wirklich Vertrauen entsteht, können Eltern auch eine große Rolle dabei spielen, Kinder für alles Mögliche zu begeistern. Das ist nicht für alle selbstverständlich. Wir hören immer wieder, dass die Eltern keine Zeit für ihre Kinder haben oder wenn sie Zeit haben, diese nicht von Aufmerksamkeit, Interesse oder Wertschätzung geprägt ist.

Eltern sollten in der Lage sein, den Kindern Anregungen zu geben, die sie neugierig machen auf das, was sie umgibt. Neugierde wecken ist ansteckend. Ich habe ganz viele Kinder und Familien in meiner Amtszeit an der Schule erlebt, die sehr Reizarm aufgewachsen sind. Und die hatten unglaubliche Defizite.“

Und hier gilt es dann wieder, die Eltern zu unterstützten. Denn Armut, soziale Ungleichheit und der Mangel an Elternbildung führen nachweislich zu weniger Motivation und schlechterer Schulleistung.

Lange ließe sich noch über das Thema schreiben. Ganze Bibliotheken sind voll davon. Das größte Problem dürfte sein, dass wider besseres Wissen, Kinder in ihrer Entwicklung noch immer deutlich eingeengt und nicht in ihrer Entwicklung gefördert werden. Wie es anders geht, lässt sich an vielen positiven Beispielen ablesen. Einige finden sich auf der Website des Deutschen Schulpreises. Eines steht aber fest: Zu Anfang ihrer Schullaufbahn sind Kinder immer motiviert und bereit zur Kooperation.

Gernot Körner




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zahlenland

Angebote zur ganzheitlichen mathematischen Bildung in der frühen Kindheit

Die gebührenfreien Online Veranstaltungen von Zahlenland bieten die Chance, sich über neue Projekte zu informieren und sie auf den möglichen Einsatz für die eigene Arbeit zu prüfen. Sie dauern jeweils nur 45 Minuten. Kurz genug, um einfach mal vorbei zu schauen. Und wer seinen Termin verpasst, kann sich die Veranstaltung dennoch im Nachhinein ansehen. Die nächsten Termine sind:

Projektvorstellung: Entdeckungen im Entenland, 22. Februar 2023, 14.30 bis 15.15 Uhr

Die Entdeckungen im Entenland von Prof. Gerhard Preiß wenden sich an Kinder im Alter von zweieinhalb bis vier Jahren. Der Zusatz Ordnung in der Welt umschreibt die allgemeine Zielsetzung des Projekts, die Kinder zu befähigen, in der Vielfalt und Flüchtigkeit der Dinge klare Strukturen und zuverlässige Beständigkeit zu erkennen.

In der Projektvorstellung unter der Leitung von Jörg Finke können Sie einen Einblick in die Ziele und die praktische Umsetzung der Entdeckungen im Entenland gewinnen und Ihre Fragen stellen:

Projektvorstellung Entenland (45 Minuten, gebührenfrei) als Live-Veranstaltung: Mittwoch, 22. Februar 2023, von 14:30 bis max. 15:15 Uhr, Details:https://zahlenland.info/kalender/termin/index.php?id=7814

Projektvorstellung: Entdeckungen im Zahlenland, 22. Februar 2023, 13:15 bis 14 Uhr

Das Projekt lädt Kinder ab vier Jahren zu Entdeckungen ins „Zahlenland“ ein. Als oberste Leitlinie gilt, den Umgang mit Zahlen als erfreuliches, wertvolles und erreichbares Ziel zu erleben.

Das Projekt wurde von Prof. Gerhard Preiß entwickelt und erprobt. Die grundlegenden und neuen Ideen des Projekts sind aus der Verbindung von Hirnforschung und Mathematikdidaktik hervorgegangen. Bei einer solchen „neurodidaktischen“ Sichtweise steht nicht der Lernstoff im Mittelpunkt, sondern das einzelne Kind mit seinen individuellen Neigungen und Begabungen.

In dieser Online-Projektvorstellung können Sie einen Einblick in die Ziele und die praktische Umsetzung der Entdeckungen im Zahlenland gewinnen und Ihre Fragen stellen:

Projektvorstellung Zahlenland (45 Minuten, gebührenfrei) als Live-Veranstaltung: Mittwoch, 22. Februar 2023, von 13:15 bis 14:00 Uhr, Details:https://zahlenland.info/kalender/termin/index.php?id=7875

Projektvorstellung: Den Zahlen auf der Spur, 1. März 2023, 16:00 bis 16:45

Das Projekt „Den Zahlen auf der Spur“ zeigt auf, wie man Kindern im Kindergarten eine mathematische Bildung als ein bewegungsintensives Erlebnis im Freien anbieten kann, das mit dem Kennenlernen der Lebensgemeinschaft von Tieren und Pflanzen im Außengelände verbunden ist.

In dieser gebührenfreien Online-Veranstaltung erhalten Sie einen Einblick in die Leitgedanken des Projekts und die darin enthaltenen sieben Forschertage.

In dieser gebührenfreien Online-Veranstaltung erhalten Sie einen Einblick in die Leitgedanken des Projekts und die darin enthaltenen sieben Forschertage.

Online-Projektvorstellung Den Zahlen auf der Spur als Live-Veranstaltung: Mittwoch, 1. März 2023 von 16:00 bis 16:45 Uhr, Details:https://zahlenland.info/kalender/termin/index.php?id=7876

…und wenn Sie den Termin verpasst haben!

Termin verpasst oder ungünstig? Wenn Sie sich für eine Veranstaltung registriert haben, erhalten Sie einen Tag nach der Live-Veranstaltung per E-Mail einen Link zur Videoaufzeichnung dieser Veranstaltung. Dieser Link wird 14 Tage gültig sein.

Hier geht es zum Seminarkalender mit zahlreichen weiteren Terminen von Zahlenland: https://www.zahlenland.info/kalender/




Seelische Gesundheit stärken, sozial-emotionale Kompetenzen fördern

Einführungstage in die Bildungs- und Präventionsprogramme der Deutschen Liga für das Kind

Zu den Bildungsprogrammen der Deutschen Liga für das Kind, START ab 2 und Kindergarten plus gehören Methoden und Materialien für Einrichtungen der Kindertagesbetreuung. Die Bildungs- und Präventionsprogramme bieten vielfältige Alltagsimpulse sowie Ideen für die Projektarbeit. Kinderrechte und Partizipation sowie die Ziele der Bildungspläne finden Berücksichtigung. Neben der Förderung sozialer und emotionaler Kompetenzen gibt es Impulse für die Sprachförderung, für Beobachtung und Dokumentation sowie die Elternarbeit.

Die Einführungstage im Online-Live-Format, Dauer jeweils 9.00h bis 15.00 Uhr, bieten einen gute Möglichkeit, die Programme kennenzulernen und einzusteigen.

Offene Fortbildungs-Termine im Frühjahr:

27. Februar 2023, 09.00 bis 15.00 Uhr

Einführung in das Programm für vier- und fünfjährige Kinder mit einer Kindergarten plus Basisfortbildung Teil 1. Für Kinder ab 4 Jahren: Das Projekt mit den Handpuppen Tula und Tim.
Fortbildungsinhalte: Frühe Bildung: Schlüsselrolle sozial-emotionaler Kompetenzen, Ziele und Inhalte von Kindergarten plus, Die Module für die Kinder: Materialien und Methoden, Zusammenarbeit.

23. Mai 2023, 09.00 bis 15.00 Uhr

Einführung in das Programm für vier- und fünfjährige Kinder mit einer Kindergarten plus Basisfortbildung Teil 1: Für Kinder ab 4 Jahren: Das Projekt mit den Handpuppen Tula und Tim.
Fortbildungsinhalte: Frühe Bildung: Schlüsselrolle sozial-emotionaler Kompetenzen, Ziele und Inhalte von Kindergarten plus, Die Module für die Kinder: Materialien und Methoden, Zusammenarbeit.

Einführung in das Programm für zwei- und dreijährige Kinder mit einer START ab 2 Fortbildung Teil 1. Sozial-emotionale Förderung im Alltag. Kinderrechte-orientiert, diversitätssensibel und sprachfördernd für Kita, Krippe und Kindertagespflege. Fortbildungsinhalte: Sozial-emotionale Bildung und Förderung in den ersten Lebensjahren, Bedeutung des kindlichen Wohlbefindens, Kinderrechte-Fokus, Ziele und Inhalte, Materialien und Methoden von START ab 2, Zusammenarbeit mit Eltern, Reflexion der Umsetzungserfahrung, Planung einer nachhaltigen Implementierung.

Informationen über www.kindergartenplus.de
Fragen zu den Seminaren stellen: E-Mail info@kindergartenplus.de 
Buchung der Fortbildungen über www.kindergartenplus.de/shop-seminare.

Quelle: Deutsche Liga für das Kind




Viele Trennungskinder würden das Wechselmodell bevorzugen

Anja Steinbach und Tobias Helms untersuchen, welches Modell besser für das Kindeswohl wäre

Nach einer Trennung folgt oft der Kampf ums Kind. Bei welchem Elternteil der Nachwuchs bleiben soll, ist eine der umstrittensten Fragen in Scheidungsverfahren. Hierzulande ist das Residenzmodell die Regel. Trennungskinder leben bei einem Elternteil und der andere Teil erhält ein Umgangsrecht. Das Wechselmodell, bei dem sich Mutter und Vater die Betreuung teilen, ist die Ausnahme. Aber welches Modell ist besser für das Kindeswohl? Dazu haben die Soziologin Professorin Dr. Anja Steinbach von der Universität Duisburg-Essen (UDE) und der Jurist Professor Dr. Tobias Helms von der Philipps-Universität Marburg eine Studie durchgeführt. Die Ergebnisse sind jetzt in der Zeitschrift für das gesamte Familienrecht (FamRZ) erschienen.

Residenzmodell ist hierzulande Standard

Der Anteil von Trennungsfamilien, die ein Wechselmodell praktizieren, liegt in Deutschland bei gerade einmal fünf Prozent. Kindern, die in einem solchen Modell leben, geht es aber mindestens genauso gut oder sogar ein wenig besser als Kindern, die im Residenzmodell leben. Das gilt vor allem für die Altersgruppe der 7- bis 14-Jährigen. Auch wie das Wechselmodell ausgestaltet wird, spielt eine Rolle. Positiv auf das Wohlbefinden wirkt sich insbesondere das asymmetrische Wechselmodell aus, bei dem die Kinder bei beiden Elternteilen mindestens 30 Prozent ihrer Zeit verbringen. Weniger stark ausgeprägt sind die positiven Effekte beim symmetrischen Wechselmodell, bei dem die Kinder jeweils zu gleichen Teilen von beiden Eltern betreut werden.

Entscheidend: Beziehung zu beiden Eltern

Entscheidend für das Funktionieren eines Wechselmodells ist die Beziehung des Kindes zu beiden Eltern. Ist diese gut, wirkt es sich besonders positiv auf das Kindeswohl aus. Umgekehrt zeigen sich in diesem Modell jedoch auch die negativen Folgen stärker, wenn die Beziehung zwischen den Eltern von Streit belastet ist oder die Kinder in einen Loyalitätskonflikt geraten.

„Unser Befund ist klar: Das Wechselmodell funktioniert mindestens genauso gut wie das bisher vorherrschende Residenzmodell“, stellt Anja Steinbach fest. „Es ist aber kein Patentrezept, das sich in jeder Trennungssituation als erste Wahl aufdrängt. Viel hängt vom Verhältnis der Eltern ab, insbesondere inwieweit es ihnen gelingt, ihre Konflikte von den Kindern fernzuhalten und sich einvernehmlich über die Betreuung zu verständigen.“

Eine Patentlösung gibt es nicht

„Unsere Studie ist im Großen und Ganzen eine Bestätigung für die von den Gerichten derzeit praktizierte Herangehensweise“, ergänzt Tobias Helms (im Bild mit seiner Mitarbeiterin und Marburger Koautorin Dr. Stephanie Schneider). „Können sich die Eltern nicht einigen, hat der Richter das Wechselmodell als eine ernsthaft in Betracht kommende Option in Erwägung zu ziehen. Eine vorzugsweise heranzuziehende Lösung ist das Wechselmodell jedoch nicht. Ausschlaggebend ist das Wohl des konkret betroffenen Kindes.“

Für die Studie „Familienmodelle in Deutschland“ (FAMOD) wurden 1.233 Familien befragt, die nach einer Trennung ein Residenzmodell oder ein Wechselmodell praktizieren.

Dr. Thomas Wittek, UDE




Auf Kinder hören – mit Kindern sprechen

Sprache ist der Motor für jede Selbstexploration und Selbstbildung

Die PowerPoint Präsentationen und Seminarunterlagen von Armin Krenz haben sich in zahllosen Vorträgen und Weiterbildungen bewährt. Sie vermitteln kurz und prägnant das Wesentliche für die pädagogische Praxis und stützen sich dabei auf neueste wissenschaftliche Erkenntnisse. Eben hat er mit „Elementarpädagogische Grundsätze auf den Punkt gebracht“ ein neues Buch vorgelegt, in dem er jedes Kapitel mit einem Fachrartikel einleitet. Im Anschluss daran findet sich ein Abdruck der jeweiligen Powerpoint. Jedes Kapitel schließ mit einer ausfürhlichen Literaturliste.

Das Buch unterstützt pädagogische Fachkräfte dabei, in Bereichen wie Raumgestaltung, Kindheitspädagogik oder in der Beziehung zum Kind aktuelles Wissen in die Praxis umzusetzen. Ob in der Ausbildung, als Vorbereitung auf Gespräche im Kita-Team oder zur Auffrischung des eigenen Fachwissens.

Mit Erlaubnis des Autors publizieren wir hier ein vollstädiges Kapitel aus seinem neuen Buch „Elementarpädagogische Grundsätze auf den Punkt gebracht“. Im Anhang finden Sie eine PowerPoint Präsentation von Prof. Krenz, die wir hier einen Monat lang für Sie zur Verfügung stellen.

Was Sprache bedeutet

Sprache ist Erlebnis – durch sie kann der Mensch sich selbst in Erstaunen versetzen.
Sprache ist wie ein Wunder – sie kann dazu beitragen, in völlig neue Gedankenwelten einzutauchen und gedankliche Tiefen zu erleben, die bis dahin völlig unentdeckt geblieben sind.
Sprache ist Genuss – durch sie versetzt sich der Mensch immer wieder selbst in die Lage, den eigenen Worten gerne zu lauschen.
Sprache fasziniert – durch sie ergeben sich Erkenntnisse, die bisherige (entwicklungshinderliche) Überlegungen auflösen können und innovative Gedanken provozieren.
Sprache verbindet – und lässt im ersten Augenblick unüberbrückbar erscheinende Grenzen zusammenbrechen, wodurch der Mensch ins unerwartete Erstaunen gerät.
Sprache erfreut – und bringt in Selbstgesprächen Sonne in das eigene Herz, um beispielsweise Trauer zu verstehen oder den Sinn bzw. die Bedeutung plötzlicher Irritationen zu begreifen.
Sprache beglückt – und eröffnet in einem konstruktiven Selbstgespräch gedankliche Perspektiven, die bis dahin kaum zugelassen werden konnten.
Sprache berührt – und lässt den Menschen in nachsinnende Gedankenwelten kommen, so dass neue Gedankenverbindungen geknüpft werden können und neue Gefühlswelten entdeckt werden.
Sprache ist wie die Feder eines Vogels – leicht, beschwingt und wundervoll zu betrachten, um sich selbst aus festgefahrenen Gedankenstrukturen zu befreien.
Sprache ist wie ein heller Sonnenstrahl – wegweisend für das eigene Leben, zielgebend und richtungsorientierend.

Gleichzeitig kann Sprache aber auch wie ein Schwert sein: scharf wie eine frisch geschliffene Klinge, zerstörend und vernichtend. Sie kann sich wie ein Feuer in das eigene Herz oder in die Herzen anderer Menschen brennen und eine nachhaltig destruktive Wirkung haben.

Sprache kann auch ermüden, abschrecken, Ängste provozieren und krank machen.

Sprache kann damit Selbstbildungswelten im Menschen öffnen oder verschließen und wirkt (unbemerkt) permanent entwicklungsförderlich oder entwicklungshinderlich.

Das größte Problem in der Kommunikation ist, dass wir nicht zuhören, um zu verstehen. Wir hören zu, um zu antworten.

Thomas Schäring


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Armin Krenz
Elementarpädagogische Grundsätze auf den Punkt gebracht
20 PowerPoint Präsentationen als Grundlage für Teambesprechungen, Fortbildungsveranstaltungen, Fachberatungen
Softcover, 336 Seiten, durchgehend vierfarbig
ISBN: 978-3-96304-613-1
29,95 €


Was Kinder dringender denn je brauchen, ist ein sprachaktives, sprechmotivierendes Lebens- und Lernumfeld:

  • Sie brauchen ungeteilte Zeiten, in denen sie mit Ausdauer und nach eigenen Zeitempfindungen Dinge in Ruhe zu Ende führen können, um Sprachgedanken zu entwickeln, zu verfolgen und auch abschließen zu können.
  • Sie brauchen vor allem Erwachsene, die ihre Ausdrucksformen wirklich verstehen, die Symbole ihres Handelns und Erzählens begreifen und sprachlich „übersetzen“.
  • Sie brauchen den Kindergarten als einen Ort, an dem sie ein aktives Mitspracherecht haben: von der Gestaltung des Tagesablaufes bis hin zur Kinderkonferenz.
  • Sie brauchen offene Ohren, die hören, was Kinder zurzeit beschäftigt und dabei immer wieder mit ihnen in einen lebendigen Kommunikationsaustausch über die kinderbedeutsamen Themen einsteigen.
  • Sie brauchen vielfältige Möglichkeiten, das wirkliche Leben – und keine künstlich gestaltete und strukturierte Welt – kennen zu lernen und dabei philosophische Betrachtungen über ihre Beobachtungen vornehmen zu können.
  • Sie brauchen eine Umgebung, in der sie sich in ihrer Individualität entwickeln können und den Fragen –sprachlich ausgedrückt – nachgehen, „Wer bin ich, was macht mich einmalig in dieser Welt, was kann ich gut und was gibt es alles zu lernen?“, bevor eine so genannte Sozialentwicklung auf sie einströmt.
  • Sie brauchen Menschen, die ihnen einen Raum zugestehen, in dem sie mit Versuch und Irrtum das Weltgeschehen um sie herum begreifen und sprachlich in Worte fassen können.
  • Sie brauchen Erwachsene (und ein entsprechendes Umfeld), die der Prozesshaftigkeit in einem Gespräch eine hohe Beachtung schenken und ihnen  als Bündnispartner zur Umsetzung ihrer ureigenen Interessen zur Seite stehen, die immer wieder sprachlich aufgenommen und weiterverfolgt werden können.
  • Sie brauchen und suchen einen Ort, an dem ihr magisches Denken ausreichend Platz findet, erlebt und sprachlich vielschichtig ausgedrückt zu werden.
  • Sie brauchen und suchen in Erwachsenen Mitspieler/innen und keine Dirigenten, die wirklich auf der Ebene von Kindern – im wahrsten Sinne des Wortes – sind und sie brauchen Erwachsene, die mit ihnen sprechen anstatt auf sie einzureden, an ihnen vorbei reden oder über sie zu sprechen.
  • Sie brauchen Menschen, die ihre Stärken sehen und nicht gegen ihre vermeintlichen Schwächen kämpfen, die ihre Stärken und Handlungstätigkeiten sprachlich begleiten (und nicht loben!).
  • Sie suchen Erwachsene, die statt eines Pessimismusses einen hohen Optimismus ausstrahlen und ihr Lebensglück durch eine reichhaltige und motivierende Sprache zum Ausdruck bringen.

Gebe es keine Kommunikation, wären die Menschen aufgeschmissen. Aber aufgrund von Smartphones merken sie nicht einmal, dass sie aufgeschmissen sind.

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Dort, wo der Kindergarten zu einem alltagstauglichen, >bildungsorientierten und lernprovozierendem Lebensraum< geworden ist und die gesamte Kommunikation respektvoll und wertschätzend gestaltet ist, fühlen sich Kinder angenommen und verstanden. Dies schafft die notwendige Sicherheit für Kinder, sich in Sicherheit zu wissen, wodurch es ihnen leichter fällt, eigene Erlebnisse, Erfahrungen und Eindrücke zu äußern, über ihr Gefühlserleben zu sprechen, sich auf neue Erfahrungen einzulassen, auch alte (Sprach)Muster zu verändern und mit neuen Verhaltensweisen zu experimentieren.

Wenn Kinder diesen »lernprovozierenden Bullerbü – Effekt« nicht mehr im Kindergarten erleben können, dann müssen sie auch hier resignieren, verlieren ihre Freude am Sprechen, experimentieren nicht mehr mit ihrer Sprache oder fallen in frühere Sprachformen zurück und entwickeln bzw. verfestigen zusätzlich auffällige Verhaltensweisen, die sich folgenotwendig weiter in die Schulzeit verlagern bzw. Kinder ihre Erfahrungen »auf der Straße« suchen. Das ist – auf die Gegenwart bezogen – dramatisch und wäre im Hinblick auf die Zukunft fatal. Kinder brauchen nötiger denn je einen beziehungsorientierten und lernintensiven, werteorientierten, kommunikationsinteressanten, sprachintensiven Alltags-Lebensraum, in dem Kinder immer wieder aufs Neue Freude an ihrer Sprache empfinden und gleichzeitig auch Freude daran haben, sich mit anderen Kindern und den Erwachsenen zu unterhalten — die Kindertagesstätte kann Kindern diesen Raum bieten und den Kindern nutzbar machen.

Sprechen und Hören ist Befruchten und Empfangen.

Novalis

Es besteht heute überhaupt kein Zweifel daran, was die Sprache nachhaltig fördert:  Eine „integrierte Sprachförderung“ geschieht vor allem durch die Merkmale, die Sprache außergewöhnlich stark aktivieren, provozieren, lebendig werden lassen:ein alltägliches miteinander sprechen; miteinander singen; miteinander dichten und reimen, Dialoge lebendig pflegen und gemeinsam auf die Suche nach Antworten gehen; miteinander philosophieren; Kinderaktivitäten sprachlich Begleitung; gemeinsames Genießen einer lebendigen Bewegungskultur; Geschichten vorlesen und nacherzählen; Märchen vorlesen und nachspielen; Geschichten erfinden und aufschreiben; miteinander spielen; sorgsam aufeinander hören; Hörspiele erfinden und aufzeichnen; Kindergartenzeitungen erstellen und drucken; Kinderkonferenzen gemeinsam gestalten.

„Gute Sprachförderung“ ist damit alltäglich und werteorientiert hörbar – nämlich in einer werteorientierten Kommunikations-, Interaktions-, Konflikt-, Spiel- und Sprachkultur. Sie ist anstrengend und wundervoll zugleich.

Die Menschheit zur Freiheit bringen, das heißt, sie zum Miteinander reden bringen
To bring freedom to mankind means to get them to talk to each other
Mener les hommes à la liberté veut dire les amener à dialoguer

Karl Jaspers

Armin Krenz




Therapeutische Erziehung nach dem „Situationsorientierten Ansatz“

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Eine zukunftsweisende Perspektive für die Elementarpädagogik

Wissenschaft darf kein einsames Denken im Elfenbeinturm sein und keinen Selbstzweck haben. Forschung muss sich legitimieren als elementares Denken aus der Lebenspraxis heraus und für ein gelingendes, menschlicheres Leben beitragen. Sie gründet in einer globalen Ethik, die über den nationalen Rahmen hinausreicht und der Menschheit dient. Diese Lebensethik macht uns die Einmaligkeit und Gleichwertigkeit aller Lebensformen bewusst. Es geht hier nicht zuerst um Maßnahmen und Regeln, sondern um die Gesinnung, die uns der Situationsorientierte Ansatz von Armin Krenz als zukunftsweisende Perspektive ans Herz legt.

1. Zur Aktualität des „Situationsorientierten Ansatzes“ (S.o.A.)

Der „Situationsorientierte Ansatz“ wurde von dem Kindheitspädagogen Armin Krenz (mit Zulassung zu heilkundlich, psychologisch-therapeutischer Tätigkeit) im Rahmen seiner Tätigkeit am „Institut für angewandte Psychologie und Pädagogik“ in Kiel erarbeitet und hat sich in den letzten 35 Jahren als ein viel beachteter Ansatz in Deutschland und dem europäischen Ausland (hier vor allem in Süddänemark, im deutschsprachigen Norditalien sowie in Österreich und Luxemburg) in vielen Kindertageseinrichtungen etabliert, obgleich er nicht immer in den genannten und fest verankerten Grundlagen vollständig umgesetzt wird. Er orientiert sich an den jeweils aktuellen und für die Praxis relevanten Ergebnissen und Erkenntnissen der Sozialtherapie, Entwicklungspsychologie sowie Bildungs- und Bindungsforschung, der Neurobiologie, der UN-Charta „Rechte des Kindes“ sowie dem tief verwurzelten Humanismus in der Korczak-Pädagogik. (Klein 2022) Ziel des S. o. A. ist es, die Selbst-, Sach-, und Sozialkompetenz von Kindern auf- und auszubauen, um bei ihnen möglichst viele Ressourcen zu entdecken, aufzugreifen und eine Entwicklung in allen Entwicklungsfeldern möglich zu machen, so wie uns dies in Pestalozzis Elementarbildung und im Gesundheitsbegriff begegnet (Krenz 1996). Praktisch bedeutet dies, die Selbstständigkeit der Kinder auf der Grundlage einer entdeckten und gefestigten Ich-Identität, ihre Autonomie und ihr soziales Verhalten auf der Grundlage eines werteorientierten Verhaltens zu aktivieren und weiterzuentwickeln, das die drei gesundheitsfördernden Prinzipien – Salutogenese, Logotherapie und Rhythmik – im Geiste von Korczaks „Pädagogik der Achtung“ pflegt. (Klein 2018, S. 62 ff.) Das zeigt sein neuestes Handbuch mit 20 aktuellen praxisrelevanten Themen, die er aus seinen Seminaren, Vorträgen, Büchern und zahlreichen Fachbeiträgen auf der Basis der neuesten Erkenntnisse Bindungs- und Bildungsforschung, Neurobiologie sowie Lern- und Entwicklungspsychologie auf den Punkt bringt. (Krenz 2022a)

Der S. o. A. berücksichtigt also die biologischen, sozialkulturellen und psychologisch bedeutsamen Lebensbedingungen von Kindern und ihren Eltern. Er basiert auf einem ganzheitlichen Menschenbild, das die Entwicklung aller Personen, die in den Entwicklungsprozess eines Kindes einbezogen sind, in den Mittelpunkt rückt. Dabei geht der Ansatz von folgender Grundsatzfrage aus: Welche entwicklungsförderlichen Bedingungen brauchen Kinder und ihre Familien (heute), um eigene, vorhandene Ressourcen auf- und auszubauen? Dieser kindorientierte Ansatz

  • versteht Krippe und Kita als einen sehr bedeutsamen persönlichkeitsprägenden Lebens- und Wirkungsraum für die nachhaltige Entwicklung des Kindes,
  • hat einen eigenständigen kindorientierten Erziehungs-, Bildungs- und Betreuungsauftrag im Unterschied und in Abgrenzung zur Schulpädagogik (entsprechend dem Kinder- und Jugendhilfegesetz, KJHG, 8. Band, 2. Halbband sowie den Kindertagesstättengesetzen der Bundesländer),
  • beachtet kulturelle Wertearten sowie religiöse Erfahrungen und
  • geht von einer ganzheitlichen Unterstützung der Handlungs-, Bildungs-, Leistungs- und Lernfähigkeit von Kindern aus. (Krenz 1992, 2007a, 2010a, 2014a, Klein 2018, S. 104)

Der Erziehung- und Bildungsauftrag besteht darin, dafür zu sorgen, dass Kinder eine allumfassende, lebendige und vielfältige, die Neugierde unterstützende Erfahrungswelt kennenlernen können, damit sie in der Lage sind, ihre individuelle Identität zu erfahren und zu begreifen, weiterzuentwickeln und auszubauen. Auf diese Weise erwerben Kinder alle notwendigen Kompetenzen, um gegenwärtige und zukünftige Lebenssituationen weitgehend autonom und gleichzeitig in Verantwortung zur Welt gestalten zu können.

Der Betreuungsauftrag besteht darin, Kindern und Jugendlichen treu zu sein. Das geschieht durch den Auf- und Ausbau fester, verlässlicher Beziehungen zu ihnen und deren wertschätzende Pflege. Durch erlebte Beziehungsqualitäten können Kinder ein Gefühl der Sicherheit bekommen, eine Grundlage für alle bedeutsamen bio-psycho-sozialen Entwicklungsprozesse im Menschen. (Krenz 1991/2004)

Fazit

Im elementarpädagogischen Erziehungs-, Bildungs- und Betreuungsraum soll sich jedes Kind wohl- und sicher aufgehoben fühlen und nach seinen Potenzialen gemeinsam mit anderen Kindern und den Erziehern entwickeln. Er beachtet sieben verbindliche Eckwerte (Mitteilung von Armin Krenz an die Verfasser):

Daraus ergeben sich Konsequenzen für die Praxis

  • Das humanistische Menschenbild prägt nicht nur die gesamte pädagogische Arbeit, sondern verlangt auch von den originär therapeutisch tätigen Erziehern (wohlgemerkt: an dieser Stelle ist nicht vom „psychotherapeutisch“ tätigen Erzieher die Rede) eine stets reflektierte Selbstbildung und eigene Persönlichkeitsentwicklung. (Krenz 1983a, 1986 und 1990) Getreu dem Motto: Das Prinzip des lebenslangen Lernens gilt zu allererst für die eigene Person, zumal Authentizität den wichtigsten Bildungsimpuls für Kinder bildet.
  • Der Stellenwert der Eltern, die im Sinne einer entscheidenden Mitverantwortung für die Entwicklung ihrer Kinder in die pädagogische Arbeit einbezogen werden, wird hoch eingestuft. Daher kommt der Elternbildung, Elternberatung und einer kommunikationsfreundlichen, wertschätzenden Zusammenarbeit große Bedeutung zu, ohne dabei den Wünschen der Eltern vorbehaltlos nachzukommen, sofern diese dem Entwicklungsgeschehen für das Kind abträglich wären…
  • Konstruktive kollegiale und interdisziplinäre Zusammenarbeit ist entscheidend, um Kindern in allen Belangen ein gutes Vorbild zu sein und gleichzeitig für eine entwicklungsförderliche Innenqualität zu sorgen. (Krenz 1984, 2013a)
  • Der didaktische Aufbau von Projekten wird als Garant gegen eine Zufallsdidaktik oder eine so genannte „Spaßpädagogik“ angesehen. Im S.o.A. geht es nicht darum, „was Kinder wollen“, sondern vielmehr darum, „was Kinder für eine seelisch gesunde Entwicklung brauchen“. (Krenz 2010a)
  • Ebenso wird im S.o.A. eine „Laissez-faire“-Pädagogik abgelehnt. Ein demokratischer Erziehungsstil steht im Mittelpunkt, in dem „Partizipation“ (Beteiligung der Kinder) großgeschrieben wird. Das zeigt sich beispielsweise in der regelmäßigen Durchführung von Kinderkonferenzen und durch die alltägliche Umgangskultur auf der Grundlage eines partnerschaftlichen und gleichberechtigten Interaktionsgeschehens, jedoch bei gleichzeitiger Anerkennung des Rollenstatus des Erwachsenen.
  • Qualitätsansprüche im Sinne einer überprüfbaren und transparenten Arbeit bestimmen die Arbeit, so dass nicht „jeder machen kann, was er will“. In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass vom Entwickler des S.o.A. auch ein „Qualitätsinstrumentarium“ erstellt wurde. (Krenz 2001a, 2013a) Es wird in ganz Deutschland und in einigen Nachbarländern viel beachtet und genutzt.
  • Die Abgrenzung von öffentlichen und modernistischen Erwartungen basiert auf einem klaren pädagogischen Grundverständnis: „Kinder sind keine Experimentiermäuse und dürfen auch nicht durch sozialpolitisch geprägte Erwartungen oder Absichten funktionalisiert werden !“
  • Das Bildungsverständnis (Bildung aus „erster Hand“) legt nahe, im S.o.A. keine gezielten „Förderprogramme“ künstlich zu initiieren. Stattdessen geht es im Alltagsgeschehen um ein „concomitant learning“ – ein „Lernen nebenbei“, das aus bildungswissenschaftlicher und sozialpädiatrischer Sicht weitaus effektiver ist, als ein defizitorientierter Ansatz. (Krenz 2006a, 2011a; Klein 2015)  

krenz

Der situationsorientierte Ansatz – Auf einen Blick
Konkrete Praxishinweise zur Umsetzung
Krenz, Armin
Burckhardthaus-Laetare
ISBN: 9783944548043
15,00 €

Mehr dazu auf www.oberstebrink.de


2. Der „Situationsorientierte Ansatz“ beachtet die Klassiker der Elementarpädagogik

Der „Situationsorientierte Ansatz“ geht ganz im Sinne von Friedrich Fröbel, dem Begründer des Kindergartens, davon aus, dass der Lebensort Kita ein bedeutsamer Spiel- und Lebens-/ Erfahrungsraum des Kindes ist, in dem es mit Freude, Engagement und Anstellungsbereitschaft

  • in Lebens- und Sinnzusammenhängen tätig sein,
  • seine individuellen Erfahrungen machen und
  • mit sich alleine, mit anderen Kindern und bindungsorientierten Erwachsenen leben, spielen und lernen kann.

Der Ansatz lehnt die altersgleiche Gruppe und einen vorher fest programmierten Tagesablauf ebenso ab wie „offene Gruppen“ mit ständig wechselnden Zusammensetzungen einer Kindergruppe und die Ausgrenzung von Kindern mit besonderen Entwicklungsproblemen oder Behinderungen. Er ermöglicht jedem Kind grundlegende soziale Erfahrungen, die sich auf die emotionale und kognitive Entwicklung nachhaltig positiv auswirken; dies wurde in Forschungsprojekten bestätigt. (Klein 2015, S.122 f.)

Beim S.o.A. kann jedes Kind im Sinne der Montessori-Pädagogik Akteur der eigenen Entwicklung sein, Können, Fühlen und Wollen, Stärken, Fähigkeiten, Fertigkeiten und liebenswerte Eigenschaften in den gemeinsamen Prozess des Spielens und Lernens einbringen und dadurch die eigene Entwicklung und die anderer Kinder sowie der Erwachsenen bereichern. (Krenz 2006b, 2008a, 2009a; 2009b, 2014b) Bei dieser inklusiven und normalisierenden Praxis tritt das – oft befürchtete – allein physische Zusammensein gar nicht auf. (Klein 2015, S.129 f.)

Der S.o.A. baut also auf grundlegende Einsichten von Klassikern der Elementarpädagogik – Friedrich Fröbel und Maria Montessori – auf, bindet aber auch aktuelle Erkenntnisse der Neurobiologie, Entwicklungs- und Sozialpsychologie zu Personqualität und Qualitätsmanagement in eine ganzheitliche Erziehungs- und Bildungskonzeption ein.

3. Ansprüche an die Persönlichkeit und Fachkompetenz des therapeutischen Erziehers

Beim S.o.A. stehen nicht Techniken und Methoden der Einflussnahme im Vordergrund, sondern die Persönlichkeit der pädagogischen Fachkraft (Krenz 2013a; Klein 2018, S.18), ihre

  • Emotionalität (Fühlen, Einfühlen, Empathie),
  • Kognition (Denken, Vorstellen, Wissen, Visionen, Verstehen, Wahrnehmungsoffenheit, Wahrnehmungsdifferenzierung),
  • Handlungskompetenz (orientiert an den Lern-, Entwicklungs- und Verarbeitungsbedürfnissen und am situationsgerechten Handeln) und
  • soziale Kompetenz (gemeinsam Projekte planen, durchführen und prüfen, Teamarbeit, in strukturierten Teamsitzungen miteinander beraten, andere Fachkompetenzen wahrnehmen und zurate ziehen, Elternkompetenz beachten, Suchen nach Problemlösungen, interdisziplinär arbeiten, Kompetenztransfer beachten).

Das situationsorientierte Handeln stellt hohe Ansprüche an die Haltung und Einstellung des Erziehers. (Krenz 2017a) Er wird als Person (auf der persönlichen und zwischenmenschlichen Ebene) und als Fachkraft (auf der beruflichen und fachlich-kooperierenden Ebene) angesprochen. Mit diesem Bemühen um eine methodische Haltung oder „Haltungsmethode“, die in seiner Person verankert ist, wird der Erzieher die vielfältige und immer weiterentwickelte „Trickkunde“ der Ratgeberliteratur hinter sich lassen. (Klein 2018, S. 19)

Identität und Professionalität als Motor für Entwicklungen

Wenn der Mensch als Produzent seiner individuellen Lebenscollage betrachtet wird, der aus Lebensstil und Sinnelementen die eigene Biographie in Auseinandersetzung mit sich und anderen bildet, ist dies für den therapeutisch tätigen Erzieher besonders bedeutsam. Mit der Frage nach der eigenen Identität und ihrer Klärung sind persönliche und berufliche Irritationen zu meistern.

Identitätsentwicklung beginnt dort, wo Erzieher selbst Freude und ein hohes Interesse daran haben,

  • immer wieder neues Wissen zu erwerben,
  • vertiefende Kenntnisse aus dem weiten Feld der Neurobiologie, Sozialpädiatrie, Psychologie und Pädagogik zu gewinnen,
  • Lernherausforderungen zu suchen und neue Handlungskompetenzen aufzubauen bzw. zu erweitern,
  • Konfliktkompetenzen zu erwerben, um vorurteilsbewusst, offen und neugierig schwierige Situationen zu meistern,
  • an der eigenen Lern- und Lebensgeschichte zu arbeiten, bisher verborgene Talente zu entdecken und neu zu nutzen,
  • weltoffen auf alles Unbekannte zuzugehen und
  • sich immer wieder selbst zu motivieren, mit Engagement und Risikofähigkeit die Welt humaner mit zu gestalten.

Berufliche Identitätsentwicklung ist stets mit der persönlichen verbunden; beide Identitätsbereiche entstehen nicht von alleine (Krenz 2014c). So geht es darum, immer wieder selbstreflexiv die eigene Lebensgeschichte und das Verhalten mit dem Alltagsgeschehen vor Ort zu vernetzen, um konstruktive und destruktive Handlungsmomente zu erkennen. Dazu gehört auch eine gute Dialogfähigkeit, um in den unterschiedlichsten Lebens- und Arbeitssituationen Selbstbetrachtungen und -verhandlungen zu leisten, lebendige Entwicklungsfelder zu entdecken, Entwicklungschancen zu nutzen und Fehlentwicklungen zu korrigieren. Immer wieder müssen unterschiedliche Erwartungen und Anforderungen, die man an sich (zu haben) hat und die von außen kommen, auf ihre fachliche Existenzberechtigung hin überprüft werden.

Bei all diesen Selbstentwicklungsaufgaben wird es nicht ausbleiben, dass dabei auch Identitätskrisen auftauchen: Sie sind eine Chance, ein erlebtes, aktuelles Chaos als Neuanfang zu verstehen.

Professionalität verlangt konkrete Handlungsschritte

(Elementar)Pädagogik muss künftig stärker ihre Professionalität im Beruf zeigen. (Krenz 2014d, 2015a) Viele aktuelle Untersuchungen im Bereich der Neuropädiatrie und -psychologie, der Verhaltensbiologie und Entwicklungspsychologie zeigen die hohe Bedeutung der ersten Lebensjahre für die weitere Entwicklung, es liegt aber auch im Interesse des Erziehers selbst, die bedeutsame und anspruchsvolle Berufsarbeit professionell auszufüllen.

Demnach achtet der therapeutische Erzieher auf

  • Selbstkritik (Selbstreflexion, Selbstentwicklung, Selbstauseinandersetzung, Problembewusstsein),
  • Freude und Humor, Optimismus und Lebendigkeit,
  • Achtsamkeit und Zuversicht und
  • Engagement, Neugierde, Lernoffenheit sowie Solidarität im Sinn von Janusz Korczak. (Klein 2018, 62 ff.)

Selbstveränderung – Königsweg für Entwicklungsbegleitung

Um Kindern in ihrem Entwicklungsbedürfnis und -bedarf hilfreich zur Seite zu stehen, bedarf es erstens einer authentisch verankerten Annahme des Kindes, indem wir ihm ein emotional-sozial geprägtes Beziehungsangebot machen, damit es sich nicht isoliert, ausgegrenzt, bevormundet, gedemütigt, verlassen, ins Abseits gedrängt fühlt. (Krenz 2016a) Zweitens geht es um eine fachlich verstehende, deutende Entschlüsselung der gezeigten Ausdrucksweise, um „das Kind da abzuholen, wo es steht“ und nicht dort hinzuziehen, wo wir es gerne haben würden. (Krenz 2017b) Drittens ist für Erwachsene ein radikaler Perspektivwechsel nötig: Sie haben dafür zu sorgen, dass Kinder seelisch stark werden und sich sozial integriert fühlen. Erwachsene müssen dem einzelnen Kind dabei helfen, ihr individelles Können zu können. Verhaltensirritationen haben aus Sicht des Kindes eine wegweisende, überlebensnotwendige Funktion: Sie sind Ausdruck einer entwicklungshinderlichen Umgebung (ungünstige Raumbedingungen, ein fachlich unangebrachtes pädagogisches Konzept, Beziehungsstörungen vom Erwachsenen zum Kind, eingeschränkte Bewegungsmöglichkeiten, zusammenhanglose „Programme“ oder übertragungsrelevante Teamkonflikte), also stets situationsangemessene Reaktionen des Kindes, die der ERWACHSENENWELT zeigen „hier stimmt etwas nicht im kindlichen Umfeld“ und dazu auffordern, Hintergründe bzw. Auslöser zu suchen und zu verändern. (Krenz 1983a, 1983b, 1984) Ursache kann auch eine krankhafte Störung beim Kind sein, was fachkundige Klärung (Kinderarzt, Neuropädiater, Kinderpsychiater) erfordert, wobei der S.o.A. immer wieder sehr deutlich darauf hinweist, Verhaltensirritationen nicht vorschnell zu pathologisieren. Viele Beobachtungen in Kindertagesstätten uns ebenso viele Gespräche mit den Fachkräften haben gezeigt, dass diese häufig allzu schnell Verhaltensirritationen mit medizinisch geprägten Diagnosen belegen, ohne dass diese als solche abgeklärt waren. Die therapeutisch tätige Fachkraft muss also versuchen herauszufinden, was das Kind mit seinem Verhalten ausdrücken und mitteilen will, wo, wann und wie Hilfe zu geben ist.

4. Ganzheitliche oder heilende (Spiel)Erziehung

Der S.o.A. integriert Kinder, die in innerer und äußerer Not leben, er nimmt die Entwicklungsbeeinträchtigung des Kindes wahr, die auf sehr verschiedene Ursachen und Zusammenhänge zurückgehen kann. Er versteht sich alsein Lebensort, der dem Kind „Raum und Zeit zur Verfügung stellt“, damit es seine aktuellen Lebensfragen und Lebensprobleme sowie bedrängende Erlebnisse und Erfahrungen verarbeiten kann: beim Spielen, Erzählen, Bewegen, rhythmischen Gestalten, Malen, Zeichnen und Träumen.

Als heilpädagogisch-ärztliche Aufgabe baut S.o.A. auf entwicklungsneurologischen und -pädagogischen Erkenntnissen auf: Kinder können gerade durch wiederholte „Spiel-Tätigkeit“ (Fröbel) eigene, noch unverarbeitete Erlebnisse und Erfahrungen innerlich ordnen. „Wenn Kinder die Möglichkeit haben, in vielfältiger Projektarbeit ‚Vergangenheitsbewältigung‘ zu unternehmen, können auf diese Weise Irritationen, Ängste, Belastungen, Spannungen oder Ärger abgebaut werden.“ (Krenz 2013a, S. 108)

Durch diese Verarbeitungsprozesse bahnen sich die Kinder den Weg zu ihren eigentlichen Kompetenzen und zu ihren Ressourcen, die sonst verschüttet geblieben wären. In ihrem Spiel liegen die heilenden (ganz machenden) Kräfte, von denen der Erzieher und Psychotherapeut Hans Zulliger sprach. Der therapeutische Erzieher gibt dem Kind „SEELENPFELGE“ im Sinne der Waldorfpädagogik und schafft eine Umgebung, in der die Entwicklung des Kindes sich normalisieren kann. (Klein 2018, S. 137)

Fazit

Der „Situationsorientierte Ansatz“ ist geplantes und strukturiertes Leben und Lernen mit Kindern, wobei entwicklungsneurologisch und (heil)pädagogisch zu verantwortende Vorhaben (Projekte) sorgfältig zu planen, durchzuführen und zu prüfen sind. Kinder bekommen die Möglichkeit, individuelle Erfahrungen und Erlebnisse im Spiel und in gemeinsam geplanten Projekten zu verarbeiten und zu verstehen, bedeutsame Fragen zu beantworten und Zusammenhänge zu begreifen, um aus der Bewältigung erlebter Situationen und Ereignisse individuelle Kompetenzen auf- und auszubauen. (Klein 2015, S. 178; 2018, S. 137 ff.)


therapeutische erziehung

Therapeutische Erziehung

Mit Prof. Gerhard Neuhäuser und Prof. Ferdinand Klein berichten ein Arzt und ein Pädagoge gemeinsam von langjährigen wissenschaftlichen Erkenntnissen. Anhand zahlreicher Fallbeispiele wird deutlich, wie Kinder durch therapeutische Erziehung Gerechtigkeit, Gleichwertigkeit und Gleichwürdigkeit von Beginn an erleben und wie sie von der Entwicklungsunterstützung persönlich profitieren können. Das Buch enthält viele Anregungen für ein kindgemäßes pädagogisches Handeln. 

Neuhäuser/Klein: Therapeutische Erziehung, 192 Seiten,
ISBN: 978-3-96304-605-6, Burckhardthaus 2019


5. Jedes Kind auf seinem Entwicklungsweg leiten und unterstützen

Der S.o.A. ist ein beziehungsorientiertes, ganzheitliches Erziehungs-, Betreuungs- und Bildungskonzept, das jedes Kind möglichst situationsgerecht

  • leitet (besonders durch die Haltung) und
  • unterstützt (besonders durch die Berücksichtigung seiner Erlebniswelt).
  • Dadurch kann es seine personale Kompetenz (Ich-Kompetenz), soziale Kompetenz (Sozialkompetenz) sowie gegenstands- und aufgabenbezogene Kompetenz (Sachkompetenz) selbst strukturieren und aufbauen.

Der Ansatz ist an der Korczak-Pädagogik orientiert, denn er „gleicht einer Haltung, einer persönlichkeitsbedingten Sichtweise von ‚ganzheitlicher Pädagogik‘ unter besonderer Berücksichtigung der

  • Wertschätzung von Kindern,
  • Achtung der Rechte jedes einzelnen Kindes,
  • Nichtausgrenzung von aktuellen Situationen,
  • Bedeutung jedes einzelnen Tages und
  • Arbeit an eigener Identität und Professionalität.“ (Krenz 2013a, S. 160)

Der „Situationsorientierte Ansatz“ achtet

  1. Grundbedürfnisse, die jeder Mensch in sich trägt und nach einer Sättigung sucht,
  2. Selbsttätigkeit, die durch die Neugierde einer Selbst- und Weltentdeckung in Gang gesetzt werden will,
  3. Spiel als Bildungsmittelpunkt, der Grundlage für alle bedeutsamen Lernprozesse,
  4. Spiel und Sprachförderung, um sich selbst als Entdecker seiner selbst zu erleben, sich selbst sowie die Welt um sich herum immer besser kennenzulernen und sich immer wieder aufs Neue als Mitgestalter zu erfahren

(1) Grundbedürfnisse

Grundbedürfnisse drücken einen Bedarf an Befriedigung aus – entsprechend einem hungrigen Menschen, der auf der Suche nach Nahrung ist oder sich in einer völlig dunklen Umgebung befindet und vehement nach einer Lichtquelle ist. Neurobiologische und entwicklungspsychologische Untersuchungen haben immer wieder deutlich gemacht, dass die Befriedigung von Grundbedürfnissen in entscheidender Weise dazu beiträgt, lebensbedeutsame Fähigkeiten und Fertigkeiten auf- und auszubauen.

So sind an dieser Stelle die entscheidenden Grundbedürfnisse kurz erwähnt:

  • Zeit gewähren, damit Kinder sich selbst und ihr Umfeld wahrnehmen können;
  • Ruhe fördern, um Kindern eine Wahrnehmungsdifferenzierung zu ermöglichen;
  • Liebe geben, um Kindern dabei zu helfen, sich selbst annehmen zu können;
  • Vertrauen leben, um Stolz und Ich-Stärke bei Kindern aufzubauen;
  • den Kindern das tiefe Gefühl des Verstandenwerdens geben, damit sie intensiven Kontakt zu sich selbst aufnehmen können und sich der eigenen Person sowie ihrer Welt öffnen;
  • Sicherheit vermitteln, damit Kinder in den Prozess einer Selbstentwicklung kommen wollen und können;
  • Bewegung und Rhythmik zu einem zentralen Aspekt erklären, damit durch den damit verbundenen Stressabbau die Basisfähigkeit einer Selbststeuerung eintreten kann;
  • Intimität und Geheimnisse den Kindern zugestehen, so dass sich ihr Differenzierungspotenzial zwischen ihrer öffentlichen und privaten Person entwickeln kann;
  • eine Mitsprache ermöglichen und einfordern zum Aufbau eines Wertigkeitsempfindens;
  • vielfältige Erfahrungsräume bereitstellen, um Kindern dabei zu helfen, ihre Lernpotenziale zu entdecken und zu nutzen;
  • Gefühle erleben lassen, um ihre Existenz zu akzeptieren und intrapsychisch zu integrieren;
  • Sexualität bejahen, zulassen und unterstützen, damit Kinder ihre psycho-sexuelle Orientierung finden sowie ihre sexuelle Identität auch tatsächlich ganzheitlich bejahen und erleben können;
  • Gewaltfreiheit zur obersten Priorität erklären, damit Kinder sich angstfrei auf die unterschiedlichsten Situationen und Lernvorgänge einlassen können;
  • Neugierde in allen Facetten unterstützen, um Lernmotivation auf- und kontinuierlich auszubauen;
  • Optimismus leben, um Kindern die Basisfähigkeit eines grundsätzlichen Konstruktivismus zu vermitteln und
  • Respekt/Achtung zum festen Kommunikationsverhalten erklären, damit Kinder ihre Individualität, ihre Einmaligkeit erleben können – als Grundlage für den Aufbau eines Selbstwertgefühls. (Krenz 2013b)

(2) Selbsttätigkeit

Versucht man die Gedanken von Armin Krenz auf den Punkt zu bringen, dann stößt man auf den Begriff der Selbsttätigkeit (Selbstbildung, Selbstaktualisierung, Selbstregulation, autonomes Handeln, kompetentes Handeln), den Friedrich Fröbel, aber auch die anderen drei großen Reformpädagogen Montessori, Steiner und Korczak im Auge hatten. Unter den Bedingungen der Gegenwart geht es Armin Krenz um Selbstbildung des Erziehers und um Selbstbildung des Kindes.

Der gebildete Erzieher

  • orientiert sich an den Bedürfnissen des Kindes,
  • gibt dem Kind Seelenproviant durch empathische Entwicklungsbegleitung,
  • ermöglicht ihm durch seine Haltung Identitätsentwicklung und Werteentwicklung,
  • führt es in einer einladenden Atmosphäre, in der es in lebensbezogenen ganzheitlichen Projekten zusammen mit anderen spielen, üben und lernen kann.
  • Diese „pädagogische Atmosphäre“ (Bollnow) ermöglicht dem Kind

    • sich selbst zu bilden: in der Bildungswissenschaft wird von einer „Bildung aus I. Hand“ gesprochen, im Unterschied zu einer „Bildung aus II. Hand“, die dem Kind durch erwachsenengesteuerte Programme, zuvorderst im kognitiven Bereich und in teilleistungsorientierten Lernangeboten vorgesetzt wird, unabhängig davon, ob dies der Lebenssituation des Kindes oder seiner aktuell vorhandenen Beschäftigungsbedürfnis entspricht,
    • die Welt im Spiel/ in Projekten und in den vielfältigsten Alltagssituationen zu erkunden und zu erobern,
    • neugierig zu fragen und gemeinsam auf eine Antwortsuche zu gehen,
    • allein oder gemeinsam Zusammenhänge zu entdecken und zu erforschen,
    • zu experimentieren und zu probieren, zu erkunden und Neues zu erleben, die Welt zu begreifen und zu ergreifen,
    • sich die fremde (oft ängstigende) Welt in einem förderlichen Entwicklungstempo vertraut zu machen und Sicherheit aufzubauen.

(3) Spiel als Bildungsmittelpunkt

Spiel und Freude sind wie die zwei Seiten einer kleinen Münze.
Sie zu missachten, heißt auf Reichtum zu verzichten.

(Verfasser unbekannt)

Armin Krenz versteht das „Spiel als den eigentlichen Beruf des Kindes“. Im Spiel erweitert das Kind seine Lernpotenziale und vielfältige Kompetenzen. Es stabilisiert vor allem seine Ich-Identität, verbessert die Belastbarkeit, seine Aufmerksamkeit für sich selbst und sein (un)mittelbares Umfeld und seine soziale Sensibilisierung. (Krenz 2001b, 2007b, 2009a, Klein 2015, S. 182 ff.)

Das Spiel wird häufig als überflüssiger und zu vernachlässigender Zeitvertreib, als Spielerei gesehen und in der Pädagogik als ein zu vernachlässigender Faktor eingestuft. Immer seltener sind sich Eltern – und auch vermehrt Fachkräfte – der Tatsache bewusst, dass Kinder in bindungsstarken Spielsituationen alle Fähigkeiten für ihr Leben aufbauen (könnten), die sie später einmal für eine aktive, kreative und selbstbewusste Lebensgestaltung brauchen. Viele Forschungsergebnisse aus den letzten drei Jahrzehnten zeigen übereinstimmend, dass das Spiel als Vorstufe und Nährboden für einen darauf aufbauenden Erwerb schulischer und beruflicher Fähigkeiten zu gelten hat und von entscheidender Bedeutung für die Persönlichkeitsentwicklung eines Kindes ist.

Neurobiologen haben gezeigt, dass durch Spielen viele unterschiedliche Regionen des menschlichen Gehirns aktiviert werden, weil Kinder ihre ganze Aufmerksamkeit auf die Erlebnisse des Schauens und Betrachtens, des Hörens, des Fühlens, des Begreifens ausrichten und dabei ihre Fantasie nutzen, um sich Ereignisse selbst zu verdeutlichen, diese mit einer bunten Gedankenvielfalt ausschmücken, Ziele definieren und Strategien für eine Spielhandlung entwickeln.

Kinder bringen ein außergewöhnlich großes Interesse für ihr Umfeld und ein hohes Neugierverhalten mit auf die Welt. Durch die alltäglichen Sinnesreize werden Interesse und Aufmerksamkeit für diese „Welteindrücke“ aktiviert.  Interessant sind alle Dinge, die sich bewegen, die Töne erzeugen, die sich anfassen lassen, die intensiv riechen oder zu schmecken sind sowie Situationen, die das Kind vor ein Rätsel stellen und auf der Suche nach einer Antwort eine emotional-kognitive Neugierde hervorrufen. Dabei merken Kinder, dass man selbst aktiv werden und in den vielfältigsten Situationen und mit den bereitliegenden Dingen etwas tun kann. Aus dieser Neugierhandlung (Was geschieht dort? Wozu ist das da? Was kann ich damit anfangen?) entwickelt sich nach und nach eine aktiv gestaltete Spielhandlung, die sich aus unendlich vielen Einzeltätigkeiten im Dialog mit sich selbst, mit dem Anderen, dem (Bildungs)Gegentand zusammensetzt und das Ganze in einen umfeldorientierten Zusammenhang eingebunden wird.

Spielen entsteht also aus aktiven, eng miteinander vernetzten Erfahrungshandlungen – mit den eigenen Körperteilen, mit Gegenständen unterschiedlichster Art und vor allem in einer angenehm erlebten Beziehungsatmosphäre. Im Spiel eignen sich Kinder ganz nebenbei – je nach Spielform, Spielart, Spielinteresse und Spielverlauf – ein lebendiges, räumliches, kreatives, physikalisches, naturwissenschaftliches und mathematisches Wissen an. Lernpsychologen sprechen in diesem Zusammenhang von einem „concomitant learning“: einem „Lernen, das „nebenbei“, ohne direkte Vermittlung, als begleitende Auswirkung durch unterschiedliche Spielhandlungen und bedeutsame Aufmerksamkeitsimpulse entsteht und entsprechende Hirnareale anspricht. (Klein 2018, 141 ff.)

Was tun, wenn Kinder keinen Weg zum Spiel finden?

Die Frage, wie Erwachsene Kinder zum Spiel(en) motivieren können, ist ganz einfach zu beantworten. Zunächst sollten sie von Anfang an ein echtes, authentisches Interesse an den Tätigkeiten der Kinder empfinden und zeigen, um ihre geweckte Neugierde zu unterstützen und Kindern damit helfen, in Spielsituationen hineinzufinden und um anschließend viel mit Kindern zu spielen (und nicht nur Spielanleitungen geben!), weil das Spiel für viele Kinder dann besonders interessant wird, wenn Erwachsene aktive Spielpartner sind! Dabei ist noch eines wichtig: Im Vordergrund des Spiels darf nie ein Förder- oder Schulungsgedanke stehen. Damit würde jedes Spiel funktionalisiert werden – eine Tatsache, die leider in vielen Kindertageseinrichtungen in immer stärkerem Maße zu beobachten ist. Der Zweck des Spiels liegt in der Spannung, der Freude, der Aufregung, der intrinsisch vorhandenen Aktivitätsmotivation, den vielfältigen Gestaltungsmöglichkeiten und nicht in einer „Konzentrationsübung“, in der „Schulung der Grobmotorik“ oder im Aufbau „sozialer Kompetenzen“.

Der therapeutische Erzieher kann Bedingungen für das Spiel(en) schaffen: Manche Kinder haben schon soviel Spielmittel bzw. Spiel-„zeug“, dass ihre Kinderzimmer einem vollgestopften Warenlager gleichkommt. Dasselbe ist in manchen Kitas zu beobachten. Zu viele Spielmittel hemmen den fokussierten Reiz des Kindes, in sein individuelles Spielverhalten einzusteigen. Von Zeit zu Zeit sollte daher in den Gruppenräumen ebenso wie im Kinderzimmer das Spielmittelangebot überprüft werden.

Ein Lehrsatz der Spielpädagogik lautet: „Weniger das Viele als vielmehr das Wenige.“ Nur wer eher wenige (allerdings für das Kind selbst attraktive) Spielmittel hat, weiß Spielmittel zu schätzen! Wir müssen weg kommen von einer „Ex-und-hopp-Gesellschaft“ – einer Einstellung, die etwas mit Konsumüberfluss zu tun hat. In dem Fall, in dem neue Spielmittel gekauft werden, geht es darum, dass a) Kinder damit vielfältige, variable Spielmöglichkeiten haben, b) die Verarbeitung des Spielzeugs gut und es daher langlebig ist. Bewährte Spielmittel sollten eher ergänzt werden als immer neuartige Spielmittel hinzuzufügen, damit Kinder bei einer Spielgeschichte bleiben können! Statt neuer Spielmittelkäufe eignen sich mitunter unterschiedlichste Gegenstände der Erwachsenenwelt, von stabilen Kartons über Rohre, Stoffe und alte Geräte bis hin zu Brettern und Dosen, von Utensilien zum Verkleiden bis zu Werkmaterialien. Je intensiver solche Alltagsgegenstände ins Spiel mit einbezogen werden, desto weniger sind Kinder auf ständig neues Spielzeug fixiert.

Kinder wollen und müssen spielen (dürfen)

Viele Spielmittel haben sich im Laufe der letzten Jahre verändert. Doch Kartenspiele, Quartetts und Sammelkarten gab es ebenso wie heute und Ritterburgen von damals haben sich heute zu hochgerüsteten galaktischen Weltraumstationen gewandelt. Auch Barbie gab es schon – nur nicht in dieser Auswahl und Vielfalt. Rollenspiele und Kartenspiele wurden damals ebenso gespielt wie Konstruktionsspiele – was damals als „Stabilbaukasten“ zur Verfügung stand wird heute mit unendlich vielen Stecksteinaufbausätzen ermöglicht. Auch damals wurden Aggressionsspiele zum Austoben, Fußballspiele oder andere Bewegungsspiele von Kindern mit Vorliebe genutzt. Allerdings sind einige Spielformen (Märchenspiele, Theaterspiele, Sozialregelspiele, musisch-rhythmische und Handpuppenspiele) in vielen Kindergärten und Elternhäusern leider immer seltener anzutreffen, was der emotional-sozialen und intellektuellen Entwicklung von Kindern schadet. Schließlich ist bekannt, dass gerade die Bereiche Spiel- und Schulfähigkeit eng zusammenhängen. Stattdessen werden viele Tagesabläufe der Kinder mit teilleistungsorientierten Anleitungstrainings und vor allem kognitiven Übungen einen Großteil des Alltags ausfüllen sowie mit anderen Tätigkeiten voll ausgeplant sind und das Kind den Eindruck gewinnen muss, dass eigene Aktivitätsimpulse keinen Bedeutungswert besitzen – dabei muss das Spiel notgedrungen auf der Strecke bleiben.  

Je mehr Kinder die unterschiedlichsten Spielformen (von Entdeckungs- über Wahrnehmungsspiele, vom Schatten- über das Rollenspiel, von vielen Bewegungs- und Musikspielen bis zu lebendigen Märchen- und Szenenspielen) kennenlernen, desto größer sind ihr Spiel- und damit auch ihr Lernpotenzial. Dabei sorgen die bei jedem Kind vorhandene Neugierde, die mit Spannung ausgefüllte Entdeckerfreude und die damit verbundenen Glückserlebnisse im Spiel zur Aktivierung des dopaminergen Systems, das den vielfältigen, unterschiedlichen Dingen und Ereignissen um das Kind herum eine nachhaltige Bedeutung verleiht.

Wird also dem Spiel diese hohe Bedeutung beigemessen, dann werden bestimmte Fertigkeiten neuronal gebahnt, z. B. Ausdauer, Konzentration, Anstrengungsbereitschaft und Lösungsorientierung. Was für ein bedeutsames Ergebnis! Diese im Hirn angelegten Bahnungsprozesse entscheiden wiederum im späteren Leben darüber, ob und wie intensiv sich ein Kind gerne neuen, völlig unbekannten, als Herausforderung erlebten Aufgaben zuwendet, konzentriert lernen kann und handlungsaktiv sowie selbstmotiviert nach Lernergebnissen sucht. Anders ausgedrückt: Das Spiel(en) setzt mit seinen ihm selbst innewohnenden Potenzialen Entwicklungen in Gang, die für ein komplex verschaltetes Gehirn sorgen und zeitlebens helfen, die vorhandenen Potenziale zu differenzieren und auszubauen. (Hüther 2011, 2017)

Um dem Erlebnisschwerpunkt „Spiel“ wieder zu seiner hohen Bedeutung in der Früh- und Elementarpädagogik zu verhelfen, bedarf es eines bedeutungsbesetzten Bewusstseins der Erzieher und einer selbstkritischen Reflexion, welchen Wert das SPIEL in der alltäglichen Praxis tatsächlich besitzt und wie es in Familie und Einrichtung betrachtet und erlebbar umgesetzt wird. Dazu bieten sich folgende Reflexionsfragen an, wobei die Antworten mit jeweils praktischen Ausführungen/Beschreibungen/Beispielen belegt werden sollen:  

  • Welche aktive oder passive Rolle nehmen die Erzieher während der unterschiedlichen Spielaktivitäten der Kinder ein?
  • Ist jeder Erzieher bereit, den Kindern ein spielinteressiertes, aktives und (selbst)motiviertes Spielvorbild zu sein?
  • Gibt es bestimmte Spielformen, die er besonders bevorzugt, vernachlässigt oder ganz außer Acht lässt? Wenn ja, warum und wie ist dieser Umstand zu verändern?
  • Stehen den Kindern ausreichend unterschiedliche Spielmittel zur Verfügung, ohne dass diese zu einer unübersichtlichen Reizüberflutung führen?
  • Besteht für die Kinder die Möglichkeit, bei jedem Wetter auch draußen zu spielen und welche Spielmöglichkeiten finden Kinder dort vor?
  • Gibt es für die Kinder sowohl in der Einrichtung als auch auf dem Freigelände eine ausreichende Spielfläche?
  • Wie viel „Spielzeit“ wird den Kindern täglich zur freien Gestaltung zur Verfügung gestellt?
  • Können Kinder ihre Spiele zu Ende spielen oder werden ihre Spieltätigkeiten häufig unterbrochen?
  • Haben die Erzieher die wissenschaftlich belegbare „Lerneffizienz“ des Spiels erkannt?
  • Bilden sie sich regelmäßig im Bereich der SPIELPÄDAGOGIK weiter?
  • Tragen sie regelmäßig die hohe Bedeutung des Spiels in die pädagogische Öffentlichkeit, beispielsweise durch Elternabende oder bei „Schulungsgesprächen“? (Klein 2015, S. 185 ff.)

(4) Spiel und Sprachförderung

Gerade in der heutigen aktuellen Diskussion um nötige „Sprachförderung“ geht es im S.o.A. nicht um irgendein „Sprachförderprogramm“, sondern darum,

  • insgesamt im Alltag, sowohl im Spielgeschehen als auch in den unterschiedlichsten Interaktionsprozessen viel und sorgsam miteinander zu sprechen, aufeinander hören zu wollen,
  • miteinander zu singen, zu dichten und zu reimen,
  • lebendige Dialoge miteinander zu führen (und keine Monologe auf Kinder loszulassen),
  • statt auf Fragen Antworten zu geben, gemeinsam nach befriedigenden Antworten zu suchen,
  • über Kinder und ihre Tätigkeiten zu staunen (statt zu loben),
  • über ‚Gott und die Welt‘ zu philosophieren,
  • vielfältige Bewegungsaktivitäten gemeinsam zu erleben und zu genießen, Geschichten zu erfinden, Symbiose-, Trennungs- und Individuationsmärchen zu lauschen,
  • Theaterstücke gemeinsam zu entwickeln und diese dann auch miteinander aufzuführen.

„Sprachförderung“ ist somit ein integrierter Bestandteil im pädagogischen Alltag. (Krenz 2011b, 2013c, 2014e)

In ähnlicher Form verhält es sich mit allen anderen „Förderbereichen“, in denen der therapeutische Erzieher ein fester, zuverlässiger und gern gesehener Bestandteil der Kindergruppe ist. Da Forschungsergebnisse gezeigt haben, dass Kinder bei einer frühkindlichen Fremdbetreuung häufig deutliche Verhaltensirritationen zeigen, muss es dem Erzieher gelingen, Kindern zur Entwicklung einer Resilienz zu verhelfen, um durch ihre dann vorhandene Widerstandsfähigkeit aufkommende Krisen zu meistern. Mithilfe eines starken emotionalen Immunsystems können Kinder Belastungen besser aushalten und bei Problemen lösungsorientierte Handlungsschritte in Gang setzen. Insofern können Erzieher durch ganz bestimmte Verhaltensmerkmale als Resilienten für Kinder wirken.

Hier schließt sich der Kreis im S.o.A.: Durch intensive, Sicherheit vermittelnde Bindungserfahrungen schaffen Erzieher wesentliche Voraussetzungen für eine förderliche psychosoziale und kognitive Entwicklung.

Therapeutische Erzieher aktivieren durch

  • ihre Aufgeschlossenheit,
  • ihre personale Stabilität,
  • ein stützendes Beziehungsklima,
  • ihre konstruktive Kommunikation,
  • ihre ausdrucksstarke Klarheit,
  • ihre klare und transparente Regeleinhaltung,
  • ihre positive Verstärkung kindeigener Leistungsansätze,
  • ihre Beharrlichkeit (Festigkeit ohne Starrheit) und
  • das Ermöglichen einer subjektiv bedeutsamen Selbstwirksamkeit

den Rahmen dafür, dass Kinder in klaren, durchschaubaren und einschätzbaren Strukturen ihre Entwicklungsressourcen entdecken, auf- und ausbauen können: Tag für Tag.

6. Zusammenfassung

(1) „Bildung durch Bindung“ (Krenz/Klein 2013) im gestalteten Erfahrungs- und Bildungsraum des Kindes

  • entspricht seinem Bedürfnis nach Sicherheit, Kontinuität, Rhythmus und Wiederholung,
  • schafft Zufriedenheit, Freude und Dankbarkeit im Miteinander und
  • sorgt dafür, dass sich Kinder möglichst keinen Trennungserlebnissen, Beziehungsnöten, Bedrohungsängsten, Auslieferungs- oder Ohnmachtserlebnissen ausgesetzt fühlen. Diese Vulnerabilitäten (seelische Verletzungen) zerstören Voraussetzungen für eine sichere Bindung und sind daher im Selbstverständnis des „Situationsorientierten Ansatzes“ ausgeschlossen. (Klein 2015, S. 187)

(2) Eine lebensbejahende und fröhliche Haltung in einer einladenden „pädagogischen Atmosphäre“ (Bollnow), die sich auf den Spuren des Arztes und Erziehers Janusz Korczak bewegt, sich bemüht das (auf)gegebene Kind bedingungslos zu achten

  • wirkt unmittelbar und
  • motiviert zum geordneten schöpferischen Tun.

(3) In diesem gemeinsam strukturierten Raum des Wohlfühlens bilden sich entwicklungsneurologisch fundierte gesundheitsfördernde und emotional stabilisierende Persönlichkeitsmerkmale sowie stabile soziale Gewohnheiten, die dem Kind mit und ohne Behinderung Sicherheit und Zuversicht in die Potenziale und Ressourcen der eigenen bio-psycho-sozialen Entwicklung geben.

Literaturhinweise

Brand, Susanne + Horn, Reinhard + Krenz, Armin (2019): Märchen – Lieder – Zeit. Erzählt – gesungen – gedeutet. Kontakte Musikverlag, Ute Horn e.K., Lippstadt 2019

Hüther, G. (2011): Was wir sind und was wir sein könnten. Ein neurobiologischer Mutmacher. S. Fischer, 12. Edition
Hüther, G. (2017):
Raus aus der Demenzfalle. Wie es gelingen kann, die Selbstheilungskräfte rechtzeitig zu aktivieren. Arkana

Klein, F. (2015): Inklusive Erziehungs- und Bildungsarbeit in der Kita. Heilpädagogische Grundlagen und Praxishilfen. 2. Auflage. Köln
Klein, F. (2018): Inklusive Erziehung in Krippe, Kita und Grundschule. Heilpädagogische Grundlagen und praktische Tipps im Geiste Janusz Korczaks. München
Klein, F. (2022): Janusz Korczak. Die Aktualität seiner Pädagogik. Regensburg: Walhalla

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Krenz, A. (1986): Personale und fachliche Kompetenz von Erzieherinnen – Gedanken, Gründe und Hintergründe im Hinblick auf die berufliche Praxis im Kindergarten. In: Schüttler-Janikulla, K. (Hrsg.): Handbuch für Erzieher in Krippe, Kindergarten, Vorschule und Hort. München, 10. Nachlieferung
Krenz, A. (1990): Erzieherinnen als Träger von Veränderungen in der praktischen Arbeit – eine kritische Bestandsaufnahme und notwendige Konsequenzen. In: Schüttler-Janikulla, K. (Hrsg.): Handbuch für Erzieher in Krippe, Kindergarten, Vorschule und Hort. München, 24. Nachlieferung
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Krenz, A. (2010b): Wie Kinder Werte erfahren. Wertevermittlung und Umgangskultur in der Elementarpädagogik. 2. Auflage. Freiburg
Krenz, A. (2011a): Bildung zwischen „Bildungsoffensive“ und „Bildungswahn“. Eine kritische Bestandsaufnahme zur gegenwärtigen Bildungspädagogik in deutschen Kindertageseinrichtungen – Ausgangsdaten, Fakten, Forderungen. In: kinderleicht. Die Zeitschrift für engagierte Erzieherinnen und Erzieher. Nr. 5/11, Aachen
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Krenz, A. (2013a): Elementarpädagogik aktuell. Die Entwicklung des Kindes professionell begleiten. 2. Auflage. München
Krenz, A. (2013b): Kinder brauchen Seelenproviant. Was wir ihnen für ein glückliches Leben mitgeben können. 4. Auflage. München
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Krenz, A. (2014b):  Der Situationsorientierte Ansatz – Auf einen Blick. Konkrete Praxishinweise zur Umsetzung, München
Krenz, A. (2014c): Selbstbildung als Herausforderung und Notwendigkeit – Wer bin ich, was kann ich, was bewirke ich? In: KiTa aktuell. Fachzeitschrift für Leitungen, Fachkräfte und Träger der Kindertagesbetreuung. Ausgabe für Nordrhein-Westfalen, Bayern, Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Hamburg, Bremen. Kronach
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Krenz, A. (2015a): Professionalität als Notwendigkeit und permanente Herausforderung. In: KiTa aktuell. Ausgabe für Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Hamburg, Bremen. Kronach
Krenz, A. (2015b): Was willst du mir sagen? Ausdrucks- und Signalwert von Verhaltensweisen. In: klein&groß. Lebensorte für Kinder. München, Heft 04
Krenz, A. (2016a): Beziehungsorientierte Pädagogik: ein Grundpfeiler für Bildung und Bindung. In: KiTa aktuell. Ausgabe Nordrhein-Westfalen. Köln, Heft 12
Krenz, A. (2017a): Die Haltung gestaltet die Pädagogik. Bildungsgrundsätze NRW und eine vielbeobachtete Divergenz zur Praxis. In: kinderleicht!? Die Zeitschrift für engagierte Erzieherinnen und Erzieher. Aachen, Heft 5
Krenz, A. (2017b): Kinderseelen verstehen. Verhaltensauffälligkeiten und ihre Hintergründe. 5. Auflage. München
Krenz, A. (2017c): Spielraum ist Lebens- und Lernraum. Ein Plädoyer für eine alltags- und spielorientierte Elementarpädagogik. In: kinderleicht!? Aachen, Heft 6
Krenz, A. (2018): Leitlinien und Eckwerte für eine >non-formale< Selbstbildung des Kindes. Warum es sich lohnt, die aktuellen Bildungsgrundsätze zu kennen. In: KiTa aktuell. Fachzeitschrift für Leitungen, Fachkräfte und Träger der Kindertagesbetreuung. Ausgabe Nordrhein-Westfalen. Carl Link Verlag, Wolters Kluwer, Köln. Heft 06.2018, S. 128 – 130
Krenz, Armin (2020): Bildungsgut „Märchen“. Warum es so wichtig ist, dem Bildungsgut „Märchen“ eine besondere Aufmerksamkeit in der Elementarpädagogik zu schenken. In: KITA leiten Spezial. Fachwissen kompakt. Ausgabe 4 (November) Mediengruppe Oberfranken – Fachverlage GmbH & Co KG, Kulmbach. S. 3 – 11
Krenz, A. (2021a): Spielen und lernen: Formen des Kinderspiels. Spielformen und ihre Bedeutung für die Entwicklung der individualen und sozialen Identität. In: https://spielen-und-lernen.online/ 25.04.2021
Krenz, A. (2021b): Starke Kinder brauchen starke Erzieher*innen. In: Kindergarten – KREATIVE IDEENBÖRSE. Ausgabe 2021/7 (September) + Reflexionskarten. Mediengruppe Oberfranken – Fachverlage GmbH & Co KG, Kulmbach. Seite 80 – 82
Krenz, A.: (2022a): Elementarpädagogische Grundsätze auf den Punkt gebracht. Kita-Basiswissen für Erzieherinnen und Erzieher. 20 Fact-Sheets für Fortbildungen, Beratungsgespräche und zur Prüfungsvorbereitung. Osterstebrink. Freiburg.
Krenz, A. (2022b): Kinder brauchen ZEIT für ihre Entwicklung: Ein Plädoyer zur notwendigen Entschleunigung des Kita-Alltags. In: spielen-und-lernen.online/23.08.2022
Krenz, A. & Fageth, B. (2022c): Bildung aus 1. Hand: Grundsätze einer bindungsorientierten Elementarpädagogik. In: Pädagogische Horizonte. Themenheft >Pädagogisch handeln – eine Rückbesinnung auf das Elementare in der Pädagogik. Ein Journal der Privaten Pädagogischen Hochschule der Diözese Linz, Österreich. Ausgabe 6(1), September 2022. S. 57 – 70
Krenz, A. (2022d): Sprachförderung in einer beziehungsgeprägten Sprachkultur mit Kindern. Zur „Guten Sprachförderung“ gehört eine werteorientierte Kommunikations-, Interaktions-, Konflikt-, Spiel- und Sprachkultur. In: spielen-und-lernen.online, 16.11.2022
Krenz, A. (2022e): „Das Spiel ist der Nährboden für alle bedeutsamen Entwicklungsvorgänge“ In: spielen-und-lernen.online, 05. + 15.12.2022
Krenz, A. (2022/2023f): Projektarbeit neu denken: alltagsorientiert, lebensnah, gegenwartsorientiert. In: Kindergarten KREATIVE IDEENBÖRSE. Sonderausgabe, 2022/ 2023: PROJEKTARBEIT NEU DENKEN. Projektbezogenes Arbeiten als Chance begreifen. Mgo – Mediengruppe Oberfranken – Fachverlage GmbH & Co KG, Kulmbach. Dezember 2022. S. 10 – 22
Krenz, A./Klein, F. (2013): Bildung durch Bindung. Frühpädagogik: inklusiv und beziehungsorientiert. 2. Auflage. Göttingen

Der Autor

Ferdinand Klein (geb. 1934), Prof. Dr. phil. Dr. paed. et Prof. h. c., Erziehungswissenschaftler im Fachgebiet Heilpädagogik, arbeitete 20 Jahre als Erzieher und Heilpädagoge, lehrte und forschte an den Universitäten Würzburg, Mainz, Halle-Wittenberg (Aufbaudirektor des Instituts für Rehabilitationspädagogik der Martin-Luther-Universität 1992-1994) und an der Pädagogischen Hochschule Ludwigsburg, Fakultät für Sonderpädagogik Reutlingen. Nach Emeritierung (1997) Gastprofessor an der Comenius-Universität Bratislava und von 2005 bis 2014 an der im Jahre 1900 gegründeten weltweit ältesten Hochschule für Heilpädagogik: der Gusztáv-Bárczi-Fakultät der Eötvös-Loránd-Universität Budapest, die sein wissenschaftliches Werk und seine Verdienste um den Ost-West-Dialog mit der Verleihung eines „Doctor et Professor honoris causa“ würdigte. 2019 wurde ihm für seine sozial- und heilpädagogische Arbeit das Bundesverdienstkreuz am Bande verliehen.
Arbeitsschwerpunkte: Ethische Fragen, Forschungsmethoden, Reformpädagogik, Korczakpädagogik, Waldorfpädagogik, Früh- und Elementarpädagogik.
Durch Reflexion der (heil)pädagogischen, medizinisch-therapeutischen und neurobiologischen Fachliteratur bildet er seinen integralen und transdisziplinären Standpunkt weiter.