Das Klima-Song-Projekt von Reinhard Horn thematisiert die Klimakrise und will Motivation und Bewusstsein schaffen
Mit seinem Musikprojekt EARTH•CHOIR•KIDS engagiert sich der Kinderliederkomponist Reinhard Horn für Kinder und Jugendliche, um mit ihnen gemeinsam die Themen Klimawandel, Naturschutz und soziale Gerechtigkeit musikalisch aufzugreifen. Songs mit Titeln wie „No Planet B“, „Mutter Erde, blauer Planet“, „Climate Change Song“ oder „Ozean“, aber auch Klassikern wie „What a wonderful world“, thematisieren die Klimakrise und ihre weitreichenden Folgen.
„Jeder und jede von uns trägt ein Stück Verantwortung und ist aufgerufen, sich um das Wohlergehen der Erde zu kümmern“, fasst Klimaforscher Prof. Dr. Mojib Latif das Anliegen des Projektes im Vorwort des Songbuchs der CD zusammen, die eben erschienen ist.
Profis und Laien gemeinsam am Werk
Für die Produktion konnte Reinhard Horn namhafte Gastmusiker gewinnen wie die Jazz-Organistin Barbara Dennerlein, den Sänger Nico Gomez, Entertainer Tom Gaebel oder das Orchester der Dresdner Staatsoperette. Zudem entstanden eine ganze Reihe der Songs in Zusammenarbeit mit internationalen Musiker:innen – aus Ghana, dem Senegal, aus Kamerun, Argentinien, Chile, Grönland und von der Südseeinsel Tuvalu.
Das Songbuch enthält für jedes Lied Notensätze, die speziell für Kinder- und Jugendchöre arrangiert sind. Zu jedem Song gibt es einen multimedialen Methodenkoffer mit Erklärvideos, Reflexions- und Quizfragen sowie Lern- und Spiel- Anregungen.
Partner des Projekts
Getragen wird das musikalische Klimaprojekt von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU), Brot für die Welt, der Deutschen Chorjugend, Greenpeace, der Kindernothilfe, sowie einer großen Anzahl prominenter Persönlichkeiten aus Forschung, Kultur und Politik, wie Antje Boetius, Leiterin des Alfred-Wegener-Instituts, ARD- Wettermoderator Sven Plöger oder Mediziner Dietrich Grönemeyer.
Die Deutsche Chorjugend erhält für ihre 3500 Mitgliedschöre kostenlose Liederbücher und CDs, sodass die Kinder- und Jugendchöredie Songs in regionalen Konzerten präsentieren können. CD, Notenmaterial und Songbuch sind über die Projektwebsite www.earth-choir-kids.com erhältlich.
„We have to melt the ice in the heart of man“ – so lautet ein Song, den Horn zusammen mit dem Inuit Schamanen Angaangaq von Grönland geschrieben hat. Und das ist laut Horn die Vision dieses Projektes: mit Liedern und Geschichten, gesungen und erzählt von Kindern und Jugendlichen das Eis in den Herzen der Menschen zu schmelzen, damit unser Planet für die kommenden Generationen dieser wunderbare blaue Planet bleiben kann!
Über den Kinderliederkünstler
Reinhard Horn steht seit 50 Jahren auf der Bühne und ist einer der erfolgreichsten Kinderliederautoren Deutschlands. Seine Arbeit für Organisationen wie Adveniat, Aktion Mensch, Brot für die Welt, BUND, Deutsche Chorjugend, Dietrich-Grönemeyer-Stiftung, Ein Herz für Kinder, Greenpeace, Kindernothilfe, Misereor oder World Vision unterstreicht die hohe Wertschätzung seiner künstlerischen Arbeit.
Mit EARTH•CHOIR•KIDS verwirklicht der Künstler ein Anliegen, das ihn schon lange umtreibt: „Das Thema Klima geht uns alle an. Wir sind eine Weltfamilie und wir brauchen jede Stimme, jede Hand, jedes Herz, das mitmacht! Die Erfahrung zeigt, dass eine solche Solidarisierung über die Musik möglich ist. Denn Musik ist die einzige Sprache, die wir alle von Geburt an sprechen und verstehen, egal auf welchem Kontinent wir leben und welche Hautfarbe wir haben.“
Weitere Infos: KONTAKTE Musikverlag Ute Horn e.K. | Windmüllerstr. 31 | 59557 Lippstadt Fon 02941 14513 | www.earth-choir-kids.com
Musik ist Seelenproviant für Kinder
geschrieben von Redakteur | Juli 19, 2022
Ein Plädoyer für mehr Musik und Tanz in Kindertagesstätten
Wer kennt das nicht: Wenn in der Öffentlichkeit – auf großen Plätzen oder in Einkaufsstraßen – Musiker:innen auf ihren Instrumenten spielen und dazu singen, beginnen Kinder, sich im Rhythmus der Musik zu bewegen, erst vorsichtig und dann immer intensiver, bis die Bewegung in eine Tanzdarbietung übergeht, immer rhythmischer, immer lebendiger, stets mit einer stärker werdenden Innerlichkeit. Dabei scheinen Kinder ZEIT und RAUM um sich herum zu vergessen und manches Mal könnte man annehmen, Kinder befinden sich in einem leichten Trancezustand. Dasselbe kann auch im Kinderzimmer passieren, wenn Kinder ihre Lieblingsmusik hören und sie – wie von einem imaginären Zauberstab berührt – vom Stehen in eine Tanzbewegung hinübergleiten und den Liedtext mitsingen oder mitsummen bzw. ihren Mund so bewegen, als würden sie selbst den Originaltext hervorbringen.
Musik ist weitaus mehr als nur eine bloße Aneinanderreihung von Noten, eingebettet in bestimmte Takte. Musik setztEnergienfrei, die offensichtlich innere Impulse in Gang setzen, die das „reine Hören“ erweitern wollen, Emotionen ansprechen und vielfältige Ausdrucksformen aktivieren, die sich schließlich in sichtbare und rhythmische Bewegungsaktivitäten umsetzen.
Musik aktualisiert frühkindlichste Hörerlebnisse
Die Sinnesorgane ‚Ohren’ und das Hören sind bei Kindern als primärvorhandenerSinneskanal schon vor ihrer Geburt ‚auf Empfang’ ausgerichtet, so dass Neurobiologen bei sich entwickelnden Kindern schon im Mutterleib von „Ohrenmenschen“ sprechen. Pränatale Untersuchungen haben gezeigt, dass der Mutterleib als eindrucksvoller Klangraum bezeichnet werden kann, weil Kinder nicht nur die Vibrationen der Stimme wahrnehmen sondern auch schon auf Musik, Melodien und Gesänge reagieren. Dabei bildet der mütterliche Herzschlag den Grundrhythmus, der im Gleichklang (mit gewissen Veränderungen, je nach Höhe des Blutdrucks und einer sich leicht nach einer zu- bzw. abnehmenden Herzfrequenz) für eine rhythmischesErleben sorgt, das durch den Gleichklang für ein Gefühl einer emotionalen Sicherheit sorgt.
Howard Earl Gardner, Professor für Kognition und Pädagogik von der Harvard University, kommt bei seinen Forschungen zu der Erkenntnis, dass jeder Mensch mit umfangreichen Erfahrungen von Rhythmus geboren wird, primär durch den Herzschlag der Mutter und mit einem besonderen Musikinstrument: der Stimme!
Schon Säuglinge freuen sich daher auch über rhythmisch erklingende Klänge und Töne und es bereitet ihnen zusätzliche Freude, selber Laute und Töne zu produzieren. So erleben es beispielsweise schon Säuglinge und Kleinkinder als sehr angenehm, wenn Erwachsene alltägliche Pflegeaktivitäten mit Singen begleiten oder ältere Kinder rhythmische Ausdrucksweisen mit Trommeln, Stampfen, Klopfen oder Klatschen untermauern.
Ebenso geht es auch um Stilleerlebnisse, um beispielsweise das rhythmische Herzklopfen – bei sich selbst und bei anderen – wahrzunehmen. Auch die Natur hält beispielsweise rhythmische Klänge bereit – wie beim sorgsamen Lauschen der Vogelstimmen zu bemerken ist. In diesem Zusammenhang sei kurz erwähnt, dass analytisch orientierte Entwicklungspädagogen davon ausgehen, dass Jugendliche, die eine lautstarke und rhythmisch durchsetzte Musik bevorzugen, ihren Wunsch zum Ausdruck bringen, diesen „UrrhythmusdesLebens“ spüren zu wollen, um Ungewissheiten oder Irritationen zu kompensieren. In ähnlicher Weise setzt sich dieses Erlebenwollen von Annahme, Wärme, Sicherheit und Wohlbefinden vom Kindesalter bis ins hohe Alter fort.
Viele kennen Prof. Dr. Armin Krenz als Begründer des „Situationsorientieren Ansatzes“; andere aus seinen zahlreichen Fortbildungen. Zu seinen Kernthemen gehören unter anderem die Förderung der Professionalität und der Kompetenzen frühpädagogischer Fachkräfte. Bei Burckhardthaus sind dazu spannende Bücher erschienen.
Musik ist ein fester Bestandteil in den länderspezifischen Bildungsprogrammen
In den Bildungsprogrammen/ Bildungsgrundsätzen aller 16 Bundesländer finden sich neben den bekannten Bildungsbereichen – allerdings in unterschiedlicher Gewichtung und Ausführung – auch bedeutsame Informationen sowie Hinweise zur besonderen Bedeutung der MusikfüreineentwicklungsförderlichePädagogik. Die Praxis hingegen zeigt, dass dabei den Bildungsbereichen Bewegung/ Gesundheit, Sprachbildung, Schriftkultur/ Literacy, Medienkompetenz, mathematische/ naturwissenschaftliche/ technische Grunderfahrungen, bildnerisches Gestalten und Naturerfahrung eine häufig höhere Wertigkeit beigemessen wird und der Bildungsbereich ‚Musik’ somit ein Schattendasein führt.
Dieser Umstand bedarf einer deutlichen Korrektur, zumal Bildungswissenschaftler:innen, Neurobiolog:innen, Entwicklungspsycholog:innen und andere mit der Elementarpädagogik vernetzte Fachleute schon seit vielen Jahren auf die unersetzlicheBedeutung von Musik für den Auf-/ und Ausbau spezifischer Entwicklungsfelder hinweisen.
Es gibt Bereiche der Seele, die nur durch die Musik beleuchtet werden.
(Zoltán Kodály)
Musik ermöglicht bedeutsame und zudem nicht zu ersetzende Lernprozesse
Neurobiologen konnten nachweisen, dass spannende und für Kinder interessante Musikaktivitäten die beidenGehirnhälften des Menschen gemeinsam in Aktion treten lassen, wodurch ein sehr differenziertes und umfassendes neuronalesGesamtnetzwerk gebildet wird und damit vielfältige Auswirkungen mit sich bringt. Schaut man dabei in die vielfältigen Forschungsergebnisse, die sich mit der besonderen Wirkweise der Musik im Hinblick auf die Initiierung und Festigung bestimmter Lernereignisse, -vorgänge und Lernprozesse befassen, so kommt man aus dem Staunen nicht heraus, denn gerade Musik sorgt für weitreichendeTransfereffekte. Neben den Tatsachen, dass Musik tiefe Selbsterfahrungsmöglichkeiten bietet, indem sie durch ihre Melodien, Tonlagen, Klangfolgen, Rhythmen und Texte den Weg zur Innerlichkeit öffnet und später eine besonders tiefe Interaktions– und Teamfähigkeit unterstützt, fördert Musik auch ein aktives Zuhören und ein zunehmend vertieftes Lauschen, liefert Impulse für fortlaufende, immer neue Selbstauseinandersetzungen und Gespräche, regt eine wechselseitige Kommunikation an und fördert ein ästhetischesEmpfinden für Gleichklänge/ ästhetische Harmonien zwischen sich und der gegenständlichen Welt. Darüber hinaus bietet Musik auch die Möglichkeit, sich für eine kulturelleIdentifikation mit bestimmten, musikalischen Traditionen des Herkunftslandes oder des Kulturkreises zu beschäftigen, was gerade in multikulturellen Gemeinschaften von hoher Bedeutung ist.
Wenn einer mit Vergnügen zu einer Musik in Reih und Glied marschieren kann, dann hat er sein großes Gehirn nur aus Irrtum bekommen, da für ihn das Rückenmark schon völlig genügen würde.
(Albert Einstein)
Musik lässt – wie es sonst nur Märchen schaffen – besonders intensiveBilder in den Köpfen der Kinder entstehen, die Denkprozesse in Gang setzen und die wiederum immer weitergehende Gedanken provozieren, wodurch die Sprach– und Stimmbildung unterstützt wird. Dadurch, dass Musikstücke häufig eine Dynamik (laut + leise, langsam + schnell) in sich tragen, geschieht ein Wechsel von Spannung und Entspannung, wodurch einerseits die Sinnesensibilisiert werden und andererseits auch das für ein Lernen so wichtige „rhythmische Prinzip“ zum Tragen kommt. Musik öffnet somit immer wieder einen Gedankenhorizont, wodurch fantasievolle und kreativeEinfälle provoziert und hervorgebracht werden können, die sich dann nicht selten in szenischen Spielhandlungen oder bildnerischen Ausdrucksweisen fortsetzen, einschließlich einer Bewegungsvielfalt, die ein Körperbewusstsein auf-/ ausbaut, die gezielte Steuerung der Bewegungsenergie ermöglicht und die Körperkoordination und Synchronisation unterschiedlicher Bewegungsmöglichkeiten unterstützt. Zusammengefasst kann demnach gesagt werden: Musik sorgt für ein zunehmend positivesSelbstkonzept (ich bin …/ ich kann …./ ich habe vielfältige Kompetenzen) und stärkt ein selbstbildungsaktivesLernverhalten wie Lernfreude („was steckt noch alles in mir?“), Lernneugierde („was gibt es noch an unbekannten Dingen zu entdecken?“), Ausdauer, eine innere Ausgeglichenheit, Konzentrationsfertigkeit und Anstrengungsbereitschaft. Musik bringt schließlich immer wieder Abwechslung und Freude in die bekannte und unbekannte Erlebniswelt eines Kindes und hilft ihm, entwicklungshinderliche Grenzbereiche zu überwinden, um dann aus einer zunehmend emotionalen Stabilität eine sozialausgerichteteHaltung zu entwickeln. Dies hat beispielsweise schon vor über zwei Jahrzehnten die „Berliner Studie“ (Bastian 1996 bis 1999. In: MBJS Brandenburg, Potsdam 2004, S. 21 ff.) an Grundschulen sehr eindrucksvoll dokumentiert und nachgewiesen, dass Kinder mit vielfältigen Musikerlebnissen zum einen ein positiveres Bild von sich selbst entwickelten und sich darüber hinaus ihr sozialesVerhalten sehr zum Vorteil verändert hatte.
Sicherlich fällt es daher nicht schwer, der Aussage von Friedrich Nietzsche zuzustimmen:
Ohne Musik wäre das Leben ein Irrtum
Ein Aufruf an jede Kita
Jedes Musikerlebens, in welcher Form auch immer, beim Tanzen und ebenso beim Singen der Kinder schafft in erster Linie emotional-intrapersonale bzw. emotional-soziale Ausdruckserfahrungen, bei denen Kinder staunend auf neueAusdrucksmöglichkeiten stoßen oder alte, bekannte und bevorzugte Ausdrucksweisen immer wiederholen, weil sie dabei Freude und Selbstzustimmung erleben. Vor allem dann und dadurch, wenn sie in zunehmendem Maße die Erfahrung machen, dass einzelne Funktionsbereiche wie Sprache, Bewegung, Spiel, Rhythmus, Gestik, Malen, Naturerleben etc., die im Alltagserleben in der Regel voneinander getrennt sind, nun miteinander in eine sinnvolleBeziehung, in eine enge Verbindung treten können. Diese für Kinder überaus spannende Vernetzung wird aber nur dann einen weiterhin hohen Bedeutungswert haben, wenn es bei all’ diesen Aktivitäten zu keinem Drill, keinem Perfektionismus, keinem makellos vorzeigbaren Ergebnis führen muss.
Es geht, wie der Musikpädagoge G. Noll schon vor 50 Jahren sagte, im Wesentlichen bei einem aktiven Musikerleben in erster Linie stets um die Entfaltung einer kreativen Disposition in Kindern und daher ist es ein Prozess der zunehmenden Lebendigkeit und einer Lebensfreude: als Gegenpart zu den vielfältigen Einschränkungen, denen Kinder oftmals ausgesetzt waren/ sind (denken wir hierbei nur an die Coronamaßnahmen in Kindertagesstätten) oder an die zunehmenden, umweltspezifischen Herausforderungen, denen sich die zukünftigen Generationen noch stärker stellen müssen als es die gegenwärtige Generation schon in Ansätzen erleben muss. Gefragt sind daher kluge/ weise, weiterdenkende, gradlinige, mutige, authentische, verantwortungsbewusste, politikinteressierte und sozialkompetente Personen, die immer wieder nach kreativenProblemlösungen suchen. Und dazu brauchen sie ein hohes Maß an Angstfreiheit sowie ein positives Lebensgefühl: trotz mancher Umwelt- und Umfeldherausforderungen. Die MUSIK trägt dazu bei, diese Kompetenzen aufzubauen. Wer Kindern diese Erfahrungen vorenthält, raubt ihnen ein unersetzliches Lernfeld.
(Liedvorschlag „Ich bin klasse“: Musik: Reinhard Horn; Text: Susanne Brandt)
Reflexionsfragen
Wenn – wie zuvor beschrieben – Musik eine außergewöhnlich große Bedeutung für die Initiierung, Stabilisierung und Weiterentwicklung von unterschiedlichen Bildungsprozessen mit sich bringt, dann ist es sicherlich notwendig, dass Mitarbeiter:innen in Kindertagesstätten ihre Alltagspraxis daraufhin überprüfen, inwieweit ihre Musikpraxis auch einen hohen Stellenwert einnimmt. So ergeben sich beispielsweise folgende Reflexionsfragen:
Gibt es musikalisch dauerhafte Rituale im Kita-Alltag, die Kinder mit Freude annehmen?
Finden im Kita-Alltag immer wieder die Bereiche Musik und Tanz genügend Raum, um Kindern die Möglichkeit zu bieten, Musik- und Tanzerlebnisse kennenzulernen und wertschätzen zu können?
Stehen den Kindern ausreichende und unterschiedliche Musikinstrumente/ Materialien zur Verfügung, um Instrumente zu nutzen oder bauen zu können?
Werden, gemeinsam mit Kindern, Liedtexte entwickelt und vielleicht sogar eigene Melodien erstellt, Theaterstücke mit Liedern, Musikbegleitung und Tanz selbst kreiert und für mögliche, fröhliche Aufführungen vorbereitet?
Werden den Kindern reichliche Gelegenheiten geboten, eigene musikalische Fantasieimpulse zu entwickeln und in kreative Handlungsmöglichkeiten umzusetzen?
Sind die Musikstücke, Tänze und Bewegungsmöglichkeiten so ausgerichtet, dass Kinder ihre unterschiedlichen Primärgefühle (Freude/ Wut/ Angst/ Trauer) dynamisch und ausdrucksstark zur Entfaltung bringen können?
Singen/ Musizieren die Mitarbeiter:innen selber gerne? Beherrschen sie ein Musikinstrument und wenn nicht, wer von den Fachkräften setzt sich das Ziel, das Spielen eines Musikinstruments zu lernen?
Kennen alle Mitarbeiter:innen genügend Lieder/ Spiellieder/ Klanggeschichten und Klangspiele/ Sprachmelodien/ Klangspielzeuge und –materialien/ Liedgeschichten/ Kindertänze und wenn nicht, wie können sie ihr Repertoire erweitern?
Wird vor allem jedes Musikerlebnis als etwas Besonderes erfahren, das eine möglichst gezielte Beachtung verdient hat? Dabei haben ungezielt laufende CDs im Alltagsgeschehen als „Permanentberieselung“ (ein „Gedudel nebenbei“) keinen Platz; sie sorgen eher über Reizüberflutungen am laufenden Band.
Und nun, da Sie diesen Beitrag gelesen haben, gönnen Sie sich erst einmal ein besonderes Musikerlebnis mit dem Lied „Wunderfinder“ von Alexa Feser: https://www.youtube.com/watch?v=AFK-GYOf-MU .
Literaturhinweise (Praxis):
Erhard, Amelie/ Hiessl, Milena/ Sokoll, Lena: Kinder-Klang-Kiste. 140 musikalische Bausteine rund um das Kita-Jahr. Helbling Verlag 2018
Gulden, Elke + Scheer, Bettina: Singzwerge und Krabbelmäuse. Frühkindliche Entwicklung musikalisch fördern mit Liedern, Reimen, Bewegungs- und Tanzspielen für zu Hause … Ökotopia Verlag 2010 (12. Edition)
Horn, Reinhard: Das Krippenkinderliederbuch. (incl. CD). Kontakte Musikverlag 2016
Vahle, Frederik: Das Anne Kaffeekanne Liederbuch zum Singen, Spielen und Tanzen. Ellermann Verlag 2014 (3. Edition)
Literaturhinweise (Theorie):
Jenke, Monika: Die Bedeutung der Musik für Kinder in ihrer Entwicklung und in ihrem lebensweltlichen Kontext. GRIN Verlag 2014
Stadler Elmer, Stefanie: Kind und Musik. Das Entwicklungspotenzial erkennen und verstehen. Verlag Springer 2014
Tüpker, Rosemarie: Durch Musik zur Sprache. Books on Demand 2009
Walther, Emelie: Der Einfluss von Musik auf die kindliche Entwicklung. Wissenschaftliche Erkenntnisse zur frühkindlichen Musikerziehung. Verlag Studylap 2018
Prof. h.c. Dr. h.c. Armin Krenz, Honorarprofessor a.D., Wissenschaftsdozent für Elementar- und Entwicklungspädagogik/ Entwicklungspsychologie; Email: armin.krenz@web.de
Singend und spielend in die Welt einführen
geschrieben von Redakteur | Juli 19, 2022
Altbekanntes mit neuen Texten neu erspielen – Spielerisch Bewegungsabläufe kennenlernen
Ein Großteil der verbreitetsten Kinderlieder stammt aus dem 20. Jahrhundert, manche Lieder sind noch früher entstanden oder es handelt sich um Neudichtungen auf noch ältere Melodien. Sie hatten und haben oft die Funktion, das Kind singend und spielend in die Welt einzuführen, die kindliche Motorik zu unterstützen und Gedächtnisabläufe einzuüben. Es handelt sich sehr oft um Spiel- und Tanzlieder, in denen verschiedene Berufe oder Tätigkeiten vorgestellt und mit entsprechenden Bewegungen begleitet werden. Kinder lernen auf diese Weise spielerisch Bewegungsabläufe kennen, die ihren Alltag betreffen.
Schön früher wurden Alte Melodien mit neuen Texten versehen
Heute lassen sich nur sehr schwer viele dieser alten Lieder nutzten, weil sich die Lebenszusammenhänge radikal verändert haben. Es lässt sich nicht mehr so leicht vom „Pflügen und Streuen“ singen oder fragen: „Wer will fleißige Handwerker sehn?“ Manche Berufsgruppen gibt es überhaupt nicht mehr, viele neue Tätigkeiten besonders im technischen Bereich sind schlecht oder gar nicht zu besingen.
Dennoch reizt es uns immer wieder, auch altbekannte Lieder den Kindern näherzubringen. Allerdings ist es nötig, dann auch Hintergründe zu erklären. Oft sind es besonders die Melodien, die im Ohr bleiben. Deshalb empfiehlt es sich, zu solchen „Ohrwürmern“ neue Texte zu machen, wie es unsere Vorfahren ebenso getan haben.
Kleben am Vorgegebenen ist hinderlich
Manchmal reicht es aus, zu solchen alten Liedern neue Bewegungen oder Spielmöglichkeiten zu erfinden. Wir können uns auch dabei auf die Fantasie der Kinder verlassen. Oft genug ist ja das Festkleben am Vorgegebenen eher hinderlich. Kinder aber gehen spielerisch auch mit Altem um, und es ist sinnvoll, ihre „Spinnereien“ miteinzubeziehen. Es gibt eine Fülle von Liedern, die veränderbar sind, nicht nur solche, bei denen es ausdrücklich heißt: weiterdichten.
Kommt, zieht mit uns
Die einfache Melodie vom Lied „Die Affen rasen durch den Wald“ eignet sich besonders gut für neue Texte. Die folgende Textfassung bietet neben dem neuen Text auch gleich ein kleines Bewegungsspiel.
Dieses Lied kann gut am Anfang als Aufforderung zum Mitspielen stehen.
1 Kommt, zieht mit uns durchs ganze Land, fasst links und rechts je eine Hand; singt laut und fröhlich unser Lied: Refrain: Wir machen alle mit und setzen Schritt vor Schritt, mal in die Mitte, mal zurück.
2 Kommt, haltet fest und schließt den Kreis, beim Laufen wird uns langsam heiß; klatscht laut, begleitet unser Lied: Refrain: Wir klatschen alle mit und setzen Schritt vor Schritt …
3 Kommt, baut ein schönes großes Haus, lasst alle ein und keinen aus; stampft mit den Füßen zu dem Lied: Refrain: Wir stampfen alle mit und setzen Schritt vor Schritt …
Die Spielanweisungen sind im Lied enthalten. Während sich die Kinder bei den Strophen im Kreis nach links und nach rechts bewegen, setzen sie beim Refrain „Schritt vor Schritt“ in die Kreismitte, bei der Wiederholung des Refrains gehen sie langsam wieder zurück.
Es liegt auf der Hand, dass hier weitergedichtet wird.
ARAMSAMSAM, OROMSOMSOM
Abgesehen von der Lautspielerei bietet dieses kleine bekannte Liedchen verschiedene Möglichkeiten. Nachdem alle die Melodie kennen, wird das Lied mit folgenden Bewegungen gesungen. Dabei stehen wir mit genügend Abstand im Kreis.
Aramsamsam Mit den Fäusten auf der Brust trommeln. Gulli, gulli Nach vorn beugen, schnell aufrichten und Ramsamsam wieder trommeln. A– Hände auf der Brust halten und bei ravi Arme breit auseinanderschwingen.
Wer Lust hat, kann auch folgende Textvarianten ausprobieren: Oromsomsom, gilligilli romsomsom, Orovi, orovi, gilli etc. Urumsumsum, galligalli rumsumsum, Uruvi, uruvi, galli etc.
Auch im Sitzen können wir uns dazu bewegen.
Aramsamsam Rhythmisch auf Oberschenkel schlagen. Gulli, gulli Auf die Brust klopfen und bei Ramsamsam wieder auf die Oberschenkel schlagen. Aravi Oberkörper strecken. Arme heben und weit nach vorn beugen, bis die Hände den Boden berühren, danach weiter wie gehabt.
Besonders lustig wird es, wenn wir das Lied jetzt als Kanon in zwei Gruppen singen. Dabei sitzen sich immer zwei unterschiedliche Partner gegenüber oder im Kreis nebeneinander.
Diesen Artikel haben wir aus folgendem Buch entnommen:
Bei uns spielt die Musik Klangspiele und Spiellieder Eckart Bücken Burckhardthaus-Laetare ISBN 9783944548142 9,90 € Mehr dazu auf www.oberstebrink.de
Die Gesprächskultur im Team
geschrieben von Redakteur | Juli 19, 2022
Gute Kommunikation ist ein zentrales und bedeutsames Qualitätsmerkmal in einem funktionierenden Team
Die Sprache ist unsere meist genutzte Kommunikationsform und so vielfältig wie „natürlich“ sie genutzt und eingesetzt wird, so prägend – förderlich oder hinderlich – wirkt sie sich auf alle Beziehungen und die gesamten Arbeitsabläufe aus. Jeder Mensch hat dabei sein ureigenes (gelerntes) Kommunikationsmuster und trägt durch sein Sprachhandeln bzw. Sprechverhalten dazu bei, wie die gegenwärtige und zukünftige Interaktion sowie die vielfältigen Arbeitsvorhaben verlaufen. Dabei sorgt die jeweilige Gesprächskultur in einem Team dafür, wie erfolgreich oder erfolglos alle Bemühungen sind, Beziehungen zu stabilisieren/ zu verbessern und notwendige Ziele zu erreichen.
Sprache ist mehr als nur eine Weitergabe von Informationen
Die sprachliche Kommunikation geht – trotz mancher Kürze – stets einen sehr langen Weg. Denn: gedacht ist nicht gesagt/gesagt ist noch nicht gehört/gehört heißt nicht immer richtig verstanden/verstanden heißt nicht immer einverstanden/einverstanden heißt nicht immer angewendet/angewendet heißt noch nicht behalten/behalten heißt noch lange nicht beibehalten (in Anlehnung an Konrad Lorenz). Sprache kann berühren und Entwicklungsprozesse in Gang setzen – sie kann aber auch Beziehungen zerstören und Vorhaben zum Scheitern bringen. Sprache kann in eine gedankliche Tiefe führen oder zur oberflächlichen Betrachtung verleiten. Sprache kann Konflikte auflösen oder verschärfen. Hier kommt der Leitungskraft eine ganz besondere Bedeutung zu: sie ist Vorbild, Initiator/in für Innovationen, Begleiter:in in schwierigen Situationen, Moderator:in in Problemsituationen und Expert:in in fachlichen Fragen und Auseinandersetzungen.
Die fünf Primärbeteiligten an einem Gespräch
Jedes direkte Gespräch setzt sich aus fünf primärbeteiligten Größen zusammen: a) der eigenen Person (mit den „gelernten“, verinnerlichten Gesprächs(in)kompetenzen sowie den intraindividuellen Persönlichkeitsmerkmalen), b) der anderen Person (mit ihren „gelernten“, verinnerlichten Gesprächs(in)kompetenzen sowie deren intraindividuellen Persönlichkeitsmerkmalen), c) dem Thema/Inhalt/der Problemstellung; d) der aktuellen „Beziehungsgeschichte“/Beziehungsstärke/-schwäche (geprägt durch Sympathie/ Antipathie) zwischen den Gesprächsbeteiligten und e) den vorherrschenden Gesprächsbedingungen. Soweit wie möglich sollte zunächst für ein gesprächsförderliches Setting gesorgt werden: Ausblenden von möglichen Störungen, einer mit Distanz versehenen Sitzgelegenheit (bei einem 2er Gespräch: in einem guten Abstand voneinander, ca. 1,50 m im zugewandten Sitzwinkel von etwa 140 Grad), einer für das Gesprächsziel ausreichenden Zeit und das Ganze ohne „Ablenkungspotenzial“ wie beispielsweise Plätzchen oder Getränken. Man selbst sollte sich vor dem Gespräch sowohl inhaltlich gut vorbereitet (Zielsetzung überprüft und strukturiert aufgebaut? Argumente zusammengestellt, Beispiele parat, mögliche Gegenargumente durch weitere Argumente erweitert?) als auch die Beziehungsebene für sich selbst geklärt haben! Damit sind wesentliche „Gesprächsförderer“ aktiviert: die Möglichkeit der Konzentration auf den Gesprächspartner und den Inhalt, die Fokussierung auf das Ziel sowie ein Gefühl der inneren Sicherheit als Garant für ein zumindest mittleres Maß an Ruhe und Entspannung.
Die Sprache umfasst unterschiedliche Dimensionen
Wenn davon ausgegangen werden kann, dass die Sprache sechs Dimensionen beinhaltet (Sprache als Weitergabe von Informationen, als Medium zum Herstellen und Aufrechterhalten von Beziehungen, als persönliche Meinungsäußerung, zur Beeinflussung des Verhaltens anderer, als Ausdruck von Gefühlen und zur Problemlösung), dann werden in einer Gesprächskultur vor allem drei Schwerpunkte in den Mittelpunkt gerückt: 1.) Gespräche dienen der Beziehungspflege und verlangen damit eine zugewandte, aufgeschlossene, freundliche Haltung zur Gesprächspartner:in! 2.) Gespräche dienen zur detaillierten Weitergabe von fachlich-sachlichen Informationen und verlangen daher ein hohes Maß an Sachorientierung. 3.) Gespräche dienen einer nachhaltigen Problemlösung, wodurch diese Zielrichtung vorgibt, ein sachlich abgewogenes Ziel vor Augen zu haben und fokussiert vorzugehen. In einer Gesprächskultur geht es also nicht in erster Linie darum, das Verhalten der Gesprächpartner:in zu beeinflussen/zu manipulieren oder von etwas Bestimmtem zu überzeugen. Vielmehr schafft es sowohl das freundlich-sachliche Beziehungsverhältnis als auch das inhaltlich geführte Sachgespräch, überzeugend (!) zu sein. Die in einer Person provozierten Gefühle müssen an anderer Stelle (z.B. durch Supervision, Coaching oder Selbsterfahrungsseminare) analysiert und geklärt werden, weil hier unter einer systemischen Betrachtung zuvorderst aktualisierte Kindheitserfahrungen zum Ausbruch kommen.
Der Kindergarten als Lebensraum unterliegt immer der großen Gefahr, sich durch verschiedene Programme/Ansätze bildungspolitischer Strömungen allzu schnell von einem Lebensraum zu entfernen. Dabei gibt das Wort LEBENSRAUM schon die Grundlage vor: L wie Lust und Lebendigkeit, E wie Eigenständigkeit und ernstnehmend, B wie bunt und begreifen, E wie einfühlend und erfrischend, N wie neugierig und normal, S wie spannend und sorgsam, R wie reich an Erfahrungen und raumnutzend, A wie ausdauernd und akzeptierend, U wie umfassend und ursachenorientiert, M wie menschenorientiert und marginal.
Das übergeordnete Ziel eines professionell gestalteten Gesprächs
Wie oben erwähnt sind vor allem die drei Hauptfeinde einer angestrebten Gesprächskultur – (a) wenn Beziehungsstörungen auf einer pseudo-inhaltlichen Ebene ausgefochten, (b) Meinungen statt Sachargumente ins Diskussionsfeld geworfen und (c) dogmatisch geprägte/starre Überzeugungsversuche eingesetzt werden – dafür verantwortlich, dass tag-/täglich anberaumte Gespräche nicht nur erfolglos bleiben, sondern in der Regel noch eine konfliktverschärfende Auswirkung mit sich bringen. Daher muss das übergeordnete Ziel eines professionell gestalteten Gesprächs darin bestehen, dem Gegenüber dabei zu helfen, zunächst sich selbst sowie seine Sichtweise der Dinge wahrzunehmen und zu reflektieren, um sich dann auf die neuen, angestrebten Betrachtungen einzulassen, diese wahrzunehmen und in ihnen konstruktive Gedanken-/Handlungsimpulse zu sehen, um sie annehmen und umsetzen zu können. Aus einem „du musst… bzw. zu solltest …“ kann auf diese Weise ein „ich kann mir durchaus vorstellen, dass… bzw. ich will…“ entstehen: diese Einstellung ist der Beginn/ die Fortsetzung eines Selbstbildungsprozesses. Fremdbestimmte Ziele führen – ebenso wie bei Kindern – zu einer „Bildung aus II. Hand“, die eher Abwehr und Widerstände aktiviert als selbstmotivierte Veränderungswünsche. Hier gilt es, den Kreislauf einer üblichen Gesprächsführung zu durchbrechen, um den selbstgesetzten Zielen tatsächlich näher zu kommen.
Eine Gesprächskultur verlangt nach Regeln und verlaufsförderlichen Einstellungen!
So vielfältig die unterschiedlichen Gesprächsanlässe im Kita-Alltag sind, so dringlich zeigt sich immer wieder, dass eine Gesprächskultur nicht von alleine entsteht. Vielmehr baut sich eine förderliche Gesprächskultur durch folgende Merkmale auf: es ist günstig, wenn a) die Gesprächspartner:in von Zeit zu Zeit direkt mit ihrem Namen angesprochen wird; b) die eigenen Argumente fachlich formuliert und immer wieder mit nachvollziehbaren Beispielen veranschaulicht werden; c) die Argumentationskette logisch aufgebaut und strukturiert vorgebracht wird; d) einer „Kampf-Dialektik“ aus dem Wege gegangen und eine engagierte, offene Argumentation angestrebt wird; e) immer wieder Fragen zurückgegeben werden, um einen Dialog aufrechtzuerhalten; f) besonders bedeutsame inhaltliche Zusammenhänge im Gespräch auf einem Blatt Papier visualisiert werden; g) emotionale, spontane Gegenreaktionen (ausgelöst durch Polemik oder Vorwürfe) zurückgehalten und in neue Sachargumente umgedeutet werden; h) das Gesprächsziel im Vordergrund steht, so dass Abschweifungen unterbrochen und „Nebenkriegsschauplätze“ bzw. Randaspekte nicht vom eigentlichen Thema ablenken. Zudem wird eine Gesprächskultur dadurch förderlich beeinflusst, wenn i) der Blickkontakt gehalten wird (ohne die Gesprächspartner:in anzustarren), um die erwünschte Beziehung aufrecht zu erhalten; j) die Lautstärke durch leise Töne gekennzeichnet ist und diese in der Modulation wechselt; k) der Sprechgeschwindigkeit immer wieder das hektische Tempo rausgenommen und langsam gesprochen wird; l) die Stimmhöhe im tieferen Bereich liegt (was durch eine möglichst vorhandene Entspannung erreicht werden kann) und dem anderen die Chance eingeräumt wird, sich einzubringen und ausreden zu können. Bei allem steht der Aspekt im Vordergrund, der Gesprächspartner:in zuhören und ihn verstehen zu wollen, sie als eine gleichwertige Gesprächspartner:in zu akzeptieren und an einer nachhaltigen Lösung interessiert zu sein. Letztendlich ist darauf zu achten, dass persönliche Meinungen/Einschätzungen in sachorientierte Argumente umgewandelt werden. Immer wieder wird eine Gesprächskultur dadurch zerstört, dass persönliche Meinungen gegen entgegengesetzte Meinungen aufgefahren werden: ein professionell gestaltetes Gespräch verzichtet daher auf Meinungsäußerungen, weil sie in einer Fachdiskussion aufgrund ihrer individuell-subjektiven Prägung nicht zielführend sein können.
Gesprächskultur entsteht nur durch einen Verzicht auf typische Gesprächskiller:innen und Killer-Phrasen
In der Hektik des Alltags und durch unreflektierte Gesprächsmuster sorgen manche „Gesprächskiller“ in einem rasanten Tempo für angespannte Gesprächssituationen und führen damit jede Unterhaltung/Auseinandersetzung folgenotwendig und automatisch ins Abseits. Wenn beispielsweise eigene Einschätzungen rechthaberisch (statt informierend) vertreten, dirigistische Anordnungen (statt einer gemeinsamen Lösungssuche) gegeben, dogmatisiert vorgetragene Überzeugungsversuche (statt einer wahrnehmungsoffenen Informationseingabe) der Gesprächspartner:in übergestülpt, ernst zu nehmende Anmerkungen bagatellisiert werden, bewertende/moralisierende Vorbehalte zum Sprachrepertoire gehören, monologisierende Sprachergüsse der Gesprächspartner:in regelrecht erdrücken, examinierende Fragen den Hauptbestandteil eines Gesprächs kennzeichnen oder stets korrigierende (Ja-aber-Sätze!) Gegendarstellungen zu den Hauptmerkmalen eines Gesprächs gehören, kann nicht mehr von einer „Sprachkultur“ die Rede sein. Zusätzlich genutzte, so genannte Killer-Phrasen (z.B. Früher haben wir…/das geht doch nicht, weil…/dafür ist keine Zeit…/Alles graue Theorie …/Die Arbeit ist nicht zu leisten…/Klingt ja gut, aber…/So einfach ist das nicht umzusetzen…/Das bringt zu viel Unruhe/Das übersteigt unsere Kompetenz…/) vertreiben schließlich den Rest einer vielleicht noch zu erahnenden Sprachkultur.
Die fünf Phasen eines förderlichen Gesprächs
Jedes Gespräch gleicht einem gut strukturierten Buch: Während eine Autor:in zunächst ihre Intention vorstellt, was sie mit ihren Buchausführungen beabsichtigt, folgt eine Einleitung für die Leser:innen sowie das Inhaltsverzeichnis. Dann erscheint der „eigentliche“, schwerpunktgesetzte Inhalt und letztendlich schließt sich ein Nachwort an (mit einem Rückblick und einer Perspektivsicht). In gleicher Weise sollte jedes Gespräch konzipiert sein: zunächst steht die gedankliche/inhaltliche Vorbereitung als Erstes an (1), dann folgt bei dem Gespräch selbst eine Einführung (Begründung des Schwerpunkts, Nennung der Aufgabenstellung, Anriss des Problems) (2), es schließt sich der Hauptteil des Gespräches an (3) und zum Schluss werden alle Gesprächsergebnisse/Handlungsabsichten zusammengefasst (4). Eine Nachbereitung (5) wendet sich sowohl der zurückliegenden Gesprächsreflexion (Auswertung) als auch den Konsequenzen zu, die sich für das Folgegespräch ergeben.
Gespräche „der besonderen Art“
Problem-/Konfliktgespräche und Gespräche mit Kolleg:innen, die sich durch problematische Verhaltensweisen auszeichnen, sind eine ganz besondere Nummer. Selbstverständlich gelten hier dieselben Regeln und Hinweise wie zuvor beschrieben. Gleichwohl seien an dieser Stelle (und in der gebotenen Kürze) zwei Hinweise gegeben. Zum einen lassen sich schwierige Gespräche am besten nach einer festgelegten Aufbaustruktur führen: Zunächst wird die Problemstellung – mit dem gesamten Kollegium (!) und nicht nur mit den direkt Beteiligten – klar erfasst. Es folgt eine genaue Problemanalyse, um daraus eine klar definierte Zielsetzung abzuleiten (Richtziel, Teilziele, Nahziele) und darauf aufbauend konkrete Schritte zur Zielerreichung festzulegen (Fragestellung: wer macht was bis wann mit wem an welcher Stelle). Im Anschluss werden weitere Termine zur Auswertung abgesprochen, wo es zur Bewertung der Umsetzung(sversuche) kommt und um ggf. neue Lösungsalternativen abzusprechen. Zur konstruktiven (und zugleich wertschätzenden) Gesprächsführung mit Kolleg:innen, die problematische Verhaltensweisen an den Tag legen, sei insbesondere auf die Gesprächsgestaltung sowohl durch „Argumentationspläne“ (Der Aufsatzplan/Die Kette/Vom Allgemeinen zum Besonderen/Der Vergleich/Der Kompromiss/Die Ausklammerung) als auch auf rhetorische Formulierungshilfen hingewiesen (vgl.: Literatur Krenz, 2010, S. 326 ff.). Auch wenn „Rhetorik“ – gerade in der Pädagogik – als eine technisierte Gesprächsführung häufig mit Abstand (und sogar einer Abwehr) zur Kenntnis genommen wird, sollten gerade Leitungskräfte diesem effizienten Sprachhandeln offen gegenüberstehen.
Fazit:
Die realisierte Gesprächskultur ist einerseits ein sicherer Indikator dafür, ob (!) in der Einrichtung eine professionell gestaltete Alltagspädagogik realisiert wird und wie ausgeprägt (!) eine humanistisch orientierte Teamarbeit tatsächlich existiert. Beide Aspekte bilden die Grundlage für ein lebendiges, arbeitsmotiviertes, lernbereites, wahrnehmungsoffenes und innovativ ausgerichtetes Team. Es hat sich immer wieder gezeigt, dass die Gesprächskultur (wie sorgsam und zugleich klar, wertschätzend und zugleich zielorientiert, direkt und zugleich problemlösungsorientiert miteinander gesprochen/ umgegangen wird) sowohl ein Garant für eine Qualitätsoffensive darstellt als auch für eine entwicklungsförderliche Atmosphäre in der Kita sorgt. Wo immer Arbeits- bzw. Beziehungsstörungen vorherrschen, ist auch die Gesprächskultur eingeschränkt oder gar nicht vorhanden. So gilt es, sich immer wieder aufs Neue mit diesem kulturell höchst bedeutsamen Schwerpunkt zu beschäftigen, die gegenwärtige Gesprächskultur zu analysieren, bei Störungen zu verbessern und bei einer gut vorhandenen Ausprägung gezielt sowie regelmäßig zu stabilisieren. Getreu dem Motto: „Wer aufhört besser sein zu wollen als er ist, hört auf, gut zu sein“.
Literaturhinweise:
Allhoff, Dieter-W. + Allhoff, Waltraud (2010). Rhetorik & Kommunikation. Ein Lehr- und Übungsbuch. München: Ernst Reinhardt Verlag ,15. Aufl.
Brüggemeier, Beate (2010). Wertschätzende Kommunikation im Business. Wer sich öffnet, kommt weiter. Paderborn: Junfermann Verlag
Krenz, Armin (2017): Psychologie für Erzieherinnen und Erzieher. Grundlagen für die Praxis. Berlin: Cornelsen Verlag (1. Nachdruck; Kapitel 8.2.2 Gesprächsführung an Zielen orientieren)
Miller, William R. + Rollnick, Stephen (2009): Motivierende Gesprächsführung. Freiburg: Lambertus Verlag, 3. Aufl.
Pawlowski, Klaus (2005). Konstruktiv Gespräche führen. Fähigkeiten aktivieren, Ziele verfolgen, Lösungen finden. München: Ernst Reinhardt Verlag (4. Aufl.)
Portner, Dieter (2000). Überzeugend diskutieren. Diskussionstechniken zum besseren Durchsetzen Ihrer Ziele. Weinheim: Beltz Verlag
Weisbach, Christian-Rainer + Sonne-Neubacher, Petra (2015): Professionelle Gesprächsführung. Ein praxisnahes Lese- und Übungsbuch. Beck Verlag im dtv, 9. Edition
ArminKrenz, Prof. h.c. et Dr. h.c., Honorarprofessor a.D., Wissenschaftsdozent für Elementar- und Entwicklungspädagogik/ Entwicklungspsychologie; Email: armin.krenz@web.de
Wildtieren durch die Hitze helfen
geschrieben von Redakteur | Juli 19, 2022
Soforthilfe für Igel, Vögel, Insekten und Amphibien
Sommerliche Temperaturen über 25 Grad bringen Menschen ins Schwitzen und für viele wird es unerträglich heiß. Tieren macht die Hitze genauso zu schaffen. Sie müssen wie wir bei Hitze besonders viel trinken und suchen wie wir nach Abkühlung. Wildtiere aber leiden während der heißen Tage unter Wassermangel. Die wenigen verbliebenen natürlichen Wasserstellen, die besonders in Städten ohnehin rar sind, trocknen zunehmend aus. Die wichtigste Maßnahme ist deshalb, Trinkquellen anzubieten.
Aber auch das Nahrungsangebot wird für die Wildtiere durch die Trockenheit immer knapper. Igel beispielsweise finden kaum die für sie wichtigen Regenwürmer, da diese nicht an die trockene Bodenoberfläche kommen. In trockengefallenen Feuchtgebieten gibt es für Störche und andere Tiere keine Nahrung in Form von Amphibien, Fischen und Insekten mehr. Björn Goldhausen, Meteorologe von WetterOnline, erklärt: „Auch in den kommenden Tagen bleibt es sommerlich warm bis heiß. Gewitter und Regen können nur regional für eine Entspannung sorgen. “
Tränken auf dem Balkon und im Garten
Beim Aufstellen von Tränken sind einige Dinge zu beachten. Der Aufstellplatz sollte ruhig, schattig und vor Katzen sicher sein. Ideal sind flache Wasserschalen mit einem rauen Untergrund, damit die Tiere nicht rutschen. Die Schalen sollten möglichst wackelfrei und eben aufgestellt werden, damit kein Wasser ausläuft oder die Tiere irritiert werden. Kleine Inseln aus Steinen in der Schale bieten zusätzliche Sicherheit und einen Landeplatz für Insekten, die so ebenfalls ihren Durst löschen können. Die Schalen können auf der Fensterbank, dem Balkon und im Garten gleichermaßen aufgestellt werden.
Von einer Tränke im Garten profitieren nicht nur Vögel und Insekten, sondern auch Igel und andere Tiere, die nicht einfach zur nächsten Wasserstelle fliegen können. Wenn eine größere Tränke oder ein Gartenteich vorhanden ist, ist es sehr wichtig eine Ausstiegshilfe anzubieten, damit Tiere, die hineinfallen, nicht ertrinken. Ideal ist dafür eine flache Uferzone im Gartenteich. In größeren Schalen kann ein raues Brett als Rettungsleiter fungieren. Zum Schutz vor Katzen sollte die Tränke nicht in der Nähe von Büschen, in denen sich die pelzigen Räuber gerne auf die Lauer legen, aufgestellt werden. Gerade Vögel nutzen die Wasserstellen und übrigens auch Sand zum ausgiebigen Bad und können dann leicht zum Opfer werden.
Um zu verhindern, dass sich Krankheitserreger im Wasser ausbreiten, sollte das Wasser in den Schalen täglich gewechselt und diese gründlich gereinigt werden.
Hilfe für Frosch & Co.
Hitzewellen und Trockenperioden machen insbesondere auch den Amphibien extrem zu schaffen, die in Städten und stark bebauten Gegenden leben. Grünflächen, Feuchtbiotope und amphibienfreundliche Plätze sind hier rar und jede feuchte Ecke kann in langen trockenen Sommern ihr Überleben sichern. „Daher ist es besonders wichtig, im Garten, in öffentlichen Parkanlagen und in Grünflächen Laub, Gehölz und Totholz liegen zu lassen und heimischen Tieren wie Amphibien, Insekten und auch Igeln so ein kühles, feuchtes und dunkles Versteck zu bieten“, sagt Sandra Honigs, stellvertretende Direktorin und Kuratorin für den Landbereich im Aquazoo Löbbecke Museum Düsseldorf. „Ein amphibienfreundlicher Teich im eigenen Garten kann zudem die Fortpflanzung gefährdeter Arten unterstützen.“
Quelle: WetterOnline
Neue Publikation „Kindertagesbetreuung Kompakt 2021“
geschrieben von Redakteur | Juli 19, 2022
2021 erneut mehr Kinder bis zum Schuleintritt in Kindertagesbetreuung als im Vorjahr
Eben hat das Bundesfamilienministerium die siebte Ausgabe von „Kindertagesbetreuung Kompakt“ veröffentlicht. Die aktuellen Zahlen 2021 zum Ausbau und Betreuungsbedarf der Kindertagesbetreuung zeigen deutlich, dass die Anzahl der Kinder, die ein Angebot der Kindertagesbetreuung in Anspruch nehmen, weiter angestiegen ist und der Betreuungsbedarf von Kindern das Angebot in allen Altersgruppen weiterhin übersteigt. Allein bezogen auf Kinder im Grundschulalter liegt die Lücke zwischen Betreuungsquote und Betreuungsbedarf bei 19 Prozent. Der Betreuungsausbau muss deshalb konsequent fortgesetzt werden.
Mehr Kinder besuchen Kindertagesbetreuung
Insgesamt besuchten 2.613.058 Kinder im Alter von drei Jahren bis zum Schuleintritt ein Angebot der Kindertagesbetreuung. Das sind 48.343 Kinder mehr als im Vorjahr. Die Betreuungsquote der unter Dreijährigen betrug am 1. März 2021 34,4 Prozent. Bei Kindern im Alter von drei Jahren bis zum Schuleintritt lag die Betreuungsquote bei 92,2 Prozent. Damit sind die Quoten im Vergleich zum Vorjahr zwar um jeweils 0,6 Prozentpunkte leicht gesunken, die sinkenden Zahlen beruhen unter anderem auf der weiterhin wachsenden Anzahl der Kinder dieser Altersgruppe in der Bevölkerung.
Zahl der betreuten Grundschulkinder leicht gesunken
Die Zahl der betreuten Grundschulkinder ist im Vergleich zum Vorjahr leicht gesunken: Zum Schuljahresbeginn 2021 wurden 1.621.000 Kinder in Hort- und Ganztagsschulangeboten gemeldet. Das sind 13.000 Grundschulkinder weniger als im Vorjahr und entspricht einem Rückgang um 0,5 Prozentpunkte. In den Jahren zuvor war die Anzahl der betreuten Kinder in Kita sowie Hort- und schulischen Ganztagsangeboten kontinuierlich angestiegen.
Betreuungsbedarf erfordert weiteren Ausbau
Nach den Zahlen der neuen Ausgabe von „Kindertagesbetreuung Kompakt“ wünschten sich 2021 insgesamt 46,8 Prozent der Eltern von Kindern unter drei Jahren einen Betreuungsplatz für ihr Kind. Hier liegt die Differenz zwischen Betreuungsquote und Betreuungsbedarf bei 12,4 Prozent. Bei Kindern im Alter von drei Jahren bis zum Schuleintritt liegt die Differenz bei 3,6 Prozent, der Betreuungsbedarf liegt hier bei 95,8 Prozent. Bezogen auf Kinder im Grundschulalter äußerten 73 Prozent der Eltern einen Betreuungsbedarf. Einen Hort- oder Ganztagsplatz besuchten 54 Prozent. Damit gibt es auch hier eine Lücke von 19 Prozent zwischen Betreuungsquote und Betreuungsbedarf.
Maßnahmen zum Ausbau der Kindertagesbetreuung im Überblick:
Schutzsuchende Kinder und ihre Familien aus der Ukraine
Seit Beginn des Krieges ist die Anzahl der schutzsuchenden Kinder und ihrer Familien in Deutschland angestiegen. Für sie leisten Kindertageseinrichtungen und Kindertagespflege einen wichtigen Beitrag: Die Kinder finden sich in der neuen Situation schneller zurecht, knüpfen neue Kontakte und lernen die deutsche Sprache. Die schutzsuchenden Kinder haben mit dem Tag ihres Ankommens in Deutschland – wie alle Kinder ab dem vollendeten ersten Lebensjahr – einen Rechtsanspruch auf eine qualitativ hochwertige Bildung, Betreuung und Erziehung in einer Kita oder Kindertagespflege. Sie sollen in Deutschland einen guten Start haben und sich hier wohlfühlen. Der Bund unterstützt die Länder und Kommunen im Jahr 2022 mit insgesamt zwei Milliarden Euro bei ihren Mehraufwendungen für die schutzsuchenden Menschen aus der Ukraine. Darunter fällt auch die Bereitstellung von finanziellen Mitteln für die Kindertagesbetreuung und Beschulung.
Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung ab 2026
Um die Betreuungslücke, wenn Kinder nach der Kita eingeschult werden, zu schließen, ist der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder für Kinder und Eltern wichtig. Ab August 2026 haben zunächst alle Kinder der ersten Klasse einen Anspruch auf ganztägige Förderung. In den Folgejahren wird der Anspruch um jeweils eine Klassenstufe ausgeweitet. Ab August 2029 hat jedes Grundschulkind der Klassenstufen eins bis vier einen Anspruch auf ganztägige Betreuung. Der Bund unterstützt die Länder und Kommunen beim quantitativen und qualitativen Ganztagsausbau mit Finanzhilfen in Höhe von 3,5 Milliarden Euro und beteiligt sich ab 2026 aufsteigend an den Betriebskosten.
Mehr Qualität in Kitas und Kindertagespflege
Gemeinsam mit den Ländern setzt sich der Bund außerdem für mehr Qualität ein. Mit dem Gesetz zur Weiterentwicklung der Qualität und zur Teilhabe in der Kindertagesbetreuung beteiligt sich der Bund bis 2022 mit rund 5,5 Milliarden Euro an der Weiterentwicklung der Qualität in der Kindertagesbetreuung. Trotz vielfältiger positiver Entwicklungen zeigt der Monitoringbericht zum Gesetz zum Teil große Unterschiede zwischen den Ländern. Die Evaluation des Gesetzes zeigt Stellschrauben auf, an denen das Gesetz weiterentwickelt werden kann. Der Koalitionsvertrag von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP sieht daher vor, das Gute-KiTa-Gesetz auf der Grundlage der Ergebnisse des Monitorings und der Evaluation weiterzuentwickeln und dieses bis Ende der Legislaturperiode gemeinsam mit den Ländern in ein Qualitätsentwicklungsgesetz mit bundesweiten Standards zu überführen. Zusätzlich fördert das Bundesfamilienministerium die Qualitätsentwicklung durch mehrere Bundesprogramme. 2022 ist das Bundesprogramm „Integrationskurs mit Kind“ gestartet.
Gute Krippenpädagogik erfüllt die psychosozialen Bedürfnisse der Kinder
geschrieben von Redakteur | Juli 19, 2022
Die Qualität in der Entwicklungsbegleitung von Kindern bis zum 3. Lebensjahr ist in erster Linie eine Frage der Bindung!
Jede entwicklungsförderliche Bildungs-, Erziehungs- und Betreuungsarbeit vollzieht sich nur in Form eines sehr engen Bindungsgeschehens zwischen Kindern und Erwachsenen! Unter dieser Maxime betrachtet, kann eine Krippenpädagogik nur dann für Kinder entwicklungsförderlich sein, wenn ein Bindungserleben, getragen von Nähe, Aufmerksamkeit, Zuneigung, Sicherheitserleben, Interesse, Staunen, Neugierde und Zutrauen zur festen Alltagserfahrung von Kindern dazugehört.
Dabei ist es immer wieder und hauptsächlich der positiv erlebte, zwischenmenschliche Kontakt, der Kinder tag-/täglich motiviert, Kontakt zu sich selbst zu suchen, herzustellen und sich über die eigene Existenz zu freuen. Nur wenn dies gelingt, ist der erste – und gleichzeitig entscheidende – Schritt zur Aktivierung und zum Aufbau einer Selbstbildung des Menschen getan – mit einer lebenslangen Bedeutung.
Bildungsziel: Entdeckung der eigenen Lebensfreude und Lebenskunst
Wilhelm Schmid, der als Privatdozent an der Universität Erfurt lehrt, schreibt: „Ein früher Akt der Sorge ist der erste Schrei, eine erste Selbstbehauptung, aber das Kind bleibt noch abhängig von der Fürsorge anderer, ohne die es nicht leben könnte… Wie immer der Weg der Kindheit und des Heranwachsenden verläuft, es geht darum, den Umgang mit sich selbst zu erlernen und zur Sorge für sich selbst in der Lage zu sein, soll das eigene Lernen nicht von anderen abhängig bleiben. Nur über die Selbstsorge wird das Leben zu einem eigenen, und nur dort, wo es Selbstaneignung gibt, kann es Selbstverantwortung geben. Sich um sich zu kümmern und doch nicht die Unbekümmertheit dabei zu verlieren – das stellt das dynamische Zentrum der kindlichen Lebenskunst dar…“ (2003, S. 40).
Wenn der Frage nachgegangen wird, wie Kinder durch frühe Lebenserfahrungen zu einer „dynamischen Lebenskunst“ finden können, so ergeben sich u.a. folgende Antworten: Kinder bis zum dritten Lebensjahr müssen auch außerhalb ihrer familialen Erfahrungen in einer Sicherheit vermittelnden Umgebung aufwachsen, in der sie vor allem
• gegenwärtige, positive Handlungserlebnisse und tragfähige Beziehungspartnerschaften in all’ ihrer Vielschichtigkeit genießen können; • immer wieder über eigene Entwicklungen und Stärken staunen können; • mit Offenheit, Interesse und Neugierde die Herausforderungen des Alltags in einer angenehmen Umgebung suchen und sich ihnen mit Interesse zuwenden können; • Zusammenhänge von Ereignissen erkennen und herstellen können, um einerseits bekannte Handlungsschritte zu wiederholen und andererseits aus einer Impulserkenntnis heraus neue Handlungsversuche zur Lösung von Problemen entdecken; • neue, unbekannte Spielräume im Rahmen eigener Verhaltensvielfalten entwickeln; • ihre Handlungsstrategien erproben, vertiefen und erweitern können; • in möglichst vielen, für sie selbst bedeutsamen Situationen unbelastet mit sich umgehen können und sich selbst sagen: „Wie schön, dass ich geboren bin, dem Leben schenk’ ich einen Sinn.“
Die Macht der Gefühle
Über viele Jahrhunderte sahen Wissenschaftler/innen aus unterschiedlichen Fachdisziplinen (auch der Psychologie) ebenso wie Laien die ‚Rationalität und Intelligenz des Menschen’ als die ‚Perle der Schöpfung’ an. Das hat sich inzwischen durch vielfältige Untersuchungen relativiert, ist doch demgegenüber bekannt, dass stets vor allen kognitiven Prozessen und Handlungsimpulsen die Emotionen die entscheidenden Impulse dafür geben, in welche Richtung gedacht und wie gehandelt wird. Es ist die „Macht der Gefühle“, die unser Leben steuert und inzwischen haben führende Emotionsforscher und Hirnspezialisten den Beweis dafür vorgelegt, wie Emotionen das gesamte Leben bestimmen. Dieses >Grundmuster der Gefühle< wird in erheblichem Maße auch durch die Qualität der Krippenpädagogik geprägt – nicht in erster Linie durch strukturelle Qualitäten sondern vielmehr durch die hohe Beziehungsfähigkeit der gleichzeitig sehr gut ausgebildeten elementarpädagogischen Fachkräfte.
Was brauchen Kinder für eine positiven Selbstentwicklung wirklich? Armin Krenz behandelt fach- und sachkundig und stets praxisnah das Thema der frühkindlichen Entwicklung, sei es im Bereich der Sprache, der Motorik, der sozialen Persönlichkeit oder der Kognition. Er zeigt auf, welch große Bedeutung die Beobachtung und Begleitung der kindlichen Entwicklung in der Pädagogik spielt, sei es im Umgang mit Verhaltensauffälligkeiten oder zur Ermöglichung einer freien Spielpraxis, die die positive Entwicklung der kindlichen Persönlichkeit erst ermöglicht.
Bindungen provozieren Bildungs- und Entwicklungswünsche
In Anbetracht dieser für die Pädagogik und Psychologie außergewöhnlich bedeutsamen Erkenntnisse aus der Neurobiologie sowie der Bindungsforschung besitzen diese fundamentalen Ergebnisse für elementarpädagogische Fachkräfte einen besonders hohen Bedeutungswert. Auf den Punkt gebracht heißt das: eine liebevolle, vertrauensvolle und verlässliche Bindung, die Kinder in ihren ersten (und auch weiteren) Lebensjahren neben ihren Eltern auch mit externen Personen erfahren und aufbauen können, ist die Grundlage für die Entstehung der oben genannten „Lebenskunst des Menschen“ und gleichzeitig die Basis für ein tiefes Selbstvertrauen, Unabhängigkeit und Selbstständigkeit. Nur durch eine tief erlebte Geborgenheit und Annahme sind Kinder in der Lage, ihre ‚Lebenswurzeln’ in Form von Sicherheit und Lebensfreude zu entwickeln und gleichzeitig vor einer Reihe seelischer Irritationen und Lebens einschränkender Ängste geschützt. So vielfältig die Verhaltensirritationen bei immer mehr Kindern ausgeprägt sind – vor allem Ängste, gewaltbereites Handeln, aggressives Verhalten, Anstrengungsvermeidungsverhalten, oppositionelles Widerstandsverhalten gegenüber Anforderungen oder eine generelle Antriebslosigkeit – , so deutlich haben unterschiedliche, epidemiologische Studien unter Beweis gestellt, dass diese und weitere problematischen Verhaltensweisen häufig direkt oder indirekt auf fehlende Bindungserfahrungen in der frühen Kindheit zurückgeführt werden können (vgl. Grossmann, K & Grossmann, K.E., 2012). So kommt immer wieder zum Ausdruck, dass eine als sicher erlebte Bindung ein wesentlicher Schutzfaktor gegen seelische Irritationen ist. Dieser Tatsache und der damit verbundenen Verantwortung haben sich sowohl die Institution Krippe als auch die Eltern und hier insbesondere die Mitarbeiter/innen in den Krippen zu stellen.
Bindungserlebnisse stärken die kindliche Entwicklung
In einer sicheren Bindung erleben Kinder vor allem Verbundenheit, Nähe, Zärtlichkeit, Fürsorge und Schutz. Sie haben das Gefühl, erwünscht und stets gern gesehen zu sein, sie bekommen den Körperkontakt, den sie brauchen, sie werden gestreichelt und merken: es kümmert sich jemand um mich, weil ich meiner Bezugsperson wichtig bin (vgl. Holmes, 2002).
Kennzeichen einer sicheren Bindung kommen vor allem dadurch zum Ausdruck, wenn Kinder
• die Bindungsperson als einen ‚grundsätzlich sicheren Hafen’ erleben, den sie bei Verunsicherungen, Ängsten und Verlassenheitsgefühlen gerne, freiwillig und selbstmotiviert aufsuchen, • durch die Verhaltensweisen der Bindungspersonen Sicherheit und Hilfe erleben dürfen, • bei Sorgen, Kummer und Trennung die Nähe zu ihrer Bindungsperson suchen, • schon sehr früh durch intensive Bindungserfahrungen immer weniger auf Bindungserlebnisse angewiesen sind und sich mit einem Gefühl der inneren Grundsicherheit auf die „Erkundung der großen, weiten Welt“ einlassen und ihrem innewohnenden Forscherdrang nachgehen, • Mit zunehmendem Alter motiviert und freiwillig über ihre Gefühle berichten und dabei emotionale Belastungen ebenso zum Ausdruck bringen wie Augenblicke der Freude und des tiefen Glücksempfindens.
Im Grunde sind es immer die Verbindungen mit Menschen, die dem Leben seinen Wert geben
(Wilhelm von Humboldt)
Eine qualitativ hochwertige Krippenpädagogik befriedigt psychosoziale Grundbedürfnisse der Kinder
Ergebnisse der Entwicklungspsychologie weisen deutlich darauf hin, dass gerade psychosoziale Grundbedürfnisse von Kindern in den ersten Lebensjahren einer dringenden und ständigen Sättigung bedürfen. Wenn in diesem Zusammenhang die Krippenpädagogik den Qualitätsanspruch erhebt, einen nachhaltig förderlichen Einfluss auf die Entwicklung des Kindes zu haben, dann muss es den Fachkräften möglich sein, vor allem die basalen Grundbedürfnisse jedes Kindes zu befriedigen. Kinder müssen vielfältige Erfahrungen und Erlebnisse machen können, in denen sie
• Zeit mit bindungsnahen Menschen erleben, um sich selbst in den eigenen Entwicklungsmöglichkeiten wahrzunehmen und die Welt um sich herum zu entdecken; • Ruhe in ihrer Entwicklungszeit erfahren, um sich nach eigenem Gutdünken in ihrer Krippenwelt umzuschauen und mit eigenen Gedankenimpulsen beschäftigen zu können; • Liebe im Sinne einer personalen Annahme erleben, um ein Gefühl der Selbstannahme zu entwickeln und eine zunehmende Empathie für die lebende und dingliche Welt aufzubauen; • Vertrauen durch andere spüren, um eigenen Stolz erleben zu dürfen und Leistungsbereitschaft weiterzuentwickeln; • von ihren Entwicklungsbegleiter/innen verstanden werden, um in den vielfältigen Lebenssituationen und Lebensherausforderungen immer wieder Kontakt zu sich selbst herzustellen und eine Mitverantwortung für Situationsverläufe zu entdecken; • Sicherheit durch Nähe und feste (Sinn bedeutsame!!!) Regeln erfahren, um in einen nachhaltigen Prozess der Selbstentwicklung zu finden; • Bewegung lebendig ausdrücken können, um durch selbstgewählte motorische Aktivitäten Stress abbauen und in eine gedankliche, emotionale und motorische Selbststeuerung kommen zu können; • Intimität und Geheimnisse bejahend zuerkannt bekommen, um zu erkennen, dass es im Ausdrucksverhalten eine „öffentliche“ und eine „private“ Person gibt; • Mitwirkung erleben und umsetzen dürfen, um ein individuelles, persönliches Wertigkeitsempfinden zu entwickeln; • Erfahrungsräume erkunden können, und die Vielfalt der eigenen Entwicklungspotenziale zu entdecken; • Gefühle (Freude, Angst, Wut, Trauer) ausdrücken dürfen, ihre Existenz akzeptieren und in die eigene Gefühlswelt bejahend zu integrieren; • die eigene Sexualität annehmen und integrieren können, um sich im eigenen Körper rundherum wohlzufühlen; • Gewaltfreiheit als ein besonders wichtiges „Lebensgut“ erfahren, um in den vielfältigen, Angst auslösenden Alltagssituationen immer stärker angstfrei handeln zu können; • Neugierde umsetzen können, um sich und der Welt lernmotiviert zu begegnen; • Optimismus von anderen spüren sowie Respekt bzw. Achtung in der erlebten Kommunikation erfahren, um Lebensherausforderungen als Lernchancen anzusehen und mit konstruktiven Gedanken und Handlungsweisen selbst schwierige Situationen anzunehmen und lösen zu wollen.
Es sind also vor allem personale Kompetenzen der elementarpädagogischen Fachkräfte, die außerhalb des Elternhauses der Kinder für eine stabilisierende, persönlichkeitsförderliche und stark machende, ressourcenorientierte Entwicklung eine nicht zu unterschätzende Mitverantwortung mittragen.
Fazit:
Politische Mandatsträger und Wissenschaftler/innen, die sich zur Krippenpädagogik äußern, beziehen sich überwiegend bei Fragen zur pädagogischen Arbeit mit Kindern unter drei Jahren (!) auf Struktur- bzw. Organisationsdaten mit unterschiedlichsten Fragestellungen und Schwerpunkten. Dabei wird den Ergebnissen der Bindungsforschung, Neurobiologie und Entwicklungspsychologie, was Kinder an Bindungserfahrungen für eine gedeihliche Entwicklung brauchen, kaum ein signifikanter Bedeutungswert beigemessen. Periphere Erwähnungen kommen vor – und hier muss ein dringender Perspektivwechsel vorgenommen werden!
Kinder brauchen liebenswerte Mitforscher/innen, geduldige, aufmerksame, staunende und achtsame, respektvolle und wertschätzende sowie selbsterfahrungsorientierte Entwicklungsbegleiter/innen, die mit ihnen gemeinsam den vielfältigen und unbekannten Geheimnissen der sie umgebenden LEBENSWELT auf die Spur kommen wollen. Dazu brauchen sie sicherlich auch beste Rahmenbedingungen, damit die Krippenpädagogik entwicklungsförderliche und –unterstützende Prozesse in Kindern wirksam werden lässt. Gleichwohl besitzt bei allen Fragestellungen zur Krippenqualität die Person eine a-priorierte Bedeutung, die als Ausgangspunkt aller Fragestellungen zum Mittelpunkt erklärt werden muss.
Literaturhinweise:
Ainsworth, M.D.S. (2003). Feinfühligkeit versus Unfeinfühligkeit gegenüber den Mitteilungen von Babys. In: Grossmann, K.E. und Grossmann, K. (Hrsg.). Bindung und menschliche Entwicklung… Stuttgart: Klett-Cotta, S. 414-421
Bowlby, J. (2010). Frühe Bindung und kindliche Entwicklung. München, 6. Aufl.: Reinhardt
Damasio, A.R. (2003). Der Spinoza-Effekt. Wie Gefühle unser Leben bestimmen. München: List
Gebauer, K. (2012). Klug wird niemand von allein. Kinder fördern durch Liebe. Düsseldorf: Patmos
Grossmann, K. + Grossmann, K.E.(2012). Bindungen- das Gefüge psychischer Sicherheit. Stuttgart, 6. Aufl.: Klett-Cotta
Holmes, J. (2002). John Bowlby und die Bindungstheorie. München: Ernst Reinhardt
Krenz, A. (2019). Kinder brauchen Seelenproviant. Was wir ihnen für ein glückliches Leben mitgeben können. München 6. Aufl.: Kösel
Krenz, A. + Klein, F. (2013). Bildung durch Bindung. Frühpädagogik: inklusiv und beziehungsorientiert. Göttingen 2. Aufl.: Vandenhoeck + Ruprecht
Krenz, A.(2014). Entwicklungsorientierte Elementarpädagogik. Kinder sehen, verstehen und entwicklungsunterstützend handeln. München: Burckhardthaus-Laetare
LeDoux, J.E. (2003). Das Netz der Persönlichkeit. Wie unser Selbst entsteht. Zürich/ Düsseldorf: Walter
Ostermayer, Edith (2015). Krippenkinder achtsam begleiten. Bildung und Betreuung von Kindern unter 3 Jahren. Freiburg: Herder
Reisinger, Annette (2018). Unsere Krippe – ein Ort zum Wohlfühlen. München: Don Bosco
Schmid, W. (2002). Schönes Leben? Einführung in die Lebenskunst. Frankfurt, 5. Aufl.: Suhrkamp
Van Dieken, Christel (2012). Was Krippenkinder brauchen. Bildung, Erziehung und Betreuung von Kindern unter 3 Jahren. Freiburg: Herder
Prof. h.c. Dr. h.c. Armin Krenz, Honorarprofessor a.D., Wissenschaftsdozent für Entwicklungspsychologie und Entwicklungspädagogik
Studie „Inklusive Bildung in Deutschland“ jetzt kostenlos herunterladen
geschrieben von Redakteur | Juli 19, 2022
Umfangreicher Bericht von Rackles über den Stand der Inklusion im Bildungssystem von Juli 2021
Vor 16 Jahren begründete die internationale Staatengemeinschaft mit der Ratifizierung der UN-Behindertenrechtskonvention einen entsprechenden Veränderungsbedarf und löste damit einen Veränderungsprozess in Richtung eines inklusiven Schulsystems aus. 2009 erfolgte die Ratifizierung in Deutschland, und in allen 16 Schulgesetzen wurde der Wille zur inklusiven Bildung manifestiert.
Selbstverständlich hatte das alles einen guten Grund: Zum einen sollten nun endlich jene Strukturen ihr Ende finden, die darauf abzielen, Menschen mit Behinderung auszuschließen. Zum anderen stand hier aber auch der Wunsch nach einer inklusiven Gesellschaft als einer Gesellschaft, die alle Menschen gleich schätzt und ihnen einen offenen Zugang bietet.
Beharrungskräfte überwinden
„Deutschland gehört zu den Ländern, in denen sich historisch ein selektives Bildungssystem entwickelt hat. Es ist daher plausibel, dass die Hürden für die Transformation zu einem inklusiven Bildungssystem in Deutschland besonders hoch sind.“, beschreibt Mark Rackles die in seiner Studie „Inklusive Bildung in Deutschland“ die mangelnde Transformationsbereitschaft des Bildungssystems.
Auf 106 Seiten vergleicht er die Situation zwischen den verschiedenen Bundesländern auf Grundlage eines Kriterienkatalogs. Sein besonderes Augenmerk gilt jenen Kräften, die auf Exklusion beharren, und Transformation verhindern. Gleichzeitig verweist er auf notwendige Transformationsimpulse. Die Studie schließt mit acht Handlungsempfehlungen. Die letzte davon lautet: „Inklusionsbefürworter*innen müssen auf Exklusion gerichteten Abwehrstrategien offensiver als bisher entgegentreten und insbesondere an den organisatorischen Abwehrstrategien der Förderzentren, des Lehramts Sonderpädagogik und der Mindestgrößen politisch ansetzen.“
Für eine offene Gesellschaft
Rackles Studie ist eine detaillierte Analyse der aktuellen Situation des Transformationsprozesses zu einem inklusiven Bildungssystem. Darin findet sich Licht und noch mehr Schatten. Neben einem guten Überblick bietet sie auch ausgezeichnete Handlungsempfehlungen zu einem Bildungssystem, das allen Menschen den gleichen Zugang bietet. Seit Mai steht die Studie nun kostenlos zum Download bereit. All jene, denen eine offene Gesellschaft wichtig ist, sollten sie deshalb lesen. Hier geht es zur Studie: https://rackles.com/wp-content/uploads/2022/05/Inklusionsstudie-Rackles-Consulting-2021.pdf