Die Kunst des Erziehens achtet das rhythmische Prinzip

Rhythmus als Antwort auf Intellektualisierung und in Fächer zergliedertes Lernen nach Rudolf Steiner

Das Fundament der modernen Geisteswissenschaft ist die selbst zu verantwortende „Freiheit des Menschen“. Das gilt auch für Rudolf Steiners Ideen. Seiner Menschenkunde zufolge fühlt sich der freie Mensch aus seinem ursprünglichen Wesen heraus aufgerufen, das Gute zu suchen und für den anderen Menschen zu tun. Woher kommt aber das Gute? Entspringt es aus der Bindungs- und Beziehungsfähigkeit der Menschen untereinander? Oder findet der Mensch das Gute, indem er sich entschließt, es zu tun – soweit seine Fähigkeit reicht und seine Bereitschaft wächst, aus eigenen Fehlern zu lernen? In diesen selbstkritischen Fragen gründet die Kunst der Erzieherin (Glöckler 2002). Das hatte Steiner beim Hausunterricht erfahren.

Rhythmus in Geschichte und Gegenwart

Dem griechischen Philosophen Heraklit (um 500 v. Chr.) zufolge existiert in der Natur ein Grundprinzip des Lebens und der Welt: Alles fließt! (griechisch: panta rhei). Aus dem Fließen oder dem Rhythmischen entsteht die Urkraft des Lebendigen, die „Energie an sich“ (Heraklit). Auf dieser rhythmischen Urkraft beruhe die Existenz des Kosmos.

Das rhythmische Phänomen begegnet uns überall in der Natur und im Leben. Für den Menschen ist der Rhythmus lebensbedeutsam. Ohne Rhythmus ist das Leben nicht denkbar. Zwischen Rhythmen und Gewohnheiten besteht ein enger Wechselbezug: Rhythmen tragen Gewohnheiten und Gewohnheiten stabilisieren Rhythmen. Die Psychologie der frühen Kindheit weist eindringlich darauf hin, dass jedes Kind von Beginn an einen rhythmisch strukturierten Tagesablauf und damit stabile Gewohnheiten für seine Entwicklung benötigt. Und ein Kind, das von einer Entwicklungsauffälligkeit bedroht ist, verlangt besondere Aufmerksamkeit, denn es braucht ganz besonders stabile Gewohnheiten, die ihm Lebenssicherheit, Zuversicht und Vertrauen geben. Wenn ein Kind im Vorhinein weiß oder auch nur ahnt, was bald folgen wird, fühlt es sich sicher und kann sich in zeitlichen Strukturen frei bewegen (Neuhäuser/Klein 2019, S. 126 ff.).


Wir haben diesen Beitrag folgendem Buch entnommen:

Prof. Dr. Ferdinand Klein
Waldorfpädagogik in Krippe und Kita
Einblick in eine ganzheitliche Praxis, die jedem Kind seinen individuellen Lebensweg ermöglicht
Taschenbuch, 168 Seiten
ISBN: 978-3-96304-610-0
25 €

Mehr dazu unter: https://www.oberstebrink.de/shop/item/9783963046100/waldorfpadagogik-in-krippe-und-kita-von-ferdinand-klein-broschur


Die Rhythmusforschung hat u.a. die physiologische Bedeutung des Tagesrhythmus, des Wochenrhythmus und des Jahresrhythmus für Kinder und Erwachsene herausgearbeitet: Alle Gewohnheiten, die sich bei einem Kind gebildet haben, stärken oder schwächen seine Lebenskraft. Wenn heute Kinder und Erzieherinnen über Kraftlosigkeit und Müdigkeit klagen, so ist eine Ursache dafür in den fehlenden Lebensgewohnheiten zu suchen. Gerade für kleine Kinder verlangt das Leben Rhythmus und Gewohnheit, Kontinuität und wiederholendes Üben.

Rhythmus als Antwort auf Intellektualisierung und zergliedertes Lernen

Rhythmische Erziehung ist als Antwort auf das einseitig intellektuelle und in Fächer zergliederte Lernen zu verstehen. Damit verbunden sind chronischer Bewegungsmangel und die zu beobachtende instabile Gesundheit bei vielen Kindern. So wird es auch verständlich, dass verschiedene Bewegungssysteme und Körpertherapien wie Pilze aus dem Boden schießen und bei Kindern mit Lern- und Entwicklungsdefiziten Hilfe durch ein bewegungserfülltes Lernen versprechen. Gerade dieses therapeutische Bemühen weist darauf hin, dass eine (Rück)Besinnung auf ein ganzheitliches Lernen geboten ist, das die Beziehungen von

– Körper (Körperbewegungen),
– Geist (geistige Strukturen) und
– Seele (künstlerische und bildnerische Bildungsinhalte)

beachtet (Klein 2012, S. 106 ff.).

Rhythmus als Schicksals- und Lebensrhythmus

Allgemeine Gesichtspunkte

Nach Rudolf Steiners Menschenkunde ist jeder Mensch in einen Schicksals- und Lebensrhythmus eingebunden. Er lebt im Rhythmus des Wachens und Schlafens, des Einatmens und Ausatmens, des Erlebens und Gestaltens, des Aufnehmens und Ausführens. Gerade beim Kind hat der klangvolle musikalische Rhythmus, den wir in Liedern und Bewegungen wahrnehmen, eine organbildende Kraft. Rhythmus und Bewegung sensibilisieren und aktivieren die Sinne, insbesondere den Bewegungs- und Gleichgewichtssinn und damit das Denken in seinem schöpferischen und ordnenden Anspruch.

Das Kind ahmt hier die Bewegungen auf seine ganz individuelle Art und Weise nach. Es strebt danach, in diesen Bewegungen die Welt zu verinnerlichen und bringt dadurch seine Welt in die gemeinsame Welt, in die „gemeinsame Daseinsgestaltung“ (Kobi 2004; Klein 2019, S. 18) ein. Offenbar erlebt sich das Kind ganz unmittelbar im Rhythmus und in den Bewegungen. Rhythmus und Bewegungen ermöglichen es ihm, sein Denken, Fühlen und Wollen und damit sein bewusstes Ich zu entwickeln. In diesem Prozess der Selbstausformung entfaltet und gestaltet es in Freiheit und Gebundenheit seinen inneren Halt, der in den übergreifenden Schicksals- und Lebensrhythmus eingebunden ist.

Zur heilenden Bewegungskunst (Eurythmie)

Rudolf Steiner hat die Eurythmie eingeführt. Im Bild der Waage zeigt sich das Wesen des Rhythmischen, wie es uns im Leben begegnet. Im Hin- und Herbewegen zwischen den Polen wird das Gleichgewicht gesucht. Im Rhythmischen trägt sich das Leben. Im Wesen des Rhythmischen begegnet uns das Wesen des Menschen. Das Sein im Rhythmischen ist ein Leben in Gesundheit. Im Rhythmischen, in dem sich das Gegensätzliche vereinigt, kommt das Ungleichgewicht ins Gleichgewicht. Ist der Mensch nicht (mehr) fähig, gleichsam aus der Herzmitte heraus, sich in dieses Gleichgewicht einzuschwingen, dann kann er körperlich und seelisch erkranken, Probleme für sich und für andere erzeugen.

Als geradezu tänzerische Ausdrucksform von Sprache und Musik will die Eurythmie den Menschen sinnlich-ästhetisch mit den Gestalten und Geschehnissen der geistigen Welt verbinden.

Im (Nach)Erleben der Bewegungen im Tanz können die TänzerInnen aus der sinnlichen Welt in die übersinnliche Welt aufsteigen. Durch nachbildende Bewegungen der Arme, Hände und Füße in choreografischen Formen wird ihnen ermöglicht nichtsinnliche Bewegungen sichtbar zu machen. Durch diese geistige (spirituelle) Kunst wird das sichtbar, was dem Makrokosmos innenwohnt.

Es ist daher Aufgabe des Lebens wie der Erziehung, das Rhythmische, das Streben nach Gleichgewicht, nach Ausgleich und Zusammensein, das Suchen des Verbindenden und Zusammengehörenden zu pflegen.

Es geht um einen harmonischen Rhythmus, was auch die Silbe eu vor dem griechischen Begriff des Rhythmischen ausdrücken will: Eu meint soviel wie harmonisch, schön, wohl, gut. In den eurythmischen Bewegungen spiegeln sich Bewegungen wider, wie sie uns im Kosmos und im menschlichen Organismus begegnen. Der Mensch als Mikrokosmos macht in seinen eurythmisch schöpferischen und künstlerischen Bewegungen den Makrokosmos sichtbar. Der makrokosmische Rhythmus des Jahres- und Tageslaufes mit seinen Naturkräften offenbart sich beim Menschen im Rhythmus des Kreislaufgeschehens, im Puls und Atem.

Es geht der Eurythmie darum, dem sich unwohl oder krank fühlenden Menschen zu ermöglichen, sich aus dem Arhythmischen und Hektischen in den Einklang mit den kosmischen Rhythmen hineinzubewegen, in das Harmonische, Ausgleichende und Ganze einzufinden. Diese harmonischen Bewegungen sind dem Menschen ureigen. Ist er aber aus dem inneren Gleichgewicht geraten, so hat er ein ursprüngliches Bedürfnis wieder in sein Gleichgewicht zu kommen. Nach anthroposophischem Verständnis hat jeder Mensch einen tiefen ursprünglichen Willen in sich, eurythmisch das innere und äußere Gleichgewicht zu suchen, so sein Gemüt zu pflegen und seinen Handlungswillen zu üben, sein Denken und Wahrnehmen zu schulen.

Eurythmische Erziehung achtet auf folgende Inhalte und Ziele:

– Ausbilden der Phantasie
– Üben der Sinne, besonders des Hörsinnes und des Bewegungssinnes
– Koordination der grobmotorischen und feinmotorischen Bewegungen
– Übungen der Körpergeschicklichkeit
– Rhythmisieren und Harmonisieren der Bewegungen durch Musik und Sprachrhythmen
– Üben des schöpferischen Denkens und der räumlich-zeitlichen Vorstellungen
– Beleben der Gefühlskräfte und Fördern der sozialen Kräfte
– Erleben der anderen Menschen und der Gemeinschaft (Klein 2012, S. 110).

Zur Theorie des Rhythmus

Die naturwissenschaftlich und medizinisch orientierte Rhythmusforschung (Chronobiologie) achtet vor allem auf die Zeitstruktur von Lebensvorgängen. Sie kommt zum Ergebnis, dass überall, wo es um Leben in der Natur geht, Rhythmen auftreten. Die Wissenschaft ist überzeugt, dass man dem Leben der Organismen näherkommt, wenn man sich mit den Rhythmen befasst.

Die Chronobiologie konnte nachweisen, dass alle biologischen Funktionen rhythmisch-periodisch strukturiert verlaufen

Die Dauer einer Periode umfasst ein breites Spektrum von Millisekunden bis zu Jahren. Beim Menschen werden langsame, umweltbezogene Rhythmen (Tag-Nacht-Rhythmus, Wochen-, Monats- und Jahresrhythmus) und schnelle, autonome Rhythmen (Herzrhythmus, Atemrhythmus, Rhythmen im Bereich von Atmung und Puls, von Nervensystem und Sinnesorganen und Rhythmen der Stoffwechselorgane) unterschieden. Die für uns wahrnehmbaren Rhythmen setzen von Geburt an ein und haben eine unverwechselbare individuelle Struktur und Wirkung.

Bekannt ist die prägende Wirkung zeitlich verlässlicher Pflege in der Neugeborenen-Phase oder die Fähigkeit des Kindes beim Schlafen einen eigenen Rhythmus zu entwickeln. Beispielsweise kann von zwei Geschwistern das eine schon sehr bald fähig sein durchzuschlafen und das andere hat diese Fähigkeit auch im 2. oder 3. Lebensjahr noch nicht erlangt. Es handelt sich hier um die Entwicklung ganz elementarer individueller Lebensrhythmen.

Die Entwicklungspsychologie der frühen Kindheit konnte zeigen, dass bereits bei den ersten reflektorischen und sensomotorischen Aktivitäten des Neugeborenen die rhythmische Struktur eine große Rolle spielt. Aus diesen rhythmischen Gesamtbewegungen bilden sich erste sensomotorische Schemata. Es entwickeln sich weitere Schemata durch eine aktive Organisation früherer Erfahrungen. Aus Greifreflexen werden Greifakte. Die Bewegungen der Hände werden mit dem Sehen koordiniert und es bilden sich in Wechselwirkung mit der Umwelt erste stabile Gewohnheiten aus, die nun erste Nachahmungsaktivitäten ermöglichen. Die sensomotorischen Schemata und ersten Gewohnheiten erweitern sich und Handlungsstrukturen differenzieren sich weiter aus. Neue Handlungsstrukturen gehen lückenlos aus den bereits vorhandenen hervor.

Wir erkennen: Der Rhythmus ist ein spontaner individueller Ausdruck des leiblich-seelisch-geistigen Lebens

Er ist ein im Körperlichen wurzelnder Gestaltungswille, der auf die sich entwickelnden Handlungsstrukturen ordnend einwirkt. „Rhythmik ist aller Bildung Anfang“ (Neuhäuser/Klein 2019, S. 129 ff.; Klein 2012, S. 106).

Von pädagogischem und therapeutischem Interesse ist auch die Erkenntnis, dass beim autonomen Rhythmus verschiedene Qualitätsbereiche unterschieden werden, die beim individuellen Üben, Spielen und Lernen anzusprechen sind. Es wäre gegen die rhythmisch-periodische Struktur des Kindes gehandelt, wollte man es eine Stunde nur kognitiv oder nur sprachlich oder nur bewegungsmäßig ansprechen. Beachtet hingegen die Erzieherin die individuelle rhythmisch-periodische Struktur, dann erweitert und festigt das Kind seine zeitliche Orientierung. Wenn für das Kind bestimmte Ereignisse und Tätigkeiten, Übungen und Spiele zu bestimmten Zeiten wiederkehren, dann kann es feste Gewohnheiten entwickeln, die ihm äußere und innere Sicherheit geben. Untersuchungen konnten bestätigen, dass das Wiederkehren von basalen periodischen Zeitstrukturen die körperlich-seelisch-geistigen Selbstheilungskräfte des Kindes (Menschen) weckt und zur Entfaltung bringt.

Schon allein diese Erkenntnisse der Chronobiologie zeigen die fundamentale Bedeutung des Rhythmischen für das sich entwickelnde Kind. In der Erziehung sollte das rhythmische Prinzip als Sinnprinzip des Lebens, des Übens, Spielens und Lernens geachtet werden. Es strukturiert die Tages-, Wochen-, Monats- und Jahresgestaltung, erleichtert das Lernen und macht die Inhalte zugänglicher. Der Lebensalltag wird in den Rhythmen des Tages, des Monats und des Jahres bewältigbarer. Der Rhythmus gliedert Ereignisse in Zeit und Raum.

Zusammenfassung für die Praxis

Für das Wahrnehmen und Begleiten des Kindes im Alltag der Krippe und des Kindergartens ist bedeutsam, dass der Rhythmus drei wesentliche Eigenschaften hat:

  • Rhythmus ist ein Strukturelement von Verläufen in Zeit und Raum.
  • Rhythmus ist ein multisensorielles Medium, das mit unterschiedlichen Sinnen wahrgenommen wird: hören, bewegen, berühren, sehen.
  • Rhythmus ist ein intersensorielles Medium, das mit unterschiedlichen Sinnen gleichzeitig, d.h. ganzheitlich wahrgenommen wird.

Beim ganzheitlichen Ansprechen verschiedener Sinne üben die einzelnen Sinne eine sich gegenseitig korrigierende und unterstützende Funktion aus (Klein 2012, S. 110). Diese inneren Zusammenhänge hatte wohl auch Rudolf Steiner durch eigene Erfahrungen und Studien intuitiv erkannt.

Literaturhinweise:

  • Glöckler, M. (Hrsg.) (2002): Spirituelle Ethik. Situationsgerechtes, selbstverantwortliches Handeln. Dornach, am Goetheanum
  • Klein, F. (2012): Inklusion von Anfang an. Bewegung, Spiel und Rhythmik in der inklusiven Erziehung. Köln, Bildungsverlag EINS
  • Klein, F. (2018b): Inklusive Erziehung in Krippe, Kita und Grundschule. Heilpädagogische Grundlagen und praktische Tipps im Geiste Janusz Korczaks. München, BurckhardtHaus
  • Klein, F. (2019): Inklusive Erziehungs- und Bildungsarbeit in der Kita. Heilpädagogische Grundlagen und Praxishilfen. 3. Auflage. Köln, Bildungsverlag EINS
  • Kobi, E. (2004): Grundfragen der Heilpädagogik. Eine Einführung in heilpädagogisches Denken. 6. Auflage. Berlin, BHP
  • Neuhäuser, G./Klein, F. (2019): Therapeutische Erziehung. Gesunde Erziehung in Familie, Kripp, Kita und Grundschule. München, BurckhardtHaus



Online-Workshop: „Machtfragen im Alltag: Wer bestimmt wirklich in Schlüsselsituationen?“

Finale der Liga-Workshopreihe im Sommersemester am 5. Juni 2024 von 16:00 bis 18:00 Uhr mit Dörthe Scheffler

Die Workshopreihe der Liga für das Sommersemester endet am 5. Juni 2024 mit dem Thema „Machtfragen im Alltag: Wer bestimmt wirklich in Schlüsselsituationen?“.

Warum geht es? Eine gute Beziehungsqualität zwischen Kindern und Pädagog:innen gilt als entwicklungsförderlich. Beziehungen gedeihen, wenn gegenseitige Achtung und Anerkennung in Einrichtungen der Kindertagesbetreuung gelebt werden.

Im Alltag müssen immer wieder Entscheidungen getroffen werden. Wer darf wann ‚bestimmen‘? Wie gehen Pädagog:innen in Kitas, Krippen und Kindertagespflegestellen verantwortungsvoll mit ,Macht‘ um? Wie helfen Selbstreflexion und der Austausch im Team dabei, Partizipation im Alltag umzusetzen?

Im Workshop werden Schlüsselsituationen genauer angeschaut, beispielsweise die Gestaltung gemeinsamer Mahlzeiten oder der Kleidungswechsel in der Garderobe. Dozentin des Workshops ist Dörthe Scheffler (freie Dozentin, Fachberaterin, Kommunikationstrainerin, Prozessbegleiterin u. Coach)

Die Workshops des Wintersemesters starten am 9. Oktober 2024 mit Prof. Dr. Jörg Maywald als Referent und dem Thema „Eltern für Kinderrechte begeistern. Kinderrechtsbasierte Erziehungs- und Bildungspartnerschaft.“

Buchung der Liga-Workshops über den Link: https://fruehe-kindheit-online.de/?cat=c17_Workshops-Workshop.html

Quelle: Deutsche Liga für das Kind




Wie Kinder das rhythmische Prinzip von Ruhe und Kraft erfahren

Tanzen

Drei Spielideen von Dr. Charmaine Liebertz für ein inneres Gleichgewicht

Ebenso wichtig wie Anspannung ist im Leben die Entspannung. Das rhythmische Prinzip von Ruhe und Kraft findet sich überall in unserem Alltag, sei es in der Musik, der Beobachtung von Naturphänomenen oder dem täglichen menschlichen Umgang. Kinder lernen hier spielend ein inneres Gleichgewicht kennen.

Chef-Vize

Die Kinder sitzen im Kreis, bestimmen einen Chef und einen Vize (Stellvertreter). Alle anderen Kinder zählen durch und merken sich ihre Zahl. Der Spielleiter erklärt nun die Firmenhierarchie: »Wir haben einen Chef, einen Vize und 20 Mitarbeiter. Die Mitarbeiter von 1 – 5 sind Topmanager, die Mitarbeiter von 6 – 15 gehören zum mittleren Management und die restlichen Mitarbeiter arbeiten im Versand oder als Putzkolonne. Aber keine Sorge, unser Unternehmen bietet große Aufstiegschancen: Von der Putzfrau zum Chef oder umgekehrt; das hängt nur von eurer Geschicklichkeit ab!« Nun führt der Spielleiter diesen Viererrhythmus vor:

  • Einmal mit beiden Handflächen auf die Oberschenkel schlagen,
  • einmal die Hände vor der Brust klatschen,
  • mit rechtem Daumen über die Schulter zeigen und dabei die
  • eigene Identität (Zahl, Chef oder Vize) nennen,
  • mit linkem Daumen über die Schulter zeigen und dabei die Person nennen (Zahl, Chef oder Vize), die das Spiel fortsetzen soll.

So geht es im rasanten Wechsel immer weiter: Jeder Genannte sagt erst seine Zahl (rechter Daumen über Schulter), nennt dann eine neue Zahl (linker Daumen über Schulter) und bestimmt somit den nächsten Mitspieler. Dabei sollten natürlich alle Mitspieler im Rhythmus bleiben. Wer einen Fehler (z. B. Stottern, Rhythmus nicht einhalten) macht, verlässt seinen Stuhl und setzt sich auf den letzten Platz der Firma. Alle anderen Mitspieler rücken bis zum frei gewordenen Stuhl nach und übernehmen die entsprechend neue Zahl. Und eh man sichs versieht, sitzt der Topmanager auf dem Putzfrauenstuhl!

  • Alter: 7 bis 99 Jahre
  • Zeit: 10 bis 20 Minuten
  • Sozialform: Gruppenspiel

Das Gewitter

Die Kinder sitzen im Stuhlkreis und schließen ihre Augen. Falls erforderlich, verbindet ihnen der Spielleiter die Augen. Nun erzählt er eine spannende Geschichte zum Wetterverlauf, der voller Sonne beginnt und mit einem heftigen Gewitter endet. Dabei werden seine Worte mit folgenden Geräuschen, die bei ihm starten und nacheinander von Kind zu Kind im Kreis weitergegeben werden, untermalt:

  1. Sonne ➟ Stille
  2. Nieselregen ➟ Hände fest aneinander reiben
  3. Kleine Regentropfen ➟ mit den Fingern schnippen
  4. Starker Regen ➟ fest in die Hände klatschen
  5. Prasselnder Regen ➟ mit den Händen auf die Oberschenkel schlagen
  6. Starkes Gewitter ➟ mit den Füßen trampeln

  • Alter: 4 bis 9 Jahre
  • Zeit: 10 Minuten
  • Sozialform: Gruppenspiel
  • Material: evtl. Augenbinde

Schiff ahoi!

Es ist nicht einfach, als großer Überseedampfer unbeschadet durch eine enge Einfahrt in den Hafen einzulaufen. Die Pfosten der Hafeneinfahrt spielen diesmal zwei Kinder, die sich ca. einen Meter entfernt gegenüberstehen. Viele solcher Paare stehen verteilt im Raum. Nun wird ein weiteres Kinderpaar für folgende Rollen ausgewählt: Ein Kind spielt mit verbundenen Augen den Überseedampfer, der jedoch, um unbeschadet in den Hafen einlaufen zu können, einen kleinen, erfahrenen Lotsen braucht.

Diesen spielt das zweite Kind, das den blinden Dampfer mit einem akustischen Signal (Klangschale, Klanghölzer, Triangel oder Pfeifzeichen) unbeschadet durch die Hafeneinfahrten, d. h. zwischen die Kinderpaare im Raum lotst.
Berührt der Dampfer dabei ein Kind, also die Kaimauer, so muss er ausscheiden. Nun versucht ein neues Dampfer-Lotse-Paar sein Glück.

  • Alter: 3 bis 8 Jahre
  • Zeit: 5 Minuten
  • Sozialform: Gruppenspiel
  • Material: 1 Augenbinde, 1 Klangsignal (z. B. zwei Klanghölzer oder Teelöffel, die sanft aneinander geschlagen werden)
kartei bewegung

Diese Spiele stammen aus folgender Spielekartei:

Die Spielekartei Bewegung und Rhythmus

Charmaine Liebertz
Burckhardthaus
ISBN: 9783944548203
14,95 €
Mehr unter: oberstebrink.de




Sprechen, Zuhören, Verstehen – Damit Kinder zu Glückskindern werden

glueckskinder

Eine neue Sprache für den Umgang mit Kindern

Glückskinder sind Kinder, die das Glück haben, dass Erwachsene sie bewusst positiv beeinflussen. Erwachsene, welche die Zauberkraft der Sprache kennen, die wissen, dass sie mit einem einzigen Satz die Gedanken und Gefühle eines Kindes in eine positive, lebensbejahende Richtung lenken können. Sie können mit Botschaften, die Sie tagtäglich aussenden, etwas für das Wohlergehen eines Kindes tun, indem Sie sein Selbstbild und seine Vorstellungen von der Welt positiv prägen. Al das im Sinne einer „Philosophie der positiven Grundhaltung“.

„Die höchste Form der Intelligenz ist es zu beobachten ohne zu urteilen.“

Krishnamurti, indischer Philosoph

Beobachten, ohne zu bewerten

Für die meisten von uns ist es schwierig, kleine und große Menschen zu beobachten, ohne sie zu beurteilen, zu verurteilen oder zu kritisieren. Unter einer Beobachtung verstehe ich etwas, das man sehen, hören, berühren oder riechen kann, etwas, das man mit einer Kamera aufnehmen könnte. Eine Beobachtung beschreibt. Bei einer Bewertung ziehen wir dagegen bereits unsere Schlüsse und interpretieren das Erlebte.

Das bedeutet nicht, dass wir Kindern nicht mehr unsere Bewertungen mitteilen, sondern, dass wir Beobachtungen und Bewertungen klar voneinander trennen

Und wir können Kindern durchaus sagen, was wir bei dem Beobachteten empfinden. Doch wenn man ein Kind anbrüllt: „Max, wie kannst du nur so gemein sein und Lilly ein Bein stellen!“, ist das etwas völlig anderes, als wenn man sagt: „Max, wenn ich sehe, dass du Lilly ein Bein stellst, dann habe ich Angst. Denn ich möchte, dass wir uns hier alle sicher fühlen können.“ Beobachtungen werden von den meisten von uns mit Bewertungen vermischt. Das ist gerade gegenüber Kindern besonders gefährlich, weil unsere Bewertungen direkt in das Selbstbild des Kindes eingebaut werden.

Wenn wir beispielsweise die Beobachtung machen, dass unser Kind, obwohl wir es darum gebeten haben, noch immer nicht sein Zimmer aufgeräumt hat, sind die Sätze: „Du bist aber auch faul.“, oder: „Kannst du denn nie hören, was man dir sagt?, eine reine Bewertung der Situation. Mit beiden Aussagen wird aber zugleich eine Bewertung der Gesamtpersönlichkeit vorgenommen. Ganz anders wirkt dagegen folgende Äußerung: „Du hast dein Zimmer noch nicht aufgeräumt, obwohl ich dich darum gebeten habe. Ich ärgere mich, weil ich mir wünsche, dass du selbst für Ordnung in deinem Zimmer sorgst.“ Hier wird lediglich die störende Verhaltensweise angesprochen, ohne eine verallgemeinernde Aussage über die gesamte Person zu machen.

Wenn wir Beobachtungen mit Bewertungen vermischen, neigen andere leicht dazu, Kritik zu hören

Und bekanntermaßen reagieren wir (und unsere Kinder!) auf Kritik oft mit abwehrenden Argumenten oder Gegenkritik.

Der erste wichtige Schritt hin zu einer respektvollen und offenen Kommunikation ist, zu beobachten, ohne zu bewerten – also einem anderen Menschen mitzuteilen, was wir wahrnehmen, ohne sein Verhalten zu bewerten. Wir halten uns einfach an die Tatsachen. Zum Beispiel kann ein Vater zu seinem Sohn sagen: „Du hast in den letzten drei Spielen kein Tor geschossen“, anstatt zu sagen: „Du bist ein schlechter Fußballspieler.“

Wie können wir durchs Leben gehen, ohne zu bewerten, wo unser Urteilsvermögen doch eine Fähigkeit ist, von der unser Überleben abhängen kann?

Natürlich ist es sehr wichtig, dass wir Dinge für uns bewerten können, ansonsten wären wir nicht in der Lage, Entscheidungen selbst bestimmt zu treffen. Es geht viel mehr darum, eine Form der Bewertung auszuüben, die uns allen – sowohl den Kindern als auch den Erwachsenen – hilfreich ist. Denn selbst wenn das Kind, das Sie kritisiert haben, tut, was Sie möchten, handelt es wahrscheinlich eher aus Scham, der Angst vor Bestrafung oder der Hoffnung auf eine Belohnung – und nicht aus dem Wunsch heraus, die eigenen Bedürfnisse oder die eines anderen Menschen zu erfüllen.

Wenn Kinder aus solchen Motiven handeln, zahlen wir ebenso wie bei den Strafen und Belohnungen einen hohen Preis und erreichen nicht das, was langfristig unser Ziel sein sollte: Kinder in ihrer Entwicklung zu Menschen zu unterstützen, die in der Lage sind, gut für ihr eigenes Wohlergehen zu sorgen und Freude dabei empfinden, zum Wohlbefinden anderer beizutragen. In einem Kommunikationstrainingsseminar sagte unsere Seminarleiterin einmal folgenden Satz:

„Was Paula über Paul sagt, sagt mehr über Paula aus als über Paul.“

Das heißt: Wie Paula Paul beschreibt, wie sie sein Verhalten interpretiert, worauf sie den Fokus setzt, was zu erwähnen ihr besonders wichtig ist, all das gibt uns mehr Informationen über Paula als über Paul. Paul würde vermutlich von einem Freund, für den ganz andere Dinge wichtig sind und der Pauls Verhalten anders beurteilt, vollkommen anders beschrieben werden. Das zeigt uns deutlich, dass wir besonders bei der Beschreibung anderer Personen und deren Verhalten dazu neigen, Bewertungen mit Beobachtungen zu vermischen. Die Bewertungen, die wir alle vornehmen, sind zum Großteil von unserer überalterten Sprache geprägt. Erst seit wenigen Generationen leben wir nicht mehr in einer Monarchie.

Zu jener Zeit glaubten die meisten Menschen daran, dass es eine unantastbare Wahrheit gebe

Was richtig und falsch, gut und böse ist, wurde von der obersten Autorität im Staat, dem König, oder von der Kirche festgelegt. Wir wurden also noch fast alle in Königs- bzw. Kirchchensprache erzogen, der Sprache der gottgegebenen Wahrheit, die dazu dient, Menschen so zu programmieren, dass sie unterwürfig und hörig gegenüber Autoritäten sind. Die Art und Weise, wie das Denken und Fühlen gelehrt wird, hängt sehr eng mit der Sprache zusammen. Wir üben uns noch nicht lange in demokratischem Denken, einem Denken, das verschiedene Vorstellungen von richtig und falsch zulässt, sodass diese Wörter selbst ihren Sinn verlieren, weil es keine Instanz mehr gibt, die uns vorschreibt, was gut und was schlecht ist. Erst seit kurzem ist vielen Menschen bewusst, dass nicht nur die Schönheit sondern oft auch die Wahrheit im Auge des Betrachters liegt.

Abwertendes Denken erlernten wir durch ein Vokabular, mit dem wir alle aufgewachsen sind und mit dem unsere Kinder heute auch noch immer konfrontiert werden; Wörter wie: richtig, falsch, gut, schlecht, normal, unnormal, angemessen, unangemessen, kompetent, inkompetent. Wer legt eigentlich fest, was normal, angemessen und gut ist? Wenn Menschen zu solchem Denken erzogen werden, glauben sie automatisch, dass es ganz oben eine Autorität gibt, die weiß, was richtig und falsch ist. Und wenn ein Kinderhirn schon sehr früh so geformt wird, kann es in solchen Strukturen funktionieren.


Diesen Artikel haben wir aus folgendem Buch entnommen:

Glückskinder
Sprechen, Zuhören, Verstehen –
Damit Ihr Kind ein Glückskind wird

Groth, Sabine
ISBN: 9783934333635
168 Seiten, 22,95 €

Mehr dazu auf www.oberstebrink.de


Wenn ich zu einem Kind sage: „Das hast du gut gemacht!“, dann tue ich so, als wüsste ich, wann etwas gut und wann es nicht gut ist. Dabei ist es für Kinder besonders wichtig, nicht mit dem Bild aufzuwachsen, dass nur Erwachsene wissen, wann Kinder etwas gut gemacht haben und wann nicht. Und was noch wichtiger ist: Dass sie nicht danach bewertet werden, ob das, was sie tun, als richtig oder falsch beurteilt wird.

Aufgabe:

Die folgende Übung trainiert das Unterscheiden von Beobachtungen und Bewertungen. Setzen Sie ein Kreuz vor die Sätze, die eine reine Beobachtung ausdrücken – ohne irgendeine Bewertung. Bedenken Sie, dass die Wörter nie, immer, jedes Mal, oft, selten, ständig usw. manchmal als Übertreibungen benutzt werden. In dem Fall vermischen sich dann Beobachtungen mit Bewertungen.

  1. Lea isst zu viel.
  2. „Du hast in den letzten drei Tagen dein Zimmer nicht aufgeräumt.“
  3. Jedes Mal, wenn ich Laura beobachtet habe, hat sie am Daumen gelutscht.
  4. „Sei doch nicht immer so aggressiv!“
  5. „Ich kann mich nicht daran erinnern, dass du mich jemals angerufen hast.“
  6. Mehmet ist ein netter Junge.
  7. Meine Tochter hat sich noch nie gern die Zähne geputzt.
  8. Mein Sohn ist ein Frühaufsteher.
  9. Max streitet sich ständig mit anderen Kindern.
  10. „Letzte Woche bist du zwei Mal zu spät gekommen.“

Lesen Sie jetzt bitte meine Antworten und vergleichen Sie sie mit Ihren Antworten.

  1. Ich habe Satz 1 nicht angekreuzt, weil ich „zu viel“ für eine Bewertung halte.
  2. Ich habe Satz 2 angekreuzt, weil hier meiner Ansicht nach eine Beobachtung ausgedrückt wurde, die nicht mit einer Bewertung vermischt ist.
  3. Ich habe Satz 3 angekreuzt, weil ich finde, dass hier ebenfalls eine Beobachtung ohne Vermischung mit einer Bewertung vorliegt.
  4. Ich habe Satz 4 nicht angekreuzt, weil ich „aggressiv“ für eine Bewertung halte. Hinter dem Verhalten könnten auch andere Gefühle wie Unsicherheit oder Angst stehen. Außerdem halte ich „immer“ in diesem Fall für eine Übertreibung.
  5. Ich habe Satz 5 angekreuzt, weil meiner Ansicht nach hier ein eine Beobachtung ausgedrückt wurde, die nicht mit einer Bewertung vermischt ist.
  6. Ich habe Satz 6 nicht angekreuzt, weil ich „nett“ für eine Bewertung halte.
  7. Ich habe Satz 7 nicht angekreuzt, weil ich „nie“ für eine Übertreibung halte. Außerdem ist der Satz meiner Ansicht nach eine Beurteilung.
  8. Ich habe Satz 8 nicht angekreuzt, weil ich „Frühaufsteher“ für eine Bewertung halte. Bei der Beurteilung bleiben folgende Fragen offen: Steht der Sohn tatsächlich immer früh auf? Was bedeutet „früh“ für mich, für meinen Sohn und für den Zuhörer?
  9. Ich habe Satz 9 nicht angekreuzt, weil ich „ständig“ in diesem Fall für eine Bewertung halte.
  10. Ich habe Satz 10 angekreuzt, weil ich finde, dass hier eine Beobachtung vorliegt, die nicht mit einer Bewertung vermischt ist.

Gefühle ausdrücken

„Das Ziel im Leben ist nicht, immer glücklich zu sein, sondern all unser Lachen zu lachen und all unsere Tränen zu weinen.“

Marshall B. Rosenberg

Es war nun schon viel von Bedürfnissen und Gefühlen die Rede. Um die soll es hauptsächlich gehen, wenn wir mit einer Sprache sprechen, die unsere Kinder darin unterstützen soll, sich zu selbstbewussten und authentischen Persönlichkeiten zu entwickeln.
Die meisten von uns wurden dazu erzogen, „außenorientiert“ zu leben und nicht mit sich selbst in Kontakt zu treten. Wir wurden eher dazu trainiert, auf unseren Kopf anstatt auf unser Gefühl zu hören und uns ständig die Frage zu stellen: „Halten es die anderen für richtig, wenn ich das sage oder tue?“, anstatt uns zu fragen: „Wie geht es mir, wenn ich das tue? Wie fühle ich mich, wenn ich das erlebe? Was halte ich für richtig?“ Oftmals sind wir mehr damit beschäftigt, uns mit der Meinung und den Gefühlen anderer zu beschäftigen, anstatt auf unsere eigenen Empfindungen, Bedürfnisse und Wünsche zu achten.

Wir wurden vielleicht nicht mehr dazu angehalten, uns zu fragen: „Was sollen denn die Nachbarn denken?“ Doch wir wurden auch selten dazu aufgefordert, unsere eigenen Gefühle und Bedürfnisse zu erkunden, z. B. mit Fragen wie: „Wie fühlst du dich dabei? Was wünschst du dir? Was hältst du davon?“ Können Sie sich daran erinnern, in Ihrer Schulzeit jemals gefragt worden zu sein, wie Sie sich fühlen? Ich kann das leider nicht. Zu meiner Schulzeit wurde viel mehr Wert auf das Denken gelegt, Gefühle wurden dagegen als unwichtig betrachtet. Kein Mensch würde jedoch überleben, wenn er keine Gefühle hätte. Unsere Angst warnt uns vor Gefahren. Seelischer Schmerz macht uns darauf aufmerksam, dass unsere Bedürfnisse nicht erfüllt sind.

Und erst wenn wir die widersprüchlichsten Gefühle in uns zulassen, werden wir uns als „ganzer Mensch“ fühlen:

Sehen,
dass du nur du bist,
wenn du alles bist,
was du bist:
das Zarte
und das Wilde,
das, was sich anschmiegen will
und das,
was sich losreißen will.

(Erich Fried)

Unterdrückte Gefühle kommen uns teuer zu stehen. Das erfahren wir, wenn wir unser Gefühl von Müdigkeit mit Kaffee unterdrücken und unser Bedürfnis nach Schlaf nicht befriedigen. Irgendwann sind wir übermüdet, gereizt und werden – wenn wir das Gefühl der Müdigkeit zu lange nicht beachten – krank. Das Gleiche geschieht, wenn wir Gefühle wie Wut, Angst, Trauer unterdrücken, mit Arbeit, Schokolade, Aktivität usw., und die dahinter liegenden Bedürfnisse ignorieren. Mit der Zeit wird unser gesamter Organismus dadurch geschwächt und wir bekommen Depressionen, Ängste, Übergewicht oder andere Krankheitssymptome, die wir dann behandeln müssen. Einfacher ist es, es gar nicht so weit kommen zu lassen und dem vorzubeugen, indem wir lernen, unsere Gefühle und Bedürfnisse auszudrücken und diese Fähigkeit an unsere Kinder weiterzugeben.

Ebenso wenig wie das Äußern von Gefühlen wurde den meisten von uns beigebracht, die Verantwortung für unsere Gefühle zu übernehmen

Weder in der Schule noch im Elternhaus. Es ist wichtig, sich darüber klar zu sein, dass andere Menschen nicht für unsere Gefühle verantwortlich sind. Das Verhalten eines anderen Menschen kann zwar der Auslöser für ein Gefühl sein, aber es ist nicht die Ursache. Das einzige, was unsere Gefühle beeinflussen kann, ist die Haltung, mit der wir reagieren. Sie haben sicher bereits die Erfahrung gemacht, dass Sie nach sich ähnelnden Erlebnissen unterschiedlich reagierten.

Stellen Sie sich vor, ein anderer Verkehrsteilnehmer nimmt Ihnen die Vorfahrt. Das kommt immer mal wieder vor. Wenn Sie gerade abgehetzt von zu Hause losgefahren sind, nachdem die Kinder herumtrödelten und Sie noch eine Meinungsverschiedenheit mit Ihrem Partner hatten, reagieren Sie mit größter Wahrscheinlichkeit wütender, als an einem Morgen, an dem Sie gemeinsam mit ihrer Familie in aller Ruhe gefrühstückt und sich anschließend liebevoll verabschiedet haben. Sie werden dann vielleicht sogar denken: „Hoffentlich passiert ihm (dem Autofahrer, der uns die Vorfahrt genommen hat) nichts, wenn er sich nicht an die Verkehrsregeln hält.“ Sie sehen, es ist beide Male der gleiche Auslöser, aber Ihre Gefühle und Ihre Reaktion sind vollkommen unterschiedlich.

Wussten Sie übrigens, dass das Äußern von Gefühlen nicht nur in der Familie, sondern auch am Arbeitsplatz und in anderen Lebensbereichen eine ganz neue Beziehungsqualität fördern kann? Indem wir unsere Menschlichkeit und Verletzlichkeit zeigen, laden wir andere dazu ein, selbst menschlich zu handeln und sich selbst zu öffnen.

Damit Kinder lernen, ihre Gefühle zu äußern, ist es hilfreich unseren Gefühle-Wortschatz zu erweitern

Es hilft uns eher, Wörter zu benutzen, die ein Gefühl genau beschreiben, anstatt Wörter, die allgemein und vage sind. Sagen wir z. B.: „Ich habe ein schlechtes Gefühl“, dann kann das Wort „schlecht“ vieles bedeuten: ängstlich, wütend, müde, einsam, verzweifelt, verwirrt usw.

Wie wichtig und notwendig es ist, den Gefühle-Wortschatz bewusst zu erweitern, erlebte ich kürzlich in einer Schulklasse mit achtjährigen Kindern. Auf meine Frage, welche Gefühle sie kennen, wurden mir nur drei (!) Wörter genannt: fröhlich, traurig, wütend. Mehr Gefühle fielen 28 Kindern nicht ein. Ich habe dann unsere Handpuppe noch einige Gefühle wie glücklich, unsicher, aufgeregt, müde, verzweifelt aufzählen lassen. Diese kannten die Kinder zwar durchaus, aber ihnen selbst fielen noch immer keine weiteren ein. Um nun auch ihren aktiven Gefühlswortschatz zu vergrößern, haben wir uns eine Gefühle-Liste erstellt, die wir in unserem Raum aufhängten.

Nun machen wir des öfteren ein kleines Gefühle-Spiel

Jeder liest sich leise die Gefühle-Liste durch und sucht sich das Wort aus, das sein momentanes Gefühl am besten beschreibt. Wir setzten uns in einem Kreis auf den Boden, und ich werfe einem Kind den Ball zu. Dieses Kind sagt dann „Ich fühle mich …“ Wenn es möchte, kann es auch kurz den Grund für sein Gefühl nennen, beispielsweise so: „Ich fühle mich traurig, weil Lena nicht mehr mit mir spielen möchte.“ Dieses Gefühl kann dann auch körperlich ausgedrückt werden, so als werde der Körper zu einem Standbild. Was sich hier wie eine trockene, künstliche Übung anhören mag, ließ uns in Wirklichkeit viele anrührende, lustige und mitunter auch traurige Momente miteinander erleben. Immer hat sich durch dieses Spiel die Atmosphäre im Raum schlagartig verändert. Und es herrschte eine Stimmung von Offenheit und Mitgefühl.

Dieses Spiel kann ich Ihnen auch für zu Hause empfehlen. Keine Sorge, Sie brauchen sich dazu nicht im Kreis auf den Boden zu setzen. Eine kleine Runde am Frühstückstisch mit der Frage „Wie fühlst du dich heute morgen?“, oder „Wie geht es dir?“, wird eine neue Qualität der Nähe in Ihrer Familie entstehen lassen. Sie alle werden davon profitieren, wenn Sie selbst lernen, Ihre eigenen Gefühle und Bedürfnisse zu äußern.

Zur Unterstützung können Sie den Gefühle-Wortschatz, den Sie im neunten Kapitel finden, kopieren und an einem gut sichtbaren Platz aufhängen. Sicher werden Sie schon bald wahre Künstler im Umgang mit Gefühlen und deren Ausdruck werden.

Sabine Groth




Französische Kommission empfiehlt Smartphones erst ab 13 Jahren

Nach einer Studie, die Wissenschaftler im Auftrag der französischen Regierung durchgeführt haben, fordern diese nun ein generelles Umdenken im Bereich der Bildschirmgeräte

In den Vereinigten Staaten ist derzeit eine Bewegung sehr erfolgreich aktiv, die mit dem Slogan, „Wait until eight“ dafür wirbt, dass Kinder erst in der achten Klasse ein Smarthone besitzen sollten. In Frankreich hatte nun der Präsident der Republik Emmanuel Macron eine hochrangige Kommission mit einer Studie beauftragt, die eine Antwort auf die Frage bringen sollte, ab wann Kinder ein Smartphone nutzen sollten. Die Empfehlungen, die Wissenschaftler und Experten aus ihrer Studie erarbeitet sind für einige überraschend, aber eindeutig: Sie fordern, dass Kinder erst im Alter von 13 Jahren ein Smartphone haben sollten. Die Nutzung von Social Media sollte erst Jugendlichen ab 18 Jahren erlaubt sein.

Kinder vor der profitorientierten Strategie der Tech-Industrie schützen

Während in Deutschland starke Interessengruppen wie etwa der Verband der Bildungswirtschaft didacta oder die Stiftung Lesen fordern, selbst Kleinkindern die Nutzung von Bildschirmgeräten zu ermöglichen, fordern die französischen Experten, Kinder vor der profitorientierten Strategie der Tech-Industrie zu schützen, die darauf abziele, die Aufmerksamkeit der Kinder zu fesseln und alle Formen der kognitiven Verzerrung zu nutzen, um Kinder vor ihren Bildschirmen einzusperren, sie zu kontrollieren, sie wieder zu beschäftigen und sie zu monetarisieren.

Kinder würden in diesem neuen Technologiemarkt zur „Ware“, heißt es in dem Bericht, und weiter: „Wir wollen, dass [die Industrie] weiß, dass wir gesehen haben, was sie tun, und wir werden sie nicht damit durchkommen lassen“.

Kinder unter drei Jahren sollten keine Bildschirmgeräte nutzen

Wie in allen anderen Studien, in denen es um die körperliche und psychische Gesundheit von Kindern geht, kommen auch die französischen Wissenschaftler zu dem Schluss, dass Kinder unter drei Jahren nicht mit Bildschirmen in Berührung kommen sollten und kein Kind unter elf Jahren ein Telefon haben sollte. Jedes Telefon, das ein Kind zwischen elf und 13 Jahren erhalte, solle ein Mobiltelefon ohne Internetzugang sein. Das Mindestalter, ab dem ein Smartphone mit Internetzugang erlaubt sein sollte, wurde auf 13 Jahre festgelegt.

Jugendliche sollte nur Zugang zu „ethischen“ sozialen Medien haben

Laut dem Bericht, der unter der Leitung der Neurologin Servane Mouton und Amine Benyamina, dem Leiter der Abteilung für Psychiatrie und Suchtkrankheiten am Paul-Brousse-Krankenhaus entstanden ist, sollte ein 15-Jähriger nur Zugang zu sogenannten „ethischen“ sozialen Medien wie Mastodon haben. Herkömmliche, massenhaft vermarktete, profitorientierte soziale Medien wie TikTok, Instagram oder Snapchat sollten Teenagern erst ab 18 Jahren zugänglich sein. Teenager sollten auch besser über die wissenschaftlichen Hintergründe der Notwendigkeit von ausreichend Schlaf aufgeklärt werden.

Die Wissenschaftler fordern noch viel mehr: Selbst auf Entbindungsstationen sollten Telefone und Bildschirme so weit wie möglich eingeschränkt werden, um die Bindung zwischen Eltern und ihren Babys zu fördern. Auch bei Tagesmüttern und -vätern sollte die Handynutzung thematisiert werden, so der Bericht.

Ausnahme für Audiogerät zum Geschichtenerzählen

Für Kinder bis zum Alter von sechs Jahren sollten Bildschirme aller Art „stark eingeschränkt“ und nur sehr selten für Bildungsinhalte genutzt werden, wenn sie in Begleitung eines Erwachsenen sitzen. In Kindergärten sollten Bildschirme für Kinder unter sechs Jahren ganz verboten werden. In Grundschulen sollten Kinder keine individuellen Tablets oder digitalen Geräte zum Arbeiten erhalten, es sei denn, es handle sich um eine spezielle Behinderung.

Der Bericht schlug außerdem vor, angeschlossenes Spielzeug zu verbieten, es sei denn, es werde als Audiogerät zum Geschichtenerzählen verwendet.

Unterschiedliche Haltungen in Deutschland und Frankreich

In Deutschland fordert etwa die Vorstandsvorsitzende der Stiftung Digitale Chancen, die Literaturwissenschaftlerin Jutta Croll, die die miniKIM-Studie durchführt:  „Auch kleinere Kinder sollten Zugang zu digitaler Kommunikation und Interaktion haben und bei der Nutzung unterstützt werden, um ein gutes Aufwachsen mit Medien zu gewährleisten.“ Die Neurologin Mouton erklärt dagegen:  „Vor dem Alter von sechs Jahren braucht kein Kind einen Bildschirm, um sich zu entwickeln. Tatsächlich können Bildschirme die Entwicklung in diesem Alter behindern“.

Eltern sind „Opfer einer mächtigen Technologieindustrie“

Die Wissenschaftler erklären, sie wollten die Eltern nicht tadeln, die selbst „Opfer einer mächtigen Technologieindustrie“ seien. Sie fordern, Eltern sollten stattdessen dabei unterstützt werden, das zu vermeiden, was sie als „Techno-Konferenz“ bezeichneten – wenn Eltern durch das ständige Überprüfen ihrer eigenen Telefone ihre Fähigkeit beeinträchtigen, sich auf das Gespräch mit ihren Kindern, das Essen oder das Spielen mit ihnen zu konzentrieren.

Dies schade der emotionalen Entwicklung junger Menschen, heißt es in dem Bericht. Dazu gehörten auch Erwachsene, die auf ihren Handys scrollten, während sie kleine Kinder fütterten, oder Haushalte, in denen ständig ein Fernseher im Hintergrund lief.

Gesellschaft soll mehr tun

Die Wissenschaftler erklären, dass die Eltern zwar keine Schuld treffe und dass in der Gesellschaft insgesamt mehr getan werden solle, etwa indem Erwachsene die Möglichkeit gegeben werde, sich außerhalb der Arbeitszeit von der Arbeit abzuschalten, Bildschirme an öffentlichen Orten einzuschränken, bildschirmfreie Restaurants und Cafés einzuführen oder Eltern ihr Handy in eine Box zu legen, wenn sie von der Arbeit nach Hause kommen.

Die Wissenschaftler erklären, dass „elterliche Kontrollen“ nicht als ausreichendes Mittel zum Schutz der Kinder angesehen werden sollten. Vielmehr seien sie ein unwirksames Ablenkungsmanöver, mit dem die Tech-Industrie hausieren gehe, um sich aus der Verantwortung zu stehlen, Algorithmen zu entwickeln, insbesondere in den sozialen Medien, die darauf ausgerichtet seien, Kinder süchtig zu machen und zu monetarisieren.

Technik muss im Dienste des Menschen stehen

Benyamina sagt: „Die Technik ist und bleibt ein fantastisches Werkzeug, aber sie muss im Dienste der Menschen stehen und darf nicht auf die Bedienung eines Produkts reduziert werden“. Die Bildschirme hätten negative Auswirkungen auf Kinder „in Bezug auf ihr Sehvermögen, ihren Stoffwechsel … ihre Intelligenz, Konzentration und kognitiven Prozesse“.

Was nun in Frankreich geschieht, ist noch offen. Noch im Januar erklärte Präsident Macron, dass es Verbote und Restriktionen geben könne.

Quellen: Studie, The Guardian, Pressemitteilung Stiftung Ravensburger Verlag, Stern




Warum Bildung für Nachhaltige Entwicklung bereits im Kindergartenalter wichtig ist

Ein Interview mit Ingrid Dreier und Prof. Markus Rehm von der Forscherstation über Bildung für Nachhaltige Entwicklung

Wie kann man das Thema Bildung für Nachhaltige Entwicklung in wenigen Sätzen erklären?

Dreier: Es geht um ein Bildungskonzept, das nachhaltige Entwicklung befördert. Das heißt, Menschen sollen durch Bildung, aber auch durch den Aufbau von Werten und Kompetenzen befähigt werden, den Herausforderungen der Zukunft zu begegnen und ins Handeln zu kommen. Dabei richten wir in der Forscherstation das Augenmerk vor allem auf die vier Dimensionen nachhaltiger Entwicklung ökonomisch, ökologisch, sozial und kulturell.

Rehm: Eine Grundlage waren und sind die 17 „Sustainable Development Goals“ der UNESCO, also die Ziele für nachhaltige Entwicklung.

Warum ist das Thema wichtig?

Rehm: Weil sich das Zeitfenster des nicht nachhaltigen Handelns schließt. Und weil Bildung die Kraft hat, Selbst- und Weltbilder zu verändern.

Dreier: Die meisten Menschen wissen, was man tun kann, um Ressourcen zu sparen, und sie wissen, wie soziale Gerechtigkeit aussieht. Aber sie setzen es nicht um. Warum? Eine Antwort könnte sein, dass unser bisheriges Bildungskonzept nicht innovativ genug ist. Es geht dort eher darum, Inhalte wiederzugeben, und weniger darum, sie zu erneuern oder zu hinterfragen. BNE hingegen beinhaltet innovative Bildung. Und das brauchen wir.

Rehm: Das Konzept dazu kennt man schon relativ lange: die transformative Bildung. Die Forschung weiß heute, dass es dafür Irritationen braucht. Nun geht es darum, diese zu nutzen, ohne die Leute zu verformen. Im Moment fehlt aber oft noch der Anreiz.

Was für Vorteile habe ich, mich in Richtung nachhaltiges Handeln zu bewegen?

Dreier: Es geht darum, etwas zu ermöglichen, nicht darum, etwas vorgesetzt zu bekommen, mit der Ansage: „Das musst Du so tun“. Die Schlussfolgerung, was kann ich tun, muss jeder und jede für sich selbst finden.

Rehm: Entscheidend ist zu merken, dass es mir mit nachhaltigem Handeln besser geht als ohne. Dann ist auch die Erkenntnis nachhaltig.

Wenn ich das richtig verstanden habe, dann ist das eine Haltung, die sich durchzieht, kein zusätzlicher Lernstoff?

Dreier: Genau. Es geht darum, Kindern zu ermöglichen, sich und andere zu motivieren. Sich zu beteiligen an Prozessen.

Rehm: Wir wissen aus vielen Studien, dass diese Bildungsprozesse über Irritationen ablaufen, die einschneidend sind. Nun kommt die spannende Frage, wie viel davon darf ich Kindern in der Kita oder Grundschule zumuten? Hier geht es um Widersprüche, die eine Fachkraft aufgreifen muss. Und am Ende gilt es, gemeinsam ins Handeln zu kommen. Der schützende Mantel, um diese Irritation verkraften zu können, ist vor allem bei kleinen Kindern die Neugier und das Staunen. Das könnten wir Großen uns öfter als Vorbild nehmen.

Markus Rehm, Sie haben mit Ihrer Forschungsgruppe einen „Donut mit Biss“ als Modell für die planetaren und sozialen Grenzen beschrieben. Was heißt das?

Rehm: Nachhaltigkeit vereint immer mehrere Aspekte in sich, Themen der Nachhaltigkeit, wie zum Beispiel der Klimawandel, Migration und Armut, Biodiversität, … sind immer gleichzeitig komplex und kontrovers, sowohl was die faktischen Inhalte als auch, was die ethischen Dimensionen dieser Themen anbelangt. Die 17 Ziele der UNESCO sind dafür das beste Beispiel. Wir wissen heute, dass es nicht möglich ist, diese bis zum Jahr 2030 alle zu erreichen. Dazu kam, dass unsere „Bezugswissenschaft“, die Nachhaltigkeitswissenschaft, bislang noch gar kein Modell der Grenzen hatte, in denen sich nachhaltiges Leben abspielt. Das Donut-Modell löst die Frage, wie sich Ökonomie, Ökologie und Soziales in ihren Widersprüchen arrangieren können. Unser „Donut mit Biss“ beschreibt im Ring des Donuts die planetaren und sozialen Grenzen als Ausgangspunkt für unser Handeln. Es geht also um den Bereich, in dem wir leben können. Die planetaren Grenzen wie fruchtbarer Boden oder Trinkwasser sind außerhalb des Donuts, die sozialen Grenzen wie Nahrung oder Gesundheit innerhalb. Der Biss zeigt auf, dass es bereits unwiederbringlich genutzte Ressourcen gibt. Für uns als Menschheit gilt es nun, innerhalb des Donuts den Handlungsspielraum auszuloten.

Dreier: Dabei wird klar: Bildung für Nachhaltige Entwicklung ist ein Prozess. Ich übersetze das für die praktische Arbeit immer so: Heute nicht auf Kosten von morgen leben und hier nicht auf Kosten von woanders. Gemeinsam machen wir uns auf den Weg, zu verstehen und darauf aufbauend zu handeln.

Wie sieht das alles konkret in der Fortbildung für Fach- und Lehrkräfte aus?

Dreier: Da wir aus den Naturwissenschaften kommen, konzentrieren wir uns auf die Felder, in denen die ganz stark vertreten sind wie Energie, Boden, Wasser, Klima und Konsum.

Rehm: Und jedes dieser Felder ragt in unserem Donut-Modell sowohl in die planetaren wie auch in die sozialen Grenzen hinein.

Ein Beispiel?

Dreier: Die Kinder haben Kartoffeln in ihrem Hochbeet gepflanzt, und im Herbst ist Erntezeit. Das kann ich mir anschauen in der ökologischen Dimension: Was braucht die Pflanze zum Wachsen? Oder wo wächst die Kartoffel besonders gut? Die kulturelle Dimension sind Fragen wie: Wo kommt die Kartoffel her? Gab es die schon immer bei uns? Das ergibt einen Blick in andere Kulturen, und wir erfahren, dass es in Südamerika 2000 verschiedene Sorten davon gibt, oder wir lernen Mythen kennen, in denen die Knolle eine Rolle spielt. In der ökonomischen Dimension schauen wir uns an, welche Berufe es rund um die Kartoffel gibt und wer eigentlich wo wie viel Geld daran verdient. Die soziale Dimension wäre dann, ob sich eigentlich alle Menschen hier bei uns Kartoffeln leisten können. Es war mal ein Arme-Leute-Essen, ist das noch immer so? Und dann würden wir vielleicht erfahren, dass Kolumbus die Kartoffel als absolutes Luxusgut eingeführt hat und sich adlige Damen die Blüten als Schmuck ins Haar steckten. Wir betrachten das Thema also ganzheitlich, mit allen Sinnen.

Was ist denn anders in der Kita oder in der Grundschule, wenn BNE der rote Faden ist?

Dreier: Ich als Fachkraft fühle mich in meinem pädagogischen Handeln gestärkt. Da ich über meine Haltung zu Nachhaltigkeit reflektiere, erlebe ich Aha-Effekte und Perspektivwechsel, die ich mit vielen Ideen und neuer Motivation vermitteln kann.

Rehm: Wenn es ein Konzept gibt, das gelebt und den Kindern vorgelebt wird, bringt das viel Selbstsicherheit für den pädagogischen Alltag. Insbesondere wenn ein wissenschaftlich fundiertes Modell dahintersteht.

Warum wurde BNE zum Jahresthema der Forscherstation?

Rehm: BNE ist nicht nur ein Jahres- sondern ein Lebensthema. Das war in der Forscherstation ein fruchtbarer Prozess, der in verschiedene Weiterbildungen und Arbeitsgemeinschaften eingeflossen ist. Und wir bleiben dran.

Dreier: Wir sind zuversichtlich, dass sich mehr und mehr Einrichtungen damit beschäftigen, weil auch die Orientierungspläne und Bildungspläne das in Zukunft fordern. Wir unterstützen da also jetzt schon nachhaltig im wahrsten Sinne des Wortes.

Die Interviewten:

Ingrid Dreier: In der Forscherstation zuständig für die Fortbildung „Heute das Morgen gestalten“ und für frühe naturwissenschaftliche Bildung. Hintergrund: Erzieherinnenausbildung und Masterabschluss in Erziehungswissenschaft sowie von Umwelt und Bildung.

Prof. Markus Rehm: Fachliche Leitung in der Forscherstation, Professor für Didaktik der Naturwissenschaften an der Pädagogischen Hochschule Heidelberg. Er hat sich Bildung für Nachhaltige Entwicklung (BNE) als Leuchtturmthema auf die Fahne geschrieben.

Die Klaus Tschira Stiftung

Die Klaus Tschira Stiftung (KTS) fördert Naturwissenschaften, Mathematik und Informatik und möchte zur Wertschätzung dieser Fächer beitragen. Sie wurde 1995 von dem Physiker und SAP-Mitgründer Klaus Tschira (1940–2015) mit privaten Mitteln ins Leben gerufen. Ihre drei Förderschwerpunkte sind: Bildung, Forschung und Wissenschaftskommunikation. Das bundesweite Engagement beginnt im Kindergarten und setzt sich in Schulen, Hochschulen und Forschungseinrichtungen fort. Die Stiftung setzt sich für den Dialog zwischen Wissenschaft und Gesellschaft ein. Weitere Informationen unter: www.klaus-tschira-stiftung.de

Die Forscherstation

Die Forscherstation, Klaus-Tschira-Kompetenzzentrum für frühe naturwissenschaftliche Bildung gGmbH mit Sitz in Heidelberg, wird von der Klaus Tschira Stiftung getragen. Ihr Ziel ist es, pädagogische Fachkräfte aus Krippe, Kita und Grundschule für Naturwissenschaften zu begeistern und zu befähigen, damit sie gemeinsam mit Kindern die Welt entdecken. Dafür setzt die Forscherstation auf berufsbegleitende Fortbildungen, die Bereitstellung geeigneter Experimentierideen, praxisbezogene Forschung sowie die Qualifizierung wissenschaftlichen Nachwuchses. Dabei arbeitet die Forscherstation eng mit der Pädagogischen Hochschule Heidelberg zusammen. Weitere Informationen unter: www.forscherstation.info

Kirsten Baumbusch, Klaus Tschira Stiftung gGmbH




Konzeptionsentwicklung: Grundlage für eine ­Innen- und Außenqualität

Kindergarten

Von der Bestandsaufnahme über die Entwicklung bis zum fertigen Konzept

Die Elementarpädagogik ist in den vergangenen 30 Jahren wie kaum ein anderer Wissenschaftszweig in Unruhe versetzt worden. War es in den 90er-Jahren vor allem die Qualitätsentwicklung, die sich erstmals in der Frühpädagogik konsequent bis heute immer mehr durchsetzte, so waren es einige Jahre später die bahnbrechenden Erkenntnisse der Hirn-, Bildungs- und Bindungsforschung, die für die Elementarpädagogik immer mehr in den Vordergrund rückten. Dann forderten die länderspezifischen Bildungskonzepte, Orientierungspläne und Bildungsprogramme die ganze Aufmerksamkeit der elementarpädagogischen Fachkräfte und weitere Neuerungen kamen ins Gespräch: eine bilinguale Pädagogik, Dokumentation von Lerngeschichten, Portfolios, Veränderung klassischer Kindertagesstätten in Familienzentren etc. Damit wird eines deutlich: Die Elementarpädagogik war und ist in einem ständigen Entwicklungsprozess. Insofern fühl(t)en sich landauf, landab ungezählte Kindertageseinrichtungen dazu aufgefordert, bisherige Sichtweisen, Standpunkte und Gewohnheiten zu hinterfragen und aufgrund neuer Erkenntnisse bzw. Notwendigkeiten zu verändern.

Zielbestimmungen geben die Richtung für Konzepte, Konzeptionen und die Praxis der gesamten Pädagogik vor

Es gibt eine altbekannte Weisheit in der Lernzieltaxonomie, die lautet: „Wer nicht weiß, wohin er will, darf sich nicht wundern, dort zu landen, wohin er in keinem Fall wollte.“ Übertragen auf die Elementarpädagogik bedeutet(e) dies, dass es jederzeit notwendig war/ist, für das gesamte Arbeitsfeld und die damit verbundenen Arbeitsbereiche eine Bestandsaufnahme vorzunehmen (Ist-Analyse), um die Ergebnisse mit den sogenannten Soll-Vorhaben zu vergleichen.

Der besondere Sinn liegt vor allem darin, eigene Standpunkte selbstkritisch zu hinterfragen und immer wieder festzustellen, inwieweit die bisherigen Arbeitsmerkmale den aktuellen Notwendigkeiten einer bildungsorientierten und zugleich bindungsstarken Elementarpädagogik sowie den gültigen Verpflichtungen entsprechen. Des Weiteren hilft es, immer wieder eine Grundlagenorientierung herzustellen, um nicht unreflektiert modernistischen Strömungen zu folgen oder persönliche, subjektiv geprägte Vorlieben/Abneigungen zum Ausgangspunkt der realisierten Pädagogik zu erklären. Mit einer solchen Qualitätsevaluation ergibt sich die GRUNDLAGE für das besondere PÄDAGOGISCHE KONZEPT der Einrichtung. Sie wird später wie eine Richtschnur die Ausrichtung des pädagogischen und berufspolitischen (Selbst-)Verständnisses sowie die pädagogische Orientierung vorgeben.

Eine Bestandsaufnahme verfolgt zunächst die folgenden neun Ziele:

(Abb. 1: Ziele einer Bestandsaufnahme zur Herstellung/Verbesserung/Aufrechterhaltung einer Qualität und zur Festlegung konzeptioneller Eckwerte)

Um diesen Zielen möglichst nahezukommen, bietet es sich an, folgenden Fragen nachzugehen:

Beispielhafte Fragen zur Überprüfung des bisherigen KONZEPTS, zur Grundlagenklärung und zur Festlegung/Erarbeitung/Überarbeitung einer Konzeption:

  • Nach welchem pädagogischen Ansatz (unter Berücksichtigung der wesentlichen Merkmale) wird in der Einrichtung gearbeitet? Warum?
  • Wann wurde das letzte Mal eine umfangreiche „Situationsanalyse“ durchgeführt? Sind die Ergebnisse deckungsgleich mit den Zielen des pädagogischen Ansatzes?
  • Gibt es eine pädagogische Konzeption? Wie aktuell, umfassend und konkret ist sie und wann wurde sie das letzte Mal überarbeitet?

Fragen zum Personal:

  • Welche Visionen und Perspektiven bezüglich der Arbeit hat das Kollegium zurzeit?
  • Wie hoch sind die Merkmale Engagement, Arbeitsmotivation, Anstrengungsbereitschaft, Lebendigkeit und Arbeitsfreude ausgeprägt?
  • Wird die Arbeit regelmäßig und strukturiert fachlich reflektiert? Auf welche Art und Weise?

Fragen zur Praxis der Elementarpädagogik:

  • Wie sieht der Tagesablauf aus und wie begründet sich diese Aufbaustruktur? Wird thematisch oder projektorientiert gearbeitet?
  • Wie entstehen pädagogische Projekte bzw. wie ergeben sich thematische Schwerpunkte? Wie werden diese aufgebaut, durchgeführt und ausgewertet?
  • Beziehen sich die Projekte/Themen auf reale Lebenssituationen der Kinder und werden diese in künstlichen Situa­tionen oder Realwelten erfahren?
  • Wie werden Selbstständigkeit, Autonomie, Verantwortlichkeit und Initiative der Kinder praktisch angeregt und unterstützt? Welche Rolle spielen Partizipation, Inklusion und Genderorientierung?

Fragen zur Zusammenarbeit mit den Eltern:

  • Welche Dokumentationsformen zur Erfassung kindeigener Entwicklungsverläufe werden im Kollegium genutzt? Wann/wie oft werden die Ergebnisse mit Eltern besprochen?
  • Wie werden Widersprüche und kritische Äußerungen der Eltern vom Kollegium aufgenommen?
  • Erfahren die Eltern praktische Hilfestellungen bei Erziehungsfragen? Wie?

Weitere bedeutsame Fragen zu anderen Qualitätsfeldern:

  • Existiert eine vertrauensvolle, wertschätzende und arbeitsintensive Teamarbeit oder gibt es Spannungen? Werden Konflikte geklärt oder „unter den Tisch gekehrt“? Wie wird die Teamarbeit gepflegt?
  • Wie sieht die Zusammenarbeit mit anderen Einrichtungen (Grundschulen, anderen Kitas, Beratungsstellen …) aus? Kann die Elementarpädagogik ihr eigenes Profil verdeutlichen?
  • Welche Formen aktiver Öffentlichkeitsarbeit werden regelmäßig in Angriff genommen?

Fragen zur Qualitätssicherung

  • Welche Qualitätsinstrumentarien sind bekannt? Für welches Qualitätsmanagement hat sich die Kindertagesstätte entschieden? Warum? Welche Qualitätsinstrumentarien werden abgelehnt? Aus welchen Gründen?
  • Welche Arbeitsschwerpunkte wurden bisher gezielt bearbeitet, mit welchem Ergebnis und welche Bereiche stehen als Nächste zur Bearbeitung an? Gibt es ein Qualitätshandbuch?
  • Was hat die Qualitätsevaluation bisher an praktischen Veränderungen mit sich gebracht?

Der Aufwand für eine Bearbeitung dieser und entsprechend weiter­führender Fragen ist der Mühe immer wert. Neben inhaltlichen Grundlagenklärungen entsteht ein professionelles Verständnis für eine qualitätsgeprägte Pädagogik sowie eine gemeinsame Einrichtungsidentität. Dies ist die wohl wichtigste Basis für einen gelingenden Alltag. Die Mitarbeiter/-innen der Kindertagesstätten bemerken dann selbst – wenn Grundlagen neu definiert/besprochen, Ziele neu/punktgenau angesteuert, Strukturen neu geordnet, Arbeitsvorhaben neu/kompetent entworfen und Arbeitsvorgänge neu aufgebaut/durchgeführt werden –, wie sich das eigenständige und unverwechselbare Profil dieser Einrichtung immer stärker herausbildet.

Insgesamt geht es bei einer Konzeptfindung, -erörterung, -festlegung immer um die folgenden Schwerpunktbereiche:

(Abb. 2: Die 14 Schwerpunkte zur Findung/Festlegung eines Konzepts und zur späteren Ausführung einer Konzeption)

Eine Konzeptentwicklung sorgt für tragfähige und verbindliche Eckpfeiler, damit im Anschluss eine Konzeption gestaltet oder die bisherige Konzeption umgeschrieben werden kann/muss. Damit entwickelt sich eine Konzeption zum schriftlich formulierten „Spiegelbild der Praxis“.

Die Konzept(ions)entwicklung dient auch zur gezielten Öffentlichkeitsarbeit

„Tue Gutes und rede darüber.“ Diese Aussage trifft auch für eine ­qualitätsgeprägte Öffentlichkeitsarbeit elementarpädagogischer Einrichtungen zu.
Leider hat sich bis heute in der breiten Öffentlichkeit immer noch nicht deutlich genug herumgesprochen, dass Kindertageseinrichtungen eigenständige FACHINSTITUTIONEN und die dort tätigen Mitarbeiter/
-innen FACHKRÄFTE weder liebevolle „Kinderbeschäftigungskräfte“ noch als Hilfskraft eingesetzte „Vorschullehrer/-innen“ sind. Das kann viele unterschiedliche Hintergründe haben. Wahrscheinlich liegt es daran, dass elementarpädagogische Fachkräfte bisher zu wenig für eine breit angelegte und offensiv gestaltete Öffentlichkeitsarbeit beigetragen haben. Umso bedeutsamer ist es daher, dass Kindertageseinrichtungen ihr eigenständiges, unverwechselbares Profil, ihren überaus bedeutsamen Beitrag für eine gesellschaftliche Weiterentwicklung, ihre nicht zu ersetzende Wertigkeit im Hinblick auf die Persönlichkeits- und nachhaltige Bildungsentwicklung der Kinder sowie ihren Anspruch auf Wertschätzung zum Ausdruck bringen: deutlich, unmissverständlich, kontinuierlich und aussagestark formuliert.

Öffentlichkeitsarbeit verfolgt 3 Zielsetzungen

  1. Herstellung einer Transparenz der Aufgaben und hohen Wertigkeit,
  2. Steigerung des Ansehens der Einrichtung in der Öffentlichkeit und
  3. Aufbau, Ausbau und Pflege eines Vertrauens zur Öffentlichkeit.

Wenn auf der einen Seite von Mitarbeiter/-innen des Öfteren der Umstand beklagt wird, dass die Kita in der Öffentlichkeit entweder noch immer als „Aufbewahrungsstätte/Beschäftigungsort für Kinder“ angesehen oder wenn elementarpädagogische Fachkräfte im Vergleich zum „Bildungssystem Schule“ entweder einen untergeordneten Wert oder eine völlig unberechtigte „Zuarbeiteraufgabe für die Grundschule“ zugeschoben bekommen, dann muss es die Elementarpädagogik schaffen, ihre Aufgaben und ihren eigenständigen Erziehungs-, Bildungs- und Betreuungsauftrag kompetent nach außen zu tragen. Daher geht es um die Transparenz!

Elementarpädagogische Einrichtungen sind eine besonders bedeutsame gesellschaftspolitische Institution mit einer nachhaltigen Wirkung. Dieser Stellenwert hat sich jedoch in der Öffentlichkeit immer noch nicht deutlich genug durchgesetzt. Insofern kann eine offensive Öffentlichkeitsarbeit dabei helfen, diese Situation zu verändern.

Daher geht es um die Steigerung des Ansehens!

Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit wird nur dann erreicht, wenn bestimmte Aktionen auffallen und damit der Öffentlichkeit deutlich ins Auge springen. Dabei geht es in der Öffentlichkeitsarbeit selbst nicht um irgendwelche punktuellen „Spots“, bei denen nur dann die Öffentlichkeit gesucht wird, wenn aktuelle Notwendigkeiten dazu drängen, bestimmte Aktionen in Gang zu setzen. Öffentlichkeitsarbeit lebt aus einer qualitätsgeprägten Kontinuität heraus – fachlich fundiert und beziehungsfreundlich in die Öffentlichkeit transportiert. Daher geht es um den Aufbau und die Pflege eines Vertrauensverhältnisses zur Öffentlichkeit mit langfristigen Wirkungen!

Öffentlichkeitsarbeit zeigt sich in einer breiten Vielfalt

Eine qualitätsgeprägte Elementarpädagogik verfolgt das Ziel, ihr PROFIL mit vielfältigen Dokumentationsbelegen transparent zu machen. Dabei nutzen die elementarpädagogischen Fachkräfte möglichst viele unterschiedliche Formen der Öffentlichkeitsarbeit, um die hohe Bedeutung der pädagogischen Arbeit für die Entwicklung der Kinder (und deren Familien) sowie ihre gesellschaftspolitische Wertigkeit zu dokumentieren. Kindertagesstätten präsentieren dabei ihre konzeptionellen Grundsätze/Richtlinien und ihre aktuelle, schriftlich fixierte Konzeption, ihre regelmäßigen Projektdokumentationen und ihre neuesten Jahresberichte.

Sie arbeiten an Fachpublikatio­nen mit und sorgen durch ihr öffentliches Engagement auch auf politischer Ebene für ein kinderfreundliches (entwicklungsförderliches) Umfeld. Ihre Teilnahme an Fachsymposien und Kongressen, ihre Kontaktpflege mit den Ausbildungsstätten (Fach-/Hochschulen) und die vielfältigen, öffentlichen Darstellungen (Ausstellungen/Mitwirkungen bei Aktionen), die Außenrepräsentanz bei Projekten und die Mitwirkung bei kommunalen/gemeindlichen Aktionen prägen ein Bild von der Institution, die das Selbstverständnis klar, nachvollziehbar und offensiv auf den Punkt zu bringen versucht. Nicht zuletzt dadurch schaffen es die Fachkräfte, das traditionell geprägte Bild einer „Kindergärtnerin“/eines „Kindergärtners“ aufzuheben und das einer professionellen Fachkraft mit einem hohen Fachwissen und einer gut ausgeprägten Handlungskompetenz zu stabilisieren.

Literatur

  • Bendt, Ute; Erler, Clauia (2008): Aus bewährter Praxis die eigene Kita-Konzep­tion entwickeln. Eine Anleitung in 8 Schritten. Mühlheim: Verlag an der Ruhr
  • Jacobs, Dorothee (2009): Die Konzeptionswerkstatt in der Kita. Weimar/Berlin: Verlag das netz
  • Krenz, Armin (Hrsg.) (2010): Kindorientierte Elementarpädagogik. Göttingen: Vandenhoeck + Ruprecht
  • Krenz, Armin (2009): Professionelle Öffentlichkeitsarbeit in Kindertagesstätten. Troisdorf/Köln: Bildungsverlag EINS
  • Krenz, Armin (2008): Konzeptionsentwicklung in Kindertagesstätten. Troisdorf: Bildungsverlag EINS
  • Krenz, Armin (2001): Qualitätssicherung in Kindertagesstätten. München: Ernst Reinhardt Verlag
  • Lill, Gerlinde (2007): Begriffe versenken. Sinn und Unsinn pädagogischer Gewohnheitswörter. Weimar/Berlin: Verlag das netz
krenz grundlagen

Diesen Beitrag haben wir aus folgendem Buch entnommen:

Krenz, Armin

Grundlagen der Elementarpädagogik
Unverzichtbare Eckwerte für eine professionelle Frühpädagogik

192 Seiten,
ISBN: 978-3-944548-03-6
24,95 €




Broschüre „Nachhaltig durchs Kitajahr“ für pädagogische Fachkräfte

klimakita

Kostenfreie Materialien für Kitas vom Klima Kita Netzwerk

Das Klima-Kita-Netzwerk hat für pädagogische Fachkräfte aus Kitas kostenfreie Materialien mit vielen Anregungen für die Bildungsarbeit, Hintergrundinformationen zum Thema Nachhaltigkeit und Klimaschutz sowie Vorlagen und Checklisten entwickelt.

Ob Tipps zur plastikfreien Kita, mehr Vielfalt im (Kinder-)Garten oder der Energie auf der Spur – in der Broschüre „Nachhaltig durchs Kitajahr“ finden Sie für jeden Monat vielfältige Praxistipps und Hintergrundwissen.

Entdecken Sie spannende Themen für das ganze Jahr. Zum Erntefest im Oktober dreht sich alles um Klimaschutz auf dem (Kita-)Teller. Wo kommt unser Essen her? Und was hat das mit dem Klimaschutz zu tun? Konkrete Rechenbeispiele zeigen, wie CO2 eingespart werden kann. Klimaschutz-Monster laden Kinder zum Mitmachen ein. Außerdem finden Sie Checklisten für Klimaschutz und Nachhaltigkeit in der Kita.

Laden Sie sich hier die Broschüre kostenlos herunter:

Weitere Infos finden Sie hier auf https://klima-kita-netzwerk.de/