Therapeutische Erziehung nach dem „Situationsorientierten Ansatz“

klein

Eine zukunftsweisende Perspektive für die Elementarpädagogik

Wissenschaft darf kein einsames Denken im Elfenbeinturm sein und keinen Selbstzweck haben. Forschung muss sich legitimieren als elementares Denken aus der Lebenspraxis heraus und für ein gelingendes, menschlicheres Leben beitragen. Sie gründet in einer globalen Ethik, die über den nationalen Rahmen hinausreicht und der Menschheit dient. Diese Lebensethik macht uns die Einmaligkeit und Gleichwertigkeit aller Lebensformen bewusst. Es geht hier nicht zuerst um Maßnahmen und Regeln, sondern um die Gesinnung, die uns der Situationsorientierte Ansatz von Armin Krenz als zukunftsweisende Perspektive ans Herz legt.

1. Zur Aktualität des „Situationsorientierten Ansatzes“ (S.o.A.)

Der „Situationsorientierte Ansatz“ wurde von dem Kindheitspädagogen Armin Krenz (mit Zulassung zu heilkundlich, psychologisch-therapeutischer Tätigkeit) im Rahmen seiner Tätigkeit am „Institut für angewandte Psychologie und Pädagogik“ in Kiel erarbeitet und hat sich in den letzten 35 Jahren als ein viel beachteter Ansatz in Deutschland und dem europäischen Ausland (hier vor allem in Süddänemark, im deutschsprachigen Norditalien sowie in Österreich und Luxemburg) in vielen Kindertageseinrichtungen etabliert, obgleich er nicht immer in den genannten und fest verankerten Grundlagen vollständig umgesetzt wird. Er orientiert sich an den jeweils aktuellen und für die Praxis relevanten Ergebnissen und Erkenntnissen der Sozialtherapie, Entwicklungspsychologie sowie Bildungs- und Bindungsforschung, der Neurobiologie, der UN-Charta „Rechte des Kindes“ sowie dem tief verwurzelten Humanismus in der Korczak-Pädagogik. (Klein 2022) Ziel des S. o. A. ist es, die Selbst-, Sach-, und Sozialkompetenz von Kindern auf- und auszubauen, um bei ihnen möglichst viele Ressourcen zu entdecken, aufzugreifen und eine Entwicklung in allen Entwicklungsfeldern möglich zu machen, so wie uns dies in Pestalozzis Elementarbildung und im Gesundheitsbegriff begegnet (Krenz 1996). Praktisch bedeutet dies, die Selbstständigkeit der Kinder auf der Grundlage einer entdeckten und gefestigten Ich-Identität, ihre Autonomie und ihr soziales Verhalten auf der Grundlage eines werteorientierten Verhaltens zu aktivieren und weiterzuentwickeln, das die drei gesundheitsfördernden Prinzipien – Salutogenese, Logotherapie und Rhythmik – im Geiste von Korczaks „Pädagogik der Achtung“ pflegt. (Klein 2018, S. 62 ff.) Das zeigt sein neuestes Handbuch mit 20 aktuellen praxisrelevanten Themen, die er aus seinen Seminaren, Vorträgen, Büchern und zahlreichen Fachbeiträgen auf der Basis der neuesten Erkenntnisse Bindungs- und Bildungsforschung, Neurobiologie sowie Lern- und Entwicklungspsychologie auf den Punkt bringt. (Krenz 2022a)

Der S. o. A. berücksichtigt also die biologischen, sozialkulturellen und psychologisch bedeutsamen Lebensbedingungen von Kindern und ihren Eltern. Er basiert auf einem ganzheitlichen Menschenbild, das die Entwicklung aller Personen, die in den Entwicklungsprozess eines Kindes einbezogen sind, in den Mittelpunkt rückt. Dabei geht der Ansatz von folgender Grundsatzfrage aus: Welche entwicklungsförderlichen Bedingungen brauchen Kinder und ihre Familien (heute), um eigene, vorhandene Ressourcen auf- und auszubauen? Dieser kindorientierte Ansatz

  • versteht Krippe und Kita als einen sehr bedeutsamen persönlichkeitsprägenden Lebens- und Wirkungsraum für die nachhaltige Entwicklung des Kindes,
  • hat einen eigenständigen kindorientierten Erziehungs-, Bildungs- und Betreuungsauftrag im Unterschied und in Abgrenzung zur Schulpädagogik (entsprechend dem Kinder- und Jugendhilfegesetz, KJHG, 8. Band, 2. Halbband sowie den Kindertagesstättengesetzen der Bundesländer),
  • beachtet kulturelle Wertearten sowie religiöse Erfahrungen und
  • geht von einer ganzheitlichen Unterstützung der Handlungs-, Bildungs-, Leistungs- und Lernfähigkeit von Kindern aus. (Krenz 1992, 2007a, 2010a, 2014a, Klein 2018, S. 104)

Der Erziehung- und Bildungsauftrag besteht darin, dafür zu sorgen, dass Kinder eine allumfassende, lebendige und vielfältige, die Neugierde unterstützende Erfahrungswelt kennenlernen können, damit sie in der Lage sind, ihre individuelle Identität zu erfahren und zu begreifen, weiterzuentwickeln und auszubauen. Auf diese Weise erwerben Kinder alle notwendigen Kompetenzen, um gegenwärtige und zukünftige Lebenssituationen weitgehend autonom und gleichzeitig in Verantwortung zur Welt gestalten zu können.

Der Betreuungsauftrag besteht darin, Kindern und Jugendlichen treu zu sein. Das geschieht durch den Auf- und Ausbau fester, verlässlicher Beziehungen zu ihnen und deren wertschätzende Pflege. Durch erlebte Beziehungsqualitäten können Kinder ein Gefühl der Sicherheit bekommen, eine Grundlage für alle bedeutsamen bio-psycho-sozialen Entwicklungsprozesse im Menschen. (Krenz 1991/2004)

Fazit

Im elementarpädagogischen Erziehungs-, Bildungs- und Betreuungsraum soll sich jedes Kind wohl- und sicher aufgehoben fühlen und nach seinen Potenzialen gemeinsam mit anderen Kindern und den Erziehern entwickeln. Er beachtet sieben verbindliche Eckwerte (Mitteilung von Armin Krenz an die Verfasser):

Daraus ergeben sich Konsequenzen für die Praxis

  • Das humanistische Menschenbild prägt nicht nur die gesamte pädagogische Arbeit, sondern verlangt auch von den originär therapeutisch tätigen Erziehern (wohlgemerkt: an dieser Stelle ist nicht vom „psychotherapeutisch“ tätigen Erzieher die Rede) eine stets reflektierte Selbstbildung und eigene Persönlichkeitsentwicklung. (Krenz 1983a, 1986 und 1990) Getreu dem Motto: Das Prinzip des lebenslangen Lernens gilt zu allererst für die eigene Person, zumal Authentizität den wichtigsten Bildungsimpuls für Kinder bildet.
  • Der Stellenwert der Eltern, die im Sinne einer entscheidenden Mitverantwortung für die Entwicklung ihrer Kinder in die pädagogische Arbeit einbezogen werden, wird hoch eingestuft. Daher kommt der Elternbildung, Elternberatung und einer kommunikationsfreundlichen, wertschätzenden Zusammenarbeit große Bedeutung zu, ohne dabei den Wünschen der Eltern vorbehaltlos nachzukommen, sofern diese dem Entwicklungsgeschehen für das Kind abträglich wären…
  • Konstruktive kollegiale und interdisziplinäre Zusammenarbeit ist entscheidend, um Kindern in allen Belangen ein gutes Vorbild zu sein und gleichzeitig für eine entwicklungsförderliche Innenqualität zu sorgen. (Krenz 1984, 2013a)
  • Der didaktische Aufbau von Projekten wird als Garant gegen eine Zufallsdidaktik oder eine so genannte „Spaßpädagogik“ angesehen. Im S.o.A. geht es nicht darum, „was Kinder wollen“, sondern vielmehr darum, „was Kinder für eine seelisch gesunde Entwicklung brauchen“. (Krenz 2010a)
  • Ebenso wird im S.o.A. eine „Laissez-faire“-Pädagogik abgelehnt. Ein demokratischer Erziehungsstil steht im Mittelpunkt, in dem „Partizipation“ (Beteiligung der Kinder) großgeschrieben wird. Das zeigt sich beispielsweise in der regelmäßigen Durchführung von Kinderkonferenzen und durch die alltägliche Umgangskultur auf der Grundlage eines partnerschaftlichen und gleichberechtigten Interaktionsgeschehens, jedoch bei gleichzeitiger Anerkennung des Rollenstatus des Erwachsenen.
  • Qualitätsansprüche im Sinne einer überprüfbaren und transparenten Arbeit bestimmen die Arbeit, so dass nicht „jeder machen kann, was er will“. In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass vom Entwickler des S.o.A. auch ein „Qualitätsinstrumentarium“ erstellt wurde. (Krenz 2001a, 2013a) Es wird in ganz Deutschland und in einigen Nachbarländern viel beachtet und genutzt.
  • Die Abgrenzung von öffentlichen und modernistischen Erwartungen basiert auf einem klaren pädagogischen Grundverständnis: „Kinder sind keine Experimentiermäuse und dürfen auch nicht durch sozialpolitisch geprägte Erwartungen oder Absichten funktionalisiert werden !“
  • Das Bildungsverständnis (Bildung aus „erster Hand“) legt nahe, im S.o.A. keine gezielten „Förderprogramme“ künstlich zu initiieren. Stattdessen geht es im Alltagsgeschehen um ein „concomitant learning“ – ein „Lernen nebenbei“, das aus bildungswissenschaftlicher und sozialpädiatrischer Sicht weitaus effektiver ist, als ein defizitorientierter Ansatz. (Krenz 2006a, 2011a; Klein 2015)  

krenz

Der situationsorientierte Ansatz – Auf einen Blick
Konkrete Praxishinweise zur Umsetzung
Krenz, Armin
Burckhardthaus-Laetare
ISBN: 9783944548043
15,00 €

Mehr dazu auf www.oberstebrink.de


2. Der „Situationsorientierte Ansatz“ beachtet die Klassiker der Elementarpädagogik

Der „Situationsorientierte Ansatz“ geht ganz im Sinne von Friedrich Fröbel, dem Begründer des Kindergartens, davon aus, dass der Lebensort Kita ein bedeutsamer Spiel- und Lebens-/ Erfahrungsraum des Kindes ist, in dem es mit Freude, Engagement und Anstellungsbereitschaft

  • in Lebens- und Sinnzusammenhängen tätig sein,
  • seine individuellen Erfahrungen machen und
  • mit sich alleine, mit anderen Kindern und bindungsorientierten Erwachsenen leben, spielen und lernen kann.

Der Ansatz lehnt die altersgleiche Gruppe und einen vorher fest programmierten Tagesablauf ebenso ab wie „offene Gruppen“ mit ständig wechselnden Zusammensetzungen einer Kindergruppe und die Ausgrenzung von Kindern mit besonderen Entwicklungsproblemen oder Behinderungen. Er ermöglicht jedem Kind grundlegende soziale Erfahrungen, die sich auf die emotionale und kognitive Entwicklung nachhaltig positiv auswirken; dies wurde in Forschungsprojekten bestätigt. (Klein 2015, S.122 f.)

Beim S.o.A. kann jedes Kind im Sinne der Montessori-Pädagogik Akteur der eigenen Entwicklung sein, Können, Fühlen und Wollen, Stärken, Fähigkeiten, Fertigkeiten und liebenswerte Eigenschaften in den gemeinsamen Prozess des Spielens und Lernens einbringen und dadurch die eigene Entwicklung und die anderer Kinder sowie der Erwachsenen bereichern. (Krenz 2006b, 2008a, 2009a; 2009b, 2014b) Bei dieser inklusiven und normalisierenden Praxis tritt das – oft befürchtete – allein physische Zusammensein gar nicht auf. (Klein 2015, S.129 f.)

Der S.o.A. baut also auf grundlegende Einsichten von Klassikern der Elementarpädagogik – Friedrich Fröbel und Maria Montessori – auf, bindet aber auch aktuelle Erkenntnisse der Neurobiologie, Entwicklungs- und Sozialpsychologie zu Personqualität und Qualitätsmanagement in eine ganzheitliche Erziehungs- und Bildungskonzeption ein.

3. Ansprüche an die Persönlichkeit und Fachkompetenz des therapeutischen Erziehers

Beim S.o.A. stehen nicht Techniken und Methoden der Einflussnahme im Vordergrund, sondern die Persönlichkeit der pädagogischen Fachkraft (Krenz 2013a; Klein 2018, S.18), ihre

  • Emotionalität (Fühlen, Einfühlen, Empathie),
  • Kognition (Denken, Vorstellen, Wissen, Visionen, Verstehen, Wahrnehmungsoffenheit, Wahrnehmungsdifferenzierung),
  • Handlungskompetenz (orientiert an den Lern-, Entwicklungs- und Verarbeitungsbedürfnissen und am situationsgerechten Handeln) und
  • soziale Kompetenz (gemeinsam Projekte planen, durchführen und prüfen, Teamarbeit, in strukturierten Teamsitzungen miteinander beraten, andere Fachkompetenzen wahrnehmen und zurate ziehen, Elternkompetenz beachten, Suchen nach Problemlösungen, interdisziplinär arbeiten, Kompetenztransfer beachten).

Das situationsorientierte Handeln stellt hohe Ansprüche an die Haltung und Einstellung des Erziehers. (Krenz 2017a) Er wird als Person (auf der persönlichen und zwischenmenschlichen Ebene) und als Fachkraft (auf der beruflichen und fachlich-kooperierenden Ebene) angesprochen. Mit diesem Bemühen um eine methodische Haltung oder „Haltungsmethode“, die in seiner Person verankert ist, wird der Erzieher die vielfältige und immer weiterentwickelte „Trickkunde“ der Ratgeberliteratur hinter sich lassen. (Klein 2018, S. 19)

Identität und Professionalität als Motor für Entwicklungen

Wenn der Mensch als Produzent seiner individuellen Lebenscollage betrachtet wird, der aus Lebensstil und Sinnelementen die eigene Biographie in Auseinandersetzung mit sich und anderen bildet, ist dies für den therapeutisch tätigen Erzieher besonders bedeutsam. Mit der Frage nach der eigenen Identität und ihrer Klärung sind persönliche und berufliche Irritationen zu meistern.

Identitätsentwicklung beginnt dort, wo Erzieher selbst Freude und ein hohes Interesse daran haben,

  • immer wieder neues Wissen zu erwerben,
  • vertiefende Kenntnisse aus dem weiten Feld der Neurobiologie, Sozialpädiatrie, Psychologie und Pädagogik zu gewinnen,
  • Lernherausforderungen zu suchen und neue Handlungskompetenzen aufzubauen bzw. zu erweitern,
  • Konfliktkompetenzen zu erwerben, um vorurteilsbewusst, offen und neugierig schwierige Situationen zu meistern,
  • an der eigenen Lern- und Lebensgeschichte zu arbeiten, bisher verborgene Talente zu entdecken und neu zu nutzen,
  • weltoffen auf alles Unbekannte zuzugehen und
  • sich immer wieder selbst zu motivieren, mit Engagement und Risikofähigkeit die Welt humaner mit zu gestalten.

Berufliche Identitätsentwicklung ist stets mit der persönlichen verbunden; beide Identitätsbereiche entstehen nicht von alleine (Krenz 2014c). So geht es darum, immer wieder selbstreflexiv die eigene Lebensgeschichte und das Verhalten mit dem Alltagsgeschehen vor Ort zu vernetzen, um konstruktive und destruktive Handlungsmomente zu erkennen. Dazu gehört auch eine gute Dialogfähigkeit, um in den unterschiedlichsten Lebens- und Arbeitssituationen Selbstbetrachtungen und -verhandlungen zu leisten, lebendige Entwicklungsfelder zu entdecken, Entwicklungschancen zu nutzen und Fehlentwicklungen zu korrigieren. Immer wieder müssen unterschiedliche Erwartungen und Anforderungen, die man an sich (zu haben) hat und die von außen kommen, auf ihre fachliche Existenzberechtigung hin überprüft werden.

Bei all diesen Selbstentwicklungsaufgaben wird es nicht ausbleiben, dass dabei auch Identitätskrisen auftauchen: Sie sind eine Chance, ein erlebtes, aktuelles Chaos als Neuanfang zu verstehen.

Professionalität verlangt konkrete Handlungsschritte

(Elementar)Pädagogik muss künftig stärker ihre Professionalität im Beruf zeigen. (Krenz 2014d, 2015a) Viele aktuelle Untersuchungen im Bereich der Neuropädiatrie und -psychologie, der Verhaltensbiologie und Entwicklungspsychologie zeigen die hohe Bedeutung der ersten Lebensjahre für die weitere Entwicklung, es liegt aber auch im Interesse des Erziehers selbst, die bedeutsame und anspruchsvolle Berufsarbeit professionell auszufüllen.

Demnach achtet der therapeutische Erzieher auf

  • Selbstkritik (Selbstreflexion, Selbstentwicklung, Selbstauseinandersetzung, Problembewusstsein),
  • Freude und Humor, Optimismus und Lebendigkeit,
  • Achtsamkeit und Zuversicht und
  • Engagement, Neugierde, Lernoffenheit sowie Solidarität im Sinn von Janusz Korczak. (Klein 2018, 62 ff.)

Selbstveränderung – Königsweg für Entwicklungsbegleitung

Um Kindern in ihrem Entwicklungsbedürfnis und -bedarf hilfreich zur Seite zu stehen, bedarf es erstens einer authentisch verankerten Annahme des Kindes, indem wir ihm ein emotional-sozial geprägtes Beziehungsangebot machen, damit es sich nicht isoliert, ausgegrenzt, bevormundet, gedemütigt, verlassen, ins Abseits gedrängt fühlt. (Krenz 2016a) Zweitens geht es um eine fachlich verstehende, deutende Entschlüsselung der gezeigten Ausdrucksweise, um „das Kind da abzuholen, wo es steht“ und nicht dort hinzuziehen, wo wir es gerne haben würden. (Krenz 2017b) Drittens ist für Erwachsene ein radikaler Perspektivwechsel nötig: Sie haben dafür zu sorgen, dass Kinder seelisch stark werden und sich sozial integriert fühlen. Erwachsene müssen dem einzelnen Kind dabei helfen, ihr individelles Können zu können. Verhaltensirritationen haben aus Sicht des Kindes eine wegweisende, überlebensnotwendige Funktion: Sie sind Ausdruck einer entwicklungshinderlichen Umgebung (ungünstige Raumbedingungen, ein fachlich unangebrachtes pädagogisches Konzept, Beziehungsstörungen vom Erwachsenen zum Kind, eingeschränkte Bewegungsmöglichkeiten, zusammenhanglose „Programme“ oder übertragungsrelevante Teamkonflikte), also stets situationsangemessene Reaktionen des Kindes, die der ERWACHSENENWELT zeigen „hier stimmt etwas nicht im kindlichen Umfeld“ und dazu auffordern, Hintergründe bzw. Auslöser zu suchen und zu verändern. (Krenz 1983a, 1983b, 1984) Ursache kann auch eine krankhafte Störung beim Kind sein, was fachkundige Klärung (Kinderarzt, Neuropädiater, Kinderpsychiater) erfordert, wobei der S.o.A. immer wieder sehr deutlich darauf hinweist, Verhaltensirritationen nicht vorschnell zu pathologisieren. Viele Beobachtungen in Kindertagesstätten uns ebenso viele Gespräche mit den Fachkräften haben gezeigt, dass diese häufig allzu schnell Verhaltensirritationen mit medizinisch geprägten Diagnosen belegen, ohne dass diese als solche abgeklärt waren. Die therapeutisch tätige Fachkraft muss also versuchen herauszufinden, was das Kind mit seinem Verhalten ausdrücken und mitteilen will, wo, wann und wie Hilfe zu geben ist.

4. Ganzheitliche oder heilende (Spiel)Erziehung

Der S.o.A. integriert Kinder, die in innerer und äußerer Not leben, er nimmt die Entwicklungsbeeinträchtigung des Kindes wahr, die auf sehr verschiedene Ursachen und Zusammenhänge zurückgehen kann. Er versteht sich alsein Lebensort, der dem Kind „Raum und Zeit zur Verfügung stellt“, damit es seine aktuellen Lebensfragen und Lebensprobleme sowie bedrängende Erlebnisse und Erfahrungen verarbeiten kann: beim Spielen, Erzählen, Bewegen, rhythmischen Gestalten, Malen, Zeichnen und Träumen.

Als heilpädagogisch-ärztliche Aufgabe baut S.o.A. auf entwicklungsneurologischen und -pädagogischen Erkenntnissen auf: Kinder können gerade durch wiederholte „Spiel-Tätigkeit“ (Fröbel) eigene, noch unverarbeitete Erlebnisse und Erfahrungen innerlich ordnen. „Wenn Kinder die Möglichkeit haben, in vielfältiger Projektarbeit ‚Vergangenheitsbewältigung‘ zu unternehmen, können auf diese Weise Irritationen, Ängste, Belastungen, Spannungen oder Ärger abgebaut werden.“ (Krenz 2013a, S. 108)

Durch diese Verarbeitungsprozesse bahnen sich die Kinder den Weg zu ihren eigentlichen Kompetenzen und zu ihren Ressourcen, die sonst verschüttet geblieben wären. In ihrem Spiel liegen die heilenden (ganz machenden) Kräfte, von denen der Erzieher und Psychotherapeut Hans Zulliger sprach. Der therapeutische Erzieher gibt dem Kind „SEELENPFELGE“ im Sinne der Waldorfpädagogik und schafft eine Umgebung, in der die Entwicklung des Kindes sich normalisieren kann. (Klein 2018, S. 137)

Fazit

Der „Situationsorientierte Ansatz“ ist geplantes und strukturiertes Leben und Lernen mit Kindern, wobei entwicklungsneurologisch und (heil)pädagogisch zu verantwortende Vorhaben (Projekte) sorgfältig zu planen, durchzuführen und zu prüfen sind. Kinder bekommen die Möglichkeit, individuelle Erfahrungen und Erlebnisse im Spiel und in gemeinsam geplanten Projekten zu verarbeiten und zu verstehen, bedeutsame Fragen zu beantworten und Zusammenhänge zu begreifen, um aus der Bewältigung erlebter Situationen und Ereignisse individuelle Kompetenzen auf- und auszubauen. (Klein 2015, S. 178; 2018, S. 137 ff.)


therapeutische erziehung

Therapeutische Erziehung

Mit Prof. Gerhard Neuhäuser und Prof. Ferdinand Klein berichten ein Arzt und ein Pädagoge gemeinsam von langjährigen wissenschaftlichen Erkenntnissen. Anhand zahlreicher Fallbeispiele wird deutlich, wie Kinder durch therapeutische Erziehung Gerechtigkeit, Gleichwertigkeit und Gleichwürdigkeit von Beginn an erleben und wie sie von der Entwicklungsunterstützung persönlich profitieren können. Das Buch enthält viele Anregungen für ein kindgemäßes pädagogisches Handeln. 

Neuhäuser/Klein: Therapeutische Erziehung, 192 Seiten,
ISBN: 978-3-96304-605-6, Burckhardthaus 2019


5. Jedes Kind auf seinem Entwicklungsweg leiten und unterstützen

Der S.o.A. ist ein beziehungsorientiertes, ganzheitliches Erziehungs-, Betreuungs- und Bildungskonzept, das jedes Kind möglichst situationsgerecht

  • leitet (besonders durch die Haltung) und
  • unterstützt (besonders durch die Berücksichtigung seiner Erlebniswelt).
  • Dadurch kann es seine personale Kompetenz (Ich-Kompetenz), soziale Kompetenz (Sozialkompetenz) sowie gegenstands- und aufgabenbezogene Kompetenz (Sachkompetenz) selbst strukturieren und aufbauen.

Der Ansatz ist an der Korczak-Pädagogik orientiert, denn er „gleicht einer Haltung, einer persönlichkeitsbedingten Sichtweise von ‚ganzheitlicher Pädagogik‘ unter besonderer Berücksichtigung der

  • Wertschätzung von Kindern,
  • Achtung der Rechte jedes einzelnen Kindes,
  • Nichtausgrenzung von aktuellen Situationen,
  • Bedeutung jedes einzelnen Tages und
  • Arbeit an eigener Identität und Professionalität.“ (Krenz 2013a, S. 160)

Der „Situationsorientierte Ansatz“ achtet

  1. Grundbedürfnisse, die jeder Mensch in sich trägt und nach einer Sättigung sucht,
  2. Selbsttätigkeit, die durch die Neugierde einer Selbst- und Weltentdeckung in Gang gesetzt werden will,
  3. Spiel als Bildungsmittelpunkt, der Grundlage für alle bedeutsamen Lernprozesse,
  4. Spiel und Sprachförderung, um sich selbst als Entdecker seiner selbst zu erleben, sich selbst sowie die Welt um sich herum immer besser kennenzulernen und sich immer wieder aufs Neue als Mitgestalter zu erfahren

(1) Grundbedürfnisse

Grundbedürfnisse drücken einen Bedarf an Befriedigung aus – entsprechend einem hungrigen Menschen, der auf der Suche nach Nahrung ist oder sich in einer völlig dunklen Umgebung befindet und vehement nach einer Lichtquelle ist. Neurobiologische und entwicklungspsychologische Untersuchungen haben immer wieder deutlich gemacht, dass die Befriedigung von Grundbedürfnissen in entscheidender Weise dazu beiträgt, lebensbedeutsame Fähigkeiten und Fertigkeiten auf- und auszubauen.

So sind an dieser Stelle die entscheidenden Grundbedürfnisse kurz erwähnt:

  • Zeit gewähren, damit Kinder sich selbst und ihr Umfeld wahrnehmen können;
  • Ruhe fördern, um Kindern eine Wahrnehmungsdifferenzierung zu ermöglichen;
  • Liebe geben, um Kindern dabei zu helfen, sich selbst annehmen zu können;
  • Vertrauen leben, um Stolz und Ich-Stärke bei Kindern aufzubauen;
  • den Kindern das tiefe Gefühl des Verstandenwerdens geben, damit sie intensiven Kontakt zu sich selbst aufnehmen können und sich der eigenen Person sowie ihrer Welt öffnen;
  • Sicherheit vermitteln, damit Kinder in den Prozess einer Selbstentwicklung kommen wollen und können;
  • Bewegung und Rhythmik zu einem zentralen Aspekt erklären, damit durch den damit verbundenen Stressabbau die Basisfähigkeit einer Selbststeuerung eintreten kann;
  • Intimität und Geheimnisse den Kindern zugestehen, so dass sich ihr Differenzierungspotenzial zwischen ihrer öffentlichen und privaten Person entwickeln kann;
  • eine Mitsprache ermöglichen und einfordern zum Aufbau eines Wertigkeitsempfindens;
  • vielfältige Erfahrungsräume bereitstellen, um Kindern dabei zu helfen, ihre Lernpotenziale zu entdecken und zu nutzen;
  • Gefühle erleben lassen, um ihre Existenz zu akzeptieren und intrapsychisch zu integrieren;
  • Sexualität bejahen, zulassen und unterstützen, damit Kinder ihre psycho-sexuelle Orientierung finden sowie ihre sexuelle Identität auch tatsächlich ganzheitlich bejahen und erleben können;
  • Gewaltfreiheit zur obersten Priorität erklären, damit Kinder sich angstfrei auf die unterschiedlichsten Situationen und Lernvorgänge einlassen können;
  • Neugierde in allen Facetten unterstützen, um Lernmotivation auf- und kontinuierlich auszubauen;
  • Optimismus leben, um Kindern die Basisfähigkeit eines grundsätzlichen Konstruktivismus zu vermitteln und
  • Respekt/Achtung zum festen Kommunikationsverhalten erklären, damit Kinder ihre Individualität, ihre Einmaligkeit erleben können – als Grundlage für den Aufbau eines Selbstwertgefühls. (Krenz 2013b)

(2) Selbsttätigkeit

Versucht man die Gedanken von Armin Krenz auf den Punkt zu bringen, dann stößt man auf den Begriff der Selbsttätigkeit (Selbstbildung, Selbstaktualisierung, Selbstregulation, autonomes Handeln, kompetentes Handeln), den Friedrich Fröbel, aber auch die anderen drei großen Reformpädagogen Montessori, Steiner und Korczak im Auge hatten. Unter den Bedingungen der Gegenwart geht es Armin Krenz um Selbstbildung des Erziehers und um Selbstbildung des Kindes.

Der gebildete Erzieher

  • orientiert sich an den Bedürfnissen des Kindes,
  • gibt dem Kind Seelenproviant durch empathische Entwicklungsbegleitung,
  • ermöglicht ihm durch seine Haltung Identitätsentwicklung und Werteentwicklung,
  • führt es in einer einladenden Atmosphäre, in der es in lebensbezogenen ganzheitlichen Projekten zusammen mit anderen spielen, üben und lernen kann.
  • Diese „pädagogische Atmosphäre“ (Bollnow) ermöglicht dem Kind

    • sich selbst zu bilden: in der Bildungswissenschaft wird von einer „Bildung aus I. Hand“ gesprochen, im Unterschied zu einer „Bildung aus II. Hand“, die dem Kind durch erwachsenengesteuerte Programme, zuvorderst im kognitiven Bereich und in teilleistungsorientierten Lernangeboten vorgesetzt wird, unabhängig davon, ob dies der Lebenssituation des Kindes oder seiner aktuell vorhandenen Beschäftigungsbedürfnis entspricht,
    • die Welt im Spiel/ in Projekten und in den vielfältigsten Alltagssituationen zu erkunden und zu erobern,
    • neugierig zu fragen und gemeinsam auf eine Antwortsuche zu gehen,
    • allein oder gemeinsam Zusammenhänge zu entdecken und zu erforschen,
    • zu experimentieren und zu probieren, zu erkunden und Neues zu erleben, die Welt zu begreifen und zu ergreifen,
    • sich die fremde (oft ängstigende) Welt in einem förderlichen Entwicklungstempo vertraut zu machen und Sicherheit aufzubauen.

(3) Spiel als Bildungsmittelpunkt

Spiel und Freude sind wie die zwei Seiten einer kleinen Münze.
Sie zu missachten, heißt auf Reichtum zu verzichten.

(Verfasser unbekannt)

Armin Krenz versteht das „Spiel als den eigentlichen Beruf des Kindes“. Im Spiel erweitert das Kind seine Lernpotenziale und vielfältige Kompetenzen. Es stabilisiert vor allem seine Ich-Identität, verbessert die Belastbarkeit, seine Aufmerksamkeit für sich selbst und sein (un)mittelbares Umfeld und seine soziale Sensibilisierung. (Krenz 2001b, 2007b, 2009a, Klein 2015, S. 182 ff.)

Das Spiel wird häufig als überflüssiger und zu vernachlässigender Zeitvertreib, als Spielerei gesehen und in der Pädagogik als ein zu vernachlässigender Faktor eingestuft. Immer seltener sind sich Eltern – und auch vermehrt Fachkräfte – der Tatsache bewusst, dass Kinder in bindungsstarken Spielsituationen alle Fähigkeiten für ihr Leben aufbauen (könnten), die sie später einmal für eine aktive, kreative und selbstbewusste Lebensgestaltung brauchen. Viele Forschungsergebnisse aus den letzten drei Jahrzehnten zeigen übereinstimmend, dass das Spiel als Vorstufe und Nährboden für einen darauf aufbauenden Erwerb schulischer und beruflicher Fähigkeiten zu gelten hat und von entscheidender Bedeutung für die Persönlichkeitsentwicklung eines Kindes ist.

Neurobiologen haben gezeigt, dass durch Spielen viele unterschiedliche Regionen des menschlichen Gehirns aktiviert werden, weil Kinder ihre ganze Aufmerksamkeit auf die Erlebnisse des Schauens und Betrachtens, des Hörens, des Fühlens, des Begreifens ausrichten und dabei ihre Fantasie nutzen, um sich Ereignisse selbst zu verdeutlichen, diese mit einer bunten Gedankenvielfalt ausschmücken, Ziele definieren und Strategien für eine Spielhandlung entwickeln.

Kinder bringen ein außergewöhnlich großes Interesse für ihr Umfeld und ein hohes Neugierverhalten mit auf die Welt. Durch die alltäglichen Sinnesreize werden Interesse und Aufmerksamkeit für diese „Welteindrücke“ aktiviert.  Interessant sind alle Dinge, die sich bewegen, die Töne erzeugen, die sich anfassen lassen, die intensiv riechen oder zu schmecken sind sowie Situationen, die das Kind vor ein Rätsel stellen und auf der Suche nach einer Antwort eine emotional-kognitive Neugierde hervorrufen. Dabei merken Kinder, dass man selbst aktiv werden und in den vielfältigsten Situationen und mit den bereitliegenden Dingen etwas tun kann. Aus dieser Neugierhandlung (Was geschieht dort? Wozu ist das da? Was kann ich damit anfangen?) entwickelt sich nach und nach eine aktiv gestaltete Spielhandlung, die sich aus unendlich vielen Einzeltätigkeiten im Dialog mit sich selbst, mit dem Anderen, dem (Bildungs)Gegentand zusammensetzt und das Ganze in einen umfeldorientierten Zusammenhang eingebunden wird.

Spielen entsteht also aus aktiven, eng miteinander vernetzten Erfahrungshandlungen – mit den eigenen Körperteilen, mit Gegenständen unterschiedlichster Art und vor allem in einer angenehm erlebten Beziehungsatmosphäre. Im Spiel eignen sich Kinder ganz nebenbei – je nach Spielform, Spielart, Spielinteresse und Spielverlauf – ein lebendiges, räumliches, kreatives, physikalisches, naturwissenschaftliches und mathematisches Wissen an. Lernpsychologen sprechen in diesem Zusammenhang von einem „concomitant learning“: einem „Lernen, das „nebenbei“, ohne direkte Vermittlung, als begleitende Auswirkung durch unterschiedliche Spielhandlungen und bedeutsame Aufmerksamkeitsimpulse entsteht und entsprechende Hirnareale anspricht. (Klein 2018, 141 ff.)

Was tun, wenn Kinder keinen Weg zum Spiel finden?

Die Frage, wie Erwachsene Kinder zum Spiel(en) motivieren können, ist ganz einfach zu beantworten. Zunächst sollten sie von Anfang an ein echtes, authentisches Interesse an den Tätigkeiten der Kinder empfinden und zeigen, um ihre geweckte Neugierde zu unterstützen und Kindern damit helfen, in Spielsituationen hineinzufinden und um anschließend viel mit Kindern zu spielen (und nicht nur Spielanleitungen geben!), weil das Spiel für viele Kinder dann besonders interessant wird, wenn Erwachsene aktive Spielpartner sind! Dabei ist noch eines wichtig: Im Vordergrund des Spiels darf nie ein Förder- oder Schulungsgedanke stehen. Damit würde jedes Spiel funktionalisiert werden – eine Tatsache, die leider in vielen Kindertageseinrichtungen in immer stärkerem Maße zu beobachten ist. Der Zweck des Spiels liegt in der Spannung, der Freude, der Aufregung, der intrinsisch vorhandenen Aktivitätsmotivation, den vielfältigen Gestaltungsmöglichkeiten und nicht in einer „Konzentrationsübung“, in der „Schulung der Grobmotorik“ oder im Aufbau „sozialer Kompetenzen“.

Der therapeutische Erzieher kann Bedingungen für das Spiel(en) schaffen: Manche Kinder haben schon soviel Spielmittel bzw. Spiel-„zeug“, dass ihre Kinderzimmer einem vollgestopften Warenlager gleichkommt. Dasselbe ist in manchen Kitas zu beobachten. Zu viele Spielmittel hemmen den fokussierten Reiz des Kindes, in sein individuelles Spielverhalten einzusteigen. Von Zeit zu Zeit sollte daher in den Gruppenräumen ebenso wie im Kinderzimmer das Spielmittelangebot überprüft werden.

Ein Lehrsatz der Spielpädagogik lautet: „Weniger das Viele als vielmehr das Wenige.“ Nur wer eher wenige (allerdings für das Kind selbst attraktive) Spielmittel hat, weiß Spielmittel zu schätzen! Wir müssen weg kommen von einer „Ex-und-hopp-Gesellschaft“ – einer Einstellung, die etwas mit Konsumüberfluss zu tun hat. In dem Fall, in dem neue Spielmittel gekauft werden, geht es darum, dass a) Kinder damit vielfältige, variable Spielmöglichkeiten haben, b) die Verarbeitung des Spielzeugs gut und es daher langlebig ist. Bewährte Spielmittel sollten eher ergänzt werden als immer neuartige Spielmittel hinzuzufügen, damit Kinder bei einer Spielgeschichte bleiben können! Statt neuer Spielmittelkäufe eignen sich mitunter unterschiedlichste Gegenstände der Erwachsenenwelt, von stabilen Kartons über Rohre, Stoffe und alte Geräte bis hin zu Brettern und Dosen, von Utensilien zum Verkleiden bis zu Werkmaterialien. Je intensiver solche Alltagsgegenstände ins Spiel mit einbezogen werden, desto weniger sind Kinder auf ständig neues Spielzeug fixiert.

Kinder wollen und müssen spielen (dürfen)

Viele Spielmittel haben sich im Laufe der letzten Jahre verändert. Doch Kartenspiele, Quartetts und Sammelkarten gab es ebenso wie heute und Ritterburgen von damals haben sich heute zu hochgerüsteten galaktischen Weltraumstationen gewandelt. Auch Barbie gab es schon – nur nicht in dieser Auswahl und Vielfalt. Rollenspiele und Kartenspiele wurden damals ebenso gespielt wie Konstruktionsspiele – was damals als „Stabilbaukasten“ zur Verfügung stand wird heute mit unendlich vielen Stecksteinaufbausätzen ermöglicht. Auch damals wurden Aggressionsspiele zum Austoben, Fußballspiele oder andere Bewegungsspiele von Kindern mit Vorliebe genutzt. Allerdings sind einige Spielformen (Märchenspiele, Theaterspiele, Sozialregelspiele, musisch-rhythmische und Handpuppenspiele) in vielen Kindergärten und Elternhäusern leider immer seltener anzutreffen, was der emotional-sozialen und intellektuellen Entwicklung von Kindern schadet. Schließlich ist bekannt, dass gerade die Bereiche Spiel- und Schulfähigkeit eng zusammenhängen. Stattdessen werden viele Tagesabläufe der Kinder mit teilleistungsorientierten Anleitungstrainings und vor allem kognitiven Übungen einen Großteil des Alltags ausfüllen sowie mit anderen Tätigkeiten voll ausgeplant sind und das Kind den Eindruck gewinnen muss, dass eigene Aktivitätsimpulse keinen Bedeutungswert besitzen – dabei muss das Spiel notgedrungen auf der Strecke bleiben.  

Je mehr Kinder die unterschiedlichsten Spielformen (von Entdeckungs- über Wahrnehmungsspiele, vom Schatten- über das Rollenspiel, von vielen Bewegungs- und Musikspielen bis zu lebendigen Märchen- und Szenenspielen) kennenlernen, desto größer sind ihr Spiel- und damit auch ihr Lernpotenzial. Dabei sorgen die bei jedem Kind vorhandene Neugierde, die mit Spannung ausgefüllte Entdeckerfreude und die damit verbundenen Glückserlebnisse im Spiel zur Aktivierung des dopaminergen Systems, das den vielfältigen, unterschiedlichen Dingen und Ereignissen um das Kind herum eine nachhaltige Bedeutung verleiht.

Wird also dem Spiel diese hohe Bedeutung beigemessen, dann werden bestimmte Fertigkeiten neuronal gebahnt, z. B. Ausdauer, Konzentration, Anstrengungsbereitschaft und Lösungsorientierung. Was für ein bedeutsames Ergebnis! Diese im Hirn angelegten Bahnungsprozesse entscheiden wiederum im späteren Leben darüber, ob und wie intensiv sich ein Kind gerne neuen, völlig unbekannten, als Herausforderung erlebten Aufgaben zuwendet, konzentriert lernen kann und handlungsaktiv sowie selbstmotiviert nach Lernergebnissen sucht. Anders ausgedrückt: Das Spiel(en) setzt mit seinen ihm selbst innewohnenden Potenzialen Entwicklungen in Gang, die für ein komplex verschaltetes Gehirn sorgen und zeitlebens helfen, die vorhandenen Potenziale zu differenzieren und auszubauen. (Hüther 2011, 2017)

Um dem Erlebnisschwerpunkt „Spiel“ wieder zu seiner hohen Bedeutung in der Früh- und Elementarpädagogik zu verhelfen, bedarf es eines bedeutungsbesetzten Bewusstseins der Erzieher und einer selbstkritischen Reflexion, welchen Wert das SPIEL in der alltäglichen Praxis tatsächlich besitzt und wie es in Familie und Einrichtung betrachtet und erlebbar umgesetzt wird. Dazu bieten sich folgende Reflexionsfragen an, wobei die Antworten mit jeweils praktischen Ausführungen/Beschreibungen/Beispielen belegt werden sollen:  

  • Welche aktive oder passive Rolle nehmen die Erzieher während der unterschiedlichen Spielaktivitäten der Kinder ein?
  • Ist jeder Erzieher bereit, den Kindern ein spielinteressiertes, aktives und (selbst)motiviertes Spielvorbild zu sein?
  • Gibt es bestimmte Spielformen, die er besonders bevorzugt, vernachlässigt oder ganz außer Acht lässt? Wenn ja, warum und wie ist dieser Umstand zu verändern?
  • Stehen den Kindern ausreichend unterschiedliche Spielmittel zur Verfügung, ohne dass diese zu einer unübersichtlichen Reizüberflutung führen?
  • Besteht für die Kinder die Möglichkeit, bei jedem Wetter auch draußen zu spielen und welche Spielmöglichkeiten finden Kinder dort vor?
  • Gibt es für die Kinder sowohl in der Einrichtung als auch auf dem Freigelände eine ausreichende Spielfläche?
  • Wie viel „Spielzeit“ wird den Kindern täglich zur freien Gestaltung zur Verfügung gestellt?
  • Können Kinder ihre Spiele zu Ende spielen oder werden ihre Spieltätigkeiten häufig unterbrochen?
  • Haben die Erzieher die wissenschaftlich belegbare „Lerneffizienz“ des Spiels erkannt?
  • Bilden sie sich regelmäßig im Bereich der SPIELPÄDAGOGIK weiter?
  • Tragen sie regelmäßig die hohe Bedeutung des Spiels in die pädagogische Öffentlichkeit, beispielsweise durch Elternabende oder bei „Schulungsgesprächen“? (Klein 2015, S. 185 ff.)

(4) Spiel und Sprachförderung

Gerade in der heutigen aktuellen Diskussion um nötige „Sprachförderung“ geht es im S.o.A. nicht um irgendein „Sprachförderprogramm“, sondern darum,

  • insgesamt im Alltag, sowohl im Spielgeschehen als auch in den unterschiedlichsten Interaktionsprozessen viel und sorgsam miteinander zu sprechen, aufeinander hören zu wollen,
  • miteinander zu singen, zu dichten und zu reimen,
  • lebendige Dialoge miteinander zu führen (und keine Monologe auf Kinder loszulassen),
  • statt auf Fragen Antworten zu geben, gemeinsam nach befriedigenden Antworten zu suchen,
  • über Kinder und ihre Tätigkeiten zu staunen (statt zu loben),
  • über ‚Gott und die Welt‘ zu philosophieren,
  • vielfältige Bewegungsaktivitäten gemeinsam zu erleben und zu genießen, Geschichten zu erfinden, Symbiose-, Trennungs- und Individuationsmärchen zu lauschen,
  • Theaterstücke gemeinsam zu entwickeln und diese dann auch miteinander aufzuführen.

„Sprachförderung“ ist somit ein integrierter Bestandteil im pädagogischen Alltag. (Krenz 2011b, 2013c, 2014e)

In ähnlicher Form verhält es sich mit allen anderen „Förderbereichen“, in denen der therapeutische Erzieher ein fester, zuverlässiger und gern gesehener Bestandteil der Kindergruppe ist. Da Forschungsergebnisse gezeigt haben, dass Kinder bei einer frühkindlichen Fremdbetreuung häufig deutliche Verhaltensirritationen zeigen, muss es dem Erzieher gelingen, Kindern zur Entwicklung einer Resilienz zu verhelfen, um durch ihre dann vorhandene Widerstandsfähigkeit aufkommende Krisen zu meistern. Mithilfe eines starken emotionalen Immunsystems können Kinder Belastungen besser aushalten und bei Problemen lösungsorientierte Handlungsschritte in Gang setzen. Insofern können Erzieher durch ganz bestimmte Verhaltensmerkmale als Resilienten für Kinder wirken.

Hier schließt sich der Kreis im S.o.A.: Durch intensive, Sicherheit vermittelnde Bindungserfahrungen schaffen Erzieher wesentliche Voraussetzungen für eine förderliche psychosoziale und kognitive Entwicklung.

Therapeutische Erzieher aktivieren durch

  • ihre Aufgeschlossenheit,
  • ihre personale Stabilität,
  • ein stützendes Beziehungsklima,
  • ihre konstruktive Kommunikation,
  • ihre ausdrucksstarke Klarheit,
  • ihre klare und transparente Regeleinhaltung,
  • ihre positive Verstärkung kindeigener Leistungsansätze,
  • ihre Beharrlichkeit (Festigkeit ohne Starrheit) und
  • das Ermöglichen einer subjektiv bedeutsamen Selbstwirksamkeit

den Rahmen dafür, dass Kinder in klaren, durchschaubaren und einschätzbaren Strukturen ihre Entwicklungsressourcen entdecken, auf- und ausbauen können: Tag für Tag.

6. Zusammenfassung

(1) „Bildung durch Bindung“ (Krenz/Klein 2013) im gestalteten Erfahrungs- und Bildungsraum des Kindes

  • entspricht seinem Bedürfnis nach Sicherheit, Kontinuität, Rhythmus und Wiederholung,
  • schafft Zufriedenheit, Freude und Dankbarkeit im Miteinander und
  • sorgt dafür, dass sich Kinder möglichst keinen Trennungserlebnissen, Beziehungsnöten, Bedrohungsängsten, Auslieferungs- oder Ohnmachtserlebnissen ausgesetzt fühlen. Diese Vulnerabilitäten (seelische Verletzungen) zerstören Voraussetzungen für eine sichere Bindung und sind daher im Selbstverständnis des „Situationsorientierten Ansatzes“ ausgeschlossen. (Klein 2015, S. 187)

(2) Eine lebensbejahende und fröhliche Haltung in einer einladenden „pädagogischen Atmosphäre“ (Bollnow), die sich auf den Spuren des Arztes und Erziehers Janusz Korczak bewegt, sich bemüht das (auf)gegebene Kind bedingungslos zu achten

  • wirkt unmittelbar und
  • motiviert zum geordneten schöpferischen Tun.

(3) In diesem gemeinsam strukturierten Raum des Wohlfühlens bilden sich entwicklungsneurologisch fundierte gesundheitsfördernde und emotional stabilisierende Persönlichkeitsmerkmale sowie stabile soziale Gewohnheiten, die dem Kind mit und ohne Behinderung Sicherheit und Zuversicht in die Potenziale und Ressourcen der eigenen bio-psycho-sozialen Entwicklung geben.

Literaturhinweise

Brand, Susanne + Horn, Reinhard + Krenz, Armin (2019): Märchen – Lieder – Zeit. Erzählt – gesungen – gedeutet. Kontakte Musikverlag, Ute Horn e.K., Lippstadt 2019

Hüther, G. (2011): Was wir sind und was wir sein könnten. Ein neurobiologischer Mutmacher. S. Fischer, 12. Edition
Hüther, G. (2017):
Raus aus der Demenzfalle. Wie es gelingen kann, die Selbstheilungskräfte rechtzeitig zu aktivieren. Arkana

Klein, F. (2015): Inklusive Erziehungs- und Bildungsarbeit in der Kita. Heilpädagogische Grundlagen und Praxishilfen. 2. Auflage. Köln
Klein, F. (2018): Inklusive Erziehung in Krippe, Kita und Grundschule. Heilpädagogische Grundlagen und praktische Tipps im Geiste Janusz Korczaks. München
Klein, F. (2022): Janusz Korczak. Die Aktualität seiner Pädagogik. Regensburg: Walhalla

Krenz, A. (1983a): Auffällige Kinder – Selbsterfahrung des Erziehers statt Methodensuche. In: Kindergarten heute – Zeitschrift für Erziehung im Vorschulalter. Nr. 2, Freiburg
Krenz, A. (1983b): Verhaltensstörungen – ein ‚Defekt’ des Kindes oder …. München, 5. Nachlieferung
Krenz (1984): Verhaltensauffälligkeiten – sinnvolles und situationsangemessenes Signal- und Problemlöseverhalten von Kindern. In: Schüttler-Janikulla, K. (Hrsg.): Handbuch für Erzieher in Krippe, Kindergarten, Vorschule und Hort. München, 6. Nachlieferung
Krenz, A. (1986): Personale und fachliche Kompetenz von Erzieherinnen – Gedanken, Gründe und Hintergründe im Hinblick auf die berufliche Praxis im Kindergarten. In: Schüttler-Janikulla, K. (Hrsg.): Handbuch für Erzieher in Krippe, Kindergarten, Vorschule und Hort. München, 10. Nachlieferung
Krenz, A. (1990): Erzieherinnen als Träger von Veränderungen in der praktischen Arbeit – eine kritische Bestandsaufnahme und notwendige Konsequenzen. In: Schüttler-Janikulla, K. (Hrsg.): Handbuch für Erzieher in Krippe, Kindergarten, Vorschule und Hort. München, 24. Nachlieferung
Krenz, A. (1991/2004): Der „Situationsorientierte Ansatz“ im Kindergarten. Grundlagen und Praxis. 15. Auflage 2004. Freiburg
Krenz, A. (1992): Kinder sind lebendig, neugierig und voller Interesse; sie haben ein Recht auf eine aktive Entwicklungsbegleitung. In: KiTa- info. Senatsverwaltung für Jugend und Familie. Berlin, Heft 4
Krenz, A. (1993/1996): Seht doch, was ich alles kann! Was uns Kinder sagen wollen. Freiburg Reihe “ Spektrum“. 3. Auflage. Freiburg
Krenz, A. (1996) Der pädagogische Ansatz: Situationsorientierung in der Kindergartenerziehung. In: Dorlöcher, H. et al: Phoenix – Der etwas andere Weg zur Pädagogik. Band l., Paderborn
Krenz, A. (1999): Der Situationsorientierte Ansatz der 90er Jahre – eine Grundlage für Qualität und Humanität in Kindertagesstätten. In: Wehrfritz Wissenschaftlicher Dienst. Rodach bei Coburg. Heft Nr. 70/71
Krenz. A. (2001a): Qualitätssicherung in Kindertagesstätten – Das Kieler Instrumentarium für Elementarpädagogik und Leistungsqualität, K.I.E.L. München
Krenz (2001b): Kinder spielen sich ins Leben: Der Zusammenhang von Spiel- und Schulfähigkeit. In: Wehrfritz Wissenschaftlicher Dienst, Rodach bei Coburg. Heft Nr. 75
Krenz, A. (2006a): „Bildungsarbeit“ in der ElementarpädagogikKritische Anmerkungen zu einem zeitaktuellen Begriff. In: Handbuch für ErzieherInnen in Krippe, Kindergarten, Vorschule und Hort. München, 58. Nachlieferung
Krenz, A. (2006b): Kinder spielen sich ins Leben. In: Erziehungskunst – Zeitschrift zur Pädagogik, Stuttgart, Heft 4
Krenz, A. (2007a): Werteentwicklung in der frühkindlichen Bildung und Erziehung. Berlin/Düsseldorf/ Mannheim
Krenz, A. (2007b): Spielen will gelernt sein! Zur pädagogischen Bedeutung des Kinderspiels. In: Kinderzeit – Das Magazin für ErzieherInnen. Freiburg, Heft 4
Krenz, A. (2008a): Kinder spielen sich ins Leben. Der Zusammenhang von Spiel- und Schulfähigkeit. In: Medizinisch-Pädagogische Konferenz. Rundbrief für in der Waldorfpädagogik tätigen Ärzte, Erzieher, Lehrer, Eltern und Therapeuten. Stuttgart, Heft 45
Krenz, A. (2008b/2013): Der „Situationsorientierte Ansatz“ in der Kita. Grundlagen und Praxishilfen zur kindorientierten Arbeit. 2. Auflage. Troisdorf (Vertrieb: Schaffhausen, SCHUBI Lernmedien AG)
Krenz, A. (2009a): Das Spiel ist der Beruf der Kinder. Die bildungsprägende Bedeutung des Kinderspiels. In: klein&groß – Lebensorte für Kinder. München, Heft 11
Krenz, A. (2009b): „Hast du heute schon gespielt?“ – Das kindliche Spiel als Selbsterfahrungsfeld und Bildungsmittelpunkt für Kinder. In: Handbuch für ErzieherInnen in Krippe, Kindergarten, Kita und Hort. München, Nachlieferung Nr. 54
Krenz, A. (2010a): Was Kinder brauchen. Aktive Entwicklungsbegleitung im Kindergarten. 7. Auflage. Berlin
Krenz, A. (2010b): Wie Kinder Werte erfahren. Wertevermittlung und Umgangskultur in der Elementarpädagogik. 2. Auflage. Freiburg
Krenz, A. (2011a): Bildung zwischen „Bildungsoffensive“ und „Bildungswahn“. Eine kritische Bestandsaufnahme zur gegenwärtigen Bildungspädagogik in deutschen Kindertageseinrichtungen – Ausgangsdaten, Fakten, Forderungen. In: kinderleicht. Die Zeitschrift für engagierte Erzieherinnen und Erzieher. Nr. 5/11, Aachen
Krenz, A. (2011b): Sprache haben – sprechen wollen: Sprachförderung durch eine lebendige Kommunikationskultur im Alltag. In: Handbuch für ErzieherInnen in Krippe, Kindergarten, Kita und Hort. München, Nachlieferung Nr. 62 (Teil 5, Nr. 36)
Krenz, A. (2013a): Elementarpädagogik aktuell. Die Entwicklung des Kindes professionell begleiten. 2. Auflage. München
Krenz, A. (2013b): Kinder brauchen Seelenproviant. Was wir ihnen für ein glückliches Leben mitgeben können. 4. Auflage. München
Krenz, A. (2013c): Qualität von Anfang an! Das K.I.E.L. setzt grundlegende Maßstäbe. In: KiTa aktuell. Fachzeitschrift für Leitungen und Fachkräfte der Kindertagesbetreuung. Kronach, Heft 4, S. 99-101
Krenz, A. (2014a): Sprache als lebendiges und integriertes Alltagserlebnis für Kinder und Erwachsene – tägliche Herausforderungen an eine Sprachkompetenz von Erwachsenen. In: Henle/Dieter & Piske/Thorsten (Hrsg.): Unterschiedliche Perspektiven zu frühkindlicher Förderung. Heidenheim (Reihe: Sprachenlernen konkret! Angewandte Linguistik und Sprachvermittlung, Band 14)
Krenz, A. (2014b):  Der Situationsorientierte Ansatz – Auf einen Blick. Konkrete Praxishinweise zur Umsetzung, München
Krenz, A. (2014c): Selbstbildung als Herausforderung und Notwendigkeit – Wer bin ich, was kann ich, was bewirke ich? In: KiTa aktuell. Fachzeitschrift für Leitungen, Fachkräfte und Träger der Kindertagesbetreuung. Ausgabe für Nordrhein-Westfalen, Bayern, Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Hamburg, Bremen. Kronach
Krenz, A. (2014d): Professionalität: notwendig – schwierig – machbar. In: KiTa aktuell. Ausgabe Österreich, Redaktionsbüro Wien, Heft 03/04
Krenz, A. (2014e): Kinder spielen sich ins Leben. Über die faszinierende Wirkung des freien Spiels. In: Horizonte. Blätter für Politik und Kultur in Mecklenburg-Vorpommern. Schwerin, Heft Nr. 46
Krenz, A. (2015a): Professionalität als Notwendigkeit und permanente Herausforderung. In: KiTa aktuell. Ausgabe für Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Hamburg, Bremen. Kronach
Krenz, A. (2015b): Was willst du mir sagen? Ausdrucks- und Signalwert von Verhaltensweisen. In: klein&groß. Lebensorte für Kinder. München, Heft 04
Krenz, A. (2016a): Beziehungsorientierte Pädagogik: ein Grundpfeiler für Bildung und Bindung. In: KiTa aktuell. Ausgabe Nordrhein-Westfalen. Köln, Heft 12
Krenz, A. (2017a): Die Haltung gestaltet die Pädagogik. Bildungsgrundsätze NRW und eine vielbeobachtete Divergenz zur Praxis. In: kinderleicht!? Die Zeitschrift für engagierte Erzieherinnen und Erzieher. Aachen, Heft 5
Krenz, A. (2017b): Kinderseelen verstehen. Verhaltensauffälligkeiten und ihre Hintergründe. 5. Auflage. München
Krenz, A. (2017c): Spielraum ist Lebens- und Lernraum. Ein Plädoyer für eine alltags- und spielorientierte Elementarpädagogik. In: kinderleicht!? Aachen, Heft 6
Krenz, A. (2018): Leitlinien und Eckwerte für eine >non-formale< Selbstbildung des Kindes. Warum es sich lohnt, die aktuellen Bildungsgrundsätze zu kennen. In: KiTa aktuell. Fachzeitschrift für Leitungen, Fachkräfte und Träger der Kindertagesbetreuung. Ausgabe Nordrhein-Westfalen. Carl Link Verlag, Wolters Kluwer, Köln. Heft 06.2018, S. 128 – 130
Krenz, Armin (2020): Bildungsgut „Märchen“. Warum es so wichtig ist, dem Bildungsgut „Märchen“ eine besondere Aufmerksamkeit in der Elementarpädagogik zu schenken. In: KITA leiten Spezial. Fachwissen kompakt. Ausgabe 4 (November) Mediengruppe Oberfranken – Fachverlage GmbH & Co KG, Kulmbach. S. 3 – 11
Krenz, A. (2021a): Spielen und lernen: Formen des Kinderspiels. Spielformen und ihre Bedeutung für die Entwicklung der individualen und sozialen Identität. In: https://spielen-und-lernen.online/ 25.04.2021
Krenz, A. (2021b): Starke Kinder brauchen starke Erzieher*innen. In: Kindergarten – KREATIVE IDEENBÖRSE. Ausgabe 2021/7 (September) + Reflexionskarten. Mediengruppe Oberfranken – Fachverlage GmbH & Co KG, Kulmbach. Seite 80 – 82
Krenz, A.: (2022a): Elementarpädagogische Grundsätze auf den Punkt gebracht. Kita-Basiswissen für Erzieherinnen und Erzieher. 20 Fact-Sheets für Fortbildungen, Beratungsgespräche und zur Prüfungsvorbereitung. Osterstebrink. Freiburg.
Krenz, A. (2022b): Kinder brauchen ZEIT für ihre Entwicklung: Ein Plädoyer zur notwendigen Entschleunigung des Kita-Alltags. In: spielen-und-lernen.online/23.08.2022
Krenz, A. & Fageth, B. (2022c): Bildung aus 1. Hand: Grundsätze einer bindungsorientierten Elementarpädagogik. In: Pädagogische Horizonte. Themenheft >Pädagogisch handeln – eine Rückbesinnung auf das Elementare in der Pädagogik. Ein Journal der Privaten Pädagogischen Hochschule der Diözese Linz, Österreich. Ausgabe 6(1), September 2022. S. 57 – 70
Krenz, A. (2022d): Sprachförderung in einer beziehungsgeprägten Sprachkultur mit Kindern. Zur „Guten Sprachförderung“ gehört eine werteorientierte Kommunikations-, Interaktions-, Konflikt-, Spiel- und Sprachkultur. In: spielen-und-lernen.online, 16.11.2022
Krenz, A. (2022e): „Das Spiel ist der Nährboden für alle bedeutsamen Entwicklungsvorgänge“ In: spielen-und-lernen.online, 05. + 15.12.2022
Krenz, A. (2022/2023f): Projektarbeit neu denken: alltagsorientiert, lebensnah, gegenwartsorientiert. In: Kindergarten KREATIVE IDEENBÖRSE. Sonderausgabe, 2022/ 2023: PROJEKTARBEIT NEU DENKEN. Projektbezogenes Arbeiten als Chance begreifen. Mgo – Mediengruppe Oberfranken – Fachverlage GmbH & Co KG, Kulmbach. Dezember 2022. S. 10 – 22
Krenz, A./Klein, F. (2013): Bildung durch Bindung. Frühpädagogik: inklusiv und beziehungsorientiert. 2. Auflage. Göttingen

Der Autor

Ferdinand Klein (geb. 1934), Prof. Dr. phil. Dr. paed. et Prof. h. c., Erziehungswissenschaftler im Fachgebiet Heilpädagogik, arbeitete 20 Jahre als Erzieher und Heilpädagoge, lehrte und forschte an den Universitäten Würzburg, Mainz, Halle-Wittenberg (Aufbaudirektor des Instituts für Rehabilitationspädagogik der Martin-Luther-Universität 1992-1994) und an der Pädagogischen Hochschule Ludwigsburg, Fakultät für Sonderpädagogik Reutlingen. Nach Emeritierung (1997) Gastprofessor an der Comenius-Universität Bratislava und von 2005 bis 2014 an der im Jahre 1900 gegründeten weltweit ältesten Hochschule für Heilpädagogik: der Gusztáv-Bárczi-Fakultät der Eötvös-Loránd-Universität Budapest, die sein wissenschaftliches Werk und seine Verdienste um den Ost-West-Dialog mit der Verleihung eines „Doctor et Professor honoris causa“ würdigte. 2019 wurde ihm für seine sozial- und heilpädagogische Arbeit das Bundesverdienstkreuz am Bande verliehen.
Arbeitsschwerpunkte: Ethische Fragen, Forschungsmethoden, Reformpädagogik, Korczakpädagogik, Waldorfpädagogik, Früh- und Elementarpädagogik.
Durch Reflexion der (heil)pädagogischen, medizinisch-therapeutischen und neurobiologischen Fachliteratur bildet er seinen integralen und transdisziplinären Standpunkt weiter.




Damit die Zwischenzeugnisse Kinder nicht in Verzweiflung stürzen

Die Nummer gegen Kummer bietet Kindern- und Jugenlichen Hilfe bei Schulsorgen und anderen Problemen

In Kürze erhalten Schülerinnen und Schüler in ganz Deutschland ihre Halbjahreszeugnisse. Diese sind ein wichtiger Indikator dafür, wie das Kind in der Schule zurechtkommt und wegweisend für dessen schulische Laufbahn. Auch bewirbt man sich damit an weiterführenden Schulen, für eine Ausbildung oder auf Praktikumsplätze. Wem das Halbjahreszeugnis Sorgen bereitet, kann an den Beratungsangeboten von „Nummer gegen Kummer“ darüber sprechen. Egal, ob es dabei um schlechte Noten, Angst vor der Reaktion der Eltern oder Lernschwierigkeiten geht. Kinder und Jugendliche können sich kostenlos und anonym am Kinder- und Jugendtelefon oder in der Online-Beratung Hilfe suchen, für Eltern und andere Erziehungsberechtigte haben Beratende am Elterntelefon ein offenes Ohr.

Seit 40 Jahren Kinder- und Jugendtelefon

Vor über 40 Jahren als Zeugnissorgentelefon gestartet, ist das Kinder- und Jugendtelefon zusammen mit der Online-Beratung und dem Elterntelefon, auch weiterhin eine wichtige Anlaufstelle, wenn es um Schulsorgen geht. In einer Zeit, in der die Folgen der Corona-Pandemie und des damit verbundenen Distanz- und Wechselunterrichts erst wirklich deutlich werden, können Schülerinnen und Schüler und Eltern mit schlechteren Noten oder Lernschwierigkeiten konfrontiert sein. Denn nicht alle Schülerinnen und Schüler hatten ausreichend Ressourcen den Lernstoff selbstorganisiert und -verantwortlich zu erarbeiten.

Über Probleme in der Schule sprechen

„Wie kann ich mit meinen Eltern über Probleme in der Schule sprechen?“, „Ich habe mich in der Schule verschlechtert und Sorge, dass ich nicht wieder auf den alten Stand komme, was kann ich tun?“ „Unser Kind ist in der Schule schlechter geworden, wie können wir es unterstützen?“ Bei all solchen Anliegen hören die Berater*innen von „Nummer gegen Kummer“ geduldig zu, sie bringen eine andere Perspektive ein, heben Positives hervor und relativieren. So können neue Sichtweisen und Dialoge in den Familien entstehen.

Bundesweite Schulinitiative

Damit noch mehr Schülerinnen und Schüler von den Beratungsangeboten der „Nummer gegen Kummer“ erfahren und wissen, an wen sie sich bei Sorgen und Problemen wenden können, ist im Herbst 2022 die bundesweite Schulinitiative von „Nummer gegen Kummer“, in Zusammenarbeit mit dem Bundefamilienministerium, gestartet. Jede Schule in Deutschland kann unter www.bmfsfj.de/schulbox eine kostenlose Schulbox mit Informationsmaterialien zu den Beratungsangeboten von „Nummer gegen Kummer“ bestellen. 

An den Beratungsangeboten der „Nummer gegen Kummer“ finden Kinder und Jugendliche, aber auch Eltern ein offenes Ohr für ihre Fragen, Sorgen und Ängste – zu schulischen aber auch zu allen anderen Themen, die sie beschäftigen.

Das Elterntelefon ist aktuell montags bis freitags von 9 bis 17 Uhr, dienstags und donnerstags auch bis 19 Uhr, unter 0800 111 0 550 zu erreichen. Kinder und Jugendliche finden montags bis samstags von 14.00 bis 20.00 Uhr unter der Rufnummer 116 111 Unterstützung am Kinder- und Jugendtelefon oder rund um die Uhr bei der Online-Beratung unter www.nummergegenkummer.de. Und die neu eingerichtete Helpline Ukraine ist montags bis freitags von 14.00 Uhr bis 17 Uhr, unter 0800 500 225 0 erreichbar. Hier findet Beratung auf Ukrainisch und Russisch statt. Alle Beratungsangebote sind anonym und kostenlos.

Weitere Informationen unter www.nummergegenkummer.de

Quelle: Information durch die Nummer gegen Kummer




Gemüsesuppe: einfach und jeder kann mitmachen

suppe

Kinder lernen gesunde Ernährung auch durch Nachmachen und mitmachen

Kinder lernen durch Nachahmen und Mitmachen. Und besonders das Kochen ist ein Vergnügen, bei dem Kinder immer gern mithelfen. Oft fehlt die Zeit, es ist hektisch und ohne die kleinen Fingerchen geht es manchmal schneller und einfacher. Trotzdem oder auch gerade deshalb sollte es einen Tag in der Woche geben, an dem Kinder und Erwachsene miteinander Kochen.

Vorbereitungen

Hände waschen:

Beim Kochen sollten Sie Ihren Kindern ein paar Grundregeln von Anfang an vermitteln. Wer kochen möchte, der muss sich die Hände waschen. Wir fassen täglich so viele Dinge an, die wir nicht in den Mund stecken würden – warum sollten wir damit unser Essen berühren?

Arbeitsfläche:

Wir haben das Rezept ausgewählt und alle Zutaten sind eingekauft. Nun werden sie zurechtgelegt. Eigentlich nutzen wir dazu die Arbeitsplatte. Für Kinder kann die Arbeitsplatte aber ein Problem darstellen, denn sie ist oftmals zu hoch. Daher ist ein Tisch viel besser geeignet. Hier können die Kinder sitzen und haben viel besser die Möglichkeit in das Geschehen einzugreifen. Solange nicht am Herd gearbeitet werden muss, ist der Tisch die bessere Arbeitsfläche.

Aufräumen:

Wir können die ganzen Aufräumarbeiten natürlich auf das Ende des Kochens schieben. Besser ist es jedoch, wenn wir schon zwischendurch all die Dinge abspülen und wegräumen, die nicht mehr benötigt werden. Das geht einfacher und schneller. Außerdem kann so weniger umfallen.

Gemüse und Obst:

In den Tropen gilt der Satz: Wasch es, schäl es, koch es oder vergiss es! Eigentlich sollte dieser Satz in jeder Küche Beachtung finden. Obst und Gemüse wandern durch so viele Hände, dass es besser ist, sie vor dem Essen zu waschen. Selbst wenn sie aus dem eigenen Garten kommen, ist nicht gewährleistet, dass sie immer sauber sind.

Probieren:

Wer kocht, muss probieren. Bringen Sie Ihrem Kind gleich von Anfang an bei, mit zwei Löffeln zu probieren. Den einen Löffel tauchen Sie in die Speise, dann tropfen Sie damit auf den anderen. So benutzen Sie nicht den schon abgeschleckten Löffel zum Umrühren.

Tisch decken und genießen:

Wer sich Mühe gibt beim Kochen, der soll auch das Essen genießen dürfen. Decken Sie den Tisch schön mit Servietten und nehmen Sie sich genug Zeit für die Mahlzeit. So wird auch das Essen zu einem Erlebnis.

Gemüsesuppe für vier Personen

Zutaten:             

  • 1 Liter Wasser
  • 2 Würfel Gemüsebrühe
  • 1 Prise Salz
  • buntes Gemüse, z. B. Broccoli, Blumenkohl, Lauch, Kartoffeln, Paprika, Kürbis, Zwiebeln, Rosenkohl, Bohnen, Möhren, Kohlrabi
  • frische Kräuter: z. B. Petersilie, Schnittlauch, Majoran, Estragon

Materialien:       

Messer, Schneidbrettchen, Kartoffelschäler, Topf, Löffel

Zubereitung:

  1. Wasser mit Brühwürfeln und einer Prise Salz zum Kochen bringen.
  2. Gemüse waschen, putzen, schälen und in kleine Würfel schneiden.
  3. Zunächst die harten Gemüsearten ins Wasser geben, die länger brauchen, bis sie gar sind, wie z. B. Kartoffeln und Blumenkohl.
  4. Nach zehn Minuten das restliche Gemüse hinzugeben. Weitere 20 Minuten bei mittlerer Hitze unter gelegentlichem Umrühren kochen lassen.
  5. Dann die fein gehackten Kräuter hinzugeben und noch einmal fünf bis zehn Minuten kochen lassen.
  6. Heiß servieren; dazu passt Brot!
Kochen

! Besonders beachten:

Gemüse sollten Sie besonders gründlich waschen. Gelegentlich findet man den Hinweis, dass Obst und Gemüse aus Umweltschutzgründen in einer Schale gewaschen werden können. Solange es sich nur um Verunreinigungen wie Sand und Erde handelt, ist das in Ordnung. Diese sinken dann in der Schale nach unten. Bakterien und eventuelle Reste von Pflanzenschutz- und Düngemitteln lassen sich jedoch besser unter fließendem Wasser abwaschen.

Besonderer TIPP:

Eine Gemüsesuppe passt besonders gut in die Erntedankzeit. Lassen Sie die Kinder dazu heimisches und fremdes Gemüse mitbringen. Sie können die Suppe auch noch beliebig erweitern. Zu der Suppe passen auch Zucchini oder Erbsen gut. Allerdings sind die im Sommer reif und es kann sich bei frischen nicht um heimische handeln. Gemüse aus Konserven können Sie bedenkenlos verwenden. Oft ist es sogar vitaminreicher als „frisches“. Letzteres wird unreif geerntet und reift dann während des Transportes nach. Dabei werden viele Vitamine und Mineralstoffe erst gar nicht gebildet. Gemüse aus der Dose wurde in der Regel reif geerntet und dann direkt verarbeitet.

Die Kräuter können Sie entweder klein gehackt der Suppe beifügen oder zu einem Sträußchen gebunden, das Sie nach dem Kochen wieder entfernen.

Varianten:

  • Die Suppe können Sie auch pürieren. Manche Kinder mögen das bunte Durcheinander auf dem Teller nicht und beginnen zu stochern und auszusortieren.
  • Sie können auch kleine Wurststücke oder angebratene Hackfleischbällchen in die Suppe geben.
  • Statt Brot dazu zu reichen, können Sie auch (altes, hartes) Brot in Würfel schneiden, diese in der Bratpfanne in Butter und mit Salz anbraten und dann am Tisch über die Suppe geben. Das schmeckt besonders bei der pürierten Version gut, da es etwas „Biss“ in die Suppe bringt.

Reste:

Reste der Gemüsesuppe lassen sich mühelos einfrieren und schnell wieder auftauen. Das ist besonders praktisch, wenn es mal richtig schnell gehen muss!

Große Mengen:

Diese Suppe können Sie bedenkenlos in großen Mengen kochen. Vervielfachen Sie die Mengenangaben für das Rezept einfach. Gute Gelegenheiten für einen Teller Suppe bieten sich viele.

Blumenkohl und Broccoli:

Bei diesen beiden Namen denkt man eigentlich, dass der Blumenkohl ein altes deutsches Gemüse sei, der Broccoli hingegen aus Italien oder sonst wo aus dem Süden zu uns gekommen sei. Viele Menschen nehmen sogar an, dass Broccoli eine neue Züchtung ist. Das stimmt aber gar nicht. Beides sind sehr alte Pflanzen, die aus Kleinasien stammen und von den alten Griechen und später von den Römern nach Europa gebracht wurden. Beides sind also keine einheimischen, aber doch sehr alte Arten. Während der Blumenkohl inzwischen bei uns heimisch geworden ist, wird Broccoli vor allem im Mittelmeerraum angebaut, da er nicht winterhart ist. Etwas neuer ist die Zuchtform des Romanesco. Aber auch er wird schon seit dem 16. Jahrhundert auch in Deutschland angebaut.

Paprika:

Paprika wird in den Sommermonaten auch aus deutscher Zucht angeboten. Durch die Zucht in Gewächshäusern, kann die Ernteperiode deutlich verlängert werden. Das ganze Jahr über wird Paprika aus wärmeren Regionen geliefert.

Paprika gibt es in vielen unterschiedlichen Geschmacks­richtungen (von scharf bis süß), Farben und Formen. Paprika können Sie auch roh essen. Wenn sie verschiedene Sorten haben, darf ruhig mal probiert werden. Vorsicht! Gerade einige gelbe Paprikasorten (nicht die aus normalen Supermärkten) können roh sehr scharf sein, probieren Sie besser zunächst einmal selbst.

Kohlrabi:

Kohlrabi ist eine, wahrscheinlich aus Europa stammende, Zuchtform des Gemüsekohls. Er ist sehr reich an Spurenelementen und Vitaminen. Kohlrabi können Sie gut im Gemüsegarten selber ziehen. Sie vertragen sich jedoch nicht mit Eichen oder Erdbeeren. Kohlrabi schmeckt auch roh gut. Der Geschmack ist bei vielen Kindern sehr beliebt, da er mild und süßlich ist.

kochhen mit kinndernn

Manon Sander
Kochen und Backen mit Kindern
Alles, was Kinder über Ernährung wissen sollten
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ISBN: 978-3-934333-48-2
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Warum sich unsere Kinder viel zu wenig bewegen

Trotz ausgeprägtem Bewegungsdrang bewegen sich unsere Kinder immer weniger

In der Kindheit ist der natürliche Bewegungsdrang am stärksten ausgeprägt. Aber die Kinder unserer Informationsgesellschaft bewegen sich heute nur noch halb so viel wie vor 30 Jahren! Und zwar nicht etwa weil ihr Bewegungswunsch nachgelassen hätte, sondern weil wir nachlässig mit diesem ihrem existentiellen Bedürfnis umgehen. Unsere Umwelt bietet den Kindern immer weniger Freiräume, in denen sie ungestört und ungestraft nach Herzenslust toben und matschen, ihre Kräfte messen, ihre Grenzen spüren, ihre Fein- und Grobmotorik entwickeln und sich spontan auf neue Menschen zu bewegen können.

Vor allem in Großstädten ist der Erfahrungs- und Bewegungsraum von Kindern Mangelware geworden.

Auf den wenigen freien Grundstücken, wo Kinder noch etwas entdecken und erkunden könnten, machen sich zunehmend Büro- und Gewerbegebiete breit. Und die oftmals unattraktiven Spielplätze können Großstadtkinder nur unter großen Gefahren allein aufsuchen. Sie sind auf Erwachsene angewiesen, um Spielplätze sicher zu erreichen und dort geschützt zu spielen. Und wann sie ihren Spiel- und Bewegungsdrang ausleben können, hängt zunehmend vom Zeitplan der Eltern ab.

Die Folge ist, dass immer mehr Kinder zum „Spiel-doch-was-in-deinem-Zimmer“ verdonnert werden.

Aber auch hier sieht es in punkto Bewegungsfreiraum nicht rosig aus: Große Wohnungen sind teuer, kleine Wohnungen oft ungünstig geschnitten, das Kinderzimmer ist eng und vollgestellt, das Elternschlafzimmer dagegen hell und geräumig. Und wenn das Kind auf dem wenigen verbliebenen Platz im Zimmer mal freudig mit dem Seilchen hüpft, dann folgt bald die Ermahnung: „Denk an die Nachbarn!“ Kinder, die viel drinnen spielen, sind in ihrer sozialen Entwicklung benachteiligt. Sie können keine spontanen Bekanntschaften machen oder eigenständig neue Freundschaften schließen. Stattdessen müssen Spielkameraden nach Hause bestellt werden.

Aber nicht nur im Elternhaus, auch in Kindergärten und Schulen ist wenig Platz für Bewegung.

Die Außenflächen sind klein, oftmals zubetoniert, die Gruppen- und Klassenräume beengt. Viele Pädagogen begegnen dem natürlichen Bewegungsdrang der Kinder mit Disziplinregeln. Aber dies kann nicht die Lösung sein, denn Bewegungsmangel ist folgenreich!

Immer mehr Kinder fallen durch Haltungsschwäche, Übergewicht und Konditionsschwäche auf.

Einverstanden, wir wollen keine Generation von Spitzensportlern ausbilden, aber rückwärts oder auf einer Linie laufen, das sollten unsere Kinder schon noch können! Warum? Weil dies Ausdruck eines gut entwickelten Gleichgewichtssinns ist. Ohne ihn wären wir nicht in der Lage, aufrecht zu gehen, uns im Raum zu orientieren und unsere innere Balance zu finden. Wir gerieten aus dem Lot!

Bewegungsmangel schürt auch Aggressionen.

Die Gewalttätigkeiten nehmen unter Kindern stetig zu. Kein Wunder, in engen Kinderzimmern und Gruppenräumen staut sich die natürliche Bewegungsenergie. Geballt und unkontrolliert bricht sie aus: Bei Konflikten wird nicht mehr lange gefackelt, man schlägt einfach zu! Aus nervösen Zappelphilippen werden dann kleine ‚Rambos‘, die um jeden Preis ihre angestauten Kräfte messen wollen.

Kinder brauchen eine bewegte Kindheit.

Sie brauchen ausreichend Freiraum, um vielfältige Primärerfahrungen zu sammeln. Ihre gesunde ganzheitliche Entwicklung hängt davon ab, wie viel Körpererfahrungen sie machen. Denn schließlich trainiert Bewegung nicht nur die Muskulatur, sondern auch Geist und Psyche! Sie vermittelt Raum- und Zeiterfahrungen, die für die intellektuelle Entwicklung bedeutsam sind. In der Bewegung lernen Kinder, ihren Körper im Raum und innerhalb der Gruppe zu koordinieren, sich selbst und andere einzuschätzen. Alle Kinder machen durch Bewegung ihre ersten Erfahrungen mit sich und ihrem Lebensraum. Sie greifen nach ihren Fingern und Füßen und nach den ersten Gegenständen, krabbeln vor- und rückwärts, bis sie gehen, hüpfen und laufen können. Schritt für Schritt erschließen sie sich Raum und Zeit, Chancen und Grenzen, die verlockende Welt des Neuen, des Lernens.

Kinder brauchen also zu Hause, im Kindergarten und in der Schule viel Platz und Zeit für Bewegung! Denn Bewegung ist Leben, ist das Tor zur Welt des Lernens. Bewegung ist ein wesentlicher Bestandteil zur ganzheitlichen Entwicklungsförderung!

Bewegung bedeutet:

  • Überschüssige Energie abbauen
  • Sauerstoff tanken
  • Mit sich und anderen ins Gleichgewicht kommen
  • Raum und Lage erfahren
  • Aggressionen abbauen

Spiele für mehr Bewegung:

 Die kleinen Springteufel

Welches Kind spielt nicht gerne den kleinen ‚Springteufel‘, der auf Kommando in die Höhe schnellt? Zunächst machen sich die Kinder auf ihrem Stuhl ganz klein, so als säßen sie in einem ‚Spielkästchen‘, das heißt, sie ziehen die Beine an, runden den Rücken ab, beugen den Kopf nach unten und sind ganz still. Wenn sie das vereinbarte Signal – z. B. einen Buchstaben, eine Zahl, ein Wort oder Geräusch – hören, schnellen sie mit erhobenen Armen hoch und strecken und dehnen ganz genüsslich ihren Körper. Dann nehmen sie wieder ihre Ausgangsposition ein.

Tipp

Es können auch mehrere Kinder eine kleine ‚Springteufel-Gruppe‘ bilden, indem sie sich zunächst an den Händen festhalten und dann auf Signal gemeinsam die Arme hochstrecken.

Alter: ab 3 bis 6 Jahre, Sozialform: Einzelspiel, Material: Stühle

Die Raum-Roboter kommen!

Jeweils drei Kinder bilden eine Gruppe. Zwei Kinder, die zu Robotern erklärt werden, stellen sich Rücken an Rücken. Aufgabe des dritten Kindes ist es, die beiden Roboter durch den Raum zu dirigieren, indem es die Schultern der Roboter antippt. Berührt es die rechte Schulter eines Roboters so bewegt er sich rechts gehend durch den Raum und zwar solange bis er ein weiteres Tastsignal erhält. Wird er an der linken Schulter berührt, so geht er links herum durch den Raum. Werden beide Schultern gleichzeitig angetippt, so geht der Roboter geradeaus. Ein leichtes Antippen des Kopfes bedeutet: Stop, bitte stehen bleiben.

Ziel des Spieles ist es, beide Roboter so durch den Raum zu steuern, dass sie sich irgendwann gegenüber stehen und sich freundlich mit Handschlag begrüßen. Nun kann ein Rollentausch erfolgen.

Tipp

Nutzen Sie die Freude der Kinder, Roboter nachzuahmen. Denn bei diesem Spiel sammeln sie wertvolle Raum-Zeit-Erfahrungen.

Alter: ab 5 bis 10 Jahre, Sozialform: Gruppenspiel

Diesen Artikel haben wir aus dem Buch von Dr. Charmaine Liebertz mit dem Titel „Spiele zum ganzheitlichen Lernen“ entnommen. Das Buch ist bei Burckhardthaus-Laetare erschienen.

spiele lernen

Charmaine Liebertz
Spiele zum ganzheitlichen Lernen
Bewegung, Wahrnehmung, Konzentration, Entspannung und Rhythmik in der Kindergruppe

Broschur, 96 Seiten
ISBN: 9783944548166
14,95 €
Mehr dazu auf www.oberstebrink.de




Wie viel Bewegung Kinder wirklich brauchen

Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung empfiehlt 90 Minuten tägliche Bewegung mit mittlerer bis hoher Beanspruchung

Kinder haben einen großen Bewegungsdrang. Aber durch Schule und Mediennutzung nehmen sitzende Tätigkeiten stark zu. Bewegt sich mein Kind eigentlich genug? Wie viel Aktivzeit braucht es?

Bewegung und Sport

Zwischen Bewegung und Sport gibt es einen Unterschied: Sport ist immer mit Bewegung verbunden, aber nicht jede Bewegung ist Sport! Bei Bewegung handelt es sich meistens um leichtere körperliche Aktivitäten aus ganz alltäglichen Bewegungsformen, wie den sitzenden Tätigkeiten und dem Stehen, Gehen, Laufen, Radfahren, Treppensteigen, Haus- oder Gartenarbeit oder Spielen – sprich jeder Art von Bewegung im Alltag (WHO 2018; BZgA 2017, S. 10f.). Sport meint den gezielten, intensiven Sport zu Trainingszwecken, den viele Kinder im Verein betreiben, wie zum Beispiel Fußball, Turnen, Leichtathletik oder Tennis.
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Bewegungsempfehlungen

Die Weltgesundheitsorganisation empfiehlt für Kinder und Jugendliche von 5–17 Jahren täglich 60 Minuten körperliche Aktivität (WHO 2018). In den Bewegungsempfehlungen der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA 2017) finden sich auf das Grundschulalter abgestimmte Empfehlungen für Kinder. Die Bundeszentrale empfiehlt sogar noch 30 Minuten mehr Bewegung am Tag, also insgesamt 90 Minuten tägliche Bewegung mit mittlerer bis hoher Beanspruchung. Das ist erfüllt, wenn Kinder die Bewegung als etwas anstrengend oder anstrengend empfinden, wie zum Beispiel beim Fahrradfahren oder beim schnellen Gehen. Die empfohlene Stunde körperliche Aktivität kann schon durch die alltäglichen Bewegungen erreicht werden, wie zum Beispiel das Laufen von 12.000 Schritten am Tag.

Jeder Schritt zählt!

Auch wenn der Schul- oder Arbeitsalltag so viel Bewegung scheinbar nicht immer zulässt, so können Sie für sich und die Kinder hier und dort kleine Bewegungseinheiten in den Tag einstreuen. Legen Sie den Schul- oder Arbeitsweg aktiv zu Fuß oder mit dem Fahrrad zurück. Nehmen Sie die Treppe, nicht den Aufzug oder die Rolltreppe, und legen Sie hin und wieder einen zusätzlichen Spaziergang ein. Dabei werden das Herz-Kreislauf-System sowie die Bein- und Gesäßmuskulatur optimal trainiert. Ein kleiner gemeinsamer Spaziergang nach der Schule oder Arbeit bringt Bewegung in den Alltag und schafft die Möglichkeit zum intensiven Austausch über den Tag. Wichtig ist nur, dass Puls und Atmung zumindest leicht erhöht sind.

Regelmäßiger Sport tut gut und macht Spaß!

Über diese alltäglichen Bewegungen hinaus ist es empfehlenswert, dass sich die Kinder zwei- bis dreimal in der Woche mit höherer Intensität bewegen. Finden Sie heraus, welchen Sport Ihr Kind besonders mag, denn die persönlichen Vorlieben der Kinder sollten unbedingt berücksichtigt werden – die Bewegung soll schließlich Spaß machen! Darüber hinaus finden die meisten sportlichen Aktivitäten in der Gruppe oder im Verein statt. In diesem Umfeld profitiert Ihr Kind nicht nur vom Sport und der Bewegung, sondern auch von dem gemeinsamen Miteinander, der Unterstützung anderer und von den kleinen und großen persönlichen Erfolgserlebnissen.

Weniger Sitzen ist mehr

Die Bewegungsempfehlungen von mindestens einer Stunde sind schneller zu erreichen, als Sie denken. Das Fangenspielen, das Toben und Klettern in den Pausen und der Sportunterricht in der Schule – das alles sind nur einige Beispiele für intensive Bewegung und dafür, dass die Kinder auch in der Schulzeit viele Möglichkeiten zur Bewegung haben.

Achten Sie außerdem darauf, dass Sie die Zeit, in der die Kinder sitzen oder elektronische Geräte (Fernseher, Smartphone, Computer) nutzen, soweit es geht reduzieren. Der übermäßige Zeitvertreib am Bildschirm führt dazu, dass sich die Kinder einen sitzenden Lebensstil angewöhnen, der sich nicht gut auf ihre gesundheitliche Entwicklung auswirkt.

Tipp: Mit gutem Beispiel voran

Wenn sich Ihr Kind bisher jedoch nur sehr wenig oder ungern bewegt hat, versuchen Sie nicht diesen Zustand von heute auf morgen zu ändern. Fangen Sie lieber klein an, motivieren Sie es durch Ihre eigene Bewegungslust und steigern sie den Umfang sowie die Intensität der Bewegung schrittweise. Ansonsten sind Frust und Muskelkater schnell vorprogrammiert. Das gilt auch dann, wenn Sie sich selbst bisher nicht genügend bewegt haben. Gehen Sie mit gutem Beispiel voran und beginnen Sie gemeinsam mit Ihrem Kind die Freude an Bewegung neu zu entdecken – Ihrem Kind zuliebe.

Quelle: bzga

https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/5_Publikationen/Praevention/Broschueren/Bewegungsempfehlungen_BZgA-Fachheft_3.pdf




„An die Töpfe, fertig, los!“

brotdose

Das DKHW hat ein digitales Angebot zur Förderung einer gesunden Ernährung von Kindern gestartet

Ergänzend zur „Mobilen Aktion Ernährung und Bewegung“ (MAEB mobil) sollen Kinder auf www.kindersache.de jetzt mit der Wissensrubrik „Gesundheit“ für eine gesunde Lebensweise sensibilisiert werden. Mit dem neuen Angebot reagiert das Deutsche Kinderhilfswerk (DKHW) auch auf veränderte Bedingungen von Kinder- und Jugendarbeit allgemein. Diese mussten im Zuge der Digitalisierung und aufgrund aktueller Entwicklungen im Zuge der Corona-Pandemie vermehrt auf ortsunabhängige Vermittlungsformate zurückgreifen. Das neue digitale Angebot soll die Reichweite für das Thema deutlich vergrößern. Und damit auch Kinder erreichen, die wegen fehlender struktureller Anbindung mit dem analogen Programm „MAEB mobil“ bisher nicht oder nur schwer erreicht werden konnten.

Damit Kinder gesund aufwachsen und sich gut entwickeln können, ist eine ausgewogene und gesunde Ernährung wichtig

Aber sich gesund zu ernähren ist nicht immer einfach. Das liegt unter anderem daran, dass in der Lebensrealität vieler Kinder wenig Geld für Lebensmittel zur Verfügung steht. Und dass gesunde Lebensmittel zum Teil teurer sind als ungesunde Fertigprodukte. So können sich viele Familien gesundes Essen nicht oder nicht immer leisten. Es liegt aber auch daran, dass manche Kinder und auch Erwachsene nicht genau wissen, was zu einer gesunden Ernährung dazugehört. Und warum diese für ein gesundes Aufwachsen so wichtig ist. Genau hier setzt das neue digitale Angebot des Deutschen Kinderhilfswerkes an.

„An die Töpfe, fertig, los!“ richtet sich vorwiegend an Kinder im Alter von 6 bis 13 Jahren

Ziel ist es insbesondere, informativ und gleichermaßen spielerisch an das Thema Ernährung heranzuführen. Und Kindern zu vermitteln, dass gesundes Aufwachsen nicht nur ihr Recht ist, sondern auch von ihnen selbst mitgestaltet werden kann. So können die Userinnen und User in einem Koch-Trickfilmstudio, in Koch-Tutorials mit Kindern für Kinder oder über ein digitales Kochbuch und Wissensartikel viel rund um das Thema gesunde Ernährung lernen und experimentieren. Zudem können sie durch den partizipativen Ansatz des Projekts innerhalb der kindersache-Community miteinander interagieren. Sie können eigene Beiträge veröffentlichen und sich in einem pädagogisch entwickelten und geschützten Raum digital ausprobieren. Ein eigenes Angebot in Form von Praxismaterialien zur Nutzung in Schule, Ganztag und Hort auf www.schulsache.de soll zudem pädagogische Fachkräfte erreichen und so zur Multiplikation des Themenfeldes beitragen.

Gefördert werden die beiden Projekte durch die ALDI Nord Stiftungs GmbH.

Während die beiden oben genannten Projekte gerade erst starten, läuft das ebenfalls von der ALDI Nord Stiftungs GmbH unterstützte Projekt „Mobile Aktion Ernährung und Bewegung“ (MAEB mobil) weiter. Hier machen eigens für das Projekt gestaltete Auto-Anhänger auf öffentlichen Plätzen oder Schulhöfen Halt. So beispielsweise in Berlin, Dortmund, Dresden, Essen, Hamburg, Hannover oder Magdeburg. Dabei erlernen Kinder und Jugendliche spielerisch Grundlagen einer gesunden und nachhaltigen Ernährung ebenso wie die Freude an Bewegung.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V.




Viele Beschäftigte in der Sozialen Arbeit vor dem Burnout

ver.di veröffentlicht erste vorläufige Ergebnisse einer aktuellen Studie zur Situation der Beschäftigten

Eine Studie zur Situation in der Sozialen Arbeit offenbart eine dramatische Situation: Das Burnout-Risiko der Beschäftigten ist extrem hoch. In allen Arbeitsfeldern der Sozialen Arbeit besteht eine höchstmögliche berufliche Erschöpfung.

Das verdeutlicht die Studie „Professionelle Krise nach Corona? Steuerungsbedarf in der Sozialen Arbeit nach der Pandemie (CriCo)“, deren erste Ergebnisse Prof. Dr. Nikolaus Meyer (Hochschule Fulda) und Dr. Elke Alsago von ver.di (Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft) jetzt bekanntgeben.

An der Befragung hatten im November 2022 über 8.200 Beschäftigte aus verschiedenen Arbeitsfeldern der Sozialen Arbeit teilgenommen: Beschäftigte aus Kindertageseinrichtungen, der Behindertenhilfe, den Jugendämtern, den Ganztagsschulen, aber auch aus Beratungsstellen und der Kinder- und Jugendarbeit.

Erholungspausen fallen oftmals aus

Die ersten Studienergebnisse zeigen, dass viele Beschäftigte die gesetzlich vorgesehenen Erholungspausen seit Ausbruch der Pandemie häufig ausfallen lassen, um die vorhandene Arbeit zu schaffen. 40 Prozent der Befragten geben an, regelmäßig drei oder mehr Stunden wöchentlich zusätzlich zu arbeiten. Über 60 Prozent gehen häufig oder sehr häufig an die Grenze ihrer Leistungsfähigkeit. Über 65 Prozent der Befragten stehen bei ihrer Arbeit unter Zeitdruck und mehr als 80 Prozent nehmen eine deutliche Veränderung ihrer Arbeit wahr. Insbesondere in den Kindertagesstätten und Jugendämtern klagen die Beschäftigten, dass der dringend notwendige direkte Kontakt zu den Erziehungsberechtigten sowie den Kindern und Jugendlichen abgenommen hat.

Die sich verschlechternden Arbeitsbedingungen und der eklatante Personalmangel in der gesamten Sozialen Arbeit – alleine in Kindertagesstätten fehlen laut dem ver.di KITA-Personalcheck 175.000 Fachkräfte – zeigen sich in einer hohen Personalfluktuation. Nur bei etwa jeder oder jedem vierten Befragten gab es in den letzten zwölf Monaten keinen personellen Wechsel im Team. Ein Drittel der Befragten muss mehr arbeiten, weil zu wenig Personal vorhanden ist.

„Die Situation ist so brisant, dass wir schon heute erste Ergebnisse veröffentlichen, auch wenn die abschließenden Ergebnisse der Studie erst im März vorliegen“, betont die stellvertretende ver.di-Vorsitzende Christine Behle. Schnelles Handeln sei angesagt.

Zahlreiche Effekte treffen aufeinander

Meyer wies darauf hin, dass unterschiedliche Effekte aufeinandertreffen: der Fachkräftemangel in der gesamten Sozialen Arbeit, die Zunahme von unterstützungsbedürftigen Menschen (23,5 Prozent), eine Verschlechterung der Lebenssituation bei vorhandenen Adressat/innen während der Corona-Pandemie und eine starke Corona-bedingte Krankheitswelle der Beschäftigten. Dies führe dazu, dass es den Beschäftigten trotz individuellem Einsatz, wie z.B. Mehrarbeit und Verzicht auf Pausen, nicht mehr gelinge, den Ansprüchen an ihre Arbeit gerecht zu werden. Entsprechend würden mehr als 77 Prozent der Befragten davon ausgehen, nicht bis zur Rente weiterarbeiten zu können. Noch höher liegt der Wert mit 86,5 Prozent im Bereich der Kindertagesstätten.

Behle forderte die Arbeitgeber auf, die anstehenden Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst dazu zu nutzen, die Beschäftigten durch einen guten Abschluss wenigstens von den finanziellen Sorgen und Existenzängsten zu entlasten. „Auch die Bundesregierung muss den Ernst der Stunde erkennen und gemeinsam mit den Ländern ein Sondervermögen auf den Weg bringen, um die Not in den Arbeitsfeldern der Sozialen Arbeit zu beseitigen und in die Ausbildung von Fachkräften zu investieren. Ansonsten wird die Abwanderung der Fachkräfte aus der Sozialen Arbeit weiter Fahrt aufnehmen. Die Versorgung der Schwächsten in unserer Gesellschaft ist schon heute nicht mehr gesichert.“ 

Weiter Informationen finden Sie hier: https://sozialearbeit.verdi.de/arbeitsbereiche/++co++2faa0892-58fd-11ed-bf71-001a4a160111

Martina Sönnichsen, ver.di Bundesverband




Dieses Portal bietet reichhaltiges Material zu Kinderrechten

Auf dem Kinderrechte-Portal finden sich zahlreiche einschlägige Broschüren, Podcasts, Spiele und Unterrichtmaterialien

Zwar kennen immer mehr Menschen die Kinderrechte, dennoch geht der Prozess sehr langsam voran. Erst jüngst hat das Deutsche Kinderhilfswerk die Politik auf allen Ebenen dazu aufgefordert, die Kinderrechte in Deutschland bekannt zu machen. Einen guten Beitrag kann in allen deutschsprachigen Ländern das Kinderrechte-Portal leisten. Dabei handelt es sich um eine stetig wachsende Sammlung an empfehlenswerten Materialien zur Kinderrechtebildung. Sie umfasst viele Themenfelder. Gerade für pädagogische Fachkräfte kann es schwierig sein, das richtige Material für den entsprechenden Bildungsbereich mit einer passenden Medienart zu finden. Das Kinderrechte-Portal bündelt das bestehende diverse Angebot der vielen Mitglieder des Netzwerks Kinderrechte auf einer Plattform und ermöglicht es, Material zu sichten, zu filtern und zu sortieren.

Kinder haben ein Recht darauf, ihre Rechte zu kennen. Das Portal bietet Informationen und Material zu Kinderrechten von Umwelt bis Klimaschutz über Armut und soziale Sicherheit bis hin zu ganz grundlegendem Wissen zu Kinderrechten. Dabei wächst das Angebot an empfehlenswerten Materialien an. Broschüren, Podcasts, Spiele und komplett fertige Unterrichtmaterialien stehen hier zum Großteil für den kostenlosen Download oder zum Bestellen bereit. Zudem kann auch Material eingereicht werden, um es mit anderen Fachkräften zu teilen und so einen Beitrag zur Verbreitung und zum alltäglichen Umgang mit Kinderrechten zu leisten.

Link: https://kinderrechte-portal.de/

Quelle: Pressemitteilung der National Coalition Deutschland