Planung, Aufbau, Durchführung und Auswertung von Projekten

Kinder und ihre Lebenswelt sind der Ausgangspunkt der pädagogischen Arbeit

Der Situationsorientierte Ansatz geht grundsätzlich davon aus, dass Kinder in einer unüberschaubaren Welt von Eindrücken aufwachsen, die wiederum eine (un-)mittelbare Auswirkung auf Entwicklungsvorgänge haben: auf die Einstellungen der Kinder, ihre Weltwahrnehmung, ihre Weltbewertung, ihre tägliche Lebensgestaltung, ihre Erinnerungswelt und ihre perspektivische Sicht für das, was ihrer Meinung nach kommen wird.

„Lebensthemen“ sehen, Entwicklungsfreiräume schaffen

Grundlagen dafür finden sich in den Ergebnissen der aktuellen Kindheits- und Bildungsforschung, ergeben sich aus den Konsequenzen der Entwicklungspsychologie sowie Neurobiologie im Hinblick auf die Bedeutung frühkindlicher Persönlichkeitsbildung und zeigen sich in den täglichen Ausdrucksweisen von Kindern. Wenn nun der Anspruch des Situationsorientierten Ansatzes darin besteht, KINDER und ihre Lebenswelt zum Ausgangspunkt der Arbeit zu machen, geht es zunächst um zwei Aufgaben:

  • Zum einen müssen „Lebensthemen“ der Kinder gesehen, verstanden und aufgenommen werden, um den „Ausgangspunkt Kind“ auch tatsächlich(!) zu treffen.
  • Zum anderen müssen alle außengerichtete Themen, wie sie einmal früher Schwerpunkte der Kindergartenpädagogik waren (Jahreszeiten/Orientierung nach Festen/Vorschulpädagogik…) bewusst und konsequent ausgeblendet werden, um einen Entwicklungsfreiraum für kindorientierte Pädagogik zu schaffen, getreu einer Kernaus­sage des 2. Vatikanischen Konzils: „Die Ordnung der Dinge muss der Person dienstbar gemacht werden und nicht umgekehrt“ (gaudium et spes).

Hoffnungen, Wünsche und Träume versus Druck, Anspannungen und Irritationen

Denken wir nur an die Biografien vieler Kinder (Stichworte: ein Leben mit unbefriedigten seelischen Grundbedürfnissen, Kompensation durch Konsum, die starke Zunahme an psychosomatischen Erkrankungen und Suchtverhaltensweisen, eine Zunahme an Verhaltensweisen, die vor allem durch Angstgefühle aufgebaut werden …), so weisen diese darauf hin, dass Kinder unter Druck, Anspannungen, Irritationen stehen und gleichzeitig Hoffnungen, Wünsche, Träume haben.

Würden nun Themen aus der Erwachsenenwelt – und dann noch Themen einer bevorstehenden Zukunft –  vorgezogen werden, mit denen sich Kinder im Kindergarten beschäftigen müssten, würde der Anspruch einer „Kind­orientierung“ pädagogisch pervertiert.

Ausgangspunkt und Zielsetzung von Projekten

Kinder setzen sich mit ihren(!) Themen auseinander, mit ihren(!) Möglichkeiten, sich selbst zu entdecken, eine subjektive Beziehung zu ihrer(!) Welt aufzubauen und ihre Welt immer besser zu begreifen, ihre(!) Stellung in der Welt zu finden und ihre(!) Bedeutung der erlebten Umwelt abzugewinnen. Ihr Leben ist geprägt durch ihre(!) zurzeit vorherrschenden Gefühle und ihre(!) Einschätzung, ob sie in der Welt willkommen sind oder einen „Störfall“ darstellen.

Der Situationsorientierte Ansatz geht nun weiterhin davon aus, dass Erlebnisse, Eindrücke und Erfahrungen (vor-, während- und nachgeburtlicher Art) das Leben der Kinder nachhaltig beeinflussen und prägen und dabei diese Summe der Einflüsse zu entsprechenden Persönlichkeitsmerkmalen der Kinder führen.

Fragt man sich nun, wie bzw. durch was Kinder diese Einflüsse nach außen tragen, so kann anhand der Entwicklungsforschung festgehalten werden, dass Kinder sechs Ausdrucksformen zur Verfügung haben. Dabei wird der Begriff „Ausdrucksform“ bewusst gewählt, steckt doch in ihm der Begriff „aus dem Druck kommen“.

Diese sechs Ausdrucksformen sind im Einzelnen:

  • ihr gezeigtes Verhalten,
  • ihre gewählten/vernachlässigten Spielformen,
  • ihre Erzählthemen und ihre Sprache,
  • ihr Malen und Zeichnen,
  • ihre Tag- und Nachtträume sowie
  • ihre zum Ausdruck gebrachte Motorik.

Ausdrucksformen werden im Situationsorientierten Ansatz – bildlich gesehen – als ein „Spiegel der Seele“ verstanden, durch den das Innenleben zum Vorschein kommt. (Auch bei uns Erwachsenen verhält es sich ebenso. Denken wir dabei an tägliche Situationen: Fühlen wir uns seelisch verletzt, ziehen wir uns zurück oder greifen emotionalisiert den anderen an; sind wir traurig, fangen wir an zu weinen oder fallen in eine Starrheit mit dem Ziel, Trauer zu unterdrücken; freuen wir uns, reagieren wir ausgelassen oder werden wir von massiver Angst beherrscht, sucht auch hier unsere Seele entsprechende Reaktionsmöglichkeiten …).

Insofern ist jeder Mensch in seinem „So-Sein“ ein Abbild seines Seelenlebens. Das Drama liegt allerdings häufig darin, dass einerseits viele kleine und große Menschen durch hier nicht zu diskutierende Gründe den Kontakt zu sich selbst verloren haben und ihr Ausdrucksverhalten kaum oder nur verzerrt wahrnehmen. Andererseits können sie dadurch auch nur sehr eingeschränkt oder gar nicht ihre Außenwirkung auf andere einschätzen, sodass Kommunikationsstörungen/Fehlbeurteilungen programmiert sind. Diese führen bei Kindern (und Erwachsenen) zu Konfliktsituationen, aus denen sich bei einer entsprechend tief erlebten seelischen Verletzung bzw. bei einer häufig gleichbleibend tiefen Irritation etwa Auffälligkeiten in den unterschiedlichen Ausdrucks­formen bilden und verstärken können.

Der Situationsorientierte Ansatz macht es sich nun zur ersten Aufgabe, diese sechs Ausdrucksformen der Kinder zu beobachten, über einen längeren Zeitraum(!) zu sichten und schriftlich zu protokollieren.

Beobachtungen über die Ausdrucksformen zu verstehen

Nun würde aber alle Protokollierung nichts bringen, wenn den elementarpädagogischen Fachkräften kein Instrumentarium zur Verfügung stehen würde, ihre Beobachtungen über die Ausdrucksformen zu verstehen, steht doch die Frage an, wozu ein Kind diese oder jene Ausdrucksform wählt. Hier liegt nun die weitere, überaus bedeutsame zweite Aufgabe: Entwicklungspsychologische Forschungen im In- und Ausland haben es sich seit mehr als zwei Jahrzehnten unter anderem zur Aufgabe gemacht, die möglichen Hintergründe für die unterschiedlichen Ausdrucksformen auf der Grundlage der analytischen Psychologie zu „entschlüsseln“. Dies geschieht in der Annahme und in dem Wissen, dass alle sichtbaren Ausdrucksformen „codierte (= ­verschlüsselte) Botschaften“ sind, die es zu „decodieren“ gilt, um Kinder tatsächlich zu verstehen und zu wissen, wie es Kindern geht, womit sie sich intrapsychisch (= innerlich) tatsächlich auseinandersetzen, was sie seelisch bewegt und wozu sie ihre offenbarten Ausdrucksformen nutzen (wollen/müssen!).

Diese verstandenen/zu verstehenden Ausdrucksformen haben damit für die Beobachterinnen einen jeweiligen Erzählwert.

Ausdrucksformen erzählen Geschichten, berichten über Hintergründe/Ursachen, legen Erlebnisse der Kinder offen und fordern elementarpädagogische Fachkräfte auf, dafür zu sorgen, dass Ausdrucksformen positiver, konstruktiver, lebendiger Art unterstützt und ausgebaut werden. Ausdrucksformen destruktiver Art, durch die sich ein Kind selbst (immer wieder) in Schwierigkeiten bringt oder andere Menschen bzw. ihr Umfeld schädigt, werden dagegen als Impulse und klare Aufgabenstellungen verstanden, hier gemeinsam mit Kindern neue Lösungsmöglichkeiten zu finden, damit sie aus ihrem seelischen Erleben heraus andere Ausdrucksformen in Gang setzen/wählen können!

Der Begriff „Erzählwert“

Der Begriff „Erzählwert“ kann auch mit dem Wort „Deutung von Ausdrucksformen“ beschrieben werden. Und hier kommt auf die elementar-pädagogischen Fachkräfte eine besondere Verantwortung zu, die durch Fachlichkeit und Professionalität durchaus übernommen werden kann/muss:

Deutungen sind keine Interpretationen! Fließen bei persönlichen Interpretationen subjektive Einstellungen, Annahmen, Vorurteile, Halbwissen und Halbwahrheiten mit ein, beziehen sich Deutungen dagegen auf Erkenntnisse. Solche Erkenntnisse können sich aus veröffentlichten Forschungsergebnissen ableiten oder auch auf langjährige Fachbeobachtungen und Auswertungen beziehen. Bevor sich also elementarpädagogische Fachkräfte an die Erzählwerte heranwagen, müssen entsprechende Grundlagen (beispielsweise durch besuchte Fort-/Weiterbildungsseminare, intensiv bearbeitete Fachliteratur – siehe dazu die im Anhang aufgeführten Buchhinweise –) erarbeitet worden sein und zur Verfügung stehen.


Diesen Artikel haben wir aus folgendem Buch entnommen:

Der situationsorientierte Ansatz – Auf einen Blick
Konkrete Praxishinweise zur Umsetzung
Krenz, Armin
Burckhardthaus-Laetare
ISBN: 9783944548043
15,00 €

Mehr dazu auf www.oberstebrink.de


Deutungen der Erzählwerte dürfen nur dann vorgenommen werden, wenn es um Ausdrucksformen der Kinder geht, die sie über einen längeren Zeitraum und in entsprechender Intensität zeigen! Es könnte gesagt werden, es sei „typisch“ für das Kind, diese oder jene besondere Ausdrucksform zu offenbaren. Der Begriff „typisch“ ist in diesem Zusammenhang nicht bewertend/stigmatisierend gemeint; vielmehr wird er als ein Synonym für ein oft beobachtetes Verhaltensmerkmal genutzt. In einem Überblick ergibt sich daher folgendes Bild:

Erfahrungen/Erlebnisse/Eindrücke (= lebensbedeutsame Situationen) offenbaren sich in sechs Ausdrucksformen:

  • in spezifisch gezeigten Verhaltensweisen,
  • in spezifisch gewählten/vernachlässigten Spielformen,
  • in Erzählthemen/ihrer Sprache,
  • im Malen und Zeichnen,
  • in Tag-/Nachtträumen,
  • in der Motorik.

Sie alle sind codierte Ausdrucksweisen und besitzen einen Ausdruckswert und einen Erzählwert.

Bedeutsame Erfahrungen, Erlebnisse und Eindrücke haben einen prägenden Wert

Da Erfahrungen, Erlebnisse und Eindrücke, die für Kinder bedeutsam waren, einen prägenden Wert besitzen (und auch noch uns als Erwachsene entscheidend in unserer Lebensgestaltung beeinflussen), hat der Situa­tionsorientierte Ansatz das Ziel, Kindern dabei zu helfen, die entwicklungsförderlich erlebten Einflüsse zu intensivieren/zu stärken und die entwicklungshinderlich erlebten Eindrücke/Erfahrungen zu verarbeiten, damit sie ein stärkeres, innerlich festes Selbstwertgefühl aufbauen/weiterentwickeln können, um die eigene Autonomie und Selbständigkeit auszubauen und damit zu einer gefestigten Identität und Sozialkompetenz zu finden, die zu einer reichen, glücklichen Lebensgestaltung führen.

Eine Anmerkung sei an dieser Stelle gestattet: Dem Situationsorientierten Ansatz wird von Zeit zu Zeit – und dabei aus einer bestimmten pädagogischen Richtung – vorgehalten, er habe eine „therapeutische“ Zielsetzung, die von elementarpädagogischen Fachkräften nicht geleistet werden kann. Dazu sei Folgendes gesagt:

  1. Elementarpädagogische Fachkräfte sind keine „Kindergärtner/-innen“, die „zu dumm“ für eine Arbeit mit hoher Fachkompetenz wären!
  2. Wenn das Wort „therapeutisch“ im Sinne einer genauen Übersetzung aus dem Griechischen mit „dienlich“ angenommen wird und im Sinne einer Fortführung gesagt würde, die Arbeit habe „der Entwicklung von Kindern dienlich zu sein“, dann trifft das Wort „therapeutisch“ absolut exakt zu. „Therapeuten“ (also Menschen, die im Sinne einer Entwicklung anderen Menschen dienlich sind) sind genau genommen „Diener“ – sie haben einer inhaltlichen Aufgabenstellung zu dienen zum Wohl der ihnen anvertrauten Menschen. Allerdings sei darauf hingewiesen, dass „therapeutische Arbeit“ nicht einer „psychotherapeutischen Arbeit“ gleichgesetzt wird bzw. werden darf. Hier gibt es Unterschiede!
  3. In dem Maße, in dem Fachschulen/-akademien sowie (Fach-)Hochschulen/Universitäten (mit dem Schwerpunkt der Elementarpädagogik) ihre Ausbildung fachlich/inhaltlich reformieren würden und dem Bereich der Entwicklungspsychologie, der Neurobiologie sowie der Bildungs- und Bindungsforschung eine erste, oberste Priorität beimessen würden, würde ein oben angesprochenes Fachwissen schon vor der Berufsaufnahme vorhanden sein – zumindest in basalen Grundlagen.

Die Zielsetzung des Situationsorientierten Ansatzes lässt sich also wie folgt beschreiben:

Der Kindergarten will Kindern die Möglichkeit geben, lebensbedeutsame Situationen, die das Kind in seinen Ausdrucksformen offenbart, in entwicklungsförderlicher Sicht zu unterstützen und bei entwicklungshinderlichen Eindrücken zu verarbeiten, um sich weiterhin bzw. impulsgebend, wahrnehmungsoffen und engagiert mit seinem gegenwärtigen Leben beschäftigen zu können.

Durch den Auf-/Ausbau seiner personalen Identität wird es Kompetenzen intensivieren bzw. neu entwickeln, die es die Gegenwart gestalten und die Zukunft bewältigen lässt.

Lebenspläne von Kindern als Grundlage für Projekte

Galt es zunächst, Kinder in ihren sechs Ausdrucksformen wahrzunehmen, diese wahrgenommenen Ereignisse in Beobachtungslisten schriftlich zu protokollieren und anschließend jedes Ausdrucksverhalten in seinem Erzählwert zu verstehen (zu deuten), so hat die Praxis gezeigt, dass es besonders aussagekräftig ist, wenn zu jeder Ausdrucksform möglichst mehrere (drei bis sechs) Beispiele aufgeführt sind! Je höher die Anzahl der beobachteten Beispiele ausfallen, desto aussagekräftiger kann der Erzählwert beschrieben und zusammengefasst werden!

Nehmen wir einmal an, dass die Beobachtung eines Kindes je vier „typische“ Beispiele einer jeden Ausdrucksform ergeben hat, so hat die elementarpädagogische Fachkraft insgesamt 24 Ausdrucksbelege zur Verfügung, um dann aus ihrem Fachwissen heraus diese spezifischen Ausdruckswerte mit ihren Erzählwerten zu versehen. Viele Erzieher/-innen haben sich mit der Zeit und durch die intensive Beschäftigung mit der Symbolik des Verhaltens, der Symbolsprache der Spielformen und des spezifischen Spielens der Kinder, der Symbolik der Bewegung/des Bewegungsverhaltens, der Symbolik des Erzählens und der Sprachgestaltung, der Symbolik des Malens und Zeichnens und der Symbolsprache der Träume ein eigenes „Symbol-be-deutungs-buch“ angelegt, das nach entsprechend besuchten Fachseminaren oder nach einer erfolgten Fachbuchbearbeitung immer wieder ergänzt wird.

Ein roter Faden zwischen den Ausdruckswerten

Nun könnte man annehmen, dass bei entsprechenden Ausdrucks- und Erzählwerten sehr viele, ganz unterschiedliche Decodierungsergebnisse bei einem Kind herauskommen. Nun, das ist falsch. Immer gibt es zwischen den unterschiedlichen Ausdrucks- bzw. Erzählwerten einen roten Faden, eine Sinnverbindung, einen Leitwert, der sich durch alle (zumindest die meisten) Aussagen zieht. Anders ausgedrückt: Durch einen Vergleich und eine vernetzte Betrachtung der Ausdrucks- und Erzählwerte offenbart sich ein Verhaltensmuster, das sich offensichtlich im Laufe der Zeit und des Kind(-er-)lebens herausgebildet hat. Eine Auswertung ungezählter Ausdrucksformen und ihrer Erzählwerte hat ergeben, dass außergewöhnlich viele Kinder etwa ein Verhaltensmuster zeigen, welches deutlich macht, dass Kinder:

  • unter Druck stehen und Druckentlastung suchen,
  • unglücklich sind und Glück erleben wollen,
  • sich schwach und minderwertig fühlen und Seelenstärke brauchen,
  • Angstsituationen ausgesetzt sind und eine Befreiung aus der Angst suchen,
  • Einsamkeit erleben und auf der Suche nach Annahme sind,
  • unter Anspannungen leben und Entspannung suchen,
  • mutlos sind und eigentlich mutig sein wollen,
  • Anforderungen mit Resignation begegnen und lieber Wagnisse eingehen würden,
  • Angst vor Versagenserlebnissen haben und daher innere Stärke brauchen,
  • in Überforderungen stecken und sich davon zu befreien versuchen,
  • unterfordert sind und auf der Suche nach „echten“ Herausforderungen sind,
  • Enttäuschungen mit sich herumtragen und lieber eine emotionale Freiheit hätten.

Natürlich(!) gibt es daneben auch Kinder, die sogenannte positive Verhaltensmuster zum Ausdruck bringen, doch sind sie im Verhältnis zur Gesamtzahl der beobachteten Kinder deutlich in der Minderheit. Wichtig ist folgende Anmerkung: Es geht dem Situationsorientierten Ansatz nicht um eine negativ geprägte Projektarbeit. Wer das behaupten würde, hätte sich von einer fachlichen Diskussion weit entfernt. Vielmehr richtet sich der Ansatz – und damit auch die Projektorientierung – nach den Daten heutiger Kindheiten – und das direkt vor Ort – aus. Das bei den Kindern entzifferte Verhaltensmuster, das bei einem Zusammentragen aller Ausdrucksformen sowie einer vernetzten Betrachtung aller Erzählwerte entdeckt werden kann, wird im Situationsorientierten Ansatz als „individueller Lebensplan des Kindes“ bezeichnet. Seine genaue Definition lautet wie folgt:

Ein Lebensplan ist der rote Faden im Leben von Menschen. Er ist ein personell individuelles Verhaltensmuster, das sich in der Vielzahl der Ausdrucksformen und ihren spezifischen Ausdrucksweisen zeigt und einen jeweiligen Bedeutungs(-Erzähl-)wert besitzt. Der Lebensplan eines Menschen setzt sich aus der individuellen Bewertung bisheriger Lebenserfahrungen, -eindrücke und Erlebnisse zusammen und verfolgt den Zweck, lebensnotwendige Grundbedürfnisse zu befriedigen, um zu einer seelischen Stabilität auf der Grundlage einer personalen Identität zu finden.

Zusammenhang von Lebensplan und Grundbedürfnisbefriedigung

Dazu ein paar einfache Beispiele, um den Zusammenhang von Lebensplan und Grundbedürfnisbefriedigung zu verdeutlichen:

  • Kinder, die unter Spannung stehen, suchen häufig intensive Bewegungen, um sich von ihrem Stress zu befreien und um letztlich entspannter sein zu können; allzu schnell werden diese Kinder mit dem Etikettierungsbegriff „AD(H)S-Kind“ versehen, was fachlich in keinerlei Weise begründet ist!
  • Einsame Kinder suchen häufig den Kontakt zu anderen Menschen, um Annahme und Geborgenheit zu spüren, und dabei würden diese Kinder am liebsten die ganze Zeit über die körperliche Nähe zum Erwachsenen genießen. Allzu schnell werden diese Kinder mit der unfachlichen Bewertung „distanzlos“ belegt, anstatt zu verstehen, dass Kinder ihr Grundbedürfnis „Liebe erfahren“ sättigen/nachholen wollen und müssen.
  • Kinder mit vielen Unsicherheiten suchen Situationen/Personen/Umstände, die ihnen Sicherheiten geben und es fällt ihnen schwer, sich auf neue, unbekannte Situationen einzulassen. Diese Kinder haben beispielsweise Schwierigkeiten, sich von vertrauten Personen zu lösen, Spielgegenstände abzugeben, etwas zu teilen oder Spielabbrüche zu akzeptieren. Allzu schnell werden diese Kinder als „unselbstständig“, „unflexibel“ oder in ihren Verhaltensweisen als „nicht altersgerecht“ abgeurteilt.
  • Kinder mit einem stark eingeschränkten Selbstwertgefühl bzw. Minderwertigkeitsgefühlen schaffen häufig Situationen, durch die sie auffallen und dadurch (endlich einmal) in den Mittelpunkt von Betrachtungen/Beachtungen kommen. Allzu schnell werden sie als „unangepasst“, „egoistisch“, „unsozial“ oder „aggressiv“ beurteilt, ohne zu sehen, dass es eine aktuelle Überlebensstrategie der Kinder ist, um nicht gänzlich in ihrer erlebten Bedeutungslosigkeit ganz abzurutschen.
  • Kinder, die sich seelisch ohnmächtig fühlen, haben häufig den Wunsch, Macht über andere zu besitzen. Allzu schnell werden diese Kinder als „gewalttätig“ abgestempelt, ohne zu verstehen, dass Angst-, Verunsicherungs- und Ohnmachtsgefühle genau zu dieser Überlebensstrategie führen müssen …

Diese Aufzählung könnte endlos fortgesetzt werden. Wenn – und darauf weisen ungezählte Beobachtungen – kindeigene Ausdrucksformen beispielsweise sehr häufig dem Zweck dienen, sich aus einer Angst zu befreien, Stolz erleben zu wollen, sich aus Wut und Ärger frei machen zu wollen, „eigentlich“ Ruhe und Entspannung suchen, Sicherheiten finden wollen, eigene Stärke spüren möchten, Wertschätzung und Zuverlässigkeit erleben möchten, sich aus Drucksituationen befreien zu wollen …, dann hat ein Kindergarten, der sich dem Situationsorientierten Ansatz verpflichtet fühlt, dafür zu sorgen, dass die Kinder in ihrer elementarpädagogischen Einrichtung (und in der Zusammenarbeit mit Eltern auch wenn möglich im Elternhaus) das finden, was sie brauchen. Vielleicht kann auch so eine Erklärung dafür gefunden werden, dass Kinder, die keine Freude dabei empfinden zum Kindergarten zu gehen, bestimmte „Angebote“ immer wieder verweigern, das Abholen von den Eltern kaum abwarten können, eine sogenannte Kindergartenmüdigkeit entwickeln, mit Langeweile einen Großteil ihrer Tage im Kindergarten verbringen, aus dem Kindergarten abhauen, durch vielfältige Verhaltensirritationen auffallen, einfach nicht das erleben, wonach ihre Seele ruft!




Spiel- und Lernimpulse zu Bilderbüchern

minedition bietet zu seinen Büchern zahlreiche Belgeitmaterialien gratis zum Download an

Spiel- und Lernimpulse bietet der Verlag minedition für Kindergärten und Grundschulen zu seinen Themenbüchern an. Jedes Bilderbuch greift ein besonderes Thema aus der Erfahrungswelt der Kindes auf. Zusätzlich werden zu jedem Themenbereich umfassende Hintergrund-Informationen, Lern-Impulse, Spiel-Aktivitäten, Bastel-Tipps angeboten, die man hier kostenlos downloaden kann. Mehr dazu finden Sie hier.




Gute Lieder sind Seelenproviant für Kinder

horn-noten

Warum Musik so wichtig ist und wie wir lernen, mehr zu musizieren

Seit mehr als 40 Jahren macht Reinhard Horn Musik. Seit 20 Jahren schreibt er auch für Kinder. Warum Musik für Kinder so wichtig ist und warum wir uns dennoch so schwer damit tun, haben wir ihn im Interview gefragt.

spielen und lernen: Herr Horn, Sie zählen zu den kreativsten deutschen Kinderliedermachern und haben fast dauernd Kontakt zu Kindern. Sie bezeichnen Musik als Seelenproviant für Kinder. Warum halten Sie Musik für so wichtig?

Reinhard Horn: Ich glaube, dass diese Welt anders wäre, wenn es die Musik nicht geben würde. Die Kinder kommen auf die Welt und längst bevor sie die ersten Worte sprechen, ist die erste Ausdrucksform die Musik, indem sie die Sprachmelodie der Mutter, der Großmutter, des Vaters nachahmen. La la la mama, mama, dada da.

Also von daher wird die Welt eigentlich musikalisch begrüßt. Von dem großen israelischen Geiger Yehudi Menuhin stammt der Ausspruch „Musik ist die allererste Muttersprache von uns Menschen“. Ich glaube, dass wir tief in unserer Seele musikalisch miteinander verbunden sind.

Dieses Wort vom „Seelenproviant“ habe ich mir vom Armin Krenz sozusagen mit freundlicher Genehmigung geliehen, weil Armin da ein wunderbares Buch geschrieben mit dem Titel „Kinder brauchen Seelenproviant“. Was würden wir in einen Rucksack packen, mit dem wir durch das Leben gehen? Was gehört da hinein? Ganz viele Dinge: natürlich in allererster Linie eine sichere, verlässliche Beziehung und Bindung, die sich in den ersten Lebensjahren einstellt. Über die Mutter, über den Vater, die Großmutter… Man möge aber bitte auch nicht die Aufgabe von ErzieherInnen und Lehrkräften unterschätzen. Auch diese sind wichtige Beziehungs- und Bindungspersonen. Und natürlich gehört in den Rucksack auch Bildung. Ganz wichtig sind aber auch Lieder und Geschichten.

sul: Warum meinen Sie, dass sie so bedeutend sind? Auf den ersten Blick erschließt sich das nicht.

RH: Dann spule ich mal vom Anfang des Lebens bis zum Ende. Ich bin unter anderem auch ein Botschafter der singenden Krankenhäuser. Die Idee stammt aus den USA. Hier gehen Singpaten in Krankenhäuser und singen mit Langzeit -Patientinnen und Patienten, also mit Krebserkrankungen, mit chronisch Kranken, mit Alzheimer und Demenzpatienten, mit wirklich großartigen Erfolgen. Das bestätigen auch die Ärzte.

Und wenn ich Gelegenheit habe, eine Singstunde mitzumachen, dann bekomme ich immer eine Gänsehaut, wenn ich sehe, wie das Gesicht eines Demenzpatienten sich aufhellt, wenn er ein Lied aus seiner Kindheit singt – und zwar mit allen Strophen. Was es mittags zu essen gab, wird er nicht mehr sagen können, aber das Lied aus seiner Kindheit hat er stets im Kopf.

Ich gehe aus diesen Singstunden nachdenklich raus und frage mich „Was werden wohl unsere Kinder in 80 Jahren singen, sollten sie an Demenz erkranken? Geben wir ihnen wirklich gute Lieder und gute Geschichten mit auf dem Weg? Die heutigen Demenzpatienten speisen ihre Liedererinnerung aus vier Quellen: Lieder aus dem Gottesdienst – wie zum Beispiel „Lobe den Herren“ „Ein feste Burg“. Die zweite Quelle sind Weihnachtslieder: „Stille Nacht, heilige Nacht“, „Oh du Fröhliche!“.  Und dann gibt es die Lieder aus ihrer eigenen Jugend, wo sie zum ersten Mal verliebt waren. Das ist manchmal schon sehr berührend, wenn ein 85-Jähriger „Sugar Baby“ von Peter Kraus singt, und man kann sehen, wie ersich an dieses alles erinnert. Und alle, die eine rheinische Frohnatur haben, haben natürlich als Quelle auch die Karnevalslieder. Hier spürt man auf einmal, was Seelen-Proviant wirklich bedeutet.: welche Würde und welche Partizipationsmöglichkeiten am Ende des Lebens wieder zurückkehren.

Und deswegen ist mir das so wichtig, dass wir als ErzieherIn, als LehrerIn, als PädagogIn den Kindern Lieder und Geschichten mit auf dem Lebensweg geben.

sul: Was singen denn Kinder heute?

RH: Ganz grob können wir die Kinder in zwei Altersgruppe unterteilen: Die Null- bis Achtjährigen wachsen mit traditionellen Kinderliedern, mit traditionellen Volksliedern und mit neuen Kinderliedern auf. Es gibt eine ganze Reihe von sehr guten neuen Kinderliedern, die sich auch etabliert haben.
Mit acht Jahren etwa kommt dann die Popularmusik hinzu. Da könnten wir jetzt lange, lange darüber sprechen. Ich persönlich frage mich manchmal, warum Kinder irgendwelche Titel auf Englisch mit acht Jahren singen, wo sie mit Sicherheit noch keinen Zugang zu den Texten und zum Inhalt des Liedes haben.
Für mich hat der Text eines Liedes eine große Bedeutung.

sul: Sie machen ja auch viele Konzerte und Veranstaltungen mit Kindern. Was kommt da rüber? Was beobachten Sie bei den Kindern?

RH:Also erst mal nehmen die Kinder unmittelbar und elementar Musik und Rhythmus auf. Das lässt sich sogar medizinisch belegen. Das zweite – und das ist für meine pädagogische Arbeit im letzten Jahr sehr wichtig geworden – hat sehr viel zu tun mit dem Begriff der Resonanz. Das, was ich ausstrahle, was ich den Kindern vermittle an Lust, an Leidenschaft, an Unsinn, an Bewegung, das greifen sie auf und spiegeln mich. Das halte ich für eigentlich für die für die Grundlage jeder pädagogischen Arbeit. Es gilt in guter Resonanz mit den Kindern zu sein, in einer guten Beziehung mit den Kindern zu sein. Und das geschieht bei meinen Konzerten, bei kleinen wie auch bei großen Konzerten im hohen Maße.

Ich bin vor Corona immer sehr viel unterwegs gewesen mit einer großen Weihnachtstournee, mit rund 20 Terminen. Das Besondere: Es sind immer Kinder und Chöre aus der jeweiligen Region mit auf der Bühne, die mit mir gemeinsam aufgetreten sind. Und bei der Probe zum Konzert gebe ich mir ein paar Minuten, die Kinder so zu erreichen, dass wir gemeinsam ein Konzert geben können. Und so nehme ich mir diese Zeit, diese Resonanz aufzubauen. Ein Schlüsselbegriff dafür: Lachen. Kinder lachen 40-mal häufiger als wir Erwachsene. Ich weiß nicht, ob wir das Lachen verlernt haben oder ob es weniger zu lachen gibt. Aber für Kinder ist es ganz wichtig, über das Lachen eine Beziehung herzustellen zu können, dass das lustvolle Erleben unterstützt.

sul: Lustvolles Erleben, das ist so ein wunderbares Stichwort. Toben sich die Kinder jetzt bei der Musik mehr aus oder gibt ihnen die Musik Energie?

RH: Ich erlebe beides. Ich erlebe Kinder, die sehr stark von einer inneren motorischen Bewegung herkommen und natürlich dann die Musik viel stärker in Bewegung ausdrücken können als andere. Und ich erlebe eigentlich immer in den Autogrammstunden nach den Konzerten, dass die Kinder gestärkt sind. In einer Chorprobe mit Kindern sehe ich das viel deutlicher, dass Kinder sich hinterher quasi auf einmal aufrichten, im wahrsten Sinn des Wortes und gestärkt aus solchen musikalischen Dingen herausgehen.

sul: Wenn ich von Ihnen höre, dass man bei Musik gar nicht so gut sprechen können muss oder sich unbedingt klar artikulieren können muss, dann muss Musik doch auch etwas sehr Inklusives und Integratives haben.

RH: Ganz genau. Das ist sozusagen die Brücke, über die wir immer wieder, gerade auch bei diesen inklusiven Ansätzen gehen können. Ich habe vor zwei Jahren für die Aktion Mensch ein Musical geschrieben. „Gemeinsam sind wir stark, das bunte Band Musical“, wo wir genau das Themen Inklusion, Integration und „Wie können wir gemeinsam etwas machen“ im Mittelpunkt gestellt haben? Da spielt Musik eine ganz, ganz bedeutende und große Rolle.Ich habe ein Lied, das heißt, „Ich bin klasse, so wie ich bin.“ In einer Förderschule mit blinden und stark sehbehinderten Kindern erzählten mir die Lehrkräfte, dass vier Kinder das Lied „Ich bin klasse“ einstudiert hätten und das gerne gleich beim Sommerfestkonzert auf der Bühne präsentieren wollen. Die Kinder kamen auf die Bühne und jedes einzelne Kind sang: „Ich bin klasse, so wie ich bin“. Ich hatte echt Gänsehaut.

Trotz aller Schwierigkeiten, die diese Kinder haben, schmälert es nicht ihre Lust an diesem Leben, nicht die Neugier auf all das, was uns das Leben bieten kann. Und das Singen ist der Ausdruck dafür.

sul: Wenn mich der Eindruck nicht täuscht, dann nimmt auch passiven Musikhören zu. Ganz gleich, ob das nun bewusst geschieht oder die Musik nebenherläuft, welche Bedeutung hat das für die Musik bei uns?

RH: Zu meiner Lehrerzeit habe ich mit meinen Schülerinnen und Schülern immer Musical Projekte inszeniert. Das letzte was wir gemacht haben, war „Jesus Christ Superstar“. Es war so ein Abschiedsgeschenk an meine Schule und ich hatte eine kurz vor dem Abitur stehende Schülerin, die hochgradig magersüchtig war und sich in das Projekt eingeklinkt und auch durchgebissen hat. Nach einem halben Jahr wurde der Ruf „Ihr müsst das noch mal machen, es war so toll“ immer lauter. Und dann habe ich alle nochmal angeschrieben und zu den Proben in den Weihnachtsferien eingeladen. Im Januar waren die Aufführungen. Auf einer großen Plakatwand im Theater stand, was aus den SchülerInnen geworden war. Die besagte Schülerin hatte dorthin geschrieben: „Ich lebe in Hamburg und bin Ideenscout.“ Das erklärte sie so: Das Wort „Idee“ hatte sie Buchstabe für Buchstabe untereinandergeschrieben und erläuterte „Idee heißt für mich, ich darf endlich essen“. Die Theaterarbeit, die Musik auf der Bühne hätten ihr ein anderes Körpergefühl, eine andere Körperwahrnehmung ermöglicht und auch das Gefühl, ich kann ja was in mir bewegen.

Das ist sicherlich ein extremes Beispiel, aber ich glaube, wir vergeben so viele Chancen, wenn wir Kindern diesen Raum, wo sie sich selbst ausprobieren können, wo sie selbst entdecken können, was alles in ihnen steckt, nicht geben.

sul: Ja, das ist wirklich beeindruckend. Aber was bedeutet dann dieses passive Musikhören?

RH: Ja, es triggert natürlich auch unsere ganze Emotionalität an. Das ganze limbische System wird über die Musik getriggert. Aber es führt letztlich zu einer konservativen Haltung, dass ich mich zurücknehme und etwas mit mir gemacht wird. Die Musik macht etwas. Sie verändert meine Stimmung, hält mich auf, unterstützt meine Traurigkeit oder bringt mich quasi in einen anderen energetischen Zustand. Das ist soweit in Ordnung. Aber für mich, mit Blick auf die Entwicklung von Kindern, ist der andere Bereich, dass sie selbst zum Tun kommen, mindestens ebenso wichtig.

sul: Wenn ich mich an meine Kindergartenzeit erinnere, dann haben wir viel mit Instrumenten gemacht. Wir hatten Orff-Instrumente. Das war toll für mich, weil ich da irgendwo draufhauen konnte und wenn der Rhythmus einigermaßen gut gestimmt hat, hat sich das irgendwie auch gut angehört. Und jede meiner ErzieherInnen konnte zumindest Gitarre oder Flöte spielen. Das war eine sehr fröhliche Zeit. Wenn ich mir das heute ansehe, bemerke ich oder glaube ich zu bemerken, dass bei all der Wichtigkeit, die Musik für die Entwicklung von Kindern hat, für ErzieherInnen die Situation ganz anders aussieht. Musik stößt oftmals auf Ablehnung. Warum ist das so?

RH: Also das würde ich auf jeden Fall für die letzten zwei Jahre, wo wir uns in dieser Pandemiesituation befinden, auf jeden Fall unterstreichen. Ich hatte das Gefühl in den Jahren vorher, dass wir uns auf einen guten Weg gemacht haben. Ich habe ja viele, viele Fortbildungen für ErzieherInnen gehalten, die immer sehr gut besucht waren. Dabei haben viele entdeckt, welche Möglichkeiten sich ihnen bieten und so sind viele Türen aufgegangen.

Das ist nun durch die Pandemie deutlich eingeschränkt. Von daher bin ich jetzt im Moment nicht mehr ganz so optimistisch. Aber ich hoffe sehr, dass wir diesen Weg weitergehen können. Gerade junge ErzieherInnen und Musik sind oft nicht die besten „Freunde“. Das hat immer was mit der eigenen musikalischen Biographie zu tun. Wenn ich selber Musik nicht mehr konstruktiv erlebt habe, dann traue ich mir das auch nicht mehr zu. Wenn in den Familien zu Hause nicht gesungen wird, wenn in ihrer eigenen schulischen Karriere eben über Musik gesprochen, aber nicht erlebt und gemacht wird, dann sind da erst mal gewisse Türen zu. Aber hinter den Türen, da bin ich fest davon überzeugt, stecken ganz viele Potenziale und es bedarf eigentlich meiner Meinung nach einfach nur einer guten Begleitung. Das hat etwas mit der Ausbildung zu tun. Da fristet auch die Musik oder die ästhetische Bildung eher ein Mauerblümchendasein. Da werden viele, viele andere Dinge nach vorne gestellt. Ich will jetzt auch gar nicht, das eine gegen das andere ausspielen. Aber ich glaube, dass da eine gute Begleitung für die jungen Erzieherinnen sehr hilfreich sein kann, damit sie erleben „Ich kann das“.

sul: Und an dem Prozess beteiligen sie sich auch hier durch Fortbildungsangebote.

RH: Wir machen jetzt durch die Pandemie mehr Onlineseminare. Die Angebote sind sehr gut nachgefragt und wo wir bekommen anschließend viel positive Rückmeldung. Ich hoffe, dass wir ab 2022 wieder stärker präsent sein können, damit ErzieherInnen sich mit Lust ausprobieren können und Neugierde darauf entwickeln, wie sie die neuen Erfahrungen in ihre Arbeit integrieren können.

sul: Das ist ein schönes Schlusswort. Vielen Dank.

RH: Danke auch.

Weitere Informationen zu Reinhard Horn auf www.reinhardhorn.de, Verlag www.kontakte-musikverlag.de

10 Punkte über Reinhard Horn

horn

  1. Reinhard-Horn-Grundschule Rhumspringe
  2. Botschafter des „Kindernothilfe e. V.“
  3. Botschafter des „Singenden Krankenhäuser e. V.“
  4. Ca. 3 Millionen verkaufte Tonträger und rund 5 Millionen verkaufte Bücher
  5. Ca. 150 Veranstaltungen im Jahr – Konzerte, Fortbildungen, Seminare, Kongresse
  6. Mit über 2000 komponierten und produzierten Songs der „kreativste deutsche Kinderliedermacher“
  7. Er hat die Kinder-Hymnen geschrieben für ADAC, Adveniat, Aktion Mensch, Brot für die Welt, BUND, Dietrich Grönemeyer Stiftung, Deutsche Turnerjugend, Ein Herz für Kinder, Greenpeace, Kindernothilfe, MISEREOR, Stadt Lippstadt, TUI, World Vision
  8. Zahlreiche Auszeichnungen: u. a. von der Deutschen UNESCO Kommission (Nachhaltige Entwicklung), mehrfacher Preisträger des Deutschen Rock & Pop Preises, ERASMUS Award, COMENIUS Award
  9. Künstler bei UNIVERSAL Music und KONTAKTE Musikverlag
  10. Der „tollste Kinderversteher“ (Zitat eines 8-jährigen Jungen)




Online-Seminare mit Reinhard Horn

Lichtertänze, musikalische Ideen, Traum- und Fantasiereisen zur Winter- und Adventszeit

Neben seinen Konzerten ist Reinhard Horn einer der gefragtesten Referenten im Bereich der Fortbildung für Erzieherinnen, LehrerInnen und PädagogenInnen. Immerhin war er auch fast zwei Jahrzehnte lang Lehrer und versteht viel von der Praxis.

Seit geraumer Zeit bietet er auch Online-Seminare an. Hier haben wir die kommenden Seminare zusammengefasst:

09.11.21 Lichtertänze und Bewegungsideen zur Winter- und Weihnachtszeit

Für alle, die zur Winter- und Weihnachtszeit mit dem Element Licht arbeiten möchten, bietet dieses Online-Seminar eine Fülle von praxisorientierten Impulsen und Ideen.
Alle Lichtertänze und Bewegungsideen sind leicht und mit ganz viel Freude umsetzbar.

Eine wundervolle Kombination aus „Licht“ und „Tanz“ für alle in Kita, Förderschule und Grundschule.

16.11.21 Von Martin bis zu den Hl. drei Königen – Ideen für Advent und Weihnachten

Für die schönste Zeit des Jahres stellt Reinhard Horn in diesem Online-Seminar Lieder und musikalische Ideen vor, die die besonderen Themen der Adventszeit aufgreifen.

Es wird gesungen und erzählt vom Licht – von Engeln und Sternen, vom Warten, vom Advent bis hin zu den heiligen drei Königen. So kann es Weihnachten werden – im Kalender und auch in den Herzen der Kinder und Erwachsenen.

Im Online-Seminar wird auch der Aspekt „Musik mit und ohne Singen“ berücksichtigt.

23.11.21 Musikalische Ideen für alle, die fachfremd Musik unterrichten

Dieses Online-Seminar bietet eine Fülle von musikalischen Ideen und Anregungen für alle, die fachfremd Musik unterrichten!

Reinhard Horn stellt fröhliche Lieder und leichte musikalische Ideen für den unmittelbaren Einsatz in der Klasse und Kita vor. Dazu gibt es vielfältige Anregungen und Ideen, wie z.B. kleine Raps, Body Percussion, Klatschen und Rhythmus-Instrumente.

So macht Musik – auch fachfremd – Spaß!

In diesem Online-Seminar wird auch der Aspekt „Musik mit und ohne Singen“ berücksichtigt.

07.12.21 Einmal Himmel und zurück – Traum- und Fantasiereisen

Traum- und Fantasiereisen können eine wertvolle Hilfe für den pädagogischen Alltag in Kita, Grundschulen und Förderschulen sein.
Konzentration, Ruhe und Stillephasen, Entspannung und gesteigerte Aufmerksamkeit sind pädagogische Anforderungen um Lernprozesse zu verbessern.
Sie laden dazu ein, Stille- und Konzentrationsphasen auch im familiären Umfeld zu imitieren.

14.12.21 Wir begrüßen den Winter musikalisch

Wir freuen uns auf den Winter und begrüßen ihn mit vielen praxisorientierten Ideen und einer guten Mischung aus bekannten und neuen Winterliedern. Neben dem Singen und Kennenlernen gibt es – wie immer – viele Bewegungs-, Spiel- und Umsetzungsideen.

So kann der Winter beginnen!

In diesem Online-Seminar wird auch der Aspekt „Musik mit und ohne Singen“ berücksichtigt.

Weitere Informationen und die Möglichkeit zur Anmeldung finden Sie hier.




Kinderängste – Ausdrucksformen verletzter Kinderseelen

Kinder erleben und ertragen Ängste

Jedem Erwachsenen, Eltern und ErzieherInnen fallen sicher auf Anhieb etliche Beispiele ein, wenn es darum geht, Kinderängste zu nennen. Seien es Ängste aus der eigenen Kindheit oder Ängste eigener beziehungsweise anvertrauter Kinder. Sie sind ein Teil des Lebens und haben in bestimmten Grenzen etwas mit der Wahrnehmung des Lebens zu tun. Gleichzeitig können Ängste aber auch die gesamte Lebensgestaltung bestimmen und schränken damit die Lebensqualität ein.

Ängste werden als eine Bedrohung erlebt!

Kinder (und auch Erwachsene) kennen viele Ängste: die Angst vor dem Alleingelassen werden, einer Krankheit oder einer bedrohlich erlebten Dunkelheit; die Angst vor dem Krokodil unter dem Bett oder dem Verlust einer Freundin/eines Freundes; die Angst davor, ausgelacht zu werden oder Unverständnis für etwas zu ernten; die Angst vor irgendeiner Strafe oder vor einer drohenden Ungerechtigkeit, vor schlimmen Umweltkatastrophen oder unangenehmen Konsequenzen für Leib und Seele; die Angst vor Gewitter, Blitz und Donner oder die Angst vor be­stimmten Menschen; die Angst vor unbekannten Situationen oder die Angst, an bestimmten Aufgaben zu scheitern; die Angst, aus einer Gruppe ausgeschlossen zu werden und zum „Sündenbock“ erklärt zu werden oder die Angst davor, Erwartungen nicht zu erfüllen.

Kinder erleben Ängste ganz ursprünglich

Wenn sich Erwachsene über Ängste unterhalten, dann schauen sie auf viele Jahre Lebenserfahrung zurück und haben mit der Zeit (mehr oder weniger) gelernt, mit ihren Ängsten umzugehen. Bei Kindern ist das anders. Sie erleben ihre Ängste ganz nah, aktuell, tiefgehend und ur­sprünglich. So hält sich Jan vielleicht an der Mutter fest und lässt sie nicht los, wenn es darum geht, dass er „endlich allein im Kindergarten bleiben soll“. Jennifer läuft vielleicht zur ErzieherIn und bittet um Hilfe, weil andere Kinder sie verfolgen. Benno verkriecht sich vielleicht in der hintersten Ecke des Kindergartenraums, weil er Angst vor bestimmten Kindern hat, und Jonathan hält sich krampfhaft die Ohren zu, weil ihn die lauten Geräusche im Raum massiv ängstigen.

Lioba schreit ihre Welt zusammen, weil sie plötzlich nicht mehr allein von dem Baum herunterkommt, und Christian senkt immer dann seine Augen auf den Boden und dreht sein Gesicht weg, wenn andere etwas von ihm wollen. Dennis versteckt sein Spielzeug und bewacht es mit einem Schwert, aus Angst davor, andere könnten ihm etwas wegnehmen, und Esther weigert sich zu malen, weil sie Angst davor hat, nicht so gut wie andere Kinder ihre Ideen aufs Papier zu bringen. Frederick hält sich bei einer Kindertheateraufführung die Augen zu, weil er Angst hat, das Geschehen auf der Bühne weiter zu sehen, und Gerrit wirft sich auf den Boden, trampelt wild um sich und schreit unüberhörbar, weil er Angst hat, seinen Willen nicht durchsetzen zu können.

Kinderängste zeigen sich mit vielen Masken

Viele Kinder fühlen sich von ihren Ängsten regelrecht überfallen, sodass sie nicht die Angst in der Hand haben, sondern die Angst hat die Kinder in der Hand! Sie wird als eine gewaltige Macht erlebt, die so viel Dominanz besitzt, dass ein Kind glaubt, sich gegen sie nicht wehren zu können, weil sich Kinder selbst als schwach erleben. Kinderängste bergen das Gefühl in sich, dass sie stärker sind als alles andere auf der Welt und so reagieren Kinder auch körperlich auf erlebte Angstsituationen mit Schweißausbrüchen, einem schnelleren Herzschlag und einer deutlichen Veränderung der Pupillen. Das Gefühl Angst wird zu einer unüberwindbaren Macht, wobei sich Kinder in dieser Angstsituation völlig machtlos einschätzen.

Allerdings sind viele Kinderängste auch in Verhaltensweisen und körperlichen Reaktionen versteckt, die auf den ersten Blick gar nicht mit Ängsten in Verbindung zu stehen scheinen! Vor allem sei hier auf gewalttätige oder aggressive Ausdrucksformen verwiesen: die Angst, zu kurz zu kommen, lässt manche Kinder zum Knüppel greifen und zuhauen; die Angst, nicht beachtet zu werden, bringt manche Kinder dazu, laut herumzukommandieren und andere Kinder zu treten; die Angst davor, nicht zu seinen Wunschvorstellungen zu kommen, findet ihren Ausdruck darin, rücksichtslos das zu wollen, was man glaubt, jetzt unbedingt haben zu müssen. Die Angst davor, sich mit sich selbst auseinandersetzen zu müssen, lässt manche Kinder in eine ständige Unruhe fallen und immer aktiv sein.

Kinderängste zeigen sich also auf unterschiedliche Art und Weise. Zum einen im Weinen oder als Rückzugsverhalten, zum anderen in Wut, Aggressivität oder Gewalt. Darüber hinaus können sich Kinderängste auch in psychosomatischen Reaktionen äußern, etwa bei bestimmten Formen des Stotterns, des Einnässens, einer hohen Reizbarkeit, einer tiefen Antriebsschwäche oder einer ständigen Unruhe, in Schlaflosigkeit oder nächtlichen Auf­schreien und bösen Träumen, durch Magendruck und Völlegefühl, Darmbeschwerden, Atemschwierigkeiten oder in einer unkoordinierten Motorik oder in starken muskulären Verspannungen. Ja, selbst besondere Formen von Hautausschlägen können Ausdrucksformen von Ängsten sein.

Überforderungen sind die häufigsten Gründe für Kinderängste

Die Zeit der Kindheit dient der Entwicklung der Kinder in erster Linie dazu, sich mit sich selbst auseinanderzusetzen, eigenes Können auszuprobieren, die Tage als gegenwärtige Zeitgeschenke zu erleben und mit viel Ruhe zu genießen. Demgegenüber gibt es täglich unzählige Bedingungen, die genau diese Möglichkeiten und Notwendigkeiten einschränken: sei es die Hektik vieler Erwachsener, die Ungeduld im täglichen Miteinander oder die ungebremst starke Fülle an Erwartungen, wie ein Kind zu sein hat, was es in seinem Alter schon alles können müsste/sollte, was es selbst im Kindergarten zu leisten hat oder wie es sich verhalten muss! Sei es das überaus starke Angebot an Spielmaterialien oder die kaum zu steigernde Reizüberflutung durch Medien auf allen Ebenen und Kanälen. Sei es die Konsumorientierung, mit der Kinder täglich konfrontiert werden, oder sei es die Unzufriedenheit der Erwachsenen, die auf Kinder (in)direkt übertragen wird, sei es die Reizüberstülpung in Kinderräumen (auch Kindergartengruppen) oder die unüberschaubare Menge der Kinder in vielen Kindergruppen. Sei es die frühe Ausrichtung auf „kognitive Förderung“, obgleich Kinder über ihre motorischen Handlungsfähigkeiten „lernen“ und bis zum siebenten Le­bensjahr in ihrer „magischen Welt“ leben, oder die Verplanung der Zeit durch Kinderkurse oder Training, die Kindern die Zeit nimmt, sich mit sich selbst auseinanderzusetzen.

Es gibt so viele Lebensbedingungen, in denen Kinder heute auf­wachsen, die von ihnen (unbewusst) als Überforderung erlebt werden müssen. Auf diese Weise können einzelne Wahrnehmungen nicht mehr von Kindern betrachtet, verstanden und geordnet werden, sodass sie in einer kognitiven (und damit gleichzeitig emotionalen!) Unru­he aufwachsen. Die Folge davon sind Ängste, weil es keine „Auszeit“ zur Strukturierung der Wahrnehmungsreize gibt.

Unterforderungen als Verstärker mancher Kinderängste

Kinder erleben alles, was um sie herum geschieht, als eine Herausforderung mitzuwirken, sich mit ins Spiel zu bringen, an Aktionen teilzuhaben und den Situationen einen eigenen Stempel aufzudrücken. Alles nach dem Motto: „Da habe ich mitgewirkt!“/„Ich war dabei!“/„Ich habe nicht nur zugeschaut, sondern ganz aktiv mitgemacht!“ Viele Be­obachtungen in der Praxis – bezogen auf Eltern und manche ErzieherInnen – zeigen auch das Bild, dass Kinder unterfordert werden, indem ihnen bestimmte Verhaltensweisen nicht zugetraut werden! Etwa, wenn es um ein wildes, ausgelassenes Herumrennen geht („Nicht so schnell! Was kann da alles passieren!“), wenn es sich um Kletter- und Springaktivitäten handelt („Das ist zu hoch! Ihr werdet euch verlet­zen!“) oder wenn sich die Handlungsmotive auf bestimmtes Hantieren mit irgendwelchen Werkzeugen beziehen („Eine Werkbank ist zu ge­fährlich!“). Oftmals werden Kinder von vielen Tätigkeiten ausgeschlossen, die sich Erwachsene selbst vorbehalten oder den Kindern noch nicht zumuten – etwa bei der Mithilfe beim Rasenmähen, bei der Mitarbeit zur Vorbereitung des Essens, bei dem Aufbau von Kinderhütten, Tierställen usw. oder bei der Reparatur von Haushaltsdingen. Kinder würden liebend gern dabei sein, mithelfen, mit anfassen und sich aktiv mit einbringen.


krenz-elementarpaed-aktuell

Diesen Artikel haben wir aus folgendem Buch entnommen:
Elementarpädagogik aktuell
Die Entwicklung des Kindes professionell begleiten
Krenz, Armin
Burckhardthaus-Laetare
ISBN: 9783944548012
208 Seiten, 24,95 €
Mehr auf oberstebrink.de


Machen Kinder des Öfteren die Erfahrung, dass ihnen bestimmte Dinge eher nicht zugetraut werden, können sie sich als klein, ­unvollkommen und überflüssig erleben und mit der Zeit auch Ängste vor bestimmten Gegenständen (Messer, Nägel, Hammer, elektrische Geräte, Sägen, hohe Bäume und Klettergerüste …) entwickeln. Nach der Devise: „Was mir nicht zugetraut wurde, traue ich mir mit der Zeit auch immer weni­ger zu.“ Viele Kinder sagen recht schnell: „Das kann ich nicht!“/„Dazu bin ich noch zu klein!“/„Mach du das mal lieber!“/„Ich weiß nicht, wie das geht.“

Die Macht der Kinderängste

Kinderängste werden immer dann für die Entwicklung von Kindern problematisch, wenn sie zu einem beherrschenden Merkmal des Kinderlebens werden, weil sich Kinder entweder kaum/gar nichts mehr zutrauen oder glauben, alles tun zu müssen und schaffen zu können! Beide Ausdrucksformen sind ein Beispiel für unterschiedliche Kinderängste! Normalerweise gehört die Angst als ein Grundgefühl (neben den emotionalen Werten wie Freude, Trauer und Wut) zu unserem Leben dazu. Sie ist allerdings nur dort „gesund“, wo sie uns Menschen vor realen Gefahren oder vor unüberlegten Handlungen warnt. Etwa beim Überqueren einer viel befahrenen Straße, beim Herunterlehnen über ein Fensterbrett in luftiger Höhe, beim Herunterspringen auf einen harten Steinboden, beim Verirren in einem großen Wald oder beim Verlaufen in einer fremden Umgebung mit gleichzeitiger Unkenntnis der Landes­sprache (Ausland), beim Rudern, wenn sich das Wetter ­dramatisch verschlechtert und womöglich die Schwimmweste fehlt oder etwa beim Klettern im Gebirge.

Ängste sind im Gegenzug dort hinderlich, wo sich kleine und große Men­schen Dinge nicht zutrauen, auch wenn sie notwendig/zu leisten sind, wie etwa beim Verlaufen fremde Menschen nach dem Weg zu fragen, sich in fremden Situationen zu helfen wissen, Handlungsschritte auszuprobieren und Risiken einzugehen. Haben Kinderängste eine solche Macht über Kinder, dass sie von ihren Ängsten beherrscht werden, dann warnen Ängste nicht mehr vor einer realen Gefahr, sondern viele Situationen werden subjektiv als angstauslösend erlebt. Das wiederum führt im Leben der Kinder (und auch der Erwachsenen) zu einer Einschränkung der Leistungsfähigkeit, Liebes- und Kommunikationsfähigkeit. Sie isoliert die „angstbesetzten“ Kinder, indem sie ihre Ansprüche entweder zunehmend zurückstellen oder diese mit massiver Macht in den Mittelpunkt ihres Lebens – und den anderer Menschen – stellen. Werden Kinderängste dann nicht frühzeitig erkannt und den Kindern genommen, können sie sich zu einem festen, starren Lebensplan entwickeln, der an lebenslanger Bedeutung gewinnt.

Kinderängste sind ein Ausdruck von Unsicherheiten und Irritationen

Kinderängste werden sich in Kinderseelen nur dort breit machen (können), wo Kinder durch bestimmte, für sie bedeutsame Situationen verunsichert beziehungsweise irritiert wurden/werden. Ein sicheres Kind, das ein stabiles Selbstwertgefühl besitzt, das bestimmte Sicherheiten in sich trägt (ich bin gut; ich kann was; ich schaffe Anforderungen, die ich mir selbst stelle) und damit ein bestimmtes Maß an Belastbarkeit besitzt (ich bin nicht am Boden zerstört, wenn mal was nicht klappt, was ich mir vorgenommen habe; die Welt hört nicht auf sich zu drehen, wenn ich mal meinen Willen nicht durchsetzen kann; auch andere haben Bedürfnisse und nicht nur ich), wird auch bei kleineren einmaligen Verunsicherungen keine Ängste entwickeln.

Diese prägen sich vielmehr dann aus, wenn entsprechende Verunsiche­rungen oder Irritationen entweder häufiger auftreten oder in ihrer Ausprägung so massiv sind, dass sie auch schon bei einem einmaligen Erlebnis von tragender Bedeutung sind (fachsprachlich wird von einem quantitativen beziehungsweise qualitativen Eindruckswert gesprochen). Also muss es in der Pädagogik immer darum gehen, Kindern in ihrer Entwicklung dabei zu helfen, ein ausreichendes Maß an Selbstwertgefühl entwickeln zu können.

Kinderängste können jederzeit abgebaut werden

Die Ängste der Kinder entstehen nicht dadurch, dass sie wie Regen vom Himmel fallen, sondern dadurch, dass Kinder Über- oder Unterfor­derungen in bestimmten, bedeutsamen Lebensbereichen erfahren, erdulden, erleiden müssen! So gibt es vielfältige Wege, Kinderängste ab­zubauen: Eltern und ErzieherInnen müssen gemeinsam auf die Suche gehen, Gründe/Auslöser für das angstbedingte Verhalten bei den Kindern zu finden. Das ist die Grundlage für die Möglichkeit, Ängste Stück für Stück abzubauen.

Eltern und ErzieherInnen müssen in einer sorgsamen Analyse der Umfeldbedingungen – sowohl im Elternhaus, in der Freizeit und im Freun­deskreis als auch im Kindergartenbereich – selbstkritisch und offen dafür sorgen, dass keine angstauslösenden Über- oder Unterforderun­gen an die Kinder gestellt werden.

Eltern und ErzieherInnen haben die Aufgabe, Kindern ein Gefühl von Sicherheit zu vermitteln. Das geschieht durch ein Zugestehen der humanen Kinderrechte ebenso wie durch die Bereitstellung eines großen Erfahrungsraums, in dem Kinder Kinder sein können, wo Kinder die Möglichkeit des Experimentierens haben und wo sie sich in ihrer Einmaligkeit angenommen fühlen.

Eltern und ErzieherInnen können Kindern dadurch helfen, Ängste abzubauen beziehungsweise gar nicht erst aufkommen zu lassen, wenn sie mit den Kindern gemeinsam feste Regeln besprechen, die eine hohe Sinnbedeutung haben. Kinderängste können sowohl durch starke Regeln und starre Strukturen aufgebaut und unterstützt werden als auch durch Unübersichtlichkeiten, fehlende Strukturen und erlebte Widersprüchlichkeiten.

Kinderängste werden dort abgebaut, wo gemeinsam mit anderen Kindern viele Angstsituationen hergestellt und „bestanden“ werden, etwa beim Bau von großen, dunklen Höhlen, bei dem Bau von dunklen Gän­gen, dem (gesicherten) Besteigen von Höhen, dem Bestehen von Gefahren, Abend- und Nachtwanderungen, beim Kämpfen gegen selbst hergestellte Drachen und andere Urzeit­tiere, bei dem Besteigen von Bäumen, beim Kampf gegen lebensgroße Stoffgespenster, bei einem Duell von Piratinnen und Piraten, beim Übernachten im Zelt, beim La­gerfeuer und im Erzählen von Gespenstergeschichten und bei anschl­ießenden Möglichkeiten, mit Zeit und in Ruhe die Erlebnisse nachzubereiten!

Kinderängste werden schließlich dadurch in Sicherheiten verwandelt, wo Kinder Erwachsene erleben, die sich durch Zuverlässigkeit Optimismus und Vertrauen auszeichnen, die auch über ihre Ängste spre­chen/berichten können und nicht im Sinne der Kinder immer die „Superhelden“ und BesserwisserInnen sind. Dann gehört auch der viel gehörte Satz „Davor brauchst du keine Angst zu haben“ endlich in die Mottenkiste einer kinderfremden Sprache.




Skizzen einer demokratischen Erziehung nach Janusz Korczak

Demokratielernen mit Geschichten und Organisation der Lebensgemeinschaft

Für Kinder schrieb Janusz Korczak Geschichten zur Selbsterprobung. Die Geschichten – „Wenn ich wieder klein bin“, „Jack handelt für alle“, „König Hänschen der Erste“, „König Hänschen auf der einsamen Insel“, „Der Bankrott des kleinen Jack“ oder „Kaitus, der Zauberer“ – ermöglichen dem einzelnen Kind seine Vorstellungen zu erweitern und Fantasie zu entwickeln, Alternativen zur Wirklichkeit durchzuspielen, zu gehorchen (nicht weil es Angst hat, sondern weil es selbst Ordnung haben will), Identifikationen vorzunehmen, sich zu wandeln und seine Hoffnungen zu stärken.

Visionen von einer Welt ohne Krieg

So erfindet Korczak mit König Hänschen einen Kinderkönig, also ein Kind, das Macht und Verantwortung hat, aber dennoch Kind bleibt. Das Kind kann seine Unerfahrenheit und Ohnmacht erkennen und die Macht der Großen durchschauen, ihre Grenzen und Schwierigkeiten wahrnehmen. Es kann erkennen, dass Macht und Verantwortung zwei Seiten einer Medaille sind.

Das Kind erfährt, wie sich König Hänschen mit den Unzulänglichkeiten, die in der Welt herrschen, auseinandersetzen muss: Mit Ministern, die ihn belügen, oder mit seinem Freund Fritz, der sich bestechen lässt. Aber es erfährt auch, wie es die Welt zum Guten wenden und Schritte auf dem Weg zu einer gerechteren Welt tun kann. Und es erfährt, wie sich König Hänschens Einstellung zum Krieg ändert, welchen Lernprozess er von der Kriegs- zur Friedensbereitschaft durchmacht. Die Geschichten zeigen auch Visionen von einer Welt, in der es keinen Krieg mehr geben muss.

Aufgaben, die ein Kind erfüllen kann

In Korczaks Geschichten für Kinder gibt es keinen machtvollen Sieger wie in vielen Kinderbüchern. Mächtig zu sein befriedigt ja nur ein augenblickliches Lustbedürfnis. Geschieht dies nicht, dann greift Frustration um sich, die wohl die größte Quelle der Aggression ist.

Wir finden in Korczaks Geschichten nicht Forderungen um jeden Preis, sondern Aufgaben, die ein Kind erfüllen kann. König Hänschen zeigt Aufgaben und risikoreiche Wege zu ihrer Bewältigung, denen jedes Kind sich gewachsen fühlen kann. Freilich ist der gute König am Ende ein trauriger König auf der einsamen Insel. Offenbar ist es in unserer Welt so eingerichtet, dass ein Mensch, der Gutes tut, zunächst einsamer sein wird als andere. Er wird aber von denen geachtet, die für eine gerechtere Welt eintreten.

Überwinden, ermöglichen und sensibilisieren

Korczaks Geschichten sind ein bedeutsames Erziehungsmittel gerade in Kindertageseinrichtungen, die Kinder von Flüchtlingen und Kinder mit Behinderung besuchen. Die Geschichten halten den Zielsetzungen der neuen Kinder- und Jugendliteratur stand: Sie überwinden Fixierungen auf Autoritäten, ermöglichen Kritikfähigkeit, sensibilisieren für eigene und fremde Interessen. Sie tragen zur Entwicklung eines Realitätsbewusstseins bei, das eine illusionistische und pessimistische Weltsicht überwindet.

Korczak hat in seinen Geschichten die Gegensätze nicht in einer Synthese aufgehoben, sie oszillieren vielmehr und halten das Denken in Bewegung. Die Geschichten laden zum Mitdenken ein, bei dem keiner den Anderen zu vereinnahmen braucht und jeder kann sich als Teil des Ganzen fühlen: Kinder und Erwachsene, Studierende und Lehrende.

Organisation der Lebensgemeinschaft

Korczak strukturiert im Waisenhaus die Organisation der demokratischen Erziehungsgemeinschaft, bei der das Kind ein gleichwertiger, gleichwürdiger und gleichberechtigter Partner ist. Da aber der Erzieher durch seine Erfahrungen gegenüber dem Kind einen Vorsprung hat, ist er verpflichtet die Perspektive des Kindes und gleichzeitig die eigene zu achten. Bei diesem achtsamen Dialog geht es darum, dem Kind seinen eigenen Gestaltungswillen in der nach republikanischen Regeln geordneten Gemeinschaft zu ermöglichen.

Korczaks breit gefächertes Konzept der demokratischen Erziehung enthält ein pädagogisches System: Für Kinder entwickelt Korczak differenzierte Spielregeln für die Selbstverwaltung mit wenig bestrafenden Paragraphen. Mit ihnen erprobt er Spielregeln in der Kinderrepublik. Das Kindergericht der Erziehungsgemeinschaft ist um ein Höchstmaß an Gerechtigkeit bemüht und orientiert sich am Grundsatz des Verzeihens. Die selbst zu verantwortende Verwaltung ermöglicht den Kindern ihre gemeinsamen Angelegenheiten zu erkennen und zu definieren, Regeln und Formen des gegenseitigen Einvernehmens zu erfinden. Durch diese Selbstverwaltungsstruktur in der „kleinen Kinderrepublik“ können sich Kinder selbst disziplinieren und „mehr Demokratie wagen“.

Ferdinand Klein

Hier geht es zu einem weiteren Artikel von Prof. Ferdiand Klein zu Korczaks Pädagogik.

Mehr über Janusz Korczak und Inklusive Erziehung von Prof. Ferdinand Klein

Inklusive Erziehung in der Krippe, Kita und Grundschule
Heilpädagogische Grundlagen und praktische Tipps im Geiste Janusz Korczaks
168 Seiten, Softcover
ISBN: 978-3-963046-01-8
19,95 €




Die Bedeutung von Beobachtung und Wahrnehmung in Kindertagesstätten

Professionelle und humanorientierte Anforderungen an ErzieherInnen

Die gesamte pädagogische Arbeit in Kindergarten und Hort – angefangen von der Gestaltung der pädagogischen Einflussnahme auf Tagesablauf, Gesprächssituationen über Teamarbeit bis hin zum persönlichen Management – richtet sich nach der Art und Weise, wie ErzieherInnen Informationen auf- und wahrnehmen. Und da es täglich ungezählte Situationen und Ereignisse gibt, die wahrgenommen werden, ergibt sich die Notwendigkeit, sich diesem bedeutsamen Phänomen einmal in besonderem Maße zuzuwenden.

Erkenne dich selbst, bevor du Kinder zu erkennen trachtest

Wolfgang Liegle

Zunächst: Jede Reaktion des Menschen ist eine subjektiv geprägte Handlung, die sich daraus ergibt, wie, wann und wo ein wahrgenommener Reiz über die Sinnesrezeptoren, persönliche Empfindungen und die subjektive Bewertung zu einem persönlich geprägten Wahrnehmungsgegenstand wird. So spielt es eine Rolle, ob wir in guter Stimmung mit einer laut lärmenden Kindergruppe zusammen sind oder in schlechter, gereizter Stimmung mit laut lärmenden Kindern einen Teil des Tages gemeinsam verbringen, ob das Zusammensein mit ihnen am Vormittag, zur Mittagszeit oder am Ende des Arbeitstages stattfindet, ob wir gerade einen erholsamen Urlaub hinter uns haben oder seit Wochen beruflich und privat unentwegt in starkem Maße gefordert sind, ob wir durch die eigenen Kinder an einen bestimmten Lärmpegel gewöhnt sind oder nicht, ob die lärmenden Kinder in den eigenen Gruppenräumen Krach machen oder wir mit den Kindern zu Gast in einer anderen Einrichtung sind, ob die Kinder ihre lärmenden Aktivitäten nach draußen verlagern können oder ein entsprechendes Außengelände gar nicht zur Verfügung steht.

Immer (!) treten bei den vielfältigsten Wahrnehmungen persönliche, räumliche, strukturelle und organisatorische Motive und Gegebenheiten in eine Vernetzung mit der Wahrnehmung selbst. Um bei dem Beispiel der lärmenden Kinder(gruppe) zu bleiben: eine nicht unerhebliche Rolle spielt auch die Tatsache, welche Kinder den Lärm erzeugen, wie unsere Beziehung zu diesen Kindern gestaltet ist, ob wir sie mögen / wertschätzen  oder  aufgrund  eigener  „Erfahrungen“   in  ihnen  „schon  immer grenzüberschreitende Störenfriede“ gesehen haben. Wahrnehmungsergebnisse sind also die Folgen subjektiv erlebter Wahrnehmungserlebnisse, die uns dazu führen, ein bestimmtes Bild von bestimmten Situationen zu haben. Anders ausgedrückt: ein „objektiver Reizgegenstand (hier: ein bestimmter, in Dezibel zu messender Reizgegenstand Lautstärke) wird über eine Summe von Filterwirkungen zu einem individuell-persönlich gefärbten Wahrnehmungsgegenstand (hier: un/aushaltbarer Lärm/Krach).

Die Bedeutung der eigenen Persönlichkeit im Wahrnehmungsprozess

Wenn es daher – sowohl von sozialpsychologischer als auch anthropologischer Sicht – keine Objektivität einer Wahrnehmung gibt, gilt es zunächst, weniger den äußeren Reizen als vielmehr den intrapsychischen/inneren Wahrnehmungen eine hohe Wertigkeit beizumessen und sich diesen entsprechend zu widmen.


Krenz

Viele kennen Prof. Dr. Armin Krenz als Begründer des „Situationsorientieren Ansatzes“; andere aus seinen zahlreichen Fortbildungen. Zu seinen Kernthemen gehören unter anderem die Förderung der Professionalität und der Kompetenzen frühpädagogischer Fachkräfte. Bei Burckhardthaus sind dazu spannende Bücher erschienen.


Und schon stoßen wir dabei auf die Bedeutung der eigenen Persönlichkeit im Wahrnehmungsprozess! Hier kommt es beispielsweise darauf an, wie (un)zufrieden wir mit unserem eigenen Leben sind, wie (un)ausgefüllt unsere Tages-/Lebensgestaltung ist, wie (un)gerne wir unserem gewählten Beruf nachgehen, wie (de)motiviert wir die Herausforderungen des Lebens/unseres Berufes aufgreifen und aktiv/passiv gestalten, wie (un)wichtig wir uns innerhalb unserer Tätigkeit einschätzen und verhalten, wie (un)aufmerksam wir für die vielen, kleinen Dinge im Alltag sind, wie (un)achtsam wir mit uns selbst umgehen, wie (un)sorgsam wir mit tag/täglich mit der Vielfalt alter und neuer Situationen umgehen und wie aktiv bzw. passiv, neugierig bzw. abwehrend wir uns selbst begegnen.

Schon vor vielen Jahrzehnten schrieb Dr. Janusz Korczak: „Menschen, die sich selbst nicht lieben und achten können und ihre Mitmenschen nicht zu lieben und achten vermögen, müssen Macht, Herrschaft und Kontrolle über den anderen, das Kind, und in krankhafter Verzerrung über sich selbst ausüben. Ihr Bewusstsein ist gespalten, was sie destruktiv handeln lässt, gegen sich und andere.“ (in: Klein, F.; Bad Heilbronn 1996).

Unter Berücksichtigung dieser deutlichen Aussage und in gleichzeitiger Kenntnis der Wirkung, die ErzieherInnen durch ihre ständigen Verhaltenssignale auf Kinder aussenden, kann der Aussage von Max Frisch (in seinem ersten Tagebuch) nur zugestimmt werden, wenn er schreibt: „Auch wir sind die Verfasser der anderen; wir sind auf eine heimliche und unentrinnbare Weise verantwortlich für das Gesicht, das sie uns zeigen, verantwortlich nicht für ihre Anlage, aber für die Ausschöpfung dieser Anlage.“

Vier basislegende Worte

Nehmen wir uns einmal die vier basislegenden Worte in dieser Aussage kurz vor. Wenn ErzieherInnen VerfasserInnen anderer Menschen sind, dann können sie mit BuchautorInnen verglichen werden: In Publikationen oder Konzeptionen/Manuskripten können LeserInnen schwarz auf weiß nachlesen, was die Inhalte sind. Dadurch sind Auto­rInnen für andere transparent und können zur Rechenschaft gezogen werden, was sie zu Papier gebracht haben. Gleiches gilt für Menschen, die tag-/täglich einen Ein-drucks-einfluss auf Kinder haben.

Und wenn nun beim Lesen der vorigen Zeile der Einwand käme, dass wohl auch noch Eltern „das Wesen der Kinder prägen“, so ist dies sicherlich einerseits richtig, andererseits lenkt es aber auch sofort von der vorher beschriebenen „inneren Wahrnehmung“ ab.

Zum zweiten ist in der Aussage von Frisch von einer „heimlichen“ Wirkungsweise die Rede. Heimliche Wirkungen entstehen alleine durch unsere Anwesenheit, unsere gelebten, inneren Grundgefühle, unsere nicht ausgesprochenen Empfindungen und unsere aktuelle Gestimmtheit in den vielfältigen Tagessituationen. Die Frage ist dabei nicht, ob wir als ErzieherInnen wirken wollen, sondern alleine durch unsere Anwesenheit, getreu der alten kommunikationspsychologischen Wahrheit, dass sich der Mensch nicht nicht verhalten kann. So geht es auch hier um die Wahrnehmung intrapsychischer Gegebenheiten!

Das dritte basislegende Wort lautet „unentrinnbar“. Kinder und Jugendliche können nicht ohne Weiteres den Kindergarten/Hort für immer aus freien Stücken verlassen, sondern sind vielmehr der unentrinnbaren Wirkung der ErzieherInnen ausgesetzt. Unentrinnbar – ohne Wahlmöglichkeit, je jünger ein Kind ist. Unentrinnbar im Sinne einer Ausweglosigkeit oder in der Auswahl von Alternativen. Und schließlich folgt das Wort der „Verantwortung“ für die Ausschöpfung genetischer und dispositionaler Merkmale. Ergibt sich nicht gerade aus diesem Umstand eine höchste Bedeutung für die kontinuierliche, tiefe innere Wahrnehmung, um den hunderten von objektiv gegebenen Reizgegenständen/-umständen möglichst wahrnehmungsoffen zu begegnen? Carl Gustav Jung hat es einmal so formuliert:

„Wenn wir bei einem Kind etwas ändern wollen, sollten wir zuerst prüfen, ob es sich nicht um etwas handelt, das wir an uns selbst ändern müssen.“

Selbstwahrnehmung könnte im Sinne von Stephan Krebs eine faszinierende Wirkung haben. Er schreibt: „Nach und nach die alten Häute abstreifen und mir selbst näher kommen, die Masken fallen lassen und Fassaden einreißen, keinen Schein mehr wahren, keine Rollen mehr spielen bis ich mich gefunden habe, bis ich bin, wer ich bin. Was bleibt, mag kümmerlich wirken, doch es ist massiv – und echt. Nach und nach.“ Intrapsychische Reize wahrnehmen heißt, sich der eigenen Verantwor­tung für Ereignisse bewusst zu werden und Vernetzungen zwischen sich und den gezeigten Verhaltensweisen anderer zu entdecken, um aus gewonnenen Erkenntnissen Veränderungen in sich selbst zu initiieren.

Reize als Grundlagen für anstehende Beobachtungen

Nur so können dann von außen wahrgenommene Reize situationsgerecht und inhaltlich belegbar als Grundlagen für anstehende Beobachtungen dienstbar gemacht werden.

  • Für entwicklungsförderliche Raumgestaltungen im Innen- und Außenbereich von Kindertagesstätten und Horte,
  • für klare Elterngespräche und kompetente Elternbildung,
  • für die Verbesserung der Umgangs- und Kommunikationskultur im Kollegium, für eine qualitätsgeprägte Grundlagenorientierung innerhalb der Einrichtung,
  • für eine engagierte Orientierung an den tatsächlichen Grundbedürfnissen der Kinder,
  • für eine professionell-humanistische, partizipatorisch orientierte Arbeit mit Kindern und eine fachkompetente Gestaltung der Leitungsfunktion,
  • für eine zielgerichtete, persönlichkeitsbildende Fort- und Weiterbildung,
  • für eine kompetente Kooperation mit dem Träger und den einrichtungsverbundenen Institutionen sowie
  • für eine starke (berufs)politische Einsatzfähigkeit.

Wahrnehmungen sind der Schlüssel für private und berufliche Türen – sind sie mit vorgefassten Meinungen, Vorurteilen, vergangenheitsbindenden Hemmnissen, Zukunftsängsten oder anderen wahrnehmungseinschränkenden „Werten“ belegt, können weder Beobachtungen noch zielgerichtete Planungsabsichten von einem erhofften Erfolg gekrönt sein. Um beispielsweise die inhaltlich sehr bedeutsame, in der Praxis aber häufig schnell dahergesagte Worthülse – „wir holen das Kind dort ab, wo es steht“ – mit Inhalt zu füllen, ist es not­wendig, auf der Grundlage der „inneren Wahrnehmung“ nun langsam, gezielt, strukturiert, effizient und unaufhörlich in die große Aufgabenstellung der Pädagogik einzutauchen: nämlich alle Prozess- und Produktqualitäten auf der Basis von gewonnenen Erkenntnissen aus Beobachtungen heraus auf- und auszubauen.

Fragen zur Wahrnehmung und Registrierung von Vorgängen

Nach wie vor ist eine Beobachtung eine sehr aufmerksame, zeitintensive, planvolle und zielsetzungsorientierte Wahrnehmung und Registrierung von Vorgängen, die stets in ihrer besonderen Vernetzung mit anderen, gleichzeitig wirksamen Faktoren in Beziehung stehen. So ergeben sich wiederum neue Fragen:

• Mache ich etwas, weil es mir persönlich gefällt oder ist es fachlich sinnvoll, dies oder das zu tun?

• Gehe ich einer Anforderung aus dem Weg, weil ich dabei persönlich an Grenzen stoße oder ist es notwendig, an genau dieser Stelle grenzüberschreitende Erfahrungen zu wagen?

• Will ich persönlich etwas durchsetzen oder ist es tatsächlich der Entwicklungsunterstützung dienlich, wodurch Kinder/Jugendliche für den Auf-/Ausbau ihrer Kompetenzen profitieren werden?

• Lege ich eigene, subjektive Wertemaßstäbe an, wenn es um pädagogische Fragestellungen und deren Beantwortung geht oder haben die Wertevorstellungen für Kinder und ihre Entwicklung einen ethischen/ästhetischen Wert?

• Nutze ich ein aktuelles Wissen für die Beantwortung pädagogischer Fragen/für die Planung aktueller Projekte/für die Notwendigkeit einer kontinuierlichen Berichtsarbeit über Entwicklungsdaten der Kinder und Jugendlichen oder fantasiere ich meine Vermutungen/gedachten Bilder zu einem subjektiven Ganzen zusammen?

• Was weiß ich wirklich über Kinder, ihre Biographien, die Elternteile, ihre seelischen Grundbedürfnisse, entwicklungspsychologische Gesetzmäßigkeiten, Erzählwerte von den unendlich vielen Ausdrucksformen kindeigener Ausdrucksmöglichkeiten oder was denke ich, was es ist, dass es so ist?

• Worin können Gründe und Verstärkerwirkungen für Verhaltensirritationen der Kinder und Jugendlichen liegen, die in der Einrichtung, in mir, in einer entwicklungshinderlichen Kommunikation-/ Interaktionsstruktur, im Kollegium, an der Didaktik, in den Räumlichkeiten zu suchen und zu finden sind?

• Haben Kinder mit sich selbst Probleme, die es abzubauen gilt oder mache ich/machen wir/ macht die Institution den Kindern Probleme, so dass erst im Umfeld der Kinder Veränderungen anzuregen/anzustellen/vorzunehmen sind?

Und „falsche“ Fragen

Diese und viele weitere Fragen sind im Zuge einer Wertschätzung der Begriffe „Beobachtung“ und „Wahrnehmung“ an erster Stelle in den Mittelpunkt einer Betrachtung zu setzen. Doch stattdessen werden häufig ganz anderen Fragen mit anderen Zielsetzungen gestellt. Beispielsweise: wie können ELTERN noch zufriedener mit unserer Arbeit sein? Wie können Kinder noch früher (vor) schulisch gefördert werden? Wie können Kindergruppen bei zunehmender  Anmeldezahl   noch stärker „aufgefüllt“   werden?   Welche  Methoden  gibt  es, verhaltensirritierte Kinder „zu fördern“? Was macht Kindern „Spaß“? Wie kommen eigene Wünsche und Vorstellungen in der kollegialen Zusammenarbeit nicht zu kurz? Was sollte geschehen, damit ein persönliches Wohlbefinden in der Einrichtung gesichert/ermöglicht wird? …

Neue Stigmatisierungs- und Symptomfocussierungsprozesse

Außenpräsentanz einer Einrichtung und personale Ich-Zufriedenheit gewinnen seit Jahren im Gegensatz zu einer professionell gestalteten und humanorientierten Pädagogik an steigender Beliebtheit. Es werden Begriffe (ADS-Kind/ ADHS-Kind) in der Bezeichnung von Kindern gebraucht,   ohne   zu   bemerken,   dass neue   Stigmatisierungs- und Symptomfocussierungsprozesse zu neuen Bewertungen von Kindern führen. Aus diesem Grunde haben die Grundlagen einer kindorientierten Pädagogik, nämlich Wahrnehmung und Beobachtung, eine nicht zu ersetzende Bedeutung.

Modernistische Theorien, zeittendenziöse Aspekte, vorwiegend politisch-finanziell intendierte Diskussionen und/oder trägerspezifische Dogmen verleiten schnell dazu, subjektiv geprägte Erwartungen bzw. Vorgaben als Betrachtungsgrundlage zu akzeptieren oder diese ebenso – ohne genauere Beschäftigung – unreflektiert abzulehnen. Der wichtige Prozess einer Wahrnehmung im Hinblick auf ihre mögliche Berechtigung wäre in beiden Fällen nicht vorhanden.

Doch der Aufwand lohnt sich

Natürlich ist es für pädagogische Fachkräfte immer schwerer – zeitaufwendiger, arbeitsintensiver, kräftezehrender, anstrengender, ermüdender –, sich auf umfassende, eigene Wahrnehmungen einzulassen, grundlegende Eckwerte selbst zu erarbeiten und fachlich gesicherte Zielsetzungen zu formulieren, um dann aus gezielten Beobachtungen zu einem inhaltlich stimmigen Ergebnis zu kommen. Doch lohnt sich dieser Aufwand immer – im Hinblick auf die eigene Entwicklung, die Entwicklung der Einrichtungsqualität, der Beziehungsqualität zu Kindern, den Kolleg/innen und Eltern sowie die Entwicklung der gesamten elementarpädagogischen Profession.

(Armin Krenz)




Malen ist Mitteilung und Selbstmitteilung zugleich

Die Künstlerin Hanne Türk über das Thema „Malen mit Kindern“

Das Malen von Bildern als spontaner, schöpferischer Akt ist bei Kindern immer Mitteilung und Selbstmitteilung zugleich. Ebenso wichtig wie die Förderung des ausdrucksstarken, freien Malens ist Führung und Anleitung. Denn das Malen ist auch eine Kulturtechnik, die erlernt sein will und Schulung braucht. Das Wissen um den sachgerechten Umgang mit Material und Werkzeug sowie gewisse technische Grundkenntnisse eröffnen der Fantasie neue Wege sich auszudrücken. Das weckt und fördert schlummernde Talente und lässt die Kinder Erfolge erleben, ohne sie in ihrer Kreativität einzuschränken.

Wegweiser im Meer der Möglichkeiten

Dabei ist es wichtig den Kindern auch zu zeigen, was hilfreich und möglich ist beim Malen mit Bunt- und Filzstiften, Wachsmalkreiden und Wasserfarben; in kunterbunten Mischtechniken oder beim Vermalen von Farbe mit Wasser. Die Maltechniken sind gewissermaßen Stationen auf einer spannenden Entdeckungsreise in die bunte Bilderwelt. Die Kinder erfahren die Besonderheiten und Möglichkeiten jeder Technik schon beim ersten Ausprobieren und Üben; oder beim Nachmalen der Vor-Bilder Schritt für Schritt.

Malen fördert!

Malen und Zeichnen fördert Kinder in vielfacher Weise und hat daher einen hohen Wert für die kindliche Entwicklung. Der Umgang mit Stiften, Pinseln und Farben schult die Koordination von Hand und Auge sowie die Handgeschicklichkeit – eine wichtige Voraussetzung für das Schreibenlernen bzw. die Entwicklung der Handschrift. Beim Malen lernen Kinder, sich auf ihr Tun zu konzentrieren und gleichzeitig planend vorzugehen.

In besonderem Maße wird dabei auch die visuelle Wahrnehmung gefördert: zum einen im Hinblick auf die Wahrnehmung von Farben und das Erspüren ihrer emotionalen Eigenschaften; zum anderen wächst mit zunehmen- dem Alter der Ehrgeiz, das Vorgestellte oder Gesehene „richtig“ abzubilden.  Mag der Ehrgeiz der kleinen Maler noch so groß sein:

Auf die „Schönheit“ des Bildes im Sinne einer Übereinstimmung von Bild und Vorbild kommt es zunächst überhaupt nicht an.

Die Grundausstattung

Zur einer idealen, weil umfassenden Mal-Grundausstattung gehören Buntstifte (am besten vermalbare), Filzstifte, Wachsmalkreiden (vermalbare und wasserfeste) und Wasserfarben.

An Pinseln werden dünne (Größe 3) und dickere (Größe 12) Haarpinsel benötigt. Je besser das Papier ist, desto leichter malt es sich. Schreibpapier ist billig,

eignet sich jedoch nur für die wenigsten Zwecke. Die meisten Techniken erfordern zumindest gutes Zeichenpapier, besser noch Aquarellpapier in verschiedenen Stärken und Strukturen.

Vorgezeichnet wird mit einem weichen Bleistift; zum Radieren eignet sich Knetgummi wesentlich besser als ein Radiergummi, der allzu leicht das Papier beschädigt.

Wie malen wir den Fisch?

Buntstift oder Filzstift, Wachsmalkreide oder Wasserfarben? Hier zeigen uns die Bilder, wie zum Beispiel ein Fisch aussieht, wenn er auf unterschiedliche Weise gemalt wird. Jeder Fisch auf den beiden Seiten hat die gleiche Farbe und die gleiche Form. Deshalb können wir die Unterschiede gut erkennen.

fisch1

Buntstift

Mit Buntstiften können wir dünne Linien ziehen und kleine Farbflächen genau ausmalen. Es gibt wasserfeste und vermalbare Buntstifte. Wenn wir mit vermalbaren Buntstiften malen, können wir die Farbflächen später mit Pinsel und Wasser übermalen. An diesen Stellen werden die Farben dunkler und die Striche verwischen sich. Das sehen wir bei diesem Fisch.

fisch2

Verdünnte Wasserfarben

Wasserfarben lassen sich gut mit Wasser verdünnen. Dann scheint der Untergrund durch, nämlich das Papier oder die Farbe darunter. Wir können scharfe Ränder, aber auch fließende Übergänge von einer Farbe zur anderen malen und im nassen Bild Farben miteinander vermischen.

fisch3

Deckende Wasserfarben

Hier wurde die Wasserfarbe direkt aus dem Malkasten genommen und mit ganz wenig Wasser dick aufgetragen. Nun deckt sie den Untergrund ab. Wenn wir eine trockene Farbfläche mit einer anderen übermalen, vermischen sich die Farben. Das sehen wir vorne beim Kopf.

fisch filzstift

Filzstift

Mit Filzstiften malen wir auf trockenes Papier. Später können wir an bestimmten Stellen auch mit Pinsel und Wasser darübermalen. Hier sehen wir, wie die Farben dann ineinander übergehen.

fisch wachs

Vermalbare Wachsmalkreide

Vermalbare Wachsmalkreide können wir trocken auftragen und so belassen. Wir können sie aber auch mit dem Pinsel und mit Wasser vermalen. Hier sehen wir, wie die Farben dunkler werden und verfließen.

fisch wachs wasserfest

Wasserfeste Wachsmalkreide mit Wasserfarbe

Wasserfeste Wachsmalkreide löst sich nicht auf. Wenn wir mit dem Pinsel und verdünnten Wasserfarben über das Bild malen, nimmt nur das Papier die Farbe an. So entstehen schöne Muster.

Wir malen mit Buntstiften

buntstifte

Beim Malen mit Buntstiften reiben wir die Farbe der Mine auf das Papier ab. Das geht am besten bei einem Papier, das nicht ganz glatt ist. Auf Papier mit einer rauen Oberfläche färbt der Stift stärker ab und rutscht nicht so leicht darüber.

Raues Papier hat viele winzige Grübchen und Hügel. Wenn wir leicht darübermalen und dabei den Stift flach halten, bekommen nur die Hügel Farbe ab. Die Grübchen bleiben weiß. Dadurch erscheint die Farbe heller. Je fester wir andrücken, desto weiter dringt die Farbe in die Vertiefungen des Papiers ein. Die weißen Pünktchen verschwinden, und die Farbe wirkt dunkler und kräftiger. So können wir mit der gleichen Farbe dunkler und heller, Schatten und Licht malen.

Es gibt auch Buntstifte, die man mit Wasser vermalen kann. Mit ihnen malen wir zuerst genauso wie mit normalen, wasserfesten Buntstiften. Doch im Wasser löst sich ihre Farbspur auf, und wir können die Farbe mit dem nassen Pinsel gut auf dem Papier verteilen. Das sehen wir an den Bildern auf der rechten Seite.

Die Farbflächen links bilden eine Farbpalette. Sie enthält längst nicht alle, aber die wichtigsten Farben. Mehr brauchen wir nicht. Denn wir können die Farben mischen und viele Zwischenfarben erzeugen.

Die Farbpalette ist mit vermalbaren Buntstiften gemalt. Der obere Teil jedes Farbfeldes zeigt die Farbe so, wie sie vom Stift auf das Papier kommt. Darunter sieht sie verwaschen aus. Das kommt vom Vermalen mit Wasser: Die Farbe wird flüssig und fließt in die Grübchen im Papier. Gleichzeitig nimmt der Pinsel die Farbe auf. So können wir die Farbe noch weiter verteilen und verdünnen.

blaurauh

Hier sehen wir, dass auf einem rauen Papier nur die Hügel Farbe angenommen haben. Die winzigen Grübchen sind weiß geblieben. Bei manchen Bildern wollen wir das genau so haben – und keine glatte Farbfläche.

blauvermalt

So sieht es aus, wenn wir mit dem Pinsel Wasser über die Farbfläche malen. Das geht nur mit vermalbaren Buntstiften. Wo Wasser hinkommt, verfließt die Farbe und färbt auch die Grübchen im Papier ein. Hier wird die Farbe dunkler und glatter.

blume

Das sehen wir auch an der Blume.

a

(A) Die eine Blüte ist nicht übermalt, und bei ihr schimmert es weiß durch.

(B) Die andere Blüteist übermalt. Die Farbe ist voll und dunkel.

c

(C) So sieht das Blatt vor dem Vermalen aus.

d

(D) Nach dem Vermalen gehen die Farben weich ineinander über.

Bei uns im Wald

wald1

Mit dem Bleistift zeichnen wir ein Bäumchen nach dem anderen vor: die vorderen zuerst, die hinteren danach. Falsche Striche nehmen wir mit dem Knetgummi weg.

wald2

Die Umrisse malen wir mit einem grünen Buntstift aus. Die Bleistift- striche sollen noch schwach sicht- bar bleiben. Fertig? Nein, der Wald ist noch langweilig. Überall das gleiche Grün!

wald3

Deshalb kommen jetzt Wasser und Pinsel dran. Damit malen wir hier und dort einen Baum an, vielleicht nicht ganz bis zum Rand. Plötzlich stehen die Bäume auch hintereinander!

Nun soll das Bild trocknen. Den dunklen, schattigen Waldboden malen wir kräftig mit dem dunkelgrünen Stift auf und vermalen ihn mit dem Pinsel.

(Hanne Türk)

Hanne Türk begann nach ihrem Kunststudium in Paris, eine internationale Karriere als Illustratorin, unter anderem als Schöpferin der Kinderfigur Philipp die Maus. Sie ist Art-Direktorin von Freude am Zeichnen und des französischen Magazins Dessin Passion.

Bücher von Hanne Türk finden Sie hier bei oberstebrink.de