Wissenschaftler:innen aus Australien, England und Deutschland können bisher keine direkte Verbindung nachweisen
Immer wieder wird diskutiert, inwieweit musikalische Bildung auch für andere kognitive Fähigkeiten oder schulische Leistungen von Vorteil sein kann. Forscher:innen der Hochschule für Musik, Theater und Medien in Hannover, der Goldsmiths University of London, der Macquarie University in Sydney, des Max-Planck-Instituts für empirische Ästhetik (MPIEA) in Frankfurt am Main und der University of Cambridge haben sich dieser Frage nun mithilfe einer neuen wissenschaftlichen Methode genähert. Die Ergebnisse der Studie sind vor einiger Zeit im Fachmagazin „Music Perception“ erschienen.
Die wesentliche Komponente ist das Arbeitsgedächtnis
Eine wesentliche Komponente für alle kognitiven Fähigkeiten ist das Arbeitsgedächtnis, also die Fähigkeit, Dinge im Gedächtnis zu behalten und sie ohne externe Hilfsmittel wie Stift oder Papier kognitiv zu verarbeiten. Noch ist jedoch unklar, ob das Arbeitsgedächtnis universell oder bereichsspezifisch funktioniert, sprich: ob das Gehirn für Musik, Bilder, Sprache oder Mathematik dieselben Bereiche und Kapazitäten nutzt – oder verschiedene.
In ihrer Studie untersuchten die Wissenschaftler:innen insgesamt 148 Personen. Anhand sechs verschiedener Tests glichen sie das musikalische und das visuelle Arbeitsgedächtnis der Studienteilnehmer:innen mit deren Grad an musikalischer Bildung ab.
Neue wissenschaftliche Methode
„In den bisherigen Forschungen zum Zusammenhang von musikalischer Bildung und allgemeinen kognitiven Fähigkeiten wurde das musikalische Gedächtnis häufig nicht berücksichtigt. Wir haben diese Triade nun mithilfe des ‚Causal Modeling‘-Ansatzes untersucht, einer relativ neuen wissenschaftlichen Methode, mit der man unter gewissen Voraussetzungen kausale Zusammenhänge feststellen kann“, erläutert Seniorautor Peter Harrison vom MPIEA.
Die Ergebnisse
Die Ergebnisse zeigen: Wenn musikalische Bildung das visuelle Arbeitsgedächtnis beeinflusst, dann über den „Umweg“ des musikalischen Arbeitsgedächtnisses. Das heißt, musikalische Bildung verbessert in erster Linie das musikalische Arbeitsgedächtnis, was dann wiederum einen positiven Effekt auf das visuelle Arbeitsgedächtnis haben könnte. Darüber hinaus ergaben die Tests, dass – andersherum – ein allgemein gutes Arbeitsgedächtnis grundsätzlich eine musikalische Bildung erleichtert.
Diese Erkenntnisse deuten darauf hin, dass es eine gemeinsame bereichsübergreifende Komponente gibt, die sowohl das visuelle als auch das musikalische Arbeitsgedächtnis beeinflusst. Ein direkter Zusammenhang zwischen musikalischer Bildung und allgemeinen kognitiven Fähigkeiten scheint dagegen eher unwahrscheinlich. Langzeitstudien, bei denen die Entwicklung musikalischer und kognitiver Fähigkeiten bei Personen mit und ohne musikalische Bildung verglichen werden, könnten diese Ergebnisse weiter konkretisieren.
Originalpublikation:
Silas, S., Müllensiefen, D., Gelding, R., Frieler, K. & Harrison, P.M.C. (2022). The Associations Between Music Training, Musical Working Memory, and Visuospatial Working Memory: An Opportunity for Causal Modeling. Music Perception, 39(4): 401–420. https://doi.org/10.1525/mp.2022.39.4.401
Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Max-Planck-Institut für empirische Ästhetik Klaus Frieler klaus.frieler@ae.mpg.de
Ina Wittmann (Presse- und Öffentlichkeitsarbeit am Max-Planck-Institut für empirische Ästhetik)
Wie Gewaltbereitschaft entsteht
geschrieben von Redakteur | August 10, 2022
Eine neue Studie zeigt den Einfluss von emotionaler Vernachlässigung im Kindes- und Jugendalter
Kinder und Jugendliche, die emotional vernachlässigt wurden sowie strafende und kontrollierende Eltern hatten, neigen dazu, sogenannte dunkle Persönlichkeitseigenschaften wie Narzissmus, Machiavellismus und Psychopathie zu entwickeln. Diese Eigenschaften wiederum erhöhen die Wahrscheinlichkeit einer hohen Gewaltbereitschaft bei den betroffenen Personen. Das ist das zentrale Ergebnis einer Studie unter 1366 Leipziger Kindern und Jugendlichen im Alter von 14 bis 16 Jahren, die in Zusammenarbeit von Forscherinnen und Forschern des Else-Frenkel-Brunswik-Instituts (EFBI), des Forschungsinstituts Gesellschaftlicher Zusammenhalt (Teilinstitut Leipzig) und der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie/Psychotherapie des Universitätsklinikums Ulm durchgeführt wurde.
Potenzielle Erklärungsfaktoren für erstarkende autoritäre Dynamiken
Die Ergebnisse sind einerseits als Grundlagenforschung für laufende Projekte zu Radikalisierungsprozessen und Rechtspopulismus an FGZ und EFBI zu begreifen – denn die ausgemachten Persönlichkeitsmerkmale und eine gesteigerte Gewaltbereitschaft sind potenzielle Erklärungsfaktoren für erstarkende autoritäre Dynamiken. Zugleich sollten die Ergebnisse unmittelbar politisches Gehör finden, denn sie zeigen deutlich den Bedarf nach einem Ausbau von Präventionsmaßnahmen und deren notwendige inhaltliche Ausrichtung.
In der Befragung, die in den Jahren 2017 und 2018 durchgeführt wurde, wurden Jugendlichen Fragen zu Persönlichkeitsmerkmalen und zur Gewaltbereitschaft gestellt. Darüber hinaus fragten die Forscherinnen und Forscher der Leipziger Jugendstudie danach, ob die Jugendlichen in den vergangenen zwölf Monaten Gewalt beobachtet haben. Beides, sowohl negative Eigenschaften, die von Narzissmus, Opportunismus, Empathielosigkeit und Impulsivität geprägt seien, sowie die Beobachtung von Prügeleien unter anderen Jugendlichen bewirke eine hohe Bereitschaft selbst Gewalt anzuwenden oder die Gewalt durch andere zu befürworten.
Die Erziehung von Kindern- und Jugendlichen gehört auf die politische Agenda
Dr. Alexander Yendell und Professor Dr. Oliver Decker fordern vor dem Hintergrund dieser Ergebnisse die Erziehung von Kindern- und Jugendlichen auf die politische Agenda zu setzen. Gleichzeitig kritisieren sie, dass sehr viel Geld für Sicherheit und jüngst in Militär investiert wird, dabei werde allerdings vergessen, dass der Nährboden für Gewalt in der frühen Sozialisation liege. „Wir bekommen die Grausamkeit und Gewalt auf dieser Welt nur in den Griff, wenn wir dafür sorgen, dass Kinder und Jugendliche liebevoll und ohne verbale, physische und sexuelle Gewalt aufwachsen“, so Alexander Yendell.
Problematisch ist aus Sicht beider Forscher, dass es nicht nur zu wenige wichtige Projekte zur Gewaltprävention im Kindes- und Jugendalter gibt, sondern diese häufig nur kurzfristig angelegt sind. Anstatt vorwiegend in mehr Sicherheit durch Polizei und Militär zu investieren, müssten sich politische Interventionen auch auf den Bereich konzentrieren, wo Gewalt noch verhindert werden kann, sprich in der frühen Sozialisation von Kindern und Jugendlichen. Hier würde viel zu wenig und zu kurzfristig investiert „Es passiert immer nur etwas, wenn es schon brennt“, so Yendell und Decker.
Welche Bedeutung Bildungsinstitutionen haben
Dabei sei der Bereich der Familie allerdings nicht der einzige wichtige: „Menschen werden nicht nur in Familien unter Zwang gestellt und erfahren dort Gewalt, sondern auch in anderen Bereichen der Gesellschaft“ so Oliver Decker. Aus diesem Grund, wollen die Forscher zukünftig auch Bildungsinstitutionen und andere möglicherweise einflussreiche Kontexte in den Blick nehmen. Darüber hinaus forschen Decker und Yendell zur Kriegsbereitschaft und -verherrlichung.
Die Durchführung der Studie zur Gewaltbereitschaft unter Jugendlichen wurde vom BMFSFJ im Programmpaket „Demokratie leben!“ gefördert. Aktuelle Projekte von Alexander Yendell und Oliver Decker am BMBF-gefördertem FGZ (Teilinstitut Leipzig) beschäftigen sich mit autoritären Dynamiken und Populismus.
Dr. Mathias Rodatz Forschungsinstitut Gesellschaftlicher Zusammenhalt
Yendell, Alexander; Clemens, Vera; Schuler, Julia; Decker, Oliver (2022): What makes a violent mind? The interplay of parental rearing, dark triad personality traits and propensity for violence in a sample of German adolescents. In: PLOS ONE 17 (6), e0268992. DOI: 10.1371/journal.pone.0268992.
Viele Kinder kopieren Gewalt in Medien
geschrieben von Redakteur | August 10, 2022
Vor allem depressive und verletzliche Heranwachsende laut wissenschaftlicher Analyse gefährdet
Kinder, die in den Medien mit Waffengewalt konfrontiert werden, sollen eher bereit sein, eines Tages selbst zu Waffen zu greifen. Das ist das Ergebnis einer Untersuchung von JAMA Network Open http://jamanetwork.com, einer von der American Medical Association http://ama-assn.org herausgegebenen Open-Access-Fachzeitschrift. „Wenn ein Kind kein gutes Leben zu Hause oder in einer anderen Gemeinschaft hat und Gewalt in den Medien erlebt, können vier Folgen auftreten“, so Suriyadeo Tripathi vom Moral Promotion Centre http://moralcenter.or.th an der Mahidol-Universität.
Gesellschaftliche Norm
Kinder, die depressiv und verletzlich sind, sind den Experten nach immer bereit, das zu wiederholen, was sie auf dem Bildschirm gesehen haben. Einige würden paranoid und das Gefühl haben, dass die Gesellschaft nicht sicher ist. Erleben Kinder über längere Zeit Gewalt in den Medien, bekommen sie das Gefühl, dass das gesellschaftliche Norm ist, heißt es. Schließlich verlören sie ihr Mitgefühl.
Tripathi fordert, dass Nachrichtenmedien auf detaillierte Details in der Kriminalberichterstattung weitgehend verzichten sollten. Denn anders als Beiträge, die als ungeeignet für Kinder eingestuft werden könnten, seien Nachrichtensendungen für alle zugänglich. Aufgrund der Prävalenz von Gewalt in den Massenmedien betont Tripathi die Bedeutung der Einbeziehung der Eltern in die Medienkompetenz ihrer Kinder.
Eltern sollten ihren Kindern drei Fragen über die Medien stellen, die sie konsumieren, anstatt ihnen zu sagen, was sie glauben sollen: „Erstens: Wie fühlst du dich, wenn du diese Art von Inhalten ansiehst? Zweitens: Was hast du aus dieser Art von Inhalten gelernt? Drittens: Was würdest du tun, wenn du in dieser Situation wärst?“
Fatale Folgen für Kinder
„Wie die Forschung des National Institute of Mental Health http://nimh.nih.gov zeigt, wollen einige Kinder Mediengewalt kopieren. Einige sind anfällig für andere Medieneinflüsse, einige bekommen Angst und viele werden desensibilisiert“, so Ted Baehr, Gründer von Movieguide, einer Organisation, die sich für christliche Medieninhalte einsetzt. „So, wie ein Alkoholiker von einer Bierwerbung übermäßig in Versuchung geführt würde, so können bestimmte Arten von Medien Ihr Kind in seinem spezifischen Entwicklungsstadium verführen oder beeinflussen.“
Wolfgang Kempkens/pressetext.redaktion
Kita-Helfer nicht auf den Personalschlüssel anrechnen
geschrieben von Redakteur | August 10, 2022
Evaluationsbericht zu Kita-Helferinnen und Kita-Helfern steht zum Download bereit
Um das pädagogische Personal im Kitaalltag zu unterstützten, werden mehr Kita-Helferinnen und -Helfer eingesetzt. Das Zentrum für Kinder- und Jugendforschung (ZfKJ) an der Evangelischen Hochschule Freiburg erhielt den Auftrag, die Situation zu untersuchen. Der Evaluationsbericht liegt nun vor.
Das Zentrum für Kinder- und Jugendforschung (ZfKJ) an der Evangelischen Hochschule Freiburg hat innerhalb der Evaluation des Bundesprogramms „Fachkräfteoffensive für Erzieherinnen und Erzieher“ den Teilbericht zum Fördermodul „Kita-Helferinnen und Kita-Helfer zur Entlastung des pädagogischen Personals“ vorgelegt. Dieser untersucht die Effekte, Gelingensbedingungen und Herausforderungen bei der Umsetzung des Fördermoduls. Die Ergebnisse zeigen, dass die Mitarbeit der Helferinnen und Helfer auf Leitungs- und Trägerebene als Entlastung empfunden wurden. Die Zufriedenheit war insgesamt sehr hoch und eine Fortsetzung ist gewünscht. 96 Prozent der befragten Trägervertretenden waren der Ansicht, dass das Fördermodul die Arbeitszufriedenheit in den Teams erhöht habe.
Allerdings zeigen die Diskussionen auch, dass die Abgrenzung von nicht pädagogischen, hauswirtschaftlichen Aufgaben und pädagogischen Tätigkeiten im Kita-Alltag bisher nur unzureichend erfolgt. Aber genau das wäre eine wichtige Voraussetzung dafür, dass die Fördermaßnahme nachhaltig gelingt. Wichtigste Voraussetzungen dafür sind ein gemeinsames Grundverständnis und eine eindeutige Aufgabenbeschreibung.
Aus den Ergebnissen der Evaluation haben die Freiburger Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler folgende Handlungsempfehlungen abgeleitet:
1. Kita-Helferinnen und Kita-Helfer sind unter bestimmten Voraussetzungen eine sinnvolle und unterstützende Ergänzung für die pädagogischen Teams in Kindertageseinrichtungen, allerdings gilt dies nur unter der Einschränkung, dass keinerlei Anrechnung auf den Personalschlüssel erfolgt. Nur dann ist das Modell als tatsächliche Entlastung in hauswirtschaftlichen oder administrativen Aufgabenbereichen zu vertreten.
2. Wichtig ist eine klare Tätigkeitsbeschreibung, die verschriftlicht und in Team und Elternschaft klar kommuniziert wird, um die Abgrenzung zu pädagogischen Tätigkeiten sicherzustellen. Bewährt haben sich eine sorgfältige Akquise, eine gute Einarbeitung und regelmäßige Personalgespräche auf Leitungsebene, um die Zusammenarbeit im Team und die Alltagsorganisation entsprechend gut aufeinander abzustimmen. Zu vermeiden sind Aufgabendiffusion, Rollenunklarheiten und Missverständnisse über die Aufgaben und Befugnisse der Kita-Helferinnen und Kita-Helfer. Dieser Grundsatz ist auch dann einzuhalten, wenn es temporäre oder dauerhafte Personalengpässe im pädagogischen Team gibt.
3. Der mehr oder weniger explizit geäußerte Wunsch der Kita-Helferinnen und Kita-Helfer, auch mit Kindern in Kontakt zu kommen, im pädagogischen Alltag ,dabei‘ zu sein und als Teammitglied anerkannt zu werden, sollte sowohl in der Personalakquise als auch in der Personalführung konzeptionell aufgegriffen werden. Dies kann geschehen, indem einerseits die Abgrenzung zu pädagogischen Tätigkeiten klar kommuniziert wird (die auch den Bildungsbereich Pflege einschließen), andererseits aber auch Möglichkeiten und Wege der Weiterqualifizierung aufgezeigt werden. Sofern Interesse besteht, sollten passgenaue Modelle der Personalentwicklung (etwa PiA-Ausbildung in Voll- oder Teilzeit, Finanzierungsmöglichkeiten, [Teil-]Anerkennung bisheriger Abschlüsse) in regelmäßig stattfindenden Personalgesprächen aufgezeigt werden (siehe hierzu die Expertise zur praxisintegrierten Ausbildung von Weltzien, Hoffer, Hohagen, Kassel & Wirth, 2021). Die Tätigkeit als Kita-Helferin und Kita-Helfer könnte dann als sinnvolle Orientierungsphase betrachtet werden, die auch – angeleitet und supervidiert – pädagogische Phasen (ähnlich der Vorpraktika in der fachschulischen/hochschulischen Ausbildung) beinhaltet.
4. Der Gefahr einer Selbstüberschätzung der Kita-Helferinnen und Kita-Helfer im Hinblick auf pädagogische Tätigkeiten kann auch durch trägerspezifische oder trägerübergreifende Fortbildungsangebote hinsichtlich fachlicher Grundsätze begegnet werden. Auch ist eine Einbeziehung der Kita-Helferinnen und Kita-Helfer in Teamsitzungen eine gute Gelegenheit, um das professionelle Selbstverständnis des pädagogischen Teams zu klären und ihnen im täglichen Kontakt mit Kindern und ihren Familien eine Orientierung zu bieten (Stichwort: Dialog- und Partizipationskultur der Einrichtung).
5. Im Hinblick auf eine langfristige Entlastung der pädagogischen Teams ist eine Sicherstellung der Finanzierung und damit der Einrichtung von Planstellen (bzw. Stellenanteilen) für Kita-Helferinnen und Kita-Helfer nach den positiven Erfahrungen durchaus sinnvoll.
Gleichwohl ist davon auszugehen, dass sich diese Stellen auch aufgrund der geringen Verdienst- und Aufstiegsmöglichkeiten nur zum Teil langfristig besetzen lassen und es daher immer wieder zu einem zusätzlichen Aufwand (Akquise, Einarbeitung, Anleitung) für Leitung und Team kommen wird. Dieser Aspekt muss also bei der Entlastungsbilanz einkalkuliert werden.
6. Hinsichtlich der Aufgaben ist zu fragen, worin die Abgrenzung zu bisherigen, nicht-pädagogischen Stellen in Kindertageseinrichtungen (Hauswirtschaft, Administration etc.) liegt, bzw. ob es nicht sinnvoller ist, diese Helfer*innenstellen deutlicher einem der Bereiche zuzuordnen; nicht zuletzt, um der Gefahr einer diffusen Tätigkeitsbeschreibung bzw. einer Rollenvermischung im Alltag vorzubeugen. Entsprechend des Bedarfs im Team wären die Träger gefordert, das bisherige, etwa hauswirtschaftlich tätige Personal stellenmäßig aufzustocken und ggfs. um Aufgaben zu erweitern (z. B. Hygienemaßnahmen), um das pädagogische Personal zu entlasten.
7. Nicht bedient wird hierbei jedoch der vielfach geäußerte Bedarf von Leitungskräften, sie in ihren Verwaltungstätigkeiten spürbar zu entlasten und ihnen damit mehr Zeit für die pädagogische Leitung des Teams zu ermöglichen. Hierfür sind andere Stellenprofile und auch höhere tarifliche Eingruppierungen erforderlich, sodass das Modell der Kita-Helferinnen und Kita-Helfer an dieser Stelle keine Entlastung auf Leitungsebene erwarten lässt. Hier besteht jedoch – auch im Hinblick auf die zukünftige Personalgewinnung und -bindung – bei der insbesondere die Leitungskräfte eine besonders große und arbeitsintensive Verantwortung in den Einrichtungen tragen – weiterhin großer Handlungsbedarf.
Der Kindergarten als Lebensraum unterliegt immer der großen Gefahr, sich durch verschiedene Programme/Ansätze bildungspolitischer Strömungen allzu schnell von einem Lebensraum zu entfernen. Dabei gibt das Wort LEBENSRAUM schon die Grundlage vor: L wie Lust und Lebendigkeit, E wie Eigenständigkeit und ernstnehmend, B wie bunt und begreifen, E wie einfühlend und erfrischend, N wie neugierig und normal, S wie spannend und sorgsam, R wie reich an Erfahrungen und raumnutzend, A wie ausdauernd und akzeptierend, U wie umfassend und ursachenorientiert, M wie menschenorientiert und marginal.
Das erweiterte Fördermodul „Kita-Helferinnen und Kita-Helfer zur Entlastung des pädagogischen Personals“
Die „Fachkräfteoffensive“ wurde 2021 um zusätzliche Fördermodule erweitert. Mit diesen sollte der Programmerfolg unterstützt werden. Die Fördermodule wurden auch im Zusammenhang mit den gestiegenen Anforderungen in der Kindertagesbetreuung während der COVID-19-Pandemie geschaffen. Das Modul „Kita-Helferinnen und Kita-Helfer zur Entlastung des pädagogischen Personals“ ist eines davon. Um das pädagogische Personal zu entlasten, stellte der Bund mit der „Fachkräfteoffensive“ finanzielle Mittel für zusätzliches Personal zur Verfügung. Die Kita-Helferinnen und Kita-Helfer übernahmen unterstützende, nicht pädagogische Tätigkeiten wie beispielsweise Verwaltungstätigkeiten und Alltagsunterstützung wie die Reinigung und Desinfektion von Spielmaterialien oder die Essensversorgung.
Tragen Apps, wie von der „Stiftung Lesen“ empfohlen, zur schlechten Lesekompetenz bei?
geschrieben von Redakteur | August 10, 2022
Die Haltung der Stiftung zu Bildschirmmedien hat sich klar verändert
Die „Stiftung Lesen“ hat uns eine Pressemitteilung geschickt. Das ist weiter nichts Ungewöhliches. Schließlich tut sie das öfter. Darin fordert sie dazu auf, das ehrenamtliche Vorlesen zu stärken, um damit die Zukunftschancen der Kinder zu verbessern. Auch das hört sich richtig gut an. Weiter heißt es aber: „Immer mehr Kinder in Deutschland brauchen Unterstützung beim Lesen lernen. Wie aus den ersten Daten des aktuellen IQB-Bildungstrends hervorgeht, kann ein Fünftel der Viertklässler/-innen nicht richtig lesen, ein Drittel hat Probleme mit der Rechtschreibung.“, beklagt die Stiftung die aktuelle Situation in ihrer Mitteilung.
Lesen mit App?
An dieser Stelle sei es aus inhaltlicher Sicht erlaubt und zugleich dringend geboten, die Frrage an die Stiftung Lesen zu stellen, ob sie nicht selbst entscheidend zu dieser Entwicklung beigetragen hat. Schließlich gehört doch die Stiftung zu jenen, die das Lernen mit Apps und die „digitale Bildung“ in Kindertageseinrichtungen auch bereits im Kleinkindalter in den vergangenen Jahren vehement propagiert. Gerade der Einsatz von Bildschirmmedien, vor dem etwa die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) oder die Weltgesundheitsorganisation (WHO) stetig warnen, ist wahrscheinlich einer der Auslöser dafür, dass sich so viele Kinder heute mit dem Lesenlernen schwertun. So gleicht das Verhalten der Stiftung der eines Zahnarztes, der den Kindern stetig Süßigkeiten schenkt.
Deshalb wäre vielen Kindern vermutlich schon damit geholfen, wenn die Stiftung ihre Aktivitäten im Bereich Bildschirmmedien, die sie mit Unterstützung des Bundesfamilienminsteriums durchführt, zurückfährt. Ihre Stifter, zu denen etliche Verlage gehören, die zum Teil die digitalen Medien für sich entdeckt haben, werden deshalb ganz bestimmt nicht austreten.
Ist die Stiftung ein Lesevorbild?
Heute ist Dr. Jörg F. Maas, Hauptgeschäftsführer der Stiftung Lesen. Er wird in der Mitteilung mit folgenden Worten zitiert: „Damit alle Kinder gut lesen können und eine Chance auf einen erfolgreichen Bildungsweg haben, sind wir als Gesellschaft auf ehrenamtliches Engagement angewiesen. Kinder und Eltern brauchen vielfältige (Vor)-Lesevorbilder und daher ist es umso wichtiger, dass sich mehr und mehr Menschen dafür einsetzen.“
Es wäre schön, die Stiftung ginge als Vorbild voran. Der Vorgänger des heutigen Hauptgeschäftsführers, Heinrich Kreibich, hat vor nun knapp 20 Jahren gemeinsam mit Bettina Mähler ein Buch mit dem Titel „Spaß am Lesen – Leseförderung in der Mediengesellschaft“ geschrieben.
Die Stiftung früher und heute
Wie die Verfechter der „digitalen Bildung“ verweisen sie darauf, dass die Menschen künftig viel zielgerichteter mit den Medien umgehen werden. Jeder werde zunehmend besser in der Lage sein, jedes Medium so einzusetzen, dass er einen Nutzen davon habe. In diesem Zusammenhang sind zwei Fragen angebracht, ob erstens Apps und digitale Medien auch schon Kindern im Kleinkind- und Kindergartenalter außerhalb von alltagsorientierten Themenbearbeitungen nahegebracht werden müssen und welche konkreten Forschungsergebnisse mit einem nachhaltigen Bedeutungswert vorliegen, die den Einsatz von Apps und anderen digitalen Bildschirmmedien fachlich begründbar darstellen?
Kreibich und Mähler vertreten demgegenüber eine klare Haltung: „Denn Leseerziehung gelingt nur, wenn sie zeitlich lange vor der Erziehung zum Umgang mit anderen Medien beginnt. Audiovisuelle Medien drängen sich von allein ins Leben von Kindern, Bücher hingegen sind still und leise, an sie muss man gewöhnt werden…“
Gleichzeitig verweisen der damalige Geschäftsführer der Stiftung Lesen und die Erziehungsexpertin Mähler auf die Risiken der Nutzung audiovisueller Medien in der frühen Kindheit:
Abnahme der Konzentrationsfähigkeit
Abnahme der Schreib- und Lesefähigkeit
Abnahme der präzisen sprachlichen Ausdrucksfähigkeit
Abnahme der außerhäuslichen Tätigkeit (Spielen)
Abnahme der sozialen Kompetenz (positiver Umgang mit anderen Menschen)
Dabei zitieren die beiden den Medienpädagogischen Forschungsverband Südwest, dessen Forschungsergebnisse sich heute vielfach belegen lassen. Sicher, die Welt hat sich in den vergangenen 19 Jahren verändert. Der innere Bauplan des Menschen garantiert nicht. Wer sich aber ganz sicher verändert hat, ist die „Stiftung Lesen“. Heute hört sich das bei der Stiftung so an: „Ihr habt ein Smartphone oder Tablet? Dann haltet ihr den Schlüssel zur digitalen Sprach- und Leseförderung schon in der Hand! Mit Apps lassen sich spielerisch erste Worte lernen, Geschichten selbst erzählen, später kurze und lange Texte lesen oder die Leseflüssigkeit verbessern. Doch die Auswahl ist groß und schwer zu überschauen. Mit unserem neuen Service helfen wir euch, die passende App für eure Kinder zu finden.“ (https://www.stiftunglesen.de/loslesen/unsere-highlights/lesen-mit-app)
Wo bleibt eine wissenschaftlich fundierte Grundlegung?
Eine wissenschaftliche Begründung, warum denn nun die Sprach- und Leseförderung mit Apps den Auf- und Ausbau einer Sprach- und Lesekompetenz entwicklungspsychologisch sehr bedeutsam unterstützt, ist auch in den Ausführungen der „Stiftung Lesen“ an keiner Stelle zu finden. Bisher lässt sich diese offenbar auch an keiner anderen Stelle finden, obwohl sich zahlreiche selbsternannte Experten mächtig ins Zeug legen, wenn es um so genannte „digitale Bildung“ mit Bildschirmmedien in Krippen und Kitas geht. Dass Kinder heute schon sehr früh mit Bildschimen in Kontakt kommen, kann dafür kein Argument sein. Mit einem Fehler lässt sich ein anderer nicht gut machen.
Wenn es um solche bedeutsamen, pädagogische und entwicklungspsychologische sowie neurobiologische, überaus relevante Einflussnahmen auf frühe Bildungsprozesse in Kindern geht, bedarf es in jedem Fall einer sachlich und wissenschaftlich fundierten Grundlegung. In diesem Fall wird aus Minus und Minus eben nicht Plus. Und das Argument, dass die Feinmotorik von Kindern verbessert werde, wenn sie frühzeitig mit Touchscreens umgingen, löst dann schon eher ein überaus starkes Kopfschütteln aus.
Kinder sind keine Experimentiermäuse
Wir alle wissen, was einseitige Förderung bedeutet und welch üble Folgen sie für die gesamte Entwicklung hat. Ernsthafte Forschung, bei der auch die Hirnforschung mit einbezogen ist, wäre hier erst einmal notwendig. Dafür haben wir sie ja. Schließlich geht es um unser wertvollstes Gut, unsere Kinder, die eines Tages die Zukunft dieses Planeten gestalten. Und dabei kommt es vor allem darauf an, welche entwicklungsförderlichen oder entwicklungshinderlichen Inputs die Kinder im Krippen- und Elementarbereich erhalten haben, welche Entwicklungsunterstützungen eine Nachhaltigkeit besitzen und damit einer „Bildung aus I. Hand“ (Prof. Gerd Schäfer) entsprechen.
Kinder sind keine Experimentiermäuse und haben laut der UN-Charta „Rechte des Kindes“ ein verbrieftes Recht auf Maßnahmen, bei dem das Wohl des Kindes ein Gesichtspunkt ist, der vorrangig zu berücksichtigen ist (Artikel 3/1). Dieses „Wohl des Kindes“ darf – aus fachlicher Sicht betrachtet – zu keiner Zeit und in keiner Weise weder einer bildungspolitischen Strömung noch einer politisch erwünschten Umsetzung bestimmter Maßnahmen entspringen. Wenn das der Fall wäre, dann läge die Berechtigung einer unabhängigen Wissenschaft und einer Berücksichtigung der Forschungsergebnisse auf dem Scheiterhaufen.
Der „Stiftung Lesen“ sei bis dahnin empfohlen, sich auf ihre eigentliche Aufgabe, die Leseförderung, zu konzentrieren. Da gäbe es etwa Vorlesekurse für Erwachsene, die sich forcieren ließen. Das wäre ganz bestimmt eine Maßnahme, die vielen Kindern helfen würde. Und das Vorlesen durch die Eltern oder andere Betreuungspersonen, zu denen sie eine gute Bindung haben, finden fast alle Kinder noch immer am schönsten.
Mit Janusz Korczak das Recht des Kindes auf Achtung pflegen und die Professionalität der pädagogischen Fachkräfte vertiefen
Mit dem polnischen Arzt und Reformpädagogen Janusz Korczak (1978-1942) ist die Pädagogik neu zu vermessen. Denn das Maß liegt im Menschen und nicht in den Dingen: Das Recht des Kindes auf Achtung ist sein erstes und unbestreitbares Recht.
Korczak ist einer der wenigen Lehrer der Menschheit, der seine humanistische Botschaft aussprach und mit seinem Leben bestätigte. Er stellt Grundfragen an die Persönlichkeit der Erzieherinnen und Erzieher. Seiner weit gespannten und in das Leben eingebundenen Pädagogik ging es um die Praxis und nicht um das Ansammeln von Wissen mit blank geputzten Begriffen. Seine Gedanken führen uns zu existentiellen Grenzthemen, zu Themen über Leben und Tod.
Durch Nachdenken über Korczaks Leben und Werk können pädagogische Fachkräfte ihre Haltung, ihr Denken, Fühlen und Wollen prüfen, weiterentwickeln und ihre Professionalität vertiefen.
Korczaks Waisenhaus Dom Sierot in der Krochmalna Straße in Warschau, ca. 1935
Charta der Kinderrechte
Bereits 1919 formulierte Korczak seine Charta der Kinderrechte: „Ich fordere die Magna Charta Libertatis (die Große Charta der Freiheiten) als ein Grundgesetz für das Kind. Vielleicht gibt es noch andere – aber diese drei Grundrechte habe ich herausgefunden:
„1. Das Recht des Kindes auf seinen Tod“ = dem Kind die Ausformung seines Lebens zutrauen. „2. Das Recht des Kindes auf seinen heutigen Tag“ = die Gegenwart des Kindes achten, die nicht einer ungewissen Zukunft geopfert werden darf. „3. Das Recht des Kindes, so zu sein, wie es ist“ = dem Kind sein Kindsein ermöglichen.
(Bild: Itzchak Belfer, Maler des Holocast (1924 – 2021): Kind im Waisenhaus)
Den drei Grundrechten stellte er ein oberstes Prinzip voran: „Das Recht des Kindes auf Achtung. Es ist das erste und unbestreitbare Recht des Kindes, seine Gedanken auszusprechen und aktiven Anteil an unseren Überlegungen und Urteilen über seine Person zu nehmen. Wenn wir ihm Achtung und Vertrauen entgegenbringen und wenn es selbst Vertrauen hat und sich ausspricht, wozu es das Recht hat – wird es weniger Zweifel und Fehler geben“ (Korczak 1978, S. 40 f.). Seine Gedanken gingen in die UN-Behindertenrechtskonvention ein, die seit März 2009 in den Bundesländern in Kraft getreten ist.
Das Recht auf Achtung lebte Korczak bis zuletzt
Als die Nazis Polen besetzten wurde in Warschau ein Ghetto errichtet, in das auch Korczak, seine Kinder und Mitarbeiter:innen einzogen. Ihm wurden Angebote zu seiner Rettung gemacht. Er schlug sie aus. Sein Mitarbeiter und Freund und Sekretär Igor Newerly berichtet: Bei seinem letzten Besuch bei ihm im Ghetto hätte Korczak mit ihm gehen können, denn er hatte einen gefälschten Passierschein, den er ihm geben wollte. Korczak lehnte ab. Mehr noch, er war überrascht. „Er hatte ganz einfach nicht von mir erwartet, dass ich ihm einen so nichtswürdigen Vorschlag unterbreiten werde – die Kinder angesichts des Todes im Stich zu lassen.“ (Newerly in Korczak 1978, S. 32)
Korczaks Ghetto-Tagebuch entnehmen wir: „Das Waisenhaus, ein Bienenstock, ein Ameisenhaufen. Nein. Unser Haus ist jetzt ein Altersheim… Die Gespräche der Kinder am Morgen, das Ergebnis ihrer Temperaturmessungen. Wie viel Fieber habe ich, wieviel du? Wer fühlt sich schlechter? Wie hat jeder die Nacht verbracht?“ (Korczak 1992, S. 98)
Trotz Krankheit, Hunger und Elend versucht der Seelenarzt Korczak den Kindern noch einen Rest unbekümmerten Lebens zu erhalten. Er ist für sie Vater, Mutter und Spielgefährte, er scherzt mit ihnen, fabuliert Märchen und organisiert ein Konzert. Als Symbol gestalten die Kinder gemeinsam die Fahne aus Korczaks Kinderbuch „König Hänschen I.“: Kastanienblüten auf grünen Grund und auf der anderen Seite ein blauer Judenstern auf weißem Grund.
Im Juli 1942 beginnt die systematische Judenvernichtung. Am 4. August 1942 vermerkt Korczak in seinem Tagebuch:
„Ich wünsche niemanden etwas Böses. Ich kann das nicht. Ich weiß nicht, wie man das macht.“
(Korczak 1992, S. 119)
Am 5. August 1942 müssen Korczak, seine 200 Kinder und Mitarbeiterin Frau Stefa das Ghetto verlassen. Ein Junge trägt die Fahne „König Hänschen I.“, die Fahne der Hoffnung. Sie begleitet den Kinderzug durch Warschau. „So viele Jahre beharrlicher Wanderschaft, um den Kindern die Sonne in die Hand zu geben, wie kann ich sie alleine lassen? Die Kinder leben in ständiger Unsicherheit, in Angst.“ (Tagebucheintrag am 1. August 1942; Korczak 1992, S. 116)
Das Lachen des Kindes als Anker für eine achtsame und liebende Haltung
Der feinfühlende Arzt hatte das Geschehen reflektiert und gewandelt – ohne die Wirklichkeit auszublenden. Seine Pädagogik öffnet, ist schöpferisch, nimmt das Kind und seine Umwelt so wahr, wie sie nun einmal sind. Sie wandelt das Gegebene, also das, was wahrgenommen wird, unter den Bedingungen der Gegenwart zum Guten – ohne Illusionen.
Korczaks achtsame und liebende Haltung sieht im „Lachen des Kindes“ ihren Anker:
„Was uns […] innigst mit dem Leben verbindet, ist ein Kinderlachen, strahlend und klar.“
(Korczak-Bulletin 2015, S. 2)
(Bild: Itzchak Belfer: Das Kind in Korczaks Hand geborgen)
Korczaks Gedanken leben weiter
Bis heute bringen Korczak und seine Nachfolger uns nahe, wie wertvoll jedes Kind ist. Wer ihre Bücher liest, spürt etwas von der Zuversicht und dem Mut, die seine Menschlichkeit in schwierigen Zeiten umsetzen. Immer mehr Einrichtungen in der ganzen Welt tragen Korczaks Namen. Menschen verschiedener Länder finden zusammen und studieren seine Pädagogik, die in über 20 Sprachen erschienen ist. Offenbar wächst das Bedürfnis nach Orientierung an Vorbildern in dem Maße, wie das Vertrauen in Institutionen und normative Denkstrukturen, die über Jahrzehnte Stabilität garantierten, brüchig geworden ist. Vor allem junge Menschen und jene, die in pädagogischen Arbeitsfeldern tätig sind, erfahren durch die Begegnung mit Korczak eine motivierende und inspirierende Perspektive.
Jeder kann seinen eigenen Korczak finden
Nach vielen Jahren der Begegnung mit Korczak sagte sein Freund Joseph Arnon: Jeder, der die geheimnisvolle Tiefe dieser Persönlichkeit entdeckt, findet seinen „eigenen Korczak“.
Wie sieht ,mein‘ Korczak aus?
Darauf antworte ich zunächst mit der Praktikantin Irene Reppowa, die in Korczaks Waisenhaus arbeitete und den Holocaust überlebte: Für Reppowa bestand das Lernen darin sich in das Wirken ihres Vorbildes zu versenken. Das half ihr Wege zu finden, die auch bei ausweglos erscheinenden Erziehungsproblem möglich wurden. Sie berichtet: „Ich erinnere mich, dass der Kern der Methode Korczaks darin liegt, den ganzen Umgang mit den Kindern nach den Prinzipien der Wahrhaftigkeit und Ehrlichkeit des Erziehers zu pflegen – Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit ohne jedes Wenn und Aber. […] Das half mir und ermöglichte mir Erfolge in meiner pädagogischen Arbeit“ (Reppowa 2002, S. 8).
Mein Weg für das „Proletariat auf kleinen Füßen“ (Korczak) beginnt mit der heilpädagogischen Praxis 1963. In immer wieder neuen Anläufen begegne ich seinem Werk. Seine Lebensgeschichte spiegelt unterschiedliche Erfahrungen und Formen der Unterdrückung wider: Die Unterdrückung von Kindern durch Erwachsene, diejenige des polnischen Volkes durch die russische und deutsche Fremdherrschaft.
Korczak lehrt mich durch sein Beispiel wie die Individualität des Kindes wahrzunehmen und durch achtsame Haltung zu begleiten ist. Damit widerspreche ich jener modernen Pädagogik, die das Kind nach eigenen Vorstellungen machen will. Der Mensch funktioniert eben nicht wie eine Input-Output-Maschine. Pädagogik ist kein Machen, Pädagogik ist eine Haltung. Mit Korczak ist die Pädagogik neu zu vermessen, denn das Maß liegt im Menschen und nicht in den Dingen. Korczaks Praxis sprengt gewohnte Systeme an die sich viele um den Preis klammern, dass sie sich aus dem eigenen kreativen Denken verabschieden (Näheres in Klein 2018a, 2018b).
In der Begegnung das wirkliche Kind wahrnehmen
Korczak knüpft an alltägliche Erfahrungen an, die er mit dem Kind macht. Sie werden in die pädagogische Urteilsfindung mit hineingenommen. Damit kehrt er der vorherrschenden Theoriegläubigkeit den Rücken und bringt den lebendigen Menschen, mit dem es nun einmal die Erziehung zu tun hat, ins Spiel. Hart zieht er gegen die „verknöcherte Theorie“, d.h. das begrifflich (vor)gefasste Denken zu Felde, wenn er sagt, dass „Anschauungen fremder Menschen sich im eigenen lebendigen Ich brechen müssen“.
Korczak sieht die Perspektive des Kindes und die Perspektive des Erziehers. In seiner Schrift „Wenn ich wieder klein bin“ versetzt er sich in die Situation eines kleinen Jungen und sieht die Gedanken der Erwachsenen aus der Sicht der Kinder, und die Gedanken der Kinder sieht er aus der Sicht der Erwachsenen. Er erkennt: „Ein Erzieher, der nicht einpaukt, sondern etwas freilegt, der […] nicht diktiert, sondern anfragt, der erlebt mit dem Kind manchen bewegenden Augenblick; und er wird manchmal mit Tränen in den Augen den Kampf zwischen Engel und Satan miterleben, bis der lichte Engel den Sieg davonträgt“ (Korczak 1973, S. 35 f.).
Die pädagogische Kompetenz
Die gemeinsam erlebte Situation bietet Korczak die Chance, sich selbst und das Kind so wahrzunehmen, als wäre die Intention des Kindes die eigene und umgekehrt. Lernprozesse zwischen Erwachsenen und Kindern verlaufen hier nicht einseitig. Kind und Erwachsener lernen in der Begegnung voneinander. Aber der Erzieher muss das Kind erst ‘sehen‘ und seine Perspektive in die Überlegungen hineinnehmen.
Wir erkennen: Korczak hat das erzieherische Verhältnis radikal verändert und können von einer „kopernikanischen Wende“ in der Pädagogik sprechen. Er hat die Perspektive der Pädagogik revolutioniert und sich der „Macht über die Kinder konsequent entledigt“ (Bartosch 2017, S. 20). Hier taucht gleich die Frage auf, ob Korczak im herkömmlichen Sinne noch Pädagoge ist, denn er erkennt bald die eigenen Grenzen des Wissens über die Kinder und findet keinen archimedischen Punkt von dem aus er die Erziehung beurteilen kann. Vielmehr steht er mit seiner Theorie mitten im Prozess der Erziehung und erfährt aus dem Zusammensein mit den Kindern die Methoden, die ihnen Selbstwirksamkeit und Selbstgestaltung ihrer Entwicklung ermöglichen.
Hier wird der Erwachsene in der Begegnung mit dem wirklichen Kind konfrontiert und muss auf seine ‘Lebensfragen‘ antworten. Gemeint sind nicht nur praktische Lösungswege. Vielmehr geht es um Grundfragen des Kindes: Wirst du für mich einstehen? Bist du ein verlässlicher Mensch? Kann ich dir vertrauen?
…und so beginnt auch Prof. Dr. Ferdinand Klein bei seinem eigenen Werdegang als Heilpädagoge und beim Kinderarzt und Pädagogen Janusz Korczak, um sich dem Begriff und der Aufgabe des Heil- und Sonderpädagogen zu nähern. Zudem bietet das Buch vielfältige Fallbeispiele, konkrete Tipps und Hilfestellungen zum Umgang mit Kindern mit besonderen Bedürfnissen, praxisgerecht, leicht verständlich und direkt umsetzbar.
Korczak bemühte sich über das Einfühlen in die Kinder hinauszugelangen und wie Kinder zu fühlen. Er war fähig, sich mit hoher Sicherheit in die Gefühlswelt und Sinnzusammenhänge der Kinder zu versenken. Seine einfühlende Praxis geht über das sonst übliche Verstehen hinaus und wendet sich den inneren Entwürfen des Kindes (Bedürfnissen, Motiven, Phantasien, Interessen, Neigungen und Wünschen) und den sachlich begründeten Kausalitäten (Notwendigkeiten, Ordnungen, Regeln, Pflichten und Aufgaben) zu.
Seine Pädagogik der Achtung erkennt: Kein Kind darf auf feste Ziele hin entworfen und festgelegt werden. Kein Mensch darf es für seine Zwecke „kneten oder ummodeln“ (Korczak). Er hat vielmehr das – noch verborgene oder verdrängte – Gute im Kind fühlend freizulegen und ihm so die Chance der Selbstannahme in der Gegenwart zu geben.
Für den Psychoanalytiker und -therapeuten Arno Gruen, der die Strukturen der Macht analysiert hat, ist die Frage nach dem Mitgefühl die Frage nach dem Menschsein schlechthin. Gruen nimmt Korczak als Menschen wahr, der eine feinfühlige Hellsichtigkeit für den Schmerz entwickelt hat: „Seine Verzweiflung über das, was Menschen einander zufügen, führte bei ihm zu einem äußerst mitfühlenden Herz ohne Selbstmitleid“. Korczak hat Misserfolge nicht demoralisiert. Er erkannte, „dass die einzig wahre Kraft aus erlebtem Schmerz emporsteigt. […] Nur indem ein Kind bei seinem eigenen Schmerz bleiben kann und der Erwachsene es darin begleitet, […] kann es die Kraft aufbauen Mensch zu sein. Es sind die Kinder selber, die uns den Weg hin zum Menschlichen zeigen können“ (Gruen 2003, S. 8).
Fazit:
Die sich bildende pädagogische Fachkraft kann Korczaks Pädagogik auf sich wirken und zum Orientierungsmaßstab für ihre Haltung, ihr Fühlen und Wollen, Denken und Handeln werden lassen. Sie kann erkennen, dass sich in ihrer Person das Handlungswissen (Theorie) und die Praxismethoden (Praxis) vereinigen. Und sie kann den Atem und den Herzschlag des Kindes spüren, hören und sehen – und sich durch diese ästhetische (sinnliche) Erfahrungen im Dialog mit dem Kind weiterbilden. Ihre Professionalität ist nie abgeschlossen. Jedes Kind gibt ihr neue Rätsel auf. Darin liegt der immer wieder neue Anreiz, sich mit Kindern auf eine nie endende Entdeckungsreise zu begeben.
Literaturhinweise
Bartosch, U. (2017). Natur-Gott-Mensch. In: Steiger, S./Maluga, A./Bartosch, U. (Hrsg.): Der Blick ins Freie. Bad Heilbrunn, Klinkhardt, S. 12-27 Gruen, A. (2003): Wie man ein Kind lieben soll. In publik-forum, journal Nr. 6 Klein, F. (2018a): Mit Janusz Korczak Inklusion gestalten. Göttingen, Vandenhoeck & Ruprecht Klein, F. (2018b): Inklusive Erziehung in Krippe, Kita und Grundschule. Heilpädagogische Grundlagen und praktische Tipps im Geiste Janusz Korczaks. München. BurckhardtHaus Korczak-Bulletin (2015) Korczak, J. (1973): Wenn ich wieder klein bin. Göttingen, Vandenhoeck & Ruprecht Korczak, J. (1978): Wie man ein Kind lieben soll. Göttingen, Vandenhoeck & Ruprecht Korczak, J. (!992) Tagebuch aus dem Warschauer Ghetto 1942. Göttingen, Vandenhoeck & Ruprecht Reppowa, I. (2002): Sein Glanz fiel auch auf dies besondere Haus. In: Korczak-Bulletin, Heft 2, S. 8-9
Der Autor
Univ. Prof. em. Dr. Dr. et Prof. h.c. Ferdinand Klein
Ferdinand Klein arbeitete 14 Jahre in heilpädagogischen Praxisfeldern, war an den Hochschulen in Würzburg, Mainz und Reutlingen tätig. Von 1992 bis 1994 wirkte er als Aufbaudirektor des Instituts für Rehabilitationspädagogik der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. Nach Emeritierung (1997) war er Gastprofessor an der Comenius-Universität Bratislava und seit 2005 an der Gusztáv-Bárczi-Fakultät für Heilpädagogik der Eötvös-Loránd-Universität Budapest, die sein wissenschaftliches Werk und seine Verdienste um den Ost-West-Dialog mit der Verleihung eines „Doctor et Professor honoris causa“ würdigte. 2019 wurde ihm für sein sozial- und heilpädagogisches Wirken das Bundesverdienstkreuz am Bande verliehen.
Arbeitsschwerpunkte: Ethische Fragen, Forschungsmethoden, Reformpädagogik, Korczakpädagogik, Waldorfpädagogik, Früh- und Elementarpädagogik.
Kinder gleichen Konzentrationsschwäche durch Kreativität aus
geschrieben von Redakteur | August 10, 2022
Studie zeigt, dass Kinder dank breitem Fokus eigene Lösungswege finden
Im Vergleich zu Erwachsenen können sich Kinder noch nicht so gut konzentrieren, sich weniger merken und ihre Aufmerksamkeitsspanne ist verhältnismäßig kurz. Dies ist auf den Stand der kognitiven Entwicklung zurückzuführen. Dadurch – so bisher angenommen – haben sie einen Nachteil beim Lösen von Aufgaben. Dass sich der breitere Fokus jedoch auch als Vorteil erweisen kann, zeigt jetzt eine Studie der Max Planck Forschungsgruppe „NeuroCode – Neuronale Grundlagen des Lernens und Entscheidens“ am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung: Kinder sind gut darin, weniger relevante Informationen zu verarbeiten und mithilfe dieser spontan neue und kreative Strategien beim Lösen von Aufgaben zu finden.
Mit spontanen Strategiewechseln Aufgaben bewältigen
Auch Erwachsene zeigen beim Lösen von Aufgaben spontane Strategiewechsel, ähnlich sogenannten „Aha-Momenten“, die das Lösen einer Aufgabe erleichtern. Der Fachartikel zeigt, dass Kinder zwar beim Lösen von Aufgaben mithilfe von herkömmlichen Strategien deutlich schlechter abschneiden, da ihnen beispielsweise fokussierte Aufmerksamkeit schwerer fällt, sie aber genauso oft wie die Erwachsenen mithilfe von spontanen Strategiewechseln die Aufgaben bewältigen.
„Unsere Ergebnisse zeigen, dass Kinder zwar oft weniger fokussiert und leichter abzulenken sind als Erwachsene, aber erstaunlich flexibel beim Entdecken ganz neuer Lösungen“, sagt Psychologe und Neurowissenschaftler Nicolas Schuck, Gruppenleiter der Max-Planck-Forschungsgruppe „NeuroCode“ am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung. „Gerade in Anbetracht ihrer nicht vollständig entwickelten Konzentrationsfähigkeit sind dies wichtige Ergebnisse für das Erforschen von Lernverhalten bei Kindern“, so Schuck weiter.
Neun Jahre Forschung
In der seit dem Jahr 2013 laufenden Studie wurde anhand folgender Methode geforscht: 47 Kinder zwischen acht und zehn Jahren und 39 junge Erwachsene zwischen 20 und 35 Jahren sollten dieselbe Entscheidungsaufgabe durchführen. Bei dieser Aufgabe sollten sie die Position eines Musters mithilfe von zwei möglichen Antworten bestimmen. Die Farbe des Musters war dabei anfangs nicht relevant für die richtige Antwort, begann im Verlauf jedoch mit der korrekten Antwort einherzugehen.
Wenn Versuchspersonen dies bemerkten, konnten sie die Aufgabe sehr viel effizienter und einfacher lösen. Die Proband:innen wurden nicht darüber informiert, dass es weitere Faktoren, die Einfluss auf die möglichen Lösungsstrategien haben, geben würde und konnten diese nur eigenständig identifizieren. Das NeuroCode-Team am MPIB konnte in Zusammenarbeit mit Forschenden der Goethe-Universität Frankfurt am Main, der FernUniversität Hagen, der Humbold-Universität zu Berlin, der UNSW Sydney und der PFH Göttingen folgende Ergebnisse erzielen: Im Vergleich mit den jungen Erwachsenen schnitten die Kinder beim Lösen der Aufgabe in der Regel deutlich schlechter ab. Sie hatten mehr fehlerhafte und verfrühte Antworten. Jedoch war der Anteil von Kindern (27,5%), welche die hilfreiche Farbstrategie entdeckten und nutzten, sehr ähnlich dem der jungen Erwachsenen (28,2%).
„Aha-Moment“ verbessert Erfolgsrate
Solange die Kinder nur die anfänglich zur Verfügung stehenden Strategien und Regeln nutzten, die Konzentration und Ausdauer erforderten, schnitten sie schlechter ab. Jedoch entdeckten und nutzen genauso viele Kinder wie junge Erwachsene die Farbregel. Obwohl Kinder also in sämtlichen Bereichen kognitiver Kontrolle schlechter abschnitten, konnte sich ein im Vergleich zu den jungen Erwachsenen nahezu gleicher Anteil von ihnen durch einen „Aha-Moment“ verbessern und erlangte dadurch einen ähnlichen Performanzvorteil wie die Erwachsenengruppe.
Das neu gewonnene Wissen rund um den „Aha-Moment“ ist eine wichtige Erkenntnis der Studie. „Unsere Ergebnisse geben Hinweise darauf, dass Erzieher*innen, Eltern und Lehrer:innen weniger auf starre Regeln pochen sollten, und nur den einen konkreten Lösungsweg vermitteln sollten, sondern auch den breiten Fokus der Kinder wertschätzen und fördern sollten. Unsere Befunde zeigen: Wir können stärker in die kreativen Lösungsstrategien von Kindern vertrauen“, sagt Anika Löwe vom NeuroCode Team des MPIB und Co-Autorin der Studie.
Mehr Forschung im Bereich kognitive Entwicklungspsychologie
Zukünftig solle es mehr Forschung im Bereich kognitive Entwicklungspsychologie zu Kreativprozessen statt zu Konzentrationsschwäche bei Kindern geben.
Das Max-Planck-Institut für Bildungsforschung wurde 1963 in Berlin gegründet und ist als interdisziplinäre Forschungseinrichtung dem Studium der menschlichen Entwicklung und Bildung gewidmet. Das Institut gehört zur Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e. V., einer der führenden Organisationen für Grundlagenforschung in Europa.
Originalpublikation:
Schuck, N. W., Li, A. X., Wenke, D., Ay-Bryson, D. S., Loewe, A. T., Gaschler, R., & Shing, Y. L. (2022). Spontaneous discovery of novel task solutions in children. PLoS ONE, 17(5), Article e0266253. https://doi.org/10.1371/journal.pone.0266253
Elena Hungerland/Max-Planck-Institut für Bildungsforschung
EARTH•CHOIR•KIDS – Mit Musik gegen die Klimakrise
geschrieben von Redakteur | August 10, 2022
Das Klima-Song-Projekt von Reinhard Horn thematisiert die Klimakrise und will Motivation und Bewusstsein schaffen
Mit seinem Musikprojekt EARTH•CHOIR•KIDS engagiert sich der Kinderliederkomponist Reinhard Horn für Kinder und Jugendliche, um mit ihnen gemeinsam die Themen Klimawandel, Naturschutz und soziale Gerechtigkeit musikalisch aufzugreifen. Songs mit Titeln wie „No Planet B“, „Mutter Erde, blauer Planet“, „Climate Change Song“ oder „Ozean“, aber auch Klassikern wie „What a wonderful world“, thematisieren die Klimakrise und ihre weitreichenden Folgen.
„Jeder und jede von uns trägt ein Stück Verantwortung und ist aufgerufen, sich um das Wohlergehen der Erde zu kümmern“, fasst Klimaforscher Prof. Dr. Mojib Latif das Anliegen des Projektes im Vorwort des Songbuchs der CD zusammen, die eben erschienen ist.
Profis und Laien gemeinsam am Werk
Für die Produktion konnte Reinhard Horn namhafte Gastmusiker gewinnen wie die Jazz-Organistin Barbara Dennerlein, den Sänger Nico Gomez, Entertainer Tom Gaebel oder das Orchester der Dresdner Staatsoperette. Zudem entstanden eine ganze Reihe der Songs in Zusammenarbeit mit internationalen Musiker:innen – aus Ghana, dem Senegal, aus Kamerun, Argentinien, Chile, Grönland und von der Südseeinsel Tuvalu.
Das Songbuch enthält für jedes Lied Notensätze, die speziell für Kinder- und Jugendchöre arrangiert sind. Zu jedem Song gibt es einen multimedialen Methodenkoffer mit Erklärvideos, Reflexions- und Quizfragen sowie Lern- und Spiel- Anregungen.
Partner des Projekts
Getragen wird das musikalische Klimaprojekt von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU), Brot für die Welt, der Deutschen Chorjugend, Greenpeace, der Kindernothilfe, sowie einer großen Anzahl prominenter Persönlichkeiten aus Forschung, Kultur und Politik, wie Antje Boetius, Leiterin des Alfred-Wegener-Instituts, ARD- Wettermoderator Sven Plöger oder Mediziner Dietrich Grönemeyer.
Die Deutsche Chorjugend erhält für ihre 3500 Mitgliedschöre kostenlose Liederbücher und CDs, sodass die Kinder- und Jugendchöredie Songs in regionalen Konzerten präsentieren können. CD, Notenmaterial und Songbuch sind über die Projektwebsite www.earth-choir-kids.com erhältlich.
„We have to melt the ice in the heart of man“ – so lautet ein Song, den Horn zusammen mit dem Inuit Schamanen Angaangaq von Grönland geschrieben hat. Und das ist laut Horn die Vision dieses Projektes: mit Liedern und Geschichten, gesungen und erzählt von Kindern und Jugendlichen das Eis in den Herzen der Menschen zu schmelzen, damit unser Planet für die kommenden Generationen dieser wunderbare blaue Planet bleiben kann!
Über den Kinderliederkünstler
Reinhard Horn steht seit 50 Jahren auf der Bühne und ist einer der erfolgreichsten Kinderliederautoren Deutschlands. Seine Arbeit für Organisationen wie Adveniat, Aktion Mensch, Brot für die Welt, BUND, Deutsche Chorjugend, Dietrich-Grönemeyer-Stiftung, Ein Herz für Kinder, Greenpeace, Kindernothilfe, Misereor oder World Vision unterstreicht die hohe Wertschätzung seiner künstlerischen Arbeit.
Mit EARTH•CHOIR•KIDS verwirklicht der Künstler ein Anliegen, das ihn schon lange umtreibt: „Das Thema Klima geht uns alle an. Wir sind eine Weltfamilie und wir brauchen jede Stimme, jede Hand, jedes Herz, das mitmacht! Die Erfahrung zeigt, dass eine solche Solidarisierung über die Musik möglich ist. Denn Musik ist die einzige Sprache, die wir alle von Geburt an sprechen und verstehen, egal auf welchem Kontinent wir leben und welche Hautfarbe wir haben.“
Weitere Infos: KONTAKTE Musikverlag Ute Horn e.K. | Windmüllerstr. 31 | 59557 Lippstadt Fon 02941 14513 | www.earth-choir-kids.com