Mit Blättern und Farben gestalten

baum

Kleckern, Klecksen, Kleben und ein Baum entsteht

Es gibt eine ganze Reihe von verschiedenen Techniken, die die Kinder im Laufe ihrer Kindergartenzeit lernen sollten. Sie müssen natürlich die Möglichkeit bekommen viel auszuprobieren und zu entscheiden, was ihnen am besten gefällt.

Die folgende Technik können Sie bei zahlreichen verschiedenen Ideen anwenden. Wenn sie später die Technik in einem anderen Zusammenhang anwenden sollen, dann erinnern Sie die Kinder ganz einfach daran.

Der Baum

Ganz egal zu welcher Jahreszeit – Bäume üben auf Kinder immer eine Faszination aus. Sammeln Sie mit den Kindern Blätter eines Baumes und benutzen sie diese, um einen neuen Baum entstehen zu lassen. Vom Frühling bis zum Herbstbeginn sind die Blätter noch sehr weich und sie können diese direkt verwenden. Danach werden die Blätter jedoch hart und brüchig und die Kinder müssen diese in Wasser einlegen und so wieder weich machen.

  • Den Hintergrund des Bildes mit einem Schwamm und Wasserfarben gestalten.
  • Den Stamm des Baumes entweder mit dicker Wasserfarbe aufmalen oder mit Wachsmalstiften. So sticht er ein wenig aus dem Bild heraus.
  • Die gesammelten Blätter auf der einen Seite dick mit Wasserfarben bestreichen.
  • Die Blätter mit der bestrichenen Seite nach unten, an den Baum, auf das Papier legen.
  • Mit leichtem Druck über die Blätter streichen.
  • Die Blätter vorsichtig wieder abheben.

Durch diese Art der Technik kommen die Adern und Strukturen des Blattes besonders gut zur Geltung. Die Kunstwerke müssen gut trocknen, bevor die Kinder sie aufhängen können, denn die dicke Farbe von den Blättern, kann schnell zerlaufen und so das Bild zerstören.

Material:

Blätter, Papier, Wasserfarben und Wachsmalstifte

sander-kleben

Diesen Artikel haben wir aus folgendem Buch entnommen:

Kleckern, Klecksen, Kleben
Künstlerische Aktivitäten in der Kindergruppe
Sander, Manon
Burckhardthaus-Laetare
ISBN: 9783944548197
176 Seiten, 7,95 €

Mehr dazu auf www.oberstebrink.de




Fröbel-Gaben: Ein Zukunftsmodell aus der Vergangenheit

Ein Interview mit Carola Piepiorra und Sabine Handstein

Wir alle kennen den Pädagogen Friedrich Wilhelm August Fröbel als Begründer des Kindergartens. Als er 1840 in Bad Blankenburg den ersten gründete, war ihm bereits klar, dass Kinder im Wesentlichen nur durch ihr Spiel ihre Umwelt erfahren und begreifen können. Im März dieses Jahres wurde seine Kindergartenidee in das Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes der UNESCO aufgenommen.

Fröbels umfassendes Konzept

Weniger bekannt ist, dass Fröbel alle Elemente des Kindergartens entwickelt hat. Dazu gehört etwa die Ausbildung zur „Kindergärtnerin“, die heute als pädagogische Fachkraft in der Kindertagesbetreuung bezeichnet wird, wie auch passendes Spielzeug für die Kinder, Fröbel-Gaben genannt. Letztere führen allzu oft ein Mauerblümchendasein. Denn viele von uns haben nie erfahren, was sie mit dem Spielmaterialien tatsächlich anfangen können. Dabei steckt in den schlichten aber schönen Fröbel-Gaben die Antwort auf viele Herausforderungen, vor denen wir heute in der Kindertagesbetreuung stehen. Das sehen auch die die Erzieherin, Fortbildnerin und Kindergartenausstatterin Carola Piepiorra und Sabine Handstein so. Letztere ist Freizeitpädagogin und Produktentwicklerin. Sie ist zudem seit über 30 Jahren die Geschäftsführerin des Spielwarenherstellers beleduc. Unter ihrer Regie sind eben einige Fröbel-Gaben neu erschienen. Im Interview gehen wir mit beiden dem Thema „Fröbel-Gaben“ auf den Grund. Das komplette Interview können Sie sich hier anhören:

Wie Kinder lernen

Wenn Carola Piepiorra darüber spricht, was uns Friedrich Fröbel alles hinterlassen hat, wird schnell deutlich, dass dem Pädagogen vor allem das Arbeiten mit den Händen besonders wichtig war. Das Prickeln, Kneten und Formen, Flechten, Falten und die Gartenarbeit gehören in sein Konzept. Er hat Fingerspiele erfunden und Kreisspiele entwickelt. Das auch heute noch bekannteste ist „Häschen in der Grube“. Piepiorra bedauert, dass viele Erwachsene heute vergessen haben, wie wichtig es ist, dass Kinder den ganzen Tag machen und tun: „Dadurch lernen sie ganz viel und entwickeln viele Vorkenntnisse etwa für die Mathematik.“ Fröbels Intention sei gewesen, dass Kinder spielerisch begreifen, was wichtig für das spätere Lernen ist. Gleichzeitig erhielten sie eine gezielte Förderung. In diesem Zusammenhang hatte der Pädagoge auch schon auf Elternarbeit gesetzt, um ihnen unter anderem die Bedeutung des Spiels als Haupttätigkeit des Kindes zu vermitteln.

Um zu diesen Erkenntnissen zu gelangen, hat Fröbel Kinder beobachtet und ausgewertet, wie Kinder lernen, wie Kinder die Welt entdecken. „Heute möchten wir gerne Digitalisierung in die Kindergärten bringen. Ich finde es viel wichtiger, dass wir uns wieder mal auf die Grundsachen besinnen. Wie Kinder überhaupt lernen, also wie sie begreifen lernen, hat immer etwas mit den Händen arbeiten zu tun“, sagt Piepiorra.

Die Wiederholung ist bekanntlich die Mutter des Lernens

Auch deshalb sind die Fröbel-Gaben heute aktueller denn je. „Weil diese Sachen die Kinder da abholen, wo sie eigentlich wirklich gerne arbeiten. Wir haben heute in den Einrichtungen jede Menge Materialen. Ich glaube, manchmal handelt es sich um eine Reizüberflutung, nicht nur im Kinderzimmer, sondern auch im Kindergarten. Die Räume sind überfüllt, die Kinder haben viel zu viel Spielmaterialen im Blick.“

Deshalb sei es wichtig, dass sich Kinder mit den Fröbel Spielgaben auch mal in ruhige Ecken begeben und runterfahren können. Mit den Materialien könnten sie einfache Sachen entdecken und diese Entdeckungen immer wieder wiederholen. „Das Wiederholen ist für Kinder ganz notwendig, weil ich eigentlich nur lerne, wenn ich etwas immer wieder tue, und das ist viel spannender für die Kinder, mal mit wenigen Materialen sich lange zu beschäftigen. Zu Fröbels Zeiten hatte man sehr wenig Spielmaterial, und er hatte es da sicherlich einfacher.“

„Kinder spielen nicht, um zu lernen, sondern lernen, weil sie spielen“

Das sind einige Gründe, warum Sabine Handstein (Foto) in den Fröbel-Gaben ein „Zukunftsmodell aus der Vergangenheit“ sieht. „Kinder spielen nicht, um zu lernen, sondern lernen gerade, weil sie spielen“, formuliert sie den Leitgedanken der Firma beleduc:„Kinder haben in der heutigen Welt immer früher Zugang zu digitalen Spielen und Inhalten, eine Welt, die auch immer komplexer und in vielen Bereichen virtueller wird. Gerade deshalb haben wir uns vor zwei Jahren überlegt, was ist uns wichtig für die Zukunft unserer Kinder und was kann dazu beitragen?“ Um auf diese Frage eine Antwort zu finden, fand ein zweitägiger Workshop mit Expertinnen und Experten aus Wissenschaft und Praxis statt.

Lernen muss spielerisch bleiben

Neben vielem anderen wie der Frage nach digitaler Bildung als Mehrwert und der Rolle der Lehrkraft und pädagogischen Fachkraft als Entwicklungsbegleiterin bzw. -begleiter, bei dem an erster Stelle das Individuum und die Persönlichkeitsentwicklung aller erzieherischen Bemühungen steht, ging es auch um Kernaussagen, die Handstein wie folgt zusammenfasst: „von der Hand zum Verstand, vom Verstand in die Wirklichkeit. Man muss mit Dingen in Berührung kommen, man muss sie begreifen, mit allen Sinnen spielen und wahrnehmen. Ohne Bindung gibt es keine Bildung, und Spiel braucht in jedem Fall auch die Gemeinsamkeit. Sehen lernt man nicht über den Bildschirm, sondern man braucht dazu tatsächlich den Menschen… Das Fazit aus dem Workshop, das wir alle gesehen haben, war, dass lernen nach wie vor spielerisch bleiben muss. Und in den Kindergärten und Grundschulen wird es darauf ankommen, analoges und virtuelles Spielen und Lernen miteinander zu vernetzen. Um pädagogische Fachkräfte weltweit bei diesen Aufgaben zu unterstützen, wurden Fröbels Spielgaben neu interpretiert.“

Zwei große Fröbelsets

Nach einem längeren Prozess sind bei beleduc bisher zwei große Fröbelsets in hochwertigen Aufbewahrungsboxen entstanden. Die Alterszuordnung aller Spielgaben ist seit Fröbels Zeiten aufsteigend geordnet. Im ersten Paket für das Kleinkindalter ist die Gabe eins und zwei enthalten. Das ist sozusagen das Starterpaket. Im zweiten Set sind die Gaben drei bis sechs enthalten. Dazu gehören unter anderem eine Vielzahl an Würfeln, Elementen und Massivholz, Boxen zum angeleiteten Nachbauen, aber auch zum freien Spielen. Daneben gibt es noch einen Teacherguide mit 120 Seiten und zahlreichen Anleitungen, Experimenten und vielen Tipps. Das Ganze wurde in sieben Sprachen übersetzt. Hinzu kommen dann noch die 40 Tischvorlagekarten in Form von Tischaufstellern für die Gaben drei bis sechs. Die Vorlagen sind beidseitig bedruckt. Zudem findet sich auf der Website von beleduc noch viel zusätzliches Material zum Download, zum Beispiel fertig ausgearbeitetes Begleitmaterial für Projektwochen, Tagesabläufe rund um das Thema Fröbel bis hin zum Fröbel Diplom für Kinder.

Riesen-Repertoire für den pädagogischen Alltag

Es gibt laut Carola Piepiorra ein „Riesen Repertoire“, das sich mit den Fröbel-Gaben ausschöpfen lässt. Sie hat das Material auf Herz und Nieren geprüft. „Wir hatten Kinder dabei, die haben die Vorlagekarten recht rege genutzt und nachgebaut. Wir hatten aber auch Kinder, die einfach nur die Kiste ausgekippt haben und selber kreativ eigene Sachen gebaut haben… Man erlebt immer wieder, dass eigene Sachen verarbeitet werden, dass Kinder das bauen, was sie gerade auch spannend finden und was sie selber erlebt haben.“ Die Spielgaben ließen sich in den Kindereinrichtungen, in Montessori Ecken ganz gut integrieren… Piepiorra zählt noch etliche weitere Beispiele auf.

Warum die Fröbel-Gaben in die Ausbildung gehören

Vieles davon können die Kinder gemeinsam mit den pädagogischen Fachkräften selbstständig entdecken. Anderes erschließt sich erst in Fortbildungen. „Wenn die Erzieher diese Sachen selber ausprobieren, merken sie ganz schnell, was für Wissen eigentlich dahintersteckt. Das ist nicht nur Spielen. Von Fröbel kommt auch dieser Spruch: Spielen ist nicht Spielerei. Da steckt Ernst und Bedeutung dahinter.“, erläutert Piepiorra. Auch deshalb fordert sie, dass die Fröbel-Gaben auch wieder Bestandteil der Ausbildung der pädagogischen Fachkräfte werden. Und Sabine Handstein ergänzt: „Sicher gibt es durch die Entwicklung und den Fortschritt der Menschheit nicht gleiche Auffassungen über Erziehung und Bildung. Aber heute, im 21 Jahrhundert, ist es angemessen, seine (Fröbels Red.) didaktische Ideen aufzugreifen und zu versuchen, diese auch weiterzuführen. Diese Werte mit so vielen Schätzen sollten wir bewahren und meiner Meinung nach auch Bestandteil jeder Ausbildung oder jedes Studiums zur Kindheitspädagogin sein.“

Was kommt noch

beleduc ist aktuell schon dabei, ein weiteres großes Set mit den Legematerialien, vielen Anregungen und jeder Menge Freiraum für kreatives Spielen zu entwickeln. Auch hier ist wieder ein weiterer Teacherguide geplant, weil dieser einerseits gefragt ist und beleduc hier andererseits auch etwas völlig Neues in diesem Zusammenhang tut, indem die Fröbel-Gaben um Erzählgeschichten ergänzt werden. Es wird dazu drei Bücher geben, mit Geschichten, die mit den Legematerialien gelegt werden können…

Wer darüber noch mehr erfahren will, der hört sich am besten das Interview bis zum Ende an. Wer aber Sabine Handstein und Carola Piepiorra kennenlernen möchte, der kann beide vom 24 bis 25 Oktober 2023 auf dem Kitaleitungskongress in Berlin am Fröbel Stand treffen. Hier dürfen die Besucher die Materialien mit ihnen dann auch gemeinsam ausprobieren.

Hintergrund: der Begriff der Spielgabe

Der Begriff „Spielgabe“ bedeutet, dass es sich bei den Fröbelschen Gaben um Spielmaterialien handelt, die wir den Kindern „geben“. Die Baukästen enthalten von einfachen Körpern wie den Würfeln bis hin zu Viertelwürfeln und Dreiecksprismen verschiedene Formen, die aufeinander in ihrer Schwierigkeit aufbauen. Insgesamt gibt es fünf verschiedene Baukästen. Diese sind generell so angelegt, dass sie das Kind durch ihre elementaren Formen zum Spielen, Experimentieren und Konstruieren anregen. Mit den Spielgaben 3 bis 6 lassen sich neben Lebensformen, auch Schönheits- und Erkenntnisformen konstruieren. Um die pädagogischen Aspekte aus Fröbels Zeiten in das 21. Jahrhundert zu transportieren, können die Kinder Materialien aus der heutigen Zeit verwenden, um die Spielgaben kreativ zu ergänzen.

Fröbel Set 2

Ein Zukunftsmodell aus der Vergangenheit

  • 141 massive Holzteile
  • Mit Teacherguide und Booklet
  • Vom Einfachen zum Komplexeren
  • Ideal als Einzelbeschäftigung oder das Spiel in der Gruppe

Text: Gernot Körner / Fotos/Videos: beleduc und privat




Freiburger Forschungsräume: „Auf die Haltung kommt es an!“

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Das Qualifizierungsprogramm für pädagogische Fachkräfte

Ein zentrales Element des Konzeptes der Freiburger Forschungsräume ist ein gemeinsames Qualifizierungsprogramm für Lehrkräfte, ErzieherInnen und UmweltbildnerInnen. Das Qualifizierungsprogramm stellt die forschende Haltung und das Lerninteresse des Kindes in den Mittelpunkt sowie die Sprachbildung im Sinne eines wertschätzenden Dialogs. In sieben Treffen werden die Inhalte des Qualifizierungskonzepts gemeinsam bearbeitet. Ein praxisorientiertes Sprachbildungskonzept, das durch die Pädagogische Hochschule im Auftrag der Stadt Freiburg im Breisgau erstellt wurde, soll die bisherigen Erkenntnisse fortschreiben und erweitern.

Die Idee

Das Projekt der Freiburger Forschungsräume wurde auf Initiative und durch die Finanzierung der Stadt Freiburg im Jahr 2011 ins Leben gerufen. Praktiker aus Kitas, allen Schulformen, außerschulischen Lernorten und des Staatlichen Seminars für Didaktik und Lehrerbildung Freiburg (Gymnasien) erforschen seither die Frage: „Wie sollte das Lernen und Lehren im Bereich der Naturwissenschaften gestaltet werden, wenn man die ganze Biografie der Lernenden in den Blick nimmt?“ Herausgekommen ist die Beschreibung einer Haltung, die den pädagogischen Fachkräften eine andere, entdeckende und forschende Art des Lernens und Lehrens eröffnet – denn: „Auf die Haltung kommt es an!“

Eigenen Fragen nachgehen, forschend und selbsttätig die Natur entdecken und ihren Geheimnissen auf die Spur kommen – das ist eine der Grundideen der Freiburger Forschungsräume. Sie verbinden naturwissenschaftliche Bildung mit einer durchgängigen Sprachbildung. Dabei fokussiert der Blick auf die Lernenden – von der frühen Kindheit bis ins Erwachsenenalter. Das Konzept der Freiburger Forschungsräume wird seit vielen Jahren in Kindertageseinrichtungen, Schulen und außerschulischen Lernorten in Freiburg erfolgreich umgesetzt.

Worauf es ankommt

Zentrale Eckpunkte der forschenden, entdeckenden und dialogischen Freiburger Forschungsraum-Haltung sind

  • Lernende müssen Raum und Zeit zum Entdecken, Fragen und Forschen erhalten.
  • Kinder, Jugendliche und pädagogische Fachkräfte sind Forschende.
  • Grundlage ist die Neugierde am Fragen, Forschen und Entdecken.
  • Das Fragen und Forschen knüpft an eigene Natur- und Welterfahrungen an.
  • Das Fragen und Forschen geschieht mit Geduld und Beharrlichkeit, es werden keine schnellen Antworten gegeben.
  • Der Weg ins Unbekannte wird zugelassen. Es geht nicht darum, Vorgedachtes einfach nachzudenken.
  • Der kognitive Entwicklungsstand des oder der Lernenden wird wertgeschätzt und bildet den Ausgangspunkt des Fragens und Forschens (vgl. John Hattie).

Auf Grundlage der Freiburger Forschungsraum-Haltung werden jährliche Qualifizierungen für pädagogische Fachkräfte und Lehrende von der frühen Kindheit bis ins Erwachsenenalter durchgeführt.

Freiburger Forschungsraumdidaktik

Grundlage für das Lehren und Lernen im Bereich der Naturwissenschaft

Inspiriert durch Martin Wagenschein ist die Freiburger Forschungsraumdidaktik entstanden, die von der Kita bis zur gymnasialen Kursstufe so eingesetzt werden kann, dass sich alle Kinder und Jugendlichen – unabhängig von ihren formalen kognitiven Möglichkeiten – angesprochen fühlen und „mitgenommen“ werden können.

Transfer in die Praxis – „einstein hochzwei“

Das Qualifizierungskonzept der Freiburger Forschungsräume

Auf Grundlage der Freiburger Forschungsraum-Haltung wird die jährliche Qualifizierung „einstein hochzwei“ für pädagogische Fachkräfte von der frühen Kindheit bis ins Erwachsenenalter durchgeführt.

Ziel der Qualifizierung ist es, den Teilnehmenden zu ermöglichen, ihre eigene Haltung in ihrer persönlichen Praxis in Richtung der Freiburger Forschungshaltung hin weiter zu entwickeln. Das während der Qualifizierung Vermittelte muss in der eigenen Praxis in der KITA, Schule oder außerschulischem Lernort erlebbar werden. Diese Erfahrungen werden dann bei den jeweiligen Treffen im Sinne einer gelebten Praxisforschung in die folgenden Treffen eingebracht und reflektiert.

Das ist auch Schule – Die Freiburger Forschungsraum – Woche im Klimagarten Kurzversion

„Auch das ist Schule“ ist eine von Kindern selbst erstellte Dokumentation ihrer eigenen Freiburger Forschungsraumwoche, einem Projekt im Rahmen des didaktischen Programms der Stadt Freiburg und den Freiburger Forschungsräumen. Hier können alle Zuschauenden erspüren, wie lernen mit Kopf, Herz und Hand erlebbar werden kann- auch über den Naturwissenschaften Unterricht hinaus.

Kontakt:

Stadt Freiburg, Amt für Schule und Bildung, Abteilung III Bildung und Betreuung an Schulen
Berliner Allee 1, 79114 Freiburg, Tel.: 0761 201-2389, Fax: 0761 201-2399

Weitere Informationen finden Sie auf der Homepage der Freiburger Forschungsräume https://www.freiburg.de/pb/,Lde/627261.html




Begegnungen mit der Natur – im Äußeren das Innere entdecken

Prof. Ferdinand Klein erläutert am Beispiel der „Bienenzucht“ die Begleitung von Naturphänomenen

Die intensive Begleitung von Naturphänomenen im Jahreslauf ist eine sinnvolle und spannende Aufgabe für Kinder aller Altersstufen. Die Beteiligung der Kinder an dem Lauf der Jahreszeiten vermittelt, ohne zum Event zu werden, Kontinuität und bietet Notwendigkeiten, die aus sich selbst entstehen. Ein besonderes Beispiel ist hier die Betreuung von Bienen. Der Umgang (Können) mit ihnen erfordert ein hohes Maß an Verantwortung (Einstellung), Aufmerksamkeit, Wissen und am Ende auch Mut.

Pastellzeichnung von Loes Botman aus dem Buch von den Waldtieren

Zum Beispiel Bienen

Bienen erfahren in der öffentlichen medialen Diskussion aktuell in hohem Maß Aufmerksamkeit. Sie sind aber auch ein beliebtes Motiv in vielen Büchern und Geschichten für die Kleinsten. Ihr Honig ist sehr beliebt und von Frühjahr bis Herbst sind sie in den Gärten zu beobachten. Bienen sind also ein passendes Thema für Groß und Klein, mit der Chance auf echte Erlebnisse.
Im Folgenden wird der Ablauf eines solchen Projekts geschildert. Eine Abhandlung zur Imkerei bieten die Ausführungen nicht. Vielmehr wird auf pädagogische Handlungsmöglichkeiten und ihre Inszenierung, im Zusammenhang mit der Haltung von Bienen eingegangen. Die Abhandlung gliedert sich in einen knappen Teil mit Hinweisen zur Vorbereitung, ausführliche Ideen zur pädagogischen Arbeit und einen perspektivischen Ausblick mit möglichen Anknüpfungspunkten.

Vorbereitung zur Bienenzucht

Bevor Bienen beherbergt werden können, sind einige Grundsatzfragen wie ihre Haltung (konventionell, ökologisch, wesensgerecht) mit weitreichenden Folgen für das weitere Vorgehen zu klären. Das sind Aufgaben, die im Wesentlichen der Institution und ihren Mitarbeitern obliegen. Es empfiehlt sich, die Expertise erfahrener Imker einzuholen, um diese Entscheidungen zu treffen. Auch der Besuch eines Kurses zur Imkerei ist ratsam. Und es darf nicht vergessen werden, zuvor mit möglicherweise ängstlichen Anwohnern der unmittelbaren Umgebung zu sprechen. Sie werden viel positives Feedback erhalten, wenn alle eingebunden sind. Zu bedenken ist auch das Verteilen der Aufgaben auf mehrere Schultern. Die Akteure werden sich naturgemäß von Zeit zu Zeit ändern. Insofern ist es gut, wenn mehrere interessierte Menschen im Thema sind.


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Von den Waldtieren

Auf den vielen Seiten dieses großen Buches findet ihr faszinierende, ausdrucksstarke und besonders liebevolle Pastellzeichnungen, die den Charakter der Waldtiere einzufangen scheinen. Die Farbkompositionen zeigen uns die Natur viel eindrücklicher als es Fotos jemals könnten. Beim Betrachten und Nachdenken über diese wilden Tiere, können wir viel mehr über sie erfahren als beim Lesen einer einfachen Beschreibung. Die Texte in diesem Buch sind kleine Geschichten, die uns einen Einblick in Unbekanntes und Ungewohntes bieten wollen.

Hardcover, 64 Seiten, zahlreiche ausdrucksstarke Pastellzeichnungen
ISBN: 978-3-96304-042-9
25 €


Ideen zur pädagogischen Arbeit

In der Vorbereitung wird das Bienenhaus (Bienenbeute) besprochen. Es kann mit den Kindern gebaut werden und ist der erste mögliche gemeinsame Schritt. Mit ihrer Beteiligung an der Planung, dem konkreten Bau, dem Aufstellen und dem abschließenden Einzug der Bienen ergibt sich ein ereignisreicher Prozess mit einem klaren Ziel. Diesen Prozess von Anfang bis Ende wahrzunehmen, sich selbst und seine Fähigkeiten in ihm zu erproben und das fertige Produkt mit offenem Ergebnis (es ist schließlich nicht sicher, ob die Bienen auch wirklich einziehen) zu bestaunen, ist für die Kinder ein wahrhaftiges Erlebnis. Ihre Selbstwirksamkeitsüberzeugung wird nachhaltig gefördert. Das selbstgebaute Bienenhaus ist sicher ein beliebter Anlaufpunkt auf dem Gelände für eine lange Zeit.

Die wohl spannendste Aufgabe für die Kinder ist die Annäherung an die Biene selbst. Die Beobachtung im An- und Abflug, die Inspektion der Waben, das Entnehmen des Honigs, das Umsiedeln von Völkern und vieles mehr schafft die unmittelbare Begegnung zwischen Biene und Mensch. Neben verschiedenen Kenntnissen über die jeweilige Arbeit ist vor allem ein ruhiger und zielgerichteter Umgang mit den Bienen erforderlich. Für viele ist es eine wirkliche Mutprobe, sich den kleinen Tieren unmittelbar zu nähern.

Beobachtungen und Experimente

Auf kognitiver Ebene bieten sich allerlei Lerngebiete, die durch Beobachtungen und Experimente erschlossen werden können und die sich eng mit praktischem Tun verbinden. Die Arbeitsteilung der Bienenvölker ist bemerkenswert und hat Anschluss an das Erleben der Kinder. Der „Tanz“ der Arbeiterinnen, die die Richtung und Entfernung zu nektarreichen Pflanzen anzeigt, ist ebenfalls ein Lerngebiet. Die verschiedenen Tätigkeiten wie etwa die Fütterung und Honigentnahme sind ebenso nicht ausschließlich praktischer Natur.

Handwerkliches Geschick ist beim Bau der Beute (Bienenstock) gefragt. Nicht nur die tatkräftigeren Kinder finden hier sinnvolle Aufgaben, die ihr Tagewerk sichtbar machen. Es sind auch praktische Anschlüsse wie beispielsweise der Umgang mit Maßen und Mengen im Zusammenhang mit den Bautätigkeiten möglich.

Die Begegnung von Kindern mit Schafen

Tiergestützte Pädagogik ist, wie auch das geschilderte Bienenprojekt zeigt, in vielen Zusammenhängen anzutreffen. Sie entspringt therapeutischen Beobachtungen. Tiere werden vermehrt in der Arbeit mit Kindern als Co-Therapeuten eingesetzt. Besonders Schulen haben nicht selten sogenannte Therapiehunde oder pflegen das Therapeutische Reiten (Voltigieren). Weniger beachtet ist die Begegnung von Kindern mit Schafen. Ein Produkt der Schafe ist allen, insbesondere den Kindern, meist wohlbekannt: ihre Wolle.

In der Begegnung mit Tieren entsteht grundsätzlich die Möglichkeit, Sozialverhalten und Verantwortung lernen zu können und gleichzeitig erste Schritte in Richtung einer ökologischen Bildung zu machen. Die wachsende Zahl der Naturkindergärten belegt die hohe Nachfrage nach dieser Art von Angeboten.
Warum Schafe?

Schafe sind eher zurückhaltende und genügsame Tiere. Abgesehen von dominanten Böcken sind sie als Herdentiere gut zu führen. Wenn sie mit der Flasche aufgezogen sind, zeigen sie sich häufig sehr zutraulich und interessiert. Ihre Haltung ist wenig aufwändig. Und es können Rohstoffe, ähnlich der Bienenhaltung, gewonnen werden, die im Tagesablauf des Kindergartens vielfältige Verwendung finden können. Schafe sind den meisten Kindern aus Büchern bekannt und recht häufig auf Bauernhöfen oder in der Landschaftspflege anzutreffen.

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Diesen Text haben wir folgendem Buch entnommen:

Prof. Dr. Ferdinand Klein
Waldorfpädagogik in Krippe und Kita
Einblick in eine ganzheitliche Praxis, die jedem Kind seinen individuellen Lebensweg ermöglicht
208 Seiten, zahlreiche vierfarbige Abbildungen
ISBN: 978-3-96304-610-0
25 €




Bindung schafft Bildung

Die Persönlichkeit der Kindheitspädagog:innen als Ausgangspunkt für eine kindorientierte, entwicklungsförderliche Elementarpädagogik

Die pädagogisch gestaltete Landschaft in nahezu allen Kindertageseinrichtungen hat sich seit den Ergebnissen der ersten Pisa-Studie der OECD (2000) deutlich gewandelt. Obgleich es sich hierbei um internationale Schulleistungsuntersuchungen, ausgerichtet auf die drei Bereiche Lesekompetenz, Naturwissenschaften und Mathematik, gehandelt hat, blieben die Ergebnisse nicht nur auf den Schulbereich begrenzt, sondern hatten ihre Auswirkungen auch auf den Elementarbereich, obgleich dieser einen gesetzlich verbrieften „eigenen Erziehungs-, Bildungs- und Betreuungsauftrag hat (SGB VIII): als „Zubringerinstitution“ für die Schule!

Wo in der „Vor-Pisa-Zeit“ noch viel und intensiv gespielt, gesungen, getanzt, miteinander zugewandt kommuniziert wurde und vor allem Alltagssituationen in die tägliche Pädagogik integriert wurden, gerieten stattdessen immer stärker so genannte „Bildungsfenster“ im konkreten Entwicklungsalter der Kinder in den Fokus. Und diese wurden zielgerichtet mit Programmen gefüllt. Wo früher mit Kindern die „Leichtigkeit des Seins“ in guten Beziehungsbindungen genossen wurde, kam immer wieder die kritische Frage auf, ob eine solche (mit einer starken, negativ besetzten Etikettierung versehene) „Kuschelpädagogik“ nicht die „Selbstbildungskräfte“ von Kindern unterfordere und Entwicklungschancen ungenutzt verstreichen würden.

Wo früher Bindungsqualitäten der elementarpädagogischen Fachkräfte im Mittelpunkt ihrer Arbeit standen und auch in den meisten Konzeptionen niedergeschrieben waren, rückten „lernzielformulierte Bildungsanforderungen“ an Kinder ins Zentrum einer postulierten ‚zeitaktuellen’ Bildungspädagogik.

Wo früher der Faktor „Zeit & Ruhe“ eine wesentliche Bedeutung für die Pädagogik besaß, rückte in der „Nach-Pisa-Periode“ das Merkmal einer Ressourcen genutzten Quantitätsorientierung in den Vordergrund.

Wo früher mit Kindern die Außenwelt und die Natur erlebnisnah erforscht wurden, standen diese den Kindern immer häufiger in künstlich konstruiert hergestellten Situationen im Innenbereich der Kindertagesstätte zur Verfügung, die in der Gegenwart gerne auf Tablets betrachtet werden.

Der Bildungsbegriff begegnet uns überall

Wenn es ein „Zauberwort“ in der heutigen Elementarpädagogik zu bestimmen gäbe, dann hieße es unzweifelhaft „BILDUNG“. So dreht(e) sich in den meisten Kindertageseinrichtungen alles um die Primäraufgabe, >Bildung von Anfang an< zu realisieren, Bildungsarbeit  im Innenbereich umzusetzen und nach außen für Eltern, den Träger, die Öffentlichkeit möglichst unübersehbar transparent zu machen, Bildungsdokumentationen/Lerntagebücher für jedes Kind zu führen, Bildungsbücher zu erstellen, den Kindern immer wieder und an allen Orten/ zu jeder Gelegenheit neue Bildungserfahrungen zu vermitteln und in ihnen effiziente Lernkompetenzen auf- und auszubauen.

Ferner hieß es, dass Methodenkompetenzen in Kindern zu installieren und Medienkompetenzen aufzubauen sind, aus bildungsfernen Kindern sollen auch möglichst kluge Lernforscher gemacht werden. Kindertageseinrichtungen wurden in Zukunfts– und Lernwerkstätten/ Bildungshäuser verwandelt, möglichst bilinguale Sprachkompetenzen soll(t)en als Förderfundament schon im Krippenalter berücksichtigt werden und elementare Bildungspotenziale bei Kindern galt es so früh und so intensiv wie möglich zu aktivieren, damit vorhandene Bildungsfenster nicht ungenutzt brach liegen bleiben. So verwundert es nicht, wenn sogar auf öffentlichen Vorträgen in Deutschland Kinder als >Rohstoff< bezeichnet wurden und Bildung als eine >Investition in den Rohstoff< verstanden wurde, die eine >wertvolle Rendite< mit sich bringt. Da verschlug es selbst hartgesottenen Kindheitspädagog:innen mit einer humanistischen Grundhaltung fast die Sprache.

Bildungsblüten und ihre vielfältigen Farben

Damit kam bzw. kommt das gesamte Kinderleben immer stärker einem Leben gleich, das fast ausschließlich einer Aneinanderreihung von pädagogischen Arrangements entspricht. Es wird f ü r  Kinder gedacht und  f ü r  sie geplant, f ü r  Kinder arrangiert, vorbereitet, strukturiert und  f ü r  Kinder gehandelt anstatt zu begreifen, dass eine Pädagogik vom Kinde aus eine lebendig erlebte Alltagspädagogik  m i t  dem Ausgangs- und Mittelpunkt Kind ist. Gleichzeitig lautete bei kritischen Nachfragen der vielzitierte Antwortsatz: „Selbstverständlich holen wir das Kind dort ab, wo es steht und unsere pädagogischen Angebote sind stets ganzheitlich geprägt.“ Beide Begrifflichkeiten verkamen dadurch zu einer pädagogischen Farce. Und sie sind zu einer inhaltsleeren Worthülse geworden, weil didaktisierte Forschungsangebote, gefüllte Forschungskoffer, gezielt ausgegebene Forschungsgegenstände, in Tagesabläufe fest eingeplante (zugleich zeitisolierte und funktional angesetzte) Forscherzeiten in dafür vorgegebene Forscherräumen (mit Forschertischen, Forscherregeln, Forscherinseln, Forscherecken …) den Kindergartenalltag beherrschen.


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Armin Krenz
Elementarpädagogische Grundsätze auf den Punkt gebracht
20 PowerPointPräsentationen als Grundlage für Teambesprechungen, Fortbildungsveranstaltungen und Fachberatungen
344 Seiten mit zahlreichen Abbildungen
ISBN 978-96304-613-1
29,95 €

Die PowerPointPräsentationen und Seminarunterlagen von Prof. Armin Krenz haben sich in zahlreichen Vorträgen und Weiterbildungen bewährt. Sie vermitteln kurz und prägnant das Wesentliche für die pädagogische Praxis und stützen sich dabei auf neueste wissenschaftliche Erkenntnisse. Mit seinem Buch unterstützt er pädagogische Fachkräfte dabei aktuelles Wissen in die Praxis umzusetzen.


Verplante und funktionalisierte Kinderzeiten rauben Kindern ihre Kindheit

Bildung geschah bzw. geschieht immer noch in einem Fächerkanon (Montag Naturwissenschaft, Dienstag Sprachbildung …). Wobei jeder Tag selbst in Freizeit-, Arbeits– und Lernfelder unter- und aufgeteilt wurde/wird. Alles passierte durch eine alltagsverbreitete (und gleichzeitig wissenschaftlich nicht nachvollziehbare) Annahme, die da lautete: je mehr Förderangebote und Stimulation das Kind erhält, desto mehr Synapsen bilden sich im Gehirn und desto mehr >brainpower< besitzt das gegenwärtige und zukünftige Kind. Die Frage blieb bzw. bleibt dabei vollkommen unbeantwortet, nämlich die, was bei einer solchen Bildungsarbeit >ganzheitlich< bzw. >nachhaltig< ist und inwiefern die Kinder tatsächlich der Ausgangspunkt für die vielfältigen Angebote sind. Ein nachhaltiges Lernen geschieht im Alltagserleben der Kinder und nicht in vorgestanzten Musterbögen vgl.: Carter, R, 2009/ Damasio, J.R., 1997; Jackel, B. (2008).

Dr. Herbert Renz-Polster, Kinderarzt und Wissenschaftler, schreibt dazu in seinem vielbeachteten Buch >Menschenkinder<: „Lässt man den Zeitraffer laufen, so wurden den Kindern zuerst die Wälder genommen, danach die Wiesen, die Hinterhöfe, die Brachflächen, dann die Straßen, Gassen und Gärten. Und schließlich noch die Zeit selbst./…/ Michael Ende hat in Momo kein Märchen erzählt: Da gibt es jemand, der den Kindern die Zeit stiehlt.“ (2011, S. 55). Kinder werden aufgrund einer gesellschafts- und wirtschaftspolitischen Zuordnung als >gesellschaftsrelevantes Wettbewerbsobjekt< angesehen, so dass sich unbemerkt die Hochleistungsgesellschaft die Kinder einverleibt.

Professor Sigurd Hebenstreit schrieb schon in einem vor 27 Jahren erschienenen Artikel: „Wir stecken die Kinder in immer mehr pädagogische Arrangements, damit sie lernen, ihren Gefühlen nicht zu trauen, theoretisch über alles schwätzen zu können, ohne den Hammer in die Hand zu nehmen. Die Reise vom Säugling zum Erwachsenen wird länger, komplizierter, schwieriger, brüchiger. /…/ Noch nie wurden so viele Kinder und Jugendliche so lange unmündig gehalten. Und noch nie wurde so vielen Kindern so früh ihre Kindlichkeit ausgetrieben.“ (1996, S. 257 f.) Seine Bedenken und die vieler anderer wurden nicht nur überhört, sondern vielmehr konsequent weiterhin auf die Spitze getrieben.

Wenn Lisa Becker in der FAZ 18 Jahre später schon von einer „Karriereplanung im Kindergarten“ spricht, schließt sich der Kreis. Woran scheint es zu liegen, dass die Elementarpädagogik (ebenso wie ein großer Elternteil bzw. viele Träger von Kindertageseinrichtungen) glaubt, Kinder ständig belehrend fördern zu müssen? U. Frischenschläger-Rempe geht von folgendem Grundübel aus: „Es fehlt offenbar an einem Grundvertrauen in die kindlichen Kräfte der Selbststeuerung, ihrer Fähigkeit zur Ko-Konstruktion und in die Macht der kindlichen Neugier“ (2013, S. 40) und schon 2011 sprach Susanne Gaschke von einer >verkauften Kindheit<.

Schon eine alte chinesische Weisheit lautet: „Das Gras wächst nicht schneller, indem man daran zieht.“

Warum eine Bildung aus I. Hand auf der Grundlage non-formaler Bildungsgrundsätze gerechtfertigt und notwendig ist

Kinder sind von Anfang an von sich aus aktiv, wollen die Welt (in sich und um sich herum) entdecken, erkunden, begreifen und entwickeln sich in einer anregungsreichen Umgebung und einer beziehungsorientierten Pädagogik aus sich selbst heraus (vgl.: Haug-Schnabel, G. + Bensel, J., 2017). Sie sind dabei von einer großen Neugierde getrieben, ihr eigenes Leben aufzubauen und zu verstehen sowie ihre individuelle, unverwechselbare Existenz in eine Beziehung zu ihrem erlebten Umfeld zu setzen. Dabei wählen sie selbst aufgrund ihrer biographischen Eindrücke und entwicklungspsychologisch geprägten Merkmale in selektiver Form aus, was ihnen bedeutsam und wichtig erscheint, um sich den intrinsisch vorhandenen Wahrnehmungsschwerpunkten zuzuwenden. Alle Bildungsprozesse ergeben sich aus sinnstiftenden Fragen, die sich das Kind immer wieder stellt: wer bin ich, waskann ich, was habe ich an Gestaltungsmöglichkeiten, zu wem gehöre ich, wer sinddie anderen und was passiert gerade jetzt um mich herum? Insofern geschieht Bildung in aktiv beteiligten und bindungsorientierten Interaktions- und Kommunikationsprozessen!

Ein ‚hirngerechtes Lernen’ vollzieht sich im Kind dann, wenn

  • das Kind ein annehmbares Selbsterleben und gleichzeitig eine annehmbare Akzeptanz des Themas/ der Gegebenheit/ der Herausforderung in sich spürt;
  • in dem Kind – ausgelöst durch das Thema/ die Herausforderung/ die Gegebenheit – Erlebnisse, Ereignisse oder Erfahrungen aus der eigenen Lebenswelt wachgerufen werden;
  • im Kind eine emotional bedeutsame, persönliche Beziehung zu dem aktuellen Thema besteht, damit eine ‚neuronale Vernetzung’ geschehen kann;
  • die Entwicklungsatmosphäre, in dem sich das Kind befindet, motivierend ist. Andernfalls tritt bei einer Divergenz nach ca. 4-8 Minuten Langeweile im Kind auf, verbunden mit der Folge, dass es sich Ablenkungsmöglichkeiten sucht – vielfach in der Form, Stress durch Bewegung abzubauen. (vgl. Carter, R., 2009)

Lernangebote, die diese Voraussetzungen nicht erfüllen, sorgen für ein ‚unnatürliches Lernen’ und schaffen eine ‚Unordnung“ im Gehirn’, entsprechend der neurobiologischen Gesetzmäßigkeit: Use it or loose it! (vgl. Markova, D., 2005; Jackel, B., 2008).

Die intraindividuelle Individualität des Kindes, die es aus wissenschaftlicher Sicht verbietet, von einem >idealtypischen Durchschnittskind< zu sprechen, sorgt dabei stets für einen ganz persönlichen Entwicklungsverlauf, der je nach Sättigung der unterschiedlichen seelisch-sozialen und körperlichen Grundbedürfnisse einen aktiv gestalteten Entwicklungsverlauf nimmt (Krenz, A., 2019). In dem Maße, in dem nun dem Kind seine Selbstaktivität sowie seine subjektiv geprägte Wahrnehmungsorientierung genommen wird, kommt es immer stärker zu einer Einschränkung und zum Abbau seiner Selbstbildungskräfte, was wiederum für eine nachhaltige Bildungsentwicklung kontraproduktiv ist. Janusz Korczak, der große Arztpädagoge, trat stets für die „Rechte des Kindes“ ein und kam in diesem Zusammenhang zu folgendem Schluss: >Ein Kind ist kein Lotterielos, um den ersten Preis zu gewinnen< (In: Schönefeld, A., Berlin 2013).

Bildung ist Persönlichkeitsbildung

1996 hat die Europäische Union im >Amsterdamer Vertrag< den Richtwert einer nachhaltigen Bildung beschlossen und 2001 hat der Europarat in Göteborg ein langfristiges Nachhaltigkeitskonzept verabschiedet. Im so genannten „Delors-Bericht“ (1997) ist Bildung als der Kern der Persönlichkeitsentwicklung und der Gemeinschaft hervorgehoben, deren Aufgabe es ist, jeden Menschen – ohne Ausnahme – in die Lage zu versetzen, dass er all seine Talente zur vollen Entwicklung bringen und sein kreatives Potenzial, einschließlich der Verantwortung für das eigene Leben und der Erreichung persönlicher Ziele, ausschöpfen kann.

Hier geht es nicht primär um eine „kognitiven Förderung“ sondern eine im Vordergrund sozial-emotionale stabile Handlungskompetenz. Nachhaltige Bildung drückt sich beispielsweise in den personalen Kompetenzen aus, im Sinne einer lebenslangen Lernfreude sein Wissen ständig erweitern zu wollen, die eigene Handlungskompetenz auszubauen (statt über Ungerechtigkeiten oder Konflikte zu klagen), Verständnis für andere Menschen/ Kulturen und deren Geschichte, Interkulturalität, den Wert einer inklusiven Gesellschaft aufzubringen, mit einem guten Urteilsvermögen, einer hohen Eigenständigkeit und sozialen Verantwortung das Leben aktiv zu gestalten, Solidarität zu zeigen, Empathie und Partizipationswünsche zu entwickeln, Selbstbildungsarbeit auf sich zu nehmen, eine allsinnige Weltwahrnehmung an den Tag zu legen, Lernangelegenheiten und Lernherausforderungen anzunehmen sowie Vernetzungen aus unterschiedlichen Beobachtungen/ Ereignissen herzustellen, um folgerichtige Entscheidungen zu treffen, aus Fehlern zu lernen und bei Problemlagen nach Lösungen zu suchen.

Dies alles fußt auf der Ausgangssituation entwicklungspsychologischer Gesetzmäßigkeiten, die zugleich ein Beleg für eine nonformale Bildungsarbeit sind:

  • Jedes Kind ist aktiv und entwickelt sich aus einem achtsamen Dialog aus sich selbst heraus.
  • Das Kind ist einerseits von Neugierde geprägt und gleichzeitig subjektiv selektiv, indem es für sich Bedeutsamkeiten erkennt und aufgreift sowie unbedeutsame Signale unberücksichtigt lässt.
  • Jedes Kind selbst bestimmt – wie auch seine Umwelt – den Entwicklungsverlauf stets aktiv mit.
  • Da es kein ‚idealtypisches Durchschnittskind’ gibt, muss die Tatsache in der kindlichen Entwicklungsbegleitung zur Kenntnis genommen werden, dass jedes Kind eine intraindivuelle Individualität besitzt.
  • Ebenso ist bei Kindern gleichen Alters kein Entwicklungsmerkmal gleich ausgeprägt, so dass eine interindividuelle Individualität vorliegt.  

Diese >elementare Bildung< ist daher von grundlegender Bedeutung für die weitere Lebensgestaltung eines jeden Menschen. Dabei haben entwicklungsbegleitende Erwachsene für eine lernunterstützende, möglichst individualisierte „Bildungsatmosphäre“ zu sorgen. Bildung hat im originären Sinne nichts mit einem „schulischen“ Lernen zu tun und noch weniger mit einem „vorschulorientierten“ Arbeiten (= Bildung aus II. Hand).

Bildung orientiert sich nicht auf einen Wissenswettbewerb mit Siegern und Verlierern sondern auf Werteentwicklungen, Zeitlosigkeit, die Schönheit der Kunst, die Kraft der Musik und die Besonderheit einer sorgfältig gepflegten Sprache. Bildung kennt keine Hektik, sondern schätzt gelebte Zeiten, Ruhe und Muße. Sie lässt sich nicht nach „Nutzen“ zweckentfremden, sondern schenkt gerade den Kindern eine große Gedanken-, Handlungs- und Selbstentfaltungsfreiheit, um Widersprüche zu entdecken, fantasievoll zu denken, kreativ zu handeln, Gefühle zu erleben/ ausdrücken zu können und dadurch immer wieder die Möglichkeit zu bekommen, sich selbst immer besser kennenzulernen und sich selbstexplorativ zu stabilisieren (= Bildung aus I. Hand). Kinder brauchen statt einer Beschleunigung ihrer Kindheit eine Entschleunigung ihres Alltagserlebens. 

Die HALTUNG gestaltet eine kindorientierte Pädagogik

Empfehlungen für eine nachhaltige Bildung

In den Jahren 2010/ 2011 wurde der Entwurf „Mehr Chancen für Bildung von Anfang an – Grundsätze zur Bildungsförderung für Kinder von 0 bis 10 Jahren in Kindertageseinrichtungen und Schulen im Primarbereich“ im Bundesland Nordrhein-Westfalen – unter wissenschaftlicher Begleitung der Hochschulen Niederrhein in Mönchengladbach und der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster – in ausgewählten Forschungsnetzwerken begleitet. Daraus entstand eine – unter Einbeziehung weiterer Ausgangssituationen – eine überarbeitete Fassung für den Elementar- und Primarbereich, die im Jahre 2016 in Form der >Bildungsgrundsätze für Kinder von 0 bis 10 Jahren< publiziert wurde und als Orientierungsgrundlage für die Praxis dienlich sein soll. Auch wenn sich die Grundsätze in Deutschland auf das Bundesland NRW beziehen, sollen sie an dieser Stelle als Basisaussagen für eine Gesamtbetrachtung zu Grunde gelegt werden.

Das KIND ist Ausgangspunkt der Entwicklungsarbeit

Wenn im Aufgabenfeld der „Bildung, Erziehung und Betreuung“ lt. den Bildungsgrundsätzen (=BG) zunächst „das Kind in der Entwicklung seiner Persönlichkeit individuell, ganzheitlich und ressourcenorientiert herauszufordern und zu fördern ist“ (S. 9). So wird an dieser Stelle von dem individuellen Subjekt Kind (nicht den Kindern) ausgegangen, das in seiner Persönlichkeit (nicht im Sinne eines Leistungsträgers) – ausgehend von der Reformpädagogik – nicht a priori teilisoliert im kognitiv-intellektuellen Bereich gefördert wird, sondern es gleichzeitig (in derselben Tätigkeit) auch affektiv-emotional, sinnlich und motorisch ( = ganzheitlich) beteiligt ist. Und dies auf der Grundlage seiner individuell vorhandenen Stärken – ganz im Gegensatz zu einer Sichtweise, nach einer Defizit-/ Fehlerfindung die Schwächen zum Arbeitsschwerpunkt zu erklären.

So fordern die BG ein radikales Umdenken, ein Lösen vom traditionell geprägten Bild eines Kindes, an seinen „Schwächen zu arbeiten“. Zwei Fragen an die Praxis: Sind Beobachtungen des Kindes/„Angebote“ im pädagogischen Alltag an Stärken oder Schwächen orientiert? Und: sind die Alltagsaktivitäten, in denen den Kindern gleichzeitig(!) sinnliche, affektiv-emotionale, motorisch aktive und kognitiv-intellektuelle Ausdrucks- und Erfahrungen ermöglicht und diese unterstützt werden, tatsächlich ganzheitlich ausgerichtet? (Krenz, A., 2019)

Das KIND braucht Mitgestaltungs- und Freiräume

In vielen Kindergärten gibt es wie zuvor beschrieben „Programme“ , mit denen die Fachkräfte den Tagesablauf vorstrukturieren, weil es ihren Vorstellungen nahekommt, zu wissen, was Kinder brauchen und was sie in der „Bildungszeit“ >lernen< sollen. Demgegenüber verlangen die BG ein vollkommen anderes Verständnis! So heißt es beispielsweise: „Bildungsprozesse entstehen auf der Grundlage von Selbstbildungspotenzialen /…/, in interaktiven Beziehungen und Situationen“, im „sozialen Austausch“ und in „konkreten Lebenssituationen“. (S. 11) / Nachhaltige „Erfahrungen „brauchen einen realen Lebensbezug.“ (S.28) (Anmerkung: Künstlich hergestellte und initiierte Erwachsenenaktivitäten sind wahrlich keine >konkreten Lebenssituationen<!)   „Hierfür brauchen Kinder Freiräume zum selbstständigen Gestalten, vielfältige Gelegenheiten, ihre Interessen, Sichtweisen und Bedürfnisse auszudrücken …“ (S. 13) „Das Kind wählt aus, was für seine momentane Lebenssituation von Bedeutung ist. Und welcher Zeitpunkt und welche Zeitspanne angemessen sind, um sich die Welt spielerisch und lernend zu erarbeiten. Das >Aneignen von Welt< ist eine Aktivität der Kinder, die niemand für sie übernehmen kann“ (S. 16) Zwei Fragen an die Praxis: Werden tatsächliche, konkrete Lebenssituationen zum Handlungsausgangspunkt der Tagesabläufe erklärt? Und: Hat jedes Kind die Möglichkeit einer Auswahl und einer Mitbestimmung des zeitlichen Umfanges  o d e r  werden die Kinder den zeitlich festgelegten Programmen zugeordnet, ggf. sogar diszipliniert, um konzentriert am Fremdprogramm mitzuarbeiten? Zumal aus der Bildungsforschung u.a. seit langem Folgendes bekannt ist: „Kinder bilden sich nicht, indem sie fertiges Wissen und Können lediglich von anderen übernehmen…“/ Die individuellen Entwicklungsvoraussetzungen des Kindes stehen dabei (Anmerkung: gemeint ist die Selbstbildung) immer im Zentrum dieses Prozesses.“ (S.17)

Kindern steht eine BEGLEITUNG zu – kein vorgegebener Dirigismus

Zum Bildungsverständnis selbst heißt es in den BG u.a.: „Das Wissen über die Stärken, Interessen und Bedürfnisse eines Kindes sowie seine Perspektive sind Ausgangspunkt für Bildungsprozesse. Sie sind ganzheitlich angelegt“…, wobei das Kind „vor allem unterstützend handelnde Bezugspersonen“ benötigt. „Kontinuierliche, wertschätzende Beziehungen im Kindesalter, die Erfahrung von Autonomie und Sicherheit, Trost und Selbstwirksamkeit ermöglichen dem Kind, später selbst verlässliche und emotional offene Beziehungen einzugehen und wirken sich positiv auf den gesamten Bildungs- und Entwicklungsprozess des Kindes aus.“ (S. 18).

Bildung wird in den BG als ein sozialer Prozess – und damit nicht als eine Ansammlung/ Darbietung von Bildungsangeboten verstanden. Wobei es stets einer „einfühlsamen Begleitung“ bedarf (S. 19), zumal „Bildung und Bindung untrennbar miteinander verbunden sind.“ (S. 24). So geht es darum, „ individuelle Wege und Tempi zuzulassen als auch einen gezielten Beitrag zur individuellen Förderung zu ermöglichen.“ (S. 21) Wiederum stellen sich zwei weitere Fragen für die Praxis: Wie ist es möglich, diese Forderungen in fertig vorformulierten und standardisierten Angebotspaketen umzusetzen? Und: Sieht es in der Praxis nicht häufig so aus, dass es zu einer Umkehrung kommt, dass nämlich die KINDER zu Begleitobjekten der Programme und ihrer Angebotspersonen degradiert werden?

Bewegung gehört zum Lernen wie Sprache in Alltagskommunikation

„Bewegung fördert die körperliche, aber auch die kognitive Entwicklung.“ (S.78) Gleichzeitig existiert ein unauflöslicher „Zusammenhang zwischen Motorik und Sprache“ (S.78) Damit ist weder eine ‚Bewegungsbaustelle’ noch ein ‚Bewegungsraum’ gemeint. Vielmehr geht es um eine alltagsintegrierte Bewegungsvielfalt in allen Lern- und Sinnzusammenhängen. Gleiches gilt für die Sprachentwicklung. In den BG wird die Neuausrichtung, nämlich eine alltagsintegrierte Sprachbildung aufgenommen. So heißt es im Bildungsbereich „Sprache und Kommunikation klipp und klar: „Kinder entwickeln Freude an Sprache und Sprechen, wenn ihre sprachlichen Handlungen in sinnvolle Zusammenhänge gestellt sind und die Themen ihre eigenen Interessen berühren.“ (S. 92) So stellt sich erneut die Frage, warum dann viele „Sprachbildungsprogramme“ in der Elementarpädagogik Einzug gehalten haben/ halten und weiterhin von vielen Fachkräften vehement verteidigt werden, obgleich eine alltagsintegrierte, entwicklungsförderlich gestaltete Kommunikation eine große Nachhaltigkeit mit sich bringt und in vielfältigen Untersuchungen bewiesen hat?  

Das SPIEL als zentraler Ausgangspunkt für alle Bildungsprozesse

Ein Blick in die häufig zu beobachtende Alltagspraxis elementarpädagogischer Einrichtungen lässt den Rückschluss zu, dass das ausgiebige und intensive Spiel des Kindes zur Randerscheinung erklärt wird, in den Hintergrund gedrückt und zusätzlich mit Lernzielen funktionalisiert wird. Dabei wird schnell vergessen, dass „nur die Handlung, in der die Spielabsichten und Ziele des Kindes verwirklicht werden, wesentlich ist – und nicht das Ergebnis.“ /…/ Das Spiel „ist ein ganzheitliches Lernen, weil es die Entfaltung der Persönlichkeit des Kindes und seinen gesamten Entwicklungs– und Lernprozess fordert und fördert. Spielen und Lernen sind deshalb keine Gegensätze /…/“ (S. 22).

Vieles wird in der Elementarpädagogik als Spiel „verkauft“ – doch bei genauerer Betrachtung sind es allzu häufig funktionsorientierte Lernspieleinheiten und haben im ursächlichen Sinne nichts mit dem freien Kinderspiel zu tun. „Bildungsprozesse, die dem Spiel zugrunde liegen, gehen immer von der Eigenaktivität des Kindes aus (nicht damit gemeint sind von Erwachsenen angebotene Formen des Spiels zur Vermittlung von Inhalten.“ (S.22).

Immer wieder wird die zentrale Aussage zum hohen Bedeutungswert des Spiels vergessen: „Das Spiel ist die wichtigste Form des selbstbestimmten, lustbetonten Lernens in der elementaren Bildung.“, wobei die Raumgestaltung den Bewegungsdrang von Kindern berücksichtigen muss /…/“ (S. 22). Konsequenterweise braucht das Kind die Möglichkeit, „sein Spiel und seine Spielformen selbst zu gestalten, über seinen Spielort, sein Spielthema und den Spielinhalt sowie Spielmaterialen selbst zu entscheiden, seine Spielpartner selbst zu wählen und dabei ausreichend Zeit für ‚Freies Spiel’ zur Verfügung haben.“ (S. 23) Zwei Fragen sind aufgrund der vorherigen Aussagen angezeigt: wird das kindliche Spiel tatsächlich in den Kindertageseinrichtungen in dieser hohen Wertigkeit eingeschätzt und damit zum größten, umfangreichsten Tagesausgangspunkt erklärt? Und: Sind KINDER tatsächlich die Spielakteure, die Ort, Zeit, Inhalte, Materialien, Form, Mitspieler/innen auswählen können?

Die in den BG genannten zehn Bildungsbereiche lassen sich „lediglich gedanklich voneinander abgrenzen

/…/ Kinder suchen sich Bildungsgegenstände nicht entlang eines Kategoriensystems aus.“ (S. 74) Das heißt: In der Elementarpädagogik darf es keinen „Stundenplan“ geben, weil Kinder so nicht lernen. Ebenso wenig darf es voneinander abgegrenzte Bildungsbereiche/ -angebote geben, weil ein solches Vorgehen neuropsychologischen und selbstbildungsorientierten, wissenschaftlichen Erkenntnissen diametral widerspricht. Gleichzeitig dienen die Bildungsbereichsangaben als Anregungen und „sind als Impulse zu verstehen, (um) die eigene Arbeit zu reflektieren, das eigene Repertoire zu überprüfen und ggf. zu erweitern oder zu modifizieren.“ (S. 75) Das heißt: Die BG verlangen weder ein Abarbeiten der genannten Möglichkeiten noch dienen sie einer vorgegebenen Arbeitsverpflichtung! Es sind >Leitideen<, nicht mehr und nicht weniger. Die vielgehörte Aussage: „Wir müssen doch aber entsprechend den Bildungsbereichen …“ ist an keiner Stelle in den BG und damit in keiner Form begründet/ zutreffend.   

Kindorientierte Schlussfolgerungen:

Die in den BG deutlich genannten und grundlegend erläuterten Kernaussagen verlangen eine inhaltliche Auseinandersetzung mit sich selbst und im Kollegium: wahrnehmungsbereit und zugleich inhaltsoffen für eine neue (im Grunde ist es eine schon seit langem bestehende und notwendige) Betrachtungsweise der Elementarpädagogik. Für manche Einrichtungen ist es eine Kehrtwende zur gegenwärtig realisierten Praxis. Für andere wiederum eine Bestätigung ihrer Sichtweisen. Entscheidend ist die Haltung, Einstellung, Sichtweise – das Selbstverständnis, das Kindheitspädagog:innen von sich selbst, ihrer Arbeit und ihrem Berufsverständnis haben. Die BG beinhalten eine fachwissenschaftlich abgesicherte Basis. Doch solange diese nicht aufgenommen und verstanden wird, bleiben auch die BG eine wertlose Makulatur, was für die Kinder und den Eigenwert der Elementarpädagogik dramatisch wäre.  

Konsequenzen für eine nachhaltige „Bildungsarbeit aus I. Hand“ 

Um aus dem Dilemma einer zunehmend verplanten >Bildungskindheit< und einer dogmatisierten Elementarpädagogik herauszukommen, bedarf es eines radikalen Perspektivwechsels, um Kindern eine „Bildung aus erster Hand“ (Prof. Dr. Gerd Schäfer, 2014) auf der Grundlage eines non-formalen Bildungsverständnisseszu gewährleisten:

  1. Kindheitspädagog:innen brauchen (a) ein ganz spezifisches, aktuelles Wissen über das Bindungs– und Lernverhalten sowie die Entwicklungsvorgänge des Kindes in den ersten Lebensjahren, (b) die Bereitschaft sowie die innere Motivation, ihre Arbeit, ihr elementarpädagogisches Verständnis selbstkritisch zu betrachten, um sich ggf. von unwirksamen Traditionen, starren Normvorstellungen und sinnentleerten Förderprogrammen zu lösen und (c) den Mut, wissenschaftlich fundierte Aussagen zur „Bildungsarbeit“ anzunehmen, im Kollegium, vor den Eltern, dem Träger und auch den Fachberater/innen begründet zu vertreten, um sich von unberechtigten, alltagsgesteuerten Erwartungen abzugrenzen.
  2. Erwachsene (Kindheitspädagog:innen & Eltern) müssen sich von dem derzeit weit verbreiteten Bild verabschieden, Kinder seien schon in den ersten Lebensjahren zu einem „Schulkind“ bzw. möglichst gut entwickelten „Jungerwachsenen“ zu perfektionieren, wodurch zukunftsorientierte Erwartungen an Kinder zur Gegenwart erklärt werden;
  3. Erwachsene müssen die frühen Lebensjahre von Kindern als einen eigenständigen Entwicklungszeitraum einer „Kindheit“ begreifen, der durch entwicklungspsychologische Besonderheiten gekennzeichnet ist und darauf entsprechend die gesamte Arbeit abstimmt werden muss;
  4. Kinder brauchen eine Lernumgebung im Innen- und Außenbereich, in der sie handgreiflich, unmittelbar, aktiv, mit allen Sinnen, innerlich beteiligt und engagiert Erfahrungen machen können, die ihnen helfen, das Leben selbstständig, unabhängig und sozial beteiligt zu spüren und selbstaktiv zu gestalten. Gleichzeitig muss dabei dem Spiel ein entsprechend großer Raum zugestanden werden.
  5. Kinder brauchen keine künstlichen, von Erwachsenen arrangierte Welten, die sie „bespaßen“ bzw. „belehren“ und von ihren ureigenen intrinsischen Handlungsinteressen immer weiter wegführen.
  6. Erwachsene müssen Kindern vielfältige, alltagsbedeutsame Herausforderungen zutrauen, die Kinder mit Mut und Engagement, Lebendigkeit und Stolz, Risikobereitschaften und Leistungserlebnissen ausfüllen können. Dazu ist eine risikobereite Einstellung der Fachkräfte ebenso notwendig wie eine Umgebung (innerhalb und außerhalb der Kindertagesstätte), in der viele unsinnige und überflüssige „Sicherheitsvorschriften“ außer Kraft gesetzt werden müssen.
  7. Träger und Gesetzgeber sind in dem Zusammenhang aufgefordert, entsprechende Sicherheitsvorschriften und Richtlinien zu entkernen, um den Kindern und zugleich den elementarpädagogischen Fachkräften wieder die Freiheit zu schenken, die für ein entdeckendes Erfahrungslernen unumgänglich ist.
  8. Erwachsene müssen mit Kindern leben, mit Kindern fühlen, mit ihnen planen, mit ihnen spielen und mit ihnen die Welt entdecken (und nicht „am Kind“ bzw. „für das Kind“ planen, Vorhaben vorstrukturieren, Vorgedachtes anbieten). Sie müssen Kinder zu allen Zeiten ernst nehmen und die ‚Dinge der Welt’ aus deren Sicht auch verstehen zu wollen.
  9. Erwachsene müssen sich der Perspektive der Kinder zuwenden und damit aufhören, Kinder in die Perspektive der Erwachsenen zu zerren. Dabei geht es auch darum, auf die verbalen und nonverbalen Aussagen/ Signale und damit die Befindlichkeit der Kinder einzugehen, um mit Kindern im Dialog zu stehen.
  10. Kinder brauchen weniger eine didaktische Vielfalt an Programmen als vielmehr feste Bezugspersonen, die sich selbst als entscheidenden didaktischen Mittelpunkt begreifen; sie brauchen zuverlässige Bindungserfahrungen und damit engagierte, lebendige, staunende, mitfühlende, wissende, handlungsaktive, mutige, risikobereite, zuverlässige Menschen um sich herum und keine besserwissenden Rollenträger(innen), die immer noch meinen, Belehrungen der Kinder mache Kinder klug.
  11. Kindheitspädagog:innen müssen sich als Bildungsvorbilder verstehen, weil es die Facetten ihrer eigenen Sprache, ihr Sprechen, ihre vielfältigen Interessensschwerpunkte, ihre unersättliche Neugierde, ihre vielen Lebens- und Umfeldfragen, ihre unterschiedlichsten Aktivitäten, ihre Gefühlskompetenzen, ihr eigener Forscherdrang, ihre ausgeprägte Lernfreude und ihre hohe Motivation zum Beruf sind, die Kinder fasziniert und die Kinder sich zu ihnen regelrecht hingezogen fühlen.
  12. Bildungsarbeit ergibt sich aus den Lebensthemen der Kinder und dabei ist es die Aufgabe der Fachkräfte, das sich bildende Kind zu begleiten.
  13. Weil Kinder ihr Leben und ihr Umfeld ganzheitlich verstehen, müssen alle Lernerfahrungen für Kinder auch sinnlich und entwicklungsvernetzt möglich sein.
  14. Die Bildungspolitik aller Länder muss dafür Sorge tragen, dass in der Elementarpädagogik eine non-formale Bildungsarbeit verbindlich wird und in der entsprechenden Form umgesetzt wird. So wie es das Land Luxembourg durch den „Nationalen Rahmenplan zur non-formalen Bildung im Kindes- und Jugendalter“ modellhaft für Europa umgesetzt hat, in dem die wesentlichen Elemente einer kindorientierten Elementarpädagogik in den Mittelpunkt gerückt werden (Stichworte: Situations-, Handlungs- und Partizipationsorientierung, Orientierung an Ganzheitlichkeit, Selbstorganisation, Kooperation; Kindergartenpädagogik respektiert den geschützten Raum der Kindheit; Schaffung eines Bezugs zur realen Lebenswelt; Einbettung der Sprachförderung in die Lebenswelt des Kindes; Schutz vor einer Überfrachtung mit den von Erwachsenen verantworteten Problemen nicht-nachhaltiger Entwicklungen).

Kinder leben durch Erlebnisse und lernen aus bedeutsamen Erfahrungen, die >unter die Haut gehen<

Sie lernen nicht durch ein vorgesetztes Kopfkino, das mehr und mehr einem Stopfkopf gleichkommt. Erinnert sei in dem Zusammenhang an Maria Montessori, die die Forderung aufstellte: „Die Aufgabe der Umgebung ist es nicht, das Kind zu formen, sondern ihm zu erlauben, sich zu offenbaren.“ Damit ist per se eine Aufteilung der Bildungskompetenzen und Bildungsfelder/-fächer – wie in vielen Bildungs- und Orientierungsrichtlinien dargestellt und ausgeführt sowie in vielen Einrichtungen „stundenplanmäßig“ angeboten und abgearbeitet- unzulässig und für eine bindungsorientierte Selbstbildungspraxis ausgeschlossen.

Grundsatzgedanken zur Bedeutung der Persönlichkeit von Kindheitspädagog:innen für entwicklungsförderliche Selbstbildungsprozesse bei Kindern

Max Frisch hat sich in seinen vielen Schriften immer mit der Frage nach der IDENTITÄT des Menschen und dem Umgang mit seiner Welt auseinandergesetzt. In seinem ersten Tagebuch (1946-1949) schrieb er unter anderem:

„Auch wir sind die Verfasser der anderen; wir sind auf eine heimliche und unentrinnbare Weise verantwortlich für das Gesicht, das sie uns zeigen, verantwortlich nicht für ihre Anlage, aber für die Ausschöpfung dieser Anlage.“

Dieser Satz trifft mit seiner Bedeutung genau in die hohe Verantwortung einer entwicklungsförderlich-begleitenden Tätigkeit. Gleich den Verfassern von Büchern, Fachartikeln und Konzeptionen, die ihre Gedanken ‚schwarz auf weiß’ zu Papier bringen, sind es auch Kindheitspädagog:innen, die mit ihrer Persönlichkeit, ihrem persönlichen sowie beruflichen Selbstverständnis und ihrer besonderen Arbeitsweise eine prägende (Aus)Wirkung auf Kinder haben – neben den Einflüssen der Elternhäuser.

Auch Kindheitspädagog:innen wirken ­heimlich und unentrinnbar – entsprechend dem Watzlawick-Axiom, das sich der Mensch nicht nicht verhalten kann, bringen sie doc ständig ihren Einfluss körpersprachlich, handlungstätig und verbal ins Interaktionsgeschehen mit Kindern ein – wirkend und ständig Einfluss nehmend! Und damit zeigen Kinder ihre Verhaltensweisen auch (und immer) als eine Reaktion auf das subjektive Erleben der (elementar)pädagogischen Kräfte. Insoweit überrascht es nicht, wenn der bekannte Psychoanalytiker Carl Gustav Jung einmal u.a. auch diese zwei Aussagen getroffen hat: „Wenn wir bei einem Kind etwas ändern wollen, sollten wir zuerst prüfen, ob es sich nicht um etwas handelt, das wir an uns selbst ändern müssen.“ (Zitate EU, 28415). Und:

„Alles, was uns an anderen missfällt, kann uns zu besserer Selbsterkenntnis führen.“ (Zitate EU, 734)

Zwei Sätze, die von hoher Aussagekraft sind und dennoch häufig außer Acht gelassen werden. So sind es pädagogische Fachkräfte durch ihre (geschichtlich zurückliegende und darin begründete) Profession gewohnt, Entwicklungsziele für Kinder zu formulieren: Sie versuchen immer wieder dafür zu sorgen, dass sich Kinder auf unterschiedlichste Herausforderungen einlassen, Wesentliches von Unwesentlichem unterscheiden lernen, sich selbst und ihre Handlungstätigkeiten genau anschauen, Fragen stellen und Hypothesen bilden, Theorien entwerfen und diese handlungsorientiert überprüfen, ihre Handlungen durch Versuch und Irrtum immer wieder neu einrichten und gestalten, an neuen Erkenntnissen arbeiten und Erfolge erringen, unbrauchbare Strategien verwerfen und expansiv die Herausforderungen der Zeit und der Welt aufgreifen.

Bindung als Voraussetzung für Bildung

Elementarpädagogische Bildungsarbeit vollzieht sich nur in Form eines sehr engen Bindungsgeschehens zwischen Menschen! Bildungsarbeit ist Bindungserleben, getragen von Nähe, Aufmerksamkeit, Zuneigung, Interesse, Staunen, Neugierde und Zutrauen. Virginia Satir, die große Familientherapeutin, sagte einmal: 

„Ich glaube daran, dass das größte Geschenk, das ich von jemandem empfangen kann, ist, gesehen, gehört, verstanden und berührt zu werden! Das größte Geschenk, das ich geben kann, ist, den anderen zu sehen, zu hören, zu verstehen und zu berühren. Wenn dies geschieht, entsteht Kontakt.“ (https://1000-zitate.de/autor/Virginia+Satir/) Dabei ist es immer wieder der zwischenmenschliche Kontakt, der Kinder, Jugendliche und Erwachsene motiviert, Kontakt zu sich selbst herzustellen. Wenn dies gelingt, ist der erste Schritt zur Selbstbildung getan.

Bildungsziel: Entdeckung der Lebensfreude und Lebenskunst

Wilhelm Schmid, der als Privatdozent an der Universität Erfurt lehrt, schreibt: „/…/ Ein früher Akt der Sorge ist der erste Schrei, eine erste Selbstbehauptung, aber das Kind bleibt noch abhängig von der Fürsorge anderer, ohne die es nicht leben könnte. /…/ Wie immer der Weg der Kindheit und des Heranwachsenden verläuft, es geht darum, den Umgang mit sich selbst zu erlernen und zur Sorge für sich selbst in der Lage zu sein, soll das eigene Lernen nicht von anderen abhängig bleiben. Nur über die Selbstsorge wird das Leben zu einem eigenen, und nur dort, wo es Selbstaneignung gibt, kann es Selbstverantwortung geben. Sich um sich zu kümmern und doch nicht die Unbekümmertheit dabei zu verlieren – das stellt das dynamische Zentrum der kindlichen Lebenskunst dar…“ (2003, S. 40) Wenn der Frage nachgegangen wird, was mit dem Begriff einer >dynamischen Lebenskunst< gemeint sein kann, so ergeben sich u.a. folgende Antworten:

  • gegenwärtige, positive Erlebnisse in all’ ihrer Vielschichtigkeit genießen zu können;
  • immer wieder über eigene Entwicklungen und Stärken staunen zu können;
  • mit Offenheit, Interesse und Neugierde die Herausforderungen des Alltags suchen und sich ihnen mit Engagement zu stellen;
  • alte, Lebens einengende Fühl-, Denk- und Handlungsmuster zu erkennen und sich von diesen lösen zu können;
  • Zusammenhänge von Ereignissen erkennen und herstellen zu können, um aus der Erkenntnis heraus neue Handlungsstrategien zur Lösung von Problemen zu entdecken;
  • neue, unbekannte Spielräume im Rahmen eigener Verhaltensvielfalten zu entwickeln;
  • alte, bis weit in die Vergangenheit zurückliegende Geschichten“ zu klären, um aus belastenden Verstrickungen herauszufinden;
  • in möglichst vielen bedeutsamen Situationen identisch mit sich umgehen zu können und sich selbst zu sagen: „Wie schön, dass ich geboren bin, dem Leben schenk’ ich einen Sinn.“

Die Macht der Gefühle

Über viele Jahrhunderte sahen Wissenschaftler/innen aus unterschiedlichen Fachdisziplinen (auch der Psychologie) ebenso wie Laien die ‚Rationalität und Intelligenz des Menschen’ als die ‚Perle der Schöpfung’ an. Das hat sich inzwischen durch vielfältige Untersuchungen relativiert, ist doch demgegenüber bekannt, dass stets vor allen kognitiven Prozessen und Handlungsimpulsen die Emotionen die entscheidenden Impulse dafür geben, in welche Richtung gedacht und wie gehandelt wird. Es ist die „Macht der Gefühle“ (Ochmann, 2003; vgl. LeDoux, 2001), die unser Leben steuert und inzwischen haben führende Hirnspezialisten den Beweis dafür vorgelegt, wie Emotionen das gesamte Leben bestimmen.

Dabei sei vor allem auf den in Iowa City lehrenden Professor für Neurowissenschaften, Antonio Damasio, den in New York lehrenden Joseph LeDoux, der einer der wichtigsten Erforscher der Amygdala (= des evolutionsgeschichtlich uralten Hirnteils, der einen zentralen Einfluss auf das Gefühlsleben des Menschen hat) ist und einen der führenden deutschen Hirnforscher, Gerhard Roth, hingewiesen Roth et al, 2018, 2020, 2021) .

Bindungen provozieren Bildungs- und Entwicklungswünsche

In Anbetracht dieser für die Pädagogik und Psychologie außergewöhnlich bedeutsamen Erkenntnisse sind die Ergebnisse der Bindungsforschung eng mit diesen vernetzt und besitzen für Kindheitspädagog:innen einen besonders hohen Bedeutungswert. Einfach ausgedrückt heißt das: eine liebevolle, vertrauensvolle und verlässliche Bindung, die Kinder in ihren ersten (und auch weiteren) Lebensjahren mit ihren Eltern sowie anderen Erwachsenen erfahren, ist die Grundlage die Entstehung der o.g. >Lebenskunst des Menschen< und gleichzeitig die Basis für ein tiefes Selbstvertrauen, Unabhängigkeit und Selbstständigkeit. Um mit den Worten der renommierten Erziehungsstilforscherin Diana Baumrind zu sprechen: „Kinder brauchen erst Wurzeln, dann Flügel“ (1995). Nur durch eine tief erlebte Geborgenheit und Annahme sind Kinder in der Lage, ihre ‚Lebenswurzeln’ in Form von Sicherheit und Lebensfreude zu entwickeln und gleichzeitig vor einer Reihe seelischer Irritationen und Lebens einschränkender Ängste geschützt. So vielfältig die Verhaltensirritationen bei Kinder und Jugendlichen ausgeprägt sind – vor allem Ängste, gewaltbereites Handeln, aggressives Verhalten, Anstrengungsvermeidungsverhalten, oppositionelles Widerstandsverhalten gegenüber Anforderungen oder eine generelle Antriebslosigkeit – , so deutlich haben unterschiedliche, epidemiologische Studien unter Beweis gestellt, dass diese und weitere problematischen Verhaltensweisen häufig direkt oder indirekt auf fehlende Bindungserfahrungen zurückgeführt werden können (vgl. Grossmann, K & Grossmann, K.E., 2004). So kommt immer wieder zum Ausdruck, dass eine als sicher erlebte Bindung ein wesentlicher Schutzfaktor gegen seelische Irritationen ist.

Bindungsverluste schwächen Körper, Geist und Seele

In der Bindungstheorie, die sich mit der emotionalen Entwicklung des Menschen und dabei insbesondere mit den emotionalen Folgewirkungen, die sich aus unbefriedigten Bindungserfahrungen ableiten lassen, beschäftigt, wird dabei grundsätzlich von drei Bindungsarten gesprochen. Zum einen geht es um die >sichere Bindung< – hier erleben Kinder und Jugendliche vor allem Verbundenheit, Nähe, Zärtlichkeit, Fürsorge und Schutz (vgl. Holmes, 2006). Bei der >unsicher-ambivalenten (=präokkupierten) Bindung< verspüren Kinder eine permanente Angst davor, dass sie verlassen werden (könnten). Diese Angst entsteht durch Erfahrungen, indem sich Bezugspersonen häufig ambivalent verhalten: zum einen zeigen sie von Zeit zu Zeit einfühlende Verhaltensweisen und zum anderen drücken sie auch stark ablehnende körpersprachliche und verbale Abwehr aus. Eine Auswirkung zeigt sich beispielsweise dadurch, wenn Kinder unbedingt auf den Arm genommen werden wollen und schon nach kürzester Zeit wieder auf den Boden gesetzt werden möchten. Oder das Klammern lässt sich in der Regel auf eine solche Bindungserfahrung zurückführen. Schließlich gibt es die >unsicher-vermeidende (=distanzierende) Bindung. Dabei verhalten sich die Kinder und Jugendlichen häufig verschlossen, zurückhaltend und abwartend und bringen oftmals ihre Verlassenheitsängste den Erwachsenen gegenüber nicht zum Ausdruck aus erneuter Angst, ein weiteres Mal ab- oder zurückgewiesen zu werden.

Grundannahmen und damit Ausgangspunkte für Bildungsprozesse

In der Bindungstheorie, die ein „umfassendes Konzept für die Persönlichkeitsentwicklung des Menschen als Folge seiner sozialen Erfahrungen“ darstellt (Ainsworth & Bowlby, 2003, in Grossmann, K. & Grossmann, K.E. 2004, S. 65), gibt es fünf Postulate (= Grundannahmen):

  1. Für die seelische Gesundheit des sich entwickelnden Kindes ist kontinuierliche und feinfühlige Fürsorge von herausragender Bedeutung.
  2. Es besteht die biologische Notwendigkeit, mindestens eine Bindung aufzubauen, deren Funktion es ist, Sicherheit zu geben und gegen Stress zu schützen. Eine Bindung wird zu einer erwachsenen Person aufgebaut, die als stärker und weiser empfunden wird, so dass sie Schutz und Versorgung gewährleisten kann. Das Verhaltenssystem, das der Bindung dient, existiert gleichrangig und nicht etwa nachgeordnet mit den Verhaltenssystemen, die der Ernährung, der Sexualität und der Aggression dienen.
  3. Eine Bindungsbeziehung unterscheidet sich von anderen Beziehungen darin, dass bei Angst das Bindungsverhaltenssystem aktiviert und die Nähe der Bindungsperson aufgesucht wird, wobei Erkundungsverhalten aufhört (das Explorationsverhaltenssystem wird deaktiviert). Andererseits hört bei Wohlbefinden die Aktivität des Bindungsverhaltenssystems auf und Erkundungen sowie Spiel setzen wieder ein.
  4. Individuelle Unterschiede in Qualitäten von Bindungen kann man an dem Ausmaß unterscheiden, in dem sie Sicherheit vermitteln.
  5. Mit Hilfe der kognitiven Psychologie erklärt die Bindungstheorie, wie früh erlebte Bindungserfahrungen geistig verarbeitet und zu inneren Modellvorstellungen (Arbeitsmodellen) von sich und anderen werden.)“

(Grossmann, K. & Grossmann, K.E., 2004, S. 67 f.)

Bindung kann durchaus als ein imaginäres Band verstanden werden, das zwei Personen verbindet und das dabei selbst in angenehmen Gefühlen verankert ist – als ein Erlebnis über einen längeren Zeitraum hinweg (vgl. Ainsworth, 1979). Da sich Bindung erst im Laufe des ersten Lebensjahres eines Kindes entwickelt (Ainsworth, 2003) werden Kinder im Laufe ihrer Entwicklung mehrere Bindungspartner suchen. Dabei nimmt gleichzeitig jedes Kind eine >innere Hierarchie der Bindungspersonen< vor, und je mehr sich ein Kind verlassen oder geängstigt fühlt, desto intensiver sucht es die a-priorierte Bindungsperson.

Sichere Bindungserfahrungen machen Kinder stabil und lernaktiv

Kennzeichen einer sicheren Bindung kommen vor allem dadurch zum Ausdruck, wenn Kinder

  • die Bindungsperson als einen ‚grundsätzlich sicheren Hafen’ erleben, den sie bei Verunsicherungen, Ängsten und Verlassenheitsgefühlen gerne, freiwillig und selbstmotiviert aufsuchen,
  • durch die Verhaltensweisen der Bindungspersonen Sicherheit und Hilfe erleben dürfen,
  • bei Sorgen, Kummer und Trennung die Nähe zu ihrer Bindungsperson suchen,
  • schon sehr früh durch intensive Bindungserfahrungen immer weniger auf Bindungserlebnisse angewiesen sind und sich mit einem Gefühl der inneren Grundsicherheit auf die „Erkundung der großen, weiten Welt“ einlassen und ihrem innewohnenden Forscherdrang nachgehen,
  • motiviert und freiwillig über ihre Gefühle berichten und dabei emotionale Belastungen ebenso „ungehemmt und unkontrolliert“ zum Ausdruck bringen wie Augenblicke der Freude und des tiefen Glücksempfindens.

„Im Grunde sind es immer die Verbindungen mit Menschen, die dem Leben seinen Wert geben“

(Wilhelm von Humboldt)

Bindungserfahrungen, so formuliert es Prof. Dr. Gerhard Suess so treffend, „bereiten die Bühne für die Erfahrungswelt /…/. Kinder werden durch die frühen Bindungserfahrungen gleichsam auf ein Gleis gestellt, von dessen Verlauf abhängig sie zunehmend unterschiedliche Erfahrungen sammeln. /…/ Neben einer den Bindungsbedürfnissen der Kinder angemessenen Gestaltung des Übergangs in den Kindergarten rückt vor allem die Rolle von Erzieher/innen in den Mittelpunkt unseres Interesses, die /…/ auf jeden Fall /…/zu wichtigen Beziehungspartnern zu Kindern werden. Auf sie werden Kinder ihr bisher entwickeltes Weltbild anwenden und dabei Gefühle und Reaktionstendenzen den Erzieher/innen auslösen, die wiederum dazu angelegt sind, die Weltbilder der Kinder zu bestätigen. Hier besteht die Gefahr, dass sich negative Auswirkungen hochunsicherer Bindungen im Alltag durchsetzen. Erzieher/innen sollten deshalb über diese Prozesse informiert sein, um schließlich ihre Gefühle und Reaktionstendenzen kritisch reflektieren und versuchen zu können, der Sogwirkung unsicherer Bindungen zu widerstehen.“ (2006, S. 2)

Kinder brauchen mehr und mehr Bindungserfahrungen

Wenn Bindungserfahrungen bei Kindern (und Jugendlichen) vor allem ein Gefühl der tiefen Geborgenheit auslösen und gleichzeitig eine Schutzfunktion gegen Über- und Unterforderungen, Kränkungen und Hoffnungslosigkeit, Verlassenheitsängsten und Ohnmachtsgefühlen bilden, dann kann auch die Ausgangsthese des schwedischen Kindergarten- und Schulcurriculums nur mit großer Zustimmung aufgenommen werden: „Bildung geschieht nur durch Bindung.“

Die pädagogische Praxis zeigt allerdings immer wieder und immer stärker, dass zwar den Ergebnissen der Bindungsforschung in Deutschland eine „durchaus hohe theoretische Bedeutung“ beigemessen wird, Bindungserfahrungen aber in der Praxis in der beschriebenen Ganzheit und in ihrer Ausprägungstiefe häufig nicht wirklich von Kindern erlebt werden. Das muss sich ändern, um gerade aus den PISA-Ergebnissen die vollständigen Konsequenzen abzuleiten und auch in der Elementarpädagogik zu berücksichtigen. Im Gegensatz dazu wird die aktuelle Bildungspädagogik völlig anders gestaltet: belehrend statt erfahrungsorientiert, hierarchisch vermittelnd statt gemeinsam erkundend und funktionalisiert statt alltagsorientiert. Kinder brauchen liebenswerte Mitforscher/innen, geduldige und staunende Mitspieler/innen sowie selbsterfahrungsorientierte Akteure, die mit ihnen den Geheimnissen der Welt auf die Spur kommen wollen.

Fazit:

Tanjev Schultz schrieb in der Süddeutschen Zeitung am 5. Februar 2008 – also schon vor 15 Jahren! –  einen vielbeachteten Artikel mit der Überschrift „Kinder als Stopfgänse“ und führte unter anderem Folgendes aus: „Das Stopfen von Gänsen ist in Deutschland verboten, weil es eine Quälerei ist. Es fügt den Tieren Prellungen zu, sie erleiden Knochenbrüche, Entzündungen und Organstörungen. Die Stopfleber ist das Produkt einer Pein. Genauso kann es Kindern ergehen, denen in großer Eile viel Stoff in die Köpfe gestopft wird.“

Eine elementare Bildung fragt zunächst danach, welche Lebensinteressen Kinder ausdrücken und sie sorgt dafür, dass Kinder auf gebildete Kindheitspädagog:innen treffen, die ihnen dabei behilflich sind, ihren eigenen Lebenswert zu erfassen, Lebensfreude (weiter) zu entwickeln und seelische/lernunterstützende Grundbedürfnisse befriedigt zu bekommen.

Das kann nur gelingen, wenn

  • sich Erwachsene von der Vorstellung, Kinder belehren zu müssen und Kindern >Wissen beizubringen<, radikal und konsequent verabschieden, um für eine alltagsorientierte, lebendige,lernunterstützende Bildungsatmosphäre zu sorgen. Bildung hat im originären Sinne nichts mit einem „schulischen“ Lernen zu tun und noch weniger mit einem „vorschulorientierten“ Arbeiten.
  • All das setzt voraus, dass Kindheitspädagog:innen engagiert und selbstinteressiert über den eigentlichen Sinn der Bildung und ihr unterschiedliches Selbstverständnis, die Ziele von Bildungsergebnissen und deren Zweck sowie die Aufgaben einer persönlichkeitsbildenden Elementarpädagogik grundlegend nachdenken. Nur dadurch kann eine nachhaltige Bildung durch Bindung auf allen Seiten gelingen.
  • Um eine non-formale Bildung auf der Grundlage einer hohen Beziehungsqualität als Voraussetzung zur Initiierung von Selbstbildungsprozessen bei sich selbst und Kindern zu realisieren, bedarf es weiterhin

    1. einer gut ausgeprägten Reflexionsbereitschaft zur Selbstbetrachtung;
    2. einer Wahrnehmungsoffenheit zur Betrachtung von Realitäten, wie Kinder heute aufwachsen und was sie für eine entwicklungsförderliche Begleitung brauchen;
    3. der persönlichen Selbsterfahrung im Hinblick auf folgende Merkmale: Arbeitsmotive, Interessen, Abneigungen, Werte, Normen;
    4. einem möglichst dezidierten Bewusstsein über sich und die eigene Biographie;
    5. der Fähigkeit, Gefühle bei sich und anderen identifizieren zu können sowie deren Bedeutungswerte zu verstehen;
    6. der persönlichen Übernahme von Mitverantwortung für den Entwicklungsverlauf der Kinder;
    7. der regelmäßigen Betrachtung der persönlichen Kommunikations- und Interaktionskultur/ -struktur;
    8. einer regelmäßigen Überprüfung der eigenen Handlungsauswirkungen;
    9. einer intrinsischen Bereitschaft, aus eigenen Fehlern zu lernen;
    10. der Identifizierung und Auseinandersetzung mit eigenen Vorurteilen;
    11. der realistischen Einschätzung eigener (In)Kompetenzen;
    12. einer regelmäßigen Bestandsaufnahme, wie hoch die eigene, alltägliche Lebensfreude und Selbstmotivation ist.

Die aktuelle Bildungspraxis war allerdings jahrelang dabei, diesen Fragen immer stärker aus dem Wege zu gehen.

Vielleicht ist es hilfreich, sich auf Artikel 32, Absatz 1 der UN-Charta „Rechte des Kindes“ zu besinnen, in dem den Kindern „ein Recht auf Ruhe und Freizeit, auf Spiel und altersgemäße Erholung“ zugesprochen wird.

Erinnert sei auch an Galileo Galilei, den großen italienischen Philosophen, Mathematiker, Physiker und Astronom, der im 17. Jahrhundert den Satz ausgesprochen hat: „Man kann einen Menschen nichts lehren. Man kann ihm nur helfen, es in sich selbst zu entdecken.“ Und das gilt sowohl für Kinder als auch für alle Kindheitspädagog:innen. 

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Armin Krenz, Prof. h.c. Dr. h.c., Jg. 1952, hat über 40 Jahre als Wissenschaftsdozent mit den Schwerpunkten ‚Entwicklungspsychologie der ersten 7 Lebensjahre & Qualität in der Elementarpädagogik’ in Deutschland, Moskau und Bukarest gelehrt und (über)regionale Seminare durchgeführt. Er ist Begründer des ‚Situationsorientierten Ansatzes’.




Wer gesehen werden will, der muss auffallen!

dekra

Schulanfänger brauchen besonderen Schutz beim Start in den Verkehr

Für hunderttausende Kinder in ganz Deutschland ist es auch diesen Sommer so weit: Sie werden eingeschult und starten in einen spannenden neuen Lebensabschnitt. Viele von ihnen sind auf dem Schulweg zum ersten Mal regelmäßig allein im Straßenverkehr unterwegs. Egal ob zu Fuß oder mit dem Fahrrad: Sie brauchen als unerfahrene und – im Vergleich zu Pkw-Insassen – ungeschützte Verkehrsteilnehmer den bestmöglichen Schutz. Dazu trägt die DEKRA Kampagne „Sicherheit braucht Köpfchen“ bei. Sie läuft 2023 schon im 20. Jahr. Die Kinder bekommen dabei auffällige Kinderkappen für mehr Sichtbarkeit sowie die wichtigsten Tipps für das richtige Verhalten im Straßenverkehr.

Wer gut zu sehen ist, ist grundsätzlich sicherer unterwegs

„Deshalb hilft es, auffällig zu sein. Nicht umsonst haben beispielsweise Warnwesten eine Signalfarbe und retroreflektierende Elemente“, so Guido Kutschera, Vorsitzender der Geschäftsführung der DEKRA. „Deshalb bekommen Kinder in ganz Deutschland jedes Jahr von uns signalrote Kappen mit retroreflektierenden Elementen, die bei allen Lichtverhältnissen mehr Sichtbarkeit bringen.“ Die Verteilaktion läuft über die 74 DEKRA Niederlassungen bundesweit. Sie wird kombiniert mit Aufklärung für Kinder und Eltern zum Thema „Sicherer Schulweg“.

Seit 2004 bundesweit insgesamt 3,35 Millionen Kappen verteilt

Seit Beginn der Aktion im Jahr 2004 haben die DEKRA Experten allein in Deutschland insgesamt rund 3,35 Millionen Kinderkappen verteilt. Allein im Jahr 2022 waren es wieder knapp 190.000 Stück. Und längst ist die Aktion zum Vorbild für DEKRA Gesellschaften in anderen Ländern der Welt geworden. 2022 hat sie in acht weiteren europäischen Ländern sowie in Chile und China stattgefunden.

„Vor fast 100 Jahren wurde DEKRA gegründet – seitdem setzen wir uns, wo auch immer wir können, für die Verkehrssicherheit ein“, sagt DEKRA Geschäftsführer Guido Kutschera. „Mit unserer Kampagne ‚Sicherheit braucht Köpfchen‘ wollen wir gezielt zu mehr Sicherheit für die schwächste Gruppe im Straßenverkehr beitragen. Und das verbinden wir mit dem dringenden Appell an alle anderen Verkehrsteilnehmer: Seien Sie bitte gerade zu Schulbeginn noch vorsichtiger und rücksichtsvoller als sonst.“

Zusätzlich zu den DEKRA Kappen rät er allen Eltern, auch bei Kleidung, Schuhen und Schulranzen der Kinder auf retroreflektierende, auffällige Elemente zu achten. „Damit sind Kinder für andere Verkehrsteilnehmer viel besser zu erkennen – vor allem in der Dämmerung oder bei Dunkelheit.“

Tipps für Kinder und Eltern zum sicheren Schulweg gibt die Begleitbroschüre zur Aktion. Sie liegt an den DEKRA Niederlassungen kostenlos aus und ist online abrufbar unter www.dekra.de/kinderkappen. Dort gibt es außerdem Informationen zum richtigen Verhalten im Schulbus.

Quelle: Information DEKRA




Fünf Werkzeuge für den richtigen Umgang mit Gefühlen

Wenn Kinder sich nicht gut fühlen, können sie sich auch nicht richtig verhalten

„Wenn Kinder sich nicht gut fühlen, können sie sich auch nicht richtig verhalten“, wiederholt Joanna Faber gebetsmühlenhaft in ihren zahlreichen Workshops, Vorträgen und Büchern. Joanna ist Diplom-Pädagogin und Lehrerin im Hudson Valley in den USA. Sie ist die Tochter von Adele Faber, die gemeinsam mit ihrer Freundin Elaine Mazlish das Kommunikationsmodell der „mitfühlenden Kommunikation“ basierend auf den Ideen von Haim Ginott und Marshall Rosenberg entwickelt haben. Daraus ist nicht nur der weltweit meist verkaufte Erziehungsratgeber, der hierzulande unter dem Titel „So sag ich‘s meinem Kind“ erschienen ist, entstanden. Ihr Ansatz wird weltweit und auch hierzulande vielfach kopiert. Mittlerweile sind Joannas Bücher, die sie seit ein paar Jahren gemeinsam mit Julie King verfasst, selbst Bestseller. Psychologen, wie etwa Prof. John Gottman, bezeichnen sie sogar als „brilliant“.

Im aktuellen Beitrag schreibt Joanna über die Gefühle der Kinder und wie wir am besten damit umgehen sollten:

Die meisten meiner Erziehungsgruppen sind beim Thema „Kindern beim Umgang mit schwierigen Gefühlen zu helfen“ ziemlich ungeduldig. Sie wollen sofort mit der zweiten Sitzung fortfahren: Wie ihre Kinder lernen das zu tun, was sie ihnen sagen. Nicht, dass es den Eltern egal wäre, wie sich ihre Kinder fühlen. Es ist jedoch nicht die oberste Priorität hilfesuchender Eltern. Seien wir ehrlich. Wenn die Kinder das tun würden, was wir ihnen sagen, würden die Dinge viel reibungsloser laufen und wir würden uns ALLE großartig fühlen.

Das Problem ist, es gibt einfach keine reibungslose Möglichkeit, ein kooperatives Kind zu bekommen. Sie können es versuchen, aber Sie werden wahrscheinlich in einem Sumpf aus Konflikten versinken.

Denken Sie an die Zeiten, in denen Sie froh waren, dass Sie nicht für eine dieser Reality-Serien gefilmt wurden! Die Zeiten, in denen Sie Ihr Kind so sehr angeschrien haben, dass Ihr Hals schmerzte! Als Sie ihm gerade zum hundertsten Mal sagten, es solle seine kleine Schwester nicht in die Nähe des Ofens schieben oder dem alten Hund nicht an den Ohren ziehen.

Das war vermutlich an einem Punkt des Tages, an dem Sie sich müde, gestresst, besorgt oder verärgert fühlten. Wenn der gleiche Vorfall früher am Tag aufgetreten wäre, wären Sie selbst unter Druck noch ruhiger gewesen. Vielleicht hätten Sie die kleine Schwester mit einem schnellen Kuss hochgehoben oder den leidenden Hund unter dem Kinn gekrault und Ihren jungen Wilden mit einem verständnisvollen humorvollen Geplänkel abgelenkt.

Worauf will ich hinaus? Fakt ist, dass wir uns nicht richtig verhalten können, wenn wir uns nicht gut fühlen. Und Kinder können sich nicht richtig verhalten, wenn sie sich nicht gut fühlen. Wenn wir uns nicht zuerst um ihre Gefühle kümmern, haben wir wenig Chancen, ihre Zusammenarbeit zu erreichen.

Alles, was uns am Ende übrigbleibt, ist unsere Fähigkeit, größere Kräfte einzusetzen. Also lasst uns damit beginnen!


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Lasst uns über Gefühle sprechen! 

Mit ihrem Bilderbuch „In mir … und in den anderen“ regen Autorin Karen Gilstrup und Illustratorin Pia Olsen Kinder und Erwachsene an, über den Umgang mit Gefühlen zu sprechen. Das Buch lädt zum genauen Beobachten und Mitraten ein – so gelingt es, emotionale Kompetenzen und Einfühlungsvermögen zu stärken!

Karen Glistrup/Pia Olsen
In mir… und in den anderen – Ein Buch über Kinder und ihre Gefühle
Hardcover, 64 Seiten
Ab zwei Jahren
ISBN: 978-3-96304-608-7
14,95 €


Wenn sich Kinder nicht gut fühlen, können sie sich nicht richtig verhalten.

Die meisten von uns haben nicht allzu große Mühe, die positiven Gefühle ihrer Kinder zu akzeptieren. Das ist ziemlich einfach. Meine Güte, Jimmy ist dein bester Freund auf der Welt? Du liebst Papas Pfannkuchen? Du freust dich auf das neue Baby? Wie schön! Das freut mich!

Es sind die negativen Gefühle, die unsere Kinder ausdrücken und uns in Schwierigkeiten bringen.

„Was? Du hasst Jimmy? Aber er ist dein bester Freund!“
„Du willst ihm eins auf die Nase geben? Das TUT man nicht!“
„Wie kannst du die Pfannkuchen satthaben? Sie waren dein Lieblingsessen!“
„Du willst, dass ich das Baby zurückbringe? Das sagt man nicht! Ich will das NIE wieder von dir hören!“

Wir können negative Gefühle schlecht akzeptieren, weil sie so… nun… so negativ sind. Und wir wollen ihnen keine Macht über uns geben. Wir wollen sie korrigieren, verkleinern oder am liebsten alle auf einmal verschwinden lassen. Unsere Intuition sagt uns, dass wir diese Gefühle so schnell und effektiv wie möglich verbannen sollten. Aber in diesem Fall führt uns unsere Intuition in die Irre.

Meine Mutter sagt immer: „Wenn Sie nicht sicher sind, was richtig ist, probieren Sie es selbst aus.“ Probieren wir es aus und achten Sie auf Ihre Reaktion in dieser Situation:

Stellen Sie sich vor, Sie wachen müde auf. Sie haben ein bisschen Kopfschmerzen, Ihr Hals fühlt sich rau an, vielleicht werden Sie krank. Und sie machen einen Kaffee, bevor Sie zur Schule oder in den Kindergarten gehen und treffen einen Kollegen. Sie sagen zu ihm: „Junge, ich möchte heute nicht zur Arbeit gehen und all diesen lauten, streitenden Kindern begegnen. Ich will einfach nur nach Hause, etwas Kühles trinken, Medizin nehmen und den Tag im Bett verbringen!“

Was wäre Ihre Reaktion, wenn Ihr Freund …

… Ihre Gefühle leugnen und Sie für Ihre miese Haltung attackieren würde?

„Hey, hör auf dich zu beschweren. Die Kinder sind nicht so schlimm. Du solltest nicht so über sie sprechen. Wie auch immer, du weißt, dass es dir gefallen wird, wenn du erst dort bist. Komm, lächle wieder, alles ist gut.“

… oder Ihnen einen guten Rat gibt?

„Schau, du musst dich zusammenreißen. Du weißt, dass du diesen Job brauchst. Du solltest nicht so viel Kaffee trinken, sondern lieber beruhigenden Kräutertee und im Auto meditieren, bevor die Schule beginnt.“

… oder Ihnen vielleicht einen entspannten philosophischen Vortrag hält?

„Hey, kein Job ist perfekt. So ist das Leben Es hat keinen Sinn, sich darüber zu beschweren. Negativ zu bleiben, ist nicht produktiv.“

… oder wie wäre es, wenn er Sie mit einer Kollegin vergliche:

„Schau dir Liz an. Sie ist immer fröhlich, wenn sie zur Arbeit geht. Und weißt du, warum? Weil sie ultra vorbereitet ist. Sie hat immer wirklich großartige Unterrichtspläne parat, Wochen vorher schon.“

… oder wären Fragen hilfreich?

„Bekommst du auch genug Schlaf? Um wie viel Uhr bist du letzte Nacht ins Bett gekommen? Hast du was gegen die Erkältung genommen? Wie wäre es mit Vitamin C? Hast du die Hygienetücher benutzt, die es in der Schule gibt, damit du dir keine Keime von den Kindern holst?“

Hier einige Reaktionen, die wir bekommen, wenn wir diese Art von Szenario in unseren Gruppen präsentieren:

„Ich spreche nie wieder mit dir!“ „Das ist kein Freund von mir!“ „Das HILFT MIR NICHT weiter!“ „Ich hasse das!“ „Fahr zur Hölle!“ „Blah, blah, blah. “ „Halt die Klappe!“ „Ich werde nie wieder mit dir über meine Probleme sprechen. Ich bleibe von jetzt an bei Themen wie dem Wetter!“ „Ich fühle mich schuldig, weil ich so eine große Sache daraus gemacht habe.“ „Ich frage mich, warum ich mit den Kindern nicht umgehen kann.“ „Ich fühle mich erbärmlich.“ „Ich hasse Liz.“ „Ich habe das Gefühl, verhört zu werden.“ „Ich fühle mich verurteilt. Ihr denkt sicher, dass ich dumm bin.“ „Ich kann es nicht laut sagen, aber ich benutze die Abkürzung F… dich!“

Diese letzte Antwort drückt die Intensität der Feindseligkeit, die wir gelegentlich erleben, wenn jemand unsere negativen Gefühle ablehnt, perfekt aus. Wir können schnell von Traurigkeit zu Wut wechseln, wenn mit uns auf diese Art und Weise gesprochen wird, und unseren Kindern geht es genauso.

Was würde man also in einer solchen Situation gerne hören? Ich vermute, dass es Sie etwas besänftigen würde, wenn jemand Ihre Gefühle einfach anerkennen und akzeptieren würde.

„Pfui. Es ist schrecklich, krank zur Arbeit gehen zu müssen. Besonders, wenn du mit Kindern arbeitest. Was wir jetzt brauchen, ist ein netter kleiner Schneesturm oder vielleicht auch nur ein kleiner Wirbelsturm, der die Schule für ein paar Tage stilllegen würde.“

Wenn ihre Gefühle anerkannt werden, fühlen sich die Menschen erleichtert:

 „Sie versteht mich. Ich fühle mich besser. Vielleicht ist es nicht so schlimm. Vielleicht kann ich damit umgehen.“

Sprechen wir auf diese Weise tatsächlich mit unseren Kindern? – Korrigieren wir sie, schimpfen wir, reden wir dazwischen und halten wir Vorträge, wenn sie negative Gefühle ausdrücken? Wenn ich diese Frage an die Gruppe richte, fällt es den Teilnehmern nicht schwer, Beispiele zu nennen. Hier sind einige der häufigsten:

Ablehnung von Gefühlen:

„Du hasst den Kindergarten nicht wirklich. Es wird Spaß machen, sobald du dort bist. Du weißt, dass du gerne in der Bauecke spielst.“
Hat irgendein Kind jemals geantwortet: „Oh ja, du hast recht. Du hast mich gerade daran erinnert, dass ich den Kindergarten wirklich liebe!“

Philosophie:

„Schau mein Schatz, das Leben ist nicht fair! Du musst mit den Vergleichen:
,Er hat mehr, sie ist besser’ aufhören.

Wie wahrscheinlich ist es, dass Ihr Kind antworten wird: „Meine Güte, ich war total verärgert, aber jetzt, da du mir erklärst, dass das Leben nicht fair ist, fühle ich mich viel besser. Danke Papa!“

Fragen:

„Warum hast du Sand geworfen, obwohl ich dir gerade gesagt habe, dass du das lassen sollst?“
Welches Kind wird dann sagen: „Hmm, warum habe ich das getan? Ich denke, es gibt keinen wirklichen Grund dafür. Aber danke, dass du mich darauf hingewiesen hast. Es wird nicht wieder vorkommen.“

Vergleich:

„Schau dir an, wie still Olivia dasitzt und wartet, bis sie an der Reihe ist!“
Wessen Kind würde sagen: „Oh entschuldige, ich werde versuchen, mehr wie Olivia zu sein!“ Es ist wahrscheinlicher, dass Ihr Kind Olivia eins auf den Kopf gibt.

Vortrag:

„Warum willst du immer genau das Spielzeug, sobald dein Bruder anfängt, damit zu spielen? Du hattest vor einer Minute kein Interesse daran. Du willst es ihm einfach wegnehmen. Das ist nicht nett. Wie auch immer, das ist ein Spielzeug für Babys und du bist jetzt ein großes Mädchen. Du solltest zartfühlender mit deinem kleinen Bruder sein.“
Und wo ist das Kind, das antwortet: „Mach weiter, liebe Mutter. Ich lerne so viel aus deinem Vortrag. Lass mich einfach ein paar Notizen auf meinem iPad machen, damit ich später noch mal auf diese Punkte eingehen kann.“

„Okay, okay!“ höre ich Sie sagen. „Es ist einfach, mit einem erwachsenen Freund einfühlsam zu sein. Erwachsene sind zivilisiert! Kleine Kinder nicht. Sie sind weit weniger logisch. Meine Freunde halten mich nachts nicht wach. Zumindest nicht die meisten von ihnen. Ich muss meine Freunde nicht dazu bringen, zur Schule zu gehen, sich die Zähne zu putzen oder aufzuhören, ihre Geschwister zu attackieren. So zu tun, als sei mein Kind ein Erwachsener, wird es nicht rausreißen. Wenn sich eine erwachsene Freundin wie mein Kind benähme, wäre sie nicht mehr lange meine Freundin.“

Es stimmt! Wir können unsere Kinder nicht einfach wie unsere erwachsenen Freunde behandeln. Wenn wir jedoch ihre Kooperation anstelle ihrer Feindseligkeit wollen, müssen wir einen Weg finden, bei ihnen das gleiche Prinzip der Anerkennung ihrer Gefühle zu erreichen, genauso als wäre eine erwachsene Person in Bedrängnis.

Lassen Sie uns einen Blick in unsere Werkzeugkiste werfen und nachsehen, was wir finden können, um es bei jüngeren Gesprächspartnern benutzen zu können.

Werkzeug #1: Benennen Sie das Gefühl! Geben Sie dem Gefühl einen Namen!

Wenn Ihr Kind das nächste Mal etwas Negatives und Provozierendes sagt, gehen Sie folgendermaßen vor:

  • Beißen Sie die Zähne zusammen und widerstehen Sie dem Drang, ihm sofort zu widersprechen!
  • Denken Sie über die Gefühle nach, die es empfindet.
  • Benennen Sie die Gefühle und beschreiben Sie diese in einem Satz.

Mit etwas Glück werden Sie feststellen, dass die Intensität der schlechten Gefühle dramatisch abnimmt.

Gute Gefühle können nicht angenommen werden, bevor die schlechten Gefühle nicht verschwunden sind. Wenn Sie versuchen, schlechte Gefühle zu leugnen, werden sie sich verdichten und stärker werden.

Beispiele:

Wenn ein Kind sagt: „Ich hasse Jona! Ich spiele nie wieder mit ihm.“

Anstelle von „Natürlich wirst du wieder mit ihm spielen. Jona ist dein bester Freund! Und „hassen“ sagt man nicht.“
Versuchen Sie: „Junge, klingt, als wärst du wirklich sehr wütend auf Jona!“ Oder „Jona hat was getan, das dich wirklich genervt hat!“

Wenn ein Kind sagt: „Warum gibt es immer Pfannkuchen? Ich hasse Pfannkuchen.“

Anstelle von: „Du weißt, dass du Pfannkuchen liebst! Sie sind dein Lieblings­essen.“
Versuchen Sie: „Sieht so aus, als wärst du heute von den Pfannkuchen zum Frühstück enttäuscht. Du hast wohl Lust auf etwas anderes.“

Wenn ein Kind sagt: „Dieses Puzzle ist zu schwer!“

Statt: „Nein, ist es nicht. Es ist einfach. Hier, ich helfe dir. Schau mal, hier ist ein Eckstück.“
Versuchen Sie: „Grrr, Puzzle können so frustrierend sein! All diese kleinen Stücke können einen verrückt machen.“

Sie geben Ihrem Kind damit ein hilfreiches Vokabular an die Hand, um seine Gefühle ausdrücken zu können, auf das es in Zeiten der Not zurückgreifen kann. Wenn es jammern kann: „ICH BIN SO FRUSTRIERT!“, anstatt zu beißen, zu treten und zu schlagen, werden Sie den Triumph des Sieges verspüren!

Ich schlage nicht vor, dass Sie danebenstehen und jubeln, während Junior seinem Freund Jona auf die Nase schlägt. Genauso wenig sollen Sie damit beginnen, ein Omelett mit Pilzen und Käse für Ihr forderndes Kleinkind zu kochen, das sich gerade über die Pfannkuchen beschwert hat. Akzeptieren Sie einfach das Gefühl. Oft reicht eine einfache Bestätigung des Gefühls aus, um einen möglichen Zusammenbruch zu entschärfen. Für die Zeiten, in denen dies nicht ausreicht, gibt es andere Möglichkeiten.

Ich erinnere mich an einige (unter vielen) Situationen, als es mir schwerfiel, diesen scheinbar einfachen Weg einzuschlagen. Für mich ist die wirklich hilfreiche Information, die Sie mit nach Hause nehmen können, dass Sie es scheinbar endlos versauen können und es ist dennoch okay. Man kann es reparieren! Sie können vom Pfad abkommen, im Morast stecken bleiben, sich wieder herausziehen, Ihre Mückenstiche kratzen und die Straße entlanggehen. Die juckenden Stellen werden heilen, den Schlamm kann man abwaschen und Ihre Reise wird für das nächste Stück des Weges wieder angenehm sein.

Meine Mutter gestikulierte, wischte eine imaginäre Tafel sauber und sagte: „Löschen und neu beginnen!“, wenn sich ein Gespräch in einen Konflikt verwandelte. Aber das ist alte Schule. Sie ist aus der Generation der Kreidetafeln. Haben Kinder heutzutage überhaupt von einer Tafel gehört? Einige Eltern in meinen Gruppen haben das Wort „Zurückspulen“ verwendet, wenn sie rückwärts aus einem Raum gehen und dann mit akzeptierenden Worten wieder eintreten. Auch das hat einen altmodischen Sound, da Kassetten jetzt der Vergangenheit angehören. Was wäre das moderne Äquivalent, wenn man nach einer zweiten Chance verlangt? Vielleicht mit der Bewegung eines Fingers, der eine imaginäre Taste drückt, „Control, Alt, Entfernen!“ oder „Reset!“

Das Wichtigste ist, sich unendlich viele Möglichkeiten zu verschaffen, egal, welche Bilder Sie verwenden. Hier sind ein paar Beispiele aus meiner Zeit als Mutter von Kleinkindern, in denen ich es geschafft habe, den Kurs in der Mitte zu ändern und mein kleines Elternfloß vor rauer See zu retten.

Werkzeug #2: Gefühle durch Schreiben anerkennen

Die eigenen Gefühle und Wünsche in schwarzweiß aufgeschrieben zu sehen, kann selbst für Kinder, die noch nicht lesen können, sehr bedeutsam sein. Nehmen Sie beim Einkaufen Papier und Bleistift mit, so dass Sie die Wunschliste Ihres Kindes erweitern können. Während Sie sich auf dem unvermeidlich gefürchteten Einkaufsbummel im Spielzeugladen befinden, um ein Geburtstagsgeschenk für ein anderes Kind zu kaufen, werden Ihrem Kind Tausende von Versuchungen präsentiert, nur leider wird ihm absolut kein Verständnis für Ihre finanziellen Einschränkungen mitgeliefert. Dann erweisen sich Papier und Stift als äußerst praktisch.

Anstatt Ihrem Kind zu erklären, warum es nicht nach einem neuen Spielzeug jammern soll, weil es im letzten Monat gerade Geburtstag hatte, und es sich nicht wie ein verwöhntes Gör verhalten soll (Hat dieses Kind jemals für etwas arbeiten müssen?), können Sie alles auf die Wunschliste aufschreiben, was es will. Es ist für ein Kind befriedigend, eine reale Liste seiner Wünsche zu haben. Und Sie können Ihr Kind an Ihrer Pinwand auf dem Laufenden halten und auf Feiertage und Geburtstage hinweisen.

„Aber wird das nicht dazu beitragen, dass jedes Verlangen befriedigt werden muss?“, fragte Toni, die Mutter in meiner Gruppe, die immer sehr direkt fragte.

„Im Gegenteil“, konterte ich. „Wie oft haben wir nachgegeben und etwas Dummes gekauft, was wir nicht brauchten, um einen öffentlichen Wutanfall zu vermeiden? Das Aufschreiben von Wünschen ist ein anderer Weg, um einen Wutanfall zu vermeiden, ohne das Kind zu verziehen.“

Dies ist ein weiteres Beispiel dafür, wie alle Gefühle akzeptiert werden können, auch wenn einige Aktionen eingedämmt werden müssen. Wenn ihre Gefühle anerkannt werden, hilft es Kindern tatsächlich zu akzeptieren, dass sie nicht immer bekommen können, was sie wollen.

Im Spielzeugladen kann man sagen: „Oh Mann, das ist ein wirklich cooles Einhorn! Du magst das Funkeln in seiner Mähne … und die rosa- und orangefarbenen Sterne an seinem Hintern. Lass es uns auf deine Wunschliste schreiben.“ Wer weiß, vielleicht wird Ihr Kind darauf sparen oder es bekommt den Wunsch an seinem Geburtstag von Tante Bertha erfüllt. Aber vielleicht ändert sich sein Geschmack in ein paar Wochen oder Monaten und die Liste wird überfällig. Das Wichtigste ist, dass es einen Elternteil hat, der darauf hört, wie es sich fühlt, wenn es sich nach etwas sehnt, und dies hilft ihm, die wichtige Lebenskompetenz der aufgeschobenen Befriedigung zu entwickeln.

Und wie ist es, wenn wir ein Kind haben, das etwas bekommt, weil es etwas braucht, und ein anderes, das sich das Gleiche wünscht, ohne es wirklich zu benötigen? Geben wir das zusätzliche Geld grollend aus, um den Frieden zu wahren? Lassen wir aber die verletzenden Gefühle und das Wehklagen zu, erlangen wir eine Fähigkeit, mit der wir uns ehrlich einfühlen können:

„Auch wenn du weißt, dass du keinen neuen Schlafanzug brauchst, ist es immer noch schwer zu sehen, wie dein Bruder einen neuen bekommt. Lass uns die Farben aufschreiben, die du magst, damit wir wissen, was wir kaufen müssen, wenn du einen neuen brauchst.“

Werkzeug #3: Gefühle mit Kunst anerkennen

Manchmal reichen geschriebene oder gesprochene Worte nicht aus, um ein starkes Gefühl auszudrücken. Wenn Sie sich kreativ genug fühlen, versuchen Sie es mit künstlerischen Darstellungen. Sie müssen kein Rembrandt sein – Strichmännchen reichen aus.

Dazu ein Beispiel: Der dreijährige Benjamin ist in diesen Tagen ganz und gar damit beschäftigt, mit der Eisenbahn zu spielen. Er liebt es, komplizierte Strecken und Übergänge zu bauen und die Züge bergauf und bergab fahren zu lassen. Aber manchmal fallen die Züge oder die Gleise auseinander. Es ist erstaunlich, wie schnell sich Benjamin in einen Wüterich verwandeln kann. Dann fliegen die Züge und Gleise. An einem Tag ihm seine Mutter dabei zu. Die Züge erklommen den Hügel und fielen auf der anderen Seite polternd zu Boden. Statt nun zu sagen Es ist okay, wir können es reparieren, keine Sorge.“, meinte die Mutter: „Das ist frustrierend! Du magst es nicht, wenn die Züge auseinanderfallen.“
Benjamin sah seine Mutter an. Neben dem Tisch stand eine Tafel. Sie zog sie zu sich heran und sagte: „Lass uns zeichnen, wie du dich fühlst.“
Sie zeichnete ein trauriges Gesicht.
„Fühlst du dich so?“
Er nickte.
Sie zeichnete eine Träne, die aus dem Auge kam und er sagte:
„Zeichne noch eine.“
Sie zeichnete noch mehr Tränen.
Er griff nach der Kreide und die Mutter konnte sehen, dass er ein kleines Glitzern in seine Augen bekam. Er zeichnete riesige Tränen. Dann zeichnete die Mutter ein anderes Gesicht, das nicht ganz so traurig war. Benjamin hatte zu diesem Zeitpunkt ein leichtes Lächeln, daher zeichnete die Mutter ein glückliches Gesicht. Er fing an zu kichern. Anschließend spielten die beiden wieder mit den Zügen. Der Wutanfall war abgewendet

Werkzeug #4: Geben Sie in der Fantasie, was Sie in Wirklichkeit nicht geben können

Manchmal wünscht sich Ihr Kind etwas, das Sie nicht realisieren können. Ihr erster Impuls ist in der Regel, Ihrem Kind zu erklären, warum es nicht sein kann, nicht sein soll oder nicht sein darf. Das ist der rationale Ansatz.

Und wie funktioniert das üblicherweise? Nicht so gut? Geht Ihr Kind nicht auf Ihre Logik ein? Sobald Sie mit Ihren Erklärungen beginnen, hält es sich die Ohren zu und schreit? Damit sind Sie nicht allein! Ein Kind in emotionaler Notlage ist kaum durch einen vernünftigen Diskurs zu beruhigen.

Ein tolles Werkzeug für solche Momente ist es, dem Kind in der Fantasie das zu geben, was man in Wirklichkeit nicht geben kann. Wenn Ihr Kind im Auto weint, weil es an die Süßigkeiten denkt, die Sie ihm im Einkaufszentrum nicht gekauft haben, ist nicht der richtige Zeitpunkt für einen Vortrag über Karies. Geben Sie es zu! Süßigkeiten schmecken gut!

Wäre es nicht schön, wenn wir jeden Tag Süßigkeiten essen könnten und unseren Zähnen nichts Schlimmes dabei passieren würde? Was würden wir zum Frühstück wollen? M&Ms oder Lutscher? Und wie wäre es mit dem Mittagessen?

Lassen Sie Ihre Kinder in Ihrer Fantasie schwelgen. Ich erinnere mich an eine denkwürdige Fahrt nach Hause, als sich meine drei Jungen glücklich eine Welt vorstellten, in der das Auto selbst aus Süßigkeiten bestand und sogar die Straße mit Süßigkeiten gepflastert war. Sie hätten eine Rast einlegen können und an der Stoßstange knabbern oder ein kleines Stück Pflaster abbrechen können, wenn Sie Lust auf einen Snack gehabt hätten.

Sarah aus unserer Gruppe ist Erzieherin. Sie ist auch die Mutter der siebenjährigen Sofia, des fünfjährigen Jake und der gerade drei Jahre alten Mia. Sie erinnerte sich an eine stressige Zeit in ihrem Leben, bei der ihr die Fantasie zur Seite stand.

Wir hatten eine Wohnung mit einem Schlafzimmer gemietet, und jetzt mit einem zweiten Kind wurde der Platz knapp. Wir machten endlich den großen Schritt und hatten uns für ein Haus entschieden. Wir waren aufgeregt, aber auch besorgt, weil wir mit den Kosten für den Kredit an unsere Grenzen stießen und überlegten auf dem Weg zur Bank zweimal, ob es die richtige Entscheidung war. Als ich eines Morgens Sofia zum Kindergarten fuhr, fing sie an zu jammern: „Ich hasse das neue Haus!“
Ich weiß, dass kleine Kinder Veränderungen nicht mögen und dass es ihr gutes Recht war, über den Umzug verärgert zu sein, aber das stoppte meine derzeitige Reizbarkeit nicht. Ich griff nach ihr, damit sie aufhörte zu jammern. Dann begann ich mit einem Vortrag darüber, dass die alte Wohnung viel zu klein gewesen war und in einer schlechten Umgebung gelegen hatte, und dass sie im neuen Haus ein eigenes Zimmer haben würde.
Ich sprach weiter und weiter, bis ich hinüberblickte und bemerkte, dass sie weinte. Das brachte mich dazu, meinen Vortrag zu unterbrechen: „Oh je, du magst das neue Haus wirklich nicht. Du willst ein anderes Haus haben.“
Sie sagte: „JA!“
„Was wäre, wenn du dir ein Haus aussuchen könntest? Wie würde dein Haus aussehen?“
„ROSA“
„Ohhh, ein rosafarbenes Haus.“
„Ja, es hätte rosa Wände und ein rosa Dach und ein rosa Bett.“
„Wie wäre es mit etwas rosa Gras auf dem Rasen?“, bot ich an.
„Maa-aamaa, kein rosafarbenes Gras. Es könnte aber rosa Blumen geben.“
Den Rest der Fahrt verbrachten wir glücklich damit, alle Dinge im Haus aufzulisten, die rosa sein könnten. Die Stimmung war gerettet. Später kauften wir ein paar rosa Laken für ihr Bett. Ich konnte ein glückliches Kind in die Schule bringen, anstatt ein jämmerlich weinendes.“

Werkzeug #5: Gefühle mit (fast) stiller Aufmerksamkeit anerkennen
(Sagen Sie nicht nur etwas. Bleiben Sie dran!)

Dies führt uns zu einem kleinen und unscheinbar wirkenden Werkzeug von großer Macht. Das Werkzeug der (fast) stillen Aufmerksamkeit. Sie können Ihrem Kind weiterhin zuhören und mit einem empathischen „Ugh!“… „Mmm“, „Ooh“… oder „Huh“ antworten. Häufig genügt das nicht. Durch ein aufmerksames Zuhören und ein festes Zusammendrücken der Lippen oder ein mitfühlendes Grunzen können wir unseren Kindern helfen, ihren eigenen Weg durch ihre Gefühle zu finden. Das Geschenk, das wir ihnen machen können, ist, ihren Prozess nicht zu behindern mit Reaktionen wie Ratschlägen, Fragen und Korrekturen. Das Wichtigste ist, ihnen unsere volle Aufmerksamkeit zu schenken und ihnen zu vertrauen, dass sie es selbst herausfinden.

Sarah hat uns von diesem Werkzeug berichtet: „Nun, ich habe es geschafft! Meine siebenjährige Tochter kam kurz vor dem Schlafengehen herein, um sich wieder mal über ihren jüngeren Bruder zu beschweren. Ich habe zu dieser Tageszeit sehr wenig Geduld. Ich kann nur denken: Wann ist es endlich vorbei? Er war in ihr Zimmer gekommen und hatte ihr Spielzeug berührt, ohne zu fragen. Er hatte sie wie üblich geärgert. Normalerweise versuche ich ihr zu sagen, dass er nur ein kleines Kind ist, und sie sollte geduldiger sein, was dazu führt, dass sie meine Erklärungen mit einer lauteren und emotionaleren Stimme wiederholt. Diesmal sagte ich nur: „Mmm… äh… oh… ich verstehe…“ Es war nichts weniger als ein Wunder. Nach ungefähr fünf Minuten sagte sie: „Okay, ich werde jetzt lesen“ und gab mir einen Gutenachtkuss. Ich musste nichts lösen und fühlte mich sehr befreit!“

Zusammnefassung: Werkzeuge zur Anerkennung von Gefühlen:

1. Gefühle mit Worten anerkennen
„Du hast dich auf diese Verabredung zum Spielen gefreut. Wie enttäuschend!“
„Es ist so frustrierend, wenn die Schienen auseinanderfallen.“

 2. Gefühle durch Schreiben anerkennen
„Ach nein! Wir haben nicht die Zutaten, die wir brauchen! Lass uns eine Einkaufsliste erstellen.“
„Du willst wirklich dieses Unterwasser-LEGO-Set. Lass es uns auf deine Wunschliste schreiben.“

3. Gefühle mit Zeichnungen anerkennen
„Du scheinst so traurig zu sein.“ (Zeichnen Sie ein Strichmännchen mit großen Tränen oder stellen Sie einfach Wachsmal- und Bleistifte zur Verfügung.)
„Du bist so wütend!“ (Machen Sie wütende Linien oder zerreißen und zerknüllen Sie Papier.)

4. Geben Sie in der Fantasie, was Sie in Wirklichkeit nicht geben können
„Ich wünschte, wir hätten noch eine Million Milliarden Stunden zum Spielen.“

5. Gefühle mit (fast) stiller Aufmerksamkeit anerkennen
„Ugh!“ … „Mmm“, „Ooh“ … oder „Huh“.

Alle Gefühle können akzeptiert werden. Einige Ausbrüche müssen unterbunden werden!
– Vermeiden Sie „ABER“. Stellvertreter: „Das Problem ist …“ oder „Obwohl du weißt, …“
– Passen Sie die Emotion an. Seien Sie dramatisch!
– Widerstehen Sie dem Drang, einem verzweifelten Kind Fragen zu stellen.

Diesen Artikel haben wir aus folgendem Buch:

WieSiesprechensollten-cover

Joanna Faber / Julie King
Wie Sie sprechen sollten, damit Ihr Kind Sie versteht
Ein Überlebenshandbuch für Eltern mit Kindern von 2 bis 7 Jahren
Broschur, 384 Seiten
Oberstebrink 2020
ISBN: 978-3-96304-026-9
24 €




Die Betreuungswünsche vieler Eltern können nicht erfüllt werden

„Kindertagesbetreuung Kompakt“ beschreibt den Ausbaustand und Bedarf 2022

Der Betreuungsbedarf der Eltern für Kinder unter drei Jahren ist weiter gestiegen und lag 2022 bei 49,1 %. Doch nur 35,5 % der Kinder dieser Altersgruppe wurden 2022 tatsächlich auch betreut. Die Differenz zwischen Betreuungsquote und Bedarf bei Eltern von U3-Kindern liegt demnach bei 13,6 Prozent. Bei den unter Dreijährigen ist diese Lücke weiterhin größer als bei den Kindern zwischen drei und fünf Jahren. Dies ist ein zentrales Ergebnis der jetzt vorliegenden achten Ausgabe von „Kindertagesbetreuung Kompakt – Ausbaustand und Bedarf 2022“ des Bundesfamilienministeriums (BMFSFJ), in welche Daten der DJI-Kinderbetreuungsstudie (KiBS) und der Arbeitsstelle Kinder- und Jugendhilfestatistik (AKJStat) an der TU Dortmund miteinfließen.

Stark abweichende Öffnungszeiten in Ost- und Westdeutschland

Die Öffnungszeiten in der Kindertagesbetreuung unterschieden sich deutlich zwischen Ost- und Westdeutschland. Im Osten öffneten Kindertageseinrichtungen für Kinder vor dem Schuleintritt deutlich früher. Zudem schlossen Einrichtungen für Kinder dieser Altersgruppe auch später als im Westen. Des Weiteren öffneten Horte und Einrichtungen mit Hortangeboten im Osten deutlich früher. Die Hort-Schließzeiten waren dagegen in Ost- und Westdeutschland ähnlich.

Belastungen für die Eltern durch Schließungen des Betreuungsangebots

Durch die Coronapandemie war eine zuverlässige Betreuung für viele Eltern im Kitajahr 2021/2022 nicht immer gegeben. Zeitweise Schließungen des Betreuungsangebots betrafen Eltern mit Kindern im Alter von drei Jahren bis zum Schuleintritt dabei häufiger als Eltern mit Kindern unter drei Jahren. Für Eltern beider Altersgruppen stellte diese Situation eine deutliche Belastung dar. Außerdem waren vier von fünf Eltern von Grundschulkindern im Schuljahr 2021/2022 von zeitweisen Schließungen des Betreuungsangebots betroffen. Auch für sie war diese Situation sehr belastend.

Große Lücke bei Betreuungsbedarf und Betreuungsquote von Grundschulkindern

Nach einem Rückgang im Vorjahr wurden für das Schuljahr 2021/2022 wieder mehr Grundschulkinder in Hort- und schulischen Ganztagsangeboten in der Statistik erfasst als noch im Jahr davor. Dennoch zeigen die Ergebnisse zur Ganztagsbetreuung von Kindern im Grundschulalter, dass es auch 2022 im Bundesdurchschnitt eine Lücke zwischen dem Betreuungsbedarf der Eltern und der Betreuungsquote gab. 73 Prozent der Eltern wünschten sich einen Betreuungsplatz für ihr Grundschulkind, die Quote der in Horten und Ganztagsschulen betreuten Kinder lag jedoch nur bei 55 Prozent. Um den Bedarf der Eltern zu decken, werden daher mehr Plätze in schulischen Ganztags- und Hortangeboten sowie weiteren Betreuungsangeboten für Grundschulkinder benötigt.

DJI-Kinderbetreuungsstudie (KiBS)

Seit 2016 erarbeitet das KiBS-Team jährlich eine Reihe von vertieften Analysen, die im Format des DJI-Kinderbetreuungsreports als Serie thematisch fokussierter Studien verfügbar sind. Die Auswertungen beschäftigen sich etwa mit den Kosten der Kindertagesbetreuung, den Gründen für eine Nichtinanspruchnahme von Kindertagesbetreuung oder der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Im Report 2023 werden die zentralen Indikatoren der Erhebung aus dem Jahr 2022 vorgestellt.

Detaillierte Ergebnisse zum Betreuungsbedarf im U3- und U6-Bereich sind in Studie 1 des KiBS-Reports 2023 zu finden. Studie 2 des Reports 2023 beschäftigt sich mit Bildungs- und Betreuungsangeboten für Grundschulkinder und den elterlichen Bedarfen. Beide Studien erscheinen voraussichtlich im September 2023.

Marion Horn, Deutsches Jugendinstitut e.V.