Zukunft säen – Landwirtschaft zum Anfassen

Neues Projekt des Ökomarkt e. V. und der Hamburger Klimaschutzstiftung für Hamburger Kitas und Schulen

Bei der Erkundung ökologischer Höfe, Verarbeitungsbetriebe und Läden können Kinder rund um Hamburg jetzt Landwirtschaft zum Anfassen erleben. Lehrkräfte sowie Erzieherinnnen und Erzieher erhalten in Fortbildungen lebensnahes Wissen und vielseitige unterstützende Lernmaterialien. Das Projekt des Ökomarkt e.V. und der Hamburger Klimaschutzstiftung startet im Rahmen der Reihe „Schule & Landwirtschaft – Bildung für Nachhaltige Entwicklung am Lernort Bio-Bauernhof“.

Gefragt, was ihr im Projekt wichtig ist, erklärt Projektleiterin Christina Zurek: „Eine Botschaft der Veranstaltungen ist, dass die Teilnehmenden durch ihre jetzigen und späteren Kaufentscheidungen mitgestalten, wie sich unsere Landwirtschaft entwickelt. Bio-Landwirtschaft trägt ja zu Klimaschutz, zu Artenvielfalt, zu Boden- und Grundwasserschutz und zur Gesundheit des Menschen bei. Zudem ist uns wichtig, das Lernen alters- und zielgruppengerecht sowie möglichst interaktiv und anschaulich zu gestalten, im Sinne einer Bildung für nachhaltige Entwicklung.“

Die Hamburger Klimaschutzstiftung will als Projektpartnerin vor allem die Synergien zwischen den außerschulischen Bildungsangeboten des Hamburger Umweltzentrums auf Gut Karlshöhe und dem Bildungsprogramm „Schule & Landwirtschaft“ des Ökomarkt e.V. nutzen. Heide Pusch, Geschäftsführerin der Hamburger Klimaschutzstiftung: „Landwirtschaftliche Kreisläufe sind ein wichtiges Zukunftsthema. Das Projekt ,Zukunft säen‘ passt gut in die strategische Planung und zu unseren neuen Stationen auf Gut Karlshöhe, an denen wir uns modellhaft mit landwirtschaftlichen Anbaumethoden beschäftigen.“

Weitere Infos zum Projekt finden Sie unter:

www.hamburger-klimaschutzstiftung.de/projekte/zukunft-saeen/ Das Projekt wird gefördert durch das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestags im Rahmen des Bundesprogramms Ökologischer Landbau (BÖL) und die Hamburger Behörde für Umwelt, Klima, Energie und Agrarwirtschaft (BUKEA).

Quelle: Pressemitteilung Hamburger Klimaschutzstiftung für Bildung und Nachhaltigkeit




Kühl und spannend: Die fünf besten Ideen zum Forschen mit Wasser

Forschen mit Wasser_Christoph Wehrer_Stiftung Haus der kleinen Forscher

Experimente und Spiele für Kinder im Kita- und Grundschulalter vom „Haus der kleinen Forscher“

Was gibt es an sonnig-warmen Sommertagen Besseres als mit Wasser zu spielen und zu planschen? Mit Wasser zu forschen! Das eigene Meer in der Flasche, Dinos im Eis und segelnde Papierboote: Hier gibt es die besten Ideen der Stiftung „Haus der kleinen Forscher“, um mit Kindern im Kita- und Grundschulalter auf die nasseste Entdeckungsreise des Jahres zu gehen.

1. Großes Meer ganz klein: die Wellenmaschine

Meereswellen sind faszinierend – mal sanft, mal stürmisch! Aber wie genau bewegen sich Wellen eigentlich? Zum Glück lassen sie sich nach Hause holen und ganz genau untersuchen. Verwandeln Sie mit den Kindern eine Glasflasche in eine Wellenmaschine und beobachten Sie, wie sich das Miniatur-Meer bewegt.

Wellenmaschine nachbauen

2.  Zur Abkühlung: Dinos im Eis

Gefrorenes Wasser fasziniert – und sorgt für Erfrischung an heißen Tagen. Bereiten Sie große und kleine Eisblöcke vor, in denen Sie kleine Gegenstände wie Spielfiguren, Knöpf oder Steine einfrieren. Lassen Sie nun die Kinder das Eis betrachten, seine Oberfläche, die Farbe. Wie fühlt sich Eis an und was können die Kinder tun, um die eingefrorenen Gegenstände zu befreien?

Zum Experiment

3.  Bloß nichts verschwenden: Wie viel Wasser kommt aus dem Hahn?

Regelmäßig hören die Kinder zu Hause, in der Kita oder in der Grundschule, dass sie kein Wasser verschwenden sollen. Aber warum ist das so wichtig? Und wie viel Wasser kommt eigentlich aus dem Hahn, wenn die Kinder sich die Hände waschen sollen? Messen Sie mit den Kindern genau das und sprechen Sie darüber, welche Bedeutung Wasser hat.

Zur Forscheridee

4.  Setzt die Segel: Hier trifft Wasser auf Papier

Aus Papier lassen sich vielfältige Boote und Schiffe bauen – ein Klassiker. Aber können sie auch Lasten transportieren wie echte Schiffe? Konstruieren Sie mit den Jungen und Mädchen fantasievolle, stabile Boote und erforschen Sie gemeinsam deren Tragfähigkeit. Es ist noch Platz auf dem Wasser? Dann kombinieren Sie Papierboot und -flieger zu einem segelnden Papierschiff.

Zu den Forscherideen

5.  Achtung, nasse Socken: Über die Klebkraft von Wasser

Dinge, die nass geworden sind, kleben plötzlich aneinander. Warum ist das so? Um zu ergründen, welche Klebkraft Wasser hat, brauchen die Kinder ausnahmsweise auch im Sommer ein Paar Socken.

Zum Experiment

Noch mehr Forscherideen mit Wasser

Die finden Sie beispielsweise in der Ausgabe „Wasser neu entdecken“ des Magazins „Forscht mit!“ der Stiftung „Haus der kleinen Forscher“. Oder auch im Offenen Online-Kurs „Schwimmen und Sinken“. Dort geht es um die Frage, warum manche Gegenstände schwimmen, während andere untergehen. Der Kurs ist kostenlos und richtet sich an Pädagoginnen und Pädagogen in Kita, Hort und Grundschule.

Quelle: Pressemitteilung „Haus der kleinen Forscher“




Die Pandemie hat Kinder unglücklicher gemacht

Die Pandemie hat Kinder unglücklicher gemacht

Dass die Corona-Pandemie und die damit einhergehenden Infektionsschutzmaßnahmen die psychische Gesundheit der Bevölkerung in vielen Fällen erheblich beeinträchtigt haben, konnten bereits einige Studien zeigen. Prof. Ricarda Steinmayr und ihr Team haben nun untersucht, wie es um das subjektive Wohlbefinden speziell von jungen Kindern steht. 

Daten vor Beginn der Pandemie zum Vergleich

„Andere Studien haben bereits aufgezeigt, dass das subjektive Wohlbefinden ein wirksamer Schutz vor psychischen Erkrankungen sein kann, auch in der Corona-Zeit“, erklärt Prof. Ricarda Steinmayr. „Da wir uns schon seit geraumer Zeit mit Einflussfaktoren auf das subjektive Wohlbefinden von Kindern und Jugendlichen befassen, lag es nahe, uns die Auswirkungen der Corona-Pandemie diesbezüglich anzuschauen.“ Die Forscher:innen haben dafür nach dem ersten Lockdown im Mai und Juni 2020 Befragungen an vier Grundschulen durchgeführt, an denen sie im Zuge eines anderen Projekts die Schüler*innen bereits zu drei Messzeitpunkten vor Beginn der Pandemie zu ihrem subjektiven Wohlbefinden befragt hatten.

Die Ergebnisse zeigen, dass während der Pandemie sowohl die positive Stimmung als auch die Zufriedenheit mit dem Familienleben abgenommen haben – und zwar bei allen Kindern unabhängig vom sozialen Hintergrund oder Geschlecht. Der Befund bestätigt, was die Forscher*innen bereits vermutet hatten, wie Dr. Linda Wirthwein erläutert: „Soziale Beziehungen und das Kompetenzerleben in der Schule, im Sportverein oder in anderen außerschulischen Einrichtungen sind wichtige Faktoren für das subjektive Wohlbefinden von Kindern. Somit haben Kinder unter den Infektionsschutzmaßnahmen wie Schließungen der Schulen oder der Sportvereine besonders gelitten.“

Gutes Schulklima und Trainings können Wohlbefinden steigern

Auch wenn der Studie eine vergleichsweise geringe Stichprobe zugrunde liegt, ergeben sich aus ihr einige Handlungsempfehlungen, so Prof. Ricarda Steinmayr: „Abgesehen vom privaten Umfeld gibt es viele schulische Variablen, die sich positiv auf das subjektive Wohlbefinden von Kindern auswirken, zum Beispiel ein gutes Schulklima. Darüber hinaus kann das Wohlbefinden mit Trainings gezielt gesteigert werden. Da das subjektive Wohlbefinden eine große Bedeutung für die psychische Gesundheit hat, ist es gesellschaftlich wichtig, nicht nur den durch die Schulschließungen verursachten Leistungsverlust zu überwinden, sondern auch den Verlust an Wohlbefinden der Kinder aufzufangen.“

Derzeit arbeiten die Forscher*innen an einer Studie, die das subjektive Wohlbefinden von Jugendlichen vor der Pandemie und in diesem Jahr vergleicht. Auch hier zeigen die Daten einen bedeutsamen Verlust des subjektiven Wohlbefindens, was darauf hindeute, dass mit der Öffnung der Schulen und einem relativ normalen Schulbetrieb in diesem Jahr das Problem allein nicht gelöst sei, so die Forscher:innen.

Ansprechperson für Rückfragen:

Prof. Dr. Ricarda Steinmayr
ricarda.steinmayr@tu-dortmund.de

TU Dortmund
Institut für Psychologie
Fakultät Erziehungswissenschaft, Psychologie und Bildungsforschung
Tel.: +49 231 755 7118
Emil-Figge-Straße 50, Raum 2.330

(Prof. Ricarda Steinmayr lehrt und forscht am Institut für Psychologie der TU Dortmund)




GEW: Hochwertiger Ganztag nur mit massiven Investitionen möglich

Bildungsgewerkschaft und Kinderhilfswerk zum „Fachkräfte-Radar für Kita und Grundschule 2022“

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) sieht sich mit Blick auf den „Fachkräfte-Radar für Kita und Grundschule 2022“ darin bestätigt, dass der ab 2026 geltende Rechtsanspruch auf Ganztag in der Grundschule ein gesellschaftspolitischer Kraftakt werden wird. „Die Zahlen der Bertelsmann-Studie zeigen deutlich, dass unser frühkindliches Bildungssystem vor dem Kollaps steht und wir jetzt unbedingt handeln müssen“, sagte Doreen Siebernik, GEW-Vorstandsmitglied für Jugendhilfe und Sozialarbeit. Einen hochwertigen Ganztag in der Grundschule könne es nicht ohne massive Investitionen in Fachkräfte, Qualität und Ausbau geben, so Siebernik.

Wichtiger Beitrag für eine demokratische und offene Gesellschaft

„Die Kolleginnen und Kollegen in den Kitas und Schulen leisten täglich trotz enormer Belastungen einen wichtigen Beitrag für eine demokratische und offene Gesellschaft, aber sie sind nach den kräftezehrenden Herausforderungen der letzten Jahre am Limit!“ Es fehle überall Personal und Nachwuchs, das bestätige die heute vorgelegte Prognose, so die GEW-Kita-Expertin. „Durch das fehlende Personal entsteht ein zweites Problem. Die Arbeitsbelastung ist vielfach zu hoch. Dieser Zustand ist nicht mehr akzeptabel und wird sich mit Blick auf die demographische Entwicklung und den Berechnungen zu Bedarfen und Personalressourcen, insbesondere im Westen der Republik, in den nächsten zehn Jahren dramatisch zuspitzen“, so Siebernik.

Langfristig angelegte Fachkräfteoffensive

„Wir brauchen jetzt eine langfristig angelegte Fachkräfteoffensive vom Bund und den Ländern“, ergänzte Anja Bensinger-Stolze, GEW-Vorstandsmitglied für den Organisationsbereich Schule. Sie wies auf blinde Flecken in der Prognose hin: „Es ist unglaublich, dass wir bundesweit keinen empirischen Überblick haben, welche Berufsgruppen überhaupt derzeit im Ganztag beschäftigt und inwieweit diese prekär beschäftigt sind.“ Um der Entwicklung zum schulischen Ganztag an Grundschulen und dem Rechtsanspruch auf ganztägige Förderung gerecht zu werden, müsse der Bund jetzt die qualitativen Rahmenbedingungen setzen und im Zuge dessen eine qualitative Datengrundlage schaffen. „Das Problem lässt sich nicht aussitzen. Die Arbeitsbedingungen müssen zügig verbessert werden, um die Arbeitsfelder Kita und Schule wieder attraktiv zu machen. Des Weiteren braucht es besonders im Westen der Republik einen koordinierten und bedarfsgerechten Ausbau der Plätze“, kritisierte Bensinger-Stolze abschließend.

Qualitätssicherung

Auch das Deutsche Kinderhilfswerk (DKHW) fordert anlässlich des Fachkräfte-Radars von Bund, Ländern und Kommunen größere Kraftanstrengungen, damit bis zum Jahr 2030 jedem Grundschulkind ein qualitativ hochwertiger Platz in der Ganztagsbetreuung zur Verfügung stehe. Aus Sicht der DKHW muss sich der Ausbau der Ganztagsbetreuung an Grundschulen konsequent an den Prinzipien der UN-Kinderrechtskonvention ausrichten. Ein rein quantitativer Ausbau von Betreuungsplätzen ohne ausreichende Qualitätssicherung widerspräche der in der UN-Kinderrechtskonvention normierten Vorrangstellung des Kindeswohls. Alle Anstrengungen in der Qualitätsentwicklung für Kita und Hort müssten sich daher vorrangig am psychischen und physischen Wohlergehen der Kinder messen lassen und das Ganztagsangebot explizit an demokratischen Grundprinzipien ausrichten. Hierfür brauche es klare, deutschlandweit einheitliche Rahmenvorgaben durch den Bund, um die Qualität dieser Betreuungsplätze nachhaltig sicherzustellen, so das DKHW in einer Mitteilung.




Über 100.000 Fachkräfte fehlen bei der Ganztagsförderung an Grundschulen bis 2030

Qualitätsverbesserungen im Osten und Quantitätsverbesserungen im Westen dringend nötig

Die Umsetzung des Rechtsanspruchs auf Ganztagsförderung in der Grundschule und im Hort erfordert deutlich mehr Fachkräfte, als bis 2030 zur Verfügung stehen. Im Westen sind 76.000 Fachkräfte zusätzlich erforderlich, wenn bis Ende des Jahrzehnts für jedes Kind ein Platz mit einer Förderung von 40 Wochenstunden vorhanden sein soll. In den ostdeutschen Bundesländern steht zwar genügend Personal zur Verfügung, damit jedes Kind einen Platz erhalten kann. Die Bertelsmann Stiftung empfiehlt allerdings – über den Rechtsanspruch hin-aus – die ostdeutschen Schulen und Horte mit so viel Personal auszustatten, dass sie die bessere Personalausstattung im Westen erreichen. Dafür wären zusätzlich 26.000 Fachkräfte erforderlich. Für eine flächendeckende und personell gut ausgestattete Ganztagsförderung würden also bis 2030 insgesamt über 100.000 pädagogische Mitarbeiter:innen mehr benötigt werden, als voraussichtlich zur Verfügung stehen. Das zeigt der neue „Fachkräfte-Radar für KiTa und Grundschule 2022“ der Bertelsmann Stiftung.

Die westdeutschen Bundesländer müssen sich auf den Platzausbau konzentrieren

Die ostdeutschen Bundesländer erfüllen für die Mehrheit der Grundschulkinder bereits den Rechtsanspruch auf eine ganztägige Betreuung – durchschnittlich 83 Prozent nutzen ein Ganztagsangebot sowie 3,5 Prozent ein Übermittagsangebot, das bis ca.  14:30 Uhr zur Ver-fügung steht. In den westdeutschen Bundesländern liegt die Teilhabequote im Schnitt nur bei 47 Prozent. Zudem besuchen hier 18 Prozent der Kinder im Grundschulalter ein Übermittagsangebot. Wenn im Westen jedes Grundschulkind bis 2030 ein Ganztagsangebot erhalten soll, müssen über eine Million Plätze zusätzlich zu den bestehenden geschaffen werden. Dafür sind rund 76.000 Fachkräfte mehr erforderlich, als bis dahin zur Verfügung stehen.

Im Osten ist eine bessere Personalausstattung nötig

Die ostdeutschen Bundesländer können zwar bis Ende des Jahrzehnts jedem Kind einen Platz anbieten, ohne dass ein Personalmangel zu erwarten ist. Allerdings plädiert die Bertelsmann Stiftung dafür, die personelle Situation an den ostdeutschen Grundschulen und Horten zu verbessern. Für die Personalausstattung legt der Rechtsanspruch keine bundeseinheitlichen Standards fest, doch die Unterschiede sind gravierend: Während die Horte in West-deutschland einen Personalschlüssel von 1 zu 6 aufweisen, liegt dieser im Osten bei 1 zu 14. Eine Vollzeit-Fachkraft in Ostdeutschland muss also – rechnerisch – mehr als doppelt so viele Kinder betreuen, wie in einem westdeutschen Hort. Daten zur Personalausstattung in schulischen Ganztagsangeboten werden bislang nicht erhoben. Orientierung bietet hier die landesspezifische Relation einer Lehrkraft zu Schüler:innen, die in Westdeutschland bei 1 zu 14,7 und in Ostdeutschland bei 1 zu 16,2 liegt. Damit in den ostdeutschen Bundesländern für alle Grundschulkinder ein ganztägiges Angebot mit einer, gemessen an der Personalausstattung, vergleichbaren Qualität wie im Westen bereitsteht, werden laut Prognose des Radars 26.000 zusätzliche Fachkräfte bis 2030 benötigt. Lediglich in Berlin und Thüringen werden nach derzeitigem Stand genügend Fachkräfte zur Verfügung stehen, um die Personalausstattung bis Ende des Jahrzehnts an den Westen anzugleichen.

Der zusätzliche Fachkräftebedarf fällt in Ost und West niedriger aus, wenn 2030 nicht alle Kinder ein Ganztagsangebot nutzen, sondern die Teilhabequoten bis dahin den Stand der ostdeutschen Teilhabequote erreichen (im Durchschnitt 86 Prozent). Doch selbst dann fehlen in Ost statt 26.000 noch 18.000 Personen, in West statt 76.000 noch 55.000 Personen. Nähme ein Teil der Kinder in Westdeutschland weiterhin die kürzere Übermittagsbetreuung in Anspruch, wäre der Personalmangel niedriger, läge aber noch bei fast 34.000 Personen. Insgesamt stünden damit in Deutschland noch immer zwischen 52.000 und 73.000 Fachkräfte weniger zur Verfügung, als benötigt. Das sind rund anderthalbmal beziehungsweise doppelt so viele Personen, wie die fast 37.000 Fachkräfte, die laut Prognose bis 2030 als neue Mitarbeiter:innen hinzukommen werden.

Die Bundesländer sollten schon jetzt Maßnahmen ergreifen

Die im „Fachkräfte-Radar für KiTa und Grundschule 2022“ beschriebenen Szenarien stellen verschiedene Handlungsoptionen für die Politik dar. Eine lückenhafte und zudem uneinheitliche Datengrundlage erschwert eine umfassende Bestandsaufnahme. Für Anette Stein, Direktorin im Programm „Bildung und Next Generation“ der Bertelsmann Stiftung, zeigen die Szenarien allerdings deutlich: „Die Umsetzung des Rechtsanspruchs lässt sich nur mit einem deutlich erhöhten Angebot an Fachkräften bewältigen. Daher müssen die Bundesländer gemein-sam mit allen Verantwortlichen schon jetzt differenzierte Maßnahmen ergreifen, um dem steigenden Personalmangel in Grundschulen und Horten vorzubeugen.“

Die westdeutschen Bundesländer sollten bis 2030 alle Anstrengungen darauf konzentrieren, das Platz- und damit das Personalangebot so auszubauen, dass der Rechtsanspruch auf Ganztagsförderung flächendeckend erfüllt werden kann. Die ostdeutschen Länder wiederum könnten einen Teil der Bundesmittel aus dem Ganztagsförderungsgesetz dazu einsetzen, eine Personalausstattung wie im Westen zu erreichen. Nach Einschätzung der Bertelsmann Stiftung sind weniger die finanziellen Mittel, sondern die fehlenden Mitarbeiter:innen die zentrale Herausforderung. Die Dimensionen des Personalmangels werden mit Blick auf die Ergebnisse der ersten Ausgabe des Fachkräfte-Radars aus dem August 2021 noch größer: Dieser ermittelte, dass im Kita-Bereich bis 2030 rund 230.000 pädagogische Beschäftigte fehlen werden.

„Damit der Rechtanspruch auf ganztägige Förderung für alle Grundschulkinder die besten Bildungschancen ermöglicht, brauchen wir ausreichend und gut qualifiziertes pädagogisches Personal. Der Hebel dafür ist eine langfristig angelegte Fachkräfteoffensive von Bund und Ländern. Für eine bessere sowie bundeseinheitliche Personalausstattung in Horten und Grundschulen muss die Politik jetzt die gesetzlichen Rahmenbedingungen, genügend Ausbildungskapazitäten sowie Anreize für den Einstieg in das Berufsfeld schaffen“, betont Stein.

Zusatzinformationen

Für den „Fachkräfte-Radar für KiTa und Grundschule 2022“ wurden Daten der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder aus der Kinder- und Jugendhilfe-Statistik (Stichtag 1. März 2021), der Kultusministerkonferenz, der KiBS Studie aus 2020 und weiteren amtlichen Statistiken genutzt. Die Berechnungen führte Economix Research & Consulting durch. Die Publikation ist hier zu finden. Der Rechtsanspruch auf ganztägige Förderung für Grundschulkinder ist im Ganztagsförderungsgesetz (GaFöG) von Oktober 2021 geregelt und umfasst 40 Wochenstunden inklusiven Unterricht. Er gilt für Kinder von der 1. bis zur 4. Schulklasse und wird gestaffelt nach der Klassenstufe eingeführt. Ab dem Schuljahr 2026/2027 greift er bei Schüler:innen der 1. Klasse, ab 2029/2030 bei allen Grundschulklassen.

Quelle: Bertelsmann-Stiftung




IQB-Bildungstrend: Schüler:innen in der sozialen Entwicklung und im Lernerfolg erheblich zurückgefallen

Geringere Leistungen in Deutsch und Mathematik in schulisch herausfordernden Zeiten

Die Schülerinnen und Schüler in Deutschland sind in ihrer sozialen Entwicklung und in ihrem Lernerfolg erheblich zurückgefallen. Das zeigt jetzt auch eine Vorabauswertung des IQB-Bildungstrends 2021, der vor den Sommerferien im Jahr 2021 deutschlandweit in den vierten Klassen durchgeführt wurde. Bei der Präsentation der Ergebnisse hießt es, dass nicht davon ausgegangen werden könne, dass ausschließlich die Pandemiesituation für die Kompetenzrückgänge verantwortlich sei. Schon zwischen 2011 und 2016 sei die ungünstige Entwicklung zu beobachten gewesen.

Viele Viertklässler:innen erreichen die Bildungsstandards nicht

Demnach erreichen signifikant weniger Viertklässlerinnen und Viertklässlern in den Fächern Deutsch und Mathematik im Vergleich zu den letzten Erhebungen in den Jahren 2011 und 2016 die Bildungsstandards der Kultusministerkonferenz (KMK). Der Anteil der Kinder, die die Mindeststandards verfehlen, ist teilweise deutlich gestiegen, und die sozialen und zuwanderungsbezogenen Disparitäten haben sich verstärkt. Weitere Befunde zeigen zudem auch ein etwas geringeres fachliches Interesse für Deutsch und Mathematik, aber eine nach wie vor hohe Schulzufriedenheit und positive Bewertung der sozialen Integration in der Schulklasse. Der Kompetenzrückgang entspricht der Lernzeit von ca. einem drittel Schuljahr im Lesen, einem halben Schuljahr im Zuhören, einem viertel Schuljahr im Bereich Orthografie und einem viertel Schuljahr im Fach Mathematik, hieß es bei der Vorstellung des Kurzberichts.

Deutliche soziale Unterschiede

Prof. Dr. Petra Stanat, wissenschaftliche Leiterin des IQB: „Die ungünstigen Veränderungen in den erreichten Kompetenzen sind deutlich und sicherlich nicht unwesentlich darauf zurückzuführen, dass diese Kohorte von Kindern von den pandemiebedingten Einschränkungen betroffen war. Allerdings haben auch schon in den früheren Kohorten zu viele Kinder nicht die Mindeststandards erreicht. Um diese Kinder muss sich das Bildungssystem systematischer kümmern.“

Karin Prien, Präsidentin der Kultusministerkonferenz und Ministerin für Allgemeine und Berufliche Bildung, Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Schleswig-Holstein: „Die Folgen der Corona-Pandemie bei den Viertklässlerinnen und Viertklässlern sind gravierend. Die Ergebnisse zeigen, dass besonders Kinder von den pandemiebedingten Schulschließungen betroffen waren, die zu Hause weniger Unterstützung erhalten können. Dies unterstreicht einmal mehr die Bedeutung von schulischem Lernen für die Bildungsgerechtigkeit. Die Schülerinnen und Schüler brauchen den Präsenzunterricht in der Schule und langfristig angelegte Maßnahmen, um die pandemiebedingten Lernrückstände aufzuholen. Um den Schülerinnen und Schülern weiterhin verstärkt gezielte Förderung zu ermöglichen, haben die Länder die Bundesregierung gebeten, das Bundesprogramm ,Aufholen nach Corona für Kinder und Jugendliche‘ in Bezug auf Lernrückstände sowie psychosoziale Effekte im Schulbereich mit weiteren 500 Millionen Euro zunächst bis zum Ende des Schuljahres 2023/2024 zu verlängern. Die großen Schulleistungsstudien zeigen aber auch, dass schon vor der Pandemie seit 2011 negative Trends festzustellen sind. Wir müssen daher den eingeschlagenen Weg konsequent weiter gehen und die Basiskompetenzen Lesen, Schreiben und Rechnen stärken!“

„Viele haben den Anschluss verloren“

Ties Rabe, A-Länderkoordinator und Hamburgs Senator für Schule und Berufsbildung: „Erneut bestätigt eine wichtige Studie die schlimmen Folgen der Schulschließungen und Unterrichtseinschränkungen in der Corona-Zeit: Viele Schülerinnen und Schüler haben den Anschluss verloren und große Lernrückstände. Es schmerzt besonders, dass die Schulschließungen gerade bei Kindern mit Lernproblemen die schlimmsten Auswirkungen hatten. Die IQB-Studie bestätigt erneut die Zweifel vieler Kultusminister, dass der deutsche Corona-Sonderweg mit den meisten Schulschließungen aller westeuropäischen Länder wirklich richtig war. In jedem Fall ist jetzt eine gemeinsame Kraftanstrengung von Bund und Ländern notwendig, um den Schülerinnen und Schülern zu helfen. Wir erwarten, dass sich gerade der Bund jetzt nicht wegduckt, sondern das laufende Corona-Aufholprogramm aufstockt und verlängert sowie gemeinsam mit den Ländern zügig ein dauerhaftes Nachfolgeprogramm zur Verbesserung der Startchancen für benachteiligte Schülerinnen und Schüler entwickelt und umsetzt.“

Interessen der Schüler:innen in den Vordergrund stellen

Prof. Dr. R. Alexander Lorz, B-Länderkoordinator und Hessischer Kultusminister: „Die nun vorliegenden Ergebnisse sind eine Verpflichtung für uns als Politik, bei allen zukünftigen Pandemie-Entscheidungen noch mehr als zuvor die Interessen der jungen Schülerinnen und Schüler in den Vordergrund zu stellen und unsere umfassenden Aufhol-Bemühungen fortzusetzen – länger als bisher vom Bund vorgesehen. Dabei sind Mathe und Deutsch das Fundament für jede erfolgreiche Schullaufbahn. Hier müssen wir aktiv handeln.“

Trend des Rückgangs der Basiskompetenzen

„Auch wenn der IQB-Bildungstrends noch keine speziellen Ergebnisse für Baden-Württemberg ausweist, nehmen wir den Bildungstrend ernst. Die Ergebnisse sind nicht gut“, sagt baden-württembergische Kultusministerin Theresa Schopper. Sie fügt hinzu: „Zwei Entwicklungen halte ich für besonders bedeutend. Zum einen zeigen sich Kompetenzrückgänge bei den Schülerinnen und Schülern bei den besonders wichtigen Basiskompetenzen. Es spricht viel dafür, dass es sich hier nicht nur um einen kurzfristigen Effekt der Pandemie handelt, sondern dass sich hier eine längerfristige Entwicklung des Rückgangs der Basiskompetenzen fortsetzt, deren Entwicklung sich schon 2011 und 2016 angedeutet hat. Außerdem zeigt der Bildungstrend, dass es besonders diejenigen Schülerinnen und Schüler sind, deren Kompetenzen sich verschlechtert haben, die nicht das gut ausgestattete Elternhaus hinter sich haben. Auf diese Gruppe müssen wir besonders achtgeben. Mit beiden Entwicklungen können wir uns nicht zufrieden geben und werden uns auch nicht damit abfinden.“

VBE: Pandemie Zäsur in der Bildungsbiografie

Auch der Verband Bildung und Erziehung stellt in seiner Betrachtung die wachsende Bildungsungerechtigkeit in den Mittelpunkt. „Die IQB-Bildungstrends bestätigen, was bereits andere Umfragen und Studien aufgezeigt haben. Die Pandemie und die damit einhergehenden Einschränkungen waren und sind eine Zäsur in der Bildungsbiografie vieler Schülerinnen und Schüler. Aber sie betreffen diejenigen, die bereits vorher schon zu den Benachteiligten zählten, in überdurchschnittlichem Maße. Bildungschancen sind nach wie vor in starkem Maße von der sozialen Herkunft abhängig und bisher erkämpfte Fortschritte sind durch die Pandemie wieder verloren gegangen“, kommentiert Udo Beckmann, Bundesvorsitzender des VBE die Ergebnisse. Dabei ist er sich mit der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft einig.


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GEW: Bildung muss alleroberste Priorität eingeräumt werden

„Wie laut müssen die Alarmglocken noch läuten, damit der Bildung in diesem Land endlich alleroberste Priorität eingeräumt wird?“, fragt Anja Bensinger-Stolze, Vorstandsmitglied Schule der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). „Der sozioökonomische Status der Familie spielt eine immer größere Rolle beim Kompetenzerwerb der Kinder. Schulerfolg und Lebensperspektiven sind eng mit dem Elternhaus verknüpft, seit PISA 2001 die Achillesferse des Bildungssystems in Deutschland. Statt der gesellschaftlich notwendigen Entkopplung verschärft sich die Situation aber offenbar noch. Dieser Trend ist seit 2016 festzustellen und trifft alle Kinder, aber ganz besonders Schülerinnen und Schüler mit Zuwanderungshintergrund.“

Philogenverband fokussiert auf Mathe und Deutsch

Die Defizite in der sozialen Entwicklung der Schüler werden kaum kommentiert. So konzentriert sich auch die Vorstandsvorsitzende des Deutschen Philologenverbandes auf die mangelnden Orthographie- und Mathematikkenntnisse vieler Kinder: „Die jetzigen Ergebnisse bestätigen den Eindruck vieler Gymnasiallehrkräfte, dass das Leistungsniveau der Grundschülerinnen und -schüler beim Übergang auf die weiterführende Schulart gesunken sei. An den Grundschulen muss mehr auf den Lernerfolg geachtet werden“, erklärt sie.

Hintergrundinformationen zur Studie

Im IQB-Bildungstrend 2021 hat das Institut zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen (IQB) im Auftrag der Kultusministerkonferenz zum dritten Mal untersucht, inwieweit Viertklässlerinnen und Viertklässler die bundesweit geltenden Bildungsstandards der Kultusministerkonferenz (KMK) in den Fächern Deutsch und Mathematik für den Primarbereich erreichen. Durch einen Vergleich mit den Ergebnissen des IQB-Ländervergleichs 2011 und des IQB-Bildungstrends 2016 ist es möglich, zu prüfen, inwieweit sich das Kompetenzniveau der Kinder in den letzten fünf beziehungsweise zehn Jahren verändert hat.

Am IQB-Bildungstrend 2021 haben 26.844 Schülerinnen und Schüler der 4. Jahrgangsstufe in 1.464 Grund- und Förderschulen aus allen 16 Ländern teilgenommen. Im Fach Deutsch wurden die Kompetenzbereiche „Lesen“, „Zuhören“ und „Orthografie“ geprüft, im Fach Mathematik fünf inhaltsbezogene Kompetenzbereiche (Leitideen), die sich in einer Globalskala mathematischer Kompetenz zusammenfassen lassen.    
Der vorgestellte Kurzbericht enthält erste Ergebnisse für Deutschland insgesamt und kann auf der Webseite des IQB heruntergeladen werden. Vertiefende Analysen und Ergebnisse zu den einzelnen Ländern werden im Oktober 2022 im Berichtsband zum IQB-Bildungstrend 2021 publiziert.

Quellen: Pressemitteilungen KMK, VBE, GEW, DPhV und des Kultusministeriums Baden-Württemberg




Wie die Pandemie Grundschulkinder belastet

Bildungsforscher:innen der Bergischen Universität Wuppertal stellen erhöhte Aggressivität, Zukunftsängste und mangelhaftes soziales Lernen fest

Wie geht es Kindern nach zwei Jahren Corona? Dieser Frage gingen Bildungsforscher:innen der Bergischen Universität Wuppertal nach. In der ersten Jahreshälfte 2022 befragten sie deshalb in Kooperation mit einem Schulamtsbezirk in Köln zahlreiche Eltern, Lehrkräfte, Kinder und Schulleitungen über die aktuelle Situation in den Grundschulen. Das Ergebnis: Die vergangenen zwei Pandemie-Jahre haben deutliche Spuren hinterlassen.

„Ausgangslage für die Studie war die hohe Anzahl an Problemen, die viele Lehrkräfte während der Corona-Pandemie bei Kindern festgestellt haben“, erklärt Prof. Dr. Christian Huber vom Arbeitsbereich für Rehabilitationswissenschaften mit dem Förderschwerpunkt Emotional-Soziale Entwicklung an der Bergischen Universität. Gemeint sind zum einen sogenannte externalisierende Auffälligkeiten – also etwa Unterrichtsstörungen, Konflikte und Hyperaktivität – aber auch internalisierende Verhaltensprobleme, wie sozialer Rückzug und Angst. Und auch die Lehrkräfte selber fühlten sich überfordert und hätten vor allem das Problem, dass sie die inhaltlichen Rückstände nach den Lockdowns – wie etwa Lesen, Schreiben, Rechnen – nicht aufholen können.

Auffälligkeiten und Belastungen sorgen für schwierige Lernatmosphäre

Um die aktuelle Situation genauer zu analysieren, befragte das Team um Prof. Christian Huber über 1200 Grundschulkinder, rund 1150 Eltern, fast 150 Lehrkräfte und 22 Schulleitungen aus insgesamt 30 Grundschulen im Schulamtsbezirk 3 in Köln.

Dabei stellte sich heraus,

  • dass Kinder selbst eine stark erhöhte Aggressivität bei sich selbst wahrnehmen, was laut den Forscher*innen eher ungewöhnlich ist,
  • dass diese Aggressivität insbesondere bei Kindern feststellbar ist, die auch starke Zukunftsängste im Zuge der Corona-Pandemie entwickelt haben,
  • dass Kinder der dritten und vierten Klassen im Schnitt deutlich in ihrem sozialen Lernen, insbesondere bei der sozial-kognitiven Verarbeitung, zurückliegen, weil sie in der Coronazeit viele soziale Lernerfahrungen nicht machen konnten.

Neben der gesteigerten Aggressivität waren auch Ängste und depressive Symptome bei den Kindern erhöht. „Viele Grundschulkinder sitzen somit in einem Zustand in den Klassenzimmern, in dem inhaltliches Lernen nur schwer möglich sein dürfte“, so Christian Huber.

Die Studie ergab aber auch, dass etwa 30 Prozent der Lehrkräfte stark oder auch sehr stark belastet sind, etwa 10 Prozent so stark, dass man befürchten muss, dass sie perspektivisch ausfallen könnten.

„Die Ergebnisse sind insofern interessant, weil sie unter anderem zeigen, wie stark die Pandemie – und auch die Situation in der Ukraine – viele Kinder noch beschäftigt und wie stark insbesondere coronabedingte Sorgen mit extern- und internalisierenden Verhaltensproblemen zusammenhängen“, sagt Huber.

Gemeinsame Aufbereitung und soziale Kontakte jetzt besonders wichtig

Aus ihren Ergebnissen konnten die Forscher:innen einige Empfehlungen ableiten, wie die Situation für Kinder, Familien und Eltern jetzt aufbereitet werden und der Stress im System reduziert werden könnte. So sind zum Beispiel viele Kinder mit der Aufbereitung der Corona-Pandemie und der Kriegsereignisse alleine. „Die Aufbereitung dieser Erlebnisse sollte in den Familien, Schule und Ganztag Vorrang vor dem Aufholen des verpassten Lernstoffs haben – sonst werden sich die Verhaltensprobleme auch im kommenden Schuljahr nicht oder nur sehr langsam reduzieren“, schätzt der Professor.

Zum anderen vollziehe sich soziales Lernen bei Kindern meist im Umgang mit Gleichaltrigen. Dies war in der Pandemiezeit aber nicht oder nur erschwert möglich. „Alle sozialen Erfahrungen in Schule, Sport und Freizeit sind jetzt wichtig. Die Rolle von Eltern und Schulen ist dabei, Konflikte regelmäßig zu besprechen und Konfliktlösungen mit den Kindern zu erarbeiten“, weiß Christian Huber. Zusätzlich können auch Sozialtrainings und Elterncoachings ein Teil der Lösung sein. Hier müssen jetzt alle Kräfte einer Schulregion gebündelt und niederschwellige Angebote geschaffen werden.

Denise Haberger Pressestelle/Bergische Universität Wuppertal




Grundschulkinder und Jugendliche rund 111 Minuten täglich im Netz

59 Prozent der Zehn- bis 18-Jährigen können sich ein Leben ohne Internet nicht vorstellen

Chatten, Videos schauen, Informationen suchen: So gut wie alle Kinder und Jugendlichen zwischen sechs und 18 Jahren (98 Prozent) nutzen ein Smartphone oder Tablet. Letzlich setzen mittlerweile ja auch voraus, dass Kinder sich viele notwendigen Informationen aus dem Netz ziehen können. Selbst die Jüngsten zwischen sechs und neun Jahren (95 Prozent) nutzen zumindest eines dieser beiden Geräte. Mit diesen oder anderen Geräten verbringen Deutschlands Kinder und Jugendliche im Alter ab sechs Jahren jeden Tag im Schnitt fast zwei Stunden (111 Minuten) im Netz.

Die Online-Zeit steigt mit dem Alter stark an: So sind Sechs- bis Neunjährige durchschnittlich 49 Minuten pro Tag im Internet und Zehn- bis Zwölfjährige eine Stunde und 27 Minuten. Jugendliche ab 13 Jahren verbringen über zwei Stunden im Netz: 13- bis 15-Jährige zwei Stunden und 20 Minuten, 16- bis 18-Jährige zwei Stunden und 46 Minuten. Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Studie im Auftrag des Digitalverbands Bitkom, für die mehr als 900 Kinder und Jugendliche zwischen sechs und 18 Jahren befragt wurden. Die Angaben beruhen auf Selbstauskünften der Kinder und Jugendlichen, bei den jüngeren im Beisein der Eltern.

Kinder haben immer früher Kontakt mit Smartphone und Tablet

Sehr früh kommen Kinder und Jugendliche mit digitalen Medien und Geräten in Kontakt. 88 Prozent der Sechs- bis 18-Jährigen verbringen zumindest ab und zu Zeit im Internet. Fast genauso viele (87 Prozent) nutzen selbstständig oder zusammen mit ihren Eltern ein Smartphone. Acht von zehn Kindern und Jugendlichen (80 Prozent) nutzen Tablets – vor allem die Jüngeren zwischen sechs und neun Jahren (86 Prozent).

Mit dem Alter nimmt die Tablet-Nutzung leicht ab. 85 Prozent der Zehn- bis Zwölfährigen verwenden Tablets, unter den 16- bis 18-Jährigen noch 74 Prozent. Smartphones hingegen gehören ab dem Grundschulalter zum Alltag dazu: Während 66 Prozent der Sechs- bis Neunjährigen Smartphones nutzen, sind es bei den Zehn- bis Zwölfjährigen 92 Prozent und ab dem Alter von zwölf Jahren gibt es kaum ein Kind ohne Smartphone.

Viele Kinder und Jugendliche haben schon früh ein eigenes Gerät: So geben 36 Prozent der Sechs- bis Neunjährigen an, ein Tablet zu besitzen, ab zehn Jahren ist es mehr als die Hälfte. Insgesamt besitzt jede oder jeder Zweite zwischen sechs und 18 Jahren ein Tablet (50 Prozent). Auch der Smartphone-Besitz (gesamt: 71 Prozent) steigt mit dem Alter rasant: Während 21 Prozent der Sechs- bis Neunährigen ein eigenes Handy besitzen, sind es unter den Zehn- bis Zwölfährigen schon 86 Prozent und bei den 13- bis 15-Jährigen sogar 95 Prozent.

Das bedeutet aber auch, dass bei den Sechs- bis Neunjährigen 64 Prozent kein Tablet und 79 Prozent kein Smartphone besitzen. Erst in der weiterführenden Schule scheint der Großteil der Eltern geneigt, ihren Kindern ein solches Gerät zu beschaffen. Vorher verfügt der weitaus größte Teil eben über keines der beiden Geräte, womit Grundschulehrkräfte nicht annehmen dürfen, dass ihre Schüler und Schülerinnen darüber verfügen können.

Im Langzeit-Vergleich kommen Kinder und Jugendliche der Bitkom-Studie zufolge immer früher mit digitalen Endgeräten in Kontakt. Im Jahr 2014 nutzten lediglich 20 Prozent der Sechs- bis Siebenjährigen ab und zu ein Smartphone, aktuell sind es 64 Prozent. Bei den Zehn- bis Elfjährigen stieg der Nutzungsanteil von 57 Prozent im Jahr 2014 auf 87 Prozent im Jahr 2022. Auch bei den 16- bis 18-Jährigen ist die Handy-Nutzung heute nochmals ausgeprägter und stieg von 88 Prozent (2014) um weitere neun Prozentpunkte auf 97 Prozent.

Messenger- und Streaming-Dienste sind beim Nachwuchs am beliebtesten

Die Zeit im Netz verbringen Kinder und Jugendliche zwischen zehn und 18 Jahren am liebsten mit Chatten oder Video-Streaming. So verschicken mehr als acht von zehn Kindern und Jugendlichen zumindest gelegentlich Chat-Nachrichten (86 Prozent) und schauen Filme, Serien und Co. (83 Prozent) im Netz. 71 Prozent hören Radio oder Musik und 69 Prozent suchen Informationen für Schule oder Ausbildung. Sechs von zehn spielen Online-Games (61 Prozent). Vier von zehn Kindern und Jugendlichen ab zehn Jahren informieren sich über aktuelle politische, wirtschaftliche oder gesellschaftliche Nachrichten (38 Prozent). Etwa ein Viertel shoppt online (23 Prozent).

YouTube ist die meist genutzte Online-Plattform

Die große Beliebtheit von Videos und Streaming zeigt sich in der Plattformnutzung: Über alle Altersgruppen hinweg dominiert das Videoportal YouTube. So nutzen 82 Prozent der Zehn- bis 18-Jährigen zumindest ab und zu die Internetseite oder App. Mit großem Abstand folgt Instagram. Auf dieser sozialen Plattform ist etwas mehr als die Hälfte (54 Prozent) aktiv – die Nutzung nimmt mit dem Alter jedoch stark zu: Während erst 17 Prozent der Zehn- bis Zwölfjährigen auf Instagram Zeit verbringen, sind es unter den 13- bis 15-Jährigen schon 60 Prozent und 84 Prozent bei den 16- bis 18-Jährigen. TikTok (gesamt: 50 Prozent) hingegen büßt mit dem Alter an Interesse ein. So nutzen zwar knapp zwei Drittel der 13- bis 15-Jährigen (63 Prozent) die Video-Plattform, die Älteren zwischen 16 und 18 Jahren allerdings nur noch zur Hälfte (52 Prozent). Deutlich geringer ist das Interesse an Facebook und Twitter: So nutzen nur zwölf Prozent der Zehn- bis 18-Jährigen Twitter und elf Prozent Facebook. Von drei Prozent bzw. vier Prozent unter den 10- bis 12-Jährigen steigen die Werte bei den 16- bis 18-Jährigen auf 21 Prozent für Twitter und 17 Prozent für Facebook.

Bei den Kurznachrichtendiensten und Messenger-Apps dominiert WhatsApp die Kommunikation. Hier versenden 82 Prozent der Zehn- bis 18-Jährigen häufig Text-, Bild- oder Sprachnachrichten, weitere zehn Prozent manchmal. Mit deutlichem Abstand folgt Snapchat, worüber sich 52 Prozent häufig oder manchmal austauschen. Den iPhone-basierten Dienst iMessage nutzt noch etwa jede oder jeder Vierte in dieser Altersgruppe (23 Prozent) zumindest manchmal, Skype jede oder jeder Fünfte (20 Prozent). Andere Dienste wie Facebook-Messenger (zwölf Prozent) oder Telegram (acht Prozent) werden von den wenigsten verwendet.

69 Prozent achten in sozialen Netzwerken auf ihre Privatsphäre

Dabei achten viele Kinder und Jugendliche nach eigenen Angaben auf ihre Privatsphäre. So wissen 69 Prozent der Zehn- bis 18-Jährigen, die mindestens ein soziales Netzwerk nutzen, wie sie dort aktiv ihre Privatsphäre-Einstellungen ändern können. 22 Prozent wissen, dass es solche Einstellungen gibt, aber nicht, wie sie diese ändern können. Lediglich sechs Prozent ist die Möglichkeit unbekannt. Wer weiß, wie es geht, macht davon häufig Gebrauch: 83 Prozent der Kinder und Jugendlichen mit entsprechendem Vorwissen haben ihre Privatsphäre-Einstellungen bereits aktiv geändert.

Grundsätzlich machen Kinder und Jugendliche viele positive Erfahrungen im Internet: 68 Prozent der 10- bis 18-Jährigen finden es gut, online immer mit Freundinnen, Freunden oder ihrer Klasse in Kontakt sein zu können. Etwa jede und jeder Dritte (31 Prozent) hat über das Netz schon neue Freundschaften geschlossen. Zudem haben knapp zwei Drittel (64 Prozent) online ihr Wissen erweitern können und ein Viertel (25 Prozent) hat so seine Leistungen in der Schule oder Ausbildung verbessert. Ob für das soziale Leben, zum Lernen oder einfach zur Unterhaltung: sechs von zehn Kindern und Jugendlichen (59 Prozent) können sich nicht vorstellen, nie wieder online zu sein.

45 Prozent haben negative Erfahrungen im Internet gemacht

Allerdings haben 35 Prozent der Zehn- bis 18-Jährigen das Gefühl, online zu viel Zeit zu verbringen. Und auch negative Erlebnisse gehören für sie dazu: 45 Prozent haben bei der Netz-Nutzung bereits schlechte Erfahrungen gemacht. So haben 19 Prozent Inhalte gesehen, die ihnen Angst eingeflößt haben. Etwa jede oder jeder Sechste (17 Prozent) wurde schon einmal beleidigt oder gemobbt – unter den Zwölf- bis 13-Jährigen gibt sogar fast ein Viertel (23 Prozent) an, im Netz Opfer von Mobbing oder Beleidigungen geworden zu sein. Dass Lügen über sie verbreitet wurden, sagten zwölf Prozent der Zehn- bis 18-Jährigen. Sexuelle Belästigung ist ein Problem, das vor allem Mädchen betrifft: So wurde bereits fast jedes zehnte Mädchen im Alter zwischen zehn und 18 Jahren von Gleichaltrigen im Netz sexuell belästigt (9 Prozent), jedes zwanzigste Mädchen von Erwachsenen (fünf Prozent). Jungen werden hingegen sehr viel seltener damit konfrontiert (ein Prozent bzw. zwei Prozent).

Kontrolle durch Eltern nimmt mit steigendem Alter der Kinder und Jugendlichen ab

Die Rolle der Eltern bei der Mediennutzung nimmt erwartungsgemäß mit dem Alter stark ab. So dürfen drei Viertel (76 Prozent) der Sechs- bis Neunährigen sowie 58 Prozent der 10- bis 12-Jährigen nur eine bestimmte Zeit online sein. Bei den 13- bis 15-Jährigen trifft das noch auf drei von zehn zu (30 Prozent), bei den 16- bis 18-Jährigen lediglich auf fümf Prozent. Insgesamt erhalten vier von zehn Kindern und Jugendlichen ab sechs Jahren (41 Prozent) zeitliche Vorgaben. Komplettes Online-Verbot erhalten auch mal 31 Prozent von ihren Eltern – 39 Prozent der Sechs- bis Neunjährigen, aber nur neun Prozent der 16- bis 18-Jährigen. Weiterhin sagen 44 Prozent der Jugendlichen zwischen 16 und 18 Jahren, dass ihre Eltern ihnen bei der Internetnutzung nichts verbieten – unter den Sechs- bis Neunjährigen haben nur zwei Prozent alle Freiheiten. Insgesamt gibt ein Fünftel der Sechs- bis 18-Jährigen (19 Prozent) an, nichts vorgeschrieben zu bekommen.

Allerdings bekommen 59 Prozent der Kinder und Jugendlichen von ihren Eltern erklärt, was online erlaubt ist und was nicht. Bei den Sechs- bis Neunjährigen sind es 60 Prozent und bei den 16- bis 18-Jährigen noch knapp die Hälfte (47 Prozent). Das Posten von privaten Inhalten thematisieren insbesondere die Eltern bei ihrem Zwölf- bis 15-jährigen Nachwuchs (75 Prozent) – insgesamt wird bei 59 Prozent aller Kinder und Jugendlichen darüber gesprochen. Generell redet nur ein Drittel (34 Prozent) der Eltern regelmäßig mit ihren Kindern über deren Online-Erfahrungen.

Quelle: Pressemitteilung Bitkom