„Kinderrechte müssen immer und überall Maßstab sein“

Deutsches Kinderhilfswerk stellt massive Defizite in vielen Einrichtungen fest:

Das Deutsche Kinderhilfswerk (DKHW) beklagt deutliche Defizite in der Verankerung von Kinderrechten in den rechtlichen und programmatischen Rahmengebungen für den schulischen Hort- und Ganztagsbereich. Das betrifft aus Sicht der Kinderrechtsorganisation auch weitere zentrale Aspekte ganzheitlicher Demokratiebildung, wie Partizipation, Inklusion und Schutz vor Diskriminierung.

Eine dazu vorgelegte Analyse des DKHW der Schul- und Kitagesetze sowie Bildungs- und Rahmenlehrpläne zeigt auf, dass es im Bundesländervergleich eine große Heterogenität insbesondere hinsichtlich des Stellenwerts von Kinderrechten und Demokratiebildung gibt. So fehlen einheitliche Vorgaben und ein verbindlicher Orientierungsrahmen für die pädagogische Praxis in Hort und Ganztag. Ein besonders großer Bedarf zeigt sich an der Schnittstelle zwischen Schulen und Kindertageseinrichtungen. Hier ist vor allem die Kultusministerkonferenz gefordert, gemeinsam mit dem Bundesfamilienministerium und in Zusammenarbeit mit den in diesem Bereich tätigen Organisationen und Verbänden stimmige Konzepte zur Beseitigung der Defizite vorzulegen.

Kinderrechte nach Gutdünken zugestanden

„Kinderrechte dürfen nicht nach Gutdünken zugestanden werden, sondern müssen immer und überall der Maßstab sein, wenn es um die Interessen von Kindern und Jugendlichen geht. Das gilt sowohl für den schulischen Bereich als auch für außerschulische Angebote. Deshalb brauchen wir eine verbindliche und wirksame Festschreibung der Kinderrechte in allen gesetzlichen und programmatischen Vorgaben. Der bisherige Flickenteppich in diesem Bereich muss durch eine einheitliche Rahmengebung beendet werden. Der 16. Kinder- und Jugendbericht bezeichnet den Hort- und Ganztagsbereich im Hinblick auf demokratische Bildung als, unterschätzten Raum‘. Diesen Raum gilt es für eine ganzheitliche Demokratiebildung vor allem mit Kinderrechten zu füllen. Demokratieförderung darf nicht erst dann beginnen, wenn Kinder und Jugendliche kurz vor der Teilnahme an ihren ersten Wahlen stehen. Demokratie muss als Alltag für Kinder erlebbar sein, schon für die Kleinsten. Wir dürfen aber auch nicht alles, was die Schulen selbst nicht schaffen, auf den Hortbereich abwälzen. Hier gilt es eine vernünftige Balance zu finden“, betont Holger Hofmann, Bundesgeschäftsführer des DKHW.

Verankerung der UN-Kinderrechtskonvention gefordert

Das DKHW fordert deshalb die Verankerung der in der UN-Kinderrechtskonvention normierten Kinderrechte in den rechtlichen Rahmengebungen für Hort und Ganztag in allen Bundesländern. Hier braucht es kinderrechtebasierte und bundeseinheitlich verbindliche Qualitätsstandards für den Hort und Ganztagsbereich. Zudem ist eine flächendeckende Verankerung von Kinderrechte- und Demokratiebildung in der Aus- und Weiterbildung pädagogischer Fachkräfte notwendig.

Außerdem plädiert das Deutsche Kinderhilfswerk für die Entwicklung von auf den Hort- und Ganztagsbereich zugeschnittenen Konzepten, Methoden und Materialien zur Verankerung und Umsetzung ganzheitlicher Demokratie- und Kinderrechtebildung sowie für die Bereitstellung von fachlicher Information, Beratung, Fortbildung und Vernetzung.

Informationen zur Unterstützung von Demokratiebildung

Umfangreiche Informationen zur Unterstützung der Demokratiebildung in Kita, Hort und Ganztag bietet die Website www.kompetenznetzwerk-deki.de. Auf dieser Seite präsentiert das im Bundesprogramm „Demokratie leben!“ geförderte Kompetenznetzwerk „Demokratiebildung im Kindesalter“ sich und seine Arbeit im Online-Bereich. Auf der Website finden die Besucherinnen und Besucher umfangreiche Informationen, Empfehlungen und praxisbezogene Tipps rund um das Thema Demokratiebildung im frühkindlichen und Primarbildungsbereich. Verantwortlich für die Website sind das Deutsche Kinderhilfswerk und das Institut für den Situationsansatz (ISTA) als Träger des Kompetenznetzwerkes. Dieses wird unter dem offiziellen Fördertitel „Kompetenznetzwerk Frühkindliche Bildung und Bildung in der Primarstufe“ durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gefördert.

Die Analyse des Deutschen Kinderhilfswerkes zu den rechtlichen und programmatischen Rahmengebungen im schulischen Hort- und Ganztagsbereich findet sich unter www.kompetenznetzwerk-deki.de/feldanalyse.




15 Schulen erhalten Fördermittel für ihr Außengelände

Die Aktion „Schulhofträume“ fördert Projekte mit bis zu 15.000 Euro

15 Schulen aus zehn verschiedenen Bundesländern erhalten im Rahmen der Aktion „Schulhofträume“ eine Förderung in Höhe von bis zu 15.000 Euro. Mit der Aktion „Schulhofträume“ fördert das Deutsche Kinderhilfswerk zusammen mit seinen Partnern die nachhaltige und naturnahe Umgestaltung modernisierungsbedürftiger Außenbereiche. Insgesamt stehen 100.000 Euro zur Verfügung.

Nachhaltigkeit ist Voraussetzung

Damit können die Schulen ihre oft vernachlässigten Außengelände mit neuen Aufenthaltsbereichen, naturnahen Arealen und altersgerechten Rückzugsräumen umgestalten. Daran sind zumeist die gesamte Schule, allen voran die Schülerinnen und Schüler selbst, beteiligt.

Beteiligung und Kreativität

Bei der Juryentscheidung spielten verschiedene Kriterien eine Rolle. So wurde neben der Beteiligung der Schülerinnen und Schüler, insbesondere auf die Kreativität des Projekts und die Eigenleistung der Schule geschaut. Aber auch der grundsätzliche Bedarf des Projekts wurde als wichtiges Entscheidungskriterium herangezogen.

400 BewerberInnen

Bei der Aktion „Schulhofträume“ hatten sich deutschlandweit rund 400 Schulen, Schülergruppen, Elterninitiativen, Vereine oder Kommunen beworben. Gefördert wird eine naturnahe Umgestaltung der Schulhöfe, insbesondere durch die Einrichtung grüner Klassenzimmer oder das Anlegen von Schulgärten. Die Gesamtfördersumme der Aktion beträgt 100.000 Euro, verteilt auf 15 Projekte. Die Hauptförderung ist mit 15.000 Euro dotiert.

Eine Aufstellung der Gewinnerschulen und weitere Infos zur Aktion „Schulhofträume“ unter www.dkhw.de/schulhoftraeume.

Partner des Deutschen Kinderhilfswerks sind bei diesem Projekt die Drogeriemarktkette Rossmann und der us-amerikanische Konsumgüterkonzern Procter & Gamble.




Eine Ostergeschichte mit Marcus und Luise

Eine extra lange Vorlesegeschichte mit einem tollen Rezept für einen Osterzopf

Weder Mama noch Wecker brauchte Marcus morgens, um wach zu werden. Denn an jedem Wochentag weckte ihn früh um sieben das Läuten der Kirchenglocken. Dann drehte er sich noch mal auf die andere Seite und hörte den Glocken zu: Erst begann die große mit dem tiefen Klang zu schlagen. Dann stimmten die anderen nach und nach ein. Schließlich läuteten alle Glocken volle Pulle, wurden wieder leiser; bald hörte man nur noch ab und zu einen Glockenton, zuletzt schlug die große noch zwei-, dreimal – dann war wieder Ruhe. Zeit zum Aufstehen!

Marcus mochte den Glockenklang – und fand es daher schade, dass die Glocken am Karfreitag zum vorerst letzten Mal läuteten. Er wusste, warum: An diesem Freitag vor vielen hundert Jahren war Jesus gestorben. Deshalb schwiegen die Glocken. Am Freitagabend, am gesamten Samstag hörte man keinen Ton von ihnen. Erst Sonntag früh, wenn die Sonne aufging, erklangen sie wieder. Klar, denn am Ostersonntag war Jesus damals auferstanden.

Und weil die Glocken so viele Stunden schweigen mussten, schien es, als ob sie am Ostersonntag besonders fröhlich läuteten. Der Ostersonntag war überhaupt einer der schönsten Tage des Jahres. Marcus freute sich auf das Osterfrühstück mit den buntgefärbten Eiern, auf den Familiengottesdienst, der mit einem Osterfeuer vor der Kirche begann und natürlich auf das Suchen der Osternester. Das würde heute dreimal passieren: erst auf der Kirchwiese, dann daheim und schließlich noch am Nachmittag bei Oma und Opa.

Ach ja – und dann war da in diesem Jahr noch etwas ganz Besonderes: Sehr zeitig, noch vor dem Frühstück, würde die ganze Familie spazieren gehen. Könnte ja sein, dass der Osterhase schon unterwegs war und dabei ein paar Süßigkeiten verloren hatte.

Papa hatte erzählt, solch ein Osterspaziergang frühmorgens sei eine alte Tradition – also, das täten die Leute schon seit vielen, vielen Jahren. So, wie die Frauen damals am Ostermorgen zum Grab von Jesus gelaufen seien und dann festgestellt hätten, dass Jesus gar nicht mehr tot sei. Und weil die Frauen unterwegs noch ganz traurig waren, wird bei so einem Osterspaziergang nicht geredet. Ganz schön schwierig: kein Wörtchen durfte gesagt werden. Marcus würde das schon hinkriegen, klar. – Aber Luise! Ihr Schnattermäulchen konnte nicht mal drei Minuten ruhig bleiben. Immerhin, sie hatte sich vorgenommen, während des Spazierganges keinen Pieps zu sagen.

Es war ungefähr um sechs, als sie loszogen. Papa hatte Marcus und Luise noch versprochen: „Wer unterwegs nicht redet, bekommt zur Belohnung einen Schokoladen-Osterhasen.“ Na, wenn das nichts war!

Sie liefen nebeneinander durch die Wiesen Richtung Waldrand. Ganz schön seltsam, wenn keiner spricht. Marcus entdeckte einen gelben Schmetterling, einen Zitronenfalter. Aber er durfte es den anderen nicht sagen. Dann bemerkte er, dass die aufgehende Sonne ganz rot aussah. Aber er durfte nichts sagen. Allerdings hatte das Schweigen auch Vorteile: Beim Schließen seiner Jacke hatte Marcus sich verknöpft. Ihn selbst störte das nicht. Und wenn es Papa oder Mama störte: Dazu sagen konnten sie ja nichts…

osterhase

Zum Waldrand wollten sie spazieren und zurück. Sie waren noch nicht mal bei der alten Eiche angekommen, da rief Luise plötzlich: „Ich glaube, da saust eine Eidechse!“ Und legte sich gleich die Hand auf den Mund. Zu spät. Der Schokoladenhase war weg. Marcus musste feixen: Das hatte er sich gleich gedacht. Aber dazu sagen durfte er nichts. „Zählt das schon?“, fragte Luise. Aber niemand antwortete ihr. „Das zählt noch nicht“, entschied sie. Ganz in der Nähe rief ein Kuckuck. „Der Kuckuck und der Esel, die hatten einen Streit“, fing Luise an zu singen und merkte erst nach der zweiten Strophe, dass sie schon wieder geredet hatte. „Singen zählt auch nicht“, sagte sie. Marcus, Mama und Papa schmunzelten über das ganze Gesicht. Aber sie sagten kein Wort.

„Das muss ich dann in der Kirche gleich meiner besten Freundin Claudia erzählen, dass ich heute früh nicht geredet hab“, schnatterte Luise. „Da drüben sind Schneeglöckchen.“ Alle schauten hin, aber keiner sagte was. „Erzählen ist sowieso viel schöner“, plapperte Luise, die es keine zehn Minuten ausgehalten hatte zu schweigen. „Außerdem schmeckt mir sowieso kein Schokoladenosterhase, so!“ „Klar schmeckt er dir!“, hätte Marcus um ein Haar gerufen. Er konnte sich gerade noch bremsen.

Luise schnatterte durch die Wiesen, die anderen drei waren still. Schließlich kam Luise auf die Idee, ihren großen Bruder reinzulegen. „Marcus?“, fragte sie zuckersüß. Aber Marcus konnte sich gut konzentrieren. „Marcus, ich schenke dir meinen Spielzeugbagger, wenn du was sagst.“ Marcus sagte nichts. Mit dem Bagger spielte er sowieso hin und wieder. Das wusste Luise bloß nicht. „Dann erzähle ich eben alleine“, meinte seine Schwester und machte das auch. Mal sang sie, mal schwatzte sie, mal kicherte sie. Die anderen schwiegen.

Als sie wieder zu Hause angekommen waren, platzte Marcus heraus: „He, Luise, du solltest ruhig sein!“ „Na, das war ja ein ,stiller‘ Osterspaziergang“, flunkerte Papa, „man hat die Vögel kaum singen hören.“ Und dann gab er Marcus den verdienten Schokoladen-Osterhasen. „Tut mir leid, Luise“, sagte er, „aber du hast unterwegs geredet.“ „Aber fast nichts“, antwortete sie. „Und außerdem bin ich noch klein.“ Doch da war nichts zu machen. Luise war sauer. Sie ging ins Kinderzimmer und setzte sich aufs Bett. Marcus kam hinterher. „Jetzt spiel nicht die beleidigte Leberwurst“, sagte er. „Du weißt selber, dass du andauernd geschnattert hast.“ „Ich sag ‚ überhaupt nichts mehr! Nie wieder!!“ Luise ärgerte sich riesig, als sie sah, wie Marcus den Hasen auswickelte und in die Schokolade biss. Wirklich – Luise saß auf dem Bett, starrte vor sich hin und gab keinen Mucks von sich. „Sei nicht blöd“, meinte Marcus. „Heute wird so ein schöner Tag.“ Aber Luise sagte nichts. Richtig ungewöhnlich. Komisch: Mit einem Mal fehlte Marcus Luises Geschnatter. Jedenfalls war ihm das lieber, als wenn sie bloß da saß und schwieg. Also brach er ein großes Stück Schokolade ab und hielt es seiner Schwester hin: „Hier – aber erst musst du was sagen.“

Luise guckte noch ein Weilchen böse, dann brummte sie: „Danke…“ und steckte sich die Schokolade fix in den Mund. „Hmm…“, sagte sie, „meine Lieblingssorte. Weißt du was, Marcus, als wir vorhin spazieren waren, da habe ich einen Schmetterling gesehen, der war ganz gelb. Weiße habe ich schon oft gesehen und bunte auch, aber so einen gelben noch nicht. Der ist immer rumgeflattert; manchmal wollte er sich hinsetzen, aber da war ihm bestimmt das Gras zu nass. Und dann…“ „Weiß schon, Luise. Das war ein Zitronenfalter. Den hab‘ ich auch gesehen.“ „Aber ich zuerst“, erwiderte Luise. „Und außerdem… !“

Das Hefezopfrezept haben wir selbst ausprobiert. Das ist das Ergebnis. Er ist erstaunlich groß geworden und war richtig fluffig.
hefezopf

Hefezopf

Zutaten: 750 g Mehl, 500 g am Vortag gekochte Kartoffeln,
100 g Margarine, 125 g Zucker, 1/4 Liter Milch, 40 g Hefe,
350 g Rosinen, 1 Prise Salz

Zubereitung: Alle Zutaten zu einem lockeren Teig verkneten.

Diesen warm stellen und gehenlassen, zusammenstoßen und in drei gleich große Stücke teilen. Daraus drei dünne Stangen rollen und zu Zöpfen verflechten. Diese auf einem gefetteten Blech mit Zuckerwasser bestreichen und bei Mittelhitze (180°-200°) ca. 50 Min. goldgelb backen.

PS: Ein Hefezopf sollte nicht aufgeschnitten, sondern abgerissen werden. So bleibt er luftiger und macht mehr Spaß beim Verzehr.

Reuter Kichenjahr

Diesen Artikel haben wir aus folgendem Buch entnommen:
Das Kirchenjahr mit Kindern feiern
Ein Vorlesebuch mit lustigen Geschichten, Backrezepten und Spielen.

Reuter, Thomas
Burckhardthaus-Laetare
ISBN: 9783944548906
96 Seiten, 9,90 €
Mehr dazu auf www.oberstebrink.de




Kinderrechte vermitteln in Schule und Hort – kostenloses Unterrichtsmaterial

Ein neues Webangebot des Deutschen Kinderhilfswerks für pädagogische Fachkräfte

Für Lehrkräfte und pädagogische Fachkräfte gibt es jetzt die neue Webseite schulsache.de, herausgegeben vom Deutschen Kinderhilfswerk e.V. Hier sind Praxis- und Informationsmaterialien zur Vermittlung der Kinderrechte in Schule und Hort zu finden.

Praxis- und Informationsmaterialien

Auf der neuen Homepage www.schulsache.de finden die LeserInnen verschiedene Praxis- und Informationsmaterialien zur Vermittlung der Kinderrechte in Schule und Hort. Die kostenlosen Materialien sind für 1. bis 6. Klasse geeignet, beinhalten jeweils zwei Praxisübungen und können im Unterricht, im Hort und der außerschulischen Bildung angewandt werden.

Für SchülerInnen aller Schularten

Mit dabei sind etwa Materialien für digitales Lernen zum Thema „Fake News“. Das Material ist zur eigenständigen Arbeit für SchülerInnen der 5. und 6. Klasse am Computer gedacht. Sie lernen, was sich hinter dem Begriff „Fake News“ verbirgt und wo diese vermehrt vorkommen. Dafür nutzen sie Artikel der Kinderwebseite www.kindersache.de. Für SchülerInnen ab der zweiten Klasse ist „Das ultimative Kinderrechtebuch“ gedacht. Die Broschüre in DIN A4 mit 80 Seiten Umfang gibt es hier gratis zum Download.

Praxismethoden direkt umsetzbar im Unterricht

Neben weiterem umfangreichen Informationsmaterial, digitalen Broschüren, einer Kinderzeitschrift und Büchern gibt es eine Reihe „Praxismethoden“. Dabei handelt es sich um Methodenmaterial zur Vermittlung verschiedener Themen. Die didaktisch sauber aufbereiteten Materialien lassen sich direkt etwa im Ethik- oder Sachunterricht umsetzen. Bisher gibt es drei Angebote der Praxismethoden:

  • Kinder über ihre Kinderrechte informieren
  • Beteiligung und Mitwirkung in der Schule
  • Mobbing in der Schule

Weitere Informationen finden Sie auf www.schulsache.de




Startschuss für den Kinderwettbewerb „Erlebter Frühling“

Kinder und Erwachsene erforschen den Weißstorch und seine Lebensweise:

Mit dem Kinderwettbewerb „Erlebter Frühling“ lädt die NAJU (Naturschutzjugend im NABU) jedes Jahr alle Kinder dazu ein, die Tier- und Pflanzenwelt im Frühjahr zu erforschen. Welche Pflanzen zeigen sich als erste? Welche Zugvögel kehren zurück? Wer erwacht da aus dem Winterschlaf?

Ab März kommen die Weißstörche zurück

In diesem Jahr steht der Weißstorch im Mittelpunkt des Kinderwettbewerbs, und mit ihm alle Tiere auf Wiesen, Weiden und an Flussauen. Ab März kehren die Weißstörche aus ihren Überwinterungsgebieten in Afrika und Spanien nach Deutschland zurück, um hier zu brüten und ihre Jungen aufzuziehen. Was die Störche zu sich nehmen, warum sie oft in der Nähe der Menschen leben und wie wir sie und andere Tiere schützen lasse – all das sollen die Kinder erforschen.

Teilnahmebedingungen

Um am Wettbewerb teilzunehmen, sollen die Kinder Fotos ihrer Aktionen und Projekte auf der NAJU-Webseite hochladen und dort direkt den Teilnahmebogen ausfüllen: www.NAJU.de/erlebter-frühling.

Teilnehmen können alle Kinder bis 13 Jahre, Teilnahmeschluss ist der 31. Mai 2021.

Die beste Einsendung aus jedem Bundesland wird gekürt. Als Preis erwartet die Gewinner ein spannender Erlebnistag in der Natur.

Materialien für Lehrkräfte, ErzieherInnen und Eltern

Für LehrerInnen, ErzieherInnen, Eltern und Gruppenleitungen bietet die NAJU pädagogische Begleitmaterialien zum Wettbewerb an: ein Aktionsheft mit Forscher- und Aktionstipps zum Weißstorch, einen Aufkleber, ein Poster zum Gestalten sowie Aktionshefte zu allen bisherigen Frühlingsboten wie Grasfrosch, Salweide oder Honigbiene. Die Materialien können unter www.NABU-shop.de bestellt werden.

Mehr Informationen zum Wettbewerb gibt es unter www.NAJU.de/erlebter-frühling.




Bis zu 10.000 Euro Förderung möglich

Jetzt Anträge beim Deutschen Kinderhilfswerkes stellen

Für Initiativen, Vereine und Projekte der Kinder- und Jugendarbeit aus dem Bundesgebiet besteht noch bis zum 31. März 2021 die Möglichkeit, Anträge bei den Förderfonds des Deutschen Kinderhilfswerkes (DKHW) zu stellen und bis zu 5.000 Euro zu erhalten. Überjährige Projekte können sogar mit bis zu 10.000 Euro gefördert werden.

Ziel: Bekanntmachung der Kinderrechte

Ziel der Förderfonds ist die Bekanntmachung der Kinderrechte und die Verbesserung der Lebenswelt von Kindern und Jugendlichen unter dem Aspekt der Mitbestimmung. Anträge können Vereine, freie Träger, Initiativen, Elterngruppen, Kinder- und Jugendgruppen sowie Schülerinitiativen für noch nicht begonnene Projekte stellen.  Außerdem können von gemeinnützigen Organisationen weiterhin Corona-Nothilfe-Pakete beantragt werden.

Corona-Nothilfe-Pakete

Unterstützt werden hier Projekte beispielsweise von Vereinen, Flüchtlingseinrichtungen und Kinderhäusern. Über die Corona-Nothilfe-Pakete fördert das Deutsche Kinderhilfswerk folgende Schwerpunkte: 

  • „Digitales Lernen“: Unterstützung für eine digitale Lernausstattung für ein Kind. Es werden Vereine/Initiativen gefördert, die Leihgeräte an Kinder vergeben.
  • „Gesunde Ernährung“: Vereine und Initiativen setzen Angebote für ausgewogene und gesunde Ernährung um, wie digitale Kochkurse oder Mittagsversorgung.
  • „Lern- und Spielpakete“: Kinder ohne Kitazugang erhalten über Vereine/Initiativen ein Spiel- und Lernpaket zur Entwicklungsförderung für zuhause.
  • „Nachhilfe“: Nachhilfeunterricht für ein Kind – entweder digital oder unter Beachtung der bestehenden gesundheitlichen Sicherheitsvorkehrungen. 
  • „Homeschooling in Flüchtlingsunterkünften“: Für PC, Drucker und Papier sowie Schreibmaterialien werden finanzielle Mittel bereitgestellt.

Bisher 1.956 Projekte gefördert

Das Deutsche Kinderhilfswerk hat in den letzten fünf Jahren durch seine Förderfonds 1.956 Projekte mit insgesamt rund 6.602.000 Euro unterstützt. Durch die Fonds erhalten Projekte, Einrichtungen und Initiativen finanzielle Unterstützung, die die Teilhabe von Kindern und Jugendlichen, unabhängig von deren Herkunft oder Aufenthaltsstatus, zum Grundsatz ihrer Arbeit gemacht haben. Dabei geht es vor allem um Beteiligung in Bereichen demokratischer Partizipation, um Chancengerechtigkeit und faire Bildungschancen für benachteiligte Kinder, gesunde Ernährung oder kinder- und jugendfreundliche Veränderungen in Stadt und Dorf, auf Schulhöfen, Kita-Außengeländen oder Spielplätzen.

Die Schaffung sinnvoller Freizeitangebote und Möglichkeiten zur Entwicklung einer kulturellen Identität, zu kultureller Bildung und Medienkompetenz sind ebenso Förderschwerpunkte.  So werden zum Beispiel Projekte gefördert, die das demokratische und politische Engagement von Kindern und Jugendlichen unterstützen, deren Mitbestimmung an Prozessen in Jugendeinrichtungen, Schule und Stadtteil ermöglichen, den Zugang zu Medien verbessern bzw. den kompetenten Umgang mit diesen befördern, oder Kinder und Jugendliche bei der kreativen Auseinandersetzung mit für sie relevanten Themen fördern.

Ferner sollen Projekte Unterstützung erhalten, die bewegungsfördernde und interessante Spielorte im Wohnumfeld oder auf dem Schulgelände schaffen oder der Vernetzung, Sicherung bzw. Rückgewinnung von Spiel- und Aufenthaltsmöglichkeiten dienen. Voraussetzung für eine Bewilligung ist auch hier, dass die Kinder und Jugendlichen an der Planung und Durchführung des Projektes aktiv beteiligt werden.

Weitere Informationen zu den Förderfonds des Deutschen Kinderhilfswerkes unter www.dkhw.de/foerderfonds.




Inklusion beginnt in den Köpfen und in den Herzen

down kind mit brille

Ein Interview mit Prof. Dr. Thomas Maschke über Inklusion und warum sie ein Gewinn für uns alle wäre:

Bei Spielen und Lernen geht es uns immer in erster Linie um die Kinder und die Menschen, die sich um die Kinder kümmern. Deshalb lautet unsere Kernfrage: „Was können wir dazu tun, um Kinder in ihrer Entwicklung optimal zu unterstützen?“ Diesmal geht es um Inklusion. Mit Herrn Professor Thomas Maschke konnten wir einen bekannten Wissenschaftler und Praktiker für unser Interview gewinnen. Wir hätten ihn eigentlich noch viel mehr fragen müssen, nur hätte dies den Rahmen komplett gesprengt

spielen und lernen: Herr Professor Maschke, Sie sind Professor für inklusive Pädagogik mit dem Schwerpunkt emotionale und soziale Entwicklung. Sie leiten das Institut für Waldorfpädagogik, Inklusion und Interkulturalität an der Alanus Hochschule in Mannheim. Sie haben Pädagogik, Sonderpädagogik und Behindertenpädagogik sowie Waldorfpädagogik studiert. Das ist ja eine ganze Menge. Sie haben dann auch noch zwei Mal promoviert. Da würde uns natürlich als allererstes interessieren, wie kommt man auf so einen Bildungsweg?

thomas maschke
Prof. Dr. Thomas Maschke, geboren 1962 in Wolfenbüttel, Vater von vier erwachsenen Kindern, lebt in Überlingen am Bodensee. Er ist Professor  für Inklusive Pädagogik mit dem Schwerpunkt emotionale und soziale Entwicklung an der Alanus Hochschule in Mannheim. Dort leitet er auch das Institut für Waldorfpädagogik, Inklusion und Interkulturalität.

Thomas Maschke: Vielen Dank für die Frage. Ich fange mal von mir ganz basal an und damit komme ich auch schon fast zu einer Kernaussage. Als junger Mann wollte ich Philosophie studieren, weil ich mich schöngeistigen Ideen hingegeben habe. Das war mein Ziel. Ich ging dann nach Würzburg, um meinen Zivildienst in einer Kinderklinik zum machen. Dort habe ich sogenannte schwerst-mehrfach behinderte Kinder und Jugendliche gepflegt. Und dann wollte ich dort im Anschluss studieren. Aber das Verhältnis, das ich zu diesen Kindern entwickelt habe, hat mich dann von meinen schöngeistigen Ideen weggebracht. Ich erlebte, was Begegnung tatsächlich macht. Begegnung mit den Kindern, Verbindlichkeit, Aufmerksamkeit, Achtsamkeit mit diesen Kindern zu arbeiten. Daraufhin habe ich mich entschlossen Sonderschullehrer zu werden und Sonderpädagogik zu studieren.

Ich erlebte, was Begegnung tatsächlich macht. Begegnung mit den Kindern, Verbindlichkeit, Aufmerksamkeit, Achtsamkeit mit diesen Kindern zu arbeiten.

sl: Können sie uns ein einschneidendes Erlebnis aus dieser Zeit schildern?

TM: Für mich sind Elemente aus dieser Zeit sehr unmittelbar noch in Erinnerung. Ich hatte einen jungen Mann zu pflegen, der ein Jahr jünger war als ich. Er wog 27 Kilo als ich kam, bei einer Körpergröße von einem Meter fünfzig. Und als ich gegangen bin, wog er über 40 Kilo. Das heißt, die Beziehung, das zuverlässige da sein, das regelmäßige da sein, natürlich über die Zeit hinaus, all das führte dazu, dass er auch an Lebenskräften zunahm. Das ist tatsächlich etwas, was sich auch ganz real zeigte.

Ich habe Sonderpädagogik studiert und mich den Kindern gewidmet, die unter manchen Umständen aus dem System herausfallen. Das war mir wichtig. Das war in den achtziger Jahren, in denen man Menschen mit Beeinträchtigungen noch nicht unbedingt im Straßenbild sah. Und ich weiß noch genau, wie es mir ergangen ist, als ich mit einem Jungen, den ich dort nur für eine kurze Zeit betreut hatte, ins Kino gegangen bin. Man ist im Grunde dafür angefeindet worden, dass man die Öffentlichkeit jetzt mit so einem Menschen im Rollstuhl konfrontierte. Wir könnten uns fragen: „Ist das denn heute grundlegend anders? Oder ist es vielleicht nur unter dem Mäntelchen von political correctness verborgen?“ Das ist eine große Frage.

Thomas Maschke (Hg.)

Bildungsinnovation: Impulse aus Reformpädagogik und Inklusiver Pädagogik
Impulse für [schulische] Entwicklungen aus „klassischer“ Reformpädagogik und Inklusiver Pädagogik.

Die Unterzeichner-Staaten der UN-Behindertenrechtskonvention haben sich auf dem Feld der Bildung (Art. 24) zu einem umfassenden Reformprozess verpflichtet. Inklusive Pädagogik kann daher als aktuell-innovative reformpädagogische Entwicklung bewertet werden, besonders insofern sie die Möglichkeiten und Potenziale aller Schüler*innen für Aktivität und Teilhabe aufgreift. Grundlagen, Persönlichkeiten und praktische Erfahrungen aus der „klassischen“ Reformpädagogik können in vielerlei Hinsicht für diesen Prozess hilfreich sein. Sie werden in diesem Buch umfassend dargestellt und können zur Entwicklung eigener innovativer pädagogischer Praxis anregen.

Mit zahlreichen SW-Abbildungen, 288 Seiten
ISBN: 9783990530313
30 €

sl: Wie ging es dann weiter?

TM: Ich habe den Ort gewechselt, weil Würzburg doch relativ konservativ war und ging nach Bremen, an die sogenannte Reform-Universität. Dort habe ich Georg Feuser kennengelernt.Feuser hat einen interessanten Satz geprägt. Der hat nämlich den Buberschen Satz „Der Mensch wird am Du zum Ich.“, dahingehend erweitert, dass er sagte: „Er wird zu dem Ich, dessen Du wir ihm sind.“

Wir sind die personale Umgebung dafür, wie Kinder oder wie Menschen sich überhaupt entwickeln.

Also wir sind die personale Umgebung dafür, wie Kinder oder wie Menschen sich überhaupt entwickeln. Und das habe ich dann in 23 Jahren als Sonderschullehrer an einer Schule, damals hieß sie Schule für Erziehungshilfe, versucht zu leben.

sl: Das war an der Kaspar-Hauser-Schule…

TM: Das war die Kaspar Hauser Schule in Überlingen, eine Waldorf Sonderschule. Ich habe dort als Klassenlehrer gearbeitet und später auch als Schulleiter. Als Klassenlehrer in einer Schule mit Waldorf Hintergrund ist man viele Jahre für eine Klasse verantwortlich. Ich habe in meinem letzten Durchgang die Kinder von der ersten bis zur neunten Klasse durchgängig als Klassenlehrer betreut.

Kann ich mich einlassen darauf, tatsächlich in die Begegnung zu gehen?

Ich habe immer alle Kinder aufgenommen. Das war auch so ein Moment. Ich erinnere mich an eine Situation, als mich ein verzweifelter Vater am Ende der Sommerferien anrief und sagte, er habe keine Schule für seine Tochter. Und ich habe gesagt: „Tut mir leid, die Klasse ist voll. Ich kann es den anderen Kindern gegenüber auch nicht verantworten.“ Der Vater war sehr geschickt. Er kam einfach am ersten Schultag mit seiner Tochter und stellte sie mir vor. Natürlich habe ich sie genommen. Ich habe immer alle Kinder genommen, die ich gesehen habe. Aber das ist so ein Moment. Und daran sehen sie wieder, das ist Begegnung. Kann ich mich einlassen darauf, tatsächlich in die Begegnung zu gehen?

sl: Der Schwerpunkt Ihrer Arbeit ist ja auch emotionale und soziale Entwicklung.

TM: Genau!

sl: Was kann man darunter gegenüber dem verstehen, was Sie uns jetzt schon gesagt haben?

TM: Wir stellen uns durch unser Verhalten ja in einer bestimmten Weise in die Welt. Und wir erleben. Also, wir nehmen auf und wir zeigen uns nach außen. Man spricht in der heilpädagogischen Psychologie davon, dass die Seele quasi eindrucks- und ausdrucksfähig ist. Ich bekomme Eindrücke. Und so wie es mir geht, drücke ich es wiederum nach außen aus. Wenn das nicht harmonisch oder belastet ist, zeigt sich das in Formen, die wir als gestört oder als schwierig im Sinne von Verhalten ausdrücken. Früher hieß diese Pädagogik Verhaltensgestörten-Pädagogik. Heute sagt man, es gibt einen Förderschwerpunkt für die emotionale und soziale Entwicklung. Das heißt: Die emotionale Entwicklung der Kinder und Jugendlichen ist durch spezifische Umstände beeinträchtigt. Damit sind sie auch nicht handlungsfähig in einer vielfältigen und adäquaten Weise. Aber man merkt, wenn ich so ein bisschen stammele, dann liegt das daran, dass da ganz viel Bewertung drin ist.

Ich muss das Verhalten verstehen, unter Umständen auch aus einer Geschichte heraus. Dann kann ich auch Unterstützung geben, vielleicht andere Erlebnisformen auch zu erweitern und zu ermöglichen für Kinder, Jugendliche, aber auch für Erwachsene.

Was ist denn das richtige Verhalten? Ist mein Verhalten angemessen ihnen gegenüber? Man spricht eigentlich davon, wenn man genauer hinschaut, dass die Kinder und Jugendlichen oder eigentlich jeder Mensch sich immer positiv verhalten möchte, weil sie oder er in Beziehung sein möchte. Das heißt, mein Verhalten ist eigentlich Ausdruck meiner aktuellen Fähigkeit. Deswegen ist es auch kein Defizit, sondern es ist eigentlich die bestmögliche Art, mich zu verhalten. Und Deswegen muss ich schauen, warum sich ein Mensch so verhält. Also ich muss das Verhalten verstehen, unter Umständen auch aus einer Geschichte heraus. Dann kann ich da quasi auch Unterstützung geben, vielleicht andere Erlebnisformen auch zu erweitern und zu ermöglichen für Kinder, Jugendliche, aber auch für Erwachsene.

sl: Und das bei Kindern, jetzt Jugendlichen, mit einem besonderem Förderbedarf. Habe ich das richtig verstanden.

TM: Naja, der Förderbedarf gestaltet sich dann oder wird dann evident, wenn Kinder und Jugendliche tatsächlich in ihren Wahrnehmungs- und Ausdrucksfähigkeiten vereinseitigen. Man spricht von zwei grundlegenden Tendenzen. Die eine ist zum Beispiel: Sie kennen alle diese sogenannten „aggressiven“ Kinder oder jetzt auch „hyperaktiven“ Kinder. Hier geht man davon aus, dass diese Kinder tatsächlich in ihren Handlungsweisen vereinseitigen. Das heißt, sie sind einerseits sehr expansiv, aber die Arten des Ausdrucks, also die Bandbreite, die Möglichkeiten, sind quasi eingeschränkt. Das ist immer ähnlich. Und das mag unterschiedliche Gründe haben. Das können physiologische Gründe sein. Es können aber auch Fragen von Erziehung, von Sozialisation sein. Was sich da auch immer bis dahin getan hat.

sl: Ich wollte nur mal auf einen Punkt zurückkommen, den Sie vorhin erwähnt haben. Sie haben erwähnt, wenn Sie früher mit den Kindern irgendwo hingegangen sind, dann sind Sie auf große Ablehnung gestoßen. Hat sich heute diesbezüglich etwas verändert? Hat sich denn in der Beziehung etwas verändert?

TM: Ja, es hat sich was verändert, aber es hat sich nicht genug verändert. Es hat sich einerseits verändert, dass wir darüber reden, dass es normal ist, verschieden zu sein. Da ist dieser Satz von Richard von Weizsäcker: „Es ist normal, verschieden zu sein.“ Der ist irgendwie Allgemeingut geworden. Andererseits leben wir in einer Welt, die sehr utilitaristisch geprägt ist. Es geht um Machbarkeit; es geht um Nutzbarmachung. Und wenn Sie etwa die Diskussionen um die Pränataldiagnostik verfolgen, dann ist eine Pränataldiagnose Down-Syndrom zu 95 Prozent ein Todesurteil. Insofern stellt sich die Frage tatsächlich, ob es akzeptiert ist, verschieden zu sein. Man kann sie auf verschiedenen Ebenen beantworten. Ich denke, bewusstseinsmäßig ist da einiges passiert. Aber wir haben diesen Umschwung, tatsächlich jeden Menschen so zu nehmen, wie sie oder er ist und das als positiv zu bewerten, noch lange nicht erreicht.

Wir haben diesen Umschwung, tatsächlich jeden Menschen so zu nehmen, wie sie oder er ist und das als positiv zu bewerten, noch lange nicht erreicht.

Und gerade weil ich das Beispiel Down-Syndrom erwähne: Mir berichten Eltern, deren Kind tatsächlich mit einer Trisomie 21 geboren wurden, dass sie beim Stadtspaziergang angesprochen werden. So nach dem Motto, „da hätte man doch was machen können“ …. Da haben Sie recht, wenn Sie sich schütteln, weil es grausam ist. Aber es ist natürlich Ausdruck dessen, wie wir mit einem Normalitätsbegriff umgehen, der nach Nutzbarkeits- Gesichtspunkten die Menschen bewertet. Ich finde, das kann sich jeder Mensch auch fragen: Wo geht es mir denn so? Wo gehe ich mit meinem Kind so um, dass ich sage, jetzt muss es aber mal schnell gehen zum Beispiel. Wo habe ich bestimmte Erwartungen an meine Partnerin, dass es so und so laufen muss? Wie gehe ich mit Schülerinnen und Schülern um, wie in der Kita? Das sind ja alles wichtige Fragen. Und ich glaube, da tragen wir tief in uns etwas, das wir als Gesellschaft noch lange nicht überwunden haben; einzelne Menschen natürlich schon.

sl: Ist das die größte Herausforderung für die Inklusion, oder sehen sie diese auch noch woanders?

TM: Es wird gesagt, Inklusion beginnt in den Köpfen und in den Herzen. Das würde ich eindeutig unterschreiben. Dieser Satz wird von vielen AutorInnen immer wieder betont. Aber dennoch: Wenn wir Inklusion in Schule und Kitas umsetzen wollen, handelt es sich um ein gesamtgesellschaftliches Projekt. Wir bekommen es aber nicht zum Nulltarif. Das ist einfach so. Es kostet Geld. Nur geht es dabei nicht um die Menschen mit besonderen Bedürfnissen, sondern es geht bei der Umsetzung von Inklusion um alle Menschen.

Nur geht es dabei nicht um die Menschen mit besonderen Bedürfnissen, sondern es geht bei der Umsetzung von Inklusion um alle Menschen.

Das heißt, wir profitieren alle von besseren Bildungsangeboten. Und wenn wir in Schulen Lehrkräfte immer im Team arbeiten lassen würden, dann würden davon alle profitieren und nicht nur die Kinder mit einer Beeinträchtigung.

Götz Kaschubowski / Thomas Maschke (Hrsg.)

Anthroposophische Heilpädagogik in der Schule
Grundlagen – Methoden – Beispiele

Die Anwendung anthroposophischen Denkens auf die Heilpädagogik geht auf Rudolf Steiner zurück, der seinen heilpädagogischen Kurs als eine Vertiefung der Waldorfpädagogik betrachtete. In Deutschland gibt es heute ca. 80 anthroposophische heilpädagogische Schulen und ca. 15 integrativ arbeitende Waldorfschulen.  Das Buch erörtert die Grundlagen zur Geschichte, der Methodik, zum Curriculum und zur Lernpsychologie. Anhand von Unterrichtsbeispielen wird das an diesen Schulen praktizierte Bildungsmodell anschaulich. Entlang einzelner Schulportraits werden die Profile der Institutionen deutlich und die „Spezifika’“ im Schulalltag herausgestellt. Das Konzept des Buches ist so gestaltet, dass es in der Aus- und Fortbildung von Lehrern für diese Einrichtungen zum Einsatz kommen kann. Zugleich richtet es sich auch an interessierte Fachkollegen.

244 Seiten
ISBN: 978-3-17-022479-7
29,90 €

Der Ehrenvorsitzende des Allgemeine Behindertenverband in Deutschland, Ilja Seifert, war Bundestagsabgeordneter und lebt im Rollstuhl. Er hatte immer die Forderung nach „Sonderschulen für alle“. Er sagte, dass das, was da an Ressourcen, an Möglichkeiten und personellen und auch sachlichen Ressourcen vorhanden sei, das müssten eigentlich alle Kinder zur Verfügung haben. Wir brauchen Rahmenbedingungen, ganz klar.

sl: Nun waren sie viele Jahre lang Lehrer und dann Schulleiter an einer Schule, wo es eben um die ganz gezielte Förderung von Menschen mit Behinderungen ging. So wie ich das aber mitbekommen habe, sind Sie jemand, der auch ganz, ganz massiv für das Thema eine Schule für alle eintritt. Wie vereinbart sich das?

TM: Jetzt haben Sie meinen biografischen Widerspruch erwischt. Wobei, das ist vielleicht kein Widerspruch. Wenn wir uns die Inklusionsdebatte anschauen oder die Genese von Inklusion, dann kommt sie aus zwei Richtungen. Die eine ist tatsächlich die Sonderpädagogik. Die Menschen, die in der Sonderpädagogik gearbeitet haben, die führenden „Pioniere“ sind jetzt alle Menschen um die 80 herum, haben tatsächlich mit ihrem sonderpädagogischen Blick diesen Kindern überhaupt ein Bildungsrecht zugesprochen. Das ist die eine Richtung. Das war in der Schulpädagogik nicht vorhanden. Und da komme ich auch her. Das heißt, ich habe Kinder kennengelernt. Ich habe Familiensysteme kennengelernt. Ich habe schulische Katastrophen kennengelernt, die mich dazu bewogen haben, nicht nur diesen Kindern zu helfen, das war meine sonderpädagogische Tätigkeit, sondern tatsächlich dafür zu werben und auch dafür zu arbeiten, Schule so zu verändern, dass diese Kinder nicht mehr rausfallen.

Georg Feuser, Thomas Maschke (Hg.)

Lehrerbildung auf dem Prüfstand
Welche Qualifikationen braucht die inklusive Schule?

Bereits seit vier Jahrzehnten werden Integration und Inklusion in der Schule diskutiert und praktiziert. Dennoch wird die aktuelle LehrerInnenbildung den Ansprüchen eines inklusiven Schulwesens nicht gerecht. Diesen unbefriedigenden Zustand nehmen die FachautorInnen zum Anlass, die Voraussetzungen gelingender inklusiver Schul- und Unterrichtspraxis herauszuarbeiten. Die Rahmenbedingungen werden ebenso erörtert wie rechtsphilosophische Grundfragen und Möglichkeiten der Bewältigung alltäglicher Grenzerfahrungen von PädagogInnen durch Aus- und Weiterbildung sowie beratende Prozesse. Eine ausführliche Darstellung bestehender Ausbildungsgänge und -formen rundet den Band ab.

352 Seiten
ISBN 978-3-8379-2300-1
29,90 €

Ich habe in den vergangenen Jahren meiner schulischen Tätigkeit verstärkt den sogenannten sonderpädagogischen Dienst gemacht. Das heißt, wenn eine Schule rief und sagte: „Wir haben hier ein schwieriges Kind“, dann habe ich geantwortet: „Okay, ich komme, mal gucken, wie das Problem um das Kind ist.“ Die Leute dort nahmen dann an, ich käme und würde das Kind mitnehmen. Und da habe ich gesagt: „Nein, ich komme und versuche euch zu helfen, dass das Kind bleiben kann. Dafür ist aber eine gewisse Fachlichkeit notwendig, um zu verstehen, warum zum Beispiel Kinder sich so und so verhalten. Insofern brauchen wir tatsächlich auch eine ganz bestimmte Expertise im Sinne von Diagnose und auch von pädagogischen Fähigkeiten. Es gibt Menschen, die sagen, Inklusion braucht die Sonderpädagogik. Ich würde das ein bisschen relativieren. Ich würde sagen, wir brauchen multiprofessionelle Teams, die sich gegenseitig tatsächlich befruchten und gegenseitig offen sind für die jeweilige Expertise des oder der anderen.

Es gibt Menschen, die sagen, Inklusion braucht die Sonderpädagogik. Ich würde das ein bisschen relativieren. Ich würde sagen, wir brauchen multiprofessionelle Teams, die sich gegenseitig tatsächlich befruchten und gegenseitig offen sind für die jeweilige Expertise des oder der anderen.

sl: Sie haben auch ein Buch zum Thema Lehrerausbildung geschrieben. Was braucht die Schule der Zukunft dann? Wären das dann diese Lehrerteams, die Sie gerade beschrieben haben. Können Sie noch ein bisschen näher darauf eingehen?

TM: Mir ist es wichtig, dass es hier um multiprofessionelle Teams geht. Also wie verstehe ich mich in meiner Lehrerrolle? Bin ich quasi der König, der auch mit geschlossenen Türen in seinem Reich regiert oder bin ich offen dafür, dass ich Anregung bekomme? Das heißt, ich muss mich immer weiter bilden.

Wenn sie meinen, sie sind fertiger Lehrer, dann gehen Sie bitte in Rente.

Das ist etwas, das niemals abgeschlossen ist. Ich sage meinen Studierenden immer: „Wenn sie meinen, sie sind fertiger Lehrer, dann gehen Sie bitte in Rente.“ Wir sprechen heute von drei Phasen der Lehrerbildung: Die erste ist die universitäre Lehrerbildung, die zweite die Praxis-Ausbildung und die dritte die lebenslange Weiterbildung. Das finde ich ganz wesentlich. Das heißt, in der ersten Phase ist es natürlich wichtig, dass man auf der theoretischen Ebene sich mit den unterschiedlichen Bedingungen des Menschseins auseinandersetzt. Also auch mit Formen von Beeinträchtigung, mit Exklusionsmechanismen und vielem anderen. In der zweiten Phase kennenlernen, ausprobieren und in der dritten Phase quasi immer wieder neu Schule gestalten. Und damit ist das eine Anforderung, die sich an die an die Lehrkräfte dauerhaft und lebenslang richtet.

sl: Das war eigentlich schon ein schönes Schlusswort. Dann danke ich Ihnen für dieses Interview und wünsche Ihnen weiter viel Erfolg. Wiedersehen!

TM: Vielen Dank. Auf Wiedersehen.

sl: Danke Ihnen.




Grundschule aktuell: Kinderrechte – Der Weg zur Inklusion

Die Zeitschrift des Grundschulverbandes informiert über den aktuellen Stand:

Kinderrechte und Inklusion sind die Themen der aktuellen Ausgabe von „Grundschule aktuell“, der Zeitschrift des Grundschulverbandes. Aus verschiedenen Perspektiven beleuchten die Autoren die Umsetzung der Kinderrechte und den Zusammenhang mit Inklusion.

Kinderrecht ist Menschenrecht

In seinem einführenden Artikel nimmt Michael Töpler vor allem Eltern und Erziehungsberechtigte in den Blick. Einer seiner Kernsätze: „Die Kinderrechte sind als Menschenrechte unbedingt gültig und nicht an bestimmte Verhaltensweisen oder Aufgaben geknüpft“. Dieser Satz ist vor allem deshalb so wichtig, weil viele Erwachsene gegenüber Kinderrechten Vorbehalte haben. Entweder, weil sie fürchten, die Erziehungsberechtigten könnten dann nicht mehr ihrer Rolle als Erziehende nachkommen, oder weil sie den eigenen Vorstellungen widersprechen. Damit räumt Töpler auf. Am Ende zweifelt er zwar daran, dass Inklusion womöglich niemals ganz zu erreichen sei, aber bekräftigt ihren besonderen Wert für die Gesellschaft.

Theorie und Praxis

Die Beiträge von Prof. Hans Wocken und Prof. Andreas Hinz geben einen Einblick in über viele Jahre gewachsene Erkenntnisse zur Inklusion. Weitere Themen sind etwa „Kinderrechte in der Schule“, „Das Mentoringprogramm Balu und Du“ oder „Inklusion und Profession“. Aber auch Praxisbeispiele und Erfahrungsberichte erweitern den Horizont.

Die aktuelle Ausgabe von „Grundschule aktuell“ gibt einen guten Überblick über den aktuellen Stand der Inklusion an den Grundschulen. Sie informiert und motiviert al diejenigen, die Kinderrechte und die Würde der Kinder schützen. Einen Blick in die aktuelle Ausgabe, die Möglichkeit zum Download oder zur Bestellung finden Sie hier.

In der folgenden Ausgabe von „Grundschule aktuell“ geht es dann um Chancegleichheit.