Wer sich nicht aufs Klo traut, der kann nicht gut lernen

Viele Schülerinnen und Schüler vermeiden den Toilettengang wegen erheblicher Mängel

Zusammen mit dem Institut für Hygiene und Öffentliche Gesundheit (IHPH) des Universitätsklinikums Bonn (UKB) hat die German Toilet Organization (GTO) mit Sitz in Berlin eine wissenschaftliche Studie zu Schultoiletten an 17 weiterführenden Schulen aus elf Berliner Bezirken durchgeführt. Eben wurde sie der Öffentlichkeit vorgestellt. Aus den Studienergebnissen geht klar hervor, dass die Mehrheit der Schülerinnen und Schüler die Schultoiletten als einen negativen Ort wahrnimmt. Und daher die Nutzung von vielen vermieden wird. Funktionelle Schäden, fehlende Privatsphäre, Gestank und eine unzureichende Versorgung mit Füllgütern wie Toilettenpapier und Seife sind weitere Beanstandungen, die sich mit Berichten aus anderen Städten decken.

Oftmals würden schon einfache Maßnahmen weiterhelfen

Es wurde aber auch deutlich, dass einfache Maßnahmen signifikante Verbesserungen erzielen können. Dazu gehören die strukturell verankerte Partizipation der Schülerinnen und Schüler in die Gestaltung und Nutzung von Sanitärräumen, ein gut organisiertes und sichtbares Mängelmanagement durch die Schule sowie die Umsetzung von zwei Reinigungszyklen pro Tag, wovon mindestens eine im Tagdienst durchgeführt werden sollte.

Subjektiven Wahrnehmung und Bestandsaufnahme

Ziel der Berliner Studie [1] war es, valide Daten zur subjektiven Wahrnehmung und dem Nutzungsverhalten aus der Perspektive der Schülerinnen und Schüler bezüglich ihrer Schultoiletten zu erheben und gleichzeitig eine Bestandsaufnahme zur Funktionsfähigkeit und Ausstattung sowie zu wichtigen strukturellen Prozessen wie Reinigung, Wartung und Instandhaltung der Schultoiletten durchzuführen. Darüber hinaus war es den Autorinnen und Autoren der Studie in der Konzeption und Auswertung besonders wichtig, mögliche Zusammenhänge zwischen einzelnen Messgrößen zum Zustand der Toiletten, strukturellen Maßnahmen der Schule und der Wahrnehmung der Schülerinnen und Schüler zu ermitteln. Aus den Ergebnissen konnten Handlungsempfehlungen für Schulen und Politik abgeleitet werden, verbunden mit einer klaren Aufforderung, jetzt zu handeln.

Vermeidung des Toilettengangs führt zu gesundheitlichen Schäden

Die Ergebnisse bestätigen die Erfahrungen, die sowohl die GTO als auch das IHPH in vielfältigen Projekten gesammelt haben: Sanitärräume sind dann ein Ort, an dem sich die Schulkinder gerne aufhalten, wenn sie in ihrer Komplexität erfasst und so gestaltet werden, dass sie nicht allein auf das Merkmal „Ausstattung“ oder „Fehlverhalten der Schülerinnen und Schüler“ reduziert werden. Die Vermeidung des Toilettengangs während des Schulaufenthalts aufgrund der negativen Wahrnehmung der Sanitärräume führt zu einer Reihe vielfach belegter gesundheitlicher Risiken, angefangen von Konzentrationsstörungen bis hin zu Blasenentzündungen, Verstopfung mit Bauchschmerzen und sogar Infektionskrankheiten. Aus diesem Grunde drängen das IHPH und auch die GTO schon lange darauf, den Ort endlich aus der Tabuzone herauszuholen und anstelle von Schuldzuweisungen eine konstruktive, gemeinschaftliche Herangehensweise für eine nachhaltige Besserung der Zustände voranzutreiben.

Am Bedarf der Betroffenen vorbei

Dr. Andrea Rechenburg, die die Auswertung der Daten am IHPH leitete, betonte, dass das Monitoring des Nachhaltigkeitsziels Nr. 6 „Verfügbarkeit und nachhaltige Bewirtschaftung von Wasser und Sanitärversorgung für alle gewährleisten“ in Deutschlands Schulen lückenhaft ist, auch wenn national die Versorgung als gesichert gilt. Hier entsteht der Eindruck, dass im Grunde kein Handlungsbedarf bestehe, dabei sind aktuell keine Daten für weiterführende Schulen und den städtischen und ländlichen Raum vorhanden, und die tatsächliche Funktionalität von Sanitärräumen wird nicht dokumentiert. Zukünftig müsse mit erweiterten Indikatoren gearbeitet werden, die abbilden, welche Bedarfe es für die Schülerinnen und Schüler heute wirklich gibt. Und wo diese im Sinne des Nachhaltigkeitsziel 6 für alle und zu jeder Zeit erfüllt werden.

„Hygiene-Tipps für Kids“

Das Institut für Hygiene und öffentliche Gesundheit (IHPH) beschäftigt sich mit seiner Initiative „Hygiene-Tipps für Kids“ bereits seit 20 Jahren mit Themen der Infektionsprävention und Hygiene im direkten Lebensumfeld von Kindern. Der schlechte Zustand der Schultoiletten ist immer wieder Ausgangspunkt von Anfragen aus der Schulgemeinschaft. Innovative, partizipative Elemente wie die Ausbildung von „Junior-Hygieneinspektoren“ und der Blick auf die strukturellen Prozesse von Reinigung und Wartung sind von Beginn an Teil des Konzepts. Wasser, Sanitärversorgung und Hygiene (WASH) in Schulen ist ein Themenkomplex zu dem das IHPH in seiner Funktion als Kollaborationszentrum der Weltgesundheitsorganisation (WHO) auch international schon seit 2015 arbeitet. Es war u. a. maßgeblich beteiligt an der Erstellung des in 2019 von der WHO herausgegebenen Informationspakets zur Verbesserung von WASH in Schulen für das Schulpersonal [2].

Quellen

[1] German Toilet Organization, Institut für Hygiene und Öffentliche Gesundheit des Universitätsklinikums Bonn. Toiletten machen Schule® – Studie zu Sanitäranlagen an Berliner Schulen, Berlin: 2023. germantoilet.org/de/, www.ukbonn.de/ihph, www.hygiene-tipps-fuer-kids.de.
[2] Improving health and learning through better water, sanitation and hygiene in schools: An information package for school staff. Copenhagen: WHO Regional Office for Europe; 2019. www.who.int/europe/publications/i/item/9789289054508
Weiterführende Informationen auf folgenden Webseiten:
www.ukbonn.de/ihph/

Dr. Inka Väth, Universitätsklinikum Bonn




Mit Landwirten und dem Bildungskoffer Schule machen

bildungskoffer

Mit dem Bildungskoffer ins neue Schuljahr

Zum Start ins neue Schuljahr erweitert die Initiative „Landwirtschaft macht Schule“ ihr Bildungsangebot. Landwirtinnen und Landwirten, die über ihre Arbeit im Schulunterricht berichten, stehen jetzt modulare Bildungskoffer mit Materialien zu vier Themenbereichen zur Verfügung: Getreide, Landtechnik, Nutzpflanzen und Nutztierhaltung. Mit diesen Unterrichtsmaterialien lassen sich Schülerinnen und Schülern weite Bereiche der Landwirtschaft anschaulich darstellen. Und das von Lehrkräften verfolgte handlungsorientierte Lernen nach den Kriterien einer Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) umsetzen.

Deutschlandweit gibt es eine große Vielfalt an landwirtschaftlichen Bildungsinitiativen, die Kinder und Jugendlichen den Zugang zur Arbeits- und Lebenswelt in der Agrarlandschaft erschließen. Die i.m.a-Initiative „Landwirtschaft macht Schule“ dient dabei als zentrale Anlaufstelle. Sie motiviert Landwirtinnen und Landwirte in die Klassenzimmer zu gehen, um dort als authentische Botschafter ihrer Branche an der Seite von Lehrkräften Einblicke in die Arbeit auf den Feldern und in den Ställen zu geben. Für diese von der i.m.a-Initiative honorierte Bildungsarbeit qualifiziert sie die Praktiker, damit diese gut vorbereitet den Schulunterricht durch ihr Expertenwissen bereichern können.

Praktisches Anschauungsmaterial zur Landwirtschaft

Mit dem neuen vierteiligen Modulkoffer gibt es nun neben theoretischem Lehr- und Lern- auch praktisches Anschauungsmaterial. Anhand von Miniatur-Modellen können z.B. die Funktionen von Traktoren und anderen landtechnischen Maschinen verständlich nachvollzogen werden. Im Getreide-Modul des Bildungskoffers gibt es neben einer Getreidemühle auch eine Haferquetsche. Mit ihr werden Haferflocken erzeugt, wie sie in nahezu jedem Müsli enthalten sind. So lassen sich in Klassenzimmern auch fernab von Bauernhöfen oder Lebensmittelfabriken Beziehungen zur Lebensrealität junger Menschen herstellen. Leitfäden und Videos ergänzen das Bildungsmaterial.

Der neue Modulkoffer mit seinen vier Elementen funktioniert wie eine Werkzeugkiste. Es können alle oder immer nur die Module mitgenommen werden, deren Themenbereiche im Schulunterricht behandelt werden. Darüber stimmen sich die Landwirte mit den Lehrkräften ab. Immer geht es darum, dass die Praktiker vom Hof aus ihrem Arbeitsalltag und über ihren Betriebszweig berichten. Darum empfiehlt die Initiative „Landwirtschaft macht Schule“, dass die Inhalte des Bildungskoffers durch spezifische Geräte oder Erzeugnisse vom eigenen landwirtschaftlichen Betrieb ergänzt werden.

Die Bildungskoffer werden den Landwirten durch die regionalen Bauernverbände zur Verfügung gestellt. Das Interesse daran ist groß. Nahezu alle Landesbauernverbände und viele Kreisverbände haben bereits ihr Interesse bekundet und Koffer geordert.

Für Schulen ist der Besuch eines Landwirts oder einer Landwirtin im Unterricht kostenlos. Sie können sich registrieren und suchen sich eine Landwirtin oder einen Landwirt in Ihrer Nähe aus der Karte heraus.

Mehr Informationen dazu, insbesondere auch zu den Inhalten der i.m.a-Modulkoffer, gibt es auf www.landwirtschaftmachtschule.de.

Quelle: Pressemitteilung: i.m.a – information.medien.agrar e.V.




Verkehrswacht empfiehlt: Schulwegtraining statt „Elterntaxis“

verkehrswacht

Kinder sollten schon aus gesundheitlichen Gründen den Weg zur Schule zu Fuß gehen

Wenn das neue Schuljahr beginnt, treten deutschlandweit erneut weit über 700.000 Kinder zum ersten Mal den Weg ins Klassenzimmer an. Vor Unterrichtsbeginn spielen sich dann vor vielen Grundschulen wieder chaotische Szenen ab, wenn Eltern ihre Kinder mit dem Auto bringen. Verstopfte Straßen, Zeitdruck und Hektik führen nicht selten zu Unachtsamkeit und aggressivem Verhalten; wild geparkte Autos versperren Gehwege und Sichtachsen.

Die Deutsche Verkehrswacht (DVW) empfiehlt, Kinder den Schulweg zu Fuß und je nach örtlicher Situation bald auch allein zurücklegen zu lassen. Nach einem intensiven Schulwegtraining mit den Eltern können sie das in vielen Fällen schon ab der ersten Klasse. So eignen sie sich wichtige Kompetenzen für die sichere Verkehrsteilnahme an, sammeln wertvolle Erfahrungen und gehen durch die Bewegung wach und fit in den Unterricht.

DVW-Präsident Prof. Kurt Bodewig: „Elterntaxis schaden mehr als sie helfen. Werden Kinder mit dem Auto überall hingefahren, hemmt das ihre Entwicklung. Außerdem gefährden die vielen Fahrzeuge andere Schülerinnen und Schüler. Mit einem Schulwegtraining können Eltern mehr Eigenständigkeit und Sicherheit in den mobilen Alltag ihrer Kinder geben.“

Das Schulwegtraining

Die meisten Schulen stellen Schulwegpläne bereit, welche die Routen ohne oder mit nur geringen Gefahrenpunkten zeigen. Der kürzeste Weg ist darum nicht immer der sicherste. Eltern gehen dann gemeinsam mit ihren Kindern den Schulweg. Dabei wird jedes Abbiegen, jede Straßenüberquerung und jeder Gefahrenpunkt, beispielsweise eine Baustelle, einzeln besprochen. Das ist wichtig, weil es Schulanfängern noch schwerfällt, Zusammenhänge herzustellen und das Erlernte auf andere Situationen zu übertragen. Auch der Rückweg wird so trainiert.

Nach einigen Übungsgängen, wenn das Kind schon deutlich sicherer ist, kann ihm die „Führungsrolle“ übergeben werden und sie lotsen dann ihre Eltern. Diese korrigieren dann nur noch. Wichtig ist, dass die Strecke zu den gleichen Zeiten wie später abgelaufen wird, damit der Eindruck von Verkehrsaufkommen und Verkehrsgeschehen möglichst bekannt ist. Das Schulwegtraining muss mehrmals wiederholt werden. Dadurch prägen sich Kinder die Abläufe erst ein und können sicherer werden. Wenn sie den Schulweg souverän allein meistern, können Eltern langsam „loslassen“.

Infos zum Schulwegtraining

Quelle: Pressemitteilung Deutsche Verkehrswacht e.V.




Keinen Bock auf Arbeit? Dann werden Sie doch Lehrer!

Baden-Württembergs Kampagne zur Gewinnung neuer Lehrkräfte fällt vor allem negativ auf

„GELANDET UND GAR KEINEN BOCK AUF ARBEIT MORGEN? HURRAAA! MACH WAS DIR SPAß MACHT UND WERDE LEHRER*IN.“, steht am Stuttgarter Flughafen in großen Lettern auf einem Plakat der Landesregierung Baden-Württemberg zu lesen. Auf der Website des Kultusministeriums im sogenannten „Ländle“ gibt es dann unter https://www.lehrer-in-bw.de/ einen „Quick-Check“, mit dem sich herausfinden lässt, wie die Angesprochenen möglichst schnell in den Schuldienst eintreten können. Auch für Menschen ohne Berufsausbildung gibt es einige tolle Angebote: „NIIICE! DU KÖNNTEST VERTRETUNGSLEHRKRAFT ODER UNTERSTÜTZUNGSLEHRKRAFT WERDEN ODER GEFLÜCHTETE UND NEU ZUGEWANDERTE KINDER UND JUGENDLICHE UNTERRICHTEN. – JETZT BEWERBEN“, steht hier zu lesen.

Hauptsache auffallen

Laut Spiegel online erklärt ein Sprecher des Kultusministeriums in Baden-Württemberg zur Kampagne, dass man schließlich auffallen müsse. Die Slogans seien bewusst so gewählt worden, um Aufmerksamkeit zu erregen. „Man muss schließlich auffallen, und das tun etwa die Plakate. Das ist gut, und es funktioniert auch.“

Selbstverständlich wirft die Aussage in solch einem Zusammenhang die Frage nach dem Bewusstsein der gesamten Landesregierung im so genannten „Ländle“ auf, deren grüner Ministerpräsident (Foto), der Lehrersohn Winfried Kretschmann, selbst gelernter Gymnasiallehrer ist, aber eben schon lange nicht mehr unterrichtet hat.

Der Grundschulverband, der für die Interessen der Schülerinnen und Schüler eintritt, hat dazu eine Stellungnahme publiziert:

Das sitzt. „Da schlägt sie einem knallhart ins Gesicht, eine mangelnde Wertschätzung gegenüber Lehrerinnen und Lehrern, die gerade in Zeiten des massiven und lang anhaltenden Lehrkräftemangels täglich bis an ihre Grenzen und oft auch darüber hinaus gehen.

Ja, der Grundschulverband teilt uneingeschränkt die Sorge des Kultusministeriums im Hinblick auf die Mangelmisere. Und unterstützt den Ansatz, dass alles getan werden muss, um diesen Missstand zu beheben. Wirklich alles?

Berappelt man sich, nachdem es einem erst einmal die Sprache verschlagen hat ob dieser fragwürdigen Äußerungen der Werbekampagne, dann scheint es dringend geboten, zwei zentrale Fragen aufzuwerfen:

  1. Wer fühlt sich von dieser Kampagne angesprochen?
  2. Sind damit die Lehrkräfte angesprochen, die Grundschulkinder brauchen, die ihrerseits das Recht auf eine allseitige und grundlegende Bildung haben?

Bereits im Verteidigungsmodus angekommen, führt das Kultusministerium an, es hätten sich schon nach wenigen Tagen 8000 Interessierte auf die Kampagne hin gemeldet.

„Keinen Bock auf Arbeit morgen?“ Wollen wir ernsthaft Menschen an unseren Schulen wissen, die „keinen Bock auf Arbeit“ haben? Neben aller notwendigen pädagogischen und fachlichen Qualifizierung von Quer- und Direkteinsteigerinnen und -einsteigern kommt es zuvorderst auf die Haltung und Einstellung an, mit der die Aufgabe, den Bildungs- und Erziehungsauftrag für Kinder zu erfüllen, angegangen wird. Die Haltung, die mit den Plakaten der Kampagne angesprochen wird, kann und darf es ganz sicher nicht sein! Kinder – zumal im Nachgang zu Corona – brauchen Menschen und Lehrkräfte, die sich nach Kräften zugewandt und umfänglich um ihre allseitige Bildung und Erziehung bemühen. Das ist kein „Job“, den man im Schmalspurmodus nebenher erledigt!

Ja, es braucht die Anstrengung aller, die im Bildungssystem Verantwortung tragen, Möglichkeiten zu suchen, den Lehrkräftemangel zumindest abzusoften (behoben werden kann er mit allen bereits angedachten und noch folgenden Maßnahmen sehr wahrscheinlich ohnehin nicht). An dieser Suche beteiligt sich der Grundschulverband auch gerne weiterhin.

Und nein – so geht‘s nicht! Hier schließt sich der Grundschulverband der Kritik der anderen Verbände uneingeschränkt an. Für Rückfragen wenden Sie sich bitte an edgar.bohn@gsv-bw.de.“

Anmerkung der Redaktion

Zum Vorgehen der grün-schwarzen Landesregierung ließe sich sehr viel sagen. Bietet sie doch einen tiefen Einblick in die Gemütslage dieser Politikerinnen und Politiker, vor allem der grünen Kultusministerin Theress Schopper (Foto). Immerhin sind der Landesregierung zwei Dinge gelungen. 1. Sie fällt auf. 2. Sie hat richtig gegendert. Ansonsten hat sie mit Ihrer Missachtung gegenüber Schülerinnen, Schülern und Lehrkräften einen echten Skandal produziert, der vor allem einen enormen Dilettantismus im Bereich Bildung und Bildungspolitik offenbart.

Einerseits leistet sich „The Länd“ noch immer ein aufwendiges Lehrerstudium, in dem anders als in anderen Bundesländern, ein Referendar aufgrund der subjektiven Entscheidung zweier Prüfer an einem einzigen Tag durch eine Lehrprobe der Zugang zum Lehrerberuf verweigert werden kann. Andererseits bedarf es wohl aus Sicht dieser Landesregierung kaum einer Qualifikation, um Kinder zu unterrichten. Gerade bei Kindern, die eben zugewandert sind, scheint der Bedarf an Qualifikation besonders niedrig zu sein. Dabei bräuchten doch gerade die Schwächsten im Bildungssystem, eine besondere Aufmerksamkeit durch unsere Gesellschaft.

Eine wesentliche Kompetenz, die den Machern dieser Kampagne zudem zu fehlen scheint, ist „soziale Kompetenz“. Letztlich ist ihr Handeln aber auch nur das Ergebnis einer über viele Jahrzehnte hinweg kurzsichtigen Bildungspolitik, die es sich bis zum heutigen Tag leistet, an unseren wichtigsten Gütern, den Kindern und ihrer Bildung, zu sparen, um damit unser aller Zukunft zu verspielen. Das muss endlich aufhören.

Gernot Körner




Inklusives Bildungssystem könnte aus der Krise helfen

Gemeinsame Resolution der Gemeinnützigen Gesellschaft Gesamtschule und des Grundschulverbands

Das deutsche Bildungssystem befindet sich in einer Krise, vielleicht der größten seit Gründung der Bundesrepublik Deutschland. Zu den Symptomen dieser Krise gehören unter anderem die nach wie vor eklatante Bildungsungerechtigkeit sowie die mangelhafte Ausrichtung auf eine zukunftsorientierte Bildung. Die Realisierung eines inklusiven Bildungssystems, zu der sich die Bundesrepublik Deutschland durch Ratifizierung der UN-Behindertenrechtskonvention verpflichtet hat, ist noch lange nicht erreicht. Damit werden die Rechte jedes Kindes und Jugendlichen auf bestmögliche Bildung gravierend verletzt.

Das föderale System wird den Herausforderungen immer weniger gerecht. Konsequent ist daher, dass die Regierungsparteien auf der Bundesebene bildungspolitische Schwerpunkte gesetzt haben.

Im Koalitionsvertrag „Mehr Fortschritt wagen“ der Ampelregierung findet sich unter Punkt V. Chancen für Kinder, starke Familien und beste Bildung ein Leben lang „Wir wollen allen Menschen unabhängig von ihrer Herkunft beste Bildungschancen bieten, Teilhabe und Aufstieg ermöglichen und durch inklusive Bildung sichern.“

Das Startchancenprogramm soll Kindern und Jugendlichen – unabhängig von der sozialen Lage der Familien – bessere Bildungschancen ermöglichen. Mehr als 4.000 allgemein- und berufsbildende Schulen mit einem hohen Anteil sozial benachteiligter Schülerinnen und Schüler sollen dabei Unterstützung finden in den Bereichen:

  • Schulbau, durch ein Investitionsprogramm für moderne, klimagerechte, barrierefreie Schulen mit einer zeitgemäßen Lernumgebung und Kreativlaboren,
  • Weiterentwicklung der Schulen, des Unterrichts und der Lernangebote, durch ein Chancenbudget zur freien Verfügung, um Schule, Unterricht und Lernangebote weiterzuentwickeln und außerschulische Kooperationen zu fördern,
  • Schulsozialarbeit, mit der dauerhaften Bereitstellung zusätzlicher Stellen.

Inzwischen hat die Bundesregierung in ihrem Haushaltsentwurf für das Jahr 2024 für das Startchancenprogramm im Einzelplan 60 einen eigenen Titel mit einem Ansatz von 500 Mio. Euro eingestellt. Ab 2025 sind 1 Mrd. Euro pro Jahr für das Programm vorgesehen.

Jetzt geht es darum, das Programm zu einem guten Ergebnis zu führen.

Die GGG und der GSV haben sich dazu folgendermaßen positioniert:

Resolution: Das Startchancen-Programm muss zu mehr Bildungsgerechtigkeit führen und einen wesentlichen Beitrag zur Weiterentwicklung eines inklusiven Schulsystems leisten

1.         Die Gemeinnützige Gesellschaft Gesamtschule (GGG) und der Grundschulverband (GSV) begrüßen uneingeschränkt, dass die Ampelkoalition Kindern und Jugendlichen unabhängig von der sozialen Lage ihrer Familien durch inklusive Bildung bessere Bildungschancen zur Behebung der herkunftsbedingten Bildungsbenachteiligung ermöglichen will und dazu ein Startchancen- Programm auflegt. Mit dem Programm soll auch eine Verbesserung der Leistungsfähigkeit des deutschen Schulsystems erreicht werden. Für die Umsetzung des Programms ist die Kooperation von Bund, Ländern und Kommunen notwendig.

2.         Die Verbände halten die begleitenden öffentlichen Auseinandersetzungen zwischen Bund und Ländern über Finanzierung und Ausgestaltung des Programms für kontraproduktiv. Das Versprechen, die Zivilgesellschaft und auch die Schulen mit in den Entwicklungsprozess des Programms einzubeziehen, muss schnellstens eingelöst werden.

3.         Es besteht weitgehend Übereinstimmung darin, dass der Erfolg des Programms evaluiert werden muss. Vorhandene erfolgreiche Formen und Erfahrungen wissenschaftlicher Begleitung, z.B. aus der Berliner Gemeinschaftsschul-Pilotphase, verzahnt mit Fortbildung und Evaluation sind zu nutzen. GGG und GSV schlagen vor, im Rahmen der Evaluation folgende Zielsetzungen zugrunde zu legen:

  • eine Verbesserung des Wohlbefindens der Schüler:innen,
  • eine Steigerung der Anzahl der Schüler:innen, die die Schule mit Schulabschluss verlassen,
  • eine Steigerung der Anzahl der Schüler:innen, die die Mindeststandards in den einschlägigen Vergleichstests (IQB-Bildungsstudie, PISA etc.) erreichen,
  • eine deutliche Entkoppelung von Herkunft und Bildungserfolg,
  • eine Weiterentwicklung des selektiven Schulsystems in Richtung eines inklusiven Schulsystems, messbar an einer verbesserten Versorgung in Bezug auf Ausstattung und Personal für inklusive Bildung sowie einer erhöhten Anzahl von Schulen des gemeinsamen Lernens.

4.         Das Startchancen-Programm ist ein zentrales bildungspolitisches Vorhaben der Bundesregierung für diese Legislaturperiode. Die Umsetzung soll mit Beginn des Schuljahres 2024/25 erfolgen. Wesentliche Mittel an die Schulen werden erst 2025 fließen. Das ist viel zu spät. Deshalb fordern die Verbände die Bereitstellung eines Sofortprogramms von 1 Mrd. Euro bereits für das Schuljahr 2023/24. Es ist nicht in Kauf zu nehmen, dass weitere Schüler:innenjahrgänge zurückgelassen werden. Ein Zusammenstreichen der vorgesehenen Mittel und ggf. ein Verzicht auf das Programm insgesamt wäre unverantwortlich. Ausgaben für den Bildungsbereich müssen höchste Priorität haben.

5.         GGG und GSV fordern, dass die gesamten Mittel für alle drei Bereiche nach Sozialindex und nicht nach Königsteiner Schlüssel auf die Bundesländer verteilt werden, so wie es im Eckpunkteentwurf des BMBF vorgeschlagen wird. Die Auswahl der Schulen muss sich am Bedarf orientieren, an einem schüler:innenscharfen Sozialindex. Von den Ländern fordern wir, dass sie zusätzlich zu den Bundesmitteln einen gleich hohen Beitrag für das Programm beisteuern.

6.         Die Verbände fordern, den Schulen als wesentlichen Akteuren bei der Umsetzung des Programms weitgehende Spielräume zur Ausgestaltung des Programms und zur Verwendung der Mittel zu ermöglichen. Dabei sollen die Schulen wissenschaftlich, administrativ und unterstützend begleitet werden. Außerdem ist eine regionale Vernetzung der am Programm beteiligten Schulen zu ermöglichen.

7.         Auf der individuellen Ebene der Schüler:innen soll das Startchancenprogramm die sozial- emotionalen Kompetenzen fördern, persönlichkeitsbildend wirken und den Schüler:innen ermöglichen, die nötigen Zukunftskompetenzen zu entwickeln. Deshalb fordern GGG und GSV, dass das Startchancen-Programm nicht allein auf Basiskompetenzen in den Fächern Deutsch und Mathematik fokussiert, sondern mit einem emanzipatorischen, basisdemokratischen, teilhabenden und entgrenzenden Anspruch versehen wird. Vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie mit psychosozialen Nachwirkungen bei Schülerinnen und Schülern ist dies besonders wichtig.

8.         Für die schulstrukturelle Ebene fordern die Verbände:
Im Grundschulbereich ist mit dem Startchancenprogramm das Sprengelprinzip in allen Bundesländern wieder einzuführen.
Alle in das Startchancen-Programm einbezogenen Schulen bringen ihre Schulentwicklung mit dem Ziel einer inklusiven Schule voran.
Geförderten allgemeinbildenden Schulen ist die Entwicklung zu einer integrierten Langformschule (Schule von 1 – 10 bzw. 13) zu ermöglichen.
Geförderten Gesamtschulen ohne Oberstufe ist zu ermöglichen, eine Oberstufe aufzubauen.

Insgesamt sind die Gemeinnützige Gesellschaft Gesamtschule und der Grundschulverband der Überzeugung, dass allein die Möglichkeiten des Startchancen-Programms nicht ausreichen werden, unser Bildungssystem gerecht, inklusiv und zukunftsfähig zu gestalten. Dazu bedarf es weiterer Anstrengungen und einer gesamtgesellschaftlichen Übereinkunft. Frühkindliche Bildung ist im Programm nicht vorgesehen. Die Strukturfrage wird nicht angegangen. Diese Mängel sind zu beheben. Der von der Koalition vereinbarte „Bildungsgipfel“, „auf dem sich Bund, Länder, Kommunen, Wissenschaft und Zivilgesellschaft über neue Formen der Zusammenarbeit und gemeinsame ambitionierte Bildungsziele verständigen“ (zitiert aus dem Koalitionsvertrag), muss umgehend einberufen werden und zielorientiert arbeiten.

Quelle: Pressemitteilung Grundschulverband e.V.




Die meisten Schulleitungen sind mit ihrer Arbeit zufrieden

schulleitungsmonitor

Schulleitungsmonitor Deutschland: zentrale Ergebnisse der Studie

Eine aktuelle Studie betrachtet die Situation der Schuleiterinnen und Schulleiter an deutschen, allgemeinbildenden Schulen. Sie untersucht, was die Aufgabe der Schulleitung (un)attraktiv macht, welche Karrieremotive und Arbeitsplatzwechselabsichten Schulleitungen bewegen und welche Rolle Unterstützungsangebote sowie Qualifizierungsmaßnahmen spielen.

Die Mehrheit der befragten Schulleitungen ist mit ihrer beruflichen Karriere zufrieden. Der weitaus größte Teil stimmt den Aussagen eher oder voll zu, dass sie ausgesprochen froh sind, ausgerechnet an dieser Schule zu arbeiten (92%), mit ihrer derzeitigen Arbeit viele wertvolle Dinge erreicht (91%) und richtig Freude an ihrer Arbeit zu haben (82%). Die Mehrheit der Schulleitungen gibt an, dass sie sich bei der Arbeit fit und tatkräftig fühlt (73%). Die Arbeit nehmen die Schulleitungen als inspirierend wahr (76%) und können darin völlig aufgehen (75%).

Ein Viertel der Schulleitungen denkt darüber nach, die eigene Schule zu verlassen

Der eigenen Schule den Rücken kehren wollen 19% der Schulleitungen, sobald sich eine bessere Möglichkeit bietet. Ihre Schule so schnell wie möglich zu verlassen planen 6%. Im Vergleich dazu waren das in der Vorgängerstudie 15% und 4%. Somit beabsichtigte etwa jede fünfte Schulleitung (19%) in Deutschland, ihren Arbeitsplatz zu wechseln. 13% der Befragten haben keine Auskunft gegeben (Cramer et al 2021, S. 140).

Wechselmotive sind zu wenig Unterstützung (48%), eine nicht angemessene Bezahlung (41%) und der Wunsch nach beruflicher Entwicklung (40%) Etwa ein Drittel (34%) der Befragten gibt schlechte Arbeitsbedingungen als Wechselmotiv an. Überforderung durch die Arbeit (29%).

Fast ein Viertel der befragten Schulleitungen charakterisiert ihre Schule als Schule in einem sozialen Brennpunkt.

Verhältnis der Schulleitungen zu Mitarbeitenden und Schulaufsicht

Die große Mehrheit der Schulleitungen hat ein gutes Vertrauensverhältnis zu ihren Mitarbeitenden. Sie nehmen ihre Lehrkräfte als kompetent, ehrlich, zuverlässig und einsatzbereit wahr.

Das Vertrauen der Schulleitungen in Personen der Bildungsadministration ist im Vergleich zu repräsentativen Vorläuferstudien in den vergangenen drei Jahren gesunken. Mit Fokus auf die Schulaufsicht geben 40% der Befragten mangelndes Vertrauen an.

Empfehlungen für die Verbesserung von Schule:

Schulleitungen fordern mehr Unterstützung und Stärkung der eigenen Rolle. Sie hoffen auf mehr Unterstützung von Schulbehörde bzw. Ministerium (74%) sowie vom Schulträger (65%). Um Schule verbessern zu können, geben die Befragten vor allem an, zusätzliche Ressourcen zu benötigen, insbesondere mehr Personal.

Weitere Informationen zum Projekt: https://www.fhnw.ch/plattformen/slmd/ueber-das-projekt/

Quelle: Wübben Stiftung Bildung

Hintergrundinformationen zur Studie

Ziel des „Schulleitungsmonitor Deutschland“ ist es, die Arbeitssituation und das Handeln von Schulleitungen in Deutschland zu erfassen.

Grundlage des Schulleitungsmonitors ist eine für Deutschland repräsentative Befragung von Schulleiterinnen und Schulleitern an allgemeinbildenden Schulen. Das Projekt wurde als Längsschnittstudie angelegt, sodass die teilnehmenden Schulleitungen im Abstand von mehreren Jahren wiederholt befragt werden. Dadurch können langfristig auch Entwicklungsverläufe und Trends abgebildet werden.

Das Forschungsteam besteht aus MitarbeiterInnen der Pädagogische Hochschule FHNW, der Leuphana Universität Lüneburg, der Universität Tübingen und der Pädagogische Hochschule Vorarlberg,

Auftraggeber und Kooperationspartner ist die Wübben Stiftung Bildung. Ihre Vision ist es, dass alle Kinder und Jugendlichen unabhängig von ihrer Herkunft gerechte Bildungschancen erhalten. Sie berät, begleitet und unterstützt Akteure des Bildungssystems bei der Weiterentwicklung von Schulen im Brennpunkt.

Inhaltlich knüpft der Schulleitungsmonitor an das Forschungsprojekt „Leadership in German Schools“ (LineS2020) an, in deren Rahmen zwischen 2019 und 2021 bereits 405 Schulleitungen mit Blick auf ihre Karriereverläufe befragt wurden.

Die Grundgesamtheit der Studie (LineS2020) waren Schulleitungen an allgemeinbildenden Schulen in ganz Deutschland. Auswahl und Rekrutierung erfolgten telefonisch im Rahmen bevölkerungsrepräsentativer Mehrthemenumfragen. Im Rekrutierungsverfahren hatte jedes Mitglied der Grundgesamtheit die gleiche statistische Chance, in die Stichprobe aufgenommen zu werden. Grundlage hierfür waren Daten des Statistischen Bundesamtes für Lehrkräfte im Schuljahr 2018/2019 an allgemeinbildenden Schulen, die für die Ziel-Verteilung der Stichprobe die Merkmale Alter, Geschlecht, Region (Ost/West) und Schulform vorgaben. In Summe wurden 1.636 Lehrpersonen in vier in sich repräsentativen Rotationen (Zufallssplits) befragt. Hiervon bilden 405 Schulleitungen die hier analysierte Stichprobe. (Cramer et al, S. 135)

Insgesamt wurden für die aktuelle Studie 1.007 Schulleitungen an allgemeinbildenden Schulen aller Schulformen aus allen Bundesländern befragt. Etwas weniger als die Hälfte der befragten Schulleitungen (48%) arbeiten an Grundschulen, knapp 17 % an (beruflichen) Gymnasien sowie jeweils etwa 10 % an Förder- oder Sonderschulen, Realschulen sowie Schulen mit mehreren Bildungsgängen.

Anzahl der allgemeinbildenden Schulen in Deutschland im Schuljahr 2021/2022 nach Schulart

Im Schuljahr 2021/2022 gab es in Deutschland 32.206 allgemeinbildende Schulen. Davon 15.466 (48%) Grundschulen, 3.151 (10%) Gymnasien, 2.792 (8,7%) Förderschulen, 2.156 (6,7%) Integrierte Gesamtschulen, 1.500 (4,6%) Hauptschulen und 1727 (5,3%) Realschulen. 1.902 (5,9%) Schulen mit mehreren Bildungsgängen Quelle: statista.com

Literatur:

(Cramer et al 2021): Cramer, Colin; Groß Ophoff, Jana; Pietsch, Marcus; Tulowitzki, Pierre. Schulleitung in Deutschland. Repräsentative Befunde zur Attraktivität, zu Karrieremotiven und zu Arbeitsplatzwechselabsichten. Die deutsche Schule 113 (2021) 2, S. 132-148




Die Bildungsungerechtigkeit beenden und zukunftsorientierte Bildung endlich beginnen!

Gemeinsame Resolution des Grundschulverbandes und des Gesamtschulverbandes

Das deutsche Bildungssystem befindet sich in einer Krise, vielleicht der größten seit Gründung der Bundesrepublik Deutschland. Zu den Symptomen dieser Krise gehören u.a. die nach wie vor eklatante Bildungsungerechtigkeit sowie die mangelhafte Ausrichtung auf eine zukunftsorientierte Bildung. Die Realisierung eines inklusiven Bildungssystems, zu der sich die Bundesrepublik Deutschland durch Ratifizierung der UN-Behindertenrechtskonvention verpflichtet hat, ist noch lange nicht erreicht. Damit werden die Rechte jedes Kindes und Jugendlichen auf bestmögliche Bildung gravierend verletzt.

Das föderale System wird den Herausforderungen immer weniger gerecht. Konsequent ist daher, dass die Regierungsparteien auf der Bundesebene bildungspolitische Schwerpunkte gesetzt haben.

Im Koalitionsvertrag „Mehr Fortschritt wagen“ der Ampelregierung findet sich unter Punkt V. Chancen für Kinder, starke Familien und beste Bildung ein Leben lang „Wir wollen allen Menschen unabhängig von ihrer Herkunft beste Bildungschancen bieten, Teilhabe und Aufstieg ermöglichen und durch inklusive Bildung sichern.“ 

Das Startchancenprogramm soll Kindern und Jugendlichen – unabhängig von der sozialen Lage der Familien – bessere Bildungschancen ermöglichen. Mehr als 4.000 allgemein- und berufsbildende Schulen mit einem hohen Anteil sozial benachteiligter Schülerinnen und Schüler sollen dabei Unterstützung finden in den Bereichen:

  • Schulbau, durch ein Investitionsprogramm für moderne, klimagerechte, barrierefreie Schulen mit einer zeitgemäßen Lernumgebung und Kreativlaboren,
  • Weiterentwicklung der Schulen, des Unterrichts und der Lernangebote, durch ein Chancenbudget zur freien Verfügung, um Schule, Unterricht und Lernangebote weiterzuentwickeln und außerschulische Kooperationen zu fördern,
  • Schulsozialarbeit, mit der dauerhaften Bereitstellung zusätzlicher Stellen.

Die GGG und der GSV haben sich dazu folgendermaßen positioniert:

Resolution
Das Startchancen-Programm muss zu mehr Bildungsgerechtigkeit führen
und einen wesentlichen Beitrag zur Weiterentwicklung eines inklusiven Schulsystems leisten

1. Die Gemeinnützige Gesellschaft Gesamtschule (GGG) und der Grundschulverband (GSV) begrüßen uneingeschränkt, dass die Ampelkoalition Kindern und Jugendlichen unabhängig von der sozialen Lage ihrer Familien durch inklusive Bildung bessere Bildungschancen zur Behebung der herkunftsbedingten Bildungsbenachteiligung ermöglichen will und dazu ein Startchancen-Programm auflegt. Mit dem Programm soll auch eine Verbesserung der Leistungsfähigkeit des deutschen Schulsystems erreicht werden. Für die Umsetzung des Programms ist die Kooperation von Bund, Ländern und Kommunen notwendig.

2. Die Verbände halten die begleitenden öffentlichen Auseinandersetzungen zwischen Bund und Ländern über Finanzierung und Ausgestaltung des Programms für kontraproduktiv. Das Versprechen, die Zivilgesellschaft und auch die Schulen mit in den Entwicklungsprozess des Programms einzubeziehen, muss schnellstens eingelöst werden.

3. Weitgehend Übereinstimmung besteht darin, dass der Erfolg des Programms evaluiert werden soll. GGG und GSV schlagen vor, im Rahmen der Evaluation folgende Zielsetzungen zugrunde zu legen:

  • eine Verbesserung des Wohlbefindens der Schüler:innen,
  • eine Steigerung der Anzahl der Schüler:innen, die die Schule mit Schulabschluss verlassen,
  • eine Steigerung der Anzahl der Schüler:innen, die die Mindeststandards in den einschlägigen Vergleichstests (IQB-Bildungsstudie, PISA, etc.) erreichen,
  • eine deutliche Entkoppelung von Herkunft und Bildungserfolg,
  • eine Weiterentwicklung des selektiven Sculsystems in Richtung eines inklusiven Schulsystems, messbar an einer verbesserten Versorgung in Bezug auf Ausstattung und Personal für inklusive Bildung sowie einer erhöhten Anzahl von Schulen des gemeinsamen Lernens.

4. Das Startchancen-Programm ist ein zentrales bildungspolitisches Vorhaben der Bundesregierung ür diese Legislaturperiode. Die Umsetzung soll mit Beginn des Schuljahres 2024/25 erfolgen. Wesentliche Mittel an die Schulen werden erst 2025 fließen. Das ist viel zu spät. Deshalb fordern die Verbände die Bereitstellung eines Sofortprogramms von 1 Mrd. Euro bereits für das Schuljahr 2023/24. Es ist nicht in Kauf zu nehmen, dass weitere Schüler:innenjahrgänge zurückgelassen werden.

5. GGG und GSV fordern, dass die gesamten Mittel für alle drei Bereiche nach Sozialindex und nicht nach Königsteiner Schlüssel auf die Bundesländer verteilt werden, so wie es im Eckpunkteentwurf des BMBF vorgeschlagen wird.

6. Die Verbände fordern, den Schulen als wesentlichen Akteuren bei der Umsetzung des Programms weitgehende Spielräume zur Ausgestaltung des Programms und zur Verwendung der Mittel zu ermöglichen. Dabei sollen die Schulen wissenschaftlich, administrativ und unterstützend begleitet werden.

7. Auf der individuellen Ebene der Schüler:innen soll das Startchancenprogramm die sozial-emotionalen Kompetenzen fördern, persönlichkeitsbildend wirken und den Schüler:innen ermöglichen, die nötigen Zukunftskompetenzen zu entwickeln. Deshalb fordern GGG und GSV, dass das Startchancen-Programm nicht allein auf Basiskompetenzen in den Fächern Deutsch und Mathematik fokussiert, sondern mit einem emanzipatorischen, basisdemokratischen, teilhabenden und entgrenzenden Anspruch versehen wird.

8. Für die schulstrukturelle Ebene fordern die Verbände:

  • Im Grundschulbereich ist mit dem Startchancenprogramm das Sprengelprinzip in allen Bundesländern wieder einzuführen.
  • Alle in das Startchancen-Programm einbezogenen Schulen bringen ihre Schulentwicklung mit dem Ziel einer inklusiven Schule voran.
  • Geförderten allgemeinbildenden Schulen ist die Entwicklung zu einer Langformschule (Schule von 1 – 10 bzw. 13) zu ermöglichen.
  • Geförderten Gesamtschulen ohne Oberstufe ist zu ermöglichen, eine Oberstufe aufzubauen.

Insgesamt sind die Gemeinnützige Gesellschaft Gesamtschule und der Grundschulverband der Überzeugung, dass allein die Möglichkeiten des Startchancen-Programms nicht ausreichen werden, unser Bildungssystem gerecht, inklusiv und zukunftsfähig zu gestalten. Dazu bedarf es weiterer Anstrengungen und einer gesamtgesellschaftlichen Übereinkunft. Frühkindliche Bildung ist im Programm nicht vorgesehen. Die Strukturfrage wird nicht angegangen. Diese Mängel sind zu beheben. Der von der Koalition vereinbarte „Bildungsgipfel“, „auf dem sich Bund, Länder, Kommunen, Wissenschaft und Zivilgesellschaft über neue Formen der Zusammenarbeit und gemeinsame ambitionierte Bildungsziele verständigen“ (zitiert aus dem Koalitionsvertrag), muss umgehend einberufen werden und zielorientiert arbeiten.

Quelle: Pressemitteilung GSV




Grundschule und Digitalität: Buch zum kostenlosen Download

Grundschulverband informiert über Grundlagen und Herausforderungen der Digitalität und bietet Praxisbeispiele

Die Zeiten ändern sich: Heute sollen Bildungsaufgaben rund um die Digitalität nach Vorgabe der Kultusministerkonferenz bereits ab Beginn der Grundschule übernommen werden. Gleichzeitig ist der didaktische Einsatz dieser Möglichkeiten und die Frage, was Kinder nun in der Digitalität lernen sollen, noch nicht differenziert konzeptualisiert.

Impulse für die Weiterentwicklung von Grundschulen in der Digitalität

Mit dem Buch „Grundschule und Digitalität – Grundlagen, Herausforderungen, Praxisbeispiele“ will der Grundschulverband Impulse für die Weiterentwicklung von Grundschulen in der Digitalität setzen. Dabei sollen die grundlegenden Herausforderungen sowie die unterschiedlichen Perspektiven, die sich aus dem digitalen Wandel in der Gesellschaft für die Grundschule und die Bildung in der Digitalität ergeben, zur Diskussion stehen. Der Grundschulverband hat das 376 Seiten starke Buch zum kostenlosen Download bereitgestellt.

Einblicke in die aktuellen Herausforderungen und Perspektiven

In dem Buch geben Expertinnen und Experten aus verschiedenen Bereichen der Grundschule Einblicke in die aktuellen Herausforderungen und Perspektiven, die sich im Anschluss an die digitale Transformation unserer Gesellschaft ergeben haben und die insbesondere die Freizeitgestaltung, die Kulturerzeugnisse, die Kommunikationsmedien und -formen, die wirtschaftliche Welt, die Sozialbeziehungen, das Lernen und Informieren sowie das aktive Handeln in unserer Gesellschaft mannigfaltig verändert haben – und damit bis in die Grundschule hineinwirken.

Ausgangspunkt für systematischere Überlegeungen

Der Band soll als Ausgangspunkt für systematischere Überlegungen zur Weiterentwicklung der Grundschulen in der Digitalität dienen. So werden in diesem Buch keine Patentrezepte oder Vorgaben entwickelt, die die Grundschulen in die Digitalität führen. Vielmehr werden ausgehend von den Grundlagenartikeln im ersten Teil des Buches im zweiten Teil konkrete Herausforderungen aufgezeigt und benannt. Dies erfolgt ins-besondere, um die Bedeutung und Komplexität der Herausforderungen dar-zustellen, die sich durch die Digitalität ergeben.

Facettenreichtum durch digitalen Wandel

Es geht hier nicht darum, idealtypische Lösungsansätze vorzustellen, sondern deutlich zu machen, in wie vielen Facetten sich bildungsrelevante Entwicklungen durch den digitalen Wandel ergeben. Im dritten Teil des Buches folgt dann ein Überblick über die Vielfalt an Aktivitäten, die bereits in Grundschulen stattfinden und bei denen durchaus bereits innovative Konzepte und Ideen für das Lehren und Lernen in der Digitalität entwickelt wurden und werden. So finden sich hier auch zahlreiche Praxisbeispiele als Inspiration für die eigene pädagogische Arbeit.

Ziel des Buches ist somit die Bereitstellung von Impulsen für die Weiterentwicklung von Grundschulen in der Digitalität.

Quelle: Vorwort aus „Grundschule und Digitalität“

Bibliographie:

Thomas Irion, Markus Peschel, Daniela Schmeinck (Hrsg.)
Grundschule und Digitalität – Grundlagen, Herausforderungen, Praxisbeispiele
376 Seiten
ISBN 978-3-941649-34-7