Ungewollte Kinderlosigkeit darf kein Tabu bleiben!

Bundesweite Info-Kampagne der Initiative „Gemeinsam Familien gründen“ ist gestartet

Ungewollt kinderlos: Für jede zehnte Frau und jeden zehnten Mann im Alter zwischen 20 und 50 Jahren in Deutschland ist das die Realität. Viele Lebensentwürfe geraten ins Wanken, wenn sich der Wunsch nach einem Kind nicht erfüllt und statt Verständnis, erleben viele von ihnen Diskriminierung, Stigmatisierung und Tabuisierung ungewollter Kinderlosigkeit.

Mit dem Info-Truck unterwegs

Die Initiative „Gemeinsam Familien gründen“ will dieses Tabu brechen und mit einer bundesweiten Informationskampagne Betroffene unterstützen und den unerfüllten Kinderwunsch stärker in das Bewusstsein der Öffentlichkeit rücken. Mit einem Info-Truck macht „Gemeinsam Familie gründen“ im Mai, Juni und Juli 2022 in sechs deutschen Städten Station und lädt Betroffene und Interessierte ein, sich vor Ort zu informieren. Neben dem rollenden Informationsangebot ist die Webseite www.familien-gruenden.de am Start. Die Initiative wird von relevanten medizinischen Verbänden und Fachgesellschaften befürwortet.

Zunehmendes gesellschaftliches Problem

Dass der unerfüllte Kinderwunsch ein zunehmendes gesellschaftliches Problem darstellt, belegt die Studie „Ungewollte Kinderlosigkeit 2020“ des Bundesministeriums für Familie, Senioren Frauen und Jugend (BMFSFJ): So ist der Anteil ungewollt kinderloser Frauen und Männer im Alter zwischen 20 und 50 Jahren von 25 Prozent im Jahr 2013 auf 32 Prozent im Jahr 2020 gestiegen. Mangelnder gesellschaftlicher Rückhalt wird ebenso offenbar: Ein Viertel der befragten ungewollt Kinderlosen fühlt sich diskriminiert, nahezu jede/jeder Zweite beobachtet, dass ungewollte Kinderlosigkeit in der Gesellschaft stigmatisiert wird und mehr als die Hälfte nehmen einen unerfüllten Kinderwunsch als gesellschaftliches Tabuthema wahr. Stark zugenommen hat die Erfahrung, dass es in unserer Gesellschaft als Makel gilt, kein Kind zu haben: von 20 Prozent im Jahr 2013 auf 39 Prozent im Jahr 2020.

Oftmals falsch oder unzureichend informiert

Ihr Wissen rund um den Kinderwunsch entnehmen die Betroffenen zunehmend auch der Flut teils ungeprüfter Inhalte im Internet. Soziale Netzwerke (32 Prozent), Blogs und Foren (54Prozent) sind zu einer relevanten Informationsquelle geworden. Fehlinformationen sind laut BMFSFJ-Studie weit verbreitet: So werden, wissenschaftlich unbegründet, vor allem ein hormonelles Nachwirken der Antibabypille sowie beruflicher und privater Stress für das Ausbleiben einer Schwangerschaft verantwortlich gemacht. Der nachgewiesene Zusammenhang zwischen steigendem Alter und abnehmender Fruchtbarkeit der Frau wird hingegen unterschätzt.

Ermutigung ist gefragt

So belastend ihre Situation ist, suchen Betroffene nur selten Hilfe; Ermutigung ist dringend gefragt. Ärztliche Abklärung ihres unerfüllten Kinderwunsches haben nur 25 Prozent der befragten Frauen und 20 Prozent der Männer wahrgenommen, psychologische Unterstützung nahmen weniger als 10 Prozent der Frauen mit Kinderwunsch wahr, zumeist, weil ihnen weder das Angebot noch lokale Beratungsstellen bekannt sind und Unsicherheiten über die Kostenübernahme durch die Krankenkassen bestehen. Generell sind Bedenken hinsichtlich der Kosten einer Kinderwunschbehandlung groß. Unsicherheit über zusätzliche finanzielle Förderungen durch Bund und Länder schürt weite

Unterstützung für Betroffene

Aus dieser Bestandsaufnahme des BMFSFJ hat die Initiative „Gemeinsam Familien gründen“ klare Anforderungen für ihre Kampagne abgeleitet und bietet entsprechende Unterstützung für Betroffene: mit einer kompakten Übersicht über zuverlässige Informationsquellen rund um den Kinderwunsch, über ärztliche Behandler und Anlaufstellen für psychologische Hilfe auf der Webseite www.familien-gruenden.de und mit sechs mobilen Info-Tagen zwischen München und Hamburg. Im 70 Quadratmeter großen Info-Truck gibt es mehrmals täglich Impulsvorträge zu den Themen Fruchtbarkeit, schwanger werden und Wunschkind sowie individuelle Gesprächsangebote mit einer Kinderwunsch-Psychologin.

Partner und Initiatoren

Partner der von Ferring Arzneimittel und MentalStark initiierten Kampagne sind der Bundesverband Reproduktionsmedizinischer Zentren Deutschlands e.V., das Deutsche IVF-Register e.V. (D·I·R)® und die Deutsche Gesellschaft für Reproduktionsmedizin e.V. Der Dachverband Reproduktionsbiologie und -medizin e.V ist Unterstützer von „Gemeinsam Familien gründen“. Das Unternehmen Ferring unterstützt die Kampagne finanziell, nimmt laut Mitteilung der Initiative jedoch keinerlei inhaltlichen Einfluss auf die von den Partnern bereitgestellten Informationen und Aktivitäten.

Tourdaten

02.06.2022 Stuttgart
10.06.2022 Berlin
17.06.2022 München
25.06.2022 Frankfurt
01.07.2022 Hamburg

Weitere Informationen finden Sie auf: https://www.familien-gruenden.de

Quelle: Dr. Karin Beisel-Ebert/Pressemitteilung: Gemeinsam Familien gründen




Fälle von sexuellem Kindesmissbrauch steigen weiter an

BKA-Präsident: Gestiegenes Hinweisaufkommen trägt zur Aufhellung des Dunkelfeldes bei

Die Vorstellung der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) zu Gewalttaten gegen Kinder ist alljährlich eine traurige Angelegenheit. In diesem Jahr mussten die Unabhängige Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs (UBSKM) Kerstin Claus und der Präsident des Bundeskriminalamtes Holger Münch neue, besorgniserregende Höchstwerte vermelden.

Pro Schulklasse wohl ein bis zwei Kinder betroffen

Laut PKS sind im Jahr 2021 die Fälle von sexuellem Kindesmissbrauch um 6,3 Prozent auf über 15.500 Fälle gestiegen. Einen Anstieg um 108,8 Prozent auf 39.171 Fälle gab es bei den Fällen bezüglich Herstellung, Besitz und Verbreitung kinderpornografischen Materials. Die jährlichen PKS-Zahlen geben die der Polizei bekannt gewordenen und durch sie ausermittelten Delikte an. Die Dunkelziffer insgesamt und auch der Anteil an Straftaten, von denen die Polizei keine Kenntnis erhält, ist nach aktuellen Erkenntnissen um ein Vielfaches größer. Schätzungen gehen davon aus, dass in Deutschland pro Schulklasse ein bis zwei SchülerInnen von sexueller Gewalt in unterschiedlichsten Lebensbereichen betroffen sind.

Es gilt gewaltige Datenmengen zu verarbeiten

So steckt in der gestiegenen Anzahl an Hinweisen auf solche Verbrechen auch ein Hoffnungsschimmer. Denn letztlich tragen die vielen Hinweise wesentlich zur Aufhellung dieses Dunkelfeldes bei. Dazu erklärte Münch bei der Vorstellung der Statistik: „Das gestiegene Hinweisaufkommen trägt wesentlich zur Aufhellung des großen Dunkelfeldes im Bereich sexueller Missbrauch von Kindern bei. Wir begrüßen das sehr: Schwerste Gewalttaten gegen Kinder und Jugendliche als schwächste Mitglieder der Gesellschaft sind besonders zu ächten, zu verfolgen und zu beenden. Deshalb tun wir alles, um einen möglicherweise noch andauernden Missbrauch frühzeitig zu erkennen und zu verhindern. Die steigende Zahl an Hinweisen bedeutet auch enorme digitale Datenmengen, die polizeilich ausgewertet werden müssen. Wir arbeiten deshalb im BKA ebenso wie in den Länderdienststellen mit Hochdruck daran, unsere technischen sowie personellen Ressourcen auszubauen und unsere Verfahrensabläufe im polizeilichen Verbund weiter zu verbessern. Neben der konsequenten Verfolgung der Taten sind präventive Maßnahmen und erhöhte Unterstützungsleistungen für Kinder von größter Bedeutung: Hierbei sind wir alle gefordert aufmerksam zu bleiben und uns bei einem Verdacht an die Polizei oder an Beratungsstellen und das Jugendamt zu wenden.“

Über 60 Prozent auf europäischen Servern gehostet

Die EU-Kommission veröffentlichte jetzt anlässlich eines Vorschlags für eine neue Verordnung zur wirksamen Bekämpfung sexuellen Missbrauchs von Kindern aktuelle Zahlen, die deutlich machen, dass Europa mittlerweile zu einem Zentrum für Missbrauchsdarstellungen im Netz geworden ist: Über 60 Prozent des weltweiten Materials werden auf europäischen Servern gehostet.

Gemeinsame Strategie für Europa

„Ich hoffe, dass das geplante EU-Zentrum zur Prävention und Bekämpfung der sexuellen Gewalt gegen Kinder bald Realität wird. Wir brauchen hierfür eine gemeinsame Strategie und ein abgestimmtes Vorgehen, insbesondere bei der Strafverfolgung“, sagte die Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs Claus. Durch das Zentrum könnten Abgleichdatenbanken zentral gepflegt, unbekanntes Material vorsortiert werden, bei dem besonders schnell gehandelt werden muss, und die nationalen Strafverfolgungsbehörden dadurch entlastet werden. Betroffene sollen zudem künftig erfragen können, ob es Material von ihnen im Netz gibt: Claus: „Für Betroffene wird damit eine langjährige Forderung endlich umgesetzt. Zu wissen, dass Fotos oder Videos von Täternetzwerken oft jahre- oder jahrzehntelang weiterverbreitet werden, kann sehr belastend sein. Deswegen ist es wichtig, dass sie gezielt informiert werden, wenn Material gefunden und gelöscht wird.“

Online-Anbieter in der Pflicht

Auch die Pläne der Europäischen Kommission, Online-Anbieter zu verpflichten, eine Risikobewertung vorzunehmen und auf Anordnung Material im Internet zu sichten, zu melden und zu entfernen, begrüßt Claus grundsätzlich. „Wir müssen aber diskutieren, welche Rechte und Freiheiten im Internet uns elementar wichtig sind – und wo diese Rechte zugunsten des Kinderschutzes und der Rechte von Betroffenen gezielt eingeschränkt werden müssen. Beide Rechtsgüter – Datenschutz und Kinderschutz – müssen wir gut abwägen. Eine anlasslose Durchleuchtung von privater Kommunikation darf nicht das Ziel sein. Gleichzeitig muss uns allen klar sein: Um Kinder und Jugendliche besser zu schützen und fortgesetzte sexuelle Gewalt zu verhindern, müssen Missbrauchsdarstellungen schnell gefunden, gemeldet und gelöscht werden.“

Minderjährige nicht unangemessen zu „kriminalisieren“

Laut PKS hat sich auch die Zahl der Kinder und Jugendlichen, die Missbrauchsdarstellungen – insbesondere in sozialen Medien – weiterverbreiteten, erwarben, besaßen oder herstellten, in Deutschland seit 2018 mehr als verzehnfacht – von damals 1.373 Tatverdächtigen unter 18 Jahren auf 14.528 Tatverdächtige in 2021. Den meisten Minderjährigen sei nicht bewusst, dass der Besitz oder das Weiterleiten strafbar sei, auch fehle es an dem Bewusstsein, dass hier schwere und schwerste Gewalttaten an anderen Kindern und Jugendlichen verübt würden und die Weiterleitung auch ihre Empfänger schwer traumatisieren könne. Claus: „Gerade über Klassenchats seien die Ermittlungserfolge in dieser Gruppe auch einfacher zu erreichen, da das Unrechtsbewusstsein meist fehlt und deshalb auf Seiten der Minderjährigen keine Anstrengungen zur Vertuschung unternommen werden. Polizei und Beratungsstellen können hier viel zur Aufklärung beitragen. Gefordert sind aber vor allem auch die Eltern und Schulen, um pädagogische Antworten darauf zu finden. Gemeinsam sollten alle dazu beitragen, Minderjährige nicht unangemessen zu „kriminalisieren“.

Weitere Informationen zur PKS finden Sie hier.

Hilfe für Betroffene

Machen Sie sich Sorgen um ein Kind oder suchen für sich selbst Hilfe und Unterstützung? – Sprechen Sie darüber. Auf dem Hilfe-Portal Sexueller Missbrauch finden Sie vertrauliche und professionelle Hilfe per Telefon, Online-Beratung oder im persönlichen Gespräch durch Fachkräfte, die auf das Thema sexuelle Gewalt gegen Kinder und Jugendliche spezialisiert sind.

Quelle: BKA




Bei Schulranzen auf Ergonomie und Sichtbarkeit achten

Der TÜV-Verband gibt Eltern Hilfestellung für die Auswahl des Schulranzens

Nur noch wenige Monate bis zur Einschulung: Höchste Zeit für Eltern, nach einem geeigneten Schulranzen oder -rucksack zu suchen. „Schulranzen gibt es in unterschiedlichen Größen, Farben und Formen. Während Kinder die Tornister vor allem nach Farbe und Motiv auswählen, sollten Eltern beim Kauf Kriterien wie Tragekomfort, Gewicht und Sicherheit im Blick behalten“, sagt André Siegl, Experte für Arbeits- und Gesundheitsschutz beim TÜV-Verband. „Besonderes Augenmerk sollte auf Stabilität, auf kindgerechter Ergonomie plus individueller Einstellbarkeit, die ein „Mitwachsen“ ermöglicht, aber auch auf den verwendeten Materialien, die innerhalb der zulässigen Grenzwerte schadstoffarm sein müssen und qualitativ verarbeitet sein sollten.“

Wenn die Last auf dem Rücken der Kinder nicht gleichmäßig verteilt ist, können Rucksäcke den noch im Wachstum befindlichen Muskel- und Skelettapparat belasten und dauerhaft schädigen. Insbesondere dann, wenn sie dauerhaft zu schwer sind oder nicht richtig getragen werden. Außerdem ist es wichtig, dass die Kinder im Straßenverkehr gut gesehen werden. Siegl: „Schulranzen mit ausreichend Flächen aus reflektierenden und fluoreszierenden Materialien sowie leuchtende Farben erhöhen die Sicherheit auf dem Schulweg.“

Die ergonomischen und sicherheitstechnischen Anforderungen an Schulranzen schreibt die Norm DIN 58124 vor. Ob eine Schultasche den Vorgaben entspricht, können die Eltern unter anderem an einem Prüfzeichen eines TÜV-Unternehmen oder an dem Zertifizierungszeichen „DIN-Geprüft“ erkennen. Leisten Schulranzen und -rucksäcke zusätzlich zu den geforderten ergonomischen Sicherheitsaspekten nach der DIN Norm 58124 noch einen Beitrag zur Verbesserung der Sichtbarkeit, so kann ergänzend ein GS-Zeichen vergeben werden. Der TÜV-Verband gibt Eltern Hilfestellung für die Auswahl des Schulranzens.

Rückengesundheit: Worauf Eltern bei einem Schulranzen achten sollten

Um eine Belastung des Rückens zu vermeiden, sollten Schulranzen, -rucksäcke und -taschen ein möglichst geringes Eigengewicht haben. Als Richtwert für Eltern gilt: Ein Tornister sollte nicht mehr als 10 Prozent des Körpergewichts des Kindes wiegen. Der Schulranzen sollte über ein gutes Tragesystem verfügen und vor dem ersten Gebrauch richtig eingestellt werden, um Nacken- und Rückenproblemen vorzubeugen. „Neben den obligatorischen Schultergurten tragen zusätzliche Brust- und Taillengurte dazu bei, die Schulranzen und Schulrucksäcke optimal in der Mitte des Oberkörpers oberhalb des stabilen Beckens zu justieren“, erklärt Siegl. „Die Last, die das Kind trägt, wird dann über die gesamte Wirbelsäule verteilt.“

Außerdem sollten Eltern ein Modell mit vielen Fächern und Außentaschen, etwa für Brotbox und Trinkflasche wählen. In Rucksäcken mit einem einzigen großen Fach konzentriert sich das gesamte Gewicht auf einen Bereich. „Je mehr Fächer, desto gleichmäßiger lässt sich das Gewicht verteilen“, sagt Siegl. Durch das Gewicht der Tasche mitsamt Schulbüchern und –heften könnten die Tragegurte der Schulranzen in die Schultern der Kinder einschneiden. „Gut gepolsterte und mindestens 30 Millimeter breite und stufenlos in der Länge verstellbare Gurte, eine belüftete Polsterung am Rücken und abgerundete Kanten schützen die Kinderkörper.“ Kinder sind sich oft nicht bewusst, wie viel Platz sie und ihre Taschen einnehmen. Wenn sie durch enge Gänge laufen, kann Anrempeln schnell passieren. Gepolsterte Kanten schützen also auch andere Personen vor blauen Flecken.

Verkehrssicherheit: Schulranzen und Schulrucksäcke sollten gut sichtbar sein

Schulranzen und Schulrucksäcke in hellen Farben und mit reflektierenden und fluoreszierenden Flächen erhöhen die Sicherheit der Kinder auf dem Schulweg. „Damit Kinder bei allen Lichtverhältnissen gut sichtbar sind, ist eine Kombination aus leuchtenden Farben und reflektierenden und fluoreszierenden Flächen am besten“, rät Siegl. „Retro-reflektierendes Material wirft selbst im Dunkeln einfallendes Licht zurück und fluoreszierende Flächen leuchten bei Tageslicht sehr hell.“ Nach der Norm DIN 58124 sollen die sichtbaren Flächen eines Schulranzens zu zehn Prozent aus retro-retroreflektierenden und zu 20 Prozent aus fluoreszierenden Materialen in Orange-Rot, Gelb oder Magenta bestehen und können die Kinder aus bis zu 140 Metern Entfernung sichtbar machen. Eine Entfernung, die AutofahrerInnen im Stadtverkehr etwa sechs Sekunden Zeit geben würde, um zu reagieren. Für die bestmögliche Sichtbarkeit an dunklen Tagen, beispielsweise im Herbst oder Winter, können zusätzlich blinkende LED-Leuchten am Schulranzen befestigt werden. Allerdings sollten Eltern ihre Kinder daran erinnern, die Minilichter ein- und auszuschalten.

Alltagstauglichkeit: Material und Konstruktion von Schulrucksäcken

Vor dem Kauf lohnt es sich, die Beschaffenheit und Verarbeitung der Materialien genauer zu untersuchen. Auf dem Schulweg, durch häufiges Öffnen und Schließen und die mitunter grobe Handhabung der Kinder werden Schulranzen stark beansprucht. Diesem täglichen Gebrauch müssen Schulranzen standhalten. „Weil Kinder ihre Taschen gerne mal achtlos über den Boden schleifen oder in Zimmerecken werfen, muss der Taschenboden besonders robust und abriebfest sein“, sagt Siegl. Lose oder ungleichmäßige Nähte, aber auch raue oder ausgefranste Stoffkanten können sich leicht lösen.

Die Reißverschlüsse sollten besonders stabil und gut verarbeitet sein. Weil Reißverschlüsse nicht wasserdicht sind, sollten Stoffüberdeckungen über den Verschlüssen angebracht sein. Diese verhindern, dass bei Regen Wasser in die Schultasche läuft und die Schulsachen beschädigt werden. Auch das Obermaterial des Tornisters sollte wasserabweisend oder sogar wasserdicht sein. Die meisten Schulranzen bestehen aus Nylon, Polyester oder anderen Kunstfasern und Kunststoffen. Imprägniert oder beschichtet sind diese Materialien schmutz- und wasserabweisend bis zu einer Wassersäule von 1500 mm. Leichtem Regen oder Schneefall halten diese Materialien stand. Starkregen sollten aber nur Schulranzen oder Schulrucksäcke aus wasserdichtem Material ausgesetzt werden. Diese gibt es aber selten, sodass sich in der Regel eine wasserdichte überziehbare Abdeckung empfiehlt.

Linda Roy/TÜV Verband




Jugend forscht Bundessiegerinnen und Bundessieger 2022 ausgezeichnet

Deutsche MINT-Talente begeistern die Jury beim 57. Bundesfinale mit interessanten Forschungsprojekten 

Hendrik Ridder aus Bremen baute eine 2,5 Meter lange Wasserrakete, die bis in eine Höhe von 270 Metern fliegen kann. Sein Flugkörper startet von einer selbst konstruierten Startrampe, wird vollautomatisch gesteuert und dient als fliegende Wetterstation. Der 16-Jährige erhielt den Preis des Bundespräsidenten für eine außergewöhnliche Arbeit. Intakte Moore speichern große Mengen des Treibhausgases Kohlendioxid. Cornelius-Ägidian Quint (18) aus Schleswig-Holstein entwickelte eine innovative Methode, mit der sich Moose auf ehemaligen Moorflächen schneller wieder ansiedeln lassen, um diese zu renaturieren. Er wurde mit dem Preis des Bundeskanzlers für die originellste Arbeit ausgezeichnet.

Preis für beste interdisziplinäre Arbeit

Den Preis der Bundesbildungsministerin für die beste interdisziplinäre Arbeit erhielten Maximilian Pfannkuch (19), Jaro Filip (19) und Dominik Hein (19) aus Hessen. Die drei konstruierten ein neuartiges, per App gesteuertes Reinigungssystem, das Raumluft mit dem Licht von LEDs wirkungsvoll desinfiziert. Bundessieger im Fachgebiet Arbeitswelt wurde Vincent Nack (15) aus Bayern. Er konzipierte ein autonomes Notbrems-Assistenzsystem für Fahrräder, das Zusammenstöße verhindern kann. Dazu nutzte er Ultraschall- und Lagesensoren sowie eine elektromechanische Ansteuerung der Hinterradbremse.

Vom Einfluss toxischer Substanzen auf Pflanzen

Dihydroxybenzene kommen als Abbauprodukte bestimmter organischer Stoffe in der Umwelt vor. Am Beispiel der Acker-Schmalwand untersuchte David Sauer (18) aus Rheinland-Pfalz den Einfluss dieser toxischen Substanzen auf Pflanzen. Er errang den Bundessieg in Biologie. Die Chemie-Bundessiegerinnen Hannah Amrhein (17), Lena Fries (16) und Hanna Fries aus Bayern fanden einen neuen Ansatz, um den Pflanzennährstoff Phosphor aus Abwasser zu recyceln. Sie nutzten die sogenannte Elektroflotation, bei der winzige Flocken Phosphate binden.

Sternhaufen erzeugen Gammastrahlung

Können Sternhaufen Gammastrahlung erzeugen? Vanessa Guthier (18) aus Sachsen-Anhalt schrieb ein Computerprogramm, mit dem sie die spezifischen Bedingungen identifizieren konnte, die erfüllt sein müssen, damit Gammastrah­lung entstehen kann. Sie siegte im Fachgebiet Geo- und Raumwissenschaften. Elian Terelle (18) aus Rheinland-Pfalz überzeugte die Jury in Mathematik/Informatik. Der Jungforscher entwickelte ein eigenes, kostengünstiges System für Video-Liveübertragungen im Sportbereich. Mit diesem lassen sich spannende Spielszenen zurückspulen und in jedem gewünschten Tempo wiederholen.

Magnetisch schweben

Der Physik-Bundessieger Carlos Steiner Navarro (18) aus Nordrhein-Westfalen befasste sich mit dem Effekt des magnetischen Schwebens. In Experimenten gelang es ihm, einen kleinen Magneten beständig zum Schweben zu bringen, die Schwebeposition zu berechnen und das Phänomen theoretisch zu erklären. Im Fachgebiet Technik setzten sich Johann Elias Stoetzer (17) und Steven Gurgel (17) aus Mecklenburg-Vorpommern durch. Die beiden entwickelten ein Verfahren, um selbst hergestellte 3-D-Sensoren auf Textilien aufzudrucken. Ihr Ansatz ermöglicht künftig eine Reihe neuer Anwendungen, so etwa zur Ausstattung von Schutzkleidung.

Jugend forscht Schule 2022

Der Preis „Jugend forscht Schule 2022“ der Ständigen Konferenz der Kultus­minister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland, überreicht von der KMK-Präsidentin und Bildungsministerin des Landes Schleswig-Holstein Karin Prien, ging an das Wieland-Gymnasium Biberach für seine exzellente MINT-Förderung.

Weiterführende Informationen gibt es unter www.jugend-forscht.de.




Zu wenige Freiflächen schränken Bewegungsraum von Kindern ein

Repräsentative Umfrage zum Weltspieltag des Deutschen Kinderhilfswerks zum Draußensein von Kindern

Die Erwachsenen in Deutschland messen dem Draußenspielen und dem Draußensein von Kindern weiterhin sehr große Bedeutung bei. Rund zwei Drittel (65 Prozent) der Erwachsenen geben an, dies äußerst wichtig zu finden, weitere 30 Prozent halten es für sehr wichtig, drei Prozent für wichtig. Die Kinder und Jugendlichen sehen das anders: Nur elf Prozent finden dies äußerst wichtig. 29 Prozent ist das Draußensein sehr wichtig, 32 Prozent ist dies wichtig. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle repräsentative Umfrage des Politik- und Sozialforschungsinstituts Forsa unter Kindern und Jugendlichen im Alter von zehn bis 17 Jahren und Erwachsenen im Auftrag des Deutschen Kinderhilfswerkes anlässlich des Weltspieltages am 28. Mai. Der Weltspieltag steht in diesem Jahr unter dem Motto „Wir brauchen Spiel und Bewegung – draußen und gemeinsam“.

Weniger Draußenspielen durch Corona

Während der Corona-Pandemie konnten zeitweise viele Freizeitaktivitäten draußen nicht oder nur eingeschränkt stattfinden, zum Beispiel das Spielen auf Spielplätzen, der Sport im Verein oder das Treffen von Freunden draußen. Vor diesem Hintergrund wurden die Kinder und Jugendlichen gefragt, inwieweit sich für sie der Stellenwert des Draußenseins seit Beginn der Pandemie verändert hat. Für 24 Prozent der Befragten ist es seit der Corona-Pandemie wichtiger geworden, sich draußen aufzuhalten. Für 13 Prozent ist dies unwichtiger geworden. 62 Prozent konstatieren hier keinen Unterschied. Gleichzeitig meint knapp ein Drittel der Erwachsenen, dass Kinder und Jugendliche wegen der Corona-Pandemie gar nicht mehr so oft draußen sind (32 Prozent). Seltener wird das von den Kindern und Jugendlichen selbst so gesehen (14 Prozent).

In den Schulalltag integrierte Angebote

„Seit der Corona-Pandemie ist es für Kinder und Jugendliche wichtiger geworden, sich draußen aufzuhalten. Das unterstreicht die Wichtigkeit von schnell und eigenständig erreichbaren Frei- und Außenräumen für Kinder und Jugendliche, damit sie hier nicht ausgebremst werden. Insbesondere in der Stadt- und Raumplanung und ebenso in der Bau- und Verkehrsplanung müssen die Belange von Kindern und Jugendlichen besser berücksichtigt werden. Das gilt auch für entsprechende Freiräume im immer stärker institutionalisierten und organisierten Alltag von Kindern. Es braucht vor allem in den Schulalltag integrierte Angebote, die das Spielen bzw. den Aufenthalt im Freien ermöglichen, vor allem im Rahmen von Ganztagsschulen“, betont Holger Hofmann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes.

Distanz zur Natur ist gewachsen

„Ansonsten laufen wir Gefahr, dass eine Generation von Stubenhockern heranwächst. Am besten ist es natürlich, wenn Kinder ihre Zeit draußen in der Natur verbringen. Zahlreiche Studien stellen fest, dass die Distanz zur Natur auch bei Kindern immer größer wird. Wir wissen aber gleichzeitig, dass der Aufenthalt in der Natur zum Wohlbefinden beiträgt. Kinder brauchen deshalb eine naturnahe Gestaltung von für sie ausgewiesenen Spielflächen, darüber hinaus aber auch grüne Wegeverbindungen, bespielbare Grünflächen sowie naturbelassene Streifräume wie Wälder und Bachläufe. Es sollte für Kinder von klein auf selbstverständlich sein, Zeit in der Natur zu verbringen. Und dies nicht nur beim Wochenendausflug ins Grüne, wenn ausreichend Zeit besteht, entsprechende Wege gemeinsam mit der Familie zurückzulegen. Sondern auch im städtischen Alltag, also im unmittelbaren, eigenständig erreichbaren Aktionsraum der Kinder und Jugendlichen“, so Hofmann weiter.

Immer weniger Möglichkeiten

Rund die Hälfte der Erwachsenen (54 Prozent) meint, dass Kinder und Jugendliche manchmal nicht draußen spielen bzw. sich nicht draußen aufhalten können, weil es dafür nicht genug Möglichkeiten in ihren Wohnumgebungen gibt. 37 Prozent sehen den Grund dafür im zu gefährlichen Straßenverkehr, 36 Prozent meinen, dass Kinder und Jugendliche häufig nicht genug Zeit haben, um draußen zu spielen.

34 Prozent der Kinder und Jugendlichen sagen, dass sie häufig keine Zeit haben, um draußen zu spielen bzw. Zeit zu verbringen. 26 Prozent einen, dass es in ihrer Nachbarschaft keine anderen Kinder bzw. Jugendlichen zum Spielen oder Zeit verbringen draußen gibt.

Mehr Spiel- und Aufenthaltsorte gefordert

Auf die Frage, welche Maßnahmen es Kinder und Jugendlichen am ehesten erleichtern würden, draußen zu spielen bzw. Zeit zu verbringen, nennen knapp drei Viertel der Erwachsenen (71 Prozent) mehr Spiel- bzw. Aufenthaltsorte, die sich in Wohnnähe befinden (z.B. ein Spielplatz oder eine Wiese). Zwei Drittel meinen, dass die Einrichtung von naturbelassenen Flächen im Wohnumfeld, sogenannte Naturerfahrungsräume (66 Prozent) sowie in den Schulalltag integrierte Angebote, die das Spielen bzw. den Aufenthalt im Freien ermöglichen (64 Prozent), zu einer Verbesserung der Situation der Kinder und Jugendlichen führen würden. 54 Prozent halten kürzere und schnellere Wege zu Orten, wo man gut draußen spielen bzw. draußen sein kann (z.B. kostenloser öffentlicher Nahverkehr oder sichere Radwege) als geeignete Maßnahme, 45 Prozent meinen dies von mehr verkehrsberuhigten Bereichen.

Naturbelassene Flächen fehlen

Danach gefragt, welche Dinge ihnen das Spielen bzw. das Zeitverbringen draußen erleichtern würden, nennen 32 Prozent der Kinder und Jugendlichen kürzere und schnellere Wege zu Orten, wo man gut draußen spielen bzw. draußen sein kann (z.B. kostenloser öffentlicher Nahverkehr oder sichere Radwege). Jeweils 27 Prozent wünschen sich mehr naturbelassene Flächen im Wohnumfeld, wo man spielen oder sich aufhalten kann sowie mehr Spiel- bzw. Aufenthaltsorte, die sich in Wohnnähe befinden (z.B. ein Spielplatz oder eine Wiese). 21 Prozent sagen, dass mehr Angebote in der Schule, die das Spielen bzw. den Aufenthalt im Freien ermöglichen, vor allem im Rahmen von Ganztagsschulen, ihnen das Draußensein erleichtern würden.

1017 Kinder und Jugendliche befragt

Für die repräsentative Umfrage zum Weltspieltag 2022 wurden vom Politik- und Sozialforschungsinstitut Forsa im Auftrag des Deutschen Kinderhilfswerkes deutschlandweit 1.017 Kinder und Jugendliche im Alter von 10 bis 17 Jahren und 1.031 Erwachsene befragt. Die statistische Fehlertoleranz liegt bei +/- drei Prozentpunkten.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V.




22 Ideen für kreatives Upcycling

ecokids

Eco-Kids: Kreative Upcycling-Ideen für Kinder

Unsere natürlichen Ressourcen sind begrenzt. Das Klima erwärmt sich schneller als gedacht und Nahrungsmittel werden knapp. Schon Kinder können und sollten wir für das Thema sensibilisieren. Was kann jeder von uns tun? Weniger und bewusst konsumieren ist eine Möglichkeit, aus alt mach neu, Recycling und Upcycling eine andere. 

Die Idee ist nicht neu, auch vor 50 Jahren haben einige von uns schon Murmelbahnen aus Klorollen, Trommeln aus Konservendosen und Häuser aus Getränkekartons gebastelt. Dabei stand mehr der Spaß als der Recyclinggedanke im Vordergrund. So soll es auch heute sein. 

Das Buch mit vielen Upcycling Ideen für Kinder, bietet weitere bekannte Klassiker: Perlen aus Altpapier und Windlichter aus Gläsern. Dann gib es einige interessante Varianten. Aus alten Socken wird ein Oktopus, und eine Orangenschale dient als Vogelfutterstelle. 

Im Buch finden sich 22 Bastelideen auf 48 liebevoll gestalteten Seiten. Ein wenig Theorie am Anfang zur Müllproblematik und zu einigen Anleitungen gibt es passende Müllvermeidungstipps, informativ, aber nicht zu belehrend. 

Das Buch ist auf Recyclingpapier gedruckt und hat einen stabilen Umschlag. Langlebigkeit hat seinen Preis. Für 15,40 Euro ist es nicht für jeden erschwinglich, bietet aber für Kita und Grundschule einige Anregungen. Die Bastelideen sind für Kinder zwischen sechs und 12 Jahren geeignet.

(Anja Lusch)

Bibliographie:

Eco-Kids
Kreative Upcycling-Ideen für Kinder
25 x 19 cm, Hardcover, 48 Seiten
ab 6 Jahren
smarticular verlag
ISBN: 978-3-946658-72-6
14,95 Euro




Weil Lernfreude einfach so wichtig ist!

Hans Berner, Rudolf Isler und Wiltrud Weidinger: Einfach gut lernen

Wie gelingt es Schülerinnen und Schüler für die Aufgaben im Unterricht zu interessieren? Denn Interesse und Neugierde sind ein Motor fürs Lernen. Die Frage nach der Aufgabenstellungstellung ist in der Didaktik schon länger ein Thema. Das nicht erst seit PISA und nicht nur bei Textaufgaben in der Mathematik so. Deshalb beleuchten Hans Berner, Rudolf Isler und Wiltrud Weidinger in Kapitel drei „Aufmerksamkeit und Konzentration“ in „Einfach gut lernen“ diesen zentralen Anker des Unterrichts näher.

Vier Schritte bis zur Praxis

Dabei stellen die Autoren und die Autorin in immer gleicher Abfolge in ihren Kapiteln vier Schritte vor. Zunächst holen sie uns bei unserem Vorwissen und unseren schon gewonnenen Erkenntnissen mit Einstiegsübungen ab, zeigen uns dann, was es Wissenswertes zu diesem Bereich gibt und stellen uns hier eine gute Auswahl an fundierten Erkenntnissen und Wissenswertem samt Literaturangaben zur Verfügung, die zum Nachforschen einladen ohne auszuufern. Sicher könnte das eine oder andere noch aufgenommen werden, so fehlt zum Arbeiten mit digitalen Medien wohl auch noch vertiefende Forschung, aber die Nachweise sind umfangreich und treffen den Kern. Im dritten Schritt stellen sie dann Anwendungsvorschläge vor, die an Breite und Tiefe nichts zu wünschen offenlassen. Der vierte Schritt rundet mit Übungen und Praxisbeispielen ab und ist so auch ein Beleg für die Machbarkeit. Es gibt hilfreiche Kopiervorlagen und Anregungen, die zeigen, wo Lehrende noch weiteres Material finden können. Durch ein strukturiertes Layout zeigen die Macher des Buches, dass es uns allen hilft, wenn Inhalte nicht langweilig präsentiert werden.

Facetten des Lernens

Die Facetten des Lernens haben Autorin und Autoren anschaulich zusammengefügt. Das Buch nähert sich dem Phänomen somit logisch an und bleibt ihm sorgfältig auf der Spur. In insgesamt neun Kapiteln werden die Bedingungen für gutes Lernen abgeklopft und es wird auch erklärt, warum der Ruf nach den guten alten Zeiten nicht hilfreich, ja sogar schädlich ist. Das zehnte Kapitel bietet dann ganz im Sinne der Themenzentrierte Interaktion (TZI) die Einbettung der neun zuvor bearbeiteten Bereiche in das große Ganze.

Ein solides Fundament im Bereich der Machbarkeit

Kritisch und akribisch, was sich in den vielen Literaturangaben am Ende jedes Kapitels zeigt, bündeln Berner, Isler und Weidinger die Erkenntnisse der vergangenen Jahre und sogar Jahrzehnte. Sie bleiben dabei nicht in einfachen Mustern stecken. Sie erklären auch, warum die Forderung nach mehr Lehrkräften und digitalem Equipment ohne solides Fundament nur wenig taugt. Dieses ist aber machbar. Und gerade weil ihnen die Lernfreude der Kinder und Jugendlichen am Herzen liegt, plädieren sie dafür, dass alle Lehrkräfte fragen: „Welchen Sinn- und Sachzusammenhang vermag ein bestimmter Inhalt zu vertreten oder zu erschließen?“

Unterrichten ist nun mal eine hochkomplexe Angelegenheit

Bei der Lektüre zeigt sich deutlich, dass das Unterrichten eine hochkomplexe Angelegenheit ist, die gut strukturiert und organisiert sein will. Dies ist dann auch nicht als Einzelkämpfer umsetzbar, dazu braucht es Teams, die erst einmal gefunden werden wollen. Und diese Teams müssen lernen eine Atmosphäre zu schaffen und die weit über den netten Umgang miteinander hinaus gehen muss. In Kapitel sieben wird diese Atmosphäre unter die Lupe genommen. Gleich danach könnten dann wohl einige Schulen erstmal ihre Tore schließen. Im achten Kapitel, das sich um die Lernräume kümmert, zeigt sich dann, dass auch aus den alten Strukturen Neues entstehen kann. Wie das ganze Buch überhaupt eine Anregung ist, sich das System um sich herum gut anzuschauen und mit den gewonnenen Erkenntnissen eine Lernumgebung zu schaffen, die auch die Unmotivierten anziehen und aktivieren kann. Nach der Lektüre möchte man dann gleich mal alle Kollegen zusammenholen und einiges in die Tat umsetzen. Das ist doch ein gelungener Ansatz.

Daniela Körner

Bibliographie

Hans Berner, Rudolf Isler und Wiltrud Weidinger
Einfach gut lernen
Softcover, 280 Seiten
hep verlag, 1. Auflage 2021
ISBN 978-3-0355-1888-7
32 €




Das Spiel ist die Arbeit des Kindes

Ein paar Überlegungen und ein Tipp für all jene, die es noch immer nicht glauben wollen

„Das Spiel ist die Arbeit des Kindes!“ Maria Montessori war sicher nicht die erste, die das erkannte, aber die erste, die das so treffend formulierte. Es ging ihr dabei darum, dass das Spiel auch eine entsprechende Würdigung findet. Laut Artikel 31 der UN-Kinderrechtskonvention hat jedes Kind das Recht auf Spiel. Wörtlich heißt es hier:

„Die Vertragsstaaten erkennen das Recht des Kindes auf Ruhe und Freizeit an, auf Spiel und altersgemäße aktive Erholung sowie auf freie Teilnahme am kulturellen und künstlerischen Leben.“

Das Kind erfindet sein Spiel selbst

Dabei ist Spiel für Kinder nicht das, was viele Erwachsene versuchen Kindern einzureden, was Spiel sein soll. Kinder entwickeln ihr Spiel selbst und erschließen sich damit die Welt. Dabei haben wir Erwachsene, die Funktion, die Kinder dabei zu unterstützen – nicht zu leiten oder zu fördern. Wir sind auch keine „Götter“, die das Recht haben, „Menschen zu formen“, sondern wir sind Begleiter, die dem Kind die Möglichkeit geben, sich zu offenbaren.

Leider ist das in unserer Gesellschaft noch nicht angekommen. Trotz moderner bildgebender Verfahren, stehen viele seltsame Vorurteile und manchmal auch finanzielle Interessen im Weg. Und auch, wenn der ein oder andere Manfred Spitzer oder Gerald Hüther nicht mag: im Bezug auf das Spiel haben die beiden recht und können das auch wissenschaftlich belegen. Und nur auf diese Weise, können Kinder auch wirklich lernen.

Eine kleine Binsenweisheit

Leider fehlt uns allzu oft die Geduld und das Vertrauen eines Gärtners. Sonst würden wir nicht versuchen, Kinder gezielt zu fördern. Schließlich wächst das Gras auch nicht schneller, wenn man daran zieht. Das ist zwar eine Binsenweisheit. Das tolle an Binsenweisheiten ist aber, dass sie wahr sind. Und irritieren dabei ist, dass sie dennoch von vielen ignoriert werden.

Studien lesen und beurteilen, nicht nur schauen

Neulich berichtete mir eine Bekannte, sie habe eine Studie gesehen. Darin hätte man beschrieben, wie schon Kleinkinder durch Betätigen des Bildschirms eines Smartphones oder Tablets eine bessere Feinmotorik entwickeln würden.

Mal ganz abgesehen davon, dass man Studien nicht sehen, sondern lesen sollte, auch um ihren Ursprung zu kennen und ihre Repräsentativität beurteilen zu können, ist diese Erkenntnis nur wenig wert. Selbstverständlich verbessern Kinder ihre Leistungen, wenn sie in einem Bereich spezielle Förderung erfahren. Genauso ist aber auch festzustellen, wie das etwa die beiden oben genannten Hirnforscher getan haben, dass genau diese Kinder in anderen Bereichen große Defizite zu verzeichnen haben.

Körperverletzung statt Förderung

Wir greifen eben mit dem „Fördern“, das letztlich keines ist, in den individuellen Bauplan des Kindes ein, statt es zu unterstützen oder vorsichtig anzuregen. Ach so: Und wenn wir auf die Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) oder der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) schauen, gehört das Thema „Kleinkinder mit digitalen Bildschirmen spielen zu lassen“ wohl eher in den Bereich der Körperverletzung als der Förderung.

Apropos BZgA: eine der interessantesten Websites auch zum Thema Spielen für Laien und Fachkräfte bietet die Gesundheitszentrale unter https://www.kindergesundheit-info.de/. Wer es uns nicht glaubt, glaubt es vielleicht der BzgA. Viel Spaß beim Lesen!

Gernot Körner