Autistische Kinder aus armen Stadtteilen leiden eher an ADHS

Mangel an Bildung und Ressourcen in der Nachbarschaft wirkt sich direkt negativ auf Jugendliche aus

Autistische Kinder, die in unterversorgten Stadtteilen aufgewachsen sind, leiden wahrscheinlicher auch an ADHS-Symptomen als Betroffene, die in Gemeinden mit mehr Ressourcen geboren worden sind. Zu diesem Ergebnis ist eine Studie unter der Leitung des UC Davis MIND Institute gekommen. Dabei wurde erstmals untersucht, wie Nachbarschaftsfaktoren mit ADHS bei autistischen und nichtautistischen Kindern zusammenhängen. Die Forschungsergebnisse wurden im Fachmagazin „JCPP Advances“ veröffentlicht.

Weniger Ressourcen, mehr ADHS

Es zeigte sich, dass manche Nachbarschaftsfaktoren in einer sehr engen Verbindung mit den ADHS-Symptomen von autistischen Kindern stehen. Laut der leitenden Wissenschaftlerin Catrina Calub konnten diese Auswirkungen jedoch nicht bei Kindern mit anderen Entwicklungsstörungen festgestellt werden. Damit liegt es nahe, dass autistische Kinder in Gebieten mit weniger Ressourcen auch eher an stärker ausgeprägten ADHS-Symptomen leiden.


Für ADS und ADHS-Betroffene

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Die Forscher werteten Daten von zwei Studien aus, und zwar der CHARGE-Studie und dem Nachfolgeprojekt ReCHARGE. In beiden wurde untersucht, wie die Genetik, das Umfeld und andere Faktoren sich auf die Entwicklung von Kindern zwischen zwei und fünf Jahren sowie beim Heranwachsen, also zwischen 8 und 20 Jahren, auswirken. Die Forscher konzentrierten sich auf 246 autistische Kinder. 85 verfügten über Verzögerungen bei der Entwicklung, waren jedoch nicht autistisch, 193 Teilnehmende waren neurotypisch und entwickelten sich dementsprechend normal.

Umfeld entscheidend für Gesundheit

In einem nächsten Schritt wurde der Child Opportunity Index zur Anwendung gebracht, der Volkszählungsdaten nutzt, um mehr als 30 Nachbarschaftsmerkmale nachzuverfolgen. Zu diesen Merkmalen gehören die Sozioökonomik, Grünflächen, Alleinerziehenden-Haushalte und die Dichte der Angebote im Bereich der Kleinkindpädagogik. Dieser Index umfasst die folgenden drei Bereiche Bildung, Gesundheit und Umfeld sowie die sozialen und wirtschaftlichen Ressourcen. Höhere Punktezahlen stehen dabei mit einer besseren Gesundheit in der Kindheit in Zusammenhang. Der Grad der Bildung sowie die sozialen und ökonomischen Ressourcen verfügten über die engste Verbindung mit den ADHS-Symptomen.

Moritz Bergmann/ pressetext.redaktion




Viele Kinder und Jugendliche sind täglich am Smartphone

YouTube vor allem bei jungen Menschen ganz vorne, gefolgt von Instagram, Snapchat und TikTok

Laut einer neuen Umfrage des Digitalverbands BITKOM nutzen 92 Prozent der Kinder und Jugendlichen in Deutschland ab sechs Jahren das Internet. 85 Prozent zwischen sechs und 18 Jahren verwenden zumindest ab und zu ein Smartphone und verbringen daran im Schnitt gut zwei Stunden täglich. Und 93 Prozent ab zehn Jahren nutzen das Social Web pro Tag 95 Minuten.

900 Jugendliche befragt

Die meisten nutzen das Smartphone für Textnachrichten (90 Prozent) sowie um Musik, Hörspiele oder Podcasts zu hören (89 Prozent). 82 Prozent nehmen mit dem Handy Fotos oder Videos auf. 81 Prozent spielen darauf, 80 Prozent verschicken Sprachnachrichten, 79 Prozent telefonieren mit dem Gerät.

71 Prozent nutzen das Smartphone laut der BITKOM-Umfrage unter 900 Kindern und Jugendlichen, um im Social Web aktiv zu sein, 53 Prozent nutzen es zur Navigation und die Hälfte (51 Prozent) für Lernprogramme. 49 Prozent schauen Videos, Filme oder Serien, 35 Prozent der Kinder und Jugendlichen lesen über das Smartphone Nachrichtenbeiträge.

Social Web ist ein Muss

Ganz vorne liegt YouTube mit 87 Prozent hinter Instagram und Snapchat mit je 53 Prozent. Auch TikTok nutzt jeder Zweite zwischen zehn und 18 Jahren. Bei den 16- bis 18-Jährigen ist nach YouTube Instagram mit einem Nutzungsanteil von 85 Prozent sehr beliebt, bei den 14- bis 15-Jährigen gilt das für TikTok mit 73 Prozent. Bei den 12- bis 13-Jährigen liegt Snapchat mit 44 Prozent auf Platz zwei, bei den 10- bis 11-Jährigen wiederum TikTok mit 21 Prozent.

83 Prozent der Social-Media-Nutzer sind täglich in den Netzwerken unterwegs. Ab 14 Jahren sind es sogar 94 Prozent. Im Schnitt verbringen sie ab zehn Jahren eigener Einschätzung täglich 95 Minuten damit. Die Älteren sind dabei mehr als doppelt so lange auf Instagram, Snapchat und Co. unterwegs wie die Jüngsten.

Die Altersgruppe zwischen zehn und elf Jahren verbringt täglich 51 Minuten im Social Web, zwischen zwölf und 13 Jahren sind es 59 Minuten. Bei den 14- bis 15-jährigen Social-Media-Nutzern sind es schon 99 Minuten und die Ältesten zwischen 16 und 18 Jahren verbringen mit durchschnittlich 134 Minuten mehr als zwei Stunden täglich in sozialen Netzwerken.

Quelle: Pressetext




Eine schöne Geschichte über Geschwister- und Bücherliebe

brontes

Sara O’Leary/Briony May Smith, Die kleinen Bücher der kleinen Brontës

Kenner irischer Literatur kennen die Werke von Currer, Ellis und Acton Bell. Hinter diesen Pseudonymen verbergen sich die Schriftstellerinnen und Schwestern Charlotte, Emily Jane und Anne Brontë. Zusammen mit ihrem Bruder Patrick Branwell und ihrem Vater Patrick haben sie ein bedeutendes Kapitel der irischen Literaturgeschichte des 19. Jahrhunderts geschrieben.

Die Kindheit dieser vier Geschwister steht im Mittelpunkt von Sara O’Learys und Briony May Smiths Kinderbuch, das im Von Hacht Verlag unter dem Titel „Die kleinen Bücher der kleinen Brontës“ erschienen ist. O’Leary erzählt darin, wie sehr die Kinder bereits in ihrer Kindheit Bücher liebten, wie ihre ersten Werke entstanden und wie stark ihr Zusammenhalt war. Trotz der von Armut geprägten Verhältnisse im „Haus am Moor“ halfen ihnen ihre lebendige Fantasie und die tiefe Zuneigung zueinander, eine eigene glückliche und zufriedene Welt zu schaffen.

Es ist wohl nicht nur der Name O’Leary, der die kanadische Autorin dazu bewegt hat, ein Thema der irischen Literatur ins Bewusstsein von Kindern zu bringen. Aus der Geschichte der Brontë-Kinder lässt sich viel erfahren: die Lebensverhältnisse jener Zeit, ihre Ideen und der Zusammenhalt in schwierigen Situationen. Die Geschichte spielt in einer Zeit großer Armut, in der viele Iren nach Australien deportiert wurden, Katholiken als Menschen zweiter Klasse galten und Gewalt die Gesellschaft prägte. All dies thematisiert O’Leary nicht direkt, doch der familiäre Zusammenhalt und die Fantasie der Kinder, die sich mit ihren Büchern eine eigene Welt schaffen, machen sie widerstandsfähig oder, um es fachlich auszudrücken, resilient.

Briony May Smith hat die Illustrationen zum Buch gestaltet

Die erfahrene Künstlerin hat Zeichnungen in gedeckten Farben angefertigt, die die Personen liebevoll darstellen. Es gelingt ihr, die innige und fröhliche Beziehung der Geschwister zueinander einzufangen und hie und da humorvolle Elemente unterzubringen.

„Die kleinen Bücher der kleinen Brontës“ möchte Kinder für Bücher und das Lesen begeistern. Passend dazu findet sich am Ende des Buches eine Bastelanleitung für ein kleines eigenes Buch sowie eine Anmerkung der Autorin zum Leben ihrer Helden und deren Geschichte.

Das Kinderbuch von Sara O’Leary und Briony May Smith ist eine gelungene Komposition, die viel über die Brontë-Geschwister, einiges über das Leben im Irland des frühen 19. Jahrhunderts und noch mehr über Geschwister- und Bücherliebe zu erzählen hat.

Gernot Körner



Die kleinen Bücher der kleinen Brontës
O’Leary, Sara
Gebunden, 40 S.
Von Hacht Verlag GmbH (2024)
ISBN-13: 978-3-96826-036-5
18,00 €




Ausgewählte, empfehlenswerte Literatur zum Thema „SPIEL“

spiele

Eine Zusammenstellung gut lesbarer, fachlich herausragender und praktischer Bücher zum Thema

Bei der unüberschaubaren Menge an Publikationen, die sich mit der „Theorie & Praxis des Spiels“ beschäftigen, fällt es oftmals sehr schwer, das „richtige“ Buch zu finden. Diese Ausgangssituation ist am besten mit einer vielseitigen und daher recht unübersichtlichen Speisekarte in einem Restaurant zu vergleichen, bei der es selbst mit größter Aufmerksamkeit kaum gelingt, unter den endlos aufgeführten Speisen zu einer Entscheidung zu kommen. Andererseits verrät der Speisename nur sehr vage, wie die Speise letztendlich schmecken wird. Und in gleicher Weise verhält es sich beim Bücherkauf.

Aus diesem Grunde ist an dieser Stelle eine kleine Literaturzusammenstellung aufgeführt, die aus Sicht des Autors einen aktuellen Überblick über besonders empfehlenswerte Bücher dieser Literatursparte verschafft. Dabei hat der Autor alle Bücher sorgsam auf ihre gute Lesbarkeit, die Güte ihrer fachlichen Aussagekraft und ihren fachlichen Nutzwert untersucht.

Alle Größe des Menschen ist im Keim angelegt, in den Spielen seiner ersten Jahre. (Jean Chateau)

In der Spartenzuordnung einiger Spielebücher könnte eine solche auch anders ausfallen, zumal auch Fingerspiele in Bewegungen umgesetzt werden können oder Musikspiele in einem Theaterspiel münden, Aggressionsspiele in Regelspiele übergleitet werden können oder Freispielimpulse zu Rollenspielen führen.

Der Inhalt von einigen wenigen Praxis-Buchhinweisen ist manches Mal etwas ‚funktionsorientier‘ gestaltet und zielt auf die Förderung bestimmter, wünschenswerter Verhaltensmerkmale ab. Es ist dennoch gut möglich und empfehlenswert, diese benannten ‚Förderhinweise‘ beiseite zu stellen und das SPIEL mit seinen großartigen Erlebnismomenten in den Mittelpunkt zu rücken.     

Bei dieser Buchzusammenstellung kann selbstverständlich nicht ausgeschlossen werden, dass weitere empfehlenswerte Publikationen eventuell übersehen wurden und somit unberücksichtigt geblieben sind. Sollten Leser*innen aus ihrer Kenntnis heraus weitere, sehr empfehlenswerte Buchempfehlungen abgeben können, so ist der Autor dieses Fachbeitrages für jeden Tipp dankbar (die E-Mail-Adresse befindet sich am Ende des Beitrages).

Die Lebensfülle des im Spiel voll ausgekosteten Augenblicks hat im kindlichen Leben ihr Eigenrecht gegenüber der Zukunft. (Hans Scheuerl)

Literaturhinweise Spiel-Praxis:

Spielen mit Kindern im Krippenalter

  • Ahrens, Petra et al.: Mini-Projekte für die Krippe. Tiere, Farben, Formen, Jahreszeiten & Co. Kaufmann, 2023
  • Biermann, Ingrid: Spielen mit Krippenkindern. Kreative Impulse für den Alltag. Herder, 2013
  • Dietze, Margret: Farben. Ideen und Spiele für die Praxis mit Kindern von 0-3 Jahren. Hase und Igel, 2021
  • Friedl, Johanna: Mini-Projekte für Krippenkinder. Leicht umsetzbare Angebote für alle Bildungsbereiche mit Portfolio-Downloads. Ökotopia, 2016
  • Klein, Suse: Mini-Projekte für Krippenkinder. 40 Bildkarten für U3.  Kaufmann, 2023
  • Pighin, Gerda: Kinderspiele für die Kleinsten. Über 180 Spielideen. Bassermann, 2017

Fingerspiele

  • Baumann, Hannah: Alle meine Fingerlein. Die 54 schönsten Fingerspiele und Kinderreime für Babys und Kleinkinder. Jens Brülisauer, 2023
  • Kaufmann, Jessica: Mama spiel mit mir. 99 lustige Fingerspiele für Babs und Kleinkinder. Glückskäfer 2023
  • Klein, Suse: Die schönsten Fingerspiele. Kaufmann, 6. Edition 2021
  • Klett Kita (Hrsg.): Das Krippen Jahreszeitenbuch. Fingerspiele – Für 0-3 Jahre. Klett Kita, 2019

Bewegungsspiele

  • Cornell, Gill et al.: Bewegen heißt Lernen! 900 Spiele und Übungen von Geburt bis Schuleintritt. Verlag an der Ruhr, 2021 
  • Ferber, Dorle & Steffe, Susanne: Sing, klatsch und spring. Mit Bewegung, Spiel, Musik und Gesang emotionale, sprachliche und musikalische Kompetenz fördern. Ökotopia, 2010
  • Jung, Heike: Bunte Bewegungsstunden für Kita-Kinder. Vom Urwald-Abenteuer bis zur Weltraum-Reise. Verlag an der Ruhr, 2014 
  • Klett-Kita: Das Kita-Jahreszeitenbuch. Bewegungsspiele. Klett Kita-GmbH, 2019
  • Sumfleth, Marco & Lamp, Florian: Das Spiel- und Bewegungsliederbuch. Die 100 besten Spiel- und Bewegungslieder. Lamp und Sumfleth Entertainment, 2013
  • Wiesel, Klara: Schleiche wie der Luchs, watschle wie die Ente. 50 Bewegungsspiele für Kinder. Pattloch, 2024
  • Zacherl, Karo: Psychomotorik. Spiel, Spaß und Bewegung im Kindergarten. Über 100 Ideen. Don Bosco, 2022
  • Zimmer, Renate: Bewegung erleben in der Krippe. Herder, 2021
  • Zimmer, Renate: Bewegung erleben in der Kita. Herder, 2021

Aggressionsspiele zum Austoben

  • Geißler, Uli: Wilde Spiele. Spiele, Spaß und Abenteuer für tobelustige und verwegene Gruppen. Ökotopia, 1999
  • Grubert, Angelika: Die 50 besten Spiele zur Selbstregulation. Den Umgang mit starken Gefühlen und Unruhe lernen. Don Bosco 2022
  • Leitenstorfer, Elke: Die 50 besten Wut-weg-Spiele. Don Bosco, 2022
  • Pabst, Magda: 100 Aktivitäten zur Wutkontrolle. Independently Published, 2024
  • Wagner, Martina: Schatzsuche, Ritterspiele und andere Abenteuer. Erlebnisreiche Spielaktionen für Kita-Kinder. Verlag an der Ruhr, 2020
  • Zimmer, Renate: Wilde Spiele zum Austoben. Durch Bewegung zur Ruhe kommen. Herder, 2018

Musikspiele

  • Gulden, Elke & Scheer, Bettina: 30 Musikstoppspiele. Bildkarten für Kinder. Bewegungsspiele & mehr für Kita, Grundschule und Kitaturnen. Don Bosco, 2021  
  • Hering, Wolfgang: Kreativ mit Klangbausteinen. Lieder und musikalische Spiele. Schott Musik GmbH, 2021
  • Schröder, Bianca: Trommel- und Rhythmusspiele. Für Kinder und für alle, die Spaß mit Trommeln und Rhythmen haben. Books on Demand, 2019  
  • Studer, Christoph & Mgonzwa, Benjamin: Jambo Afrika. Lieder, Tänze und Spiele. Fidula, 2006
  • Westhoff, Gabriele: Gespenster, Vivaldi und Meer. Musik erleben in Kindergarten, Musik und Grundschule. Fidula 2009
  • Westhoff, Gabriele: Hexen, Fußball- und Wüstenmusik. Musik erleben in Kindergarten, Musik und Grundschule. Fidula 2016

Regelspiele

  • Bischoff, Marion: Das Kita-Jahreszeitenbuch. Kreisspiele. Klett-Kita, 2024
  • Erkert, Andrea: Kinder brauchen Herzensbildung. Spiele und andere Angebote zur Förderung der emotionalen Intelligenz. Verlag modernes lernen, 2022
  • Erkert, Andrea: Lasst uns an einem Strang ziehen. Teambuilding-Spiele für Kinder im Alter von 5-8 Jahren. Verlag modernes lernen, 2020
  • Friedl, Inge: Alte Kinderspiele – einst und jetzt. Mit vielen Spielanleitungen. Böhlau, 2015 Klein, Suse: 200 neue Spielideen für das ganze Jahr. Praxisideen für Kindergarten und Kita. Kaufmann, 2017
  • Klein, Suse: Unsere Feste im Kindergarten. Die schönsten Feier- und Spielideen für Januar bis Juni: Fasching, Frühlingsfest, Ostern, Geburtstag, Sommerfest. Kaufmann, 2023
  • Lorenz, André & Lugert, Jutta: Spiele auf dem Land. Über 200 einfache und traditionelle Kinderspiele für jede Woche, jedes Alter und jedes Wetter. Stocker, 2017
  • Malua, Lisa: Spiele für Kinder mit riesigem Spaßfaktor. Das XXL-Spielebuch mit den besten Spielideen und Kinderspielen für draußen, drinnen und unterwegs. Perfekt geeignet für Kinder aller Altersstufen. EoB, 2023 
  • Muhr, Gisela & Kaymak, Nuesret: Spielen wie die Kinder früher: Alte Spiele für drinnen und draußen. Regionalia 2024 Reiss, Kerstin: Spiele für Kinder. Die schönsten und besten Kinderspiele für drinnen und draußen. ‎ Independently published, 2021
  • Schröder, Ute: Das Mitmachgeschichtenbuch. Spannende, bewegte, lustige, märchenhafte, ruhige und fantastische Geschichten zum Mitspielen für Kinder von 4 – 8 Jahren. Ökotopia, 2013
  • Steen, Ulrich: Kinderspiele. Tolle Ideen für drinnen und draußen. Bassermann, 2012
  • Ulbing, Katharina & Baumann, Barbara: Das große kleine Buch. Die schönsten Kinderspiele von früher. Servus, 2022
  • Woll, Johanna/ Götz, Theo/ Merzenich, Margret: Alte Kinderspiele wieder entdeckt. Ulmer, 2011

Märchen-/Theaterspiel

  • Albrecht-Schaffer, Angelika: Theaterwerkstatt für Kinder.100 und eine Idee rund ums Theaterspielen. Don Bosco, 2022
  • Klett Kita: Weltentdecker. Märchen und Geschichten zum Erzählen und Nachspielen in der Kita. Klett Kita GmbH, 2019
  • Kowolik, Bernadett: Kita-Kinder machen Theater. Kreative Ideen für Krippe und Kindergarten. Verlag an der Ruhr, 2015
  • Landa, Norbert & Landa, Thomas: Kinder machen Theater. Spiele und Stücke, Kostüme und Kulissen. Burckhardthaus, 2017
  • Mautz, Susanne: Praxisbuch Theaterspielen in Krippe und Kindergarten. Beltz Juventa 2024
  • Moeller, Cathrin: Bühne – Vorhang – Licht. Theaterspielen im Kindergarten. Beltz, 2012
  • Schröder, Ute: Theater für Zwischendurch. Bewegungs- und Mitmachgeschichten. Verlag an der Ruhr, 2020

Inklusion

  • Baumgartner, Michael/ Färber, Gisela/ Michels, Franz: Spielkartei für Sonder- und Heilpädagogik. 180 Spiele. Verlag modernes lernen, 4. Edition 2007
  • Brombacher, Mareike: Kita aktiv – Projektmappe Interkulturelle Bildung- unsere Welt ist bunt. Buch Verlag Kempen, 2017
  • Jung, Maggi: Projektmappe Reise um die Welt. Buch Verlag Kempen, 2011
  • Erkert, Andrea / Hemming, Antje/ Schlösser, Elke/ Wieber, Monika: Willkommen in unserer Kita. Spiele und Methoden für eine gelungene Integration. Ökotopia, 2016
  • Newmann, Sarah: Kleine Schritte vorwärts. Spiele und Aktivitäten für Kinder mit Behinderungen. DGVT, 2014
  • Stöppler, Reinhilde und Havemann, Meindert: „Spielen will gelernt sein!?“ Spielen für Menschen mit geistiger Behinderung. Verlag modernen lernen, Dortmund 2016
  • Stöppler, Reinhilde & Kressin, Michael: Das pädagogische Puppenspiel. Theoretische Einführung und praktische Beispiele – auch für die inklusive Bildung. verlag modernes lernen, 2022

Handpuppenspiel

  • Albrecht-Schaffer, Angelika: Puppentheater mit Kindern. Handpuppen basteln und gestalten, Geschichten erfinden und selbst aufführen. Don Bosco, 2021
  • Boekholt, Christa: Lustige Kasperlestücke für einen Spieler. Für Kinder ab 3 Jahren. Bassermann, 2016
  • Gasser, Magdalena: Kinder, seid ihr alle da? Lustige Stücke fürs Kasperltheater. Praktische Tipps, lustige Kasperljausen. Athesia Tappeiner, 4. Verb. Aufl. 2018
  • Himmelsbach, Barbara: Handpuppen-Stücke für starke Kinder. 35 Spielanregungen zur Förderung sozialer und emotionaler Kompetenzen. Verlag an der Ruhr, 2022
  • Möller, Olaf: Große Handpuppen ins Spiel bringen. Technik, Tipps & Tricks für den kreativen Einsatz in Kindergarten, Schule, Familie und Therapie. Ökotopia, 2010

Freispiel

  • Fink, Michael: Freispiel – Impulse: Bauen und Konstruieren. Herder, 2020
  • Fink, Michael: Freispiel- Impulse: Werkstatt. Herder, 2023
  • Held, Nina & Fischer-Düvel, Gaby: Das Freispielbuch. Bildungsanregende Impulse für die Freispielzeit. Ökotopia Verlag, 2018
  • Held, Nina & Fischer-Düvel, Gaby: Ich spiele, also lerne ich. Freispiel in der Kita sinnvoll begleiten. Verlag an der Ruhr, 2024
  • Lange, Udo: Freispiel – Impulse: draußen. Herder, 2022

Schattenspiel

  • Albrecht-Schaffer, Angelika: Schattentheater für Kinder. Das Praxisbuch für das Spiel mit Licht und Schatten. Don Bosco, 2024
  • Collins, Sophie: Schattenfiguren. 100 Tiermotive mit der Hand gezaubert. Bassermann, 2008
  • Zimmermann, Erika: Wir spielen Schattentheater. Verlag Freies Geistesleben, 2011

„Das Leben ist ein Spiel, wie alle Spiele sind: Wer’s nicht versteht, verliert. Und wer’s versteht, gewinnt.“ (Johann Wilhelm Ludwig Gleim)

(Armin Krenz, Prof. h.c. Dr. h.c. et Honorarprofessor a.D.  für Entwicklungspsychologie & Elementarpädagogik) armin.krenz@web.de




Mit Janusz Korczak Inklusion in Krippe und Kita gestalten

Inklusion

Inklusive Erziehung hat durch eine feinfühlende Haltung der Selbstbildung des Kindes zu dienen

Diesen grundlegenden Gedanken der Pädagogik versucht der Autor in seinem langen Berufsleben für die inklusive Erziehung zu pflegen, das ihm sein Vorbild Janusz Korczak nahelegt und im Folgenden für das Handlungsfeld der Frühpädagogik näher erläutert wird. Stets geh es darum: Mit dem Arztpädagogen im Dialog zu sein, mit ihm zu denken und zu handeln.

Persönliche Hinweise

  • Der Einblick in meine Professionalität kann als persönlicher Bericht eines Zeitzeugen verstanden werden, der seine berufliche Tätigkeit unter den Bedingungen der von ihm erlebten Zeit beschreibt und sein Denken und Handeln, sein Forschen und Lehren als Einheit sieht. Man könnte einwenden, dass der Darstellung der Geruch der Selbstbewunderung anhafte. Doch in neueren Beiträgen zur Forschung und Lehre wird der Selbstdarstellung des Wissenschaftlers Raum gegeben, da sie zu einem nicht unerheblichen Erkenntnisgewinn beitragen kann.
  • 1944 musste ich mit 10 Jahren mein geliebtes Dorf Schwedler (Ostslowakei) verlassen. Erst nach der politischen Wende 1989 konnte ich es wieder besuchen. Besonders die Flucht- und Lebenserfahrungen führten mich zur Einsicht: Der Mensch braucht Liebe, Vertrauen, Lebensfreude und Zuversicht, das mir der polnische Arzt und Pädagoge Janusz Korczak zeigt. Sein Denken in Freiheit folgt nicht dem Gesetz des Stärkeren, das ich in der angegebenen Literatur facettenreich ausführte.
  • Vor allem Friedrich Fröbel, der aus dem innersten Kern seines Wesens heraus Pädagoge, nichts als Pädagoge war, begleitet mein Denken und Handeln. Neben der beruflichen Tätigkeit studierte ich seine Spielpädagogik, die 1978 in die Dissertation „Die häusliche Früherziehung des entwicklungsbehinderten Kindes“ einging. (Klinkhardt 1979)
  • Besonders die über drei Jahrzehnte gepflegte Zusammenarbeit mit dem international bekannten Kindheitspädagogen Armin Krenz begleiten mein Denken. Mein erstes Korczak-Buch „Janusz Korczak – Sein Leben für Kinder …“ (Klinkhardt 1995; 1997, 2. Auflage) führte uns zusammen. 

Selbstbildung formt die Persönlichkeit

Bei der Selbstbildung (Selbstentwicklung, Selbstführung, Selbstgestaltung, selbstkritische Reflexion) geht es um Formung der Persönlichkeit, professionelle Selbstverwirklichung und berufliche Identität. Das zeigte der Arzt und Pädagoge Janusz Korczak: Er lebte aus der Kraft der Liebe mit seinen Waisenkindern im Warschauer Ghetto bis zuletzt. (Korczak wurden Angebot zur Flucht gemacht, die er entschieden ablehnte. Er begleitete seine Kinder bis zuletzt.) Für ihn war die Pädagogik keine Wissenschaft mit hochtrabenden Begriffen, sondern ein situationsorientiertes Handeln, das für jedes Kind tagtäglich zu finden ist. Stets geht es um ein Denken, das im Wesen des Menschen verankert und aus feinfühlender Haltung heraus zu gestalten ist.

 Korczak weist uns auf das pädagogische Urprinzip der Selbstbildung hin: „Sei Du selbst – suche Deinen eigenen Weg. Lerne Dich selbst kennen, ehe Du Kinder zu erkennen trachtest. Mache Dir klar, wo Deine Fähigkeiten liegen, ehe Du anfängst, den Kindern den Bereich ihrer Rechte und Pflichten abzustecken. Unter ihnen allen bist Du selbst ein Kind, das du vor allem kennenlernen, erziehen und formen musst“ (Korczak 2004, 147). Mit diesem selbstkritischen Nachdenken kann dem Zeittrend geantwortet werden.

Tendenzen der Zeit

Umbrüche und Entsolidarisierung erzeugen Unsicherheit und Angst

Viele Menschen finden in einer durch Krisen geprägten Zeit keinen ausreichenden Ratgeber mehr und leben in existentieller Angst. Weit verbreitet ist die Angst vor dem Anderen. Es können verschiedene Ursachen ausfindig gemacht werden. Liegen sie im Beziehungsgeflecht mitten unter uns?

Die Google-Facebook-Welt negiert das Begegnen von Mensch-zu-Mensch

Diskurse über das „neue Profil des Menschen“ weisen darauf hin, dass der Mensch zu einem Datensatz geworden ist, der durch Firmen wie Facebook und Google im Netz vermarktet wird. Informatiker sprechen vom Computer als Bewusstseinsmaschine. Doch die hergestellten Zusammenhänge sind keine von Menschen gestalteten Sinnzusammenhänge und es kommt nicht zu einer intersubjektiven Begegnung.

Auf diese drohende Unsicherheit, Angst und Vermarktung des Menschen, die auf pädagogische Fachkräfte und Kinder einwirken, ist durch Selbstbildung zu antworten.

Dem Kind sein schöpferisches Selbstbewusstsein ermöglichen

Alles, was das kleine Kind wahrnimmt, versucht es unermüdlich in schöpferische Eigenaktivität umzusetzen, auf die sein späteres Leben aufbaut. Solange es wach ist, gibt es keinen Moment, in dem es nicht etwas tut. Es will sich selbst entwickeln, aus seinen veranlagten Kräften heraus frei spielen, gestalten und arbeiten. Nach und nach erwacht sein schöpferisches Selbstbewusstsein, das sich bis ins hohe Alter wandelt.

Diese Erkenntnis fordert von der pädagogischen Fachkraft eine anspruchsvolle Professionalität. Es geht um eine persönliche Anstrengung zur Selbstführung, die keine beliebige Beigabe ist, sondern eine notwendige Verpflichtung. Besonders durch regelmäßiges Prüfen der Arbeit (Selbstbewertung, Selbstevaluation, Beurteilung durch Mitarbeiter oder Eltern) ist die Professionalität als nie endende Aufgabe zu pflegen. Dadurch wird Professionalismus verhindert, der Eigeninteressen vor die Bedürfnisse der Kinder stellt.

Geboten ist eine feinfühlende Haltung

Im Zuge der Verwissenschaftlichung der Pädagogik wurde der Begriff Haltung als unwissenschaftlich beiseitegeschoben. Heute wird er als Gegengewicht gegen Haltlosigkeit, Eile und Beschleunigung wiederentdeckt. Kinder sehnen sich nach Menschen, die ihnen seelischen Halt geben, bei ihnen positive Gefühle und Stimmungen auslösen.

Jedes Kind erwartet und benötigt bei der gemeinsamen Gestaltung der Bildungsarbeit einen äußeren und inneren Halt durch die pädagogische Fachkraft, damit sein Halt wachsen kann.

Eine Fachkraft, die dem Kind konsequent und eindeutig Halt gibt, ermöglicht ihm, dass es

  • sich wohlfühlen,
  • im strukturierten Raum und in der strukturierten Zeit geborgen erleben,
  • Selbstvertrauen und Sicherheit gewinnen  kann.

Durch diese Haltung kann die pädagogische Fachkraft entwicklungshinderliche Bedingungen und Einflüsse in entwicklungsförderliche wandeln und das seelische Grundbedürfnis des Kindes befriedigen. Sie ermöglicht ihm seine Selbststeuerung und Selbstaktivierung auf der Grundlage seiner Selbstwirksamkeitsüberzeugung.

Diese Entwicklungsarbeit beginnt dort, wo die pädagogische Fachkraft

  • selbst Freude und Interesse daran hat, immer wieder neues Wissen zu erwerben;
  • sich gemeinsam mit Kindern auf die Suche nach Antworten begibt;
  • sich bemüht, offen und neugierig schwierige Situationen zu meistern, damit Kinder erleben können, dass Konflikte zum Leben gehören und weitgehend lösbar sind;
  • verborgene Talente entdeckt, mutig aufgreift und sich mit Kindern auf eine spannende Entdeckungsreise einlässt; 
  • weltoffen auf alles Unbekannte zugeht, um mit Kindern den alltäglichen Schatz der unbekannten Welten zu heben.          

Dem Kind Selbstbildung ermöglichen

Eine sich selbst bildende Fachkraft versucht die günstigste Umgebung für das Kind zu geben, in die es durch eigenes Handeln und Entdeckerfreude eintauchen kann. Durch diese Haltung weckt und stärkt sie die Fähigkeit des Kindes zu seiner Selbstwirksamkeit. Das zeigt das folgende Beispiel, das wir Mariele Diekhof verdanken.

Anton und seine Erzieherin

Schon an ihrem ersten Arbeitstag hörte die Erzieherin von dem „schlimmsten Jungen im ganzen Kindergarten“. Der 5-jährige Anton würge die Kinder. Ihre Eltern wollen nicht, dass er mit ihnen spiele.

Die Erzieherin versucht das Kind aus gemeinsamen Erlebnissen heraus zu verstehen: Anton zeigt großen Bewegungsdrang, klettert am liebsten auf Bäume oder auf das Dach des Spielzeughäuschens. Er fühlt sich stark und mächtig, spart nicht mit Schimpfwörtern. Auch einige Kinder wollten so cool wie er sein. Halten sich Spielgefährten nicht an Antons Regeln, dann kann er aggressiv werden. Wird er zu Mahlzeiten gerufen, wenn er sich gemütlich auf dem Dach des Häuschens eingerichtet hat, dann kann es zu Tobsuchtsanfällen kommen, die dazu führen, dass er andere Kinder schubst, tritt oder auch würgt. Bald nennen ihn die Kinder nur noch „der Würger“. Antons Eltern suchen Rat und forschen „verzweifelt nach dem Grund für seine Aggressivität“. Sein auffälliges Verhalten führt bei Kindern und Erwachsenen zu verschiedenen Reaktionen, die zur Verfestigung des störenden Verhaltens beitragen. Anton steckt in einem unauflösbaren Teufelskreis.

Die Erzieherin setzt sich eines Tages zu Anton auf die Gartenbank. „Wir saßen eine Weile schweigend nebeneinander, dann nahm ich seine schmutzige Hand in meine Hände. Ganz vorsichtig streichelte ich sie und sagte leise zu ihm: ‘Anton, du hast so schöne Streichelhände. Hast du nicht Lust, unseren Kleinen in der Krippe mittags beim Einschlafen zu helfen?‘“ Schnell zieht Anton die Hand weg, das wäre ja völlig uncool. Er läuft weg. Doch die Erzieherin bleibt „sanft“ hartnäckig. Nach ihrem vierten Versuch erklärt sich Anton damit einverstanden darüber nachzudenken und mit einem „Na, gut“ zu bekräftigen. „Die zwei Worte lösen in ihr „ein unbeschreibliches Glücksgefühl“ aus. Die Erzieherin fühlt sich in ihrer Selbstwirksamkeit bestärkt.

Nun setzen sich beide auf die Bank, sie überlegen und stellen gemeinsam Regeln auf, damit alles gut gelingt.

Die Regeln wurden mit einem goldenen Stift auf „schönes Büttenpapier geschrieben:

  • „Bevor Anton ins Sternchenzimmer geht, wäscht er sich gründlich die Hände, damit beim Streicheln das Kind nicht schmutzig wird.
  • Im Sternchenzimmer wird geflüstert, damit die Kleinen nicht gestört werden.
  • Anton sucht sich aus, welches Kind er streicheln möchte.
  • Das Kind wird von Anton leise gefragt, ob es gestreichelt werden möchte. Wenn nicht, dann nicht!
  • Das Kind wird am Arm, an der Schulter, am Hinterkopf oder am Rücken zart gestreichelt. Anton fragt das Kind, wo es gerne gestreichelt werden möchte.
  • Sobald das Kind zeigt, dass es nicht mehr gestreichelt werden möchte, hört Anton sofort auf.
  • Wenn das Kind eingeschlafen ist oder Anton nicht mehr streicheln möchte, kann er leise hinausgehen.
  • Anton kann immer Nein sagen, wenn er wieder gefragt wird, ob er im Sternchenzimmer helfen möchte.“

Für die Erzieherin ist es wichtig, dass Anton das Streicheln als besondere Aufgabe empfindet.

Sie füllt für das Händewaschen eine Blechdose mit besonderen Duftseifen und einer bunten Nagelbürste. Die einzelnen Seifen duften nach Rosen, Zitronen, Erdbeeren, Pfirsichen, und eine schokoladenfarbige „Männerseife“ riecht nach Gewürzen. Anton kann entscheiden mit welcher Seife er sich die Hände waschen will. Die Erzieherin schreibt: „Ich werde nie den Anblick vergessen, wie versunken Anton alle Seifen beschnupperte und sich viel Zeit ließ, um sich dann für eine zu entscheiden. Die coole Männerseife sollte es sein.“

Nun tastet sich Anton mit geschrubbten und nach Gewürzen duftenden Händen durch den Schlafraum und „hielt zögernd nach einem geeigneten Kind Ausschau“. Er wählt die kleine Emely. Wie zuvor besprochen, fragt er sie „flüsternd, ob er sie ganz vorsichtig streicheln dürfe“. Streicheln ist für Emely keine ungewohnte Situation, da die Kinder von den Erzieherinnen täglich in den Schlaf gestreichelt werden. Anton macht es sich neben Emely auf der Matratze bequem und „bewegte seine Finger zunächst sehr zaghaft auf ihrer Schulter. Emely schien es zu gefallen, zunächst schaute sie Anton mit großen Augen an, bevor sie dann tatsächlich während des Streichelns in den Schlaf sank.“ Anton bleibt noch etwas auf der Matratze sitzen und schleicht dann aus dem Sternchenzimmer.

Im Verlauf der Wochen erlebt Anton was seine Hände bewirken können.

Durch Selbstwirksamkeit entwickelt er ein Verantwortungsbewusstsein. Die Kinder verlieren bald die Angst vor Anton. Der Teufelskreis ist durchbrochen. Andere Kinder folgen ihm. Bis zu drei Kinder können beim Streicheldienst mitwirken und die Erzieherinnen unterstützen. Interessierte Kinder können sich in eine Liste eintragen und die Kleinen nach den vereinbarten Regeln streicheln. Auch der Akt mit den besonderen Duftseifen entwickelt sich zu einer Zeremonie, die den Kindern sinnliche Düfte und Wertschätzung erleben lässt.

Das Beispiel motiviert das Team und die Eltern.

Sie überlegten, ob dieser Streicheldienst nicht als Standard in die Kita-Konzeption einfließen könne. Die älteren Kinder konnten für eine sozial motivierte Selbstwirksamkeit interessiert und bei der Betreuung der Kleinen mit einbezogen werden. Sie halfen nicht nur im Sternchenzimmer beim Streicheln, auch beim Füttern der Jüngsten übernahmen sie Verantwortung.

Nun kamen von Kindern und Erwachsenen immer wieder neue Ideen und Anregungen hinzu:

Spielsachen wurden für die Kleinen gebaut, Kissenbuden zum Reinkriechen gebastelt, Matschecken angelegt. Anton war immer mittendrin. Er war der Chef und Bestimmer. Er wusste, was zu tun war und wie man die Kleinen tröstet, wenn die Mama ging, wie man sie füttert und sanft in den Schlaf streichelt. Ja, so war er, unser Anton – und manches Kind wollte ein wenig so sein wie er, so klug, so stark, so voller Ideen und Tatendrang. Nachsatz: In der 4. Klasse wurde Anton von seinen Klassenkameraden zum Konfliktberater gewählt. (Klein 2021, 25 f.)

Fazit

  • Kinder mit und ohne Behinderung erwarten in der inklusiven Kita eine von der pädagogischen Fachkraft gestaltete Umgebung, in der sie sich vielfältig bewegen können, Anregungen für ihre Sinne, Phantasie, für die Lust am Gestalten und Forschen bekommen. Sie kann die Selbstbildung der Kinder begleiten, indem sie ihnen möglichst viele Erfahrungsbereiche eröffnet und sie selbst bestimmen lässt, welche sie nutzen wollen.
  • In dieser offenen und selbstkritischen Haltung wurzelt Korczaks Kultur des partnerschaftlichen Dialogs, der maßgebend sein soll für die Forschung in Wissenschaft und Praxis, denn wo Liebe gelebt wird findet Begegnung und Selbstbildung als nie endende Aufgabe statt.

Bücher von Prof. Ferdinand Klein im Verlag Burckhardthaus

Literatur

(Univ.-Prof. em. Dr. Dr. et Prof. h.c. Ferdinand Klein)




Kinder mit Autismus: Ringen um Zugang und Teilhabe

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Lebenslagen und Bedürfnisse von Autistinnen und Autisten sichtbar machen

In Deutschland leben etwa 800.000 Autistinnen und Autisten. Viele von ihnen leben recht zurückgezogen und haben Schwierigkeiten, am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen. „Unsichtbarkeit führt zu Ausgrenzung. Sichtbarkeit schafft Akzeptanz und Normalität. Die Belange von Autistinnen und Autisten müssen sichtbar und akzeptiert sein, damit die Lebensqualität der Betroffenen und ihrer Familien verbessert wird.“, erklärt die Landesbehindertenbeauftragte von Baden-Württemberg, Simone Fischer. Dies gelte insbesondere für Kinder und Jugendliche in Kita und Schule sowie für Autistinnen und Autisten mit höherem Assistenzbedarf.

„Der Wissenszuwachs über Autismus und die besonderen Teilhabebedarfe ist enorm. Vielen betroffenen Kindern und jungen Menschen nutzt das aber noch zu wenig“, so Simone Fischer. Beispielsweise berichten Eltern, dass sie mit missbilligenden Blicken gestraft werden, wenn ihr autistisches Kind bestimmte Regeln nicht einhält, Kinder und Jugendliche werden missverstanden und ihnen werde unterstellt, etwas nicht zu wollen, obwohl sie es schlicht nicht könnten.

Zugang und Teilhabe in Kitas

An die Ombudsstelle der Beauftragten werden Probleme herangetragen, bei denen es um den Zugang und die Teilhabe in Kitas gehe. Es betreffe beispielsweise die drastische Reduzierung von Betreuungszeit, insbesondere bei Personalengpässen, in einem Fall auf bis zu zwei Stunden pro Woche, während Kinder ohne Beeinträchtigungen die Kita weiterhin besuchen oder höhere Betreuungszeiten nutzen konnten.

Die Umsetzung von Assistenzleistungen gestalte sich teilweise schwierig. Viele Kinder erhalten zwar dem Grundsatz nach Assistenz, zum Beispiel durch Inklusionskräfte, die Eltern sind hinsichtlich der Suche und Organisation aber häufig auf sich gestellt. Dies führe dazu, dass Kinder die Kita nicht oder nicht mehr besuchen dürfen, wenn sie keine Begleitung haben. Problematisch sei es auch, wenn bei Kindern die Diagnostik noch nicht abgeschlossen sei, der Bedarf noch nicht festgestellt wurde oder wenn sich die Zuständigkeiten zwischen SGB VIII und SGB IX aufreiben und die Kinder deshalb noch keine Eingliederungshilfe erhalten. Es liegen auch Eingaben zu Kündigungen vor.

Eltern kämpfen häufig für die Teilhabe ihrer Kinder

„Aus diesen Anfragen geht hervor, dass Eltern für die Teilhabe ihrer Kinder häufig sehr kämpfen müssen. Belastend kommt hinzu, wenn ihnen vermittelt wird, dass sie das Problem sind oder wenn Wartezeiten für Beratung, Diagnostik und Therapieangebote sehr lang sind.“ Fehlende Inklusionskräfte, Erzieherinnenwechsel, steigende Gruppengrößen und die damit verbundene Reizüberflutung bei den betroffenen Kindern, Personalmangel, Unklarheiten über Zuständigkeiten und die damit zusammenhängende familiäre Belastung würden den Alltag der Familien erschweren.

Die Beauftragte der Landesregierung Baden-Württemberg plädiert für eine gute Ausstattung der Kitas, um den Zugang der Kinder zu gewährleisten. Im Zentrum stehe die Stärkung der Erzieherinnen und Erzieher, der Eltern und Kinder. Dazu gehöre ein qualitativ-inklusiv ausgerichtetes Kita-Setting, die Bereitstellung von speziell strukturiertem Spiel- und Lernmaterial und Rückzugsmöglichkeiten, die Fort- und Weiterbildungen von Fachkräften für den Umgang mit neurodiversen Kindern sowie die Einstellung von pädagogischem Personal mit autismusspezifischer Zusatzqualifikation.

Kurze Wartezeiten für geeignete Beratungs- und Therapieplätze, eine gute Vernetzung zwischen Medizin und Kita, Beratung und Unterstützung durch Fachkräfte sowie die nachhaltige Unterstützung von Eltern und Angehörigen stellen Kriterien dar, die die Lebenssituation der Familien und die Voraussetzungen für alle Beteiligten verbessern.

Frühzeitiger Zugang zu Beratung, Diagnostik und Therapie ist wesentlich

In Freiburg tauschte sich die Landes-Behindertenbeauftragte auch mit dem Zentrum für Autismus-Kompetenz Südbaden (ZAKS) aus. Insgesamt betrügen Wartezeiten bei Beratung, Diagnostik und Therapien für Autistinnen und Autisten deutschlandweit ein Jahr und länger. Simone Fischer: „Es ist bedeutsam, dass Autistinnen und Autisten sowie ihre Familien früh die notwendige Unterstützung bekommen und auf Verständnis stoßen. Dies trägt dazu bei, dass sie weder in Kita, Schule, Ausbildung und Studium ausgegrenzt werden, im Berufsleben Fuß fassen und ihr Leben gestalten können. Eine frühzeitige Diagnose ermöglicht gezielte Fördermaßnahmen und kann gute Erfolge erzielen.“

Die von der Landesregierung geförderten Interdisziplinären Frühförderstellen (IFF) bieten einen niederschwelligen Zugang zur Frühförderung, um eine gezielte ganzheitliche Therapie und Förderung einzuleiten, Entwicklungsstörungen sowie drohenden oder bestehenden Behinderungen zu begegnen. Sie arbeiten unter anderem mit den Sozialpädiatrischen Zentren für Kinder und Jugendliche (SPZ) und den Kliniken für Kinder- und Jugendmedizin zusammen. Und sie bieten eine zentrale und wichtige Anlaufstelle. Für das SPZ in der Nähe gibt es eine Kartensuche.

Informationen, Beratung und Unterstützung für Autistinnen und Autisten, Angehörige und Fachkräfte bietet der Bundesverband Autismus Deutschland e.V. Dort gibt es auch eine Kartensuche für regionale Angebote. 

Insolvenz der ZAKS gGmbH: Die betroffenen Land- und Stadtkreise wollen jetzige Angebote in welcher Form auch immer aufrechterhalten

Am 1. Juli 2024 hat das gemeinnützige Zentrum für Autismus-Kompetenz in Südbaden (ZAKS gGmbH) Insolvenz angemeldet. Davon betroffen sind 90 Beschäftigte in sechs südbadischen Land- und Stadtkreisen: Breisgau-Hochschwarzwald, Emmendingen, Freiburg, Lörrach, Ortenau und Waldshut. Bisher wurden im ZAKS 420 autistische Kinder und Jugendliche und knapp 30 Erwachsene behandelt.

Die sechs Kreise haben umgehend Verhandlungen aufgenommen, um die jetzigen Angebote der ZAKS in welcher Form auch immer aufrechterhalten zu können. Diese Verhandlungen laufen in alle Richtungen. Auf einem Termin der sechs Kreise mit rund 30 Leistungserbringern aus Südbaden gab es gestern großes Interesse, die Kinder, Jugendlichen und Erwachsenen gut zu versorgen und entsprechende Angebote auszuweiten oder neu zu schaffen. Dies gilt über alle beteiligten Kreise hinweg.

In wenigen Wochen werden sich die eingeleiteten Schritte konkretisieren. Die sechs Kreise werden erneut informieren, sobald konkrete Ergebnisse vorliegen. Miteinander wurde verabredet, bis dahin auf weitere Pressearbeit zu verzichten.

Quelle: Pressemitteilung Ministerium für Soziales, Gesundheit und Integration Baden-Württemberg,
Pressemitteilung Stadt Freiburg im Breisgau




Kitas mit Kindern aus benachteiligten Familien sind vielfach mehrbelastet

Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung untersucht Unterschiede zwischen Kindertageseinrichtungen hinsichtlich der sozioökonomischen Verhältnisse von Kindern und Familien

Bildungsbenachteiligung zu reduzieren ist eine der großen politischen Herausforderungen unserer Zeit. Die Kindertagesbetreuung als erster gemeinsamer Bildungsort spielt dabei eine zentrale Rolle. Der Ausbau der frühen Bildung und die Einführung des Rechtsanspruchs auf einen Platz in Kita oder Kindertagespflege gelten vor diesem Hintergrund als wichtige Schritte um allen Kindern unabhängig von ihrem familiären Hintergrund gleiche Chancen auf eine gute Entwicklung und die Entfaltung ihrer Potenziale zu ermöglichen.

Eine Studie im Auftrag der Friedrich-Ebert-Stiftung zeigt aber, dass gerade Kitas mit einem höheren Anteil an Kindern aus sozioökonomisch benachteiligten Familien unter Mehrbelastung leiden. Dazu zählen unter anderem:

  • Segregation im Sinne einer ungleichen Verteilung bzw. Ballung bestimmter Merkmale von Kindern und Familien in den Einrichtungen, infolgedessen die Kinder und Familien mit vergleichbaren Herausforderungen tendenziell unter sich bleiben.
  • Personalmangel (höherer Personalbedarf durch länger unbesetzte Stellen aufgrund mangelnder Bewerbungen, durch höheren Anteil an Mitarbeitenden mit längerer Abwesenheit etwa durch Krankheit etc.)
  • Weitere Faktoren, die z. B. die Platzvergabe, Zusatzkosten für Eltern, eine stärker wahrgenommene Beeinträchtigung durch mangelndes Engagement der Eltern, eine unzureichende Ausstattung in der Kita, behördliche Vorschriften und mangelnde Unterstützung durch den Träger betreffen

Die Studie untersucht Unterschiede zwischen Kindertageseinrichtungen hinsichtlich der sozioökonomischen Verhältnisse von Kindern und Familien. Die Expertise basiert dabei auf einer Sekundäranalyse des Datensatzes der Einrichtungsleitungen der ERiK-Surveys des Deutschen Jugendinstituts (DJI). Mehr zu Forschungsstand und Methodik finden Sie in der Studie.

Sie können die Studie hier herunterladen.

Quelle: Pressemitteilung Friedrich-Ebert-Stiftung




Die Folgen der Pandemie auf die Arbeit von Lehrkräften

Neues Impulspapier des Soziologischen Forschungsinstituts Göttingen diskutiert empirische Befunde

Die staatlich angeordneten Maßnahmen zum Schutz vor dem Covid-19-Virus trafen den Bildungsbereich in umfangreicher Hinsicht. Nicht nur Kinder und Jugendliche waren starken Belastungen ausgesetzt, auch die Lehrtätigkeit an Schulen erfuhr massive Einschränkungen. Wie blicken Lehrkräfte aus heutiger Perspektive zurück auf die pandemische Zeit zwischen 2020 und 2022? Welche langfristigen Folgen hinterlässt die Krise für die Arbeit von Lehrkräften?

Soziologische Pandemiefolgenforschung

Diesen Fragen geht das Forschungsprojekt „Soziologische Pandemiefolgenforschung am SOFI Göttingen“ nach, welches vom Niedersächsischen Ministerium für Wissenschaft und Kultur (MWK) im Zeitraum vom 01.10.2021 bis 31.12.2024 gefördert wird. Ziel des Projekts ist die Analyse arbeitsweltlicher Nachwirkungen der Pandemie in verschiedenen Branchen. Eine davon ist der Bildungsbereich, in dem die Arbeit von Lehrkräften in den Blick genommen wurde. In diesem Kontext entstand die Masterarbeit von Lena Schwerdt, Mitautorin der Publikation, an der Universität Göttingen. Einige empirische Befunde werden im neuen Impulspapier diskutiert. Die empirische Basis bilden sieben Interviews von Lehrkräften aus verschiedenen weiterführenden und allgemeinbildenden Schulformen zu ihren Erfahrungen und ihrer Bilanz aus der Pandemie.

Beschleunigte Digitalisierung

Als sichtbarste Veränderung wird die beschleunigte Digitalisierung in den Schulen gesehen. Der Ausbau digitaler Kommunikationssysteme und der Einzug von Tablets und digitalen Tafeln in die Klassenräume wirken sich in hohem Maße auf den gegenwärtigen Arbeitsalltag der Lehrkräfte aus. Möglichkeiten der digitalen Kooperation unter den befragten Lehrkräften bieten Potenziale der Arbeitserleichterung. Im Gegenzug bringen zunehmende Kommunikationsmöglichkeiten aber auch neue Belastungen mit sich. Spürbar sind laut Aussage der befragten Lehrkräfte ebenfalls Veränderungen im sozialen Verhalten der Schüler:innen. „Hieraus ergeben sich neue Anforderungen an die pädagogische Arbeit“, kommentiert Lena Schwerdt die empirischen Befunde. Bilanzierend stellen die Lehrkräfte im Rückblick auf die Pandemie die Bedeutung der Beziehungsarbeit heraus.

Weitere Impulspapiere sollen folgen

Sarah Herbst, Co-Autorin und Forscherin am SOFI, weist darauf hin, dass aus dem Projekt noch weitere Impulspapiere in der Reihe „Arbeitsweltliche Folgen der Coronakrise“ folgen werden und es spannend sein wird, die Diskussionsbeiträge über das Pandemiegeschehen in unterschiedlichen Branchen und Bereichen zu vergleichen.

Veröffentlichung:

Schwerdt, Lena; Herbst, Sarah (2024): Arbeitsweltliche Folgen der Coronakrise I. Empirische Einblicke in die Arbeit von Lehrkräften. SOFI-Impulspapier.
Kostenfreier Download des Impulspapiers: https://sofi.uni-goettingen.de/fileadmin/user_upload/Impulspapier_Corona_I_Lehrkraefte.pdf

Dr. Jennifer Villarama, Soziologisches Forschungsinstitut Göttingen (SOFI)