Was Demokratiebildung im Kindesalter braucht

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Die Broschüre „Kinderwelten Info 10/2024“ zeigt, wie Demokratiebildung im Kita- und Grundschulalter praktisch umgesetzt werden kann

Die Broschüre „Kinderwelten Info 10/2024 – Was Demokratiebildung im Kindesalter braucht“ zeigt, wie demokratische Werte schon im Kita- und Grundschulalter vermittelt werden können. Sie betont, dass Demokratiebildung mehr ist als die Schaffung barrierefreier Zugänge. Notwendig ist auch die Förderung von Gleichheit, Solidarität und Toleranz als Fundament für ein funktionierendes Gemeinwesen. Besonders in herausfordernden Zeiten wird die Wichtigkeit von Inklusion, Vielfalt und gegen Diskriminierung gelebter Demokratie hervorgehoben.

Die Publikation richtet sich an pädagogische Fachkräfte und Träger. Sie gibt praxisnahe Impulse, um Mitbestimmung und Beteiligung von Kindern zu fördern, unabhängig von Herkunft, Sprache oder Einschränkungen. Sie fordert dazu auf, Diskriminierung und Ausschluss aktiv zu erkennen und zu handeln.

Ein wichtiges Werk für alle, die Demokratiebildung als Teil ihres pädagogischen Auftrags verstehen und Kinder früh für ein demokratisches Miteinander sensibilisieren möchten.




Herzensbildung statt Leistungsdruck – Weil Kinder schöpferische Selbstbildung brauchen

Inklusion leben: Gemeinsam Potenziale entfalten, Vielfalt wertschätzen und miteinander wachsen

In unserer Gesellschaft dominiert zunehmend ein technokratisch-ökonomisches Menschenbild. Im Fokus steht, was für das spätere „Weiterkommen“ nützlich ist und als Kompetenzförderung gilt. Lebendige Beziehungszusammenhänge werden dabei auf messbare Fakten reduziert, analysiert und kategorisiert. Der subjektive Sinn des Handelns gerät in den Hintergrund, ebenso wie Gefühl und Wille des einzelnen Menschen.

Diese Haltung führt zu einer Kultur der Eile – und zu einem Mangel an feinfühliger Herzensbildung, die gerade in unserer Zeit dringend gebraucht wird. Besonders Kinder benötigen ein ganzheitliches Wissen und Können, ein Denken, Fühlen und Wollen, das ihnen hilft, sich zu orientieren, zufrieden und glücklich zu sein. Doch wie lässt sich diese schöpferische Selbstbildung ermöglichen?

Impulse von Gerald Hüther: Potenzialentfaltung als Lebensprinzip

Der renommierte Neurobiologe Gerald Hüther, Gründer der Akademie für Potenzialentfaltung, betont: Menschen sollten von Beginn ihres Lebens bis ins hohe Alter die Gelegenheit haben, ihre Entwicklungsmöglichkeiten selbst zu entfalten.

Die Akademie geht von der Überzeugung aus, dass Potenzialentfaltung nur gelingen kann, wenn Menschen einander als Subjekte begegnen – statt sich gegenseitig zu Objekten von Bewertungen, Erwartungen oder Maßnahmen zu machen.

Im gesamten deutschsprachigen Raum entstehen heute in kleinen und großen Lebensgemeinschaften Orte, an denen ein friedliches Miteinander gepflegt wird. Die Forschungsergebnisse des Teams zeigen:

  • Alle Menschen möchten ihr Leben so gestalten, dass sie glücklich sind.
  • Leben ist ein Entwicklungsprozess – Stillstand verhindert Glück.
  • Das in jedem Menschen angelegte Entwicklungspotenzial ist weitaus größer als bisher genutzte Fähigkeiten.
  • Potenziale entfalten sich nur im Miteinander mit anderen Menschen.
  • Gemeinschaften können ihre Strukturen jederzeit so verändern, dass Entwicklung nicht länger unterdrückt wird.
  • Kreative und innovative Höchstleistungen entstehen nur in unterstützenden, inspirierenden Lebens- und Arbeitsgemeinschaften.

Gegen den Geist des „Survival of the Fittest“

Die Akademie für Potenzialentfaltung stellt sich bewusst gegen das heute verbreitete Konkurrenzdenken und orientiert sich an den Werten unserer Eltern und Großeltern: Menschlichkeit, Verantwortungsbewusstsein, Achtsamkeit, Weitsicht und vor allem Liebe im Umgang miteinander.

Nach Hüther bleibt die im Gehirn angelegte Freude am Entdecken und gemeinsamen Gestalten ein Leben lang erhalten. Menschen, die aus Freude schöpferisch tätig sind, suchen keine höheren Karrierestufen – sie wollen Sinn stiften.

Zurück zu den schöpferischen Wurzeln

Gefordert ist ein Umdenken: weg von reinem Leistungsdenken, hin zu einer Kultur des Erinnerns und des gemeinsamen Gestaltens. Kinder und Erwachsene sollten zusammen wachsen, spielen und lernen können – in einer Atmosphäre, die Mut macht und Hoffnung schenkt.

Ein Beispiel dafür ist das Kultur- und Begegnungsfest in Kesmark: Hier gestalten Kinder und Erwachsene gemeinsam ein fröhliches Miteinander, das Zukunft verheißt und dem Negativen aus eigener Kraft entgegentritt.

Kinder als Lehrmeister der Herzensbildung

Sind nicht gerade Kinder, die aus ihren tief veranlagten rhythmisch-musikalischen Kräften heraus eine Welt des fröhlichen Miteinanders schaffen wollen, wahre Lehrmeister für ältere Menschen?

Wer das verneint, will oft durch die Macht des Wortes andere beherrschen. Doch wirkliche Stärke liegt darin, Menschen über alle Grenzen hinweg zu verbinden – mit Herzenskraft und sozialer Kompetenz.

Fazit mit Weitblick

Herzensbildung ist mehr als Wissen. Sie ist die Fähigkeit, sich im Herzen miteinander zu finden, jenseits aller äußeren Unterschiede. Wenn wir diese Kultur pflegen, verbinden wir Menschen über Generationen hinweg – und schaffen eine Welt voller Freude, Hoffnung und Zuversicht.

Prof. Dr. Ferdinand Klein

„Erziehung aus der Begegnung heraus gestalten“ von Prof. Dr. Ferdinand Klein macht das Vermächtnis von Janusz Korczak lebendig: Achtung vor der Würde jedes Kindes, gelebte Empathie und praxisnahe Tipps für den Alltag. Seine Darstellungen sind leicht verständlich und direkt in die pädagogische Praxis übertragbar. Ein inspirierendes Buch für alle, die Kindern auf Augenhöhe begegnen und ihre eigene pädagogische Haltung stärken wollen.

Prof. Ferdinand Klein
Erziehung aus der Begegnung heraus gestalten
Mit Janusz Korczak über inklusionspädagogische Grundfragen nachdenken

Softcover, DIN A5, 184 Seiten
ISBN: 978-3-96304-618-6
22 €

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Ein Programm, das Kindern Selbstvertrauen schenkt

Ben Furman, Ich schaff’s!, Spielerisch und praktisch Lösungen mit Kindern finden – Das 15-Schritte-Programm für Eltern, Erzieher und Therapeuten

Kinder geraten im Alltag immer wieder in schwierige Situationen – und damit oft auch in Konflikte mit den Menschen, die sie betreuen. Eltern und pädagogische Fachkräfte können davon ein Lied singen, und die Belastung ist in vielen Familien groß. Umso wertvoller ist ein Ansatz, der nicht nur Symptome bekämpft, sondern Kindern und Erwachsenen gleichermaßen hilft.

Mit „Ich schaff’s!“ stellt der finnische Psychiater Ben Furman ein 15-Schritte-Programm vor, das weltweit erfolgreich eingesetzt wird – und dennoch längst nicht überall bekannt ist. Das Besondere daran: Kinder werden nicht wie kleine Erwachsene behandelt, sondern als eigenständige Persönlichkeiten, die lernen wollen und können.

Vom Problem zur Fähigkeit

Der entscheidende Perspektivwechsel: Nicht das Defizit steht im Mittelpunkt, sondern die Fähigkeit, die das Kind noch entwickeln darf. Bereits im ersten Schritt wird ein unerwünschtes Verhalten in eine positive Lernaufgabe übersetzt. Im zweiten Schritt wird das Kind aktiv einbezogen – es erlebt, dass man ihm etwas zutraut. Diese Haltung unterscheidet sich deutlich von vielen herkömmlichen pädagogischen und therapeutischen Ansätzen. Das Kind ist nicht Objekt von Maßnahmen, sondern handelndes Subjekt, das selbst Einfluss nehmen kann.

Wertschätzend, strukturiert, wirksam

Das Programm zeigt Kindern klar, welche Verhaltensweisen sie verändern möchten. Und es gibt ihnen Werkzeuge an die Hand: unterstützende Gedanken, Helferfiguren, ermutigende Namen für ihre neue Fähigkeit. Fortschritte werden gefeiert – Strafen oder Beschämung haben hier keinen Platz. Lernen wird als normaler, gemeinsamer Prozess verstanden, nicht als Mangel, der sanktioniert werden muss.

Ein Ansatz für alle, die mit Kindern arbeiten

„Ich schaff’s!“ vermittelt den Kindern das Gefühl von Selbstwirksamkeit – und stärkt zugleich das Miteinander in Familien und Einrichtungen. Die vielen Praxisbeispiele im Buch machen deutlich, wie auch bei hartnäckigen Verhaltensmustern positive Veränderungen möglich sind, wenn man mit Respekt, Geduld und klarer Struktur vorgeht.

Ein empfehlenswertes Buch für Eltern, Erzieherinnen, Lehrer und Therapeuten – und für alle, die Kindern nicht nur Verhaltensänderungen abverlangen, sondern sie dabei wirklich unterstützen wollen.

Daniela Körner




Arbeitsgedächtnistraining steigert Leistungen und bessert Bildungswege

Langfristige Effekte einer im Unterricht verankerten Intervention bei Erstklässlern

Kinder, die bereits in der ersten Klasse gezielt ihr Arbeitsgedächtnis trainieren, profitieren langfristig nicht nur in diesem Bereich, sondern auch in anderen schulischen und kognitiven Fähigkeiten. Das zeigt eine groß angelegte Feldstudie, geleitet von Ernst Fehr, Professor für Mikroökonomik und experimentelle Wirtschaftsforschung an der Universität Zürich sowie Direktor des UBS International Center of Economics in Society. Gemeinsam mit Eva M. Berger, Henning Hermes, Daniel Schunk und Kirsten Winkel untersuchte er die kausalen Auswirkungen eines in den regulären Schulunterricht eingebetteten Arbeitsgedächtnistrainings bei 6- bis 7-jährigen Grundschulkindern.

„Wir stellen erhebliche Zuwächse bei der WM-Kapazität fest und dokumentieren positive Spillover-Effekte auf Geometrie, fluiden IQ und inhibitorische Kontrolle“, so die Autorinnen und Autoren. Drei Jahre nach Abschluss der Intervention war die Wahrscheinlichkeit, dass die teilnehmenden Kinder einen akademischen Bildungsweg einschlagen, um 16 Prozentpunkte höher als in der Kontrollgruppe.

Fünf Wochen Training im Schulalltag

Das Training erstreckte sich über 25 aufeinanderfolgende Schultage und wurde anstelle des regulären Unterrichts in Mathematik oder Deutsch in einer der ersten beiden Stunden durchgeführt. Die Kinder erhielten eine Reihe strukturierter Übungen, die von den Lehrkräften als normale Unterrichtseinheit präsentiert wurden. „Die Kinder in der Versuchsgruppe wussten nicht, dass sie an einem Experiment teilnahmen“, betonen die Forschenden.

Diese Einbettung in den Schulalltag sorgte für hohe Akzeptanz bei Kindern und Lehrkräften. Dass dabei 25 Unterrichtsstunden in den Hauptfächern ersetzt wurden, erwies sich nicht als Nachteil. Im Gegenteil: „Unsere Behandlungseffekte beinhalten bereits die Opportunitätskosten der versäumten Schulstunden. Das bedeutet, dass die Kinder einen Nettonutzen aus dem WM-Training gezogen haben.“

Langsame, aber nachhaltige Wirkung

Während sich Verbesserungen im Arbeitsgedächtnis sofort nach dem Training zeigten, traten andere Effekte erst mit zeitlichem Abstand auf. „Die Spillover-Effekte treten nicht kurzfristig auf. Stattdessen zeigen sie im Verlauf mehrerer Evaluierungswellen ein steigendes Muster.“

Nach sechs Monaten wurden Fortschritte in Geometrie und im fluiden IQ messbar, nach zwölf bis dreizehn Monaten kam eine Verbesserung der inhibitorischen Kontrolle hinzu – also der Fähigkeit, impulsive Reaktionen zu hemmen. Die Effektstärken in diesen Bereichen lagen zwischen 0,24 und 0,38 Standardabweichungen.

Warum frühe Förderung wirkt

Die Forschenden führen die Erfolge auch auf die hohe Plastizität des kindlichen Gehirns in diesem Alter zurück. Früh erworbene Fähigkeiten erleichtern den Erwerb weiterer Kompetenzen – ein Prozess, den die Bildungsökonomie als Selbstproduktivität und dynamische Komplementarität beschreibt. „In einer Phase erworbene Qualifikationen erhöhen die in späteren Phasen erworbenen Qualifikationen“, heißt es in der Studie.

Bedeutung für die Praxis

Für Lehrkräfte macht die Untersuchung deutlich, dass gezielte Förderung exekutiver Funktionen wie des Arbeitsgedächtnisses nicht nur kurzfristige Lerneffekte bringen kann, sondern langfristig den gesamten Bildungsweg beeinflusst. Entscheidend ist dabei die Integration in den regulären Unterricht und die kontinuierliche Durchführung über mehrere Wochen.

Quelle:

Berger, Eva M.; Fehr, Ernst; Hermes, Henning; Schunk, Daniel; Winkel, Kirsten (2025): The Causal Effects of Working Memory Training on Cognitive and Noncognitive Skills in Children. Journal of Political Economy, 133(2), The University of Chicago Press.




Ausgezeichnet von spiel gut: Follies von Lessing

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Ein Bauspiel, bei dem Kinder frei bauen und Erfahrungen mit Statik und Balance machen können

Der Begriff Folly, bzw. die Mehrzahl Follies, ist eine englische Bezeichnung für Gartenkunst und Architektur und bezeichnet skulpturale Turmbauten.

Im Follies-Grundkasten sind keilförmige Bausteine in drei unterschiedlichen Größen enthalten. Die Oberfläche der unbehandelten Steine ist geriffelt, dadurch entstehen neuartige Baumöglichkeiten. Einfach ausprobieren, was hält und was nicht – sogar Torbögen können gebaut werden.

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Der Ergänzungsbausatz „Follies plus“ enthält die Formen Dreieck, Quadrat und Rechteck und damit noch mehr Möglichkeiten beim Turmbau. Bei der Packung „Follies im Sack“ sind alle Größen und Formen enthalten. Nicht nur Kindern macht es Spaß, damit Erfahrungen mit Statik und Balance zu machen. Die Bausteine eignen sich auch gut als Ergänzung zu anderem Baumaterial.

Ab sechs Jahren ist mit den Follies ein Gesellschafts-Bauspiel spielbar: Alle Steine werden gleichmäßig unter den Mitspielenden verteilt. Abwechselnd werden Steine zu einem Turm verbaut. Es gewinnt derjenige, der als Letzter einen Stein legt, ohne dass der Turm einstürzt.

Follies: 18 Keile in 3 verschiedenen Größen, geriffelte Oberfläche, Buche natur.
Follies plus: 14 Steine, drei verschiedene Formen, geriffelte Oberfläche, Buche natur.
Follies im Sack: 30 Steine – Keile, Dreiecke, Quadrate, Rechtecke in verschiedenen Größen, geriffelte Oberfläche.

Grundmaß: 5,5 cm.

Follies ist ein Bauspiel, bei dem Kinder frei bauen und Erfahrungen mit Statik und Balance machen können – und das auch Erwachsene zur Entspannung gern in die Hand nehmen. Ein guter Grund, das Baumaterial mit spiel gut auszuzeichnen.

Follies, Follies plus + Follies im Sack
Preis
: 30 bis 40 €
Marke: Lessing
Hersteller: Lessing Produktgestaltung




Tagung zur Kindheitsforschung: Zwischen Normalisierung und Behinderung

Vom 10. bis 12. September 2025 treffen sich internationale Expertinnen und Experten in Duisburg-Essen, um über Selbstbestimmung, Vulnerabilität und Inklusion in der Kindheit zu diskutieren.

Wie lässt sich die grundsätzliche Abhängigkeit von Kindern ernst nehmen, ohne ihnen ihre Selbstbestimmung abzusprechen – insbesondere, wenn sie mit einer Behinderung leben? Diese Frage steht im Zentrum der internationalen Tagung „Exploring Vulnerability in Childhood. Between Normalization and Disablement“, die vom 10. bis 12. September 2025 an der Universität Duisburg-Essen stattfindet.

Wissenschaftlicher Austausch mit globaler Perspektive

Die Tagung bringt Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus der Kindheitsforschung, den Disability Studies und der Philosophie der Kindheit zusammen. Eingeladen hat die Arbeitsgruppe Kindheitsforschung am Institut für Erziehungswissenschaft der Universität Duisburg-Essen. Forschende aus sieben Ländern reisen an, um sich über aktuelle Diskurse auszutauschen und neue Impulse zu setzen.

Veranstaltet von der Universität Duisburg-Essen

Prof. Dr. Anja Tervooren, Leiterin der Arbeitsgruppe Kindheitsforschung, betont: „Die Kindheitsforschung ist gefordert, sowohl die Verletzlichkeit aller Kinder als auch ihr Recht auf Selbstbestimmung in den Blick zu nehmen. Besonders wichtig ist es, Kindheiten von als behindert verstandenen Kindern zu analysieren, um Kindheit insgesamt besser zu verstehen.“ Sie verweist dabei auf die englischsprachige Forschung, die hierzulande bislang nur unzureichend rezipiert werde.

Keynotes, Panels und Poster – ein vielfältiges Programm

Die von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderte Tagung findet im Glaspavillon am Campus Essen statt. Neben Keynotes aus Kanada, Großbritannien und Deutschland sind drei thematische Panels geplant, in denen aktuelle Forschungsprojekte vorgestellt werden. Eine Posterausstellung ergänzt das Programm.

Politik und Praxis im Blick

Ein besonderer Programmpunkt ist die Podiumsdiskussion mit Bezug auf aktuelle politische Entwicklungen – insbesondere zum Zusammenspiel von Forschung und Elterninitiativen in Großbritannien. Prof. Tervooren sieht darin ein mögliches Vorbild für andere Länder.

Weitere Informationen zur Tagung und zum Programm finden sich demnächst auf der Website des Instituts für Erziehungswissenschaft der Universität Duisburg-Essen. Die Veranstaltung richtet sich an Fachpublikum, Promovierende, Studierende und Interessierte aus Wissenschaft, Praxis und Politik.

Weitere Informationen und Anmeldung: https://www.uni-due.de/biwi/kindheitsforschung/exploringvulnerablity.php




Emotionen verstehen: Wie Kinder lernen, Gefühle einzuordnen

Mit dem Alter steigt die Bedeutung von konzeptuellem Wissen, während die reine Wahrnehmung an Einfluss verliert

Wie entwickeln Kinder die Fähigkeit, die Gefühle anderer zu verstehen? Diese zentrale Frage beantwortet eine aktuelle Studie des Forschungsteams um Shuran Huang, Seth D. Pollak (University of Wisconsin–Madison) und Wanze Xie (Peking University), veröffentlicht im Fachjournal Nature Communications (Band 16, Artikelnummer 6838, 2025). Im Fokus der umfangreichen Untersuchung stehen zwei grundlegende Prozesse: die spontane Wahrnehmung von Gesichtsausdrücken und das konzeptuelle Wissen über Emotionen. Die Ergebnisse zeigen: Bereits Kinder im Vorschulalter können Gesichtsausdrücke differenziert erkennen – doch mit zunehmendem Alter wird das Verständnis anderer Menschen immer stärker durch erlerntes Wissen geprägt.

Die Studie belegt, dass sich das Emotionsverständnis von einer rein wahrnehmungsbasierten Analyse hin zu einer komplexeren, kontextsensiblen Deutung auf Basis von Erfahrungswissen verschiebt. Der Einfluss der bloßen Wahrnehmung nimmt im Laufe der Kindheit messbar ab, während die Rolle des konzeptuellen Wissens – etwa über kulturelle Bedeutungen von Emotionen – wächst. Die Ergebnisse haben direkte Implikationen für Bildungs- und Erziehungsprozesse und stützen aktuelle emotionstheoretische Ansätze, die auf das Zusammenspiel von Wahrnehmung, Sprache und sozialen Erfahrungen setzen.

Drei Studien – ein entwicklungspsychologischer Gesamtblick

Die Forschenden führten drei eng miteinander verknüpfte Studien mit derselben Kinderkohorte im Alter von fünf bis zehn Jahren durch. Ziel war es, die Entwicklung des Emotionsverständnisses aus verschiedenen Perspektiven systematisch zu analysieren:

  1. Studie 1 untersuchte mithilfe eines EEG-Frequenzmarkierungsverfahrens (Fast Periodic Visual Stimulation, FPVS), wie spontan und differenziert Kinder Gesichtsausdrücke unterscheiden.
  2. Studie 2 erfasste das konzeptuelle Wissen über Emotionen mit einer Bewertungsaufgabe, bei der Kinder Assoziationen zwischen emotionalen Begriffen und Gefühlskategorien herstellten.
  3. Studie 3 testete das konkrete Emotionsverständnis über zwei Verhaltensaufgaben – eine Sortieraufgabe und eine Zuordnungsaufgabe.

Durch eine Repräsentative Ähnlichkeitsanalyse (RSA) wurde anschließend untersucht, inwiefern die neuronalen und konzeptuellen Prozesse das emotionale Urteilsvermögen der Kinder vorhersagen – unter Berücksichtigung ihres Alters.

Wahrnehmungsfähigkeit ist früh vorhanden – verliert aber an Bedeutung

Die EEG-Daten aus Studie 1 zeigen: Kinder im Alter von fünf bis sechs Jahren verfügen bereits über eine stabile Fähigkeit, zwischen verschiedenen stereotypen Gesichtsausdrücken zu unterscheiden – auch innerhalb negativer Emotionen wie Angst, Traurigkeit und Wut. Diese Fähigkeit bleibt über das gesamte Kindesalter hinweg bestehen. Die Oddball-Reaktionen im EEG waren dabei in allen Altersgruppen nachweisbar, insbesondere für Unterschiede zwischen positiven und negativen Emotionen. Eine zusätzliche Kontrollgruppe zeigte, dass diese Reaktionen tatsächlich auf die Verarbeitung der Gesichtskonfigurationen und nicht auf einzelne Merkmale zurückzuführen sind.

Doch obwohl die Fähigkeit zur Unterscheidung früh vorhanden ist, nimmt ihr Beitrag zur Emotionsbeurteilung mit zunehmendem Alter ab. Die RSA-Modelle belegten, dass insbesondere jüngere Kinder sich bei der Einschätzung emotionaler Zustände stärker auf wahrnehmungsbasierte Hinweise verlassen – dieser Einfluss schwindet jedoch im Grundschulalter deutlich.

Konzeptuelles Wissen wird zum zentralen Faktor

In Studie 2 wurde sichtbar, dass das konzeptuelle Wissen über Emotionen im Alter zwischen fünf und zehn Jahren deutlich differenzierter wird. Kinder lernten, die Ähnlichkeit und Unterschiede zwischen emotionalen Konzepten besser zu erfassen. Während jüngere Kinder noch starke konzeptuelle Überschneidungen zwischen Glück und negativen Emotionen zeigten, konnten ältere Kinder diese klarer voneinander abgrenzen. Gleichzeitig entwickelten sie ein differenzierteres Verständnis dafür, wie ähnlich sich beispielsweise Wut und Angst in bestimmten Kontexten sein können.

Diese Entwicklung wurde mithilfe von Korrelationen zwischen Emotionspaaren und einer multidimensionalen Skalierungsanalyse belegt. Die zunehmende Differenzierung deutet darauf hin, dass Kinder mit wachsendem Alter nicht nur über mehr emotionales Wissen verfügen, sondern auch über eine strukturiertere emotionale Kategorisierung, die über einfache Valenz-Urteile hinausgeht.

Verhaltensexperimente bestätigen den Entwicklungsverlauf

Die Verhaltensaufgaben in Studie 3 bestätigten die Ergebnisse der EEG- und Wissensmessungen. Jüngere Kinder konnten Emotionen zwar unterscheiden, verwechselten jedoch häufig einzelne negative Ausdrücke. Erst mit zunehmendem Alter wurden ihre Urteile präziser. Besonders auffällig: In der Zuordnungsaufgabe stieg der Einfluss des konzeptuellen Wissens mit dem Alter signifikant an. Bei der Sortieraufgabe zeigte sich hingegen, dass Wahrnehmungsunterscheidung vor allem bei jüngeren Kindern eine Rolle spielte.

Die Kombination beider Aufgaben legt nahe, dass emotionale Beurteilung keine einheitliche kognitive Leistung ist, sondern durch verschiedene Teilprozesse getragen wird. Je nach Aufgabe und Kontext werden dabei unterschiedliche Strategien aktiviert – entweder eher wahrnehmungsbasiert oder wissensbasiert.

Emotionale Intelligenz ist beeinflussbar

Die Ergebnisse dieser Forschungsreihe liefern wichtige Erkenntnisse für die Entwicklungspsychologie, Emotionsforschung und Bildungspraxis. Sie zeigen, dass sich das Verständnis von Emotionen bei Kindern nicht nur durch sensorische Erfahrung, sondern in hohem Maße durch begriffliches Lernen, sprachliche Einbettung und kulturelle Prägung entwickelt. Die emotionale Kompetenz ist damit nicht nur biologisch verankert, sondern stark durch Umwelt und Erziehung beeinflussbar.

Für Eltern, pädagogische Fachkräfte und Bildungsinstitutionen bedeutet dies: Die Förderung emotionaler Kompetenzen sollte sich nicht ausschließlich auf die Erkennung von Mimik oder Körpersprache konzentrieren, sondern auch gezielt das Verständnis für emotionale Konzepte, deren sprachliche Bezeichnungen und deren soziale Kontexte einbeziehen.

Quelle:

Huang, S., Pollak, S. D. & Xie, W. (2025). Developmental shift from perceptual to conceptual processes in children’s emotion understanding. Nature Communications, 16, Artikelnummer: 6838.
https://www.nature.com/articles/s41467-025-62210-1

Universitäten:

  • Department of Psychology, Peking University, China
  • Department of Psychology, University of Wisconsin–Madison, USA

Gernot Körner




Kosmetikprodukte sollten nicht auf zarte Kinderhaut

Ein kritisches Licht wirft eine Kurzzeitstudie der Times auf einen besorgniserregenden Trend: Bereits Babys im Alter von sechs Monaten kommen in Kontakt mit Kosmetika, was große gesundheitliche Risiken birgt

Kinder lieben es, sich zu verkleiden, in Rollen zu schlüpfen und dabei manchmal auch das Verhalten von Erwachsenen nachzuahmen. Ob Prinzessin mit Lippenstift oder Tierpfleger mit Bartschatten – im Spiel ist fast alles erlaubt. Doch was harmlos beginnt, kann in der Realität problematisch werden, wenn Kosmetika mit potenziell schädlichen Inhaltsstoffen direkt auf empfindlicher Kinderhaut angewendet werden.

Eine aktuelle Kurzzeitstudie aus Schottland hat nun erstmals systematisch untersucht, wie verbreitet der Gebrauch von Kosmetikprodukten bei sehr kleinen Kindern ist – und welche Folgen er haben kann. Die Ergebnisse sind alarmierend.

Kosmetikprodukte auf Babyhaut – ein wachsendes Phänomen

Die Untersuchung wurde im Zeitraum von zwölf Monaten ab Januar 2024 an der Kinderklinik des Ninewells Hospital in Dundee (Schottland) durchgeführt. Befragt wurden über 60 Eltern, deren Kinder aus anderen medizinischen Gründen in dermatologischer Behandlung waren. Fast die Hälfte der Kinder war regelmäßig atypischen Kosmetikprodukten ausgesetzt – also Produkten, die nicht zur regulären Körperpflege zählen, wie Parfüm, Make-up oder Haarbleichmittel.

Die Bandbreite des Einsatzes war erstaunlich: Lipgloss bei sechs Monate alten Babys, Parfüm bei Einjährigen, temporäre Tattoos bei Vorschulkindern. In einem besonders drastischen Fall wurde ein einjähriges Mädchen mit künstlicher Bräune, Acrylnägeln, Haarentferner, Lippenstift und Parfüm behandelt – ein ganzer Schönheitskatalog auf einem kindlichen Körper.

Allergien und Hautreaktionen nehmen zu

Die Konsequenzen solcher Anwendungen zeigen sich in der dermatologischen Praxis: Laut den Studienautoren verzeichnen Allergieambulanzen eine steigende Zahl von Kindern mit allergischer Kontaktdermatitis – einer entzündlichen Hautreaktion, die mit Rötung, Juckreiz oder sogar Blasenbildung einhergehen kann.

Besonders problematisch: Die Haut von Babys und Kleinkindern ist deutlich dünner als die von Erwachsenen und nimmt chemische Substanzen schneller auf. Duftstoffe, Konservierungsmittel und andere Inhaltsstoffe, wie sie in vielen Kosmetika vorkommen, können bereits in kleinsten Mengen allergische Reaktionen auslösen.

Einige der verwendeten Produkte – etwa temporäre Tattoos oder Nagellacke – enthalten nachgewiesene Kontaktallergene wie Paraphenylendiamin oder Acrylate. Diese können nicht nur lokale Reizungen hervorrufen, sondern auch eine Sensibilisierung bewirken, die lebenslang bestehen bleibt.

Was Eltern motiviert

Warum Eltern ihren Kleinkindern derart früh Zugang zu Kosmetikprodukten ermöglichen, hat viele Gründe. Einige sehen darin ein „harmloses Spiel“ oder möchten den Kindern ein modisches Erlebnis bieten. Andere folgen unbewusst medialen Vorbildern, in denen Beauty-Tutorials und „Glow-ups“ längst zum Kinderalltag geworden sind.

Auch Marketing spielt eine Rolle: Inzwischen gibt es ganze Produktlinien, die sich gezielt an sehr junge Zielgruppen richten. Influencer-Kinder, Social-Media-Challenges und Eltern, die ihre Kleinen wie Mini-Erwachsene stylen, tragen zur Normalisierung bei – oft ohne Wissen über die Inhaltsstoffe oder gesundheitlichen Risiken.

Was können Eltern und Pädagog*innen tun?

Die Fachgesellschaft British Association of Dermatologists empfiehlt ganz klar: Weniger ist mehr – vor allem bei Kinderhaut. Während Pflegeprodukte wie milde Shampoos oder Sonnencreme notwendig und sinnvoll sind, sollten Kosmetika wie Make-up, Parfüm oder Nagellack in den ersten Lebensjahren tabu sein.

Das bedeutet jedoch nicht, dass Rollenspiele oder kreative Ausdrucksformen unterbunden werden müssen. Im Gegenteil: Viele Kinder haben Freude daran, sich zu schminken oder zu „verschönern“ – das gehört zum kindlichen Spiel- und Lernverhalten. Der entscheidende Punkt ist: Es braucht sichere Alternativen.

Kindgerechtes Schminken – aber bitte ohne Chemie

Anstatt echter Kosmetika lassen sich fantasievolle Alternativen nutzen: hautverträgliche Kinderschminke, Sticker, Masken oder wasserlösliche Malfarben. Auch Bastel- oder Rollenspiele, bei denen Kinder ihre eigenen „Pflegeprodukte“ herstellen oder anwenden dürfen – etwa aus Ton, Papier oder Naturmaterialien – bieten kreative und sichere Möglichkeiten.

Zudem lohnt es sich, mit Kindern (und Eltern) früh über Inhaltsstoffe, Werbung und Hautgesundheit zu sprechen – altersgerecht, aber ehrlich. Wer weiß, dass „Glow“ nicht auf Kosten der Gesundheit geht, wird vielleicht ganz von selbst kritisch auf die Lippenstiftflasche für Kleinkinder schauen.

Kosmetik gehört nicht auf Babyhaut

Was zunächst wie ein harmloses Spiel aussieht, kann ernsthafte gesundheitliche Folgen haben. Eltern, Erziehende und pädagogische Fachkräfte tragen gemeinsam Verantwortung dafür, Kinder nicht nur zu schützen, sondern sie auch stark und kritisch zu machen. Denn Schönheit beginnt nicht mit Lipgloss – sondern mit Wissen, Vertrauen und gesunder Haut.

Mehr zur Studie:

https://academic.oup.com/bjd/article/193/Supplement_1/ljaf085.286/8162027