Leipziger Buchmesse 2025 und Lesefestival „Leipzig liest“

Über 2.000 Veranstaltungen, Norwegen als Gastland und spannende Foren warten auf die Besucher

In zwei Wochen öffnet die Buchmesse in Leipzig wieder ihre Tore. In der Zeit vom 27. bis 30. März findet im Rahmen der Messe dann auch Europas größtes Lesefest „Leipzig liest“ statt. Mit über 2.000 Veranstaltungen und Beiträgen an mehr als 300 Leseorten wird Leipzig für kurze Zeit zum Literaturzentrum Deutschlands. Bekannte internationale Autoren, aber auch deutsche Prominente wie Sebastian Fitzek, Christoph Kramer, Peter Maffay und Lara Ermer sind mit dabei.

spielen und lernen mit kleinem Angebot

Da spielen und lernen mit seinen Schwesterverlagen Oberstebrink und Burckhardthaus keinen Platz im Kinderbuchbereich der Messe erhalten hat, sind wir lediglich am Gemeinschaftsstand des Bücherzauber e.V., Halle 3 A20, mit einem kleinen Angebot vor Ort. Aber natürlich sind uns auch hier alle Leserinnen und Leser herzlich willkommen. Auf der Buchmesse in Frankfurt werden wir dann in der Zeit vom 15. Bis 19. Oktober in Halle 3 wieder mit einem großen Stand, vielen Autoren, Veranstaltungen und vielen kleinen Überraschungen vor Ort sein.

Prominente Sprecher und Autoren live

Eine Neuheit auf der Buchmesse in Leipzig ist das Gesprächsforum „Mensch und KI: Schöne neue Welt?“ in Halle 5, in dem über die Auswirkungen Künstlicher Intelligenz auf verschiedene gesellschaftliche Bereiche diskutiert wird. Interessant dürfte auch die Audiowelt in Halle 2 sein. Hier kann das Publikum prominente Sprecher und Autoren live erleben und sich neues Audioproduktionen anhören.

Wichtige Angelegenheiten, welche die Gesellschaft beschäftigen, spricht das Forum „Offene Gesellschaft“ in Halle 5 an, in dem Teilnehmer aus den Bereichen Politik, Kultur, Wissenschaft, Aktivismus und Medien gemeinsam diskutieren.

Gastland Norwegen

Das diesjährige Gastland Norwegen bringt nach dem Motto „Traum im Frühling“ fast 50 Vertreter seiner vielfältigen Literaturlandschaft mit nach Leipzig. Neben zeitgenössischen Werken und den beliebten Kriminalromanen präsentieren diese auch Kinder- und Jugendliteratur sowie historische Erzählungen aus Norwegen. Auf der Buchmesse anzutreffen sein werden unter anderem Karl Pve Knausgard, Maja Lunde, Tomas Espedal, Johan Hardstad und viele weitere norwegische Autoren. Ein weiterer besonderer Gast ist die norwegische Kronprinzessin Mette-Marit, die das Gastland in Leipzig repräsentieren wird.

Die Manga-Comic-Con

Im Rahmen der Buchmesse findet neben dem Lesefest „Leipzig liest“ mit der Manga-Comic-Con wieder die bunteste Veranstaltung der Leipziger Messe statt, welche Manga-, Comic- und Animefans aus der ganzen Welt nach Leipzig zieht. Ein besonderes Highlight dieser Veranstaltung sind die kreativen Cosplayer, die bis zum 27. März ihre liebevoll gestalteten Outifts und Auftritte perfektionieren, um beim Leipziger Cosplay Wettbewerb (29. März) und der neuen Cosplay Performance Meisterschaft Deutschland (30. März) zu begeistern. Zudem werden auch hier besondere Gäste, wie die japanische Manga-Künstlerin Kamome Shirahama, erwartet.

Antiquariatsmesse

Für alle Buchliebhaber, die nicht immer die neuesten Bestseller brauchen, gibt es auf der 31. Leipziger Antiquariatsmesse in Halle 5 seltene Schätze und historische Exemplare. Seit ihrer Gründung 1995 hat sie sich zu einer der bedeutendsten Antiquariatsmessen in Deutschland entwickelt, organisiert von abooks.de. Eine Vielfalt von antiquarischen Büchern, Grafiken und Autographen sowie die beliebte Literaturmeile mit preiswertem Lesefutter lädt alle Interessierten zum Stöbern und Kaufen ein.

Der Preis für die Tageskarte beträgt 25 Euro (am Samstag 30 Euro), für die Dauerkarte 58 Euro. Die Eintrittskarten berechtigen am Besuchstag zur kostenlosen Hin- und Rückfahrt zum bzw. vom Messegelände mit dem MDV in der Tarifzone 110. Die Tickets können online erworben werden.

Weitere Informationen: www.buchmesse-leipzig.de

Quelle: Pressemitteilung Leipzig Tourismus und Marketing GmbH




An Ostern suchen wir jetzt die Heidehasen

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Lotte Bräuning: Das Wimmelbuch der Heidehasen

Ostern ist die Zeit des Suchens. Das gilt nun umso mehr seit „Das Wimmelbuch der Heidehasen“ erschienen ist. Denn jetzt geht es nicht mehr nur darum Eier und Nester aufzustöbern, sondern auf jeder vielgestaltigen Seite zu entdecken, was die Hasen in Obereidorf so machen. Für ihr Buch hat sich die Illustratorin Lotte Bräuning von einer Geschichte des berühmten Kinderbuchautors James Krüss inspirieren lassen.

In dieser Geschichte darf die Hasenprinzessin nicht ihren Liebsten, sondern muss den Gewinner eines Musikwettbewerbs heiraten. Damit es doch noch zu einem guten Ende kommt, müssen einige Hürden gemeistert werden.

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Dass in Obereidorf jede Menge los ist, bekommt der Betrachter auf jeder Doppelseite zu sehen. Dabei geht es im wahrsten Sinne des Wortes bunt zu. Es wimmelt eben. Überall geschieht etwas. Dabei intergieren viele Akteure miteinander und stehen so in Beziehung. Es geschieht Alltägliches, Spannendes und viel Witziges Da liefert etwa ein Hase ein Hasenklo, auf dem als Piktogramm Hasenköttel abgebildet sind. An anderer Stelle holen sich die Nachteulen schnell noch ein Buch von der „Tauschkiste“. Oder ein Eichhörnchen fliegt auf einer Wildgans. Und hie und da spitzen Fuchs und Wolf hervor.

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Lotte Bräuning hat in ihrem Buch alle Register eine ausgezeichneten Wimmelbuchs gezogen. Die Kinder haben viel Freude beim Betrachten der bunten Szenen. Es gilt viel zu entdecken, wieder zu entdecken und zu besprechen. Und schließlich geht es doch auch darum zu erfahren, wie die Geschichte der Hasenprinzessin und ihrem Liebsten zu Ende geht.

Gernot Körner

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Das Wimmelbuch der Heidehasen

James Krüss (Autor)
Illustration: Bräuning, Lotte
Hardcover, 32 Seiten
2025 | 1. Auflage
Atrium Verlag AG
ISBN: 978-3-85535-191-6
14 Euro




Was ein gutes Spielzeug auszeichnet

Drei Lehren aus den zehn Jahren der TIMPANI-Spielzeugstudie

„Weil mir das gefällt“ ist wohl die ungünstigste Begründung, die ein Erwachsener für die Auswahl eines Spielzeugs geben kann. Schließlich sollte es bei der Entscheidung eher darum gehen, welches Spielzeug Kinder am meisten anregt. Doch selbst für pädagogische Fachkräfte ist dies oft nicht einfach. Auf Fachmessen lässt sich diese Unsicherheit deutlich beobachten. Die Empfehlungen zahlreicher Hersteller und deren vollmundige Produktversprechen tragen dabei nicht zur Klarheit bei. Im Gegenteil: Die Kluft zwischen den Aussagen vieler Hersteller und den praktischen Erfahrungen in Bildungseinrichtungen hat zu einem erheblichen Maß an Misstrauen geführt. Hinzu kommen die ernüchternden Ergebnisse zahlreicher Bildungsstudien wie PISA oder IGLU, die trotz einer Fülle an Lernspielen kaum Fortschritte zeigen.

Eine hilfreiche Orientierung

Eine hilfreiche Orientierung bei der Auswahl von geeignetem Spielzeug bieten die Forschungsergebnisse des Center for Early Childhood Education der Eastern Connecticut State University seit 2019. In der TIMPANI-Studie (Toys that Inspire Mindful Play And Nurture Imagination) untersuchten Wissenschaftler*innen über einen Zeitraum von zehn Jahren mehr als 100 Spielzeuge in Kindertageseinrichtungen. Ziel der Studie war es, Spielzeuge zu identifizieren, die Kinder am besten zu intellektuellen, kreativen, sozialen und sprachlichen Interaktionen anregen. Jedes Jahr wurde eine neue Auswahl von Spielzeugen in den Gruppenräumen verteilt, während das Spielverhalten der Kinder aufgezeichnet und anschließend mit einem wissenschaftlichen Instrument analysiert wurde (Trawick-Smith, Russell, & Swaminathan, 2010).

Drei wesentliche Merkmale

Im Laufe der Studie kristallisierten sich drei wesentliche Merkmale heraus, die dafür sorgen, dass Spielzeug hochwertiges Spiel fördert:

  1. Je einfacher, desto besser:
    Viele moderne Spielzeuge sind mit zahlreichen Funktionen und Effekten ausgestattet – sie machen Geräusche, leuchten oder sprechen. Solche Spielzeuge dienen oft mehr der Unterhaltung als dem eigentlichen Spiel. Die Studie zeigte jedoch, dass einfaches Spielzeug zu abwechslungsreicherem und intensiverem Spiel anregt. So führte beispielsweise eine schlichte Registrierkasse aus Holz zu lebhaften Gesprächen über das Kaufen und Verkaufen, während eine Plastikkasse mit Geräuscheffekten die Kinder meist nur zum wiederholten Drücken der Knöpfe animierte. Ähnlich verhält es sich mit sprechenden Puppen: Während einfache Puppen die Fantasie der Kinder herausfordern, begrenzen interaktive Puppen diese eher.
  2. Vielfältige Möglichkeiten und offenes Ende:
    Spielzeuge, die genau vorgeben, wie mit ihnen zu spielen ist – wie Brettspiele oder Puzzles – haben ihren pädagogischen Wert. Sie fördern das Lösen von Problemen, das Einhalten von Regeln und das Abwechseln. Doch die TIMPANI-Studie zeigte, dass insbesondere offene und flexible Spielzeuge die Kreativität der Kinder beflügeln. So wurden einfache Hartholzklötze in der Studie zu Häusern, Zoogehegen, Burgen und vielem mehr. Einzelne Klötze wurden zu Handys, Autos oder Sandwiches. Spielzeuge mit offenem Ende hielten die Aufmerksamkeit der Kinder zudem meist deutlich länger aufrecht.
  3. Weniger Realismus fördert mehr Fantasie:
    Realistische Nachbildungen von Alltagsgegenständen können zwar ansprechende Rollenspiele fördern. Ein Plastikgeschirr etwa regt dazu an, Mahlzeiten für Gleichaltrige oder Erwachsene zu simulieren. Doch laut der Studie ist das Spiel umso wertvoller, je weniger realistisch das Spielzeug ist. Ein einfacher Bauklotz etwa fordert die Kinder dazu heraus, selbst zu entscheiden, was sie erschaffen möchten, und ihre Ideen den Spielkamerad*innen zu vermitteln. Diese Art des Spiels führt zu komplexen Problemlösungen, fördert die Kreativität und sorgt für reichhaltige Interaktionen und Gespräche unter den Kindern.

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Armin Krenz: Spiel und Selbstbildung – Kitas brauchen eine pädagogische Revolution

Wenn der Bedeutung des Spiels kaum noch eine Beachtung geschenkt wird, hat dies gravierende Folgen für die Persönlichkeits- und Lernentwicklung der Kinder und damit auch auf die zukünftige gesellschaftliche Entwicklung des Landes. In dieser Veröffentlichung werden fachliche Grundlagen vorgestellt, um das SPIEL wieder verstärkt in die Elementarpädagogik zu integrieren. Das gelingt nur mit einer aktiven, lebendigen, authentisch gestalteten SPIELPÄDAGOGIK und spielfreudigen kindheitspädagogischen Fachkräften.

Softcover, 176 Seiten, 21 x 14,8 cm, ISBN 978-3-96304-616-2, 22 €


Besonders wirkungsvolle Spielzeuge laut Studie

Die Forscher*innen identifizierten zwei Spielzeugarten, die sich als besonders wertvoll erwiesen:

  • Konstruktionsspielzeug:
    Spielzeuge wie Hartholzklötze, Legos und andere Bauteile, die auf vielfältige Weise zusammengesetzt werden können, schnitten in jedem Jahr der Studie hervorragend ab. Die besten Konstruktionsspielzeuge für Kindergartenkinder sind solche ohne feste Vorgaben, die ausreichend Teile bieten, um unterschiedliche Bauideen umzusetzen.
  • Nachgebildetes Spielzeug:
    Figuren wie kleine Menschen, Tiere oder Fahrzeuge schnitten ebenfalls gut ab. Beim Spielen mit diesen Spielzeugen entwickelten die Kinder ausgefeilte Szenarien, führten intensive Gespräche und spielten kooperativ mit anderen Kindern.

Die TIMPANI-Spielzeugstudie:

TIMPANI steht für Toys that Inspire Mindful Play And Nurture Imagination (Spielzeug, das achtsames Spielen fördert und die Fantasie anregt). Die Studie wurde von 2010 bis 2019 durchgeführt und untersuchte Spielzeug für Kinder im Kindergartenalter. Dabei wurden auch Unterschiede in der Spielqualität in Bezug auf Alter, Geschlecht, ethnische Zugehörigkeit und sozioökonomischen Hintergrund analysiert. An der Durchführung der Studie waren über einen Zeitraum von zehn Jahren 26 Studierende der Eastern University beteiligt.

Weitere Informationen zur Studie finden Sie hier: TIMPANI-Studie

Quelle: Handout TIMPANI-Studie




Neuer Studiengang „Lehramt Grundschule“ in Lübeck

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Neuer Bachelor of Arts „MusikPlus“ für das Lehramt Grundschule

Die Musikhochschule Lübeck (MHL) nimmt ab sofort Bewerbungen für den neuen Bachelor of Arts „MusikPlus“ für das Lehramt Grundschule entgegen. Dieser wird in Lübeck ab Wintersemester 2025/26 erstmals angeboten. Interessierte können sich online am 13. März sowie in der MHL am 22. März über Inhalte, Berufsperspektiven und Voraussetzungen für den Studiengang informieren. Dieser hat bundesweit einige Alleinstellungsmerkmale aufzuweisen, wie einen einzigartigen Schwerpunkt auf Elementarer Musikpädagogik und Sozialer Arbeit. Bewerbungsschluss ist der 1. April 2025.

Ein neuer Studiengang bereitet Lübecker Studierende erstmals auf das Berufsfeld der Grundschullehrkraft Musik vor

Der sechssemestrige Studiengang mit dem Abschluss „Bachelor of Arts“ ist in seiner Konzeption einmalig in Deutschland: Die Schwerpunkte „Elementare Musikpädagogik“ (EMP) und „Soziale Arbeit“ ermöglichen den Studierenden eine intensive künstlerische und pädagogische Ausbildung für die musikalische Arbeit mit Kindern mit einem besonderen Fokus. Im darauffolgenden Masterstudiengang werden die grundschulbezogenen Studieninhalte vertieft und auf den Musikunterricht bezogen. Die Studierenden werden außerdem befähigt, neben Musik auch Mathematik und Deutsch zu unterrichten und eine eigene Klasse zu leiten. Durch die frühe Verzahnung von Theorie und Praxis erhalten die Studierenden einen vertieften Einblick in die Schulrealität.

Musikalische Bildung in der Grundschule ist von besonders nachhaltiger Wirkung

„Musikalische Bildung in der Grundschule ist von besonders nachhaltiger Wirkung. Dabei haben Musiklehrkräfte eine Schlüsselrolle: Sie können einprägsame Situationen der Begegnung von Kind und Musik inszenieren, entscheidende Impulse für musikbezogene Lernprozesse geben und Kindern damit langfristig kulturelle Teilhabe ermöglichen.“ Das sagt die Grundschulmusikpädagogin Dr. Anna Unger-Rudroff. Sie hat das Konzept des neuen Studiengangs Bachelor of Arts „MusikPlus“ für die Grundschule inhaltlich ausgestaltet.

Schwerpunkt Elementare Musikpädagogik

Durch einen Schwerpunkt auf „Elementarer Musikpädagogik“ will die MHL Synergien mit der Grundschulmusik nutzen: Beide Fachbereiche fördern mit Spiel, Improvisation und der Verbindung von Musik und Bewegung Kinder in ihrer ganzen Persönlichkeit. Marno Schulze, Professor für Elementare Musikpädagogik, erläutert: „Die Elementare Musikpädagogik ermöglicht es Lübecker Studierenden, ein eigenes künstlerisches Profil zu entwickeln und sich dadurch auf neue Weise mit kindlichen Zugängen zur Musik zu beschäftigen.“ Damit können spätere Musiklehrkräfte zum Beispiel über den Kernunterricht hinaus, Projekte im schulischen AG-Bereich realisieren und ihren Unterricht dabei besser an die schulische Realität anpassen. Mit einem weiteren Fokus auf „Soziale Arbeit“ werden Studierende optimal auf die Berufsrealität und die Arbeit in multiprofessionellen Teams an Grundschulen vorbereitet. Sie lernen frühzeitig inner- und außerschulische Unterstützungssysteme kennen. Sie können dadurch Heranwachsende von Beginn an über das Fach Musik hinaus in ihrer Entwicklung begleiten und stärken.

Mangel an Musiklehrkräften entgegenwirken

Mit dem neuen Bachelor of Arts „MusikPlus“ Grundschule will die MHL dem allgemeinen Mangel an Musiklehrkräften entgegenwirken und junge Menschen für die musikalische Arbeit mit Kindern begeistern. Künstlerische, pädagogische und wissenschaftliche Kompetenzen werden praxisnah vermittelt. Nach einer umfassenden Einführung in die Musikpädagogik im Bachelor liegt im Master der Schwerpunkt auf Musikdidaktik der Grundschule und den fachwissenschaftlichen und fachdidaktischen Studieninhalten aus den Fächern Mathematik und Deutsch.

Wer sich für diese ungewöhnlich tiefgehende musikalische Ausbildung für das Grundschullehramt interessiert, kann sich bei einer Online-Infoveranstaltung am Donnerstag, 13. März ab 18 Uhr weiter informieren. Eine Infoveranstaltung in Präsenz findet am Samstag, 22. März ab 15 Uhr in der MHL statt. Die Anmeldung per E-Mail für beide Veranstaltungen ist erforderlich über mhl.lehramt@mh-luebeck.de. Der Bewerbungsschluss für den Studienstart im Wintersemester 2025 ist der 1. April.

Weitere Infos unter www.mh-luebeck.de (https://www.mh-luebeck.de/bewerbung/bachelor-of-arts-musikplus-grundschule/).

Susanne Pröpsting Pressestelle, Musikhochschule Lübeck

Quelle: Pressemitteilung Informationsdienst Wissenschaft e. V. (idw)




Mental gesund in der Schule

Mithilfe einer neuen digitalen Plattform sollen Lehrkräfte bei mentalen Problemen ihrer Schülerinnen und Schüler unterstützt werden

Lehrkräfte nehmen oft wahr, wenn ein Kind mentale Probleme hat. Mithilfe einer neuen digitalen Plattform sollen sie dabei unterstützt werden, in solchen Fällen schnell und richtig zu handeln – und damit die mentale Gesundheit junger Menschen zu verbessern. Der Verein zur Förderung des Forschungs- und Behandlungszentrums für psychische Gesundheit (FBZ) der Ruhr-Universität Bochum will eine Intervention entwickeln, die später auch in anderen Regionen Deutschlands nutzbar ist. Die Brost-Stiftung fördert das Projekt „Mental gesund in der Schule: Digitale Hilfen für Lehrkräfte“ mit 150.000 Euro.

Innerhalb von zwei Jahren wird das Projektteam das digitale Angebot konzipieren. Dort sollen Lehrkräfte methodisch zugeschnittenes Wissen über psychische Störungen erhalten und ihre Handlungskompetenzen in diesem Bereich erweitern. „Wir möchten konkrete Hinweise geben, wie Lehrkräfte Schülerinnen und Schülern mit emotionalen oder Verhaltensauffälligkeiten im Schulalltag am besten begegnen können“, erklärt Projektkoordinatorin Dr. Kathrin Schopf aus dem FBZ. Über die digitale Plattform erfahren Lehrkräfte außerdem, wie sie ihre mentale Gesundheit stärken können – ebenso wie die ihrer Schülerinnen und Schüler. „Wir sind überzeugt, dass sich dieses Vorgehen mittel- und langfristig positiv auf die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen auswirkt“, betont Kathrin Schopf.

Deutschlandweites Angebot

An ausgewählten Schulen fragen die Psychologinnen und Psychologen zunächst ab, welche Faktoren Lehrkräfte in ihrem Alltag als besonders belastend empfinden. Diese Angaben fließen in die inhaltliche Gestaltung der digitalen Plattform ein. Das Angebot kann später deutschlandweit möglichst vielen Schulen zugutekommen – insbesondere in städtischen Ballungsräumen, die große Herausforderungen für die mentale Gesundheit von Kindern und Jugendlichen mit sich bringen. Schon seit knapp zwei Jahren führt das FBZ-Team im Bochumer Stadtteil Wattenscheid-Mitte das Projekt „Urban Mental Health“ durch, das dem Deutschen Zentrum für Psychische Gesundheit (DZPG) zugeordnet ist und von Dr. Lukka Popp koordiniert wird. Die hier entwickelten Interventionen und Erfahrungswerte fließen in die Entwicklung der digitalen Plattform ein.

Die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen ist von höchster gesellschaftlicher Relevanz. 75 Prozent aller psychischen Störungen beginnen bis zum jungen Erwachsenenalter; mit 14 Jahren haben bereits 50 Prozent der Betroffenen die erste psychische Störung entwickelt. Im weiteren Verlauf entstehen daraus in vielen Fällen krankheitsbedingte Fehltage und spätere Frühverrentungen.

Verein zur Förderung des FBZ

Seit 2018 gibt es den gemeinnützigen Verein zur Förderung des Forschungs- und Behandlungszentrums für psychische Gesundheit (FBZ). Ziel ist es, die Arbeit des FBZ in Behandlung, Lehre und Wissenschaft zu unterstützen. Der Verein unterstützt Patientinnen und Patienten im Rahmen einer Behandlung ebenso wie Kontakte zu externen Organisationen und Forschenden. Darüber hinaus unterstützt er Konferenzen und Bildungsangebote im Arbeitsbereich des FBZ.

Webseite des FBZ: https://fbz-bochum.de/

Meike Drießen Dezernat Hochschulkommunikation, Ruhr-Universität Bochum




Autismus weiterdenken – vielfältiger, vielschichtiger und inklusiver

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Eine frühere Diagnose und ein besseres Verständnis des Verlaufs können zu wirksameren Interventionen führe

Autismus ist nicht heilbar, aber eine frühere Diagnose und ein besseres Verständnis des Verlaufs können zu wirksameren Interventionen führen. Bei der 16. Wissenschaftlichen Tagung Autismus-Spektrum (WTAS) stellten Expertinnen und Experten aus Klinik und Wissenschaft in der Neuen Universität in Heidelberg neueste Erkenntnisse vor. Gastgeber war die Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie des Universitätsklinikums Heidelberg (UKHD). Zu einem praxis- und alltagsnahen Austausch haben auch Menschen mit Autismus und deren Angehörige sowie Autismusberatende an Schulen beigetragen.

„Die Forschung zu Autismus ist heute vielfältiger, vielschichtiger und inklusiver als noch vor wenigen Jahren. Sie berücksichtigt nicht nur die biologischen und genetischen Aspekte, sondern auch die sozialen, kulturellen und individuellen Dimensionen des Lebens mit Autismus,“ sagt Prof. Dr. Luise Poustka, Ärztliche Direktorin der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie des Universitätsklinikums Heidelberg und Tagungspräsidentin der Wissenschaftlichen Tagung Autismus-Spektrum (WTAS). „Autismus weiterdenken!“ lautet demnach das Tagungsmotto. Mit etwa 300 Teilnehmenden war die WTAS die größte Fachtagung zu Autismus im deutschsprachigen Raum. Sie fand zum 16. Mal und erstmals in Heidelberg statt, auf Einladung der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie des Universitätsklinikums Heidelberg und der Wissenschaftlichen Gesellschaft Autismus-Spektrum.

Forschende gehen von 1 bis 1,2 Prozent Autismus-Betroffenen weltweit aus. Die genetisch bedingte tiefgreifende Entwicklungsstörung kann sich in vielen Varianten ausprägen: Jeder zweite Mensch mit der Diagnose Autismus ist geistig beeinträchtigt. Nur jeder fünfte kommt allein zurecht. Daneben gibt es aber auch Betroffene, die überwiegend selbständig leben, im sozialen und kommunikativen Bereich aber dennoch Unterstützung benötigen. Langzeituntersuchungen der letzten Jahre haben gezeigt, dass sich die Symptomatik nicht nur individuell unterscheidet, sondern sich auch im Laufe des Lebens verändern kann: Während einige Betroffene Verbesserungen ihrer Fähigkeiten erleben, bleibt der Zustand bei anderen weitgehend stabil oder verschlechtert sich in manchen Fällen sogar.

Frühere Diagnose ermöglicht bessere Unterstützung

Je früher die Diagnose Autismus gestellt werden kann, desto mehr Chancen gibt es unterstützend zu intervenieren. Eltern können mit ihren Kindern dann bereits sehr früh an speziellen Programmen zur besseren sozialen Anpassung, Kommunikation und sozialen Integration teilnehmen. Bislang ist die Diagnose erst bei Zwei- bis Dreijährigen sicher zu stellen. Forschende arbeiten deshalb international daran, eine sichere Diagnose bereits sehr viel früher zu ermöglichen. In Heidelberg baut Luise Poustka mit ihrem Team am Zentrum für psychosoziale Medizin ein neuartiges Präventions- und Früherkennungszentrum auf, in dem sie Kinder mit familiär bedingtem genetischem Risiko im frühen Kindesalter auf autistische Merkmale untersuchen und therapeutisch unterstützen möchte. Kinder, die bereits ältere Geschwister mit Autismus haben, brauchen dabei eine besonders engmaschige Überprüfung ihrer Entwicklung.

In der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie des UKHD erforscht Arbeitsgruppenleiter Prof. Dr. Dr. Peter Marschik frühe Bewegungsmuster und die Sinneswahrnehmung von Kleinkindern bereits in ihren ersten Lebensmonaten, um daraus Rückschlüsse auf mögliche Autismus-Spektrum-Störungen zu ziehen. Dies passiert nicht nur im klassischen Forschungslabor. Marschik fährt auch direkt zu den Eltern. Hierzu nutzt er das „Phenomobil“, ein mobiles Labor zur Erforschung der frühkindlichen Entwicklung. Mit sieben Kameras, Mikrofonen und weiteren Sensoren kann er darin Bewegungen, Geräusche, jedes kleine Lächeln und soziale Reaktionen der Babys erfassen und mithilfe von Künstlicher Intelligenz mit den Reaktionen gesunder Kleinkinder vergleichen.

„Den typischen Autisten gibt es nicht!“

Dr. Martin Schulte-Rüther fokussiert sich in seiner Arbeit an der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie des UKHD darauf, über die Körpersprache und den Blick von Kindern und Jugendlichen soziales Verhalten zu messen. Menschen im Autismus-Spektrum verstehen ihre Umwelt oft in einer anderen Art und Weise als gesunde Menschen. „Sie empfinden ihre Umgebung häufig als Chaos“, schreibt der Selbsthilfeverein Autismus Nordbaden-Pfalz. „Dies kann zu Veränderungsängsten, Panikzuständen oder dem totalen Rückzug in sich selbst, zu Sprachlosigkeit oder verschiedenen anderen Verhaltensauffälligkeiten führen.“ Häufig vermeiden Menschen mit Autismus Blick- und Körperkontakt, und ihre Emotionen sind schwer aus ihrer Miene oder ihren Gesten zu lesen.

Den „typischen Autisten“ gibt es jedoch nicht, denn die Ausprägungen sind zu variantenreich. Um Schülerinnen und Schüler sowie Eltern zu beraten, und Kinder und Jugendliche mit autistischen Störungen im Unterricht zu unterstützen, hat das Staatliche Schulamt Mannheim eine mobile Autismusberatung eingerichtet, die bei Fragen etwa zum Übergang in die weiterführende Schule, zur Leistungsbewertung oder in Krisen berät. Gerald Brandt ist hier im Bereich der beruflichen Schulen tätig. „Ich versuche zu erreichen, dass autistische Schülerinnen und Schüler nicht an persönlichen oder schulorganisatorischen Barrieren scheitern, sondern mit den richtigen Hilfen ihren eigenen Weg gehen können,“ beschreibt Brandt seine Arbeit. Dabei unterstützen die Autismusberatenden auch Mitschülerinnen und Mitschüler sowie Lehrkräfte, damit in der Schule autistische Verhaltensweisen als Teil der schulischen Vielfalt wahrgenommen und akzeptiert werden können.

SAP: Menschen mit Autismus in den Berufsalltag integrieren

Um Menschen mit Autismus auch in ihrem Berufsalltag zu unterstützen, hat das Softwareunternehmen SAP das Programm „Autism at Work“ ins Leben gerufen. Programm-Managerin Stefanie Lawitzke hilft Menschen aus dem autistischen Spektrum etwa beim Bewerbungsprozess oder prüft, ob der Job oder das Team zum Bewerbenden passen. Dabei gewinnen beide Seiten: Menschen mit Autismus haben häufig ein Spezial-Interesse, beispielsweise IT-Sicherheit, in dem sie sehr gute Leistungen bringen. Und das Team profitiert von Regelungen, die Menschen aus dem autistischen Spektrum besonders wichtig sind, wie pünktlich beginnenden Meetings oder festen Protokollen.

Jens Neus Unternehmenskommunikation, Universitätsklinikum Heidelberg

Quelle: Pressemitteilung Informationsdienst Wissenschaft e. V. (idw)




Kreativität – ein bedeutsamer Begriff im freien Fall in die Bedeutungslosigkeit

Ein großes Wort, von dessen ursprünglicher Bedeutung in der Praxis kaum etwas übriggeblieben ist

Der Begriff „Kreativität“ ist aus der heutigen Pädagogik nicht mehr wegzudenken. Er begegnet uns täglich in Gesprächen mit Erzieher*in­nen, die in Kindertagesstätten arbeiten und findet sich ebenso in Konzeptio­nen elementarpädagogischer Einrichtungen wie in formulierten Lernzie­len innerhalb der Jugendarbeit wieder. Dem ist auch grundsätzlich nichts entgegenzuhalten. Im Gegenteil: in allen Lebensbereichen ist Kreativität immer dann erforderlich, wenn gewohnte Problemlösungen nicht ausreichen, um ein anvisiertes Ziel zu erreichen oder bestimmte Aufgabenstellungen völlig neue Handlungsstrategien erforderlich machen.

Was hingegen vielmehr bei Kreativitätsforscher*innen eine zunehmend große Nachdenklichkeit provoziert, ist die Tatsache, dass einerseits viele pädagogische Fachkräfte zwar „kreative Erziehung“ propagieren und gleichzeitig davon überzeugt sind, Kreativität bei Kindern durch bestimmte Werk- oder Baselangebote zu fördern. Andererseits wurde dieser Begriff wie kaum ein zweiter „Entwicklungs- und Lernbereich“ in der Pädagogik soweit zurechtgeschnitten und didaktisch gekürzt, dass kaum noch – wenn überhaupt – etwas von sei­nem grundlegenden Ursprung übriggeblieben ist. Ja, der Begriff „Kreativität“ ist oft nicht mehr als eine inhaltsleere Worthülse, die heimlich, still und leise ein verkümmertes Dasein vor sich hinfristet und dem in vielen Fällen schon der Todesstoß versetzt wurde, ohne dass es öffentlich bemerkt oder deutlich thematisiert wurde.

Es besteht kein Zweifel, dass Kreativität die wichtigste menschliche Ressource überhaupt ist. Ohne Kreativität gäbe es keinen Fortschritt und wir würden ewig die gleichen Muster wiederholen.

Edward de Bono 

Ausgangspunkt

Kinder brauchen eine Kita-Pädagogik und eine selbstbildungsförderliche Entwicklungsbegleitung, um lebensbedeutsame Fähigkeiten zu er­werben, Begebenheiten und Situationen ihres ­gegenwärtigen Lebens verstehend nachvollziehen und ebenso Ereignisse künftigen Lebens bewältigen zu können: durch situationsangemessenes und autonomes Fühlen, sachkompetentes Handeln und ein sinngebendes Denken. Es soll an dieser Stelle nicht weiter auf die Begriffe „Kom­petenz“ und „Autonomie“ eingegangen werden, bis auf die Anmerkung, dass emotionale, soziale, motorische und kognitive Fähigkeiten (= Kompetenzen) notwendig sind, um selbstständig (=autonom) und unabhängig handeln zu können. Und selbstverständlich bedarf es dazu eines großen Anteils an „Kreativität“, denn sie ist es letztlich, die vor allem das Maß eines individuell passgenauen, selbstständigen und unabhängigen Handelns mitbestimmt.

  • Sehen und hören, was wirklich ist, nicht: was sein sollte;
  • sagen, was die Person wirklich denkt, nicht: was sie denken sollte;
  • fühlen, was die Person wirklich fühlt, nicht: was sie fühlen sollte;
  • fordern, was die Person möchte, nicht: immer erst auf eine Erlaubnis des Gegenübers zu warten;
  • Risiken eingehen, ohne sich immer erst abzusichern).

Die fünf Freiheiten des Menschen, Virginia Satir

Zunächst einmal kann es leicht passieren, dass Leser*innen zu diesen von Satir benannten Freiheiten zustimmend nicken und glauben, eine Pädagogik in ihrer Einrichtung zu realisieren, die diesem Anspruch entspricht. Doch wenn wir einmal anfangen, diese Postulate mit Beispielen zu füllen, dann kann es schon im Vergleich von Anspruch und Wirklichkeit etwas anders aussehen und die Zustimmung leiser werden.

Sehen und hören, was wirklich ist

Die Realität, in der Kinder leben, die für Kinder wichtigen Kleinigkeiten und großartigen Dinge, die Kinder sehen und hören, wahrzunehmen: die tollen Pfützen, in denen man herumspringen kann, zum Mithüpfen zu verstehen; den Dreck, der so herrlich auf Wegen/ Parkflächen verschmiert werden kann, als großflächige Bildnisfläche anzusehen; Farben, die ganze Räume ausfüllen, staunend zu bewundern und lautes Schreien, das den Kindern Freude macht, aufzugreifen und eine Spielhandlung daraus zu entwickeln; eigene Körperlichkeit, die durch Anschauen und Vergleichen er­fahrbar wird und Kinder ins Staunen und Begreifen führt, als eine identitätsfindende Neugierde zu akzeptieren; schlürfen und auch mal schmatzen beim Essen zu akzeptieren, um erstaunte Gesichter der Erwachsenen zu provozieren und Kinderlachen, was manchen Erwachsenen in dieser Intensität häufig schwerfällt, zu unterstützen.

Sagen, was ich denke

Die Realität, Worte der Kinder stehen lassen zu können, ohne mit moralisierenden Kommentaren zu versehen: die „neue“ Sprache der Kinder staunend und selbstlernbereit verstehen zu wollen; die alten „schmutzigen“ Wörter auch mal mit Humor anzunehmen, deren Gebrauch gerade deswe­gen für Kinder so reizvoll ist, weil sich Erwachsene im Kreislauf vergangener, normgeprägter Zei­ten bewegen und immer noch aufgeregt und verärgert darauf reagieren.

Fühlen, was ich wirklich fühle

Die Realität der Gefühle von Kindern, die sich ärgern und laut schimpfen und damit etwas zum Ausgleich ihres Ärgernisses im Sinne psychohygienischer Entspannung tun, zu verstehen und mit Kindern gemeinsam zu überlegen, wie der Ärger/ die Wut runtergefahren werden kann; traurig sein und herzhaft weinen, weil es entlastet und befreit, ohne Kinder sofort von der Trauer wegführen zu wollen; sich freuen und laut lachen, ohne sich einzukriegen, vor lauter Freude im Zimmer herumren­nen und Gefühle in Bewegung umsetzen, um weiter mit Kindern an ihrem Glück teilzuhaben.

Fordern, was ich möchte

Sich für eigene Vorstellungen aktiv einzusetzen, statt eigene Bedürfnisse zurückzustellen und unterwürfig zu fra­gen, ob es möglich wäre, dieses oder jenes eventuell machen zu dürfen. Risiken eingehen – über Grenzen hinwegdenken, Gewohnheiten infrage stellen, Bekanntes verwerfen und einfach ausprobieren, um das eigene Erfahrungs- und Erkenntnisspektrum immer wieder aufs Neue zu erweitern.

Um gleich zu Anfang einem Missverständnis entgegenzuwirken: Es geht nicht darum, grundsätzlich immer und überall den Wünschen und Vorstellungen von Kindern nachzukommen! Vielmehr geht es um die Realität und die Bedeutungswerte von Aus­sagen, die in ihrer Praxis so oder ähnlich aussehen.


Elementarpädagogische Grundsätze auf den Punkt gebracht

Dieses Buch ist vollgepackt mit den PowerPoint-Präsentationen und Seminarunterlagen von Dr. Krenz, die sich in zahllosen Vorträgen und Weiterbildungen bewährt haben. Sie vermitteln kurz und prägnant das Wesentliche für die pädagogische Praxis und stützen sich dabei auf neueste wissenschaftliche Erkenntnisse. Mit seinem Buch unterstützt Armin Krenz pädagogische Fachkräfte dabei, aktuelles Wissen in die Praxis umzusetzen. 

336 Seiten, 14,8 x 21 cm, ISBN: 9783963046131, 29,95 €


Kreativität bewegt sich zwischen den Eckwerten „neu“, „anders“, „schöpferisch“, „flexibel“, „etwas selbst (er)finden“, „eigene Potenziale suchen und finden, nutzbar zur Verfügung haben und brauchen“, „Offenheit“, „originell“, „von Gewohntem abweichend“, „ausprobieren“ und „un­gewöhnlich“. Das heißt doch nichts anderes, als sich in der Welt so zu bewegen, dass Menschen, die kreatives Handeln zeigen, nicht durch gewohntes und übliches, bekanntes Verhalten „auffallen“, sondern durch ihre neuen Aktivitäten, die sich vom Üblichen absetzen, ins Blickfeld geraten; sich nicht auf einer immer wieder in gleicher Weise benutzten Autobahn (Lebensweg) befinden, sich zwischen den Leitplanken (Normen) bewegen und alle Verkehrsschilder (Ge- und Verbote) exakt ein­halten, nur dort anhalten, wo Rastplätze (vorgegebene Ruhepausen) eingerichtet sind und vorhandene Ausfahrten (Ausweichmöglichkeiten) ein Verlassen gerader Wege erlauben. Kreative Menschen fallen auf, gerade weil sie eigene Lösungsmöglichkeiten suchen.

Kreativität ist, wenn einem bei dem, was einem auffällt, etwas einfällt.

Gerhard Uhlenbruck

Bleiben wir noch ein wenig bei dem Begriff „Kreativität“ und bei den ihr zugrunde liegenden Verhaltensweisen, dann zeichnen sich kreative Menschen durch folgende Merkmale aus:

  • Auch schwierige Probleme werden als solche wahrgenommen, aufgegriffen und nicht missachtet.
  • Auseinandersetzungen mit möglichen Problemlösungen werden handelnd und probierend erfahren, ohne durch die Suche nach nur einer Lösung möglichst schnell fertig werden zu wollen.
  • Neugierdeverhalten ist der Motor, festgefügte Handlungs- und Denkformen, die immer wieder ein gleiches Denk- und Handlungsmuster vorgeben, zu überschreiten.
  • Aufgeschlossenheit der sozialen, materiellen und situativen Umwelt gegenüber erfordert Mut und Selbstbewusstsein; sie lassen den Vorstoß ins Neue letztlich zu. Wo diese beiden Merkmale nicht zur Persönlichkeitsstruktur gehören, kann Kreativität nicht wachsen ­– weder bei der pädagogischen Fachkraft noch bei den Kindern.
  • Energie beflügelt die Seele, aus bekanntem Wissen neue Kombina­tionen zu bilden.

Das wahre Zeichen der Intelligenz ist nicht Wissen, sondern Phantasie. 

Albert Einstein

Es wird nicht überraschen, wenn an dieser Stelle die These aufgestellt wird, dass selbstverständlich nur kreative Fachkräfte auch Impulse zur Förde­rung der Kreativität bei Kindern geben können. Nur wenn aufseiten der Fachkräfte selbst die Voraus­setzungen zur Kreativität gegeben sind wie zum Beispiel

  • eine offene Haltung gegenüber der Umwelt, demgegenüber aber viele Fachkräfte kollegiale Differenzen nicht offen austragen oder die massive Veränderung der Umwelt nur bruchstückhaft wahrnehmen, Eltern gegenüber vorurteilsbeladen sind oder neuen, unbequemen Gedan­ken eine Abfuhr erteilen;
  • die Fähigkeit, differenziert auf kindeigene Ausdrucksformen zu reagieren, viele Fachkräfte aber zum Beispiel grobe oder bewertende Verhaltensbündel von Kindern zum Ausgangspunkt ihrer Arbeit machen, statt spezifischen Verhaltensweisen den Vorrang zu geben;
  • Kritikfähigkeit, viele Fachkräfte aber direkten Auseinandersetzungen nicht selten aus dem Wege gehen, eher methodenorientierte/ didaktisierte Fortbildung als selbsterfahrungsausgerichtete Seminare besuchen;
  • Energiepotenziale zu besitzen, um bei den vollkommen unzureichenden Rahmenbedingungen für Kinder und Fachkräften genügend Energie im täglichen Allerlei zur Verfügung zu haben, einerseits das Mögliche zu schaffen und gleichzeitig das Notwendige beim Träger und den (sozial)politischen Mandatsträgern mit großer Dringlichkeit immer wieder aufs Neue anzumahnen;
  • Erfolgsmotiviertheit, um im täglichen Arbeitsstress entsprechende erfolgsversprechende Ziele nicht aus dem Auge zu verlieren und die Zielorientierung nicht aufzugeben;
  • Selbstständigkeit und Initiative, wobei sich Fachkräfte nicht vor Auseinandersetzungen mit ihrem Trä­ger scheuen dürfen und eigene Ideen, geboren aus der Beobachtung von Bedürfnissen von Kindern, den Merkmalen einer partizipatorisch orientierten Elementarpädagogik, den Grundaussagen des länderspezifischen Bildungsprogramms und einer situationsorientierten Notwendigkeit zum Ausgangspunkt ihrer professionellen Haltung machen;

dann scheint die Frage spätestens hier berechtigt, ob und inwieweit sich Kreativität bei Kindern überhaupt entwickeln kann, wenn Fachkräfte diese Voraussetzungen nicht erfüllen.

Ein wesentlicher Aspekt von Kreativität ist es, keine Angst vor dem Scheitern zu haben.

Edwin Land

Fördernde und hemmende Bedingungen zur Kreativitätsentwicklung

Lassen Sie mich mit einer Fabel beginnen, die einerseits sehr lustig ist, andererseits viel Tragik offenbart. Es ist offensichtlich überflüssig, eige­ne Gedanken zu dieser Fabel zu formulieren, weil ein Transfer zur Ele­mentar- und Primarpädagogik ohne Abstriche hergestellt werden kann, sollte, ja muss.

Das Konzept individueller Unterschiede

Es gab einmal eine Zeit, da hatten die Tiere eine Schule. Das Curriculum bestand aus Rennen, Klettern, Fliegen und Schwimmen, und alle Tiere wurden in allen Fächern unterrichtet. Die Ente war gut im Schwimmen; besser sogar als der Lehrer. Im Fliegen war sie durchschnittlich, aber im Rennen war sie ein besonders hoffnungsloser Fall. Da sie in diesem Fach so schlechte Noten hatte, musste sie nachsitzen und den Schwimmunterricht ausfallen lassen, um das Rennen zu üben. Das tat sie so lange, bis sie auch im Schwimmen nur noch durchschnittlich war. Durchschnittliche Noten waren aber akzeptabel, darum machte sich niemand Gedanken darum, außer der Ente.

Der Adler wurde als Problemschüler angesehen und unnachsichtig und streng gemaßregelt, da er, obwohl er in der Kletterklasse alle anderen darin schlug, darauf bestand, seine eigene Methode anzuwenden. Das Kaninchen war anfänglich im Laufen an der Spitze der Klasse, aber es bekam einen Nervenzusammenbruch und musste von der Schule abge­hen wegen des vielen Nachhilfeunterrichts im Schwimmen. Das Eichhörnchen war Klassenbester im Klettern, aber sein Fluglehrer ließ ihn seine Flugstunden am Boden beginnen, anstatt vom Baumwipfel herunter. Es bekam Muskelkater durch Überanstrengung bei den Startü­bungen und immer mehr „Dreien“ im Klettern und „Fünfen“ im Ren­nen. Die mit Sinn fürs Praktische begabten Präriehunde gaben ihre Jungen zum Dachs in die Lehre, als die Schulbehörde es ablehnte, Buddeln in das Curriculum aufzunehmen. Am Ende des Jahres hielt ein anormaler Aal, der gut schwimmen und etwas rennen, klettern und flie­gen konnte, als Schulbester die Schlussansprache. (Originalquelle unbekannt)

Die Schwierigkeit liegt nicht darin, die neuen Ideen zu finden, sondern darin, die alten loszuwerden.

John Keynes

Kreativität kann sich nur dort entwickeln, wo folgende Faktoren eine günstige Ausprägung aufweisen:

  • Eine entwicklungsförderliche und -unterstützende Umwelt/ ein erfahrungsreiches Umfeld
  • Veränderbares, zum kreativen Handeln motivierendes Material
  • Genügend Zeit, die nicht durch verplante Programme immer mehr beschnitten wird
  • Ein ausreichender Raum im Innen- und Außenbereich
  • Entwicklungsförderliche Rahmenbedingungen „Gruppengröße/Zusammensetzung“
  • Wahrnehmungsoffene, spiel-/experimentierfreudige, handlungsaktive Erzieher*innen
  • Persönlichkeit des Kindes: entdeckungsfreudig, neugierig, fantasiereich …

Da alle sieben Merkmale miteinander in Beziehung stehen, ist eine iso­lierte Betrachtung einzelner Elemente zwar von großer Bedeutung, in der Betrachtung fördernder oder hemmender Bedingungen allerdings nur im Beziehungsgeflecht aussagekräftig. So sind alle Aspekte miteinander vernetzt. Zeichnet sich dabei auch nur ein Merkmal als kreativitätshemmend aus, wirkt sich dieser Umstand auf alle anderen sechs Felder aus. Folgendes Bild scheint daher angebracht:

Die Vorstellungskraft ist der Anfang der Schöpfung. Man stellt sich vor, was man will – man will, was man sich vorstellt – und am Ende erschafft man, was man will.

George Bernard Shaw

Bisherige Ergebnisse der Kreativitätsforschung lassen folgende Aussagen zu:

Man muss vom Weg abkommen, um nicht auf der Strecke zu bleiben.

Hans Zaugg, Architekt

Zwischenbilanz

Halten wir einmal fest: Wenn mit dem Begriff „Kreativität“ die Fähigkeit bezeichnet wird, vor einem Problem aus dem Alltag zu stehen und nun Beziehungen zwischen vorher unbekannten Erfahrungen und den Möglichkeiten einer Problemlösung zu finden, die sich in der Form neuer Denkschemata als neue Erfahrungen, Ideen oder Produkte ergeben, dann ist sie das Ergebnis (die Auswirkung) von unterschiedlichen Momenten, die einen Einfluss auf die Kreativität des Erwachsenen und in gleicher Weise auf die Kreativität des Kind haben. Diese Erfahrungsmomente lassen es entweder zu, Kreativität zu entwickeln und umzusetzen oder wirken als Hemmnisse, dass sich keine Kreativität entwickeln kann. Und wenn es um Problemlösungen geht, dann ist damit in keinem Fall nur der Ausschnitt „kreatives Basteln“ oder Ähnliches gemeint.

Kreativität hat mit den üblichen und weit verbreiteten Bastelaktivitäten in Kindertageseinrichtungen nicht das Geringste zu tun!

Bei solchenAktivitäten, die zumeist am Tisch sitzend und mit irgendwelchen Bastelmaterialien bestückt sind, vielleicht sogar noch einer motorischen, sozialen, emotionalen oder kognitiven Zielsetzung zugeordnet wurden, um ‚Lernziele‘ zu erreichen, wird auch noch der Rest an kreativen Möglichkeiten unterdrückt. Noch unprofessioneller wird der Begriff „Kreativität“ dort genutzt, wo es eine „Kreativitätsraum“ gibt!

Kreativität lässt sich nicht auf bestimmte Räume oder Zeiten begrenzen – sie sollte/ muss überall dort zur Wirkung kommen, wo sie gefragt ist: bei einer fantasievollen Sprache, einer Nutzung von Metaphern, beim Philosophieren mit Kindern über „Gott und die Welt“, im sachentfernten Umgang mit vorhandenen Materialien, in einer lebendigen Raumgestaltung, im Umgang mit anderen Menschen, bei Problemlösungen im gesamten Leben, in Notsituationen, in der notwendigen Lösung von dringenden Umweltfragen, bei (sozial)politischen Auseinandersetzungen, bei festgefahrenen Teamkonflikten, in schwierigen und herausfordernden Elterngesprächen, bei einem radikalen Verzicht auf Schablonen‘, die schon festgelegte Muster vorgeben, die einerseits für Einschränkungen der Fantasie sorgen und andererseits ein „richtig und falsch“ festlegen (eine ‚Auswahl an Farben“ darf auch hier nicht einer Kreativität zugeordnet werden!) usw.

In dem Maße, wie Rahmenbedingungen ungünstig sind – für Kinder und Fachkräfte – und in gleicher Weise, wie Erwachsene keine eigene, inneliegende Kreativität mehr besitzen, in dem Verhältnis wurde der Begriff beschnitten und ver­fälscht. Damit hat er nur noch eine Alibifunktion, die aber grundsätzlich nichts rechtfertigen kann und darf.

Kreativität ist … etwas zu sehen, das es noch nicht gibt. Du musst herausfinden, wie du Ideen verwirklichen kannst, um auf diese Weise ein Spielgefährte Gottes zu sein.

Michele Shea 

Eckwerte zum „kreativen Verhalten“

Wer ein wirkliches Interesse an Kindern hat, an ihrer Spontaneität, ihren fantasievollen Gedanken und ihren Möglichkeiten, noch „quer zu denken“, der wird den Schwerpunkt seiner Arbeit auf die Entfaltung kreativer Persönlichkeiten legen, zumal es die Aufgabe einer kreativen Fachkraft ist, Einzigartigkeiten in Kindern zu entdecken, sie zu akzeptieren und Kindern dabei zu helfen, sie zu entwickeln. Kreativität (lateinisch creare: etwas zeugen, gebären, schaffen, erschaffen) ist nur da möglich, wo Fachkräfte „Geburtshelfer“ sind und dieses auch als eine ihrer wesentlichen pädagogischen Aufga­ben ansehen. Voraussetzungen zum „Schaffen“ einzuleiten, hemmen­de Wirklichkeiten zu verändern – diese Anforderungen haben dabei höchste Priorität. Möglichkeiten zum selbstständigen und nicht grup­pengebundenen Denken, Toleranz neuen Ideen gegenüber, Probleme zu entdecken, nach neuartigen Lösungen zu suchen und auszuprobieren: darum geht es! Und dabei können Fachkräfte den Kindern immer wieder aufs Neue helfen.

Prof. Rudolf Seitz, ehemaliger Inhaber des Lehrstuhls für Kunsterziehung und Kunstpflege an der Akademie der Bildenden Künste in München, hat in seinem immer noch hochaktuellen Buch >Phantasie & Kreativität< (1998) unter anderem folgende Begriffe zur Kreativität in den Mittelpunkt gestellt:

  • Kombination von Unvorhersehbarem, Mut zur Auseinandersetzung, Entfaltung, flexibel sein, assoziieren, Mut zum eigenen Ausdruck haben, eine neue Lösung für eine alte Aufgabe finden, nicht den Normen der Gesellschaft unterworfen, ausgelassen sein, Individualität zeigen, Kraft besitzen, sich nicht beeinflussen zu lassen, Neues aus Altem zusammensetzen, Lösungsmöglichkeiten finden, Humor besitzen (ohne die es keine Kreativität gibt), Grenzüberschreitungen vornehmen, um die Ecke denken und tun, scheinbar Diametrales verknüpfen, Offenheit für neue Möglichkeiten zeigen, innere Beweglichkeit besitzen, eine innere Fülle ausleben …

Kinder hören auf, dann kreativ zu sein, wenn die unmittelbare und mittelbare Umwelt nicht auf ihre Mitwirkung, ihre Vorschläge, ihre Ideen reagiert. Probleme von Kindern fernzuhalten oder sie für Kinder zu lösen ist überhaupt nicht zweckmäßig, zumal ein Problem nur dann als ein solches identifiziert wird, wenn Kindern die Möglichkeit für eine Lösung fehlt. Probleme schaffen Frustrationen, und gerade sie fordern zum Handeln und Überlegen heraus.

Und ohne Herausforderung gibt es keine Kreati­vität im eigenen Leben und dem der Kinder. Augen sind nicht nur zum Sehen, sondern zum Staunen, Schauen und Betrachten da. Ohren sind nicht nur zum Hören, sondern zum aufmerksamen Horchen da. Hände können nicht nur greifen, sondern auch tasten, streicheln, vorsichtig berühren, fühlen und anfassen. Mit dem Mund kann nicht nur gesprochen, getrunken und gegessen werden, sondern er kann mit und über die Lippen spüren, lauthals lachen, weinen, wie ein Rohrspatz schimpfen, tiefsinnig schweigen, aus voller Kehle singen und vieles andere mehr.

Man sollte Kinder lehren,
ohne Netz
auf einem Seil zu tanzen, bei Nacht allein
unter freiem Himmel zu schlafen,
in einem Kahn
auf das offene Meer hinauszurudern.
Man sollte sie lehren,
sich Luftschlösser
statt Eigenheime zu erträumen, nirgendwo sonst
als nur im Leben zu Haus zu sein,
und in sich selbst Geborgenheit zu finden.

Hans-Herbert Dreiske

Kreativität bedeutet, aus zwanghaften Regeln auszubrechen, sich von seiner Phantasie dirigieren zu lassen, um erstaunliche Symphonien zu erzielen.

Hedwig M. Staffa

Gedanken …

Aus der Kreativitätsforschung wissen wir, dass kreative Menschen auch immer intelligent sind, intelligente Menschen aber nicht automatisch kreativ. Dort, wo Neugierde, die jeder Mensch in sich trägt, unterdrückt wird, konformes, altbewährtes Denken den Vorrang vor Originalität bekommt, werden Wagnisse gebremst, wird Kreativität blockiert. Resig­niert zieht Erika Landau, eine der großen Kreativitätsforscherinnen unserer Zeit, folgendes Resümee: „Am traurigsten jedoch erscheint mir die Folgeerscheinung dieser Erziehung, die sich mit Ansammeln von Wissen begnügt, die darin besteht, dass das Individuum eigentlich für die Vergangenheit vorbereitet wird. Die Mittel, sich kreativ mit den Problemen der Zukunft zu befassen, werden ihm nicht zur Verfügung gestellt. Damit hat Kreativität selbstverständlich auch eine gesellschaftliche Bedeutung: Neue Probleme in der Umwelt, Technik, Forschung bedürfen neuer Lösungen. An der Zukunft partizipieren heißt damit, Kindern ihre eigene kreative Entwicklung erschließen helfen, damit sie auch ihre Zu­kunft erleben (können) und unsere Zukunft mitgestalten.“

Kreativität wartet nicht auf den perfekten Moment. Sie erschafft aus gewöhnlichen Momenten ihre eigenen perfekten Momente.

Bruce Garrabrandt

Schlusswort

Kreative Menschen – Kinder, Jugendliche und Erwachsene – sind dyna­misch und wortgewandt, emotional stabil, unkonventionell und nonkon­form, ausdauernd und hartnäckig, haben Vorlieben für Neues und lösen sich bei Bedarf von traditionellen Anschauungen. Wenn dem so ist, dann gibt es zwei Möglichkeiten in der Ausgestaltung der Elementarpädagogik: Entweder die Arbeit in Kindertagesstätten lässt diese Entwicklung zu, weil diese Verhaltensweisen kreativen Kindern zu eigen sind, oder das „Lernziel Kreativität“ verliert vollständig seine Berechtigung, in Konzeptionen aufgeführt zu sein beziehungsweise in Gesprächen mit Kollegen, Kolleginnen und Eltern genannt zu werden.

Erlauben Sie mir, zum Schluss eine kleine Geschichte wiederzugeben getreu dem bekannten Motto: >Der Kopf ist rund, damit das Denken auch einmal die Richtung wechselt<:

Auf einen Kaffee mit Gott – Eine Erlaubnis zum Beten

Zwei Mönche fahren Zug. Der ältere raucht Pfeife und betet. Der jüngere ist empört: „Aber Bruder, wir dürfen doch beim Beten nicht rauchen.“ „Kein Problem“, erwidert dieser gelassen, „ich habe die ausdrückliche Erlaubnis des Bischofs.“ Einige Wochen später sehen sich die beiden wieder. Der junge Mönch ist verärgert: „Was hast du mir da bloß erzählt? Ich habe unseren Bischof gefragt, ob ich beim Beten rauchen darf, und er hat es mir strikt verboten.“ Der ältere lächelt: „Jaaa…, ich habe ihn natürlich gefragt, ob ich beim Rauchen beten darf.“ (Martin Gröschel)

Es gibt für jeden auf der Welt Platz, um kreativ und bewusst zu sein, wenn man seine eigene Person ist. Wenn du versuchst, wie jemand anderes zu sein, dann gibt es das nicht.

Tori Amos

Literaturhinweise:

  • Busch, Volker: Kopf frei! Wie Sie Klarheit, Konzentration und Kreativität gewinnen. Droemer, 2021
  • Eagleman, David + Brandt, Anthony: Kreativität. Wie unser Denken die Welt immer wieder neu erschafft. Siedler, 2018
  • Hillgärtner, Verena: Nature Journaling. Dein Weg zu mehr Kreativität, Naturverbindung und Neugier. Kosmos, 2023
  • Hutterer, Claudia & Fackler, Isabella (Hrsg.): Die (Wieder-)Entdeckung der eigenen Kreativität. Der selbstbestimmte zwei- und dreidimensionale Ausdruck in der pädagogischen Praxis. Kopaed, 2020
  • Landau, Erika: Psychologie der Kreativität. Ernst Reinhardt, 1969
  • Nehls, Michael: Das erschöpfte Gehirn. Der Ursprung unserer mentalen Energie – und warum sie schwindet. Heyne, 2022
  • Nynke, Helge: Kinderkunst und Kreativität. Praxis und Philosophie. spielen und lernen, c/o Körner Medien UG, 2023
  • Seitz, Rudolf: Phantasie & Kreativität. Ein Spiel-, Nachdenk- und Anregungsbuch. München 1998

Prof. h.c. Dr. h.c. Armin Krenz, Honorarprofessor für Entwicklungspsychologie und Elementarpädagogik (a.D.)




Über die Kunst einer sinnvollen Begleitung im Spiel

Fischer-Düvel, Gaby/Held, Nina: Ich spiele, also lerne ich – Freispiel in der Kita sinnvoll begleiten

Gerade in einer Lebenswelt, in der die Kinderentwicklungsräume immer stärker eingeengt, die Kinderwelten immer mehr in Teilbereiche zerrissen und die Kinderzeiten immer häufiger verplant sind, ist es von hohem pädagogischem Wert, wenn Kinder ohne direktive Vorgaben oder verplanten Vorhaben die Möglichkeit erhalten, eigenen Spielvorhaben nachgehen zu können. Dabei kommt gerade dem FREISPIEL ein großer Bedeutungswert zu. Hier finden die Kinder eine Möglichkeit, vergangene Erfahrungen spielerisch umzusetzen, gegenwärtige Erlebnisse in frei gewählten Spielschwerpunkten noch intensiver auszudrücken und auch zukünftige Vorhaben/ ´Erwartungen/Hoffnungen in Spielhandlungen darzustellen.

Allerdings zeigen Beobachtungen in Krippen und Kindertagesstätten, dass Kinder in zunehmendem Maße – aus vielen verschiedenen Gründen – in ihrer Spielfähigkeit eingeschränkt sind und daher die vorhandene FREISPIELZEIT nicht mit genügend Fantasie, intrinsischen Handlungsimpulsen, kreativen Ideen und reichhaltigen Vorhaben ausfüllen. Bestand noch vor vielen Jahren die Aufgabe, Kinder dabei zu unterstützen, ihre Spielfähigkeit auszubauen, so kommt den pädagogischen Fachkräften immer stärker die Aufgabe zu, Kindern dabei hilfreich zur Seite zu stehen, ihre SPIELFÄHIGKEIT aufzubauen. Und an diesem Punkt setzt die Veröffentlichung von Fischer-Düvel & Held an. Es geht um eine BEGLEITUNG der Kinder in der Freispielzeit, in der diese eher ideenlos im Raum oder auf der Außenfläche herumstehen oder umherirren, ohne selbstgewählte Spielimpulse zu spüren und in vielfältige Spielhandlungen zu verwirklichen.

Dieses Buch setzt sich aus zwei Kapiteln zusammen

Zunächst wird der Schwerpunkt >Theoretisches Grundwissen zum Freispiel< aufgegriffen, bei dem es um die Beobachtung und eine kindorientierte Haltung als Grundlage für die pädagogische Arbeit geht, dann folgen Hinweise zum Freispiel selbst, zu den Gruppenphasen, den Mangel- und Wachstumsbedürfnissen, den unterschiedlichen Dimensionen des Spiels, zur professionell gestalteten Kommunikation und Konfliktbearbeitung sowie zur Erstellung eines Soziogramms.

Der zweite Teil beschreibt >Praxisbeispiele< anhand hilfreicher Handlungsstrategien, was nach einer Eingewöhnungszeit, im Konstruktionsbereich, beim Fußballspiel, beim Turmbau und im letzten Kindergartenjahr unternommen werden kann.

Was ist beim Lesen und Verstehen dieses Buches besonders wichtig?

Auch wenn die beiden Autorinnen ungezählte „Angebote“ in der Freispielzeit vorstellen, darf es nicht so verstanden werden, diese Vorschläge 1:1 in die Praxis umzusetzen, denn dann wäre der SINN des FREISPIELS falsch verstanden. Hier geht es um SPIELBEGLEITUNGEN für Kinder, die den Spielimpulsen der Kinder sinnbegleitend angeboten werden könnten, um durch außenstehende Ideen dem Kind zu helfen, seine Spiel-, Gedanken- und Handlungsperspektive zu erweitern. Die Kunst einer sinnvollen Begleitung besteht also darin, durch eigene Ideen oder in diesem Fall auch durch die Vielfalt der Handlungsvorschläge in diesem Buch diejenigen Ideen passgenau aufzugreifen, die sinnverbunden das vertiefende Spielinteresse des Kindes erweitern.

Kurzum: Vom Kind zur vertiefenden Spielbegleitung, nicht vom Spielangebot zum Kind! Das hätte in dem Buch viel deutlicher hervorgehen werden müssen. Und ein letzter Hinweis: die Praxisbeispiele werden hier als „Fallbeispiel“ benannt. Nun: kein Kind ist ein >Fall<. Dieser medizinisch-funktions- und defizitorientierte Begriff gehört endlich, ein für alle Mal, in die Mottenkiste des zurückliegenden pädagogischen Sprachgebrauchs. Die den Spielhandlungen zugeordneten ‚Bildungsbereiche‘ können z.B. für Elterngespräche oder Entwicklungsdokumentationen genutzt werden, dürfen aber unter dem Schwerpunkt ‚FREISPIEL‘ nicht als Ausgangspunkt zur ‚Förderung von …‘ eingesetzt werden. Gleichwohl beinhalten die vielen, vorstellten Handlungsideen reichhaltige Arbeitsimpulse für diejenigen Fachkräfte, die auf der Suche nach neuen und interessanten, bisher vielleicht unbekannten Spielvorschlägen sind.

Armin Krenz

Fischer-Düvel, Gaby + Held, Nina: Ich spiele, also lerne ich. FREISPIEL IN DER KITA sinnvoll begleiten.

Mit Praxisbeispielen zu allen Bildungsbereichen und digitalem Zusatzmaterial.
Verlag an der Ruhr, Mülheim 2024.
ISBN: 978-3-8346-6396-2. 112 Seiten, 24,99 €