Einsamkeit junger Menschen – ein Warnsignal für Pädagogik und Demokratie

Neue Studie der Bertelsmann Stiftung zeigt: Wer sich einsam fühlt, verliert Vertrauen in Gesellschaft und Mitgestaltung

Einsamkeit ist für viele junge Menschen in Deutschland Teil ihres Alltags. Doch was bedeutet das für ihre Haltung zur Demokratie, für ihr gesellschaftliches Engagement – und für ihr Vertrauen in die eigene Gestaltungsfähigkeit? Eine repräsentative Studie der Bertelsmann Stiftung hat 2.532 junge Menschen zwischen 16 und 30 Jahren befragt. Die Ergebnisse sind besorgniserregend – nicht nur für die Politik, sondern auch für pädagogische Fachkräfte, die junge Menschen in ihrer Entwicklung begleiten. Und weil diese Studie in der Öffentlichkeit nur wenig Beachtung findet, haben wir uns entschlossen, die wichtigsten Eckdaten zu publizieren, auch wenn die Zielgruppe nicht ganz unsere ist.

Fast die Hälfte der Befragten (46 Prozent) gab an, sich moderat oder stark einsam zu fühlen. Bei jenen, die unter starker Einsamkeit leiden, zeigt sich eine klare Tendenz: Sie sind unzufriedener mit demokratischen Strukturen, glauben seltener daran, etwas bewirken zu können, und fühlen sich deutlich weniger gehört. 60 Prozent der stark Einsamen glauben nicht, dass ihr Engagement etwas verändern kann. Bei jungen Menschen ohne Einsamkeitserfahrungen liegt dieser Anteil bei 42 Prozent.

Verlust von Vertrauen und politischer Wirksamkeit

Auch das Vertrauen in demokratische Institutionen ist bei den einsamen Befragten deutlich schwächer ausgeprägt. 63 Prozent von ihnen äußern Unzufriedenheit mit der Demokratie in Deutschland. Zum Vergleich: Bei den nicht einsamen jungen Menschen liegt dieser Wert bei 41 Prozent. Ein ähnliches Bild zeigt sich auf lokaler Ebene: Über die Hälfte der stark Einsamen glaubt nicht daran, in ihrem direkten Umfeld – etwa in der Stadt oder Gemeinde – etwas verändern zu können.

Diese Daten werfen ein Schlaglicht auf die langfristigen Folgen von sozialer Isolation: Wer sich dauerhaft nicht zugehörig fühlt, zieht sich nicht nur sozial, sondern auch politisch zurück. In der Altersgruppe der 16- bis 30-Jährigen ist das besonders bedeutsam – denn sie befinden sich in einer entscheidenden Phase der Identitätsbildung und der Suche nach gesellschaftlicher Verortung.

Gefühl der Ausgrenzung trotz politischem Interesse

Die Studie zeigt deutlich, dass Einsamkeit nicht mit Desinteresse gleichzusetzen ist. Viele einsame junge Menschen interessieren sich sehr wohl für politische Themen – fühlen sich aber von politischen Entscheidungsträger:innen nicht repräsentiert. Rund die Hälfte der stark Einsamen gibt an, dass ihre Werte und Überzeugungen auf Bundesebene nicht vertreten werden. Zudem äußern 76 Prozent von ihnen das Gefühl, dass ihre Sorgen nicht ernst genommen werden – ein spürbarer Unterschied zu den 61 Prozent unter den nicht einsamen Befragten.

Für Fachkräfte in Schule und Pädagogik bedeutet das: Einsamkeit ist kein individuelles Randthema, sondern ein Indikator für gesellschaftliche Entfremdung. Sie kann jungen Menschen das Gefühl nehmen, Teil einer größeren Gemeinschaft zu sein – auch in Bildungs- und Lernkontexten.

Gemeinschaft erleben – Zugehörigkeit stärken

Gleichzeitig machen die Studienergebnisse Hoffnung: Das Gefühl von Anerkennung und sozialer Einbindung wirkt wie ein Schutzfaktor – und kann junge Menschen motivieren, sich aktiv einzubringen. Wer sich gesehen und wertgeschätzt fühlt, ist eher bereit, Verantwortung zu übernehmen. Politisches oder soziales Engagement wird so zur Brücke aus der Isolation – wenn es auf echte Beteiligung trifft.

Gerade im Kontext von Schule, Jugendarbeit und außerschulischer Bildung sind diese Erkenntnisse relevant: Wo junge Menschen Räume der Begegnung und des Austauschs erleben, wo sie sich ernst genommen fühlen und ihre Stimmen zählen, wächst auch ihr Vertrauen in das Gemeinsame – in Schule, Gesellschaft und Demokratie.

Hier geht es zum Einsamkeitsbarometer




Kinderzahnpasta im Öko-Test: Viele überzeugen – nicht alle sind harmlos

13 von 31 Produkten erhalten Bestnote „Sehr gut“ – Fluorid bleibt der Goldstandard gegen Karies

Die Zeitschrift Öko-Test hat 31 Kinderzahnpasten unter die Lupe genommen. Das Ergebnis: 13 Produkte schnitten mit „sehr gut“ ab – eine erfreuliche Entwicklung für Eltern, die auf eine sichere Zahnpflege achten. Besonders positiv: Keines der getesteten Produkte enthielt mehr den umstrittenen Farbstoff Titandioxid.

Wissenschaftlich fundierter Schutz durch Fluorid

Alle empfehlenswerten Zahnpasten enthalten Fluorid – ein Inhaltsstoff, der nach aktuellem Forschungsstand den wirksamsten Schutz vor Karies bietet.

„Zur Kariesprophylaxe gibt es derzeit keine gleichwertige Alternative zu Fluorid“,
betont Prof. Dr. Ulrich Schiffner, Zahnarzt und Beiratsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Kinderzahnmedizin.

Einige Produkte mit zu geringer Fluoridkonzentration (nur 500 ppm) oder fehlenden Anwendungshinweisen wurden von Öko-Test abgewertet. Auch fluoridfreie Zahnpasta für Kinder über ein Jahr wird kritisch gesehen, sofern keine alternative Fluoridzufuhr erfolgt.

Risiken durch Cadmium und unklare Altersangaben

In einem Produkt wiesen die Prüflabore Cadmium nach – ein giftiges Schwermetall, das sich im Körper anreichern und langfristig Organe schädigen kann. Auch das Süßungsmittel Maltodextrin, das als kariesfördernd gilt, wurde in manchen Rezepturen kritisiert.

„Maltodextrin hat in Kinderzahnpasta aus unserer Sicht nichts zu suchen“,
stellt die Öko-Test-Redaktion klar.

Zudem bemängelten die Tester zu große Tubenöffnungen bei fünf Produkten – das erschwere eine kindgerechte Dosierung.

Erfreulich: Titandioxid endgültig verschwunden

Der Weißmacher Titandioxid, der in Lebensmitteln verboten und als potenziell krebserregend gilt, war im letzten Test noch vertreten – diesmal nicht mehr. Eine gute Nachricht, denn die Sicherheit bei Produkten, die möglicherweise verschluckt werden, steht an erster Stelle.

„Dass Titandioxid endlich aus Kinderzahnpasta verschwunden ist, sehen wir als wichtigen Fortschritt“,
so die Einschätzung der Öko-Test-Redaktion.

Elternratgeber: Richtig putzen ab dem ersten Zahn

Bereits mit dem ersten Milchzahn sollte zweimal täglich geputzt werden – zunächst mit einer reiskorngroßen Menge Zahnpasta, später mit einer erbsengroßen Portion. Wichtig sind außerdem die richtige Technik (KAI-Methode) und eine Putzdauer von zwei bis drei Minuten.

Quelle: Redaktion Öko-Test, Artikel „Welche Kinderzahnpasta ist unbedenklich?“,




Einsamkeit bei Kindern: Schon Fünfjährige fühlen sich häufig allein

Neue Daten des Deutschen Jugendinstituts weisen darauf hin, dass auch Kinder im Alter von fünf bis elf Jahren Einsamkeit erleben

Einsamkeit beginnt oft früher, als viele denken. Laut aktuellen Auswertungen des Deutschen Jugendinstituts (DJI) fühlt sich mehr als jedes fünfte Kind im Kindergarten- oder Grundschulalter zumindest gelegentlich einsam. Die Daten stammen aus dem Survey „Aufwachsen in Deutschland: Alltagswelten“ (AID:A), der im Jahr 2023 über 2.100 Kinder im Alter von fünf bis elf Jahren befragte.

In persönlichen, kindgerecht gestalteten Interviews berichteten 17 Prozent der Kinder, dass sie sich in der Woche vor der Befragung manchmal allein gefühlt hätten. Weitere fünf Prozent gaben an, dieses Gefühl häufig oder ganz oft zu haben. Damit zeigt sich: Einsamkeit ist nicht nur ein Thema für Jugendliche oder ältere Erwachsene, sondern betrifft bereits viele Kinder in der Grundschule.

Familiäre Veränderungen erhöhen das Risiko

Die Auswertungen zeigen deutliche Unterschiede je nach familiärer Lebensform. Kinder aus Trennungs- oder Stieffamilien berichten besonders häufig von Einsamkeit. Während 22 Prozent der Kinder aus sogenannten Kernfamilien von Einsamkeitserfahrungen berichten, steigt dieser Anteil bei Kindern, die bei nur einem Elternteil leben, auf 28 Prozent. In Stieffamilien liegt er sogar bei 34 Prozent.

„Eine elterliche Trennung bedeutet für Kinder eine tiefgreifende Veränderung ihrer Lebenswelt“, erklärt Dr. Alexandra Langmeyer, die gemeinsam mit Dr. Christine Entleitner-Phleps die Daten analysiert hat. „Das kann sich negativ auf ihr Wohlbefinden auswirken und Einsamkeit begünstigen.“

Materielle Belastung wirkt sich spürbar aus

Auch die wirtschaftliche Situation im Elternhaus spielt eine Rolle. Kinder, die in Haushalten mit materiellen Einschränkungen leben – also in jenen Familien, die sich notwendige und für den üblichen Lebensstandard charakteristische Ausgaben nicht oder kaum leisten können – berichten bis zu 29 Prozent über Einsamkeit. In Familien ohne solche Einschränkungen liegt der Anteil bei 21 Prozent.

„Wenn Teilhabechancen fehlen und die Stimmung in der Familie durch Geldsorgen belastet ist, kann sich das auf die soziale und emotionale Entwicklung von Kindern auswirken“, so die Studienautorinnen.

Auffälliges Verhalten und Einsamkeit: ein wechselseitiger Zusammenhang?

Die Auswertung zeigt außerdem einen Zusammenhang zwischen Einsamkeit und Verhaltensauffälligkeiten. Kinder, die von ihren Eltern im SDQ (Strengths and Difficulties Questionnaire) als auffällig eingeschätzt wurden, fühlen sich deutlich häufiger einsam als Kinder mit unauffälligem Verhalten. 25 Prozent der auffällig eingeschätzten Kinder berichten von gelegentlicher Einsamkeit, neun Prozent sogar von häufigem Alleinsein. Zum Vergleich: Bei Kindern mit unauffälligem Verhalten liegen die Werte bei 17 beziehungsweise fünf Prozent.

Ob Einsamkeit eher Folge oder Ursache von Verhaltensproblemen ist, bleibt offen. „Mit den vorliegenden Daten lassen sich keine eindeutigen Rückschlüsse ziehen“, erklärt Langmeyer. Sie und Entleitner-Phleps plädieren für längsschnittliche Studien, die den Lebensverlauf von Kindern über einen längeren Zeitraum begleiten, um solche Fragen klären zu können.

Hintergrund: AID:A-Survey und Aktionswoche gegen Einsamkeit

Die Daten stammen aus dem Survey „Aufwachsen in Deutschland: Alltagswelten“ (AID:A), den das DJI regelmäßig durchführt. Die Veröffentlichung der Ergebnisse erfolgte im Rahmen der Aktionswoche „Gemeinsam aus der Einsamkeit“, die vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend initiiert wurde. Sie zielt darauf ab, Einsamkeit als gesamtgesellschaftliches Thema sichtbar zu machen – auch in frühen Lebensphasen.

Kontakt:
Dr. Alexandra Langmeyer
Leitung der DJI-Fachgruppe „Lebenslagen und Lebenswelten von Kindern“
E-Mail: langmeyer@dji.de

Gernot Körner




Elternschaft: Nicht mehr Lebenszufriedenheit, aber mehr Sinn im Leben

Kinder bringen nicht immer Glück – aber fast immer Bedeutung

Was bedeutet ein „gutes Leben“? Mehr Lebensfreude – oder mehr Lebenssinn? Diese Frage steht im Mittelpunkt einer großangelegten europäischen Studie von Ansgar Hudde und Marita Jacob. Die Soziolog:innen analysierten Daten von über 43.000 Personen aus 30 Ländern und verglichen das subjektive Wohlbefinden von Menschen mit und ohne Kinder. Das Ergebnis: Eltern sind nicht automatisch zufriedener, erleben ihr Leben aber oft als sinnvoller – unabhängig von Geschlecht, Bildung oder Herkunft.

Zwischen Glück und Bedeutung: zwei Seiten des Wohlbefindens

Die Studie unterscheidet zwei zentrale Dimensionen des Wohlbefindens: Lebenszufriedenheit und Lebenssinn. Lebenszufriedenheit beschreibt, wie glücklich oder zufrieden Menschen ihr Leben insgesamt einschätzen. Der Lebenssinn hingegen fragt nach dem Gefühl, dass das eigene Tun wertvoll und bedeutsam ist. Diese beiden Aspekte verlaufen nicht immer parallel – und genau das zeigt sich im Zusammenhang mit Elternschaft besonders deutlich.

Zentrale Ergebnisse

  • Eltern – sowohl Mütter als auch Väter – empfinden ihr Leben signifikant häufiger als sinnvoll im Vergleich zu Menschen ohne Kinder.
  • Gleichzeitig berichten insbesondere Mütter unter schwierigen sozialen Bedingungen (z. B. geringem Bildungsgrad oder fehlendem Partner) von geringerer Lebenszufriedenheit.
  • Nur in Ländern mit gut ausgebauter Familienpolitik, wie den nordischen Staaten, berichten Eltern insgesamt von mehr Zufriedenheit und mehr Sinn.

Warum gibt Elternschaft Sinn – auch wenn sie anstrengend ist?

Kinder zu erziehen bedeutet häufig weniger Freizeit, mehr Stress und zusätzliche Herausforderungen. Das kann die Lebenszufriedenheit mindern. Doch genau darin liegt oft auch eine Quelle von Sinn: Eltern erleben sich als gebraucht, verbunden, bedeutungsvoll – zentrale Elemente von Lebenssinn. Diese Wirkung ist in allen sozialen Gruppen und Ländern stabil zu beobachten, unabhängig von Bildung, Einkommen oder Partnerschaftsstatus.

Gesellschaftliche und pädagogische Relevanz

Die Studie gibt wichtige Hinweise für Bildung, Beratung und Sozialpolitik:

  • Familienfreundliche Rahmenbedingungen (z. B. Kita-Plätze, Elternzeit, finanzielle Sicherheit) können helfen, die Lebenszufriedenheit von Eltern zu erhöhen – ohne den Sinn zu verlieren.
  • Lebenssinn kann auch unter widrigen Bedingungen entstehen – ein Aspekt, der besonders für benachteiligte Familien von Bedeutung ist.
  • Für pädagogische Arbeit heißt das: Junge Menschen sollten ermutigt werden, unterschiedliche Vorstellungen eines gelungenen Lebens zu entwickeln – ob mit Kindern oder ohne.

Impuls für Schule und Bildungsarbeit

  • Unterschiedliche Lebensentwürfe (mit und ohne Kinder) sollten gleichwertig dargestellt und diskutiert werden.
  • Begriffe wie Glück, Sinn und Erfüllung verdienen differenzierte Betrachtung – z. B. im Ethik-, Sozialkunde- oder Deutschunterricht.
  • Jugendliche sollten unterstützt werden, ihre eigenen Wertvorstellungen zu entwickeln – und dabei soziale Erwartungen kritisch zu reflektieren.

Zwischen Anspruch und Anerkennung

Elternschaft ist kein Garant für Glück – aber oft eine Quelle für Sinn. Diese Erkenntnis ist unbequem für gängige Narrative, aber hilfreich für eine realistische und wertschätzende Familienpolitik. Denn wo Sinn entsteht, braucht es nicht zwangsläufig perfekte Bedingungen – aber Anerkennung, Unterstützung und gesellschaftlichen Rückhalt. Die Studie zeigt: Es geht nicht nur um mehr Kinder, sondern um ein gutes Leben für alle – mit oder ohne Nachwuchs. Bildungsarbeit, Beratung und Politik sind eingeladen, diese Vielfalt sichtbar zu machen – und jungen Menschen Räume zu öffnen, ihre eigenen Antworten auf die Frage nach dem Sinn zu finden.

Hier geht es zur Studie: https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/jomf.13116

Gernot Körner




Wege ohne Kinder – Was eine Studie über Nicht-Eltern verrät

Eine US-Längsschnittstudie zeigt, warum Menschen keine Kinder haben – und was das für Bildung, Betreuung und Gesellschaft bedeutet

Die demografischen Entwicklungen in den USA zeigen einen deutlichen Trend: Immer mehr Erwachsene leben ohne Kinder – freiwillig, unfreiwillig oder unentschlossen. Doch „keine Kinder zu haben“ ist nicht gleichbedeutend mit „kinderlos sein“. Eine neue Studie von Jennifer L. Neal und Zachary P. Neal, Soziolog:innen an der Michigan State University, zeigt: Es gibt ganz unterschiedliche Formen der Nicht-Elternschaft. Mit einem fein austarierten Klassifizierungsmodell haben sie sechs Typen von Erwachsenen ohne Kinder identifiziert. Ihre Forschung liefert wichtige Erkenntnisse über gesellschaftliche Entwicklungen und bietet Impulse für Bildung, Erziehung und Sozialpolitik.

Sechs Typen, ein neues Bild der Elternschaft

Die Forscher:innen haben mit Hilfe der National Survey of Family Growth (NSFG) über zwei Jahrzehnte hinweg mehr als 80.000 Erwachsene unter 45 Jahren befragt. Dabei haben sie das sogenannte ABC-Rahmenmodell (Attitudes, Behavior, Circumstances) angewendet, um sechs differenzierte Typen von Nicht-Eltern zu unterscheiden:

  1. Noch keine Eltern: Personen, die Kinder wollen und keine bekannten Hindernisse sehen.
  2. Kinderfrei: Personen, die bewusst keine Kinder wollen.
  3. Biologisch kinderlos: Personen, die Kinder wollen, aber unfruchtbar sind.
  4. Sozial kinderlos: Personen, die Kinder wollen, aber soziale oder wirtschaftliche Hindernisse erleben.
  5. Unentschlossen: Personen, die nicht wissen, ob sie Kinder wollen, aber keine Hindernisse sehen.
  6. Ambivalent: Personen, die unentschieden sind und zudem durch Umstände gehindert werden.

Relevanz für Bildung und Betreuung

Für Lehrkräfte, Erzieher:innen und Eltern ist es zentral, gesellschaftliche Entwicklungen zu verstehen, um Kinder und Jugendliche im Kontext aktueller Lebensentwürfe begleiten zu können. Die Vielfalt der Nicht-Elternschaft betrifft auch junge Menschen:

  • Berufsorientierung: Jugendliche planen zunehmend Lebensläufe ohne Familie im traditionellen Sinn.
  • Bild von Familie: Die Vorstellung, was „Familie“ bedeutet, wird breiter und individueller.
  • Soziale Erwartungen: Schule und Kita können junge Menschen darin stärken, eigene Vorstellungen zu entwickeln und gesellschaftliche Erwartungen zu reflektieren.

Dynamik in Zahlen

Zwischen 2002 und 2023 hat sich die Zusammensetzung der Nicht-Eltern in den USA deutlich verschoben:

  • Der Anteil derer, die noch keine Eltern sind, sank von 78,6 % auf 58,7 %.
  • Der Anteil der kinderfreien Erwachsenen verdoppelte sich nahezu von 13,8 % auf 29,4 %.
  • Unentschlossene und ambivalente Personen nahmen ebenfalls leicht zu.

Abbildung: Entwicklung der Nicht-Eltern-Typen (2002 vs. 2022–2023) (spielen und lernen 2025)

Pädagogische Impulse

Das ABC-Modell zeigt, dass Familienplanung heute nicht nur eine biologische, sondern auch eine soziale, wirtschaftliche und kulturelle Entscheidung ist. Für die Praxis bedeutet das:

  • In Bildungsplänen können alternative Lebensentwürfe berücksichtigt werden.
  • In Elterngesprächen kann die Vielfalt heutiger Lebensmodelle stärker thematisiert werden.
  • In der Sexual- und Lebensplanung können junge Menschen dazu ermutigt werden, ihren eigenen Weg zu finden.

Perspektive

Die Ergebnisse von Neal & Neal zeigen eindrücklich, wie sich unsere Gesellschaft differenziert – nicht in „Eltern“ und „Nicht-Eltern“, sondern in vielfältige Lebensrealitäten. Das ist eine Chance für mehr Selbstbestimmung, mehr Offenheit und mehr Anerkennung unterschiedlicher Lebensentwürfe. Wer Kinder hat, ist nicht automatisch erfüllter. Wer keine hat, lebt nicht automatisch unvollständig. Diese Erkenntnis kann helfen, junge Menschen auf ein Leben vorzubereiten, das zu ihnen passt – egal wie es aussieht.

Hier geht es zur Studie: https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/jomf.13097

Gernot Körner




Bildschirm aus, raus ins Licht: So bleiben Kinderaugen gesund

Warum zu viel Bildschirmzeit Kinder kurzsichtig macht – und was Professor Pfeiffer von der Stiftung Auge Eltern rät

Digitale Medien gehören längst zum Alltag – auch für Kinder. Doch die zunehmende Naharbeit am Smartphone, Tablet oder Laptop bleibt nicht ohne Folgen für die Augen. Das verdeutlichte Professor Dr. med. Norbert Pfeiffer, Direktor der Augenklinik der Universitätsmedizin Mainz und Vorstandsmitglied der Stiftung Auge, bei einer Pressekonferenz am 14. Mai 2025.

Das Auge will in die Ferne schauen

Unser Sehsystem, so Pfeiffer, sei evolutionär für das Leben in der Natur gemacht – mit besonderer Stärke beim Sehen in die Ferne. Beim Sehen in der Nähe muss das Auge hingegen arbeiten: Muskeln spannen sich an, um die Linse zu verformen und scharf zu stellen. Wird dieser Zustand dauerhaft durch Bildschirmnutzung gefordert, reagiert das Auge – es wächst. Die Folge: Kurzsichtigkeit (Myopie).

Kurzsichtigkeit ist keine Bagatelle

Während sich diese mit Brille oder Kontaktlinsen zwar ausgleichen lässt, warnt Pfeiffer vor den langfristigen Risiken: „Kurzsichtigkeit ist keine harmlose Befindlichkeit“, betont er. Sie erhöht das Risiko für schwerwiegende Augenerkrankungen wie Glaukom, Netzhautablösungen und altersbedingte Makuladegeneration – Erkrankungen, die bis zur Erblindung führen können.

Wie viel Bildschirmzeit ist noch unbedenklich?

Eine aktuelle Metaanalyse (JAMA Network Open, 2025) kommt zu dem Schluss, dass bis zu einer Stunde tägliche Bildschirmzeit weitgehend unbedenklich sei. Doch bereits bei zwei Stunden steigt das Risiko für Kurzsichtigkeit um über 20 Prozent – vor allem, wenn Displays in sehr geringem Abstand betrachtet werden, wie es bei Smartphones häufig der Fall ist. Auch die Gutenberg Health Study zeigt: Mit höherem Bildungsgrad – und damit mehr Naharbeit – nimmt auch die Kurzsichtigkeit signifikant zu.

Tageslicht als natürliche Schutzmaßnahme

Doch es gibt eine wirkungsvolle Gegenmaßnahme: Tageslicht. Studien deuten darauf hin, dass zwei Stunden Aufenthalt im Freien pro Tag das Risiko, kurzsichtig zu werden, deutlich senken können. Die Stiftung Auge empfiehlt deshalb, Bildschirmzeiten altersgerecht zu begrenzen und möglichst viel Zeit im Tageslicht zu verbringen – beim Spielen, Toben oder Sport draußen.

Ein gesundes Gleichgewicht ist möglich

So lässt sich die Balance finden zwischen digitalem Lernen und gesunder Sehentwicklung – und Kinderaugen werden nicht nur klüger, sondern auch langfristig gesünder.




Entdecken, Forschen, Mitgestalten: SommerKinderCollege in Karlsruhe

Ferienfreude mit Mehrwert: Zwei kreative Wochen für Kinder zwischen sieben und 14 Jahren

Auch in diesem Jahr öffnet die DHBW Karlsruhe ihre Türen für junge Entdeckerinnen und Entdecker: Vom 25. August bis 5. September 2025 findet erneut das beliebte SommerKinderCollege statt – ein spannendes Ferienangebot für Kinder zwischen sieben und 14 Jahren. In einem abwechslungsreichen Programm erwartet die Teilnehmenden ein kreativer Mix aus Wissen, Technik, Umwelt und Gesellschaft.

Das Creativ-LAB 2025 bietet täglich von 10:00 bis 13:00 Uhr interaktive Workshops, die nicht nur Spaß machen, sondern auch zum Nachdenken, Ausprobieren und Mitmachen einladen.

Highlights aus dem Programm:

  • Künstliche Intelligenz vs. Menschliches Lernen: Können Maschinen wirklich besser lernen als wir?
  • Vulkanausbruch im Hörsaal: Wie funktioniert ein Vulkan – und was passiert, bevor er ausbricht?
  • Recht & Gerechtigkeit: Was regelt unser Zusammenleben – und wie arbeiten Richter und Anwälte?
  • Krieg im Kleinen?: Eine Geschichte über zwei Nachbarinnen regt zum Nachdenken über Konflikt, Gewalt und Frieden an.
  • App-Entwicklung live erleben: Kinder schlüpfen in die Rolle von Start-up-Teams, entwickeln eine eigene App und stellen ihre Ideen vor.
  • Gesund bleiben mit Köpfchen: Was können wir selbst für unsere Gesundheit tun? Eine Apothekerin gibt spannende Einblicke.
  • Roboter in der Industrie: Sind Roboter die besseren Arbeiter – oder nur Helfer?
  • Journaling & Comiczeichnen: Erlebnisse kreativ aufs Papier bringen – mit Bild, Text und Fantasie.

Teilnahme & Anmeldung

Die Teilnahme ist kostenpflichtig:

  • 18 € pro Tag und Person (inkl. Material)
  • 80 € Wochenpauschale pro Person

Zielgruppe: Schülerinnen und Schüler ab sieben Jahren

Mehr Informationen und die Möglichkeit zur Anmeldung gibt es unter:
🔗 www.karlsruhe.dhbw.de/kindercollege.html

📍 Veranstaltungsort:
Duale Hochschule Baden-Württemberg Karlsruhe
Erzbergerstraße 121
76131 Karlsruhe

📧 Kontakt: c.keller.seminare@web.de




Brennpunktschulen im Blick: große Hürden, große Pläne

Studie „Schule im Brennpunkt 2025“: Große Herausforderungen, vorsichtiger Optimismus bei Schulleitungen

Die Herausforderungen an Schulen mit hohem Anteil sozial benachteiligter Kinder und Jugendlicher sind groß – das zeigen die Ergebnisse der aktuellen Befragung „Schule im Brennpunkt 2025“ der Wübben Stiftung Bildung, die am Donnerstag veröffentlicht wurde. 226 Schulleitungen aus vier Bundesländern gaben dabei Einblick in ihre tägliche Arbeit. Die Erkenntnis: Mangelnde Sprachkenntnisse, fehlende Unterstützung im Elternhaus und unpassende Lehrmaterialien prägen den Schulalltag – und erschweren das Lernen erheblich.

Hoher Unterstützungsbedarf schon zu Schulbeginn

Besonders alarmierend: Rund 70 Prozent der befragten Schulleitungen berichten, dass viele Kinder bereits bei Schuleintritt über zu geringe Sprach-, Fach- und sozial-emotionale Kompetenzen verfügen. Fast ein Viertel der Schülerinnen und Schüler bleibt länger als vorgesehen in der Grundschule. Dazu kommen strukturelle Probleme: Lehrpläne und Lehrwerke passen nach Einschätzung von über 70 Prozent der Befragten nicht zur Lebenswelt ihrer Schülerschaft.

Die Rolle der Eltern ist ebenfalls ein kritischer Faktor. 96,5 Prozent der Schulleitungen sehen fehlende elterliche Unterstützung als gravierendes Hindernis für den Lernerfolg der Kinder – sei es durch sprachliche Barrieren, fehlende Zeit oder mangelnde Bildungserfahrung im Elternhaus.

Große Erwartungen an das Startchancen-Programm

Trotz der schwierigen Rahmenbedingungen blicken viele Schulleitungen mit Hoffnung auf das neue Startchancen-Programm von Bund und Ländern. Ziel des Programms ist es, gezielt Schulen in schwieriger Lage mit finanziellen und personellen Ressourcen zu unterstützen. Laut Befragung sehen die Schulleitungen den größten Bedarf in der individuellen Förderung von Schülerinnen und Schülern (87,3 Prozent), in der Weiterentwicklung von Unterricht und Schule (88,8 Prozent) sowie in der Professionalisierung des pädagogischen Personals (73,5 Prozent).

Ermutigend: Eine Mehrheit der Befragten ist zuversichtlich, dass zentrale Ziele des Programms in den nächsten zehn Jahren erreicht werden können – etwa die Halbierung der Zahl jener Kinder, die die Mindeststandards in Deutsch und Mathematik verfehlen (64,9 Prozent), und eine spürbare Stärkung der sozial-emotionalen Kompetenzen (90,1 Prozent).

„Es kommt jetzt auf die Umsetzung an“

„Unsere Befragung verdeutlicht, dass die Schulleitungen große Hoffnungen mit dem Startchancen-Programm verbinden und mit Blick auf die Erreichung der Programmziele sehr zuversichtlich sind“, sagt Dr. Markus Warnke, Geschäftsführer der Wübben Stiftung Bildung. Entscheidend sei nun, dass die Länder das Programm so gestalten, „dass sich die Bildungschancen der Kinder und Jugendlichen dadurch tatsächlich verbessern und die Unterstützung für die Schulen nicht verpufft.“

Hintergrund: Wer wurde befragt?

Für die Studie wurden ausschließlich Schulen berücksichtigt, an denen mindestens die Hälfte der Schülerinnen und Schüler entweder eine andere Herkunftssprache als Deutsch spricht oder aus Familien stammt, die Leistungen nach dem zweiten Sozialgesetzbuch erhalten. Damit bildet die Befragung gezielt die Situation an sogenannten Brennpunktschulen ab. Über 90 Prozent der teilnehmenden Schulen sollen am Startchancen-Programm beteiligt sein. Die Studie wurde vom impaktlab, der wissenschaftlichen Einheit der Wübben Stiftung Bildung, durchgeführt.

Engagierte Schulleitungen vor strukturellen Herausforderungen

Die Ergebnisse der Befragung „Schule im Brennpunkt 2025“ liefern ein differenziertes Bild: Auf der einen Seite stehen massive strukturelle Herausforderungen – auf der anderen Seite zeigt sich eine engagierte Schulleitungslandschaft, die bereit ist, Veränderungen aktiv mitzugestalten. Jetzt kommt es darauf an, ob und wie das Startchancen-Programm tatsächlich als Hebel für mehr Bildungsgerechtigkeit genutzt werden kann.

Zur Studie:
Schule im Brennpunkt 2025. Eine Befragung des impaktlab der Wübben Stiftung Bildung
PDF-Link zur Studie

Quelle: Pressemitteilung von Marisa Klasen, Wübben Stiftung Bildung