Entwicklung geschieht durch positiv erlebte Bindung

Grundsätze für eine qualitätsgeprägte Beobachtung – Beziehungen prägen das Verhalten von Kindern entscheidend mit

Kindheitsforschungen belegen: immer mehr Kinder reagieren gereizt, fühlen sich überfordert, besitzen wenig Belastbarkeit, sind unruhig oder inaktiv; reagieren mit Aggressivität auf subjektiv erlebte Überforderungen und wenden zunehmend Gewalt gegen Dinge und andere Personen an. Sie wollen Wünsche möglichst umgehend erfüllt bekommen und ­reagieren mit Wutausbrüchen, wenn Wunscherfüllungen versagt werden. Kinder haben vermehrt Herzrasen, Schlafstörungen, Magenbeschwerden und Kopfschmerzen; sie trauen nahezu niemandem und kritisieren jeden und alles, der bzw. was ihnen missfällt. Psychosomatische An-/Auffälligkeiten und immer frühere sowie intensivere Erfahrungen mit Suchtmitteln lassen besorgte Eltern und professionelle Fachkräfte aufhorchen und führen zu der Formulierung, dass viele Kinder in zunehmendem Maße „innerlich aussteigen“. Kinderärzt*innen, Psycholog*innen und (Elementar)Pädagog*innen schlagen Alarm. Kindheiten und Kindsein sind heute schon lange kein Kinderspiel mehr.

„Wer bringt dem Kind das Lachen bei? Die Sonne, die Blumen.

Wer bringt dem Kind das Singen bei? Die Vögel, wenn sie jubilieren.

Wer bringt dem Kind das Staunen bei? Alle Dinge, die es sieht.

Wer bringt dem Kind das Weinen bei? Die Menschen, wenn sie die Seele verletzen.

Nur eine Kinderseele ohne Narben kann herzlich lachen.“

(R. Timm)

Offensichtlich kommt es bei einer großen Anzahl von Kindern zu Irritationen im Bereich der personalen Identität und Stabilität

Wie entwicklungspsychologisch bekannt, steht bei Kindern zunächst der Auf- und Ausbau der Ich-Kompetenz im Vordergrund, geht es doch hier vor allem um das Verhältnis des Kindes zu sich selbst und um seine Möglichkeiten, sich unter dem besonderen Aspekt der eigenen Interessen und Möglichkeiten mit sich sowie seinem unmittelbaren Umfeld auseinanderzusetzen, zu entdecken, zu explorieren und bedeutsame Erfahrungen zu machen. Dieser Ich-Kompetenz wird eine grundlegende Bedeutung im Hinblick auf die Entwicklung einer Ich-Autonomie beigemessen, die dem Kind hilft, (Selbst)Vertrauen zu sich und zu seinem Handeln zu erlangen. Doch gleichzeitig zeigen o.g. Beobachtungen, dass es offensichtlich vielen Kindern immer schwerer fällt /gemacht wird, diese basale Entwicklung zu realisieren. Die Frage nach möglichen Hintergründen wird durch vielfach belegte Untersuchungsergebnisse offenbar: Entwicklung geschieht durch positiv erlebte Bindung und Erziehung ist Beziehung.

Diese sichere Bindung bzw. Beziehungsqualität scheint daher von immer weniger Kindern in ihrer ganzen Tiefe erlebt zu werden

Erinnern wir uns an die große Familientherapeutin Virginia Satir, die einmal sagte: „Ich glaube daran, dass das größte Geschenk, das ich von jemandem empfangen kann, ist, gesehen, gehört, verstanden und berührt zu werden. Das größte Geschenk, das ich geben kann, ist, den anderen zu sehen, zu hören, zu verstehen und zu berühren. Wenn dies geschieht, entsteht Kontakt.“

In der aktuellen entwicklungspsychologischen Forschung gehen viele Wissenschaftler*innen inzwischen davon aus, dass Kinder in zunehmendem Maße Entwicklungsunterbrechungen durch Beziehungsstörungen erleben/erlebt haben, die es ihnen nahezu unmöglich machen, so genannte Basisfähigkeiten aufzubauen. (Genannt seien hier vor allem die Bereiche Selbst-/Fremdwahrnehmungsbereitschaft, Wahrnehmungsdifferenzierung, Selbstannahme, Erleben von Personstärke, Öffnungsbereitschaft für Selbstexploration, Motivation zur Selbstentwicklung neu zu entdeckender Lernbereiche, Aktivitätsmotivation zum Stressabbau, Wertigkeitssensibilität, Gefühlsexploration, intrinsische Lernmotivation, konstruktives Konfliktmanagement). Inzwischen hat sich gezeigt, dass es so genannte „innere, automatisierte und autonom gesteuerte Entwicklungsabläufe“ im Hinblick auf den Aufbau von Fähigkeiten nicht gibt. Allerdings zeigen Beobachtungsergebnisse, dass spezifische Basisfähigkeiten in Verbindung mit einer qualitativ intensiven Grundbedürfnisbefriedigung durch erlebte Bindungen in sehr engen Vernetzungen stehen. Gleichzeitig ergeben sich Verhaltensirritationen spezifischer Art aus der Nichtbefriedigung bestimmter seelischer Grundbedürfnisse.

Werden nun Basisfähigkeiten als Aufbauprozess und entsprechende Fertigkeiten als Ausbauentwicklung verbunden betrachtet, fokussiert sich die notwendige Aufmerksamkeit – auch und gerade in der ELEMENTARPÄDAGOGIK – auf zwei Elemente. Zum einen muss die gesamte pädagogische Art und Weise, wie das Kommunikations- und Interaktionsgeschehen mit Kindern gestaltet wird und welche Schwerpunkte im pädagogischen Alltagsgeschehen umgesetzt werden, darauf ausgerichtet sein, dass Kinder in der täglichen Arbeit ihre Grundbedürfnisbefriedigung durch Bindungserfahrungen erleben (können). Zum anderen sind es aber auch bestimmte Verhaltensmerkmale der Erwachsenen, die notwendig sind, dem Anspruch einer bedürfnisgerechten Kommunikation in einer beziehungsgeprägten Interaktion und in bindungsnahen Erlebnissen gerecht zu werden.

Du hast mir das Lachen und die Freude gezeigt,

mich vom Stillstand befreit.

Du hast mir Geborgenheit und Sicherheit gegeben,

hast mir gezeigt,

wie es ist zu leben.

Du hast in mir Zuversicht, Hoffnung, Ziele und Staunen geweckt,

hast gemeinsam mit mir

die vielen, eigenen verborgenen Talente entdeckt.

Und dafür liebe ich Dich.

(AK in Anlehnung an Siegfried Maier)

So stehen jeweils bestimmte Vernetzungen in einer kindorientierten Elementarpädagogik im Mittelpunkt:

  • die Befriedigung basaler Grundbedürfnisse sorgt für einen Entwicklungsaufbau von spezifischen Fähigkeiten bei Kindern
  • Basisfähigkeiten führen zu spezifischen kognitiven/ emotionalen/ motorischen/ sozialen Fertigkeiten
  • fehlende Basisfähigkeiten führen zu spezifischen Verhaltensirritationen
  • und eine Grundbedürfnisbefriedigung verlangt nach bindungsintensiven und spezifischen Erwachsenenkompetenzen

Doch alles fängt mit einer Kenntnis und Befriedigung der GRUNDBEDÜRFNISSE von Kindern an. Diese können entwicklungspsychologisch als „tragende Entwicklungssäulen“ bezeichnet werden, die Kindern helfen, „Wurzeln“ für ihre Persönlichkeits- und Lebensentfaltung zu entwickeln.

Die 16 seelischen Grundbedürfnisse

Ihre Merkmalsbezeichnungen lauten:

  • Zeit mit bindungsnahen Menschen erleben, um sich selbst in den eigenen Entwicklungsmöglichkeiten wahrzunehmen und die Welt um sich herum zu entdecken;
  • Ruhe in der Entwicklung erfahren, um die Basisfähigkeit „Wahrnehmungsdifferenzierung“ aufbauen zu können;
  • Liebe i.S. einer personalen Annahme erleben, um ein Gefühl der Selbstannahme zu entwickeln und Empathie für die lebende und dingliche Welt aufzubauen;
  • Vertrauen durch andere spüren, um eigenen Stolz erleben zu dürfen und Leistungsbereitschaft zu entwickeln;
  • von Mitmenschen verstanden werden, um in den vielfältigen Lebenssituationen und Lebensherausforderungen immer wieder Kontakt zu sich selbst herzustellen und eine Mitverantwortung für Situationsverläufe zu entdecken;
  • Sicherheit durch Nähe und feste (Sinn bedeutsame) Regeln erfahren, um in einen nachhaltigen Prozess der Selbstentwicklung zu finden;
  • Bewegung ausdrücken können, um durch gezielte und bewusst gewählte motorische Aktivitäten Stress abzubauen und in eine gedankliche, emotionale und motorische Selbststeuerung kommen zu können;
  • Intimität und Geheimnisse bejahend zuerkannt bekommen, um zu erkennen, dass es im Ausdrucksverhalten eine „öffentliche“ und eine „private“ Person gibt, die es in der Außenwirkung zu differenzieren gilt;
  • Mitsprache erleben und umsetzen dürfen, um ein individuelles, persönliches Wertigkeitsempfinden zu entwickeln;
  • Erfahrungsräume erkunden können, und die Vielfalt der eigenen Entwicklungspotenziale zu entdecken;
  • Gefühle (Freude, Angst, Wut, Trauer, Scham) entdecken, erleben und zuordnen dürfen, und ihre Existenz zu akzeptieren und in die eigene Gefühlswelt bejahend zu integrieren;
  • die eigene Sexualität/ sexuelle Ausrichtung in vollem Umfang annehmen und in sich stabil integrieren, um sich in seinem Körper wohlzufühlen;
  • Gewaltfreiheit als ein besonders wichtiges „Lebensgut“ erfahren, um in den vielfältigen, Angst auslösenden Alltagssituationen immer stärker angstfrei handeln zu können;
  • Neugierde spüren, zulassen und praktisch umsetzen können, um sich und der Welt immer wieder aufs Neue lernmotiviert zu begegnen;
  • Optimismus durch andere erleben, gerade wenn sich im Kind ein Pessimismus auszubreiten droht sowie
  • Respekt bzw. Achtung in der erlebten Kommunikation erfahren, um Lebensherausforderungen als Lernchancen anzusehen und mit konstruktiven Gedanken und Handlungsweisen selbst schwierige Situationen anzunehmen und zu lösen wollen.

Es sind also primär strukturelle Bedingungen und personale Kompetenzen der Erwachsenen, die für eine persönlichkeitsförderliche und stark machende, ressourcenorientierte Entwicklung von Kindern sorgen.

Reflexions- und Planungsbogen

Es ist – aus professioneller Sicht – notwendig und – aus einem intrinsisch motiviertem, selbstreflektorischen Anspruch heraus – sicherlich hilfreich, sich einmal mit den folgenden Fragen auseinanderzusetzen. Dies kann in einer Eigenarbeit, aber auch gemeinsam im Kollegium geschehen.

Wichtig ist allerdings dabei, dass es bei der Auseinandersetzung mit den Fragen nicht um bloße Absichtserklärungen oder persönlich ausgesprochene Meinungen geht. Ist doch bekannt, dass Selbsteinschätzungswerte in der Regel weitaus positiver ausfallen als beobachtbare Fakten. Insofern geht es darum, jede Beantwortung der einzelnen Fragen mit vielen Beispielen aus Ihrem Erleben noch einmal zu aktualisieren und mit der heutigen „Praxis im Alltag“ zu belegen:

A) Auswirkungen angenehmer Ereignisse, Erlebnisse und Erfahrungen auf Ihre heutige Lebensgestaltung

  • Denken Sie bitte an Ihre Kinder(garten)-/Schulzeit: Was zeichneten die Personen aus, denen Sie eine hohe Bedeutung beigemessen haben, die Ihnen viel bedeutet haben? Und warum war das Ihrer Einschätzung nach so?
  • Wodurch zeichneten sich diese Personen besonders aus? Welche Persönlichkeitsmerkmale haben Sie tief beeindruckt und hatten auf diese Weise für Sie einen besonders hohen Bedeutungswert?
  • Was glauben Sie, haben diese als besonders angenehm erlebten Persönlichkeitsmerkmale und Verhaltensweisen für eine Auswirkung auf Ihre damals stattgefundene und erlebte Biografie? Und welche Entwicklungsvorgänge haben diese Erlebnisse in Ihnen hervorgerufen?
  • Welche eigenen Persönlichkeitsmerkmale haben sich durch diese Erlebnisse bis heute in Ihnen erhalten?

B) Wie schätzen Sie das „soziale Klima“ in Ihrer Einrichtung ein?

  • im Kollegium, auch abhängig von Ihrer Haltung und Ihren konkreten Verhaltensweisen?
  • in der Kindergruppe, auch abhängig von Ihrer Haltung und Ihren konkreten Verhaltensweisen?
  • in der Beziehung zwischen Ihnen und den Kindern, auch abhängig von Ihrer Haltung und der Art und Weise Ihres Kommunikations- und Interaktionsverhaltens?

C) Was tragen Sie als Fachkraft im Alltagsgeschehen zum Auf-/Ausbau der personalen Ressourcen der Kinder bei (selbstwertschätzendes Erleben der Kinder)?

D) Wie verhindern Sie als Fachkraft im pädagogischen Alltag die Entstehung/ Festigung von Vulnerabilitäten (selbstwertschädigendes Erleben) der Kinder untereinander. Bzw. was tragen Sie in welcher Form dazu bei, dass Konflikte im Kollegium geklärt werden?

E) Was unternehmen Sie konkret, um

  • die Selbstwahrnehmung der Kinder im Alltag auf-/auszubauen?
  • die Erlebnisse einer Selbstwirksamkeit der Kinder auf-/auszubauen?
  • den Stressabbau der Kinder im Alltag aktiv zu unterstützen?
  • Problemlösungen mit Kindern zu suchen, zu entdecken und zu erleben anstatt ihnen Problemlösungen in direktiver Form vorzugeben?
  • die Partizipation der Kinder in der Einrichtung auf den unterschiedlichsten Ebenen zu aktivieren?
  • das Gefühl der Gruppen- und Einrichtungszugehörigkeit der Kinder und der Kolleg*innen aufzubauen und zu stabilisieren?

Zusammenfassung

Beobachtungen in der (elementar)pädagogischen Praxis haben nur dann eine fachliche Berechtigung, wenn sie systematisch vorbereitet, strukturiert und aufgabenorientiert gemacht sowie zielorientiert ausgewertet werden. Je nach ihrer Aufgabenstellung richtet sich eine Beobachtung punktgenau auf die entsprechende Fragestellung aus. Dann kann ein Beobachtungsergebnis mit dem formulierten Ziel in eine Deckungsgleichheit gebracht werden.

Ausgangspunkt für eine Beobachtung ist unsere Wahrnehmung, die allerdings immer subjektiv geprägt ist. Hier fallen persönliche Einstellungen, Sichtweisen, Vorlieben, Abneigungen, Werte und Normen ins Gewicht. Umso bedeutsamer ist es, diese „Beobachtungsfallen“ und „Beurteilungsverschiebungen“ zu bemerken. Sonst werden persönlich geprägte Wahrnehmungs-, Beobachtungs- und Beurteilungsabsichten in den Vordergrund gerückt. Erst wenn eine Beobachtung weitgehend frei von diesen intrapersonalen Aspekten ist, kann es gelingen,

  • sich selbst immer besser zu verstehen und den Zusammenhang von den biografischen Erlebnissen, Eindrücken und Erfahrungen zu entdecken,
  • ein Kind dort mit seinen Interessen und entwicklungspädagogischen Bedürfnissen abzuholen, wo es entwicklungspsychologisch steht,
  • auch die eigene Verantwortung für eine gelingende Zusammenarbeit im Kollegium anzunehmen und entsprechend teamförderlich zu handeln.

Diesen Beitrag haben wir folgendem Buch entnommen:

Krenz, Armin

Beobachtung und Entwicklungsdokumentation

Grundlagen – Praxisbeispiele – Beobachtungslisten – Dokumentationsmuster

Burckhardthaus

25,00 € (inkl. MwSt.)

Eigens für dieses Buch wurde die Website www.beobachten-und-dokumentieren.de eingerichtet, auf der sich die Formulare zum Download befinden. Das Buch richtet sich sowohl an Studierende der Sozial- und Heilpädagogik als auch an Erzieher*innen/Kindheitspädagog*innen, die schon im Beruf stehen.




Fachkräftelücke in der Kinderbetreuung und -erziehung am größten

leerstuhl

Arbeitsmarkt: In welchen Berufen die meisten Fachkräfte fehlen

Trotz der schwachen wirtschaftlichen Entwicklung bleibt die Fachkräftesituation in Deutschland angespannt. Besonders in den Gesundheits- und Sozialberufen sowie im Handwerk ist der Bedarf an qualifizierten Fachkräften groß, zeigt eine neue Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW).

Bundesweit fehlen mehr als 530.000 qualifizierte Arbeitskräfte. Das spüren auch die Verbraucher immer mehr im Alltag – beispielsweise bei den Wartezeiten für einen Termin in der Autowerkstatt. Denn auch wenn die Fachkräftelücke zuletzt aufgrund der Wirtschaftskrise um fast 13 Prozent zurückgegangen ist, fällt es vielen Unternehmen schwer, passend qualifizierte Arbeitskräfte zu finden. Rein rechnerisch blieben zwischen Juli 2023 und Juni 2024 vier von zehn offenen Stellen unbesetzt, zeigt eine neue IW-Studie.

Fachkräftelücke in der Kinderbetreuung und -erziehung am größten

Die meisten Fachkräfte fehlen derzeit in der Kinderbetreuung und -erziehung. Zuletzt blieben dort mehr als 21.000 offene Stellen unbesetzt. Hinzu kommt, dass bundesweit etwa 300.000 Betreuungsplätze für Kinder unter drei Jahren fehlen. Die Folge: Viele Eltern müssen ihre Kinder selbst betreuen und daher ihre Arbeitszeit reduzieren.

Auch in den Elektro- und Handwerksberufen ist die Fachkräftelücke groß. In der Bauelektrik fehlen mehr als 18.000 Fachkräfte mit abgeschlossener Berufsausbildung, was zu verzögerten Bauvorhaben führt. Auch im Maschinenbau wird trotz verringerter Auftragslage händeringend nach Personal gesucht. So fehlen in der elektrischen Betriebstechnik fast 14.000 Fachkräfte, in der Maschinenbau- und Betriebstechnik sind es mehr als 12.500.
Fachkräftesicherung noch aktiver gestalten

Die Politik muss weitere Stellschrauben betätigen, um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken. Sie kann erstens Beschäftigte ohne berufliche Qualifikation aus- und weiterbilden und zweitens Anreize schaffen, damit ältere Beschäftigte über das Renteneintrittsalter hinaus arbeiten.

Auch die Zuwanderung von Fachkräften aus dem Ausland muss die Bundesregierung weiter erleichtern: „Das neuaufgelegte Fachkräfteeinwanderungsgesetz bietet gute Wege. Diese Chance muss jetzt genutzt werden“, sagt IW-Ökonom Jurek Tiedemann. „Zudem muss die Politik dringend die bürokratischen Hürden bei der Visavergabe und der Anerkennung von ausländischen Berufsabschlüssen reduzieren.“



Quelle: Pressemitteilung Institut der deutschen Wirtschaft Köln e.V.




Weniger Kinder und mehr Personal in der U3-Betreuung

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Die Zahl der Kinder unter drei Jahren in Kindertagesbetreuung ist zum 1. März 2024 gegenüber dem Vorjahr um rund 8.400 auf insgesamt 848.200 Kinder gesunken

Mit 848.200 Kindern haben zum 1. März 2024 ein Prozent weniger unter Dreijährige eine Kindertagesbetreuung besucht als im Vorjahr. Während in den vergangenen zwei Jahren die Zahl der unter Dreijährigen in der Kindertagesbetreuung angestiegen war (2023: +2,1 %, 2022: +3,6 %), ist nun erstmals seit 2021 wieder ein Rückgang zu verzeichnen. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) weiter mitteilt, stieg die Betreuungsquote zum Stichtag bundesweit jedoch auf 37,4 % (2023: 36,4 %). Diese Entwicklung ist auf die Bevölkerungsentwicklung und die rückläufige Zahl der Kinder unter drei Jahren zurückzuführen. Beim Personal gab es in den Kitas einen Zuwachs um 3,1 % gegenüber dem Vorjahr, während die Zahl der Tagesmütter oder -väter um 3,8 % zurückging.

Anteil der männlichen Beschäftigten wächst weiter

Nach wie vor ist der Anteil der Männer, die in der Kindertagesbetreuung tätig sind, relativ gering. Am 1. März 2024 waren 66 500 Männer im pädagogischen, Leitungs- und Verwaltungsbereich in einer Kita beschäftigt oder als Tagesvater aktiv. Der Männeranteil – bezogen auf alle tätigen Personen in diesen Bereichen – lag damit bei 8,1 %. In den vergangenen zehn Jahren entschieden sich allerdings immer mehr Männer für eine Tätigkeit in der Kindertagesbetreuung: Die Zahl der männlichen Beschäftigten hat sich seit 2014 mehr als verdoppelt (2014: 27 300), der Männeranteil fast verdoppelt (2014: 4,8 %).

Höhere Betreuungsquoten in Ostdeutschland

In den ostdeutschen Bundesländern (einschließlich Berlin) waren zum Stichtag 1. März 2024 durchschnittlich mehr als die Hälfte aller Kinder unter drei Jahren in einer Tagesbetreuung (55,2 %).

In Westdeutschland war die Betreuungsquote mit 33,9 % nach wie vor deutlich niedriger als im Osten. Bundesweit hatten Mecklenburg-Vorpommern (60,3 %), Sachsen-Anhalt (59,4 %) und Brandenburg (59,1 %) die höchsten Betreuungsquoten. Unter den westdeutschen Bundesländern erreichte Hamburg mit 49,9 % die höchste Quote, mit deutlichem Abstand gefolgt von Schleswig-Holstein (40,0 %) und Niedersachsen (36,2 %). Bundesweit am niedrigsten waren die Betreuungsquoten in Bremen (30,0 %), Baden-Württemberg (32,0 %) und Nordrhein-Westfalen (32,2 %).

1,0 % mehr Kitas, jedoch 3,8 % weniger Tagesmütter und -väter als im Vorjahr

Am 1. März 2024 gab es bundesweit 60 662 Kindertageseinrichtungen. Das waren 617 oder 1,0 % mehr als im Vorjahr. Die Zahl der dort als pädagogisches Personal oder als Leitungs- und Verwaltungspersonal beschäftigten Personen stieg um 24 400 oder 3,2 % auf 778 200. Demgegenüber sank die Zahl der Tagesmütter und -väter im vierten Jahr in Folge, und zwar um 1 569 auf 39 664 (-3,8 %).

Methodische Hinweise:

Für die Statistiken der Kinder und tätigen Personen in Kindertageseinrichtungen und in öffentlich geförderter Kindertagespflege sowie in Großtagespflegestellen wurden alle Kinder angegeben, die am Stichtag ein Betreuungsverhältnis hatten, unabhängig davon, ob diese am Stichtag betreut wurden oder nicht. Beim Personal wurden alle Personen berücksichtigt, die am Stichtag in einem gültigen Arbeitsverhältnis tätig waren.

Bei der Betreuungsquote handelt es sich um den Anteil der in Kindertageseinrichtungen (zum Beispiel Kindertagesstätte, Kinderkrippe, Hort) oder in öffentlich geförderter Kindertagespflege (zum Beispiel öffentlich geförderter Betreuungsplatz bei einer Tagesmutter oder einem Tagesvater) betreuten unter Dreijährigen an allen Kindern dieser Altersgruppe.

Weitere Informationen:

Weitere Informationen bietet die Themenseite „Kindertagesbetreuung“ im Internetangebot des Statistischen Bundesamtes. Basisdaten zur Kindertagesbetreuung in Deutschland sind zudem über die Tabellen Kinder und tätige Personen in Tageseinrichtungen (22541), Kinder und tätige Personen in Kindertagespflege (22543) und Personen in Großtagespflegestellen und betreute Kinder (22545) in der Datenbank GENESIS-Online verfügbar. 

Das Angebot an Online-Tabellen zur Kindertagesbetreuung wurde in diesem Jahr umfangreich erweitert und ist neben weiterführenden Informationen auf der Themenseite „Kindertagesbetreuung“ verfügbar.

Quelle: Pressemitteilung Statistisches Bundesamt




Immer weniger gute, nicht-kommerzielle Kinder-Internetseiten

kinderseiten

Das Deutsche Kinderhilfswerk setzt sich für die Förderung von Websites für Kinder ein

Das Deutsche Kinderhilfswerk (DKHW) appelliert an die Bundesregierung, sich stärker bei der Förderung von guten, nicht-kommerziellen Kinder-Internetseiten zu engagieren, um eine kindgerechte Angebotslandschaft im Internet dauerhaft sicherzustellen. Eine vielfältige Kinderseiten-Landschaft müsse Teil eines präventiven und ganzheitlichen, vom Kind aus gedachten sicheren und bereichernden Medienumfeldes sein. Sie fördere die Medienkompetenz von Kindern, indem das Erproben und Erkunden in einem sicheren digitalen Umfeld ermöglicht werde, so das DKHW in einer Erklärung.

Auch deshalb stehe die Bundesregierung hier in der Verantwortung, durch eine projektunabhängige, langfristig planbare Förderung ein entsprechendes Angebot zu gewährleisten. Damit Kinder bereits unterhalb der laut Nutzungsbedingungen festgelegten Altersgrenzen ihren Bedürfnissen entsprechend auf Social-Media-Plattformen digitale Räume aktiv mitgestalten und sich in sicherem Umfeld mit Gleichaltrigen austauschen könnten, seien kindgerechte und sichere Angebote nötig, die frühzeitig soziale Kompetenzen für den digitalen Raum fördertenn und den Kindern medienpädagogische Kenntnisse für den Umgang im offenen Netz vermittelten, so das Hilfswerk.

Kinder müssen beim Umgang mit dem Netz pädagogisch unterstützt, beraten und begleitet werden

„Da Kindern vielfach noch eine ausgeprägte kritische Urteilsfähigkeit und die Fähigkeit zur Orientierung innerhalb der Informationsgesellschaft fehlen, müssen sie beim Umgang mit dem Netz pädagogisch unterstützt, beraten und begleitet werden. Gerade das kommerzielle Internet birgt kinder- und jugendgefährdende Inhalte, vor denen es Kinder zu schützen gilt. Aber genau dahin wenden sich viele Kinder, wenn es keine auf ihre Bedürfnisse zugeschnittene Angebote gibt, mit allen bekannten Inhalts- und Interaktionsrisiken. Demgegenüber sollte es für Kinder und Jugendliche möglich sein, das Internet möglichst frei und unbeschwert zu nutzen. Hier leisten viele Kinder-Internetseiten einen wertvollen Beitrag. Auch deshalb sehen wir bei der nachhaltigen Förderung guter Kinder-Internetseiten Bundesfamilienministerin Lisa Paus und Kulturstaatsministerin Claudia Roth in der Pflicht“, betont Holger Hofmann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes.

Gute Internetseiten wie kindersache.de, seitenstark.de und fragfinn.de seien dagegen zu wenig bekannt.

Quelle: Prerssemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V.




Bundesweit fehlen über 300.000 Krippenplätze

Laut einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft findet jedes siebte Kind unter drei Jahren findet keinen Kitaplatz

Seit mehr als zehn Jahren gibt es für Kinder ab dem ersten Lebensjahr einen Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz. Doch noch immer gelingt es der Politik nicht, die Vorgabe zu erfüllen: Im Frühjahr 2024 gab es bundesweit für 306.000 Kinder unter drei Jahren mit einem Betreuungsbedarf keinen Platz. Das zeigen IW-Berechnungen auf Basis von Daten des Statistischen Bundesamts und des Familienministeriums.

Versorgungslage im Osten am besten

Besonders schlecht ist die Lage in Westdeutschland: In Bremen gibt es für beinahe jedes vierte Kind (23,9 Prozent) keinen Platz, in Nordrhein-Westfalen ist der Anteil auf 18,6 Prozent der unter Dreijährigen gestiegen. Anders im Osten, dort gibt es nur für 7,6 Prozent der Kinder keinen Betreuungsplatz. Beim Spitzenreiter Mecklenburg-Vorpommern sind es sogar nur 3,9 Prozent. Allerdings ist die Lage dort eine andere: Gegenüber dem Jahr 2016 sind die Geburten in den neuen Bundesländern um 25 Prozent zurückgegangen (Westen: 9,6 Prozent). In den kommenden Jahren könnte es deshalb dort sogar ein Überangebot geben.

Bedarf im Westen bleibt hoch

„Im Osten muss die Politik schon heute darüber nachdenken, das Betreuungsangebot zu reduzieren“, sagt IW-Bildungsexperte Wido Geis-Thöne. Im Westen dürfte der Bedarf hingegen auf absehbare Zeit hoch bleiben, die dortigen Länder und Kommunen müssen den Ausbau deutlich forcieren. „Der Mangel an Kitaplätzen ist ein politisches Armutszeugnis. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist immer noch in weiten Teilen der Bundesrepublik stark eingeschränkt“.

Wido Geis-Thöne (IW)




Mittagessen an Kitas und Schulen sollte gratis und gesund sein

Das Deutsche Kinderhilfswerk plädiert für den Wegfall der Mehrwertsteuer beim Kita- und Schulessen

Das Deutsche Kinderhilfswerk fordert den Zugang zu einem gesunden und ausgewogenen, täglichen Mittagessen für alle Kinder zu erleichtern. Zudem sollten die Qualitätsstandards der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) für alle Bildungseinrichtungen verbindlich eingeführt werden. Bisher sind diese nur in fünf Bundesländern verpflichtend. Außerdem plädiert das Deutsche Kinderhilfswerk nachdrücklich für den Wegfall der Mehrwertsteuer für Kita- und Schulessen. Zudem sollten durch ein stärkeres finanzielles Engagement von Bund, Länder und Kommunen Schritte dahingehend unternommen werden, das Kita- und Schulessen für alle Kinder kostenfrei anzubieten.

Wichtiger Bestandteil des Aufwachsens

„Das tägliche Essen in Kita und Schule ist für Kinder keine Kleinigkeit, sondern ein wichtiger Bestandteil des gesunden Aufwachsens. Aus Sicht des Deutschen Kinderhilfswerkes braucht daher jedes Kind im Ganztagsbetrieb von Kita oder Schule eine gute, gesunde, warme Mahlzeit. Dazu zählt die Vielfalt der Speisen ebenso wie ihre nährstoffreiche Zubereitung, aber auch Vollkornprodukte und Fisch. Stattdessen werden derzeit oft Gerichte mit zerkochtem Gemüse, trockenen Kartoffeln und billigen Fertigsoßen serviert. Die seit vielen Jahren wiederholten Appelle und Ankündigungen haben an der Situation vor Ort flächendeckend nichts Substanzielles geändert. Dies zeigt sich auch immer wieder in der großen Unzufriedenheit, mit der Kinder und Jugendliche ihre Verpflegung insbesondere in Schulen beurteilen. Deshalb braucht es verbindliche bundesweite DGE-Qualitätsstandards“, betont Holger Hofmann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes.

Kinder in die Gestaltung des Speiseplans einbeziehen

„Langfristig sollte das Mittagessen für alle Kinder in Kitas und Schulen kostenfrei angeboten werden. Besonders wichtig ist es auch, die Kita-Kinder bzw. die Schülerinnen und Schüler in die Gestaltung des Speiseplans mit einzubeziehen“, so Hofmann weiter. Aus Sicht des Deutschen Kinderhilfswerkes sollten möglichst regionale und biozertifizierte Produkte sowie Obst und Gemüse der Saison die Leitlinien für das Kita- und Schulessen sein. Das würde auch im Einklang mit der Ernährungsstrategie der Bundesregierung stehen. „Wer in der Kindheit nicht erfährt und erlebt, was gesunde Ernährung ist und dass sie gut schmeckt, wird dies im Erwachsenenalter kaum nachholen können. Insofern ist eine gesunde Ernährung auch eine Grundsteinlegung für ein gesundes Leben. An dieser Stelle zu sparen ist langfristig verheerend“, sagt Holger Hofmann.

Quelle: Pressemitteilung DKHW




„Defizite bei Wissensvermittlung zum Thema Künstliche Intelligenz“

Im 2. „Kinderrechte-Index“ des Deutschen Kinderhilfswerkes beklagen Schüler*innen Mängel im Bereich Medienbildung

Kinder und Jugendliche sehen beim Erwerb wichtiger Medienkompetenzen in der Schule noch deutliche Defizite. So geben 63 Prozent der befragten Schülerinnen und Schüler im Alter von zehn bis 17 Jahren an, dass sie zu wenig über Chancen und Risiken im Umgang mit Künstlicher Intelligenz lernen. 55 Prozent sind der Ansicht, dass es in der Schule nicht genug Raum zum Experimentieren mit Technik und neuen Tools gibt. Der Schutz persönlicher Daten im Internet wird laut 52 Prozent der Befragten ebenfalls nicht ausreichend behandelt. Beim Thema gesunder und stressfreier Mediennutzung und der Vermeidung übermäßiger Mediennutzung ist das Meinungsbild gespalten. 49 Prozent meinen ausreichend darüber zu lernen, 49 Prozent sehen hier Defizite.

Gute Noten im Bereich Internet-Recherche

Andere Bereiche werden von den Kindern und Jugendlichen durchaus positiver gesehen: Nach Einschätzung von 70 Prozent der Schülerinnen und Schüler lernen sie in der Schule ausreichend darüber, wie sie Informationen im Internet suchen und bewerten können. Etwas mehr als die Hälfte gibt an, dass ihnen in der Schule ausreichende Kenntnisse darüber vermittelt werden, was sie tun können, wenn sie online von Fremden belästigt (56 Prozent) oder im Internet gemobbt werden (55 Prozent). Dass sie ausreichend darüber lernen, wie sie mit Apps und Programmen selbst Medieninhalte erstellen können, und welche Inhalte sie kopieren und weiterverbreiten dürfen, meinen jeweils 53 Prozent.

Starke Unterscheide zwischen den Bundesländern

Es zeigen sich insgesamt an vielen Stellen deutliche Unterschiede in den Bewertungen der Schülerinnen und Schüler in den Bundesländern, beispielsweise bei der Frage, wie sie mit Technik experimentieren und neue Tools ausprobieren können, so beim Programmieren, beim Bauen einfacher Roboter und beim 3D-Druck. 50 Prozent der Befragten in Bayern sowie jeweils 47 Prozent in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz sind der Auffassung, dass sie in der Schule ausreichend darüber lernen, in Sachsen-Anhalt (33 Prozent) und Brandenburg (32 Prozent) sind es hingegen deutlich weniger.

Bei der Medienbildung zum Umgang mit Künstlicher Intelligenz zeigen sich die Unterschiede vor allem zwischen verschiedenen Schulformen. So sagen lediglich 18 Prozent der Schülerinnen und Schüler in Grundschulen, dass sie in der Schule ausreichend darüber lernen, welche Chancen und Risiken Chancen Künstliche Intelligenz besitzt. Je älter die Schülerinnen und Schüler sind, desto häufiger gaben sie an, diesbezüglich ausreichend zu lernen. Während dies bei den Zehn- bis 11-Jährigen 22 Prozent und bei den 12- bis 14-Jährigen 34 Prozent sagen, sind es bei den 15- bis 17-Jährigen 45 Prozent.

3.218 Kinder und Jugendliche befragt

Die Umfrage, für die vom Sozial- und Politikforschungsinstituts Verian deutschlandweit 3.218 Kinder und Jugendliche im Alter von zehn bis 17 Jahren online unter Nutzung eines Access-Panels befragt wurden, ist Teil des 2. „Kinderrechte-Index“ des Deutschen Kinderhilfswerkes. Den Index wird das Deutsche Kinderhilfswerk im nächsten Jahr veröffentlichen, die Umfrage geht als ein Teilaspekt in diese Studie ein. Beim Kinderrechte-Index wird der Stand der Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention in verschiedenen Lebensbereichen von Kindern und den damit verbundenen Politikfeldern in den deutschen Bundesländern gemessen und evaluiert. Weitere Informationen zum Kinderrechte-Index unter www.dkhw.de/kinderrechte-index und zur aktuellen Umfrage unter www.dkhw.de/kinderrechte-index-aktuell/medienbildung.




Laut Vorlesemonitor lesen zwei Drittel der Eltern regelmäßig vor

Stiftung Lesen gibt Studie über das Vorleseverhalten von Familien heraus

Auch in diesem Jahr hat die die Stiftung Lesen unterstützt von den Finanzmitteln der Deutsche Bahn Stiftung und Die Zeit ihren so genannten „Vorlesemonitor“ herausgebracht. Schließlich ist Vorlesen ein wichtiges Thema, weil dadurch die sprachliche Entwicklung, die Freude am eigenen Lesen, die Entwicklung von Persönlichkeit und sozio-emotionalen Kompetenzen und die langfristigen Bildungs- und Lebenschancen unterstützt werden. Das betonen die Initiatoren auch eingangs ihres Info-PDFs.

Lediglich 815 Eltern mit Fragebogen befragt

Wiederum enttäuschend ist es, dass die von der Stiftung Lesen beauftragte Agentur iconkids & youth lediglich 815 Eltern von Kindern von Kindern im Alter zwischen einem und acht Jahren. Zwar behaupten Initiatoren und Agentur, dass die Studie aufgrund der Auswahl der Eltern nach bestimmten Merkmalen des Kindes (Alter, Geschlecht und Zuwanderungsgeschichte), Schulabschluss des Haushaltsvorstands, Familienstand der Mutter, sowie regionaler Verteilung über die Bundesrepublik Deutschland im Hinblick auf die genannten Merkmale repräsentativ sei. Da der Anteil der befragten Mütter (585) gemessen an der Gesamtanzahl der Mütter von Kindern in diesem Alter bei unter 0,01 Prozent liegen dürfte, kann die Studie bestenfalls eine Tendenz aufzeigen.

Vorsicht mit Aussagen geboten

Deshalb sind die anhand der Ergebnisse getroffenen Behauptungen mit äußerster Vorsicht zu genießen. So heißt es etwa, dass 32,3 Prozent der 1- bis 8-jährigen Kinder selten oder nie vorgelesen werde. Laut Studie lesen 6,6 Prozent (54 Eltern) nur einmal pro Woche vorgelesen, 7,2 Prozent (59 Eltern) selten, 18,5 Prozent (151 Eltern) nie vor. Dagegen lesen wohl 67,7 Prozent (551 Eltern) regelmäßig vor.

Das könnte durchaus als erfreulich gewertet werden. Denn immerhin ist der Anteil gegenüber 2023 um 4,3 Prozent und gegenüber 2022 sogar um 6,4 Prozent gestiegen. Mit Blick auf die absoluten Zahlen 35 Eltern und 53 Eltern kann es sich jedoch auch um einen Zufall handeln.

Die Dreijährigen bekommen laut Studie am meisten vorgelesen

Interessant ist, dass laut Studie die Einjährigen Kinder lediglich zu 59 Prozent, die Zweijährigen zu 78 Prozent, die Dreijährigen zu 90 Prozent und die Vierjähringen zu 88 Prozent regelmäßig vorgelesen bekommen. Umso älter die Kinder dann werden, umso weniger häufig dürfen sie sich über das Vorlesen freuen.

Das scheint nachvollziehbar. Ebenso, dass Eltern mit formal niedriger Bildung seltener oder nie vorlesen, erhärtet das Bild vergleichbarer, aber repräsentativer Studien.

Schlussfolgerungen passen ins Bild

Auch bezüglich der Folgen des Vorlesens sind die gegebenen Antworten folgerichtig. So erklären Eltern mit Schulkindern, die regelmäßig vorlesen, etwas häufiger, dass den Kindern das Lesenlernen leichter gefallen sei. Sie üben laut Vorlesemonitor das Lesen auch häufiger.

Trotz aller Mängel, lohnt sich ein Blick in den Vorlesemonitor. Wenn er auch nicht als Analyse des Vorleseverhaltens in Deutschland gelten kann und abgeleitete Aussagen daraus mit äußerster Vorsicht zu genießen sind, weist er doch einige erhellende Aspekte und Anregungen auf, so etwa, dass das Schenken und Ausleihen von Büchern hilft.    

Gernot Körner (Quelle: Vorlesemonitor 2024)