Kinder meiden negative Informationen – ein Schutzmechanismus schon ab sieben

Studie der University of Chicago: Kinder betreiben eine frühe „Vogel-Strauß-Politik“ und blenden unangenehme Fakten bewusst aus

Auch in jungen Jahren zeigen Kinder nicht nur Neugier – sie beginnen früh damit, unangenehme Informationen bewusst zu meiden. In einer aktuellen Studie der University of Chicago wurde bei Kindern zwischen fünf und zehn Jahren nachgewiesen, dass viele ab etwa sieben Jahren gezielt weghören, wenn Nachrichten Angst, Enttäuschung oder Unsicherheit hervorrufen könnten.

Die Forschenden bezeichnen dieses Verhalten als kindliche Form der Informationsvermeidung, analog zum als „Vogel-Strauß-Effekt“ bekannten Phänomen bei Erwachsenen – auch wenn Strauße tatsächlich nicht den Kopf in den Sand stecken.

Neugier vs. Vermeidung: Der Wendepunkt um sieben Jahre

In Experimenten mit 320 Kindern zeigte sich:

  • Fünf- bis sechsjährige Kinder suchten aktiv nach Wissen – auch wenn es unangenehm sein könnte.
  • Ab etwa sieben Jahren hingegen mieden viele dieselben Kinder Informationen, die negative Emotionen auslösen könnten – beispielsweise, warum ihre Lieblingssüßigkeit schlecht für die Zähne ist.
  • Interessanterweise machten sie weniger Probleme damit, negative Informationen über weniger favorisierte Dinge zu akzeptieren.

Die Erstautorin Radhika Santhanagopalan führt fünf Motive auf, die Kinder zu dieser Informationsvermeidung treiben könnten:

  1. Vermeidung negativer Gefühle wie Angst oder Enttäuschung
  2. Schutz des Selbstwerts (z. B. kein negatives Bild von der eigenen Kompetenz)
  3. Erhalt eigener Überzeugungen ohne Widerspruch
  4. Bewahrung persönlicher Vorlieben
  5. Handeln im eigenen Interesse

Besondere Ausnahme: Wissen im Test

Ein erstaunlicher Befund: Kinder zeigen weniger Vermeidungsverhalten, wenn es um ihre eigene Leistung geht – etwa, welche Note sie in einem Test bekommen haben. Diese Information nehmen sie eher an, auch wenn sie negativ sein könnte. Die Forschenden vermuten, dies liege daran, dass sie beeinflussen können, wie sich das Ergebnis verbessert.

Vorsicht vor „Informationsvermeidung“

Dieses Verhalten, das bereits im Kindesalter beginnt, kann in der Adoleszenz und im Erwachsenenalter zur Informationsvermeidung führen – mit Folgen für Bildung, Gesundheit, Demokratie und Selbstreflexion.

Santhanagopalan warnt davor, kurzfristigen psychischen Unmut zu meiden, wenn das aufgegebene Wissen langfristig wertvoll sein kann: Information, die im Moment unangenehm ist, kann später hilfreich sein.

Fazit und Ausblick

Diese Studienergebnisse zeigen, dass Informationsvermeidung kein menschliches Phänomen ist, das erst im Erwachsenenalter einsetzt, sondern bereits in der Kindheit beginnt. Für Pädagoginnen, Eltern und Psychologinnen heißt das: Wir sollten beobachten, wann und wie Kinder Informationen ablehnen, und sie behutsam darin begleiten, auch unangenehme Fakten Schritt für Schritt zu integrieren.