Bildungsaktivitäten mit Kindern aus Flüchtlingsunterkünften

Besondere Umstände verlangen besondere Herangehensweisen

Mit Sicherheit haben die Kinder in Flüchtlingsunterkünften ähnliche Bedürfnisse wie alle anderen Kinder auch. Aber sie leben unter anderen Bedingungen. Sie kommen aus einer anderen Kultur und beherrschen zunächst die deutsche Sprache nicht. Hier leben sie oft unter extremen Bedingungen, auf engem Raum; sie haben kaum Spielzeug, keine Malsachen, Die Umgebung ist fremd und sie haben manchmal schlimme Erlebnisse zu verarbeiten. Oftmals werden sie auch mit den traurigen Gefühlen ihrer nächsten Angehörigen konfrontiert und mit Streit und Aggressivität von manchen Menschen in ihrer Umgebung. Sie sind mittendrin und müssen alles irgendwie verarbeiten.

Es hilft den Kindern, wenn sie Angebote wahrnehmen können, die ihren Bedürfnissen nach Bewegung, Spiel, Spaß und Lernen entgegenkommen und sie für kurze Zeit den grauen Alltag im Containerdorf, der Baumarkthalle oder Turnhalle vergessen lässt. Immer wieder erlebe ich die Kinder aus den Flüchtlingsunterkünften als Bereicherung, weil sie so neugierig, lernfreudig und besonders sind. Sie greifen begierig Angebote auf, möchten die deutsche Sprache lernen, möchten sich ausprobieren, möchten kreativ etwas gestalten. Sie sind oft mit einfachen Dingen zufrieden. Für diese Kinder sind oftmals Alltagsmaterialien sehr interessant. Sie bauen aus Toilettenrollen stundenlang Kugelbahnen, sie basteln aus alten Kartons Autos oder Puppenhäuser, sie freuen sich über Strumpfpuppen und bekleben Schachteln, um darin etwas aufzubewahren. Sie verkleiden sich gerne, tanzen dann vergnügt zur Musik und lassen ihrer Mimik und Gestik freien Lauf. Fotos dieser Aktionen sind sehr beliebt – sie freuen sich, wenn sie Fotos von sich mit zu ihrem Schlafplatz nehmen dürfen. Mitunter verschwinden jedoch auch andere Dinge, die ihnen gefallen, in Socken oder Hosentaschen, da sie nichts zum Spielen haben. Deshalb ist es wichtig, Regeln zu erklären und auch zu kontrollieren, ob sie eingehalten werden. Das ist eine große Herausforderung für alle Betreuer/innen.

Umgang mit der besonderen Situation

Umgang mit Sprachproblemen

Viele Menschen, mit denen ich mich über die Aktivitäten mit den Flüchtlingskindern unterhalten habe, fragen mich, wie wir mit den Sprachproblemen zurechtkommen. Natürlich gibt es Probleme bei der Verständigung. Allerdings führt dies mitunter auch zu kuriosen und lustigen Situationen. Wir machen uns durch Mimik und Gestik verständlich. Dadurch kommt es oft zu lustigen Situationen, in denen wir viel miteinander lachen. Außerdem lernen die Kinder sehr schnell die deutsche Sprache. Auch die Erwachsenen wollen so schnell wie möglich Deutsch lernen. So entwickeln sich die Möglichkeiten der Verständigung. Auf Ausflügen wollten die Kinder wichtige Worte, die wir ihnen unterwegs vermittelt haben, gleich auf mein Mobiltelefon sprechen. Ein Junge aus Syrien, der sich erst seit zwei Wochen in Deutschland aufhielt, sprach die Worte „Nicht rumlaufen … hinsetzen! Sonst gefährlich!“ in mein Handy. Ich habe sie bis heute nicht gelöscht. Die Sprachprobleme sind nicht wirklich das größte Hindernis. Wir können sie durch viel Fantasie, pantomimische Kreativität, Humor, situative Flexibilität und Beziehungsaufbau überwinden. Außerdem ist die Entwicklung der Sprachkompetenz der Kinder und Erwachsenen in Bezug auf das Erlernen der deutschen Sprache ein Prozess, der Zeit braucht. Wenn wir bei den vorgeschlagenen Sprachförder-spielen auch die Eltern einbeziehen, kann das viel Freude bringen und wir haben alle etwas davon.

Umgang mit Traumatisierung

Die Kinder, mit denen wir in den Flüchtlingsunterkünften spielen und arbeiten, haben oft Schlimmes erfahren. Sie haben Krieg erlebt, Tote gesehen, sie haben gesehen, wie Menschen starben und mit Waffen angegriffen wurden. Sie haben Gewalt erlebt, Angst vor der Gefahr und Angst davor, die Flucht nicht zu bewältigen. Hunger, Durst und viel körperlicher Stress waren ihr Alltag. Oft erlebten sie auch die Tränen und die Überforderung ihrer Familie und ihrer Freunde. Mit all diesen Erlebnissen müssen die Kinder leben und umgehen lernen. Vieles verdrängen sie zunächst. Manchmal habe ich erlebt, dass Kinder die Erlebnisse beim Malen von Bildern oder beim Spielen verarbeiten. Mitunter erzählen auch Eltern von den Erfahrungen, welche die Kinder gemacht haben und sie können uns wichtige Hinweise geben, die uns helfen, das Verhalten der Kinder zu verstehen.  Bei der Traumatisierung handelt es sich um eine seelische Verletzung (Trauma, griechisch: Wunde). Der Psychotherapeut Dr. Peter Riedesser beschreibt das Trauma als „ein vitales Diskrepanzerlebnis zwischen bedrohlichen Situationsfaktoren und den individuellen Bewältigungsmöglichkeiten – das mit Gefühlen von Hilflosigkeit und schutzloser Preisgabe einhergeht und dauerhafte Erschütterung von Selbst- und Weltverständnis bedeutet.“ In der Arbeit mit Flüchtlingskindern beobachten wir Kinder, die sich zurückziehen, kaum sprechen und traurig wirken. Wir erleben aber auch Kinder, die hyperaktiv und aggressiv sind. Kinder, die Angststörungen zeigen. Wir sind mit Verhaltensweisen konfrontiert, mit denen wir situativ umgehen lernen.

Ich musste ein Musikspiel, bei dem es darum ging, dass Kinder ausscheiden müssen, unterbrechen. Ein Junge bekam keinen Platz und reagierte mit so heftigem Weinen, dass er kaum zu beruhigen war. Wir gaben ihm zu verstehen, dass er weiter mitmachen dürfe und sorgten dafür, dass er sich beruhigte. Er bewegte sich zur Musik nicht mehr um die Stühle, sondern blieb auf seinem Stuhl sitzen, der ihm somit sicher war. Sicherheit bedeutet Kindern, die traumatisiert sind, viel. Die Mutter des Jungen erklärte mir in englischer Sprache, dass sie bei der Flucht auf dem Schlepperboot alle Angst hatten, beim Gerangel um die Plätze, leer auszugehen.  Bei einem Ausflug mit Flüchtlingskindern schob ein syrischer Vater seinen neunjährigen Sohn zu unserer Gruppe. Er meinte, der Junge habe Lust, den warmen Indoor-Spielplatz zu besuchen, um mal aus der Unterkunft herauszukommen und könne allein mitfahren. Wir fuhren mit einem Linienbus durch Hamburg zu unserem Ziel. Plötzlich klopfte der Junge neben mir verzweifelt an die Fensterscheibe des Busses. Er weinte leise vor sich hin, während er fest meine Hand hielt. Eine meiner Schülerinnen, die Arabisch spricht, erklärte ihm, dass wir unterwegs zu einem Spielplatz seien und dass wir ihn am Nachmittag wieder zurück zu seinen Eltern in die Unterkunft bringen würden. Er beruhigte sich dann, ließ aber meine Hand nicht los und suchte Schutz.

  • Traumatisierte Kinder brauchen Schutz und Sicherheit.
  • Sie brauchen verstärkt das Gefühl, dass sie einem Erwachsenen vertrauen können.
  • Wichtig für solche Kinder sind klare Strukturen, positive Erlebnisse, positiv formulierte Regeln, Lob und Wertschätzung.

Zum Wohlfühlen gehört auch eine gute Atmosphäre. Auch wenn wir die Raumatmosphäre in einem Container oder einer Baumarkthalle nicht beeinflussen können, so können wir durch unsere Ausstrahlung, unsere Haltung und die Stimmung bei unserer Aktivität die Atmosphäre beeinflussen. Wenn wir im Umgang mit den Kindern verstärkt Stimmungsschwankungen, Unruhe und Probleme im Sozialverhalten erleben, so sollten wir uns unbedingt im Helferkreis darüber austauschen und uns gegenseitig unterstützen. Mitunter kann es zu Überforderung während der Durchführung von Aktivitäten kommen.

Wir erlebten, dass ein Mädchen plötzlich Stühle an die Wand warf, da es nicht das Spielzeug bekam, welches es wollte. In diesem Fall ist es wichtig, die Situation abzubremsen, bevor sie eskaliert, etwa indem wir uns neben das Kind setzen und ihm ruhig zu verstehen geben, dass das so nicht geht. Ich habe erlebt, dass es diesen Kindern bei ihren „Ausrastern“ hilft, wenn sie Zuwendung erfahren. Als ich den Arm um das Mädchen legte, weinte es. In einer ähnlichen Situation musste ich am nächsten Tag nur auf das Mädchen zugehen und bestimmt aber liebevoll „NEIN“ sagen – begleitet mit Mimik und Gestik. Daraufhin setzte sich das Mädchen sofort auf einen Stuhl. Gut für die Kinder sind Angebote, die ihnen helfen, mit ihren Gefühlen umzugehen (siehe „Bildungsbereich Spiel und Bewegung“, S. 79). Wir sollten ihnen die Möglichkeit bieten, neue, positive Erfahrungen in einem sicheren Rahmen zu machen. Manche Kinder nehmen die Angebote nicht an, die ihnen helfen würden, Gefühle auszudrücken und reagieren mit Abwehrstrukturen. Dies sollten wir gelassen hinnehmen. Ihr Verhalten ändert sich mit zunehmender Sicherheit. Je mehr Zeit wir haben, durch die Arbeit mit diesen Kindern eine Beziehung zu ihnen aufzubauen, desto mehr Chancen haben wir auf positive Entwicklungen. Wir sollten vermeiden, solche Kinder zu überfordern – und wir sollten das Gespräch mit den Eltern suchen, um Informationen über den Hintergrund der Traumatisierung zu erhalten. Ich habe eine Helferin erlebt, die sehr viel Mitleid mit diesen Kindern hatte und sie mit Süßigkeiten verwöhnte. Das ist kein Weg! Wir sollten liebevoll, aber auch konsequent sein und eher positive Bildungserlebnisse schaffen! In der Kita sollten Handlungskonzepte im Umgang mit diesen Kindern individuell abgestimmt werden. Wenn die Chance besteht, eine Traumatherapie für diese Kinder zu vermitteln, ist das großartig. Wenn Sie als Pädagogin oder Pädagoge eine Fortbildung zu diesem Thema besuchen, ist dies aber bereits sehr hilfreich. Solche Angebote gibt es in vielen Städten!

Umgang mit schwierigen Rahmenbedingungen

Schon im Sommer 2014 kamen viele tausend Flüchtlinge nach Deutschland. Sie alle brauchten einen Schlafplatz! Schlafplätze sind erst einmal wichtiger als Spielfläche. Für uns ist die Arbeitssituation dadurch aber schwieriger. Wir müssen uns darauf einstellen, unsere Hilfe in der Ecke einer Halle, eines Zeltes oder in einem kleinen Containerraum anzubieten. Oftmals mussten wir vor dem Zaun, der die Unterkunft der Kinder umgab, spielen. Oft auch mit VIELEN Kindern! Alle wollten mal Abwechslung. Wir haben in verschiedenen „Schichten“ Kindergruppen herausgeholt – jede Gruppe durfte 30 Minuten spielen. Vorher haben wir aus großen, grünen, blauen, gelben und roten Pappen Karten geschnitten. Sogenannte „Mitmachkarten“ für unsere Spiele. Wir haben diese Karten an die Kinder verteilt. Dann haben wir eine große Pappe hochgehalten, etwa eine blaue, und alle Kinder, die eine blaue Mitmachkarte hatten, kamen vor den Eingang oder in die Ecke der Halle. Sie nahmen an unserem Angebot teil, das zum Beispiel aus Bewegungsspielen und gemeinsamen Klatschrhythmusspielen bestand. Außerdem bekamen sie Bälle, Springseile, bunte Tücher aus unserem Materialkoffer und konnten damit spielen. Einen tragbaren Musikrekorder mit Akkus hatten wir auch dabei.  Nach einer halben Stunde wechselte die Gruppe. Nun waren die Kinder mit einer anderen Kartenfarbe dran. Hinter dem Zaun der Unterkunft beobachteten uns die Eltern der Kinder oder sie standen direkt um uns herum. Manchmal klatschten sie, bei Tanzspielen bewegten sie sich ebenfalls zur Musik. Alle Kinder waren diszipliniert und geduldig! Sie warteten, bis sie an der Reihe waren und waren froh, dass sie Abwechslung hatten und spielen durften. Wir haben gelegentlich auch mit einer großen Gruppe aus Eltern und Kindern gespielt. Dazu brauchten wir ein Megaphon und einen Dolmetscher, der die Spielregeln übersetzte. Diese Aufgabe übernahmen meist freundliche Personen vom Sicherheitsdienst oder Bewohner, die Deutsch oder Englisch sprachen.

Einfacher ist es für Erzieher/innen, die in der Kita arbeiten oder im Hort Flüchtlingskinder aufnehmen. Sie haben zumindest ihre Räume und ihr Material. Die Probleme gestalten sich dann anders. Sie haben nicht immer einfache Integrationsaufgaben zu bewältigen. Darauf

gehe ich am Ende des Kapitels noch ein.  Zunächst zum Problem der Betreuung direkt in den Unterkünften: Es gibt oft kein Material! Deshalb ist es ratsam, sich Materialkoffer mit Sammlungen von Alltagsmaterialien zuzulegen, mit selbst angefertigten Karten und Brettspielen oder billig erstandenen Spielen vom Flohmarkt. Sportgeschäfte haben uns Bälle und Sportmaterial gespendet. Wir hatten sie davon überzeugt, wie dringend die Kinder diese Materialien brauchen. Außerdem gibt es in jeder Stadt Hilfsfonds der „Flüchtlingshilfe“, die Spendengelder sammeln. Dort kann man für Aktionen und Materialbedarf Anträge stellen.

Umgang mit den verschiedenen Kulturen und Religionen

Wenn wir mit Flüchtlingskindern arbeiten, ist es wichtig zu wissen, aus welchen Kulturen sie kommen und welcher Religion sie angehören. Wir sollten uns dann auch mit den jeweiligen Kulturen der Herkunftsländer beschäftigen. Es ist auch für uns spannend, diese kennenzulernen. Informationen über die verschiedenen Kulturen finden wir im Internet und in zahlreichen Büchern und Filmen. Interessant ist es auch, sich mit Bewohnern auf Englisch über ihre Kultur zu unterhalten. Es tut ihnen oftmals gut, wenn sie etwas von ihrer Kultur erzählen können und sie haben das Gefühl, dass wir uns für ihr Land interessieren. Schön ist es für die Kinder und die Eltern, wenn wir in unseren Angeboten die Kultur ihres Landes aufgreifen, die Musik, das Essen, die Rituale, die Tänze. Feste sind dafür besonders geeignete Anlässe.

In den Unterkünften leben Menschen aus vielen verschiedenen Ländern zusammen. Auch für sie ist es daher wichtig, tolerant gegenüber anderen Religionen und Kulturen zu sein. Bei der Integration von Flüchtlingskindern in den Kitas und Schulen ergeben sich mitunter Probleme, wenn deutsche Eltern eine negativ-bewertende Haltung gegenüber dem „Fremden“, dem „Anderssein“ einnehmen.

Eltern und Kinder sollten andere Kulturen als Bereicherung erleben und nicht nur die deutsche Kultur als die einzig Wahre und Richtige ansehen. Es geht darum, schon im Kindesalter eine tolerante Grundhaltung zu vermitteln und so diskriminierende Verhaltensweisen abzubauen oder gar nicht erst entstehen zu lassen. Wichtig für die Arbeit mit den Kindern und Eltern ist es, Toleranz und gegenseitige Wertschätzung zu leben und zu vermitteln. Dazu ist es notwendig, sich gegenseitig gut kennenzulernen, Kultur und Individualität wichtig zu nehmen und Vorurteile und Wahrnehmung zu thematisieren. All das kann im gemeinsamen Spiel geschehen.

Ebenfalls ist wichtig, Identität und Werte zu stärken, Konfliktlösungen im Umgang und in der Kommunikation miteinander spielerisch zu finden und zu vermitteln.  Auch wir selbst müssen uns mit unseren Vorurteilen auseinandersetzen, wenn wir mit Flüchtlingsfamilien arbeiten.  Die Flüchtlingskinder erleben im dichtgedrängten Zusammenleben mit anderen Kulturen Konflikte, die Erwachsene verschiedener Kulturen miteinander austragen. Sie erleben viel Streit und Gewalttätigkeit und müssen lernen, damit umzugehen. Wir können im Zusammensein, in gemeinsamen Aktivitäten helfen, mit diesen Konflikten umzugehen und eine Haltung der Wertschätzung, Achtung und Toleranz zu entwickeln.

Umgang mit den Bedürfnissen der Kinder in der speziellen Lebenssituation

Die Kinder haben in den Unterkünften in dieser besonderen Lebenssituation vorrangig:

  • das Bedürfnis nach Bewegung
  • das Bedürfnis nach Abwechslung
  • das Bedürfnis nach Geschicklichkeitsherausforderungen; danach zu zeigen, wie sie, mit dem was sie können, Aufgaben bewältigen (etwa ein Puzzle zusammenlegen oder ein Haus aus Legosteinen bauen usw.)
  • das Bedürfnis die deutsche Sprache zu lernen
  • das Bedürfnis Lieder zu kennen und singen zu können, Musik zu machen
  • das Bedürfnis rauszugehen, auch bei Regen
  • das Bedürfnis ihre Gefühle auszudrücken
  • das Bedürfnis zu tanzen
  • das Bedürfnis etwas herzustellen, etwas kreativ zu gestalten
  • das Bedürfnis bei Langeweile auch in ihrer Unterkunft etwas zum Spielen zu haben (zum Beispiel ein selbst hergestelltes Spiel)

Für uns ist es wichtig, diesen Bedürfnissen gerecht zu werden, positiv damit umzugehen. Deshalb sollten wir unterschiedliche Aktivitäten anbieten. Manchmal reicht es auch, Material für Aktivitäten bereit zu stellen. Material zum Gestalten, zum Bewegen, für die Sinneswahrnehmung, für die Sprachförderung. Die Kinder entwickeln selbst etwas damit und es ist spannend, Begleiter und Beobachter dabei zu sein und an ihrer Begeisterung teilzuhaben. Die gute Basis für unsere Angebote an die Kinder ist, ihre Motivation aktiv zu werden. Mitunter sind die Kinder, wenn sie aus der Enge ihrer Schlafplätze herauskommen, wild, laut und lebendig. Das ist völlig verständlich und wir schaffen ihnen, z.B. durch Bewegungsspiele, Möglichkeiten, sich auszutoben und wiederum durch entspannte Aktivitäten, zur Ruhe zu kommen. Wenn wir eine Aktivität durchführen wollen, bei der Ruhe und Konzentration wichtig sind, ist es gut, wenn wir vorher den Kindern die Möglichkeit geben, sich auszupowern. Wenn die Kinder zuerst ihrem Bewegungsdrang nachgehen konnten, waren sie anschließend viel offener für ruhigere Aktivitäten, bei denen sie sich konzentrieren mussten (Aktivitäten zum kreativen Gestalten, kleine physikalische Experimente, mathematische Spiele, …).

hallo hallo

Dieser Artikel stammt aus folgendem Buch:

Hallo, Hallo, Schön, dass ihr da seid
Ideen für Bildungsaktivitäten mit Kindern aus Flüchtlingsunterkünften
Grabbet, Regina
Burckhardthaus-Laetare
ISBN/EAN: 9783944548258
112 Seiten, 12, 95 Euro




IW: Mehr als 340.000 Krippenplätze fehlen

Der Ausbau neuer Betreuungsangebote für Kleinkinder geht in Deutschland offenbar zu langsam voran. Zwar wurden seit 2015 mehr als 135.000 zusätzliche Plätze in Kitas und bei Tageseltern geschaffen, allerdings wollen auch viel mehr Eltern als früher ihr Kind betreuen lassen. So fehlen 2020 in Deutschland mehr als 340.000 Plätze für Kinder unter drei Jahren, wie Berechnungen des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) zeigen.

Viele Kommunen können dem in Deutschland geltenden Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz nicht nachkommen. Obwohl die Zahl der unter Dreijährigen, die in einer öffentlich geförderten Kita oder bei Tageseltern betreut werden, seit 2015 von 693.000 auf 829.000 gestiegen ist, fehlen dieses Jahr 342.000 Plätze – rund 60 Prozent mehr als noch vor fünf Jahren. Das zeigt eine neue IW-Studie.

Immer mehr Eltern geben ihr Kind die Kita

Ein Grund für den steigenden Bedarf ist, dass immer mehr Eltern ihr Kleinkind institutionell betreuen lassen wollen. 2019 meldeten 81 Prozent der Eltern für ihre Zweijährigen und 64 Prozent der Eltern für ihre Einjährigen einen Betreuungsbedarf an – deutlich mehr als noch vor fünf Jahren. „Lange galt insbesondere in Westdeutschland ein Alter von drei Jahren als geeigneter Betreuungsbeginn. Das hat sich vollkommen geändert“, sagt IW-Familienexperte Wido Geis-Thöne. In den vergangenen Jahren stiegen außerdem die Geburtenzahlen, allerdings ist dieser Trend gestoppt.

Große regionale Unterschiede

Nicht in allen Bundesländern fehlen Kitaplätze im gleichen Ausmaß. Relativ zur Gesamtzahl der unter Dreijährigen ist die Betreuungslücke, also die Differenz aus den erforderlichen und tatsächlich bereitgestellten Betreuungsplätzen, im Saarland, in Bremen und in Nordrhein-Westfalen am größten. Knapp 20 Prozent aller Kinder unter drei Jahren hatten dort keinen Betreuungsplatz, obwohl sich die Eltern einen wünschen. Allein in Nordrhein-Westfalen fehlen somit knapp 100.000 Plätze. In NRW kommt hinzu, dass Eltern bei Engpässen in den Kitas oft an Tageseltern verwiesen werden, bei denen die Qualifikationsanforderungen deutlich geringer sind als beim Kita-Personal.

Gut stehen Bayern, Baden-Württemberg und Ostdeutschland mit Ausnahme Berlins dar. Allerdings wollen in Bayern und Baden-Württemberg nicht so viele Eltern ihr Kind in eine Kita geben wie in anderen Bundesländern. „Nähert sich der Betreuungsbedarf wie zu erwarten den anderen Bundesländern an, werden auch in Bayern und Baden-Württemberg sehr viel mehr Kitaplätze benötigt“, sagt Studienautor Geis-Thöne.

Im Osten ist die Betreuungslücke zwar kleiner als im Westen, allerdings haben die Kindertagesstätten zu wenig Personal, um die Kinder gut zu betreuen. So kamen im Osten im Schnitt auf eine Betreuungsperson knapp sechs Kinder – in Westdeutschland sind es vier. Dementsprechend gäbe es auch im Osten trotz des guten Kita-Angebots Handlungsbedarf, so Geis-Thöne.

IW-Kurzbericht 96/2020 als PDF zum Download



Quelle: Pressemitteilung Institut der Deutschen Wirtschaft