Es fehlt weiter an Betreuungsplätzen und Betreuungszeiten

Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB): Ganztagsbetreuung von Kita-Kindern nicht bedarfsgerecht

Wie das Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB) berechnet hat, besteht bei 29 Prozent aller Familien mit Kindern unter drei Jahren ein zusätzlicher Betreuungsbedarf von mindestens fünf Wochenstunden. Bei Familien mit Kindern über drei Jahren wünschen sich sogar 37 Prozent eine längere Betreuung. Diese fehlende Passung hat nach Ansicht der Studie gesellschaftliche Folgen – für Kinder, für Eltern und letztlich für den Arbeitsmarkt. Die Autorinnen empfehlen deshalb, die Öffnungszeiten stärker an den Bedarfen der Familien zu orientieren, gerade auch wegen des Fachkräftemangels in Deutschland.

„Mismatch“ zwischen Angebot und Nachfrage

Die Untersuchung, die kürzlich veröffentlicht wurde, zeigt auf Datenbasis der DJI-Kinderbetreuungsstudie (KiBS), dass es bei ganztägigen Betreuungsangeboten einen beträchtlichen Mismatch zwischen Angebot und Nachfrage gibt. „Unter den derzeitigen Bedingungen finden viele Eltern keinen Bildungs- und Betreuungsplatz für ihr Kind, der ihren gewünschten Anforderungen entspricht“, fasst Prof. C. Katharina Spieß, Direktorin am BiB und Mitautorin der Studie, die Ergebnisse zusammen. So gaben im Jahr 2019 knapp 50 Prozent der Eltern von betreuten Kindern unter drei an, dass die Öffnungszeiten ein wesentlicher Grund für die Wahl der aufgesuchten KiTa waren. Bei den über Dreijährigen lagen sie mit 43 Prozent ebenfalls weit vor vielen anderen Kriterien. „Eine bessere Passung der Angebote an die Bedarfe der Eltern ist notwendig“, resümiert Spieß. „Dies betrifft die Schließung von Betreuungslücken beispielsweise über die Mittagszeit oder bei langen Schließzeiten der Einrichtungen im Sommer.“

Ganztagsbetreuung fördert Teilhabe der Eltern am Arbeitsmarkt

Ungedeckte Betreuungsbedarfe der Eltern können sich zudem unmittelbar auf den Arbeitsmarkt auswirken. „Unsere Forschungsergebnisse zeigen, dass die Bereitstellung ganztägiger Betreuungsangebote die Erwerbstätigkeit und den Erwerbsumfang von Müttern positiv beeinflussen kann“, weiß Spieß. Die Folge: Eine steigende Teilhabe von Müttern auf dem Arbeitsmarkt trägt zu einem steigenden Einkommen und einem erhöhten Rentenniveau bei, gleichzeitig reduziert sich die Gefahr, auf Sozialtransfers angewiesen zu sein. „Eltern benötigen flexiblere und längere Öffnungszeiten, um insbesondere Müttern den Zugang zum Arbeitsmarkt zu erleichtern. Auch Fachkräfte aus dem Ausland legen Wert auf eine gute Kita-Infrastruktur vor Ort.“
Bundesweite Standards wären hilfreich

Wie aus der Studie weiter hervorgeht, gehen die in den Bundesländern geltenden Regelungen für ein bedarfsorientiertes Angebot stark auseinander. Dementsprechend gibt es regional erhebliche Unterschiede zwischen tatsächlichen, gewünschten und vertraglich vereinbarten Betreuungszeiten. Auch abweichende gesetzliche Regelungen, was den Betreuungsumfang angeht für unter bzw. über dreijährige, Kinder sind kontraproduktiv. Die Untersuchung empfiehlt deshalb, die für den U3-Bereich geltende „Bedarfsorientierung“ auf Kinder bis zum Schuleintritt auszudehnen und gesetzlich zu verankern. „Um allen Kindern in Deutschland vom ersten Lebensjahr bis zur Einschulung und allen Eltern ein bedarfsorientiertes Angebot in der Kindertagesbetreuung bereitzustellen, bedarf es bundesweiter Standards“, meint Spieß. Dies könne dazu beitragen, die Teilhabemöglichkeiten von allen Kindern zu sichern – und Eltern die Vereinbarkeit zwischen Familie mit dem Job zu erleichtern.

Originalpublikation:

Schmitz, Sophia; Spieß, C. Katharina; Jessen, Jonas; Diabaté, Sabine (2023): Bundesweite Standards für bedarfsgerechte Angebote, insbesondere Ganztagsangebote, in der Kindertagesbetreuung für Kinder bis zum Schuleintritt.
Abrufbar unter diesem Link:
https://www.fruehe-chancen.de/fileadmin/user_upload/PDF-Dateien/AG_Frühe_Bildung…




Rund 430.000 Kita-Plätze fehlen und jede Menge Qualität dazu

Derzeit kann der Rechtsanspruch auf eine Kindertagesbetreuung für Hunderttausende nicht erfüllt werden

In den westdeutschen Bundesländern fehlen rund 385.900 Kita-Plätze, um den Betreuungsbedarf der Eltern zu erfüllen. In Ostdeutschland gibt es rund 44.700 Plätze zu wenig. Das geht aus neuen Berechnungen der Bertelsmann Stiftung für das aktuelle „Ländermonitoring Frühkindliche Bildungssysteme“ hervor. Zwar gab es in den zurückliegenden Jahren erkennbare Fortschritte beim Ausbau von Kita-Angeboten. Doch zugleich ist der Bedarf kontinuierlich gestiegen, denn immer mehr Eltern wünschen sich – insbesondere für ihre jüngeren Kinder – eine Betreuung. Derzeit kann aber der Rechtsanspruch auf eine Kindertagesbetreuung, der seit 2013 auch für Kinder unter drei Jahren gilt, für hunderttausende Kinder nicht erfüllt werden.

Deutlich ungünstigere Personalschlüssel im Osten

In Ostdeutschland ist der Anteil an Kindern, die eine Kita besuchen, wesentlich höher als im Westen. Allerdings sind die Personalschlüssel hier deutlich ungünstiger. Während eine vollzeitbeschäftigte Fachkraft in Westdeutschland rechnerisch für 3,4 Kinder in Krippengruppen und für 7,7 Kinder in Kindergartengruppen verantwortlich ist, kommen im Osten 5,4 bzw. 10,5 Kinder auf eine Fachkraft. Den wissenschaftlichen Empfehlungen der Bertelsmann Stiftung zufolge, müssten die Personalschlüssel bei 1 zu 3 sowie bei 1 zu 7,5 liegen. Gemessen daran, werden fast 90 Prozent der Kita-Kinder in Ostdeutschland in Gruppen betreut, deren Personalschlüssel nicht kindgerecht sind. Allerdings sind es auch im Westen noch rund 62 Prozent.

„Der Fachkräftemangel erschwert es zunehmend, die Rechtsansprüche zu erfüllen und in den Kitas den Bildungsauftrag umzusetzen. Die Situation ist für Kinder und Eltern wie auch für das vorhandene Personal untragbar geworden“, sagt Anette Stein, Expertin der Bertelsmann Stiftung für frühkindliche Bildung.

Fachkräfte-Radar zeigt mögliche Entwicklungen bis 2030 auf

Im aktuellen „Fachkräfte-Radar für KiTa und Grundschule“ hat die Bertelsmann Stiftung untersucht, wie sich das Angebot und der Bedarf an Fachkräften in den Bundesländern in den kommenden Jahren entwickeln und wie sich das auf die Kita-Situation auswirken könnte. Bis 2030 besteht für die ostdeutschen Bundesländer aufgrund der zurückgehenden Kinderzahlen die Chance, die Personalschlüssel an das Westniveau anzugleichen und die Elternbedarfe zu erfüllen. Brandenburg und Sachsen sowie – mit etwas mehr Anstrengung – Sachsen-Anhalt und Thüringen können bis 2030 sogar kindgerechte Personalschlüssel erreichen. Für alle Ost-Bundesländer gilt, dass das aktuell beschäftigte Kita-Personal nicht entlassen werden darf und sogar zusätzlich neue Fachkräfte gewonnen werden müssen.

Hamburg kann wohl bis 2030 die Elternbedarfe erfüllen

Für die westdeutschen Bundesländer ist insbesondere der hohe Bedarf an Kita-Plätzen eine enorme Herausforderung. Lediglich Hamburg kann laut Prognose bis 2030 sowohl die aktuellen Elternbedarfe als auch kindgerechte Personalschlüssel erfüllen. Auch für Niedersachsen wären beide Ziele realistisch, mit etwas mehr Anstrengungen ebenso für Schleswig-Holstein. Die meisten West-Bundesländer könnten bis 2030 die aktuellen Elternbedarfe decken und bei der Personalausstattung zumindest den West-Durchschnitt erreichen. Allerdings müssten dazu noch mehr Fachkräfte gewonnen werden, als der Prognose zufolge zur Verfügung stehen.

Ein Mix aus langfristig und kurzfristig wirkenden Maßnahmen

 Um die Ziele bis 2030 zu erreichen, müssen die Bundesländer jetzt die jeweils nötigen Schritte einleiten: Die ostdeutschen Länder müssen die rechtlichen Voraussetzungen dafür schaffen, dass die Kitas mehr Personal beschäftigen können. Solange die Personalausstattung ungünstiger ist als im Westen, gibt es keine bundesweite Chancengerechtigkeit in der frühkindlichen Bildung. Für die westdeutschen Länder gilt es, den Platzausbau voranzutreiben. Gleichzeitig braucht es in allen Bundesländern langfristige Strategien für die Gewinnung und Qualifizierung von neuen Fachkräften sowie attraktive Beschäftigungsbedingungen, damit das Personal im Berufsfeld bleibt. Dafür ist eine abgestimmte und verbindliche Kooperation von Bund, Ländern, Kommunen und Trägern nötig. Zudem sollte sich der Bund über die Leistungen des Kita-Qualitätsgesetzes hinaus an der Finanzierung der frühkindlichen Bildung verlässlich beteiligen. 

Kurzfristige Lösungen kaum möglich

An der aktuellen Notsituation – den fehlenden Plätzen sowie den nicht kindgerechten Personalschlüsseln – werden diese langfristig angelegten Maßnahmen allerdings kaum etwas ändern. Das zeigen die Prognosen des Fachkräfte-Radars für das Jahr 2025. Daher sind Sofortmaßnahmen auf unterschiedlichen Ebenen gefragt. So könnte das pädagogische Personal von Verwaltungs- und Hauswirtschaftsaufgaben entlastet werden. Auch Quereinsteiger:innen können die Lage entspannen. Aber: „Auf keiner Ebene darf es Abstriche an der pädagogischen Qualifizierung geben. Sonst leidet die Bildungsqualität darunter“, mahnt Anette Stein. Wie die Berechnungen ebenfalls zeigen, würde in einigen Bundesländern eine Reduzierung der Kita-Öffnungszeiten bis 2025 dazu beitragen, die Ziele schneller zu erreichen. „Das ist zweifellos eine einschneidende Maßnahme, die nur individuell und in enger Abstimmung zwischen Kommune, Träger und Eltern getroffen werden sollte“, betont Stein. „Aber die Kita-Krise ist so weit fortgeschritten, dass neue Antworten gefragt sind.“

Zusatzinformationen:

Für das „Ländermonitoring Frühkindliche Bildungssysteme“ und den „Fachkräfte-Radar für KiTa und Grundschule“ wurden Daten der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder aus der Kinder- und Jugendhilfestatistik (Stichtag 1. März 2022), des BMFSFJ („Kindertagesbetreuung Kompakt“, 2023), des DJI („Kinderbetreuungsreport 2022“, 2023) und weiteren amtlichen Statistiken ausgewertet. Die Berechnungen haben das LG Empirische Bildungsforschung der FernUniversität in Hagen, Economics & Data ED23 GmbH und die Bertelsmann Stiftung durchgeführt.

Alle Informationen zur Veröffentlichung finden Sie hier. Eine kompakte Darstellung der Ergebnisse bietet der Online-Artikel “KiTa-Personal braucht Priorität! Auch 2023”.  

Auf www.laendermonitor.de finden Sie zudem weitere aktuelle Daten und Fakten zur frühkindlichen Bildung, Betreuung und Erziehung in Deutschland. Dazu gibt es unter www.laendermonitor.de/laenderprofile Daten und Analysen zum Status quo des frühkindlichen Bildungssystems für jedes Bundesland. Darüber hinaus erscheint zu Beginn des nächsten Jahres die neunte Ausgabe des Länderreports Frühkindliche Bildungssysteme.  

Die Ergebnisse des Fachkräfte-Radars für KiTa und Grundschule finden Sie unter www.fachkraefte-radar-kita-grundschule-2023.de. Die gesamte Publikation steht hier zum Download bereit.  

Quelle: Bertelsmann Stiftung




Betreuungsplätze: Fast 300.000 U3-Kitaplätze fehlen

Obwohl Eltern und ihre Kinder seit zehn Jahren einen Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz haben, gab es in diesem Jahr für 299.000 Kinder unter drei Jahren keinen Platz. Das zeigen Berechnungen des IW auf Basis neuere Daten des Statistischen Bundesamtes und des Bundesfamilienministeriums. 1,16 Millionen Eltern wünschten sich einen Betreuungsplatz für ihr Kind, doch nur 857.000 bekamen einen. Insgesamt geht jedes siebte Kind unter drei Jahren leer aus. 

In Bremen findet jedes fünfte Kind keinen Platz

Je nach Bundesland unterscheidet sich die Betreuungssituation stark. Am besten schneidet Mecklenburg-Vorpommern ab: Hier fehlen nur für knapp drei Prozent aller Kinder unter drei Jahren Betreuungsplätze. Und auch in den anderen ostdeutschen Bundesländern ist die Lage vergleichsweise entspannt, in Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen liegt die Kitalücke unter zehn Prozent. Für Familien aus Bremen hingegen gestaltet sich die Suche deutschlandweit am schwierigsten: Für jedes fünfte Kind fehlt ein Betreuungsplatz. Auch im Saarland ist die Lücke mit 19,2 Prozent enorm hoch.

Keine Verbesserung in Sicht

Zwar gehen die Geburtenzahlen seit zwei Jahren zurück, doch die Betreuungslage dürfte sich in Zukunft kaum entspannend. Dafür gibt es mehrere Gründe: Zum einen könnte die Zahl der Kinder vor dem Hintergrund der derzeit sehr starken Zuwanderung auch wieder ansteigen. Zum anderen belastet der Fachkräftemangel viele Kitas: 2022 konnten von rund 30.000 offenen Stellen im Bereich Kinderbetreuung und -erziehung rechnerisch 22.000 Stellen nicht besetzt werden. „Obwohl das Problem seit vielen Jahren bekannt ist und Eltern seit zehn nunmehr zehn Jahren einen Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz haben, ist die Situation nach wie vor prekär“, sagt Studienautor Wido Geis-Thöne. „Die Politik muss dringend nachsteuern, den Erzieherberuf attraktiver machen und konsequent Kitas ausbauen.“

Geis-Thöne, Wido, 2023, Fast 300.000 Betreuungsplätze für unter Dreijährige fehlen, IW-Kurzbericht, Nr. 74, Köln




Zu wenige Plätze im Westen, zu wenige Fachkräfte im Osten

kindergarten

Bessere Kita-Bedingungen sind möglich – neues Ländermonitoring der Bertelsmann Stiftung

Von gleichwertigen Lebensverhältnissen in der frühkindlichen Bildung ist Deutschland noch weit entfernt. Während im Osten 53 Prozent der Kinder unter drei Jahren (U3) eine Kita oder Kindertagespflege besuchen, sind es im Westen lediglich 31 Prozent. Die höhere Qualität hingegen bieten, gemessen am Personalschlüssel, die Kitas im Westen. Dort betreut rechnerisch eine vollzeitbeschäftigte Kita-Fachkraft 3,5 ganztagsbetreute Krippenkinder, in Ostdeutschland hingegen 5,5. Das zeigt die neue Ausgabe des Ländermonitorings Frühkindliche Bildungssysteme der Bertelsmann Stiftung. Kindgerecht wäre nach wissenschaftlichen Empfehlungen ein Personalschlüssel von eins zu drei zwischen Fachkraft und U3-Kindern.

Fachkräfte-Radar für KiTa und Grundschule

In ihrem erstmals erstellten „Fachkräfte-Radar für KiTa und Grundschule“ zeigt die Bertelsmann Stiftung: Eine kindgerechte Personalausstattung und zugleich ausreichend Plätze in allen Kitas sind in diesem Jahrzehnt nicht mehr zu realisieren. Dafür gibt es nicht genügend Erzieherinnen. Auf dem bundesweiten Arbeitsmarkt besteht zwischen dem prognostizierten Bedarf und dem voraussichtlichen Angebot an Fachkräften eine Lücke von insgesamt mehr als 230.000 Erzieherinnen. Weder ist diese Lücke durch Aufstockung der Ausbildungskapazitäten zu schließen, weil dafür Berufsschullehrkräfte fehlen; noch sind bis 2030 genügend Quereinsteigerinnen zu gewinnen, die außerdem erst pädagogisch qualifiziert werden müssen. Verschärfen wird den Personalmangel ab 2026 der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder.

Etappenziel gleichwertige Lebensverhältnisse

Trotzdem kann die frühkindliche Bildung in Deutschland bis 2030 einen großen Schritt auf dem Weg zu gleichwertigen Lebensverhältnissen machen. Laut dem „Fachkräfte-Radar für KiTa und Grundschule“ besteht die realistische Chance, noch in diesem Jahrzehnt im Osten die Personalschlüssel an das Westniveau und im Westen die U3-Teilhabe an das Ostniveau anzugleichen. Sofern im Osten keine Fachkräfte entlassen und die prognostizierten Berufseinsteigerinnen und -einsteiger eingestellt werden, lassen sich die Personalschlüssel auf das heutige Westniveau verbessern. Begünstigt wird dieses Etappenziel durch rückläufige Geburtenraten. Auf dem ostdeutschen Arbeitsmarkt verbliebe insgesamt sogar ein Potenzial von etwas mehr als 4.000 Fachkräften, die für den weiteren Ausbau der Personalschlüssel oder Leitungskapazitäten zur Verfügung stünden.

Rund 33.000 Fachkräfte könnten fehlen

Im Westen stehen die Bundesländer vor unterschiedlichen Herausforderungen, um die Teilhabequoten auf das heutige Niveau der ostdeutschen Bundesländer zu heben. In Hamburg, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein ist laut Prognose das Personal vorhanden, um genügend Kita-Plätze anzubieten. Hingegen ließe sich in Baden-Württemberg, Bayern, Bremen, Hessen, Nordrhein-Westfalen und im Saarland der Bedarf an Kita-Plätzen nicht decken, ohne über die bis 2030 prognostizierten Ausbildungskapazitäten hinaus zusätzliche Fachkräfte auszubilden und anzustellen. Sofern die derzeitigen Personalschlüssel beibehalten werden, fehlen hier laut Fachkräfte-Radar auf dem westdeutschen Arbeitsmarkt insgesamt rund 33.000 Erzieherinnen.

Bund und Länder müssen sich besser koordinieren

Für Jörg Dräger, Vorstand der Bertelsmann Stiftung, ist die Angleichung von Teilhabe und Qualität in Ost und West zwar nur ein „Etappenziel“. Das langfristige Ziel für die frühkindliche Bildung in Deutschland müsse weiterhin lauten: kindgerechte Qualität nach wissenschaftlichen Empfehlungen für alle Kinder unabhängig vom Wohnort. Aber auch das Etappenziel sei bereits als bedeutende Verbesserung der Situation in der frühkindlichen Bildung zu werten: „Das Gefälle zwischen Ost und West bei Teilhabe und Qualität aufzulösen, wäre ein echter Durchbruch in der frühkindlichen Bildung. Der Mangel an Fachkräften ist überwindbar. Darauf sollten sich ab sofort alle politischen Anstrengungen konzentrieren“, sagt Dräger.

Zentrale Aufgabe: landesrechtliche Voraussetzungen schaffen

Zentrale Aufgabe der ostdeutschen Bundesländer ist es, die landesrechtlichen Voraussetzungen zu schaffen, damit die verfügbaren Fachkräfte tatsächlich zur Verbesserung der Personalschlüssel eingesetzt werden können. Für die sechs Westländer, in denen zu wenig Fachkräfte zur Verfügung stehen, sollte der zügige Ausbau der Ausbildungskapazitäten Priorität haben. Darum kommen auch alle anderen Bundesländer nicht herum, wenn ab 2030 kindgerechte Personalschlüssel in allen Betreuungsformen umgesetzt werden sollen. Insgesamt ist es unerlässlich, neues Personal zu gewinnen und zu binden. Dabei helfen würden attraktivere Arbeitsbedingungen und Verdienstmöglichkeiten.

Bund muss finanzielles Engagement fortsetzen

Vom Bund wünscht sich Dräger, dass er sein finanzielles Engagement für den Qualitätsausbau über 2022 hinaus fortsetzt und im Kita-Qualitäts- und Teilhabeverbesserungsgesetz („Gute-KiTa-Gesetz“) verlässlich verankert. Die Mittel sollten in erster Linie dafür verwendet werden, neue Fachkräfte zu gewinnen und zu qualifizieren sowie die Personal- und Leitungsausstattung der Kitas zu verbessern. Um den Fachkräftebedarf in allen Bundesländern zu decken, sei, so Dräger, ein gemeinsames, koordiniertes Vorgehen von Bund und Ländern notwendig.

Zusatzinformationen

Grundlage des jährlich aktualisierten Ländermonitorings Frühkindliche Bildungssysteme sind Auswertungen von Daten der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder aus der Kinder- und Jugendhilfestatistik und weiteren amtlichen Statistiken. Stichtag für die Datenerhebung war der 1. März 2020. Die Berechnungen wurden von dem LG Empirische Bildungsforschung der FernUniversität in Hagen durchgeführt. Die aktuellen Daten finden Sie unter www.laendermonitor.de sowie in den Länderprofilen unter www.laendermonitor.de/laenderprofile.

Die Berechnungen des erstmals veröffentlichten Fachkräfte-Radars für KiTa und Grundschule hat Economix Research & Consulting durchgeführt. Die Publikation finden Sie unter www.fachkraefte-radar-kita-grundschule.de. Zur genaueren Abschätzung der benötigten Fachkräfte für die Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder wird die Bertelsmann Stiftung gegen Ende dieses Jahres eine Folgestudie veröffentlichen.

Die Expertinnen

Anette Stein, Telefon: 0 52 41 81 81 274, E-Mail: anette.stein@bertelsmann-stiftung.de

Kathrin Bock-Famulla, Telefon: 0 52 41 81 81 173, E-Mail: kathrin.bock-famulla@bertelsmann-stiftung.de

Anne Münchow, Telefon: 0 52 41 81 81 254 E-Mail: anne.muenchow@bertelsmann-stiftung.de