Kleine Geschichten passend für kleine Kinder

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Heike Brandt/Giulia Orecchia: Kaya weiß, was sie will

Geschichten zu hören, ist toll. Schließlich lässt sich hier eine Menge erfahren. Oft ist es spannend und meist einfach nur schön. Die kleine Kaya hat eine ganze Reihe lieber Menschen um sich, die ihr vorlesen. Da geht es um eine Überraschung im Park, um ein Spiegelei, eine schwer verständliche Reiswaffel, den Apfelkorb und vieles mehr.

Heike Brandt hat insgesamt neun Geschichten zum Vorlesen für Krippen- und Kindergartenkinder geschrieben. Dabei orientiert sie sich an den Alltagswelten kleiner Kinder und deren Verhaltensweisen. Das gelingt ihr mit wenigen Ausnahmen richtig gut. Und so dürfte sie mit ihren Geschichten nicht nur ihre kleinen Zuhörer begeistern, auch weil diese sich hier verstanden fühlen, sondern fördert auch das Verständnis der Großen für die kleinen.

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Die farbenfrohen Illustrationen der Mailänderin Giulia Orecchia erfüllen einerseits die künstlerischen Ansprüche der Erwachsenen, andererseits tragen sie durch ihre Klarheit zum Verständnis der jungen Zuhörer bei.

Einige wenige Wermutstropfen gibt es dennoch. Da ist zum einen die Oma unrealistisch lange in der Kindergruppe, was echte pädagogische Fachkräfte sicher auf keinen Fall dulden würden. Und als das Kind lange weint, taucht nicht einmal eine Fachkraft auf. Dagegen taucht das Wort „Durster“ auf, das für die meisten kleinen Kinder kaum verständlich sein dürfte und aufgrund seiner Exotik nicht zum allgemeinen Spracherwerb taugt. Und schließlich frisst das arme Eichhörnchen Schokolade. Diese ist aufgrund des enthaltenen Theobromins für ein Eichhörnchen hochgiftig. Es bleibt zu hoffen, dass ansonsten niemand auf die Idee kommt, die kleinen Tiere mit Schokolade zu füttern.

Dennoch ist Brandts „Kaya weiß, was sie will“ ein schönes und gelungenes Buch, das sich auch aufgrund seiner Ausstattung bestens zum Vorlesen eignet. Die Texte sind einfach und klar. So können sie auch kleinere Kinder gut verstehen. Wem das nicht reicht, dem helfen die anschaulichen Illustrationen weiter. Mit einigen wenigen Abstrichen also ein empfehlenswertes Buch.

Gernot Körner

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Kaya weiß, was sie will
Neun Vorlesegeschichten

Heike Brandt
Gebundene Ausgabe ‏ : ‎ 128 Seiten
Ab 3 Jahren
ISBN: ‎ 978-3895654480
18,00 €
Moritz Verlag




Der Vorlesefilm rund um kleine zauberhafte Wesen

Um das zu tun, was wir lieben, brauchen wir manchmal ganz viel Mut

Viel zu selten tun wir das, was wir lieben. Der Grund dafür ist häufig, dass wir im Alltag meist so eingeschränkt sind, dass wir uns lediglich mit den Dingen beschäftigen können, die wir unbedingt erledigen müssen. Da bleibt kaum Zeit für etwas anderes.

Boris Zatko hat in seinem Bilderbuch „Die TuWaDuLis“ kleine, fabelhafte Wunderwesen geschaffen, die uns dabei helfen sollen, das zu tun, was wir lieben. Sie entstehen aus einem funkelnden Zauberregen auf der Insel Mahokey. Wie es dazu kommt, welche Rolle der üble Herr Arb und sein riesiger Tuwaiwi (Tut was ich will) spielt, zeichnet und schreibt Zatko in seiner Geschichte, die er hier nun auch in einem animierten Bilderbuch erzählt:

Dabei geht es bei den TuWaDuLis vor allem darum, dass die Kinder erkennen, was Sie selbst am besten können, sich dann gegenseitig zu helfen. Dazu brauchen sie auch eine ganze Menge Mut. Das funktioniert ausgezeichnet und so wird am Ende alles gut.

Der Autor:

Boris Zatko lebt und arbeitet als freier Autor und Illustrator in Basel. Seit frühester Kindheit ist er dem Geschichtenerzählen verfallen. Seine Texte, Bilder und Comics erscheinen regelmäßig in verschiedenen Magazinen und Verlagen. Für sein erstes Kinderbuch „Anna Fink und die Fanfare des Königs hat er den „BoD Autoren Award“ sowie den Schmökerhit auf den Erfurter Kinderbuchtagen gewonnen. Ebenfalls von ihm stammt „Die Festung des Herrn Rock, eine Geschichte von einem alten Mann, der lieber alleine sein will, um dann doch die Gemeinschaft schätzen zu lernen.

Die TuWaDuLis gibt es natürlich auch als Bilderbuch:

Boris Zatko – Linda Bärtschi
Die TuWaDuLis – Willkommen auf Mahokey
Hardcover, 24 Seiten
ISBN: 978-3-934333-78-9




Auch ein Gespenst braucht Freunde und ein Zuhause

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Klaus Baumgart: Elli – Ungeheuer geheim

Das kleine Gespenstermädchen Elli ist schon seit dreieinhalb Nächten unterwegs. Ihr Spukhaus wurde abgerissen und jetzt sucht sie ein neues Zuhause. Auf einem Rummelplatz entdeckt sie eine Geisterbahn. Das gefällt ihr natürlich. Und als sie in diese hineinschwebt beginnt für sie ein spannendes Abenteuer…

Richtig, die kleine Gespenstergeschichte von Klaus Baumgart ist schon vor einigen Jahren erschienen. Jetzt wurde sie im 360 Grad Verlag neu aufgelegt und bald startet sogar der Kinofilm. Das ist gut so. Denn „Elli – Ungeheuer geheim“ ist eines von jenen Bilderbüchern, die einfach nicht in Vergessenheit geraten dürfen.

Ab 27. Juni im Kino. »Elli – Ungeheuer geheim«

Es ist schwer über Ein Buch von Baumgart zu schreiben, ohne seine großen Erfolge „Laura Stern“ oder „Tobi, der kleine grüne Drache“ zu erwähnen. Allzu leicht gehen seine weiteren Werke dahinter verloren. Dabei ist die Geschichte des Gespenstermädchens Elli ein sehr besonderes Buch. Zunächst sind da die liebevollen Illustrationen des Kinderbuchautors und Illustrators. Seine farbenfrohen Bilder sind in warmen Farben gestaltet. Es gelingt ihm treffend die Stimmung seiner Figuren auszudrücken und den Bezug zueinander herzustellen. Und weil ein Bilderbuch eben auch zum Betrachten einladen soll, gibt es auf vielen Abbildungen auch etliches zu entdecken. Klar, dass das Haus der Fledermaus im Gegensatz zu einem Vogelhaus auf dem Kopf stehen muss. Oder dass das Zimmergrün in einem Monsterhaus eben eine fleischfressende Pflanze ist und aus der Kuckucksuhr eben kein Kuckuck, sondern ein kleiner Geist herausspringt.

Neben all den schönen Bildern ist es aber vor allem die gelungene Geschichte, die Baumgart erzählt. Kaum einem Autor gelingt es so ausgezeichnet, so viele Themen in einem kurzen Bilderbuch aufzunehmen, ohne dabei zu überfordern. Schließlich geht es um die Suche nach einer neuen Heimat, um Freundschaft, Gemeinschaft, Hilfsbereitschaft, Toleranz und Identität. Aktuelle Themen und gesellschaftliche Werte, die hier schlicht, natürlich und fast selbstverständlich eine Rolle spielen, ohne penetrant vordergründig oder gar belehrend ins Rampenlicht gerückt zu werden. So behält die Geschichte ihren Schwung, ist fröhlich und unterhaltsam. Das begeistert Kinder. Und wenn Kinder von einer Sache begeistert sind, haben sie auch Interesse, mehr darüber zu erfahren. Deshalb ist „Elli – Ungeheuer geheim“ ein bedeutendes Bilderbuch.

Am 27. Juni läuft in den Kinos der Film zum Buch an. Wir stellen hier den Trailer ein, damit sich jeder selbst ein Bild davon machen kann.

Gernot Körner

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Elli: Ungeheuer geheim
Klaus Baumgart (Autor, Illustrator)
Gebundene Ausgabe, 32 Seiten
ISBN: ‎ 978-3961855629
Lesealter‏: ‎ 4–10 Jahre, 15 Euro
360 Grad Verlag GmbH




Ein charmantes Bilderbuch über das Glück der Freundschaft

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Roel Seidell: Der Glücksstab

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Bär hat schlechte Laune, aber Maus kann ihn aufheitern: Sie leiht ihm einen Stab, der glücklich macht. Klar, dass die anderen Tiere in der Stadt auch solche Glücksstäbe haben wollen. Aber die Stöckchen, die der schlaue Fuchs ihnen verkauft, scheinen nicht zu wirken. Also wird beschlossen, dass der Glücksstab für die Allgemeinheit ins Museum kommt. Bär ist wieder traurig – was soll er jetzt zu Maus sagen?

Ob listiger Fuchs, mürrischer Ziegenbock oder das Schaf als steife Bürgermeisterin – die Tiere in diesem Bilderbuch sind sehr charakterstark gezeichnet. Besonders die Hauptfiguren, die sorglose Maus und der brummige Bär haben großen Charme. Leicht lassen sich in allen Tieren menschliche Persönlichkeiten erkennen. Sie gehen aufrecht auf zwei Beinen und tragen Kleidungsstücke. Roel Seidell gelingt es ausgezeichnet, auf den Tiergesichtern Entrüstung, Begeisterung, schlechte Laune oder Zufriedenheit auszudrücken. Und wenn der große Bär und die klitzekleine Maus am Ende auf einer ganzen Doppelseite Tränen lachen, müssen wir einfach mitlachen. Hier wird der bisher weiß-grau bis braun gehaltene Hintergrund nun auch ein fröhliches Gelb.

„Der Glücksstab“ ist ein Buch über die Kraft der Gedanken und die Macht von freundlichen Gesten. Die Psychologie würde vom Placeboeffekt sprechen. Dabei regt die Geschichte große philosophische und ethische Fragen an: (Wann) ist es in Ordnung, jemanden anzuschwindeln? Was ist Betrug? Wem gehört das Glück? Kann man es besitzen oder teilen? Ist Glück käuflich?

So legt Seidell der Bürgermeisterin der Tiere folgende Worte in den Mund:

„Fuchs hat Recht. Glück sollte man nicht für sich behalten. Man muss es teilen. Darum nehme ich diesen Stab im Namen der Stadt an mich. Wir stellen ihn im Museum für Besondere Dinge aus. Dann können alle, die Eintritt zahlen, etwas von dem Glück abbekommen, das dieser Stab bringt.“

Am Ende schließt sich die Geschichte zu einem Kreis. Mit einer freundlichen Geste kann nun der Bär selbst jemanden aufheitern: Den mürrischen Esel, der dann auf dem Nachsatz mit dem vermeintlichen Lachsteinchen glücklich aus dem Buch herausspaziert…

Insgesamt ein sehr schönes Bilderbuch, das zum Nachdenken anregt und gute Laune macht!

Lena Schwarz

Roel Seidell
Der Glücksstab
aus dem Niederländischen übersetzt von: Inga Reuters
Hardcover, 32 Seiten, 215 x 280 mm
ISBN: 978-3-8337-4772-4, Preis: 17,00€




Wozu Kinder einen Vormund brauchen

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Claudia Gliemann/Natascha Berger: Frau Frühling hat 30 Kinder

Vormund – hat das etwas mit „Mund“ zu tun? Das fragt Paul Frau Frühling. Die hat immerhin 30 Kinder und muss es ja wohl wissen. Also, die hat sie nicht geboren, sondern sie ist deren Vormundin. So wird sie jedenfalls in diesem Bilderbuch, das Claudia Gliemann mit einer Begleitgruppe aus Vormunden, Erzieherinnen, Jugendamtsmitarbeitern, Kinderdorfmüttern und anderen Fachleuten geschrieben hat, ganz sternchenfrei benannt.

Und die Antwort? Ein klares Nein.

Vormund sein bedeutet, dass Frau Frühling dazu da ist, Kinder zu beschützen. In mehreren kurzen Geschichten erklärt sie Kindern verschiedenen Alters ihre Arbeit. Dass sie eingesetzt wird, wenn die Eltern sich nicht ausreichend um ihr Kind kümmern können. Dass manche dieser Kinder in Pflegefamilien, andere in Wohngruppen leben. Dass sie nicht jeden Tag mit ihren Schützlingen zusammen ist. Dass sie aber dazu da ist, Probleme zu regeln, z.B. wenn ein Kind die Schule wechseln will. Dass sie in solchen Fällen Gespräche mit den Eltern oder Pflegeeltern führt. Dass sie all das entscheidet, was Mama und Papa sonst entscheiden.

Keine Angst vor der „Frau vom Amt

Allerdings wird sie nie am Schreibtisch beim Ausfüllen von Formularen oder beim Telefonat mit anderen Behörden gezeigt. Obwohl das sicher einen großen Teil ihrer praktischen Arbeit ausmacht. Den die Kinder allerdings selten direkt erleben. Die Bilder zeigen sie im Gespräch, beim Spielen, beim Sommerfest. Und das ist gut so, schließlich will dieses Buch Kindern die Angst vor der „Frau vom Amt“ nehmen.

Das gelingt, weil Frau Frühling ihre Schützlinge ernst nimmt. Sie nicht ausfragt, sondern Interesse zeigt. Und nachfragt, wenn sie etwas nicht versteht. Bei Emre zum Beispiel. Denn der wendet immer den Blick ab, wenn sie ihn anspricht. Er erklärt, dass in dem Land, aus dem er kommt, es als unhöflich gilt, wenn Kinder Erwachsenen in die Augen schauen. Und das Missverständnis, er würde sie vielleicht nicht mögen, ist damit ausgeräumt.

Vormundschaft wird hier einfach, knapp und vor allem in kindgerechter Sprache erklärt. Ein kurzer Anhang wendet sich an Eltern und andere Erwachsene, die mit Kindern zu tun haben, erläutert den Unterschied zwischen Vormundschaft und Ergänzungspflegschaft sowie die Zusammenarbeit mit den Eltern.

Ein gutes Buch für eine besondere Zielgruppe. Die aber gar nicht so klein ist. Und das gut geeignet ist, die Verwirrung über die Aufgaben der Erwachsenen, die mit einem Kind zu tun haben, aufzulösen.

Ralf Ruhl

Claudia Gliemann & Bundesforum Vormundschaft e.V. (Text), Natascha Berger (Ill.)
Frau Frühling hat 30 Kinder
Monterosa-Verlag
26 Seiten
ab 4 Jahre
ISBN 978-3-942640-18-3
19 Euro




Die fabelhafte Winterreise durch eine Welt schöner Bilder

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Oliver Desvaux: Die weite Reise

Schon das Wort sagt es. Im Bilderbuch ist das Bild die Hauptsache. Die Geschichte kommt danach. Für Kinder ist das selbstverständlich. Sie betrachten das Bild und die Geschichte kommt von ganz alleine.

Was sich nach einer Binsenweisheit anhört, passt leider auf immer weniger Bilderbücher. In allzu vielen illustrieren die Bilder nur noch den Text. Das schafft Langeweile, die für das Verhältnis zum Buch – besonders für Kinder – fatal sein kann.

Einen wunderbaren Kontrapunkt setzt der französische Künstler Olivier Desvaux mit seinen Bilderbüchern. Er gehört zu den ausdrucksstarken professionellen Malern, die gelegentlich auch Bücher schaffen. Mit „Die weite Reise“ ist bei minedition ein zweites Buch von ihm erschienen. Dabei handelt es sich um eine schöne Wintergeschichte, in der Fuchs und Hase einen Brief mit einem Weihnachtswunschzettel zum Weihnachtsmann bringen. Den größten Teil der Strecke legen die beiden in einem schwimmenden Bett zurück, das offensichtlich äußerst seetüchtig ist. Schließlich meistern sie damit die Gefahren eines Sturms und laden anschließend einen mächtigen Eisbären ein, mit ihnen zu reisen.

Desvaux Geschichte ist eine phantastische, warme Erzählung, mit einigen witzigen Details und Happyend-Garantie. Sie ist wie das Libretto zur großen Operette seiner Bilder, das sich im Finale in die fabelhafte Erkenntnis steigert: „Denn der Weg zu unseren Träumen ist nie zu weit.“

Es sind die Bilder, die diese Traumreise begleiten, die junge und ältere Betrachter in das Buch hineinziehen. Sie bieten die Tiefe, die zum ruhigen Betrachten, zum Nachdenken und zum Gespräch anregen. Und so ist Desvaux Bilderbuch bestens geeignet für den Einstieg in gemütliche Winterabende.

Gernot Körner

DIE WEITE REISE
Autor/Illustrator : Desvaux, Olivier
Format : 24,3 x 25,8 cm
32 Seiten
durchgehend farbig illustriert, cellophanierter
Preis : EUR 14,00 / 14,40 (A)
ISBN : 978-3-03934-042-2




Von fallenden Blättern und der Suche nach den Lebensgeistern

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Listopad von Friederike Steil

Listopad ist in verschiedenen slawischen Sprachen das Wort für November und bedeutet „fallende Blätter“. In Friedrike Steils Bilderbuch ist es der Name für einen Bären, den dieser vom Zoogärtner Willi erhält. Der Bär liegt meist traurig und betrübt in seinem Gehege. Deshalb befreit ihn Willi und zieht mit ihm in Wälder.

Steils Buch ist ganz „Listopad“. Deutlichster Ausdruck dafür sind ihre Ätzradierungen, die sie mit Acrylfarben koloriert. Die Bilder sind reich an Details und feinen Strukturen. Schon der Haupttitel begrüßt seine Leser mit einem Herbstblatt in gedeckten Farben. Selbstverständlich beginnt auch die Geschichte im Herbst und wird auch von Herbstfarben getragen. Für alle, die sich davon überzeugen möchten, zeigt Steil ihre Illustrationen auf ihrer Website. Echte Kunstwerke sind hier zu sehen.

Letztlich illustriert sie mit ihren Bildern den melancholisch-ruhigen Ton ihrer Geschichte. Richtig, der Bär ist traurig. Seine Stimmung bessert sich auch nicht viel, während er mit Gärtner Willi in die Freiheit wandert. Erst am Ende hellt sie sich auf und offenbart ein Stück Hoffnung.

Steil erzählt eine phantastische Geschichte von Freiheit, Hoffnung und Gemeinschaft, in der sich Text und Bild ideal ergänzen. Behutsam tröstet sie und führt sacht und beschaulich auf eine Reise in die Freiheit.

Gernot Körner

Die Autorin/Illustratorin

Friederike Steil hat durch ihr Studium an der Folkwang Universität in Essen, an der Hochschule für angewandte Wissenschaften in Hamburg und am Maryland Institute College of Art in Baltimore, verschiede Wege des Erzählens erkundet. Listopad ist ihr erstes Bilderbuch.

Listopad
Autorin/Illustratorin: Steil, Friederike
24 x 29,7 cm, 44 Seiten
durchgehend farbig illustriert, cellophanierter Pappband
EUR 18,00 / 18,50 (A)
ISBN : 978-3-03934-043-9

www.minedition.com




Mit Pappe und Bildern den Spracherwerb unterstützen

Kinderbücher sind ein Schlüssel zur Sprachförderung – aber nicht immer:

Die schlechteste Antwort, die ein Erwachsener auf die Frage geben kann, warum er ein bestimmtes Kinderbuch gekauft hat, ist: „Weil es mir gefallen hat“. Warum? Die Antwort ist einfach: Nicht der Geschmack eines Erwachsenen ist entscheidend, sondern der des Kindes. Schließlich ist die selbstgefällige Entscheidung der Erwachsenen eine Hauptursache dafür, dass Kinder oftmals keinen Zugang zu Büchern finden und letztlich auch die Motivation dazu.

Bücher sind das Tor zur Welt. Das gilt besonders für Bücher für die Kleinsten: die Pappbücher und Bilderbücher. Hier entdecken Kinder das Buch, lernen die Übertragung in die Zweidimensionalität und entwickeln die Sprachfertigkeit weiter. Leider klappt das immer seltener. Ein Grund: Viele Kinderbücher sind nicht wirklich für Kinder gemacht.

Mit allen Sinnen die Welt entdecken

Pappbilderbücher sind die ersten Bücher, die kleine Kinder in die Hand bekommen. Das geschieht meist im Alter von zehn Monaten bis zwei Jahren. In dieser Zeit ist für Kinder alles neu. Sie entdecken die Welt mit allen Sinnen und lernen sprechen. Das alles geschieht in ihrer engsten Umgebung.

In dieser Altersgruppe müssen Pappbilderbücher an die Alltagswelt und die Entwicklung der Kinder anschließen. So lernen die Kinder, ihre Welt in die zweidimensionale Welt des Buches zu übertragen, verarbeiten ihre Eindrücke und lernen, diese zu benennen. 

Abstrakte Kunst für kleine Kinder  

Wer mit diesem Anspruch die Buchhandlung um die Ecke besucht, erlebt so manches Mal sein blaues Wunder. Da sind zum einen wahre Kunstexperimente, die den Kindern untergeschoben werden. Abstrakte Darstellungen oder stark verniedlichte Darstellungen von Tieren und Menschen, die so stark verändert sind, dass ein Kind im Alter von ein bis zwei Jahren keine Chance hat, sie zu erkennen.

Daneben finden wir bekannte Bilderbücher ins Pappbilderbuch übertragen. Was also bisher für Kinder ab drei oder gar vier Jahren empfohlen wurde, ist jetzt durch die Pappe für Kinder ab einem Jahr geeignet? Zudem finden sich für Zweijährige so packende Themen wie Quantenphysik, Mittagsschlaf oder die Frage nach der Farbe von Küssen. Sollen das spannende Geschichten für Kleinkinder sein?

Es geht oft nur um die Erwachsenen

Sicher nicht! Aber schließlich kaufen auch nicht die Kinder sondern Erwachsene die Bücher. Denen soll der Inhalt gefallen. Zudem kann es so manche BuchhändlerIn gar nicht erwarten, die Kinder mit abstrakter Kunst zu beglücken. Während so einige Verleger meinen, die Chance nutzen zu müssen, um mit seinen Bilderbucherfolgen im Pappeformat noch einmal Reibach zu machen. Weder BuchkäuferInnen, BuchhändlerInnen noch die Verlage denken dabei an die Kinder. Im schlimmsten Fall schaden diese Bücher den Kindern, weil sie entweder überfordert sind oder nichts damit anfangen können.

Vom Meister des Pappbilderbuchs

In einem Interview mit der Literaturgarage hat Helmut Spanner, der Meister des Pappbilderbuchs, über seine Arbeit gesprochen. Schon als Student auf der Kunstakademie setzte er sich vor über 40 Jahren mit dem Pappbilderbuch auseinander. In seiner Examensarbeit widmete er sich dem Thema und stellte in einer kleinen Studie mit 50 Kindergartenkindern fest, warum sie mit so mancher Darstellung einfach nichts anfangen konnten.

Auf diesen Erkenntnissen baute er dann sein Werk auf.  „Bei den Kleinkindern geht es nur um ursprüngliche, einfache, existenzielle Dinge.“, erklärt er. Seine Bücher holen die Kinder eben dort ab, wo sie stehen. Wie auch Prof. Armin Krenz in seinem Artikel über spielen und lernen schreibt, entwickelt sich der Mensch über das Tun. Spanner bezeichnet dies als „Greiferfahrung“.

„Kinder kommen über die Hände“

„Die Kinder kommen über die Hände. Die visuelle Wahrnehmung ist am Ende des zweiten Lebensjahres erst führend. Das heißt, die taktile Wahrnehmung, die Greiferfahrung, ist wichtig, ist eine Vorstufe der rein abstrakten visuellen Wahrnehmung. So lernen die Kinder durch Greifen Wahrnehmung – sie begreifen. Was früher etwa eine Tasse war, in die das Kind reingreifen konnte, taucht jetzt im Buch auf. Hier kann es aber nicht mehr reingreifen. Es kann die Tasse auch nicht mehr umfassen. Es ist eine platte Welt. Die reale Tasse ist Natur und das Buch ist Kultur. Für einen Erwachsenen ist das alles völlig normal. Ein Kind steht aber vor einer völlig unbekannten Welt.“ sagt Spanner.

Kinder entdecken im Buch die Welt neu

Im Buch ist dann alles anders. Und die Kinder entdecken die Welt völlig neu. „Je weiter die Bilder aus dem Greifbereich hinausgehen, desto schwieriger sind sie zu erkennen, desto abstrakter sind sie. Deshalb müssen sich Pappbilderbücher für kleine Kinder möglichst nahe an die Realität halten. Meine Sachen sind nicht vom Erscheinungsbild her, sondern geistig reduziert. Das heißt etwa, dass ich eine Tasse ohne irgendwelche Muster zeichne. Weil ein Kind sonst die Muster mit der Tasse mitlernen würde. Das führt dann später im schlimmsten Fall zu Vorhängen mit Blumenmuster.“

Erste Wörter – Erste Sätze

Natürlich stammt unser Aufmacherbild aus einem der Bücher von Helmut Spanner. Es heißt „Erste Wörter – erste Sätze“ und ist in unserem Schwesterverlag Oberstebrink erschienen. Dr. Dagmar Eckart schreibt auf ihrem Buchblog dazu: „Max badet die Puppe. Lulu schaut zu. Nicki ruht sich aus. Klingt einfach, oder? Für Kinder sind solche Sätze jedoch ein Meilenstein im Spracherwerb. Das Papp-Bilderbuch ,Erste Wörter, erste Sätze’ von Helmut Spanner ist voll davon und hilft Kindern, aus Wörtern Sätze zu bilden.“

Und weiter heißt es: „Im Mittelpunkt des Geschehens steht eine bunte Truppe kleiner Bären, die genau das tun, was kleine Kinder auch machen: spielen, bewegen, im Haushalt helfen und miteinander agieren. Rund 20 solcher Alltagssituationen passen auf eine Doppelseite. Das erzeugt einerseits ein leicht wimmeliges Gesamtbild, auf dem es immer etwas zu entdecken gibt. Andererseits bleibt genug Raum für kleine, alltagsnahe Details wie eine Nudel, die noch aus dem Topf heraushängt. Immer mit dabei ist ein Baby-Bär, der genau wie die größeren Bären mitmachen möchte. Nicht nur das sorgt für ein angenehm offenes Rollenbild: Ob Bären-Mädchen oder Junge – jeder macht alles und packt überall an … Es gibt erstaunlich wenig Bilderbücher für Kinder unter zwei Jahren, die die Interaktion zwischen Kindern so in den Mittelpunkt stellen.“

Wenke Bönisch von der Kinderbibliothek beschreibt dies: „Spanner verzichtet auf Details im Hintergrund, was viel zu sehr verwirren würde. Die kleinen Leser entdecken so ihre eigene Welt, wenn Taps auf Stelzen balanciert und ein Pflaster auf der Stirn auf eine Schramme hinweist. Oder wenn Tommi über die Drachenschnur fällt, weiß so manches Kind, wie weh es tut. Gestik, Mimik und vor allem die Körperhaltung ist absolut natürlich. Spanner gestaltet illustratorisch die Gegenstände so genau, als würde man sie wahrhaftig spüren – die Wärme des Holzes, das Nass des Abwaschwassers, die metallene Schubkarre. Zu jeder Szene gibt es einen ganz kurzen Satz. Auch hier bleibt Spanner bei seiner Leserschaft: Subjekt, Prädikat, mal ein Objekt. So lernen die Kleinen, die Bilder mit den ersten Wörtern, mit den ersten Sätzen zu verknüpfen. Sie dechiffrieren die Welt und die Sprache. Eine nicht einfache Aufgabe!“

Von diesem und anderen Pappbilderbüchern

Freilich hört sich das Ganze an, wie Werbung für das Buch „Erste Wörter – Erste Sätze“, das die Diplom Pädagogin und Buchhändlerin Gabriele Hoffmann als „DAS Bilderbuch für Sinn erschließenden Spracherwerb“ bezeichnet (siehe auch Video). Aber das Prinzip des Pappbilderbuches wird damit auch klar und genau deshalb haben wir es auch ins Programm genommen. Es gilt, die Entwicklung des Kindes zu beachten, vom Kind aus zu denken, seine Alltagswelt realistisch abzubilden, statt ihm die Gedanken- und Geschmackswelt der Erwachsenen überzustülpen.  

Natürlich hat Spanner noch viel mehr Pappbilderbücher wie etwa die Bestseller „Erste Bilder – erste Wörter“ oder „Ich bin die kleine Katze“ publiziert. Oder denken wir nur an die Bücher von Eric Carle wie etwa „Die kleine Raupe Nimmersatt“, die schon seit über 50 Jahren aus keinem Kindergarten mehr wegzudenken ist.

Und wie soll es nun sein?

Auf die Frage, wie denn ein Pappbilderbuch für Kinder sein sollte, antwortet Spanner: Nahe an der Realität muss es sein, ästhetisch, also geschmacksbildend, es muss einfach sein, echt und ohne Unstimmigkeiten, emotional … Es ist nicht der freie künstlerische Stil, der im Pappbilderbuch gefragt ist. Die Ansprüche gehen vom Kind aus. Ich kann mich eben nicht als freier Maler im Pappbilderbuch verwirklichen. Da bin ich falsch. Das ist eine andere Kategorie. Es geht um die Kinder. Aber nicht in dem Sinne, nur das zu befriedigen, was die Kinder sehen wollen.“ Weitere Infos zu Helmut Spanner unter https://www.helmut-spanner.de.

Vom Wesen der Tiere

Einen Schritt weiter geht die niederländische Pastellmalerin Loes Botman. Sie weiß wie keine andere, wie sie den Charakter der Tiere in ihren faszinierenden Pastellzeichnungen zum Ausdruck bringen kann. Dies ist einer der Gründe, warum ihre Bücher von kleinen Kindern so geliebt werden. Ihnen erschließt sich hier eine faszinierende neue Welt, in der die kleinen Tiere in einem natürlichen Hintergrund wunderschön zum Leben erweckt werden.

Einen Schritt weiter geht die niederländische Pastellmalerin Loes Botman. Sie weiß wie keine andere, wie sie den Charakter der Tiere in ihren faszinierenden Pastellzeichnungen zum Ausdruck bringen kann. Dies ist einer der Gründe, warum ihre Bücher von kleinen Kindern so geliebt werden. Ihnen erschließt sich hier eine faszinierende neue Welt, in der die kleinen Tiere in einem natürlichen Hintergrund wunderschön zum Leben erweckt werden.

Aufgrund der Hintergründe sind die kleinen Pappbilderbücher etwas komplexer als jene von Helmut Spanner. Deshalb sind die Bücher für Kinder erst ab 18 Monaten geeignet. Dabei hält sich Botman mit den Hintergründen zurück. Diese sind lediglich die Bühne für die Tiere.

Dr. Wenke Bönisch lobt die detailgetreuen und realistischen Abbildungen. „Man spürt fast schon das weiche Fell der Katze oder den harten Panzer der Schildkröte.“, schreibt Sie in ihrer Rezension. Zu jeder Abbildung gibt es einen kleinen Reim, in dem eine Eigenschaft des Tieres hervorgehoben wird. Die Reime bilden den Wortschatz und das Sprachgefühl der Kleinkinder. Mehr Informationen zu den Büchern von Loes Botman finden Sie hier.