Wer früh mit Freude liest, hat ein leistungsfähigeres Gehirn

Umfassende Studie mit über 10.000 Kindern weist Zusammenhang zwischen dem frühen Lesen mit Freude und Intelligenz nach

Frühes Lesen ist für die Entwicklung des Gehirns, der Intelligenz und der psychischen Gesundheit von großer Bedeutung. Eine Studie von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus England und China mit über 10.000 Kindern zeigt die überraschenden Auswirkungen von Lesebegeisterung bei Kindern, die spätestens im Alter von neun Jahren damit begonnen haben, zum Vergnügen zu lesen.

Was wir bereits wussten

Längst ist bekannt, dass Lesen eine kognitiv bereichernde Aktivität ist, bei der Sprache und Informationen in schriftlicher Form erworben werden, die den Grundstein für den Wissenserwerb legt und weitgehend zum Wissenserwerb beiträgt. Im Gegensatz zum Spracherwerb ist es nötig, dass das Lesen schrittweise und systematisch erlernt und regelmäßig geübt werden muss. Da Kinder vor allem spielerisch gut lernen, ist es wichtig, früh die Freude am Lesen zu vermitteln, etwa durch die Verwendung von gut illustriertem Bildmaterial, um das Verständnis zu erleichtern, erklären die Verfasserinnen und Verfasser der Studie.

Die enorme Bedeutung von Papp- und Bilderbüchern

An dieser Stelle sei angemerkt, dass das Lesen nicht erst mit dem Wissenserwerb über Buchstaben und Ziffern beginnt. Schon das Entziffern von Bildern in Büchern als Gegenstände aus der realen Welt etwa ist ein entscheidender erster Schritt dahin. Nicht von ungefähr sind die ersten Schriften der Menschheit Bilder oder Schriftzeichen mit erkennbar bildhaftem Charakter wie etwa die ägyptischen Hieroglyphen. Wer das weiß ,sollte sich etwa beim Kauf von Papp- und Bilderbüchern seiner Verantwortung bewusst sein.

Spaß muss sein!

Laut Studie kommt es deshalb beim Lesen nicht nur auf kognitive phonologische und orthographische Leseprozesse, sondern auch auf den Spaß an, sich Wissen über Interessen anzueignen, was bei der Entwicklung langfristiger Lesegewohnheiten hilfreich sein kann. Schon im frühkindlichen Bereich können Kinder unterstützt durch eine einfühlsame und verständnisvolle Begleitung erste gedruckte Informationen verstehen, erste Lesefähigkeiten einschließlich alphabetischer Dekodierung und phonologischer Prozesse erlernen, sich an interaktiven Diskussionen über entwicklungsgerechte Texte und Bilder beteiligen. Die Bindung zu Betreuerinnen und Betreuern stärkt den Spaß beim gemeinsamen Lesen. Zum Allgemeinwissen gehört zudem, dass das Vorlesen von Büchern nicht nur zur Entwicklung der Sprachkenntnisse kleiner Kinder beiträgt, sondern auch das Interesse und die Freude am Lesen fördert. Auch in Bezug auf die Prävention von Lese und Rechtschreibschwäche sind diese Vorgänge viel effizienter als in der Grundschulzeit.

Hirnscans weisen Veränderungen nach

Im Gegensatz zu vielen anderen Studien haben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nicht nur auf die Testergebnisse der Kinder und die Elterninterviews gestützt, sondern auch auf eine große Zahl von Hirnscans. Auch wenn es sich in der Publikation der Ergebnisse etwas kryptisch anhört, hier das Originalzitat aus der Studie auf deutsch: „Diese Teilnehmer mit höheren frühen ,Lesen mit Freude Werten‘ (original reading for pleasure (RfP)) wiesen mäßig größere gesamte kortikale Bereiche und Volumina des Gehirns auf, mit vergrößerten Regionen, einschließlich der Schläfen-, Frontal-, Insula- und Supramarginalregion; links eckig, parahippocampal; rechte mittlere okzipitale, anterior-cinguläre, orbitale Bereiche; und subkortikales ventrales Zwischenhirn und Thalamus. Diese Gehirnstrukturen standen in signifikantem Zusammenhang mit ihren kognitiven und psychischen Gesundheitswerten und zeigten signifikante Mediationseffekte. Frühes ,Lesen mit Freude‘ war in Längsrichtung mit einer höheren kristallisierten Kognition und geringeren Aufmerksamkeitssymptomen bei der Nachuntersuchung verbunden.

Heruntergebrochen heißt das: Wer früh zur eigenen Unterhaltung liest, hat nicht nur ein zum Teil größeres, sondern auch besser ausgebildetes Gehirn. Damit steigt auch die Leistungsfähigkeit des Gehirns und damit der Intelligenz für das ganz Leben. Gleichzeitig zeigt sich, dass diese Menschen resilienter und damit weniger betroffen von psychischen Erkrankungen zeigen. Interessant ist auch, dass die Wissenschaftler die optimale Lesezeit pro Woche festgestellt haben: Zwölf Stunden pro Woche sind für junge Jugendliche kognitiv optimal.

Originalpublikation

Die Studie ist im vergangenen Jahr bei Cambridge University Press erschienen. Diese finden Sie unter folgendem Link: https://www.cambridge.org/core/journals/psychological-medicine/article/earlyinitiated-childhood-reading-for-pleasure-associations-with-better-cognitive-performance-mental-wellbeing-and-brain-structure-in-young-adolescence/03FB342223A3896DB8C39F171659AE33#

Gernot Körner




Die Muttersprache prägt das Gehirn von Ungeborenen

Neugeborene reagieren laut neuer EEG-Untersuchung eindeutig auf die bereits vertraute Sprache

Die neuronale Entwicklung von Föten im Mutterleib wird von der gesprochenen Sprache der werdenden Mutter beeinflusst. Zu dem Schluss kommen Forscher der Università di Padova, CNRS und der Université Paris Cité. Sie haben 33 Neugeborene mit EEG-Hauben ausgestattet und entsprechend untersucht. Frühere Studien haben bereits gezeigt, dass Kinder im Muttterleib ab dem siebenten Monat der Schwangerschaft bereits hören können, wenn ihre Mutter spricht. Sie können auch andere Geräusche wie sonstige Stimmen, Musik und allgemeinen Lärm hören.

Nach der Geburt erkennen die Kinder die Stimme ihrer Mutter und die spezifischen Melodien, die mit ihrem Sprechen in Verbindung stehen.

Tests mit Französisch

Bei allen Teilnehmerinnen war Französisch die Muttersprache. Mittels der EEG-Hauben wurden die Kinder in den ersten Tagen ihres Lebens beobachtet. Schliefen die Kinder, wurden ihnen Aufzeichnungen einer Person vorgespielt, die auch in anderen Sprachen aus dem Buch „Goldlöckchen und die drei Bären“ vorlas. Die EEG-Aufzeichnungen begannen in der Stille, bevor das Hörbuch abgespielt wurde und wurden danach erst nach einem Moment der Stille wieder gestoppt.

Die EEG-Anzeigen belegen, dass die Kinder, wenn sie die Geschichte auf Französisch hören, einen Anstieg der Long-Range Temporal Correlations verfügen. Sie alle gehören zu einer Art, die bereits mit der Sprachwahrnehmung und der -verarbeitung in Zusammenhang gebracht worden ist. Die Forscher vermuten, dass das Gehirn der Babys durch die bereits im Mutterleib gehörte Sprache, wie in diesem Fall Französisch, auf einzigartige Art und Weise beeinflusst wird.

EEG-Check liefert Beweis

Die Experten haben zusätzlich eine trendbereinigte Fluktuationsanalyse der EEG-Ergebnisse durchgeführt. Dadurch ließ sich die Stärke der Temporal Correlations messen. Sie erwiesen sich beim Theta-Band am stärksten. Laut früheren Studien steht dieses Band mit Sprecheinheiten auf Silbenebene in Verbindung. Das zeigt, so die Forscher, dass sich die Gehirne der Kinder auf die linguistischen Elemente der gehörten Sprache einstimmen.

Es zeigte sich auch, dass die neuronale Reaktion der Kinder auf dem EEG am stärksten war, wenn ihnen das Buch auf Französisch vorgelesen wurde. Damit liegt laut den in „Science Advances“ veröffentlichten Forschungsergebnissen nahe, dass der Kontakt mit einer bestimmten Sprache eine Rolle bei der neuronalen Entwicklung des Gehirns spielt.

Moritz Bergmann/pressetext.com




Mögliche Ursache für intellektuelle Defizite bei Frühgeborenen entdeckt

Offenbar wirkt sich die Geburt hemmend auf das Wachstum von Nervenscheiden aus

Die Geburt wirkt sich hemmend auf das Wachstum von Nervenscheiden aus. Das schließt eine neurowissenschaftliche Forschungsgruppe aus der Analyse von Magnetresonanztomografie-Daten. Dass die Nervenscheiden unmittelbar nach der Geburt verlangsamt wachsen, könnte kognitive Defizite bei Frühgeborenen erklären. Das Team um die Marburger Neurowissenschaftlerin Dr. Mareike Grotheer berichtet im Forschungsmagazin „PNAS“ über seine Ergebnisse.

Je besser das Kabel isoliert ist, desto schneller kann der Strom hindurchfließen

Viele Nervenfasern von Wirbeltieren besitzen eine Hülle aus Myelin, die sogenannte Nervenscheide; sie gewährleistet eine besonders schnelle Erregungsleitung. „Dies lässt sich gut mit einem Kabel vergleichen“, erklärt Mareike Grotheer, die Leitautorin der Studie: „Je besser das Kabel isoliert ist, desto schneller kann der Strom hindurchfließen.“ Auch die Leitungsbahnen von menschlichen Hirnzellen sind mit Myelin umhüllt. „Diese Nervenscheiden aus Myelin sind für die Funktion des Gehirns von wesentlicher Bedeutung“, legt die Neurowissenschaftlerin dar; „geht die Bildung der Myelinscheiden schief, so kann dies zu Entwicklungs- und kognitiven Störungen führen.“

Nervenscheiden reifen vor der Geburt schneller als direkt danach

Grotheer nutzte gemeinsam mit ihrem Team das Verfahren der Magnetresonanztomografie, um die Ausdehnung der Myelinscheiden entlang der Leitungsbahnen zu erforschen. Hierfür griff die Gruppe auf bereits bestehende Bilddaten des „Developing Human Connectome Projects“ zurück. Um die Nervenbahnen im Gehirn der Neugeborenen zu identifizieren und deren Myelingehalt zu quantifizieren, entwickelte das Team eigens eine neue Software. „Mit deren Hilfe wiesen wir nach, dass die Nervenscheiden vor der Geburt schneller reifen als direkt danach“, berichtet Grotheer.

Verzögerung in der Reifung der Myelinscheiden bei Frühgeborenen

Zudem verglich die Forschungsgruppe die Resultate termingerecht geborener Kinder mit den Befunden bei Frühgeborenen. Bei diesen sind die Nervenscheiden demnach weniger reif. „Die Verzögerung in der Reifung der Myelinscheiden könnte damit zusammenhängen, wieviel Zeit ihrer Entwicklung die frühgeborenen Kinder im Mutterleib verbrachten und wieviel Zeit außerhalb“, erläutert Grotheer.

„Das geringere nachgeburtliche Wachstum der Nervenscheiden könnte außerdem mit kognitiven Defiziten zusammenhängen, die nach einer Frühgeburt auftreten können“, folgert die Marburger Neurowissenschaftlerin. Biete man Frühgeborenen eine Umgebung, die sich an die Gegebenheiten im Mutterleib anlehne, könne dies vielleicht ihrer neuronalen Entwicklung nach der Geburt zugutekommen.

Mit Magnetresonanztomografie kann sichtbar gemacht werden, dass das Gehirn reift, wenn Säuglinge älter werden
(Abbildung: Stephanie Zika/ Philipps-Universität Marburg)

Die Neurowissenschaftlerin Dr. Mareike Grotheer leitet die Arbeitseinheit Educational Neuroscience an der Philipps-Universität Marburg; sie gehört dem mittelhessischen „Center for Mind Brain and Behavior“ an. Neben Grotheers Team beteiligten sich Arbeitsgruppen von den Universitäten Stanford und Washington in den USA an der Veröffentlichung.

Die Deutsche Forschungsgemeinschaft, das Exzellenzprogramm des Hessischen Wissenschaftsministeriums sowie US-amerikanische Förderorganisationen unterstützten die Forschungsarbeit finanziell.

Originalpublikation: Mareike Grotheer & al.: Human white matter myelinates faster in utero than ex utero, PNAS 2023

Anne Reichel, Philipps-Universität Marburg




Gute Bildung schützt vor Darmerkrankungen

Neue Untersuchung der Edith Cowan University liefert weitere Beweise für Darm-Hirn-Achse

Eine bessere Bildung bewirkt eine starke genetische Wechselwirkung und schützt besser vor Darmerkrankungen, wie eine Studie der Edith Cowan University (ECU) zeigt. Eine frühere Studie des Centre for Precision Health (CPH) der Universität hatte bereits einen genetischen Zusammenhang zwischen Darmgesundheit und Alzheimer entdeckt. Die Forscher konnten jedoch nicht herausfinden, ob das eine das andere verursacht. Details wurden im „International Journal of Molecular Sciences“ publiziert.

766.000 Menschen analysiert

Laut CPH-Direktor und Supervisor der Studie, Simon Laws, liefert die neue Studie weitere Beweise für die starke Verbindung zwischen Gehirn und Darm, der sogenannten Darm-Hirn-Achse. „Darmerkrankungen und Alzheimer dürften nicht nur eine über eine gemeinsame genetische Disposition verfügen, sondern auch ähnlich von genetischen Variationen beeinflusst werden, die den Bildungsgrad untermauern.“ Für die Studie wurden die genetischen Infos von über 766.000 Personen untersucht. Der Schwerpunkt lag auf Alzheimer, kognitiven Merkmalen, Magenschwüren, Duodenitis, gastroösophagealer Refluxkrankheit, Reizdarmsyndrom, Divertikulitis und chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen.

Laut den Wissenschaftlern verringern ein höherer Bildungsgrad und bessere kognitive Fähigkeiten das Risiko von Darmerkrankungen. Laut Forschungsleiter Emmanuel Adewuyi haben die neuen Erkenntnisse erhebliche Auswirkungen. „Diese Ergebnisse unterstützen den Ansatz, dass Bildung ein möglicher Ansatz zur Verringerung des Risikos von Darmerkrankungen sein kann.“ Dabei könne es sich um höhere Leistungen in der Bildung oder möglicherweise um die Verlängerung der Schulzeit handeln. „Eine höhere Intelligenz durch mehr Bildung könnte sich also sehr positiv auf die Gesundheit auswirken“, heißt es.

Darm beeinflusst das Gehirn

Die Studie hat auch gezeigt, dass der Darm das Gehirn beeinflussen kann. Bei der gastroösophagealen Refluxkrankheit (GERD) kommt es zur Verschlechterung der kognitiven Funktionen in mehreren der in der Studie beurteilten Bereiche wie Intelligenz, kognitive Leistung, Bildungserfolg und Ausbildungsabschlüsse. Obwohl es sich hier um die erste Studie handelt, die zu diesen Ergebnissen kommt, unterstützt sie neue Erkenntnisse, dass es zum verstärkten Auftreten von GERD und Demenz kommen kann. So könnten laut Adewuyi eine frühere Diagnose und damit auch Behandlung unterstützen.

Eine höhere Bildung und bessere kognitive Funktion schützen großteils vor Darmerkrankungen (CED), allerdings mit einer Ausnahme: chronisch-entzündliche Darmerkrankungen. Eine weitere Analyse zeigt verschiedene Auswirkungen von CED auf kognitive Eigenschaften und Alzheimer bei verschiedenen genomischen Positionen. Damit liegt nahe, dass der Zusammenhang von Auswirkungen auf spezifische Standorte quer durch das Genom abhängt. Damit könnte das Fehlen eines signifikanten genetischen Zusammenhangs von CED mit kognitiven Eigenschaften und Alzheimer geklärt sein.

Moritz Bergmann/pressetext.com




Social Web stört die Entwicklung des Gehirns

Facebook, Instagram, Snapchat – Kinder und Jugendliche reagieren zunehmend überempfindlich

Die Gehirne von Kindern und Jugendlichen, die soziale Medien intensiv nutzen, entwickeln sich anders als die von Altersgenossen, die sparsamer damit umgehen. Das hat eine Langzeitstudie von Forschern der University of Northern Carolina mit 169 Probanden ergeben, die Mittelschulen in diesem US-Bundesstaat besuchen. Zu Beginn der Untersuchung wurden die Teilnehmer gefragt, wie oft sie die beliebten Plattformen Facebook, Instagram und Snapchat nutzen. Ihre Antworten reichten von weniger als einmal bis mehr als 20 Mal am Tag.

Zwanghafte Nutzung nimmt zu

Innerhalb von drei Jahren haben die Forscher mithilfe eines MRT die Aktivitäten der Gehirne während bestimmter Aktivitäten auf den jeweiligen Plattformen aufgezeichnet, bei denen die Teilnehmer soziales Feedback von Gleichaltrigen erwarteten. „Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass Kinder, die häufiger soziale Medien nutzen, auf Feedback von Gleichaltrigen überempfindlich reagieren“, sagt Forschungsleiterin Eva Telzer. Diese erhöhte Sensibilität für soziales Feedback könne die künftige zwanghafte Nutzung sozialer Medien fördern, befürchtet auch Kollegin Maria Maza.

„Die meisten Jugendlichen beginnen mit der Nutzung von sozialen Medien in einer der wichtigsten Phasen der Entwicklung des Gehirns“, sagt Co-Autor Mitch Prinstein, der auch als Chief Science Officer für die American Psychological Association tätig ist. „Unsere Forschung zeigt, dass die Überprüfung des Verhaltens im Social Web langfristige und wichtige Konsequenzen für die neuronale Entwicklung von Jugendlichen haben könnte, was für Eltern und politische Entscheidungsträger entscheidend ist, wenn sie die Vorteile und potenziellen Schäden, die mit der Nutzung der Medien verbunden sind, abwägen.“

Das Gros der Kinder ist gefährdet

Aus früheren Untersuchungen geht hervor, dass 78 Prozent der 13- bis 17-Jährigen sich mindestens stündlich mit ihren Plattformen beschäftigen. 35 Prozent nutzen mindestens eine der fünf wichtigsten Social-Media-Plattformen fast ständig. „Die Studienergebnisse deuten darauf hin, dass das wiederholte Überprüfen von Social Media bei Zwölf- bis 13-Jährigen über einen Zeitraum von drei Jahren die Entwicklung ihrer Gehirne beeinträchtigen kann“, verdeutlicht Telzer abschließend.

Quelle: Wolfgang Kempkens/pressetext.com




Warum draußen spielen für Kinder wichtig ist

Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung über das Spielen und ds Spielen im Freien

Vor allem im Sommer wollen Kinder eines: Draußen spielen! Spielen ist für Kinder ein Grundbedürfnis – es ist der kindliche Zugang zur Welt. Körperliche und geistige Fähigkeiten werden dabei entwickelt und neue, wertvolle Erfahrungen gesammelt.

Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) informiert unter https://www.kindergesundheit-info.de, warum das Spielen für Kinder so wichtig ist, wie Spielräume draußen gestaltet werden können und worauf Eltern achten sollten, um Unfallrisiken zu minimieren.

Das BZgA-Informationsportal https://www.klima-mensch-gesundheit.de gibt Eltern Tipps, wie sie ihren Nachwuchs am besten vor Hitze und UV-Strahlung schützen können.

Drei Fragen an Prof. Dr. Martin Dietrich, Kommissarischer Direktor der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA):

Warum ist Spielen so wichtig für Kinder?

Das Gehirn des Kindes ist bei der Geburt noch nicht vollständig ausgereift. Vor allem während der ersten Lebensjahre bilden sich wichtige Nervenbahnen und deren Verschaltungen erst noch aus. Beim Spielen machen Kinder vielfältige Erfahrungen – je komplexer und häufiger diese sind, desto besser unterstützen sie die kindliche

Gehirnentwicklung. Das Spielen ist auch für die körperliche Entwicklung des Kindes wichtig, denn durch die Bewegung werden die motorischen Fähigkeiten, das Gleichgewichtssystem und die Koordination geschult. Zudem lernen die Kinder sich selbst besser kennen, beispielsweise was sie interessiert und wie sie mit Gefühlen umgehen können, und entwickeln darüber hinaus soziale Kompetenzen im gemeinsamen Spiel.

Wie können Eltern das Spielen ihrer Kinder unterstützen?

Kinder möchten frei und selbstbestimmt spielen. Sie sind von Natur aus neugierig, spontan und experimentierfreudig. Deshalb möchten sie beim Spielen möglichst wenig von Erwachsenen vorgegeben oder strukturiert bekommen. Eltern können und sollen dennoch Anregungen geben. Durch Impulse und die Möglichkeit vielseitiger Erfahrungen können sie ihre Kinder darin unterstützen, neu erworbenen Fähigkeiten zu üben. Dies gilt besonders auch für Kinder, die wegen einer Erkrankung oder Behinderung spezielle Unterstützung benötigen. Aber auch hier sollte das freie Spiel den größten Anteil im Tagesablauf der Kinder einnehmen. Wichtig ist, nicht enttäuscht zu sein, wenn das Kind anders spielt, als die Eltern sich das vorstellen. Es hat seine ganz eigenen Vorstellungen und das Beste ist, dem Kind den möglichen Freiraum zu geben.


Methoden und Anregungen für Gruppenleiter:innen

Sich im Spiel kennenlernen, mit Spielen den Einstieg in relevante Themen finden, über das Spiel zum Gespräch kommen, durch das Spiel Gruppenprozesse erleben und mit Spielen den Abschied gemeinsam gestalten. Spielen bietet viele Möglichkeiten für die Arbeit mit Gruppen. Die Autorin stellt eine große Anzahl von Spielen und Methoden für die Gruppenarbeit vor und zeigt, wie man unterschiedliche Themen aufgreifen und im Spiel bearbeiten kann. Den Gruppenleiter:innen werden Methoden und Anregungen für einen didaktisch sinnvollen Aufbau von Spielen an die Hand gegeben.

Heike Baum
Spiel ist mehr als Spaß – Spiele und Methoden für die Gruppenarbeit
Taschenbuch, 144 Seiten
ISBN: 978-3-944548-18-0
7,95 €


Wie kann das Spielen im Freien gestaltet werden?

Spielplätze und Parks sind gut geeignet, damit Kinder sich austoben und an der frischen Luft bewegen können. Auch Ausflüge zu einem See oder in den Wald sind eine schöne Gelegenheit zum Spielen. Wenn die Zeit nicht reicht, kann auch der Gang zum Supermarkt genutzt werden: Ein Weg, der beispielsweise durch einen Park führt, gibt dem Kind die Möglichkeit, auf eine Bank zu klettern, auf Mauern zu balancieren und über Pfützen zu springen – das stärkt Mut und Selbstvertrauen. An Hitzetagen sollten Eltern darauf achten, Babys und Kleinkinder weder der Sonne noch intensiver Mittagshitze auszusetzen. Auch ausreichendes Trinken ist sehr wichtig.

Allgemeine Infos:

Draußen spielen …

… ist gesund

Spielen ist als kindliches Grundbedürfnis für die Entwicklung genauso wichtig wie Schlafen, Essen und Trinken. Beim Spielen sammelt ein Kind grundlegende Erfahrungen, macht sich mit der Welt vertraut und beginnt, sie zu begreifen. Kinder lernen im Spiel. Sie suchen sich die Anregungen, die sie gerade für ihre Entwicklung brauchen, und lernen die Welt kennen.

Sie machen sich mit alltäglichen Gegenständen vertraut, finden heraus, wie Dinge funktionieren, und üben ihre motorischen und geistigen Fähigkeiten.

… fördert in allen Bereichen

Grundlegende Fertigkeiten und Kenntnisse werden durch das Spielen geübt und gefestigt. Selbstwertgefühl, Selbstbestätigung, Denk- und Merkfähigkeit und Kreativität entwickeln sich, Verantwortung für sich selbst und andere wird übernommen. Das Einhalten von Regeln und Aushalten von Enttäuschung und Misserfolg wird erprobt und das Einfühlungsvermögen geschult.

… wird im Garten zum Abenteuer

Wenn Sie einen Garten haben, lässt sich dieser wunderbar zum Spielen, Lernen und Bewegen nutzen: Das Kind kann im Garten helfen. Beim Ernten, Mähen und Gärtnern geben kleine Handreichungen Kindern enorme Bestätigung. Im Sommer kann ein Zelt aufgestellt werden, das das Kind als „eigenes kleines Haus“ entdecken kann.

… geht auch in der Stadt

Auch Stadtkinder, die keinen eigenen Garten haben, brauchen das Spielen im Freien. Parks und Spielplätze sind beliebte Anlaufstellen, aber auch Seen, Schwimmbäder, ein Wald oder ein Bach können wertvolle Anregungen und Spielmöglichkeiten bieten. Ein eigener

Blumenkasten auf der Fensterbank gibt Kindern die Möglichkeit, einen eigenen kleinen „Kräutergarten“ anzulegen und die Pflanzen zu beobachten.

Darauf sollte man achten:

• Ein Kind braucht Freiräume und muss auch mal etwas wagen dürfen. Eltern sollten daher nicht bei der kleinsten Gefahr herbeistürzen oder ihr Kind ständig vor möglichen Gefahren warnen. Es muss also zwischen Freiraum und Grenzen abgewogen werden, sodass das Kind lernt, Risiken selber einzuschätzen.

• Allerdings sollte der eigene Garten auf mögliche Gefahrenquellen hin untersucht werden: Giftige Pflanzen, morsche Bäume, Draht und Gartengeräte können für ein Kind gefährlich werden. Hier gilt es, zu überprüfen, wo Vorsichtsmaßnahmen nötig sind. Gewächse wie Eisenhut oder Tollkirsche sollten entfernt werden, Gartenteiche

und Wassertonnen so geschützt sein, dass ein Kind nicht hineinklettern kann. Auch Gartengeräte sollten nicht frei herumliegen und von Eltern mit gebührender Vorsicht benutzt werden, denn so lernen Kinder schnell, dass es sich nicht um Spielzeug handelt.

• Die Gefahr von Wasser wird meist unterschätzt. An Pools oder anderen Schwimmgelegenheiten, Badeseen oder Wasserläufen dürfen Kinder nur unter Aufsicht spielen, erst recht, wenn sie noch keine geübten Schwimmer sind. Insbesondere Kleinkinder im Alter von ein bis vier Jahren sollten auch im Planschbecken oder im kleinen Bach auf keinen Fall unbeaufsichtigt gelassen werden.

• Sonnenschutz ist ein Muss: In den ersten zwölf Lebensmonaten sollte ein Kind keiner direkten Sonnenausstrahlung ausgesetzt sein und muss daher durch Schattenplätze und sonnengerechte Kleidung geschützt werden. Darüber hinaus sollten Kinder auch nach dem ersten Lebensjahr möglichst wenig direkte Sonnenbestrahlung abbekommen und ausreichend geschützt sein.

• Der Lärm von Menschen, die man gern hat, wird leichter ertragen als der Lärm von Unbekannten – versuchen Sie also, sich mit den Nachbarn in ihrer unmittelbaren Umgebung gut zu stellen, sodass diese entspannt reagieren, wenn es beim Spielen mal lauter wird.

Quelle: Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung




Autismus: Organisation des Gehirns je nach Geschlecht anders

Neuronale Scans mithilfe von KI – Forschung hat sich bislang zu wenig mit Mädchen beschäftigt

Die Organisation des Gehirns ist bei Jungen und Mädchen mit Autismus unterschiedlich, wie Forscher der Stanford University School of Medicine http://med.stanford.edu berichten. Die Unterschiede, die durch Analyse von hunderten Gehirn-Scans mittels Techniken der Künstlichen Intelligenz (KI) festgestellt wurden, waren für Autismus spezifisch und konnten bei sich normal entwickelnden Kindern nicht festgestellt werden. Autismus wird bei vier Mal so vielen Jungen diagnostiziert als bei Mädchen. Der Großteil der Autismusforschung hat sich daher auf männliche Personen konzentriert. Details wurden im „British Journal of Psychiatry“ publiziert.

„Müssen anders denken“

Wird eine Krankheit laut Studienautor Kaustubh Supekar jedoch einseitig beschrieben, sind auch die Diagnosemethoden einseitig. „Diese Studie legt nahe, dass wir anders denken müssen.“ Laut dem Seniorautor Vinod Menon ist bekannt, dass die Tarnung der Symptome bei Mädchen eine große Herausforderung bei der Diagnose von Autismus ist. Die Folge seien Verzögerungen bei der Diagnose und Behandlung. Betroffene Mädchen haben allgemein weniger offenkundig repetitive Verhaltensweisen als Jungen. Auch das kann zu Verzögerungen bei der Diagnose beitragen. Laut Lawrence Fung, der betroffenen Kinder bei Stanford Children’s Health behandelt, ist das Vorschulalter am besten für eine Behandlung geeignet, weil sich da die motorischen und sprachlichen Fähigkeiten des Gehirns entwickeln.

Für die Studie haben die Forscher die funktionellen MRT-Scans der Gehirne von 773 Kindern mit Autismus – 637 Jungen und 136 Mädchen – analysiert. Ausreichend Daten von Mädchen zu finden, stellte sich dabei als Herausforderung dar. Die Forscher nutzten Daten aus Stanford und öffentlichen Datenbanken mit Gehirn-Scans aus der ganzen Welt. Das Übergewicht an Jungen in den Datenbanken brachte auch eine mathematische Herausforderung mit sich. Statistische Verfahren, die eingesetzt werden, um Unterschiede zwischen Gruppen festzustellen, erfordern, dass die Gruppen ungefähr gleich groß sind. Supekar hat dieses Problem mit Tengyu Ma, einen Mitautor der Studie, diskutiert. Er hat ein Verfahren entwickelt, das komplexe Datensätze wie die Gehirn-Scans von verschieden großen Gruppen zuverlässig miteinander vergleichen kann. Dieses Verfahren erwies sich als Durchbruch.

Neuer Algorithmus entwickelt

Mittels der 678 Gehirn-Scans haben die Forscher einen Algorithmus entwickelt, der mit einer Genauigkeit von 86 Prozent zwischen Jungen und Mädchen unterscheiden konnte. Als der Algorithmus bei den verbleibenden 95 Scans überprüft wurde, blieb diese Genauigkeit erhalten. Die Wissenschaftler testeten den Algorithmus an 976 Scans von sich normal entwickelnden Jungen und Mädchen. Es konnten keine Unterschiede festgestellt werden, damit war nachgewiesen, dass die gefundenen Geschlechterunterschiede für Autismus spezifisch waren.

Von den Kindern mit Autismus verfügten die Mädchen in verschiedenen Gehirnzentren wie bei der Motorik, Sprache und der visuellräumlichen Aufmerksamkeit, über unterschiedliche Muster bei der Konnektivität. Die Unterschiede in einer Gruppe von motorischen Bereichen wie dem primären Motorcortex, dem ergänzenden motorischen Bereich und seitlichem okzipitalen Kortex sowie dem Gyrus temporalis medius und superior waren am größten. Bei Mädchen mit Autismus standen die Unterschiede in den motorischen Zentren mit der Schwere ihrer motorischen Symptome in Zusammenhang. Mädchen, deren Gehirnmuster denen von betroffenen Jungen am ähnlichsten waren, neigten daher dazu, unter den am stärksten ausgeprägten motorischen Symptomen zu leiden.

Quelle: Moritz Bergmann/pressetext.redaktion